ZEITSCHKIFT "
DER
INTERNATIONALEN MUSIK-
GESELLSCHAFT
Ftlnfter Jahrgang 1903-1904
LEIPZIG
DBDCK UND VERLAG VON BRHTKOPF & HARTEL
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INHALT.
Adler, Ghiido ;Wien). Seite
>Euryanthec in neuer Einrichtung 267
Altmann, Wilhelm (Berlin-Friedenau).
Offentliche Musikbibliotheken. Ein frommer Wunsch 1
Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten 68
Josef Rebicek (+ 26. Marz 1904) 31?
Baker, J. Percy (London).
A List of »Musical Association* Papers 1?
Bienenfeld, Elsa (Wien).
Uber die kirchenmusikalisehen Verhaltnisse in Wien 362
Bravo, F. Suarez (Barcelona).
Necrologie (Jesus de Monasterio. „— Joaquin Marsillach; 224
Chrysander uber Richard "Wagner's Tannhauser 208
Chybiriski, Adolf (Krakau).
Chopin's brieflicher Nachlafi 219
Dauriac, Lionel (Paris).
Herbert Spencer et Meyerbeer 103
Dent, Edward J. (Cambridge).
The » Birds* of Aristophanea^atCambridge 121
Hanamann, Richard (Berlin-Priedenaup
Das Janko-Klavier und seine technische Vervollkommnung 166
Heufi, Alfred (Leipzig).
Eugen Hirschberg: Die franzosischen Encyklopadisten und die franzosische
Oper im 18. Jahrhundert 280
Der Riedel-Verein zu Leipzig. 1854—1904 363
Heinrich Albert »Arien« 407
Hey, Julius (Berlin).
Viktor Bendix in Berlin 172
Hornbostel, E. M. von (Berlin -Wilmersdorf,
Melodischer Tanz. Eine musik-psychologische Studie 482
Istel, Edgar (Munchen).
Hugo Wolfs Oper >Der Corregidor* in Miinchen 116 *
Hans Pfitzner*s Oper >Die Rose vom Liebesgarten«. Erstauffiihrung im
Munchener Hoftheater am 21. Februar 1904 277
Die Cornelius-Feier in Weimar (9. und 10. Juni 1904) 406
Kalisch, Alfred (London).
The Wagner Festival in Berlin 69
Leichtentritt, Hugo (Berlin).
>Das trunk'ne Lied* aus dem Zarathustra von Friedrich Nietzsche fur Soli,
gem. Chor und Orchester, komp. von 0. Fried, Op. 11 319
Neue Beitrage zur Chopin-Literatur 367
Trienter Codices IL Geistliche und weltliche Kompositionen des XV. Jahr-
hunderts 460
Maclean, Charles (London).
Three Recent English Productions 360
Monk, Fritz (Berlin).
Musik in Berlin 126
Munnich, Richard (Berlin).
Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert 387
Christian Erbach und Hans Leo Haftler 493
Newman, Ernest (Birmingham).
An Impressionist Critic Djgitjzed by vjj.O.C 316
iv Inhalt.
NieckB, Frit (Edinburgh). Seite
Pianoforte four-hand Compositions 275
Wind Instrument Chamber Music 444
Pearce, Charles W. (London).
Notes on Dunstable. I 488
Pohl, Hans (Frankfurt a. M.).
Das Heidelberger Musikfest (24.-26. Oktober 1903) 110
Das TonkUnstlerfest in Frankfurt a. M. (27. Mai— 1. Juni 1904, 399
Prod'homme, J.-G. (Paris).
Une Lettre inedite de Spontini a Lesueur 54
Trois Lettres autographes 56
Berlioz juge par Adolphe Adam 475
Beufi, Eduard (Dresden).
Alpenkonig und Menschenfeind von Richard Batka und Leo Blech. (Zur
ersten Auffiihrung am Dresdner Opernhause) 62
Der Bayreuther »Tannhauser« 447
Bychnovsky, Ernst (Prag).
Tiefland von Rudolf Lothar und Eugen d7 Albert (Urauffuhrung im Neuen
Deutschen Theater in Prag am 15. November 1903) 118
Anton Dvorak. + 1. Mai 1904 348
Sehering, Arnold (Leipzig).
Georg Muffat >Ausserlesene mit Ernst und Lust Gemengte Instrumental-
Music* 1701 365
Serins!, G. (Bombay;.
The Janko Keyboard and Simplification 321
Spiro, Friedrich (Rom).
Zu Schubert's Gdur Messe 51
Tschaikowsky's Stellung im internationalen Musikleben. Vortrag 307
Squire, W. Barclay (London).
Notes on Dunstable. II 491
Stratton, Stephen S. (Birmingham).
Coincidence or Design? 449
Stumpf, Carl (Berlin).
Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat am 6. Februar 1903 431
Thompson, Herbert (Leeds).
The Wagner Festival in Berlin 65
The English Autumn Provincial Festivals (1903) 173
Wotton, T. S. (Wallington).
Stray Notes on Berlioz 395
Amtlicher Teil. Neuordnung der I. M. G. S. 197. — Erster KongreB der Internationalen
Musikgesellschaft S. 347.
Besprechungen von Musikalien S. 39, 91, 155, 256, 299, 337, 380, 424, 468.
Erklarung (Rousseau's »Pygmalion« betreffend) S. 511.
Kritische Biicherschau S. &, 87, 151, 187, 253, 298, 336, 378, 420, 460, 502.
Buchhandler-Kataloge S. 49, 98, 344, 430, 473, 510.
Neue Mitglieder S. 50, 101, 164, 196, 266, 306, 345, 386, 430, 474, 512.
Mitteilungen der Internationalen Musikgesellschaft. Berlin S. 99, 162, 196, 265. —
Frankfurt a. M. S. 100, 162, 265, 511. — 's Gravenhage S. 385. — Leipzig S. 196,
265, 305, 386. — London S. 163, 306, 474. — Malmo S. 101, 164. — Pans S. 344,
430, 512. — Wien S. 344. — Wintherthur S. 101.
Musikberichte S. 24, 69, 130, 177, 229, 287, 322, 368, 410. 454, 496.
Nachrichten von Lehranstalten und Vereinen S. 82, 147, 329, 374, 415, 460, 498.
Notizen S. 32, 83, 148, 184, 243, 294, 329, 376, 416, 460, 499.
Vorlesungen iiber Musik S. 31, 81, 147, 293, 329, 415.
Zeitschriftenschau S. 43, 94, 157, 190, 260, 301, 340, 382, 425, 470, 607.
Zum internationalen MusikkongreC S. 50.
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ZEITSCHRIFT
DEB
INTBRNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
left 1. FQnfter Jahrgang. 1903.
Bnchemi monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kostenfrei,
for Nichtmitglieder 10 Jf. Anzeigen 26 3jf fur die 2gespaltene Petitieile. Beilagen 16 Jf.
x*u>a* Offentliche Musikbibliotheken,
Ein frommer Wunsch.
Es unterliegt keinem Zweifel, daB in den Bibliotheken des Altertums
und des Mittelalters, als die Musik noch vollig gleichberechtigt mit den
ubrigen Wissenschaften angesehen wurde, Biicher iiber Musik und die
wenigen Aufzeichnungen von Gesangen und Instrumentalwerken ebenso
sorgsam gesammelt und aufgehoben worden sind wie z. B. Werke iiber
Medizin. So fehlten namentlich in keiner Klosterbibb'othek Musikalien.
Als dann im 16. Jahrhundert die Musik zu jener staunenswerten Kunst-
technik und Kunstwirkung sich entwickelte, die uns noch heute mit
groBter Bewunderung erfiillt, da fanden auch die musikalischen Erzeug-
nisse eine gern gebotene Unterkunft in den Bibliotheken, und diese
sorgsame Pflege und Beriicksichtigung der Musik seitens der Bibliothekare
erhielt sich auch noch wahrend des 17. Jahrhunderts. Wenn wir aber
das Verzeichnis der Bibliotheken mit musikalischen Schatzen durch-
mustern, das Dr. Emil Vogel im 1. Jahrgange des »Jahrbuches der
Musikbibliothek Peters* (1894) zusammengestellt hat, so finden wir, daB
die Musikalien der heutigen Bibliotheken fast ausschlieBlich dem 16.
nnd 17. Jahrhundert entstammen, daB selbst in kleinen Orten, wie Ans-
bach, 'Bautzen, Brieg, Freiberg i. S., Grimma, Heilbronn, Lobau, Liine-
burg, Zwickau usw. damals auf Sammlung von Musikalien Wert gelegt
worden isi Im 18. Jahrhundert scheint man wenigstens in Deutschland, *)
1) Eine ruhmliche Ausnahme bildete die Griindung einer Musikbibliothek in
Basel — ich rechoe die Sqhweiz hier als deutsche Geistesprovinz — durch den Seiden-
Ittdfabrikanten Lukas Saras in in der zweiten R'alfte des 18. Jahrhunderts; ver-
fWche den Aufsatz von Karl Nef, Eine Basler Musikbibliothek aus der zweiten
des 18. Jahrhunderts, Zeitschrift der IMG. 4, Seite 386 ff.
liLM. V. Iitizldb^
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2 Willi. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken.
trotzdem ja gerade in das letzte Drittel des 18. Sakulum der kolossale
Aufschwung der Musik fallt, anderer Ansicht geworden zu sein, von
einer planmaBigen Sammlung von Musikalien Abstand genommen zu
haben, ein Zustand, der auch im 19. Jahrhundert im allgemeinen ge-
billigt worden zu sein scheint; anders kann man es sich z. B. kaum er-
klaren, daB die in der Konigsberger Universitatsbibliothek befindliche
kostbare Musikaliensammlung seit 1840 nicht fortgefiihrt worden ist.
Die Folge dieser ungeniigenden Sorgfalt fur die Musikalien, welche an
sich doch sicher ebenso aufhebungswert wie die meisten Bticher sind, und
am besten wohl mit der sogen. schonen Literatur verglichen werden
konnen, ist, daB jetzt, noch nicht 100 Jahre nach ihrem Erscheinen, die
ersten Ausgaben sogar Beethoven'scher Werke schon recht selten geworden
und nur mit Miihe zu erlangen sind. Gilt dies schon von den Drucken
der Werke eines Solchen Tonheros, um wie erklarlicher ist es, daB so
manches Werk eines der zahlreichen >dii minores* unter den Kompo-
nisten iiberhaupt gar nicht mehr aufzutreiben ist, selbst nicht bei dem
urspninglichen Verleger; haufig besteht dessen Verlagsgeschaft iiberhaupt
nicht mehr, noch haufiger ist es weiter verkauft worden; sind doch zahl-
lose Musikalienverleger zugrunde gegangen, ihr Verlag oft in alle
Winde zerstreut worden.
DaB man in neuerer Zeit so wenig Sorgfalt auf die Erhaltung der
Musikalien, auf die Schaffung von Musikbibliotheken gewandt hat, hangt
unzweifelhaft damit zusammen, das nur an sehr wenigen Universitaten
Professuren fiir Musikgeschichte und die Theorie der Musik be-
stehen. Wiirden solche Professuren, iiber deren Notwendigkeit wohl
kein Wort zu verlieren ist, an alien Universitaten vorhanden sein, so
wiirden auch die Universitatsbibliotheken sich wohl oder iibel zur An-
schaffung von Musikalien und musikgeschichtlichen Werken wieder wie
im 16. und 17. Jahrhundert entschlieBen miissen; es leuchtet ein, daB
dann auch so mancher Student, der in einer kleineren Universitatsstadt
kaum ein nur einigermaBen ausreichendes privates Musikalienleihinstitut
vorfindet, seine musikalischen Neigungen nicht mehr zu vernachlassigen
brauchte, daB das Studium der Musikgeschichte, welches jetzt iiberhaupt
nur an sehr wenigen groBen Orten moglich ist, an jeder Dniversitat be-
trieben werden konnte.
Betonen wir nochmals, gegeniiber dem 16. und 17. Jahrhundert hat
das 18. und 19. in bezug auf Fiirsorge fiir Erhaltung der Musikalien
einen entschiedenen Ruckschritt zu bedeuten gehabt, vor allem soweit die
deutschen Verhaltnisse dabei in Betracht kommen.
An Lichtpunkten hat es freilich auch im 19. Jahrhundert nicht ge-
fehlt; ich rechne dazu in erster Linie die Schaffung einer eigenen Musik-
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Wilh. Altmaim, Offeatliche Musikbibliotheken. 3
sammlung bei der Koniglichen Bibliothek zu Berlin1) und die Er-
offnung der Musikbibliothek Peters2) zu Leipzig im Jabre 1894.
In Paris wurde im 19. Jahrbundert und zwar bereits 1806 die >Biblio-
theque du Conservatoire national de musique* eroffnet und hier ein
Zentralsammelpunkt fiir alle in Frankreich erscbeinenden Musikalien
durch gesetzliche Einfiibrung des sog. Pf licbtexemplarzwanges ge-
schaffen. Die gleiche gesetzliche Regelung fiir Aufbewahrung der Musi-
kalien fand 1870 in Italien statt, indem der »Biblioteca dell' Accademia
di S. Cecilia* zu Rom ein Pflichtexemplar von alien in Italien erschei-
nenden Musikalien zugesprochen wurde. Zahlreiche Musikalien, die standig
erganzt werden, besitzt iibrigens aucb die »Biblioteca del liceo musicale*
za Bologna, ferner die »Bibliothfcque royale« zu Briissel, das
»British Museum* und das »Royal College of Music* zu London,
die Hofbibliothek zu Wien, die Kgl. off entliche Bibliothek zu Dresden,
die Kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu Munch en. Allein alle diese
Bibliotheken verf ttgen, um dies gleich hier zu sagen, nicht iiber die notigen
Mittel, um mit der in unserer Zeit enorm gestiegenen musikalischen
Produktion standzuhalten und dem gleicbfalls in noch hoherem Grade
gewachsenen Bedlirfnisse nach Musikalien seitens des groBen Publikums
and der auch in standiger Zunahme begriffenen Anzahl der Musikge-
lehrten zu geniigen.
Das groBe Publikum ist, sofern es sich nicht selbst seinen Bedarf
an Musikalien kauft, was zahllosen Musikfreunden absolut unmoglich
ist, auf die von einzelnen Musikalienhandlern iibrigens schon im An-
fang des 19. Jahrhunderts ins Leben gerufenen musikalischen Leih-
institute angewiesen, welche zum groBten Teil nur recht bescheidenen
1) Es mogen schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts Musikalien in der Koniglichen
Bibliothek gewesen sein, aber erst seitdem 1825 die Sammlung musikalischer Biicher
and Musikalien des Musikdirektors Dr. Naue in Halle a. S. und 1841 die sehr reich-
haltige musikalische Bibliothek des Professors Polchau erworben worden war, wuchs
die Musiksammlung zu einem bedeutenden Bestandteil in der Koniglichen Bibliothek
heran. Ende der vierziger Jahre wurde der handschriftliche NachlaB Beethoven^ und
der musikalische NachlaB des Koniglichen Kapellmeisters Otto Nikolai erworben, 1852
von dem Grafen VoB-Buck eine sehr reichhaltige kirchenmusikalische Sammlung, die
viele Bach'sche Unica enthielt, geschenkt. Die Autographensammlung wurde
dann noch durch die Jahn'sche Mozartsammlung, sehr viele Weberiana, durch Werke
von Cherubini, Schubert, Mendelssohn, Loewe vermehrt; namentlich so lange der als
Musikforscher hochgeschatzte Bitter Finanzminister war, wurden Erganzungen zu den
groBen handschriftlichen Schatzen gern erworben. Diese erhielten 1902 einen sehr
bedeutenden Zuwachs durch die fiir 200000 Mark angekaufte beriihmte Artaria'sche
Sammlung, welche namentlich reich an Beethoviana ist.
2) Vergleiche den stattlichen »Katalog der Musikbibliothek Peters*, der 1894
bereits gedruckt vorlag. — Eine merkwiirdige Eigentiimlichkeit dieser Bibliothek ist
nbrigens, daB sie Qeschenke nur ganz ausnahmsweise annimmt.
tizejlby (
4 Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken.
Anspriichen geniigen konnen. Ich weiB zwar, daB es in groBeren Stadten
oft Leihinstitute gibt, welche einer stattlichen Musikbibliothek sehr nahe
kommen; so hat es z. B. in der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts in
Breslau derartige Institute gegeben. Allein wo sind die dort angehauften
musikalischen Schatze hingekommen? Die leidige Raumfrage ist es, die
stets verhindern wird, daB ein derartiges privates Leihinstitut, selbst wenn
der Unternehmer noch so viel Geld darein steckt, eine wahre Musik-
bibliothek wird. Er muB, urn die Nachfrage des Tages zu befriedigen,
oft von einem an sich ganz wertlosen Klavierstiick oder Couplet Dutzende
von Exemplaren anschaffen und ist, um fur die Neueingange Raum zu
gewinnen, gezwungen, wertvolle alte Bestande, nach denen zufallig mo-
mentan keine Nachfrage herrscht, zu entfernen oder gar zu makulieren;
auch verkauft der Leihinstitutsinhaber haufig einzelne Werke seiner
Sammlung, ohne sie, ebenso wie auch beschadigte Exemplare zu ersetzen.
Eine Bibliothek aber laBt kein erworbenes Werk wieder von
sich und sucht auch stets nach Ersatz, falls einmal irgend ein Abgang
erfolgt ist; der Bibliothekar hat nicht bloB das anzuschaifen, wonach
gerade Nachfrage ist, sondern alles das, wonach voraussichtlich einmal
gefragt werden kann. Tro$z mancher Beruhrungspunkte verfolgen Musik-
bibliothek und Musikalien-Leihinstitut im wesentlichen verschiedeneZwecke,
ganz abgesehen davon, daB die offentliche Bibliothek ihre Schatze den
Benutzern unentgeltlich zur Verfugung stellt, wahrend f iir den Musikalien-
handler das Leihinstitut nur Mittel zu dem Zweck, Geld zu verdienen, ist.
Infolge dieses Umstandes — dort unentgeltliche, hier entgeltliche Ent-
leihung — gibt es leider unter den Musikalienhandlern einzelne kurz-
sichtige Leute, welche auf die Musikbibliotheken schlecht zu sprechen
sind. Fur die Musikalienverleger ist es freilich von groBter Wichtig-
keit, ob offentliche Musikbibliotheken oder wenigstens musikalische Ab-
teilungen an den offentlichen Bibliotheken bestehen; fur viele Verlags-
objekte, ich nenne hier nur die Partituren von Opern, von groBen
Orchester- und Chorwerken, werden die Bibliotheken, abgesehen von den
Theater- und Konzertinstituten, fast die einzigen Kaufer sein, da nur
hochst selten ein Privatmann dergleichen kostbare Schatze erwirbt. Anders
steht es mit den Musikalien-Sortimentern, welche ja haufig auch ein
Musikalien-Leihinstitut haben. Diese werden zunachst geneigt sein, in den
Musikbibliotheken eine schwere Konkurrenz fur ihr sowieso durch die
groBen Warenhauser hart bedrangtes Gewerbe zu sehen ; sieht man aber
naher zu, so hat der Musikalien-Sortimenter absolut keine Veranlassung,
auf die ^lusikbibliotheken mit scheelen Augen zu sehen. Da kein Ver-
leger direkt an den Konsumenten, sondern stets nur durch den Sorti-
menter liefert, so wird sich dessen Absatzgebiet hei dem verhaltnismaBig
groBen Bedarf der Musikbibliotheken vergroBern. Diese schaffen in der
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Wilh. Altmann, Offentliche Muaikbibliotheken. 5
Hauptsache nur solche Werke an, die ein Privatraann sich nur in seltenen
Fallen leistet, nnd die vollends selbst ein gnt eingerichtetes Musikalien-
Leihinstitut nur zu einem geringen Teile fiihrt; auch werden die Musik-
bibliotheken vielfach Werke nicht ausleihen, die das Musikalien-Leih-
institut ohne weiteres der hauslichen Benutzung anvertraut. Die heutigen
Leihinstitute — ich betone dies nochmals — haben ihr Schwergewicht
in den zahllosen Liedern und Klavierstiicken yon oft nur lokaler und
meist nur ephemerer Bedeutung; fur diese aber ist in den Muaikbiblio-
theken kein Platz; kein Leihinstitut wird iibrigens auch Studienwerke
in der Menge und Anzahl anschaffen, wie dies bei einer musikalischen
Studienbibliothek der Fail sein wird. Am ersten konnten sich die Leih-
institute noch (wie wir sehen werden) durch die musikalischen Volks-
bibliotheken geschadigt fiihlen, welche wie auch die Anstaltsbibliotheken
Schulen fiir jedes Instrument, Etudenwerke, vor allem aber die musika-
lischen Klassiker jedem leihen sollen; aber auch diese Werke sind nur
zu einem geringen Teil in den musikalischen Leihinstituten vertreten.
Die Sortimenter aber mogen endlich nicht vergessen, daB durch die
musikalischen Volksbibliotheken die musikalische Bildung in bis dahin
kaum interessierte Kreise getragen wird, daB diese nun haufig auch die
Sortimentsgeschafte in Nahrung setzen werden, indem sie teils ihnen be*
sonders lieb gewordene Werke, die sie der Volksbibliothek entliehen,
sich selbst anschaffen, teils Musikstucke, welche dort nicht vertreten sind,
beziehen werden.
So sind also Musikalien-Verleger wie Sortimenter in gleicher Weise
an dem Bestehen jeder Art musikalischer Bibliotheken interessiert.
Ich habe darauf hingewiesen, daB bei den musikalischen Leihinstituten
haufig allein der Zuf all entscheidet, ob ein Musikstiick angeschafft wird
oder nicht. Hierdurch unterscheiden sich die Musikalien-Leihinstitute sehr
wesentlich von den Musikbibliotheken.
Fiir mich ist eine Musikbibliothek kein durch Zufall zusammenge-
schweiBter Haufe von Musikalien und musikalischen Biichern, sondern
einemitBewuBtsein ihrerZiele angelegte und planmaBig weiter
gefiihrte Sammlung; ich sage, mit BewuBtsein ihrer Ziele. Diese
konnen natiirlich verschiedene sein, je nachdem sie rein praktischen
Zwecken, in erster Linie der Auffuhrung von Musikwerken, oder Studien-
zwecken dienen sollen. Ich lasse nun hier die Bibliotheken, welche sich
Orchester, Gesangvereine, iiberhaupt Konzertinstitute anlegen miissen,
ganz beiseite, da hierbei keine rein idealen, sondern wesentlich praktische
Beweggrunde in Betracht kommen, und vielfach der Modegeschmack oder
die personliche Vorliebe der Dirigenten bei der Anschaffung mitspricht.
Ich will hier nur die ausschlieBlich Studienzwecken dienenden, von durch-
aus allgemeinen und idealen Gesichtspunkten geleiteten Musikbibliotheken
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6 Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken.
ins Auge fassen. Dabei habe ich aber wieder 3 Arten zu unterscheiden^
1. die musikalischen Volksbibliotheken, 2. die mit den musikalischen Lehr-
instituten, Konservatorien, Seminaren usw. verbundenen Bibliotheken,
3. die wissenschaftliche Musikbibliothek xarVfox1?^? w*e w*r s*e *** ibrer
idealen Gestalt leider noch nicht in Deutschland haben.
Ich bemerke, daB die unter unter 1. und 3. genannten Musikbiblio-
theken nicht notwendig ganz selbstandig flir sich zu bestehen brauchen,
sondem auch in Anlehnung anallgemeine Bibliotheken, freilich als durch-
aus selbstandige Abteilungen oder Zweige derselben gedacht werden und
bestehen konnen.
Ferner bemerke ich, dafl ich nicht soweit gehen will, auch von den
Bibliotheken der hdheren und niederen Schulen (natiirlich mit Ausnahme
der Praparandenanstalten , auf denen ja Musik ordentlich gelehrt wird)
Anschaffung von musikalischen Biichern und Musikalien zu verlangen,
obgleich diese Forderung sich auch rechtfertigen lieBe.
Betrachten wir nun die von mir aufgestellten 3 Arten von Musik-
bibliotheken des naheren und im einzelnen.
Ich beginne mit den musikalischen Volksbibliotheken als der
einfachsten und am wenigsten kostspieligen Art und kann dabei im
wesentlichen *) das wiederholen, was ich bereits im Jahre 1900 in den
>Blattern fiir Volksbibliotheken und Lesehallen* (Jg. 1, 8. 41 ff.j ausge-
fiihrt habe, ohne freilich, wie es scheint, mit meinen Forderungen, (fur
die in der Kegel die erforderliche finanzielle Basis fehlt) durchgedrungen
zu sein. Ich habe damals die Frage aufgeworfen: »Gehoren Musikalien
in die Volksbibliotheken oder Biicherhallen?« und gesagt:
Wenn ich recht unterrichtet bin, ist diese Frage, die ich im folgenden
bejahe, noch gar nicht aufgeworfen worden; wohl nur zufallig deshalb, weil
gerade diejenigen, welche fiir die Ausbreitung der Bticherhallen eintraten,
daran nicht gedacht hatten oder unmusikalisch waren oder der Musik keinen
allgemein bildenden Wert beilegten. Ich will gern zugeben, daB man, auch
wenn man musikalisch ist, im Kampfe fiir die Biicherhallen zun'dchst fiir die
Biicher eine Lanze brechen muB, ohne der Musikalien zu gedenken; doch
diirfen diejenigen Biicher, welche sich mit der Musik be fassen, keineswegs
vergessen werden. Was nun das Nicht musikalischsein betrifft, so sagt zwar
Goethe: »Die Musik stent so hoch, daB kein Verstand ihr beikommen kann,
und es geht von ihr eine Wirkung aus, die alles beherrscht und von der
niemand im stande ist, sich Kechenschaft zu geben . . . ; sie ist eines der
ersten Mittel, um auf die Menschen wunderbar zu wirken.« Trotzdem aber
gibt es sehr viele Menschen, welche von der Musik nicht nur keinen Ein-
druck empfangen, sondem in ihr nur ein unangenehmes Gerausch sehen.
Angesichts dieBer Tatsache wiirden fiir Behr viele Menschen die Musikalien
in einer Bucherhalle geradezu wertlos sein ; mit ihrer Anschaffung wurde der
1) Natiirlich sind kleine Verbesserungen vorgenommen , einige Zusatze gemacht
worden.
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Willi. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken. 7
AUgemeinheit der Biicherhallenbesucher nicht genutzt sein, sondern nur einer
vielleicht kleinen Anzahl von Personen, zumal gerade unter den Personen,
fur welche die Biicherhallen in erster Linie bestimmt sind, verhaltnismaBig
wenige sein werden, welche im stande sind, die vorhandenen Musik alien aus-
zunutzen. Doch geeetzt den Fall, daB diese Annahme richtig ware, ware
dies ein Grand, die Musikalien aus der Biicherhalle zu verbannen? Doch
dem ist nicht so; wohl der groBte Teil der zahlreichen Fachmusiker rekrutiert
sich ans den wenig bemittelten, ja sogar unteren Volksschichten, und wohl
die meisten dieser Musiker sind Zeit ihres Lebens in so diirftigen Verhalt-
nissen, daB sie nicht im stande sind, sich Musikalien aus den private n Leih-
anstalten zu besorgen oder gar in grdfierer Anzahl anzuschaffen, zumal die
Musikalien, namentlich neu erscheinende, nicht gerade billig sind. Aber nicht
blofi der eigentliche Musiker wird von den Musikalien in der Biicherhalle
Gewinn ziehen, auch die groBe Masse der Dilettanten; wie mancher, der aus
Mangel an anregenden Musikalien die Musik liegen gelassen hat, wird, weil
ihm nunmehr Musikalien unentgeltlich in guter Auswahl in der Biicherhalle
zur Verftigung stehen, sich der einst geliebten Musik wieder zuwenden und
in seinem Stiibchen diese edle Kunst treiben, statt wie bisher in einer Kneipe
stumpfsinnig hinzulungern. Man wende auch nicht ein, daB durch die pri-
vaten, gegen Entgelt zuganglichen Musikalienleihanstalten ausreichend fur die
Musikliebhaber gesorgt sei; ganz abgesehen da von, daB es derartige Institute
nur in grofieren Stadten gibt, fehlt ihnen jener ofiPentliche Charakter, den
wir ja der Biicherhalle beilegen.
Doch nun zu denen, welche die Musikalien aus den Biicherhallen aus-
geschlossen wissen wollen, weil sie der Musik keinen erziehlichen Wert bei-
legen. Vielleicht werden sich diese Gegner bekehren, wenn ich ihnen aus
dem m. E. prachtigen Artikel von C. Andreae in Kaiserslautern, Musikalische
Erziehung in dem »EncyclopSd. Handbuch der Padagogik« hrsg. v. "W. Kein,
Bd. 4 (1897), 872 ff. folgende Stelle anfuhre: »Die eigentiimliche Weise, in
welcher gerade die Musik das Gefuhl idealisiert, sichert ihr unter alien Kiinsten
als dem originalsten Erzeugnis des menschlichen Geistes eine Ausnahmestellung.
In ihren Schopfungen pragt sich daher auch ein ganz besonderes Stiick der
kulturgeschichtlichen Entwicklung aus, und daran nicht teilhaben oder nicht
teilnehmen konnen, bleibt unter alien Umstanden ein Mangel, mogen die von
solchem Mifigeschick betrofiPenen nun Kant, Lessing oder Maupassant heifien.*
»Von hier ergeben sich Notwendigkeit und Pflicht der musikalischen Er-
ziehung von selbst. "Wenn die Musik dem Menschen so viel zu bieten hat,
wie sie in "Wirklichkeit bietet, so haben alle diejenigen, welchen die Natur
die entsprechende Begabung nicht versagt, ein Recht darauf, daB ihnen die
musikalischen Schatze ebenso zuganglich gemacht werden, wie etwa die
liter arischen, und, wenn es abgeschlossene Geistesprovinzen nicht gibt, viel-
mehr die in betracht kommenden psychischen Prozesse in einer engen Be-
ziehung zur gesamten Geistesverfassung stehen, dann kann es fur die Losung
der Erziehungsaufgabe nicht gleichgiltig sein, ob irgend eine Seite ohne Pflege
bleibt oder verkiimmert, wahrend sie zum Gedeihen des Gatizen beitragen
sollte. «
Andreae hat bei der Zuganglichmachung der musikalischen Schatze aller-
dings nur an Konzerte gedacht; er sagt: »Man hat langst angefangen, durch
sog. Volksvorstellungen unsere klassischen Dichtungen den weitesten Kreisen
zuganglich zu machen. Es ist nicht abzusehen, weshalb es mit den musi-
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8 Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken.
kalischen Klassikern anders sein sollte. Dem Yolk auch zu ihnen den Zu-
j^ang zu eroffnen, ihm gute Musik in guter Ausfuhrung zu bieten1) ist eine
ernste sozialpadagogische Aufgabe. c Jetzt hat man sich der ErftiUung dieser
Aufgabe fast allenthalben mit groBem Eifer zugewandt, ja es warden sogar
Jugendkonzerte veranstaltet, die vor allem den Schulern der Volksschulen
zugute kommen.
DaB das Volk selbst wieder Musik treiben kann, daran hat Andreae
offenbar nicht gedacht. Es wird vielleicht noch die Zeit kommen, wo man
dem Volke G-elegenheit geben wird, Musik zu erlernen und praktisch2) zu
treiben; an einzelnen Orten hat man jetzt schon unentgeltliche Gesangskurse
eingerichtet, um den Volksgesang wieder zu heben. Es ist dies ein Beweis,
daB man sich wieder der im Mittelalter und im 16. Jahrhundert herrschen-
den Anschauung von der erziehlichen Macht der Musik nahert. Luther3
erkannte der Musik bekanntlich nach der Theologie den ersten Bang zu; er
hat im Einverstandnis mit den Anschauungen der fruheren Zeit die Musik
nach ihrer Bedeutung iiberhaupt gewiirdigt; so sagt er z. B.: Man soil die
Musik von Not wegen in Schulen behalten und die Jugend stets in dieser
Kunst iiben, denn sie macht fein geschickte Leute. Ein Schulmeister mufi
singen konnen, sonst sehe ich ihn nicht an.« Ferner: >Die Musik ist eine
halbe Disziplin- und Zuchtmeisterin, so die Leute gelinder und sanftmtitiger,
sittsamer und verntinftiger macht. « Der Wert des Gtesanges (die Instrumental-
musik steckte ja noch in den Kinderschuhen) fur die gesamte Jugenderziehung
wird in den Schulordnungen des 16. Jahrhunderts durchaus anerkannt. »Der
Gesang erscheint geradezu als der Mittelpunkt des ganzen Schullebens, als
das gemeinsame Band, das die einzelnen. artes zusammenhalt.* In einer
Schulordnung heiBt es z. B. : >Zur Musica sollen die Schiiler angehalten
werden, nicht allein zu einem lustigen und freien exercitio, die fatigierten
ingenia damit zu rekreieren, sondern auch daB man beim ehrwurdigen Kirchen-
dienst stets eine zierliche Musicam, Gott zu ehren, habe und erhalte.* In-
1} Dies ist an vielen Orten, besonders in Wien und Berlin, bekanntlich schon
geschehen.
2) Natiirlich kommen fur das Volk als solches in erster Linie nur die Streich-
und Blasinstrumente in Betracht, nicht das im Mittelstand so verbreitete Klavier;
zwar wird ein solches haufig fur 25 — 40 Mark gekauft, doch nimmt es einen Raum
ein, den eine Arbeiterwohnung wohl nur selten zur Verfugung hat. "Wie wenig Platz
beansprucht dagegen eine Violine oder Trompete! Die ungeheure Entwictlung der
Musikinstrumenten-Manufaktur ermoglicht es jetzt sogar dem Armen, eine brauchbare
Violine oder Trompete zu kaufen, die ihm iiberdies haufig durch einen Junglings- oder
dergleichen Verein zur Verfugung steht. Wenn nicht alles triigt, scheint sich ubrigens
der Mittelstand jetzt vom Klavier etwas ab-, dagegen den Streich- und Blasinstrumenten
wieder mehr zuzuwenden, wodurch sich die Ruckkehr zur guten alten deutschen Sitte
der Hausmusik allmahlich wieder anbahnen wird. In Westfalen bestehen einige Schuler-
Orchester, desgleichen auch an einigen Berliner Anstalten ; leider wird auf den Schulen
viel zu wenig der erzieherische Wert der Musik beachtet. Aber man darf in seinen
Forderungen doch nicht iiber das Ziel schieBen, wie Max Battke kurzlich in seinem
sehr beachtenswerten Aufsatze „Vor8chl'age zur Reform des Gesangsunterrichts in den
Schulen" in: Die Musik Bd. 8 (1903), S. 419 ff.
3) Vergleiche fur das folgende das schone Werk von Prof. Dr. Joh. Plew, Der
Gesangunterricht, 1895. Separat-Abdruck aus: Handbuch der Erziehungs- und Unter-
richtslehre fur hohere Schulen, 4. Band, 2. H'alfte.
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Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken. 9
folge der durch den 30jahrigen Krieg hervorgerufenen materiellen und geistigen
Yerarmung Deutschlands sank dann der Schulgesang freilich im 17. Jahr-
hundert jah herab. Gleichzeitig kam die Instrumentalmusik empor und trug
auch ihr Teil zn dem allgemeinen Sinken der reinen Vokalmusik bei.
Pa seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wieder sebr eifrig, namentlich
bei uns in Deutschland, Musik ge trie ben wird, und zwar auch im Yolke,
wie die zahllosen Mannergesang- und auch Instrument al-Yereine beweisen,
so ergibt sich fur alle staatlichen und stadtischen Yerbande die Notwendig-
keit, die Ausbildung dieser musikalischen Talente im Yolke zu befordern.
Dazu gehort auch, dafi ihnen Musikalien bequem zuganglich gemacht werden.
Es ist nicht notig, obgleich dies der ideale Umstand ware, daJJ eigene Yolks-
mnsikalien-Bibliotheken gegriindet werden. Wozu haben wir die allgemeinen
Yolksbibliotheken oder Bucherhallen ? Deren Aufgabe ist es ja, wie Norren-
berg, ihr eifriger Apostel, treffend gesagt hat, »gesunde Bildung des Herzens
und Geistes zu verbreiten unter denjenigen, welche sie bediirfen und suchen«.
Freilich wird, wenn wir noch die Musikalien den Bucherhallen zuweisen,
deren meist so wie so schon unzureichendes Budget noch kleiner; doch ver-
lange ich ja nicht, dafi die Musikalien die Biicher erdriicken sollen; sie
sollen nur neben diesen ihre Berechtigung haben und als vollgiltiges Bildungs-
material1) anerkannt werden.
Finden meine Ausfuhrungen, was ich allerdings fur die nachste Zukunft
kaum hoffen darf, Zustimmung, dann wird eine gut ausgestattete Yolks-
bibliothek oder BUcherhalle neben einigen musikalischen Zeitschriften, musik-
gegchichtlichen und musiktheoretischen AYerken, neben Biographieen, Brief-
wechseln und gesammelten Schriften von hervorragenden , insbesondere
deutschen Musikern auch deren bedeutendste Kompositionen (die Orchester-
werke natiirlich in Arrangements fur Klavier zu 2 oder 4 Handen) enthalten
mussen ; beriicksichtigt soil dabei auch das Gebiet der Kammermusik werden,
da diese am meisten geeignet ist, veredelnd auf die Menschen zu wirken.
Aufierdem werden eine Anzahl guter und brauchbarer Schulen und EtUden-
werke fur die gebrauchlichsten Instrumente (Klavier, Orgel, Harmonium,
Yioline, Bratsche, Yioloncell, Flote, Klarinette, Waldhorn, Trompete, sogar
Zither, Mandoline, Guitarre und Harmonika) anzuschaffen sein; eine ganz
besondere Sorgfalt wird man der Auswahl von Yokalkompositionen zuwenden
mussen: Klavierausziige der bedeutendsten Opern und Oratorien diirfen neben
grofieren Liedersammlungen (diese natiirlich sowohl fur hohe als fur mittlere
and tiefe Stimmen) nicht fehlen. Im allgemeinen wird man die musikalischen
Klassiker bei der AnschafiPung bevorzugen mussen, weniger aus Abneigung
gegen die modernen Meister als aus Sparsamkeitsrucksichten; pflegen doch
die Yerleger2) hervorragender neuerer Komponisten sich deren Werke recht
1) Es soil Leute geben, welche behaupten, daB die Musik den Charakter verdirbt !
Glucklicherweise gibt es aber noch mehr Leute, welche der Ansicht sind, daB sie im
Gegen teil den Charakter veredelt. — Yergleiche iibrigens auch Klassert, Die Musik
als Erziehungsmittel und ihre ethische Wirkung iiberhaupt, Mainz, Programm des
Gymnasiums, 1896. A. Fritzsche, Die Wirkung der Musik auf den Menschen in:
Jahrbucher der Koniglichen Akademie gemeinniitziger Wissenschaften zu Erfurt,
Neue Folge, Heft 24, 1898.
2) Die Zeiten sind langst voriiber, wo als Normalpreis fiir den Bogen 50 Pfennig
gait; einzelne Yerleger berechnen jetzt schon 1 Mark; freilich sind die Arbeitslohne
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10 Wilh. Altmann, OfFentliche Musikbibliotheken.
teuer bezahlen zu lassen. Vor allem vermeide man Werke von ephemerem
Wert, Salonkompositionen, Virtuosenstucke und dergl. anzuschafiPen ; der er-
ziehliche und bildende Charakter der Sammlung mufi bei der An-
schaffung maBgebend sein, nicht das TTnterhaltungsbediirfnis
der Benutzer.
Fur die erste Einrichtung einer Musikaliensammlung in den Volks-
bibliotheken wird man gut tun, sich hauptsachlich an !die vortrefiPlich aus-
gestattete Edition Peters, die Yolksausgabe Breitkopf & Hartel, die Kollektion
Litolff, die Ausgabe Steingraber und ahnliche allgemeine Sammlungen zu
halten, welche samtlich gut und im wesentlichen nicht teuer sind; man ver-
gesse dabei nicht, einen den Buchhandlersatzungen entsprechenden Rabatrt
(20%) zu fordern. Keinesfalls ist bei der ersten Einrichtung, fur welche
3000—5000 Mark schon geniigen konnten, Richard Wagner zu vergessen.
Unbedingt notig ist auch ein geeigneter Einband fur die Musikalien; bei
Werken fur verschiedene Instrumente empfiehlt es sich, jede einzelne Stimme
in blaue Ak ten deckel heften zu lassen und die zusammengehorigen Hefte in
eine Mappe (Fappendeckel mit Leinwandrucken und Bandera zum Zubinden)
zu legen. Auch das diinnste Heftchen lasse man nicht ohne Einband. Diese
Ausgaben fur den Buchbinder beeintrachtigen freilich den jahrlichen An-
schaffungsfonds, der demgemafi fur eine leidlich gut ausgestattete Volksbiblio-
thek immerhin auf 500 — 600 Mark anzusetzen ware.
Ich habe verhaltnismaBig lange mich bei den musikalischen Yolks-
bibliotheken aufgehalten, da ich mir von deren Einrichtung sehr viel
verspreche und da ich bei dieser Gelegenheit auch, wenigstens in Kiirze,
auf den erziehlichen Charakter der Musik hinweisen wollte. Wahrend
die musikalischen Volksbibliotheken sich an die weitesten Kreise wenden,
das Volk der Musik wieder gewinnen sollen, dient die zweite Art Mu-
sikbibliotheken im wesentlichen nur einer bestimmten Berufsklasse,
der Ausbildung von Fachmusikern1).
DaB jedes Konservatorium, jede Musikschule eine eigene Bibliothek
haben muB, dariiber sollte kein Zweifel sein; aber wie wenige musikalische
Lehrinstitute — freilich sind es der uberwiegenden Mehrzahl nach private —
haben eine ihren Zwecken voll entsprechende Bibliothek aufzuweisen.
der Notenstecher und auch die Papierpreise in letzter Zeit sehr in die Hohe gegangen.
— Da hier die Verleger erwahnt werden, mb'chte ich an alle die vielen, welche sich
noch immer nicht entschlieOen konnen, auf die Musikalien das Jahr des Erscheinens
zu setzen, die Bitte richten, doch endlich diese bei Biichern fast ganz durchgefiihrte,
uberaus wichtige Forderung der Bibliographen zu erfullen.
1) Es konnte zweifelhaft erscheinen, ob diese Art von Musikbibliotheken den offent-
lichen zuzuzahlen sind. Streng genommen sind sie es natiirlich nur insoweit, als sie
vom Staat erhalten werden. Wenn dies der Fall ist, wird der Leiter der Bibliothek
deren Schatze auch jedem Musikbeflissenen — zum mindesten in dem Lesesaal —
zuganglich machen, natiirlich immer mit der Beschrankung, daft die Rechte der Musik-
schuler darunter nicht leiden. Aber auch die privaten Konservatorien werden gewiC
ihre Bibliotheken unter denselben Bedingungen wie die offentlichen dem Forscher
nicht verschlieCen.
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Wilh. Altmann, Offentliche MusikbibHotheken. 11
Wir haben dabei naturlich zwischen groBen und kleinen Lehranstalten
zu unterscheiden. GroBe Konservatorien oder musikalische Hoehschulen,
die vom Staate unterhalten werden, werden recht ansehnliche Ausgaben
fur ihre Bibliothek machen miissen; fallt es doch unter ihre Aufgaben,
Sinfonien, ja selbst Oratorien und Opera mit ihren Schiilern aufzufiihren,
fur die das betreffende Notenmaterial vorhanden sein muB. Da auf den
Hochscbulen und Konservatorien Unterricht in alien Orchesterinstrumenten
erteilt wird, werden Schulen, Etuden und sogen. Orchesterstudien d. h.
Sammlangen von besonders schwierigen Stellen aus Orchesterwerken fiir
einzelne Instrumente und zwar in mehrfacher Anzahl vorhanden sein
miissen; es muB z. B. jedem Schiiler die Gelegenheit geboten sein, die
Wagner'schen Musikdramen, soweit die Stimmen fiir ein Instrument ge-
druckt vorliegen, sich zuganglich zu machen. Ebenso miissen die Orchester-
stimmen zu den gebrauchlichsten Instrumentalkonzerten vorhanden sein,
damit die Schiiler diese Konzerte mit Orchesterbegleitung auch spielen
konnen. Ebenso werden die wichtigsten und beliebtesten Opern- und
Oratorien- Arien auch mit Orchesterbegleitung sich in der Konservatoriums-
bibliothek befinden miissen, wie auch daselbst kein Mangel an Klavier-
ausztlgen von Opern und Oratorien herrschen darf. Da das Gros der
Konservatoriumsbesucher wohl aus Klavierspielern und Sangern besteht,
so wird die Bibliothek fiir deren spezielle Bediirfnisse auch Sorge zu
tragen haben. Selbstverst&ndlich werden die theoretischen Facher und
die Musikgeschichte ausgiebige Beriicksichtigung finden mUssen; zu den
theoretischen Fachern diirfte z. B. auch Schauspielkunst (fiir den kiinftigen
Opernsanger) und italienische Sprache zu rechnen sein. Es fragt'sich
sogar, ob man nicht noch weiter gehen und fUr derartige Konservatoriums-
bibliotheken eine groBere Anzahl allgemeiner wissenschaftlicher Werke
zur Hebung der allgemeinen wissenschaftlichen Bildung der Musikschiiler
fordern sollte. Allein an Orten, an denen so groBe musikalische Lehr-
anstalten bestehen, wird sich eine oder die andere allgemeine Bibliothek
sicherlich befinden, welche auch den Musikbeflissenen zuganglich ist.
Sehr schwer ist es, den jahrlichen Bedarf einer solchen groBen musika-
lischen Bibliothek speziell fiir eine Hochschule zu berechnen; er wird
auch auf sehr solide und dauerhafte Einbande Biicksicht zu nehmen
haben und vor allem davon abhangen, ob die erste Einrichtung1)
gleich eine entsprechende gewesen ist; auch kommt es bei diesen
speziellen Studienbibliotheken weniger darauf an, daB immerfort neu er-
1) "Wenn sie nur 20000—25000 Mark betragen bat, so diirfte zur ailmahlichen
ErganzoBg von LUcken and Neaanschaffangen 4000—5000 Mark nicht zu hoch ge-
griffen sein. Unbedingt erforderlich waren zum Beispiel die neun Sinfonien von
Beethoven; diese kosten (10 Viol. I und 9 Viol. II, 8 Bratschen-, 6 Violoncell- und
5 BaBstimmen gerechnet) heute in Stimmen immer noch 222,90 Mark.
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1 2 Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliothekeii.
scheinende Werke angeschafft werden, als daB der' Bestand an bewahrten
ein moglichst groBer ist. Sehr entlastet kann eine solche spezielle Studien-
bibliothek natiirlich auch dadurch werden, daB sich an demselben Orte
jene ideale Musikbibliothek befindet, welche wir als die dritte Art von
Musikbibliotheken bezeichnet und noch zu besprechen haben.
Selbstverstandlich ist es ausgeschlossen, daB die zahllosen kleineren
Musikschulen derartige Aufwendungen, wie wir sie eben gefordert haben,
fttr ihre Bibliotheken treffen konnen; wenn sie aber nur etwas daf\ir tun,
wenn sie nur wenigstens ihren Schiilern in einem gut zuganglichen Raum
die wichtigsten musikalischen Nachschlagewerke und Zeitschriften bieten,
sowie die Gelegenheit, die hervorragendsten Erscheinungen der musika-
lischen Literatur kennen zu lernen, so ist schon unendlich viel damit
gewonnen. Wunderbarerweise hat Herr Professor Hermann Kretzschmar
in seinem so vortrefflichen Aufsatze »Die Ausbildung der deutschen
Fachmusiker* (Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 8. Jahrg. 1901),
trotzdem er Vermehrung der musikalischen Bildung durch geschichtliches
Wissen f ordert, gar nicht die Frage der Musikbibliotheken gestreift.
Betrachten wir endlich die dritte Art von Musikbibliotheken, die
wissenschaf tliche Musikbibliothek. Ihrem Ideal kommt der Stand-
punkt nahe, den Herr Dr. Max Abraham, der idealgesinnte und hoch-
verdiente Schopfer der Musikbibliothek Peters, einnahm, als er bei der
feierlichen Eroffnung dieser Bibliothek am 2. Januar 1894 uber deren
Zweck und Ziele sich etwa folgendermaBen aussprach: »Obwohl seit vielen
Jahrzehnten das Musikleben in Leipzig eine auBerordentlich rege und
vielseitige Forderung erfahren, hatte es doch bisher an einem offentlichen
Institute gefehlt, das dem Publikum die theoretischen und praktischen
Werke der modernen Musikliteratur, namentlich die Partituren, zur Ver-
fiigung stellte. Fiir die meisten Studierenden waren die groBeren Musik-
werke nur sehr schwer und mit bedeutendem Kostenaufwande, der fiir
die Krafte des Einzelnen oft unerschwinglich, zu erlangen. Andere
Werke aber, wie die ersten Ausgaben der Klassiker, die ungedruckten
alten und die zwar gedruckten, aber nicht kauflichen Partituren aus-
landischer Verleger blieben iiberhaupt unzuganglich. Oft genug habe er
selbst bei der Herausgabe klassischer sowohl wie moderner Werke diesen
Mangel beklagen miissen und mit ihm gewiB mancher Musiker und Ver-
leger. Das neue Institut soil im Gegensatz zu den staatlichen oder
stadtischen Bibhotheken, besonders dem Studium moderner Musik, von
den Klassikern angefangen, gewidmet sein und daher vorzugsweise die-
jenigen kunstlerischen Erscheinungen beriicksichtigen, durch welche ein
Verstandnis der neuen Musik und ihrer verschiedenen Stromungen herbei-
gefiihrt werden konne.« (Jahrbuch der Musikbibliothek Peters fiir 1894, S. 5).
Ich gehe in meinen Forderungen fiir eine wissenschaftliche Musik-
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Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibhotheken. 13
bibliothek noch weiter als Herr Dr. Abraham, der natiirlich auch be-
stimmt hat, daB die Textbiicher von Opern und Oratorien, sowie Bild-
nisse von Musikern in der Musikbibliothek Peters gesammelt werden, ich
verlange vor allem auch Beriicksichtigung der gesamten, nicht bios der
modernen Musik, f erner, daB die ganze Kammermusikliteratur in Partitur
and Stimmen, daB auch vierhandige Klavierarrangements der groBen
Orchesterwerke, endlich Studienwerke und Konzertstticke fiir die haupt-
sachlichsten Instrumente angeschafft und den Benutzern sogar fiir kiirzere
Zeit zur hauslichen Benutzung Uberlassen werden, was bei der Musik-
bibliothek Peters leider nicht der Fall ist. Ich mochte sogar auch die
Anschaffung der bedeutendsten Orchester- und Chorwerke in Stimmen
empfehlen, urn auf diese Weise die Moglichkeit einer Auffiihrung nach
100 and mehr Jahren zi* ermoglichen; freilich diirften, so lange die
Bechte der Komponisten oder Verleger noch bestehen, diese Stimmen
nicht ausgeliehen oder gar zu einer offentlichen Auffiihrung gebraucht
werden. Selbstverstandlich miiBte eine solche wissenschaftliche Musik-
bibliothek, deren Jahresbudget fiir Neuanschaffungen mit 20000 Mark
nicht zu hoch bemessen w&re, die musikalische Literatur samtlicher
Kulturvolker anschaffen.
Ich fiirchte aber, daB fiir die nachste Zukunft kaum an die Moglich-
keit der Einrichtung einer oder mehrerer solcher Musikbibliotheken gedacht
werden kann, obwohl die bestehenden groBeren staatlichen Musikbiblio-
theken sehr wohl zu derartigen Anstalten erhoben werden konnten; in
gewissem Sinne entspricht immer noch die Musikbibliothek Peters, deren
Weiterbestand durch ein Vermachtnis Dr. Abrahams von 400000 Mark
gesichert ist, den berechtigten Forderungen. Einen Weg gabe es freilich,
auf dem wir in Deutschland wenigstens zu einer derartigen, freilich nur
modernen Musikbibliothek koramen konnten.
Es ist namlich schon haufig bei uns — freilich bisher vergeblich — '
der Wunsch nach einer groBen Reichsbibliothek ausgesprochen
worden, in die alle in Deutschland gedruckten Bticher und Zeit-
schriften auf Grund des Pflichtexemplarzwanges eingeliefert werden
sollten. Wenngleich ich zu den sehr wenigen Bibliothekaren gehore,
denen die Nachteile1) des Pflichtexemplarwesens den unzweifelhaften Vor-
1) Bei der von Jahr zu Jahr wachsenden Produktion an Buchern und Musikalien
werden die Bibliotheken, an welcbe die Pflichtexemplare abzuliefern sind, mit einem
riesigen, haufig ganz wertlosen Ballast beladen ; sie schwellen dermaBen an, daB Raum-
mangel in verhaltnismaBig friiher Zeit eintreten muB, dem nur durch kostspielige
Xeubauten abgeholfen werden kann. Welclie Sumrae von kostspieliger Arbeitskraft,
die weit nutzlicher verwertet werden konnte, wird durch das Einziehen, Inventarisieren,
Katalogi8ieren usw. der Pflichtexemplare verbraucht! Wieviel Geld, das weit besser
angewendet werden konnte, kostet das Einbinden von Buchern, die nie gebraucht
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14 Wilh. Altmann, Offentliche Musikbibliotheken.
teilen desselben mehr als die Wage zu halten scheinen, so wiirde ich
doch natiirlich die Ausdehnung des Pflichtexemplarzwanges auf
die Musikalien, die Schaffung einer Reichs-Musik-Bibliothek
mit der grofiten Freude begriiBen, vorausgesetzt, daB deren Mittel so
reichliche waren, daB auch alle nur irgend wichtigen Erscheinungen der
auslandischen Literatur angeschafft werden und jedes Notenstiick semen
Einband erhalten konnte; selbstverstandlich miiBte eine derartige Anstalt
auch em ausreichendes Verwaltungspersonal haben. Allein, was in Frank-
reich, England und Italien inbezug auf Pflichtexemplare sich hat durch-
fiihren lassen, scheint bei uns in Deutschland vor der Hand noch eine
Utopie zu sein. Hat man doch selbst inPreuBen, wo der Pflichtexem-
plarzwang durch das sogen. Zensur-Reglement vom 28. Dezember 1824
eingeftihrt worden ist, auf die unzweifelhaft berechtigte Eintreibung
der Musikalien als Pflichtexemplare1) verzichtet und zwar wohl nur
infolge des Umstandes, >daB man denselben keinen bildenden Wert bei-
legt, daB die Musik im Verhaltnis zu den andern Kttnsten in den Augen.
werden! — Yon den Hauptanhangern des Pflichtexemplar-Zwanges wird immer be-
tont, daB nur durch ihn ein groBer Teil der Literatur vor dem volligen Verschwinden
bewahrt wird, daB in zweihundert oder mehr Jahren ein heute ganz wertloses Schul-
buch oder ein Roman oder ein Salonstiick mit Gold aufgewogen werden konnte. Die-
ser Fall diirfte wohl ein Phantasiebiid sein. Ubrigens sehe ich nicht ein, warum nicht
auch ein Teil der Literatur untergehen soil; auch hier muB eine naturliche Auslese
stattfinden.
1) Das Zensurreglement von 1824 ist durch die allerhochste Kabinetsordre vom
12. Marz 1847 best'atigt worden; darin wurde genehmigt, >daB es bei den . . . bisher
in Anwendung gebrachten Grundsatzen sein Bewenden behalt, wonach alle Druck-
schriften ohne Ausnahme, Kupferwerke und Landkarten aber dann als ablieferungs-
pflichtig anzusehen sind, wenn sie in Begleitung eines gedruckten Textes, gleichviel
von welchem Umfange und welcher Bedeutung erscheinen.« In der Zirkularverfiigung
vom 17. April 1847 wird von >Drucksachen undKunstwerken« gesprochen. Weun-
gleich die Musikalien nicht ausdrucklich erwahnt sind, so diirfte meines Erachtens
kaum ein Zweifel dariiber sein, daB sie unter die >Druckwerke ohne Ausnahme* zu
rechnen sind. Sagt doch auch das ReichspreBgesetz vom 7. Mai 1874 im § 2:
>Das gegenwartige Gksetz findet Anwendung auf alle Erzeugnisse der Buchdruckerpresse,
sowie auf alle anderen, durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten, zur Ver-
breitung bestimmten Vervielfaltigungen von Schriften und bildlichen Darstellungen
mit oder ohne Schrift und von Musikalien mit Text oder Erlauterungen. — Was
im folgenden von Druckschriften verordnet ist, gilt fur alle vorstehend bezeich-
neten Erzeugnisse.* Will man die Herstellung der Noten nicht als Druck auffassen,
so sind sie als Kupfer- oder Kunstwerke zu betrachten. Doch gesetzt den Fall, daB
man auch dieses nicht zugeben will, so muB man einr'aumen, daB Lieder und Gesange,
uberhaupt die ganze Vokalmusik (Opernpartituren, Klavierausziige usw.), welche >in
Begleitung eines gedruckten Textes* erscheint, dem Pflichtexemplarzwange unter-
worfen ist, da dieser, wie hier nochmals betont werden muB, dem Zensurzwange seine
Entstehung verdankt; gerade bei Liedern, Opern usw. hat ja die Zensur haufig Grund
zum Einschreiten gehabt. ^
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Willi. Altmann, Offentiiche Mnsikbibliotheken. 15
der meisten Bibliothekare nichts gilt, obgleich sie in der kulturellen Ent-
wicklung der Volker eine sehr groBe Rolle spielt*, wie ich seinerzeit in
meinem Aufsatze »Erstreckt sich der Pflichtexemplarzwang in PreuBen
auch auf Musikalien « (im 14. Bande des »Archiv1) fiir offentliches Recht*
S. 297 ffl, gesagt habe. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, daB uns
Deutschen die Zukunft nicht nur eine Anstalt bringen wird, in welcher
auch die Werke der deutschen Komponisten planmaBig gesammelt, son-
dern auch, daB wir Deutschen hinter dem Auslande inbezug auf Musik-
bibliotheken tiberhaupt nicht zuriickbleiben werden.
Urn nicht ins Blaue hinein Kostenanschlage zu geben, habe ich die
3 letzten Jahre des bei Friedr. Hofmeister in Leipzig verlegten »Ver-
zeichnis der erschienenen Musikalien, auch musikalischen Schriften und
Abbildungen«, also die Jahrgange 1900, 1901 und 1902 genau darauf hin
durchgesehen, wieviel bei bescheidenen Anspriichen anzuschaffen ware;
ich bemerke aber, daB in diesem Verzeichnisse die im Auslande erschei-
nenden Musikalien nur sehr sporadisch, die dort erscheinenden sehr zahl-
reichen musikalischen Biicher und Zeitschriften garnicht verzeichnet sind,
daB mindestens ein Drittel des von mir ausgerechneten Betrages also
noch hinzuzurechnen ware; ferner bemerke ich, daB ich keine Orchester-
stimmen, keine vollstandigen Partituren und Textbiicher von Opern und
Oratorien, keine ein- und zweistimmigen Lieder mit Klavierbegleitung,
keine Bildnisse von Komponisten aufgenommen und inbezug auf Aus-
wahl aller Solowerke, so auch der zwei- und vierhandigen Klavierliteratur
sehr sparsam gewesen bin; hingegen habe ich die Klavierauszuge aller
Opern und Oratorien, die Partituren aller Sinfonien und Suiten, endlich
die gesamte Kammermusik, die meisten Biicher und Zeitschriften auf-
genommen; auch habe ich fur jeden Buchbinderband nur 1,50 Mark ge-
rechnet und von den Musikalien mit Ordinarpreise gleich einen Rabatt
von 33 Vs % abgezogen. Unter diesen Einschrankungen wiirde ich fiir
Neuanschaffungen im Jahre 1900 fur 309 Werke rund 2750 Mark, im
Jahre 1901 fiir 465 Werke rund 3170 Mark, im Jahre 1902 fiir 499
Werke 3848,30 Mark ausgegeben haben2); hierzu miiBten wohl noch jahr-
lich 1300 Mark fiir auslandische Literatur und mindestens wohl 2500 Mark
fiir Ausfiillung von Liicken durch antiquarische Erwerbungen hinzuzu-
rechnen sein, um wenigstens eine einigermaBen geniigende wissenschaft-
Uche Musikbibliothek zu schaffen. Anschaffung von Autographen habe
ich dabei garnicht einmal im Auge. Aber wie weit entfernt von diesem
1) Die Veroffentlichung ist in dieser juristischen Zeitschrift erfolgt, nachdem der
Herausgeber des »Centralblatt fiir BibliotheksweseiK die Aufnahme des Artikels ab-
gelehnt hatte, weil er nicht in ein Wespennest stechen, die Erregung der Verleger
nicht wachrufen wolle.
2; Zur naheren Yeranschaulichung diene folgende Tabelle:
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16
Wilh. Altmann, Offentliche Mnsikbibliotheken.
Budget sind die Fonds, die fiir die in Deutschland bestehenden staat-
lichen Musikbibliotheken ausgesetzt werden; so erhalt die Musiksammlung *}
der Koniglichen Bibliothek zu Berlin, deren Gesamtanschaffungsfonds
150000 Mark betragt (wozu noch die Pflichtexemplare, leider nicht von
Musikalien, aus den altpreuBischen Provinzen kommen) nur 2000 Mark
fiir Anschaffungen und Bindelohn, die Konigliche offentliche Bibliothek
zu Dresden, seitdem ihr die Koniglich Sachsische Privatmusikaliensamm-
lung uberwiesen ist, fiir musikalische Erwerbungen 2000 Mark und fiir
deren Einband noch 400 (also mehr als die Berliner Sammlung); so gibt
die Miinchener Hof- und Staatsbibliothek alljahrlich nur 1200 Mark fiir
Musikalien aus. Es leuchtet ein, daB unter diesen Umstanden die ge-
1900
Preis Werke
1901
Preis Werke
1902
Preis I Werke
Orchester. Partituren
Streichinstrumente. Soli usw. . . .
Karamermusik usw. fur Biasinstr.
Streichquintette, Quartette u. Trios
Kammennusik mit Klavier:
a) Quintette, Quartette, Trios . .
b) Violinsonaten
c) Cellosonaten
Klavier mit Orchester
Zwei Klaviere vierhandig
Klavier vierhandig
Klavier zweihandig
Orgel
Geistliche Vokalmusik
Weltliche > (auBer Opern)
Opern
Bttcher
Zeit8chriften
Buchbinder
325,10
130,50
4,00
140,50
111,45
53,35
21,30
49,00
13,00
42,50
93,75
72,60
135,75
118,50
269,00
455,55
252,80
463,50
21 620,15
26 || 152,00
1 ll 21,65
17 || 148,35
15 |
12 !
8 I
i\
22
17
10
12 I
25
80 |
36 I
158,75
84,25
27,65
49,00
24,60
153,90
197,75
80,00
85,00
158,75
357,35
445,90
262,80
682,50
59
30
8
18
21
7
5
6
34
64
14
12
17
37
86
37
392,36
217,60
28,80
185,25
341,45
74,16
42,35
16,05
96,95
160,60
104,50
95,65
135,75
426,86.
518,70
262,80
748,50
34
31
9
23
33
18
8
2
23
43
43
20
24
39
112
37
Summa .j 2752,15 ■ 309 „ 3710,36 | 465 || 3848,30 499
1) Es ware sehr zu wunschen, daB diese an alten wertvollen Bestanden, besonders
auch Autographen [vergleiche oben Seite 3, Anmerkung 1) sehr reichhaitige Samm-
lung endlich zu einer selbstandigen Abteilung* der Koniglichen Bibliothek mit einem
stattlichen Anschaffungsfonds, einem sehr reichlichen Extraordinarium zur Ausfullung
der zahllosen Lucken und zu ausreichendem Beamtenpersonal, an dessen Spitze ein eigener
Direktor stehen sollte, erhoben wiirde. Voraussichtlich dttrfte dieser Wunsch, falls er
von Seiten der zahlreichen Berliner Musikgelehrten an geeigneter Stelle vorgebracht
wiirde, erflillt werden, wenn die Konigliche Bibliothek in 6 — 7 Jahren in ihren Neu-
bau ubersiedelt. Vergleiche ubrigens Zeitschrift der IMG. IV, Seite 423.
Zum Vergleich fiihre ich einige Budgets von anderen wissenschaftlichen Instituten
an. Das psychologische Seminar der Berliner Universit'at hat 2350 Mark, das Institut fiir
Altertumskunde 3650 Mark, der archaologische Apparat 1500 Mark, die Berliner Ko-
niglichen Museen fiir Anschaffungen 400000 Mark, das Kunstgewerbemuseum dafur
94150 Mark, das Koniglich preuBische Statist. Bureau fiir Bureaubedurfnisse und
Bibliothek 45500 Mark; die Universitat Munchen hat fur ihre mineral ogische Samm-
lung 3500, fur das Munzkabinet 7000 Mark.
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J. Percy Baker, A List of "Musical Association'' Papers. 17
nannten Musikbibliotheken, die oft nicht einmal ihre Erwerbungen samtlich
binden lassen konnen, weit hinter nur maBigen Anspriichen zuruckbleiben.
Trotzdem die dabei interessierten Kreise, vor allem die Musikgelehrten,
langst dariiber vollig im klaren sind, daB nicht nur eine ausreichende
Dotierung der vorhandenen wenigen Musikbibliotheken, sondern vor allem
auch die Grilndung neuer dringend erforderiich ist, so geschieht doch
von ibrer Seite nichts, urn diese Forderungen durchzusetzen. Alle musi-
kalischen Gesellschaften und Vereine konnten dabei iibrigens mithelfen.
Wenn unsere ersten Musikgelehrten und die Vorstande der groflern Kon-
servatorien und musikalischen Gesellschaften in Eingaben an die vorge-
setzten Behorden oder die Landtage endlich einmal die Notwendigkeit
der Musikbibliotheken betonten, dann wiirde sicherlich die Abhilfe nicht
lange auf sich warten lassen. Denn nur auf den Staat dtirfen wir rech-
nen; denn daB sich bei uns noch mehr Manner von demselben Idealsinn
wie der Griinder der Musikbibliothek Peters finden werden, muB wohl
als fast ausgeschlossen gelten.
Friedenau-Berlin. Wilh. Altmann.
x A List of "Musical Association" Papers.
The Musical Association (of England) for the investigation and discussion
of subjects connected with the art and science of Music, was projected in
Oxford by Sir John Stain er, then organist of Magdalen College. Two years
after he came to London as organist of St. Paul's, he put the scheme into
effect, with the help of Messrs. Adams, Airy, Baillie-Hamilton , Banister,
Barnby, Barnett, Barry, Benedict, BenBon, Berger, Best, Bishop, Bosanquet,
Bridge, Chappell, Clay, Cooper, Cummings, Dannreuther, Davison, Ellis,
Elvey, Engel, Gadsby, Garcia, Goldschmidt, Goss, Grove, Helmore, Higgs,
Hopkins, Holmes, Hueffer, Hullah, Leslie, Littleton, Lloyd, Macfarren,
Mackeson, Mc Naught,- Martin, Marshall, Metzler, Monk, Monro, Oakeley,
Osborne, Ouseley, Parratt, Pauer, Pole, Pontigny, Prendergast, Prout,
Bandegger, Rosa, Rudall, Salaman, Schira, Southgate, Spottiswoode, Stanford,
Statham, Steggall, Stephens, Stewart, Stone, Sullivan, Taylor, Troutbeck,
Turle, Tyndall, Welch, Vheatstone, Wylde, and others. The foundation
dates officially from 29th May, 1874. The first general Business Meeting
of Members was held on 4th August 1874. The first Lecture Meeting was
on 20d November 1874. On 13th December 1875 Dr. W. Pole was deputed
to draft a detailed constitution for the Association, which was subsequently
passed. Trustees for funds began from the year 1881. On the 13th February
1900 the members resolved to add to their title the words, "In connection
with the Internationale Musikgesellschaft". The Presidents have been as
follows: — from 4th August 1874 till his death on 6th April 1889, Sir
Frederick A. Gore Ouseley, Bart.; from 28th October 1889 till ^A^ftT^
z. d. i. m. v. 2
18 J. Percy Baker, A List of "Musical Association" Papers.
31st March 1901, Sir John Stainer; from 12th November 1901 till date
Sir Hubert Parry, Bart. The publishers of the Proceedings Volumes have
been: — till 1877 Messrs. Chappell and Co., till 1887 Messrs. Stanley Lu-
cas, Weber and Co., till date Messrs. Novello and Co. The following is a
list of all the lectures delivered before the Association down to the present
day, arranged by authors, and with the dates of the lectures appended. The
lecture meetings are usually held in the afternoon on the second Tuesday
in every month, from November to June inclusive.
Adams, W. Grylls. The musical inventions and discoveries of the late Sir Charles
Wheatstone, — 2. 6. 1876.
Audsley, George Ashdown. Matters, chiefly architectural, relating to the accom-
modation of the organ in churches and other buildings, — 4. 2. 1889.
What is sound? or the substantial theory versus the wave theory of acous-
tics, — 7. 4. 1890.
Again — what is sound? The substantial theory versus the wave theory of
acoustics (2nd paper), — 13. 1. 1891.
B a i 1 li e - H am i 1 1 o n , J. On the application of wind to string instruments, — 4. 1. 1875.
The Vocation, — 6. 2. 1883.
Banister, Henry Charles. On some of the underlying principles of structure in mu-
sical composition, — 2. 5. 1881.
Music as a language, — 5. 4. 1886.
The life and work of Sir G. A. Macfarren, — 6. 2. 1888.
On judgment and taste with regard to music, — 12. 1. 1892.
Music viewed from different standpoints, — 14. 4. 1896.
Bar net t, John Francis. Some details concerning the work in connection with com-
pleting and instrumenting Schubert's Sketch Symphony in E (No. 7), as performed
at the Crystal Palace Concert on May 6, 1883, — 9. 6. 1891.
Barrett, W. A. Music in cathedrals, -— 2. 4. 1876.
Barry, C. A. Introductory to the study of Wagner's comic opera, uDie Meister-
singer von NUrnberg", — 7. 3. 1881.
Bassett, Henry. Improvements in trumpets, — 2. 7. 1876.
B a ugh an, E. Algernon. The development of opera, — 9. 2. 1892.
Behnke, Emil. The mechanism of the human voice, — 3. 11. 1879.
On photographs of the voice in singing, — 3. 12. 1883.
The registers of the human voice, — 1. 11. 1886.
Bi dwell, Shelford. Recent inventions for reproducing the sound of the human voice
(illustrated by the telephone, microphone, and phonograph), — 4. 11. 1878.
Birkbeck, W.J. Some notes upon Russian ecclesiastical music, ancient and mo-
dern, — 14. 4. 1891.
Blaikley, David James. Communication respecting a point in the theory of brass
instruments, - 4. 2. 1878; 4. 3. 1878.
On quality of tone in wind instruments, — 1. 3. 1880.
On the velocity of sound in air, — 4. 6. 1883.
The development of modern wind instruments, — 3. 5. 1886.
Notes on the action of musical reeds, — 3. 6. 1889.
Notes on the trumpet scale, — 8. 5. 1894.
An Afridi fiddle, — 14. 2. 1899.
Borland, John E. Orchestral and Choral Balance, — 12. 11. 1901.
Bosanquet, R. H. M. Temperament; or, the division of the octave, — 2. 11. 1874;
3. 5. 1875.
On some points in the harmony of perfect consonances, — 2. 7. 1876.
On a mode of producing continuous notes from resonators, — 1. 12. 1879.
Some experiments with a revolving stop-cock, — 1. 12. 1879.
On the arrangement of the stops, pedals, and swell in the organ, — 7. 11. 1881.
On the beats of mistuned harmonic consonances, — 7. 11. 1881 .q {
J. Percy Baker, A List of "Musical Association* Papers. 19
Breakspeare, Eustace J. Musical aesthetics, with special reference to Dr. Ed.
Hanslick's essay "Vom musikalisch Schonen", — 2. 2. 1880.
Song and song writers, — 2. 1. 1882.
Musical aesthetics, — 1. 1. 1883.
Certain novel aspects of harmony, — 2. 6. 1887.
Bridge, Sir Frederick. A 17^ Century view of Musical Education (Roger North), —
12. 3. 1901.
Bridge, Joseph C. The Chester "Recorders", — 12. 2. 1901.
Briggs, R B. The structure of plainsong, — 8. 2. 1898.
Browne, Lennox. Medical science in relation to the voice as a musical instrument, —
5. 6. 1876.
Browne, Rev. Marmaduke E. On words for music, — 3. 3. 1884.
Music in elementary schools, — 31. 10. 1885.
Brownlow, Mrs. Jane M. E. Some French popular songs of the fifteenth cen-
tury, — 9. 1. 1894.
The Bardi Coterie, — 10. 3. 1896.
Bull en, George. The Galin-Paris-Oheve' method of teaching considered as a basis
of musical education, — 1. 4. 1878.
Bum pus, J. S. Irish Church Composers and the Irish Cathedrals, — 13. 2. 1900;
13. 3. 1900.
Carozzi, G. N. Practical suggestions on vocal culture, — 4. 12. 1882.
Cart, Rev. Henry. Richard Wagner, — 3. 2. 1890.
The oratorio: its relation to church music, — 8. 11. 1892.
Chappell, William. Music a scienoe of numbers, — 6. 11. 1877.
Clarke, Somers. Some further notes on the organ, suggested by papers by Sir
F. A. G. Ouseley and Mr. Audsley, — 3. 5. 1890.
Cobb, Gerard F. Certain principles of musical exposition considered educationally,
and with special reference to current systems of musical theory, — 5. 5. 1884,
2. 6. 1884.
Musical psychics, — 1. 6. 1885.
Cobbett, W. Wilson. Music and Musicians of the Walloon Provinces of Belgium, —
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Cohen, Rev. Francis L. Ancient musical traditions of the synagogue, — 13. 6. 1893.
Corder, Frederick. Closes, — 7. 1. 1889.
Crow, Edwin J. Remarks on certain peculiarities of the clarinet family, together
with an account of Mr. William Rowlett's experiments with clarinets, having a
bassoon reed instead of their own, — 1. 12. 1884.
Culwick, James C. Artistic landmarks, — 11. 4. 1893.
Cummings, William H., F. S. A. Henry Purcell and his family, — 4. 12. 1876.
On the formation of a national musical library, — 3. 12. 1877.
A neglected musical benefactor, — 6. 12. 1880.
A few words about Handel — 6. 12. 1880.
Music printing, — 4. 5. 1884.
Some observations on music in London in 1791 and 1891, — 12. 5. 1891.
The art of clavier playing, past and present, — 12. 12. 1893.
Music during the Queen's reign, — 8. 6. 1897.
Organ accompaniments in England in the 16th and 17th centuries, — 8. 5. 1900.
Cur wen, J. Spencer. The laws of musical expression, as formulated by M. Lussy
in his "Traite de l'expression musicale" — 7. 1. 1878.
Hymn tunes, — 3. 1. 1887.
Davey, Henry. Some points in Bach's treatment of the chorale, — 9. 11. 1897.
Giovanni Pierluigi, da Palestrina, — 17. 1. 1899.
Day, Capt. C. R. Notes on Indian music, — 18. 2. 1894.
Edwards, F. G. Mendelssohn's organ sonatas, — 13. 11. 1894.
Ellis, Alexander J. Illustrations of just and tempered intonation, — 7. 6. 1875.
On the sensitiveness of the ear to pitch and change of pitch in music, — 6. 11. 1876.
igitized b)
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Osborne, George Alexander. Berlioz, — 3. 2. 1879.
Reminiscences of Frederick Chopin, — 5. 4. 1880.
Musical coincidences and reminiscences, — 2. 4. 1883.
The emotional aspects and sympathetic effects of the sister arts, poetry, painting,
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0 use ley, Rev. Sir F. A. Gore. Considerations on the history of ecclesiastical music
of Western Europe, — 3. 1. 1876.
On the early Italian and Spanish treatises on counterpoint and harmony, —
3. 3. 1879.
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On the position of organs in churches, — 1. 2. 1886.
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Some further modifications of Day*S system of harmony, suggested from an
educational point of view, — 4. 6. 1888.
On listening to music, — 14. 2. 1893.
Penna, Frederick. Some thoughts about singing, — 6. 1. 1890.
Further thoughts about singing, — 9. 12. 1890.
Piggott, F. T. The music of Japan, — 12. 4. 1892.
Piper, Towry. Violins and violin manufacture since the time of Stradivari, —
14. 3. 1899.
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Pontigny, Victor de. Kettle-drums, — 7. 2. 1876.
Praeger, Ferdinand. On the fallacy of the repetition of parts in the classical form, —
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Some suggested modifications of Day's theory of harmony, — 5. 3. 1888.
Fugual structure, — 14. 6. 1892.
Prout, Louis B. A neglected aspect of harmony, — 10. 11. 1891.
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On the determination of absolute pitch by the common harmonium, — 2. 12. 1878.
On the mutual influence of two sounds nearly in unison, — 2. 12. 1878.
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Curiosities of the keyboard and staff, — 7. 1. 1895.
Richardson, A. Madeley. The influence of the Organ in Musical History, —
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Rose, Algernon. The Balalaika, — 11, 12. 1900.
Ross, K. M. A new sign for the double-flat, — 3. 3. 1890.
Rowbotham, J. F. The differences between ancient and modern art, — 4. 12. 1887.
Sal am an, Charles Kensington. Musical criticism, — 1. 11. 1876.
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Music as a profession in England, — 3. 6. 1880.
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Saunders, C. G. The construction of buildings considered with reference to sound, —
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Sawyer, Frank J. The tendencies of modern harmony as exemplified in the works
of Dvorak and Grieg, — 13. 1. 1896.
Why do we teach harmony so badly? — 10. 11. 1896.
Every staff its own modulator, — 13. 12. 1898.
The Teachings of Harmony as a Basis of Ear Training, — 11. 12. 1900.
Sergison, W. de Manby. The higher training of church musicians, — 6. 12. 1886.
Shedlock, James S. On the maltreatment of music, — 7. 4. 1884.
The mannerisms of Beethoven, — 4. 1. 1886.
The correspondence between Wagner and Liszt, — 2. 4. 1888.
The evolution of fugue, — 5. 4. 1898.
Coronation Music, — 10. 6. 1902.
Shinn, Frederick G. The memorising of piano music for performance, — 8. 11. 1898.
Smith, W. Macdonald. The physiology of pianoforte playing, with a practical
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From brain to keyboard: new and complete practical solution of all technical
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Southgate, Thomas Lea. On various attempts that have been made to record ex-
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The physiology of pianoforte playing, with a practical application of a new the-
ory (with W. Macdonald Smith), — 2. 1. 1888.
On a pair of ancient Egyptian flutes, — 11. 11. 1890.
Communication on the ancient Egyptian scale, — 9. 6. 1891.
The treatment of music by novelists, — 10. 12. 1895. ,
Spottiswoode, William. Beats and combination tones, — 6. 5. 1879.
Stainer, Sir John. On the principles of musical notation, — 6. 4. 1876.
The principles of musical criticism, — 3. 1. 1881.
The character and influence of the late Sir Frederick Ouseley, — 2. 12. 1889.
Inaugural address to the 21»t Session, — 13. 11. 1894.
J. Percy Baker, A List of "Musical Association*' Papers. 23
Stainer, Sir John. Address of welcome to the American musicians on their visit
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A fifteenth century MS. book of vocal music in the Bodleian Library Oxford, —
12. 11. 1896.
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Stainer, J. F. R. The Notation of Mensurable Music, — 12. 6. 1900.
St an dish, H. The Giorgi flute, — 10. 1. 1898.
Starmer, W. W. Bells and Bell Tones, — 10. 12. 1901.
Statham, H. Heathcote. The aesthetic treatment of Bach's organ music, —
16. 4. 1901.
Steed, A. Orlando. On beauty of touch and tone, — 6. 1. 1880.
On beauty of touch and tone. An inquiry into the physiological and mechanical
principles involved in their cultivation, — 7. 2. 1881.
Stephens, Charles Edward. The fallacies of Dr. Day's theory of harmony, with a
brief outline of the elements of a new system, — 1. 2. 1875.
Form in musical composition, — 2. 6. 1879.
Stone, W. H. On extending the compass and increasing the tone of stringed in-
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Standards of musical pitch, — 6. 3. 1876.
The causes of the rise in orchestral pitch, — 4. 4. 1881.
Stratton, Stephens S. On the gymnastic training of the hand for performing on
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Woman in relation to musical art, — 7. 6. 1883.
Taylor, John. The evolution of the Movable Do., — 8. 12. 1896.
Taylor, Sedley. A suggested simplification of the established pitch notation, —
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Treutler, W. J. Music in relation to man and animals, — 14. 2. 1899.
Turpin, Edmund H. An inquiry into the origin and growth of certain musical
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Turpin, James. Some practical bearings of the study of acoustics upon music as
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London. J. Percy Baker.
Musikberiohte.
Referenten: A. Chybinski, A. Mayer -Reinaoh, O. Neitzel, J.-G. Pro-
d'homme, E. Reufi, E. Byohnowsky.
Berlin. Nachdem die Hofoper Mitte August ihre Pforten wieder geoffnet hatte
ohne durch Neuheiten oder Gastspiele besonderes Interesse hervorzurufen (so begegnete
das Gastdirigieren des Wiesbadener Hof kapellmeisters Schlar groBer Zuruckhaltung),
konzentrierte sich das Interesse der Musiker wie musikalischen Laien auf die ersten
Vorstellungen der Oper des Westens, die jetzt in dem ehemaligen Mannheimer Hof-
theater-Intendanten und langjahrigen Direktor des Berliner Theaters einen neuen Leiter
erhaiten hat. Wenn Prasch die groBen Versprechungen, die er machte, halten will,
dann muB er noch tiichtig arbeiten, vor allem aber sich tiichtigere Gesangskrafte und
Kapellmeister cngagieren, als das bis jetzt der Fall ist. Die jetzt amtierenden ersten
Dirigenten, von denen Hans Pntzner und Alex, von Fielitz als Musiker — namentlich
der erstere — groBe Beachtung verdienen, besitzen anscheinend viel zu wenig Opern-
routine, um den groBen Anforderungen, die hier an sie gestellt werden, vollstandig
zu gemigen. Es ist eben viel leichter, an einem groBen erstklassigen Theater die
Massen an den Taktstock zu fesseln, als an einem mittleren, dessen Krafte noch dazu
gar nicht gegenseitig eingespielt sind, wie das hier bei diesem Personal der Fall ist.
Unter dieser von nicht geniigender Routine getragenen Direktion litt namentlich die
von Fielitz dirigierte Auffuhrung der »beiden Schtttzen* Lortzing's, wahrend sich
Pntzner bei der Eroffhungsvorsteliung >Dalibor« immerhin besser aus der Affare zog.
Leider waren zwei wichtige Partien dieser prachtvollen Smetana'schen Oper, deren
Auffuhrung freudig zu begriiBen ist, recht mittelm'aBig besetzt; nur die >Milada< des
Fraulein King und der >Kerkermeisterc des Herrn Stammer vermochten tiefer zu
interessieren. Ghor und Orchester sind viel besser als unter der alten Direktion, so-
daB die Hoffnung, endlich ein zweites, hoheren Anforderungen entsprechendes Berliner
Opernhaus zu besitzen, nicht direkt von der Hand zu weisen ist, namentlich wenn
Heir Prasch, was wir hoffen wollen, in der Besetzung der nachsten herauszubringen-
den Opern etwas vorsichtiger zu Werke geht. A. M-R.
Dresden. Am 9. August ist die Konigl. Oper mit einer Auffuhrung des »Tann-
h'auserc eroffnet worden. Als ein besonderes Ereignis muB die am 1. September ver-
anstaltete Galavorstellung erwahnt werden, der der deutsche Kaiser und der ganze
hiesige Hof beiwohnten. Sie dauerte von 8—9 Uhr. Zur Auffuhrung gelangte die
»Tell«-Ouverture von Rossini und die beiden ersten Akte aus dem »Maskenball« von
Verdi. — In dem am 9. September aufgefuhrten »Fliegenden Hollander € sang Herr
Dr. Bary den »Erik«. Die Hoffnungen, die man auf die Entwicklung dieses Sangers
setzt, scheinen sich erfullen zu wollen. Die Stimme ist besonders in der Hohe von
einer selten-schonen Fulle und Ausgiebigkeit. Die Behandlung der Mitteilage erfordert
noch ein sorgfaltiges Studium. Im Spiel steht ihm seine Kurzsichtigkeit vorl'aufig im
im Wege. Ein Gluck fiir den strebsamen Kiinstler ist es, daB er schon jetzt fur die
nachsten Festspiele in Bayreuth gewonnen worden ist, wo er den > Parsifal* singen
soil. Eine bessere Schule fiir die werdenden und auch schon gewordenen Kiinstler
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Mii8ikberichte. 25
gibt es heute nirgends als eben in Bayreuth. Hier lernen sie die deutlichste Dekla-
mation, die genaueete Ausfiihrung des musikalischen Teiles der Rollen, die sinnvollen
Bewegnngen nnd die verst&ndige Verbindung von alien znr Darstellung gehorenden
Momenten. Wenn doch die Erkenntnis erst eine allgemeine wiirde, daC Bayreuth
auch die beste Schale far die Regisseure geworden ist! Gerade in dieser Beziehung
leiden alle deutschen Theater nnter der Ansicht, da6 sie desto besser fahren, je mehr
sie yon den Vorschriften, die insbesondere Wagner doch for alle szenischen Vorkomm-
nisse aof das Genaueste angegeben hat, abweichen. Erschien nicht Allen, die dabei
geweeen sind, der > Hollander* in Bayreuth als ein bisher ganz unbekanntes Werk?
Dies war nicht etwa durch die Mitwirkung der einzelnen Kiinstler hervorgerufen —
keineawegs ; sondern nur durch die peinlichste Erfuliung der Angaben, die der Schopfer
des Werkes so deutlich aufgezeichnet hat, daC man sich nur wundern muBte, wie sie
bisher so ganzlich iibersehen werden konnten. Auch sollten die Theater sich doch
endlich entschlieBen, den > Hollander* nicht mehr in drei Akten zu geben, sondern in
einem, nnd wenn dies wegen des Baues der Biihnen zu schwer auszufuhren sein sollte,
wenigstens in zweien, indem zwischen dem zweiten und dritten Akt der sofortige tJber-
gang hergestellt wird.
Jetzt ist die erste Auffiihrung des » Hinges* in Angriff genommen worden, der im
Laufe dieser Spielzeit noch drei folgen sollen. Am 14. September fand das »Rhein-
gold< eine wohlgelungene Wiedergabe. Herr Jager sang zum erstenmale den »Loge«,
wozu jedoch seine sonst sympathische Stimme und auch sein Darstellungstalent nicht
ansreichen. Der >Loge< gehbrt in das Reich des dramatischen, nicht des lyrischen
Tenors. In der am 16. September folgenden »Walkure« war Herrn von Bary der
>Siegmund< zugefallen, dessen Anforderungen der Sanger schon mehr gerecht wurde
als dem viel schwierigeren >Erik«. Unter den »Walkuren« befand sich Frau Rocke
Heindl, die die »Waldtraute« sang.
Die erste Auffiihrung von Leo B lech's »Alpenkonig und Menschenfeind* ist auf
den 16. September angekiindigt worden. E. R.
Kflln. Un8ere beiden Stadttheater haben unter der neuen Direktion Purschian
ihre Wintertatigkeit eifrig aufgenommen. Yon sogenannten Kunsttaten war zwar bis-
her nicht gerade viel zu merken, auBer auf dem Schauspielgebiet, wo mehr als bisher
mit Neuheiten aufgewartet wurde. Unser Publikum war, ist und wird stets ein Opern-
publikum sein, und die Schauspielkost findet immer nur Minoritaten, denen sie be-
hagt. Obschon nun im allgemeinen noch das iibliche Opernrepertoire abgewickelt
wurde, lieB sich doch ein frischer Zug, eine Angeregtheit , eine Beeiferung im An-
spannen der Krafte nicht verkennen, und selbst so abgetakelte Werke wie Gounod's
ruhrseliger Faust erfreuten durch erhbhten Farbenglanz der Inszenierung und durch
keckeres Zugreifen des Chors. Auch finanziell scheinen wir beruhigten Verhaltnissen
entgegen zu gehen und eine Krisis wie sie im abgelaufenen Jahr sich bald nach Er-
offhung des neuen Musentempels einstellte, ausgeschlossen zu sein. Purschian ist neben
seiner fachmannischen Begabung auch ein kluger Geschaftsmann , er hat, so wehe es
auch vielen, namentlich kleinen Leuten getan hat, durch Abstriche ein weit giinstigeres
Budget erreicht, und wenn auch die Theaterkraft des Publikums durchaus, wie ich
das von Anfang an wiederholt betonen muCte, noch lange nicht zur Fullung der beiden
Theater gentigt, so langt sie doch schon zu einer bescheidenen Prosperitat. Natiirlich
ware es das Richtige, die beiden Theater einem Intendanten zu unterstellen, aber davon
wollen die Stadtvater vorlaufig noch nichts wissen, indem sie immer wieder den er-
hohten Kostenpunkt auffahren lassen. Was nun das Personal anbetrifft, auf dessen
Schultern das Repertoire jetzt ruht, so ist zu den beiden friihern Kapellmeistern Prof.
Kleffel und MUhldorfer Herr WeiCleder getreten, der sich als routiniert und umsichtig
erwiesen hat und, da er auch ein tuchtiger Chorleiter und Regisseur ist, mehr die Auf-
gabe eines Operndirektors erfullt. Als Oberregisseur waltet wie friiher der einsichtige
und hochgebildete Aloys Hofmann seines Amts. In Fraulein Brandis ist eine tiichtige
dramatische Sangerin gewonnen worden, die vor allem fesselnd und groCziigig darzu-
stellen wei6, w'ahrend die Stimme, ausgiebig und von sympathischem Klange, nicht
immer die hochste Schulvollendung aufweist. Ihr stent in den leichter gefugten Partien
26 Musikberichte.
Fraulein OfFenberg zur Seite, die, nachdem sie als echt jugendliche Sangerin bei uns
angefangen, nach und nach in das dramatischer gehaltene Fach ubergeht. Ganz jugend-
lich ist das freundliche Talent des Fraulein Marx ausgefallen. Auch die Soubretten-
frage ist sehr glucklich gelost worden, indem Fraulein Alten, die sich schon in der
vorigen Spielzeit mit Gltick einfiihrte und die fraglos eine der besten ihres Fachs ist, in
dem keckern und jugendlicheren Fraulein Warnay eine erganzende Genossin gefunden
hat. Als Altistin fungiert wie friiher das sehr tiichtige Fraulein Cankl neben der nach
der darstellerischen Seite bedeutenden, stimmlich geniigenden Fraulein Hofmann. Frau
Felser, die man das Ideal einer Utilite nennen konnte, wofern man dem Wort jeden
Anflug von Verkleinerung benimmt, verbleibt uns nur noch ein Jahr. Sie ist eigent-
lich in jeder ihrer Rollen hervorragend , in einigen, wie Carmen und Fedora (von
Giordano) genial, und sie gehort zu den Erlesenen, die zu singen wissen. Sie ist seit
einigen Jahren mit Herrn Siewert verheiratet, der bei uns als lyrischer Tenor wirkte,
bis er, der gesangstechnischen Unzulanglichkeit uberdriissig, sich in eine ordentliche
Lehre begab, aus der er jetzt gel'autert hervorgegangen ist : das S'angerpaar wird sich
nach Ablauf dieser Spielzeit der italienischen Laufbahn widmen. Auch unter dem
Szepter Purschian's leiden wir keinen Tenoristenmangel. Da ist zunachst Herr Grobke,
der eifrige, temperamentvolle Heldendarsteller von friiher verblieben. Soeben hat Herr
Schaik, friiher im Finanzministerium in Wien angestellt, mit lebhaftem Erfolge als
Faust gastiert: er verfugt Uber eine schmelzreiche, warm timbrierte Stimme und bot
Ansatze zu tUchtiger Spielbegabung. Herr Bucar reiht sich ihnen als routinierter,
etwas zu sehr zur Sentimentalitat neigender, aber stimmlich und darstellerisch sehr
tuchtiger Held an. Ihm wie Herrn Schaik werden auch die halblyrischen Rollen zu-
f alien, wahrend als »Lyriker« von reinstem Wasser HerrPliicker angeworben ist, der
sich mit Vergnugen in hochsten Noten ergeht, obschon er stimmlich nicht ganz fertig
ist und ihm das Falset sowie der Ubergang zur Bruststimme nicht sonderlich gelingen.
Das Baritonistenfach ist durch den »Helden« Bischoff, der in Wagnerrollen am be-
deutendsten ist, durch den begabten jungen Liszewski, der aus einer Maschinenfabrik
den Weg auf die Bretter gefunden hat, endlich durch Julius von Scheidt, dem die
Gesangs- sowie die etwas humoristisch gefarbten Partien am besten liegen, bestens
besetzt. Als seribser, neuerdings auch ein wenig Charakter-BaB (Mephisto) wirkt der
stimmlich sehr begabte Bauer, der durch mehrere tiichtige Kollegen unterstiitzt wird.
Das Tenorbuffofach besitzt an dem jungen Kutzner eine vorziigliche Kraft, wahrend
der gesanglich tadellose Vanoni bemiiht ist, die ihm noch mangelnde Routine im Spiel
zu erwerben.
Jedenfalls verfugt Koln ttber eine Truppe, die auch die Besetzung kleinerer Rollen
mit ersten Kr'aften und die Innehaltung einer hohen kiinstlerischen Rangstufe gestattet.
O.N.
Lemberg. Am 27. September 1902 wurde die Philharmonie eroffhet. Gregeben
wurden 128 Konzerte, das Orchester zahlte 65 Mitglieder. Zwei Kapellmeister waren
tatig: Henryk Melcer-Szczawinski (Pole) und Ludwig Celansky (Bohme),
Der grofite Fehler des Unternehmens war die allzugroCe Zahl der Vortragsstiicke
und der Konzerte und die dadurch bedingte mangeihafte Vorbereitung, die Vernach-
lassigung der Schulung des Orchesters im Stil und im Zusammenspiel — obwohl
Richard StrauC, der hier seine Werke dirigierte, mir versicherte, das Material sei
sehr gut. Das Unternehmen ward mehr theatermaCig als konzertartig gefiihrt; doch
tragen die Dirigenten keine Schuld. — Herr Melcer-Szczawinski dirigierte die
Symphonien von Beethoven (I— VIII), Haydn, Mozart, Schubert, Schumann, Mendels-
sohn, Brahms, symphonische Dichtungen von Liszt (»Orpheus«), Saint-Saens, Ouver-
tiiren von Schumann, Berlioz, Moniuszko und Svendsen. Unter seiner Leitung erlebten
wir die stilgerechte Auffiihrung der klassischen Symphonien; mit groCem Ernst,
mit Ruhe und edler Begeisterung wuBte er das Orchester zu seinen Ideen zu zwingen
und damit eroberte er sich den echtesten Beifall. Er bewies sich als einer der besten
polnischen Dirigenten. (Von Melcer als Komponist wird sp'ater die Rede sein.) Es
ist nicht seine Schuld, daB ihn verschiedene von ihm unabhangige Storungen auf
Schritt und Tritt begleiteten. — Herr Celansky dirigierte fast ausschlieBlich mo-
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Musikberichte. 27
derne Werke. Als Interpret der Ouvertiiren Beethoven's zeigte er sich ohne Pietat,
Verstandnis und Stilkenntnis. Auoh entstellt fielen aus: »Phantastische« von Berlioz,
»Dritte« von Bruckner, Meistersinger-Ouverture und Tristan- Vorspiel. Mit dem Diri-
gieren der modernsten Werke (»Impressions d'ltalie* von Oharpentier, »Waldwande-
rung* von Blech, »LandHche Hochzeit* Goldmark's, > Maria Stuart* Nicode's, >Lear<
und »Gefilde der Seligen* Weingartner's, Werke von Gajanus und Sibelius) konnte er
kein dauerndes Interesse erwecken. Doch gelang es ihm die Gunst des Fublikums
mit der Leitung der slavischen Musik, insbesondere der Tschaikowsky'schen Werke,
zu erobern. Preilich haben hier die Werke selbst an sich viel dazu beigetragen.
Herr Gelansky wuBte solche Werke zu bieten, welche anziehende und schone Melo-
dien neben pikanter Instrumentation besaCen, gab den Streichern oder den Bla-
sern aufmunternde Zeichen — und so gefiel dem Publikum das Stuck und der Lei-
tende durch interessante Bewegungen. Tschaikowsky'sche Werke wurden neben
Wagner am meisten gespielt (>Pathetische«, »Ftinfte«, Orchestersuiten, Ouvertiiren,
symphonische Dichtungen, auch Opernarien). Die russische Musik war durch Borodin,
Liadow, Kimsky-Korsakow und Tanejew vertreten. Die russischen Werke, in denen
die volkstttmiichen Motive im berlioz-artigen Gewande aufgeputzt sind, waren fur das
Publikum sehr anziehend. Fein und uberzeugend fuhrte Herr Celansky die Werke
seiner drei genialen Landsleute aus: Dvorak's »Aus der neuen Welt«, Smetana's
Ouverturen und symphonische Dichtungen und Fibich's » Abends*. In den Suiten
Bizet's, Massenet's, Grieg's und mit den Stucken Delibes' und Lalo's war die leichtere
Kost vertreten. Drei Wagnerabende, in denen die Bruchstucke des > Hinges* vor-
getragen wurden, gelangen ziemlich gut, aber die Solisten (auBer Bandrowski und
Frau Heller) hatten keinen Begrifif von der Waguer'schen Kunst.
Zweimal dirigierte (ohne ernsten Erfolg) Ruggiero Leoncavallo seine Sym-
phonic »Seraphitus-Seraphita< und Opernarien. AuBer den siiBen und popularen
Melodien hat uns alles kalt gelassen. Leoncavallo beherrscht weder den sympho-
nischen Stil noch die Kunst des Dirigierens. — Sein Landsmann Perosi gab in der
Philharmonic drei Konzerte, in denen seine Oratorien gespielt wurden. Aligemeine
Anerkennung wurde dem jungen Abbe gespendet.
Am 6. Januar dirigierte Richard StrauC nach einmaliger Probe die VFunfte*
Beethoven's und seine Werke (>Tod und Verklarung*, >Don Juan* und die Liebes-
szene aus »Feuersnot*). Das Orchester bestand die Feuerprobe, vom Meister ge-
mustert, der einen Lorbeerkianz zum Andenken an Polen erhielt. Als Einleitung
des StrauG'schen Konzertes hielt Herr Musikschrifbsteller Adolf Chybiiiski (aus
Krakau, Schiiler Sandberger's in Miinchen) die Vorlesung >R. StrauB und Programm-
musik**). — Im April dirigierte GustavMahler (zweimal) die Wagner'schen Ouver-
tiiren (>Meistersinger« , > Tristan*, >Tannhauser<), Beethoven's >£gmont< und >Leo-
nore«, einige Berlioz'sche Werke und seine I. Symphonie. Gegen StrauB und Mahler
als Komponisten zeigte sich die offizielle Lemberger Kritik engherzig und geradezu
anmafiend, beim auserlesenen Publikum fand StrauB triumphale Aufnahme. Dreizehn-
mal wurde nach seinem Konzerte >Tod und Verklarung* unter Celansky gespielt.
Die Rezensenten sahen in Mahler und StrauB nur die Meister des Dirigierens. —
Henryk Melcer-Szczawinski veranstaltete (17. Dezember 1902) in der Phil-
harmonie seinen Komponistenabend. Melcer ist 1869 in Kalisch, Russisch-Polen,
geboren, Schuler Noskowski's im Warschauer Konservatorium und Leschetitzky's in
Wien; 1896 — 1898 Professor des Klavierspiels im Konservatorium zu Helsingfors,
1898—1899 in derselben Stellung zu Lemberg, 1899—1902 Direktor der >Musikgesell-
8chaft« in Lodz, 1902—1903 Diligent der Lemberger Philharmonic , September 1903
an das Konservatorium in Wien zur Leitung der hoheren Klassen fur Klavierspiel
berufen. Melcer ist einer der bedeutendsten polnischen Komponisten, Dirigenten,
Pianisten und Fadagogen. Seine Werke: zwei Klavierkonzerte, 1895 und 1898 in
Berlin und Leipzig mit erstem Preise ausgezeichnet, eine Symphonie ;in Wien, Lem-
1) Auszug aus der groBeren Abhandlung >Die mo derne Musik und Musik-
kultur in Deutschland*. Digitized by GoOgk
28 Musikberichte.
berg und Warschau aufgefuhrt), Klaviertrio, Balladen for Chor, Soli trad Orchester,
Klavierstucke, Violinsonate und zwei Musikdramen » Maria* (fiir Warschau und Lem-
berg zur Auffdhrung bestimmt) und »Protesiias und Laodamia*. Meicer's Leistungen
umfassen nur groBere Formen; das spezifisch volkstiimliche beriihrt ihn nur so leise.
wie zum fieispiel die Pr'aludien Chopin's. Erhabene Leidenschaft und reflektierende
Frohlichkeit , doch immer mit melancholischer Grundlage, bilden seinen Weg zum
Drama! Ein Kritiker nannte Meicer's Werke mit Recht die ho hen Gipfel, welche
trotz Sonnenfreude mit Nebeln bedeckt sind. Meiner Ansicht nach gehoren seine
Werke zum Schonsten in der Musikliteratur in Polen nach Chopin. Manchmal ragt
aus seinen Tondichtungen etwas wie eine drohende Faust, aber niemals findet man
bei ihm eine Kraftmeierei. Die ganze Force Melcer's beruht in den Musikdramen.
Als Klavierspieler ist Melcer auch in Deutschland (Berlin, Leipzig und Dresden) be-
kannt. — Mieczyslaw Karlowicz, der den Berlinern aus einem Phiiharmonie-
konzerte bekannt ist, gab in Lemberg einen Kompositionsabend; er dirigierte seine
Symphonie > Renaissance*. Neben Melcer's Symphonic ist es das bedeutendste sym-
phonische Werk der polnischen Musik aus den letzten Jahren. Karlowicz (geboren
1876, Schiiler von Barcewicz und Noskowski in Warschau und H. Urban's und 0. Flei-
scher's in Berlin) wandelt in modernen FuBstapfen. Seine melodische Satzkunst er-
innert an Tschaikowsky, ist aber durchaus originell; dasselbe kann man yon seinem
sohwungvollen Yiolinkonzerte sagen. Den guten dramatischen Stil entfaltet er in dem
symphonischen Prologe zu >Bianca da Molenac. Melcer spielte in demselben Kon-
zerte seine Klaviersonate. Die Lieder verraten den echtesten Dramatiker. — Was
andere polnische Komponisten betrifft, kann man noch Stojowski, Paderewski,
Noskowski, Zeleriski, Pinirfski, Gall und Niewiadomski besonders nennen.
— Stojowski spielte seine > polnische Phantasie* fiirKlavier und Orchester. Warum
sie polnisch ist, das laBt sich nicht leicht beweisen. Einige melodische Ztige sind
polnisch ihrem Rhythmus nach. Stojowski ist der Chopinianer par excellence, aber
seine Werke leiden trotz schoner Empfindung an der harmonischen Uberladung, die
besonders stark hervortritt, wenn man seine Klavierwerke betrachtet. Nirgends findet
man aber das Rohe und Unbandige der russischen Komponisten. Stojowski'sche In-
strumentation erinnert an Massenet. Seine Symphonie D-moll, von Nikisch in der
letzten Saison im Leipziger Gewandhaus aufgefiihrt, besitzt ein reizendes Scherzo.
Aber andere Teile verraten keine besonders starke Empfindung, obwohl die thema-
tische Arbeit ziemlich interessant ist. — Der Feuergeist und Kraftmeier Paderewski
war mit Bruchstiicken >Manru*s< vertreten. Seine Tatra-Tanze wecken immer im
Publikum enthusiastisohe Aufnahme. — Noskowski 's symphonische Dichtung >Die
Steppe* macht einen durchaus sympathischen Eindruck durch die Wahrheit des Aus-
druckes, sie ist selbstandiger als seine andere symphonische Dichtung >Das Meerauge*
[im Tatra-Gebirge), welche stark die Mendelssohn'schen Tone anschlagt; in dem
letztgenannten Werke erscheint Noskowski als ein ins Polnische ubersetzter Gade.
>Die Steppe* Noskowski's erinnert auch unwillkurlich ihrer inneren Handlung nach
an die gleichnamige Tondichtung Borodin's; nur ist Borodin viei interessanter. —
Zeleriski '8 Ouvertiire >Im Tatra-Gebirge* besitzt manches Edle, aber keine Natur-
wahrheit, keine dem Titel entsprechenden Stimmungen. Steife Fugen und trockene
Verafbeitung der Themen sind nicht im Stande, dem Wollen genug zu tun. Die
•Arbeit* wird am Ende langweilig, besonders wegen der einfachen und viels'atzigen
Sequenzen. Auch die Instrumentation verrat kein groCes Konnen. — Graf Leo
Pininski trat mit reizenden Suiten a//' antico hervor. — Gesungen wurden auch die
Lieder Niewiadomski's und Gall's. Niewiadomski schreibt Lieder, welche auf
dem volkstiimlichen Boden ruhen; sie besitzen viel Leben und Anmut, iiberschreiten
aber den Salonrahmen nicht. Niewiadomski ubersetzte in letzter Zeit die Abhand-
lung Hanslick's >Vom Musikalisch-Schonen* ins Polnische. Bei den Liedern Gall's,
der ein guter Harmonist ist, kann man die Einfliisse der polnischen, italienischen
und skandinavischen Volkslieder spiiren. Seine Lieder sind fast stimmungslos-herb
oder suBlich, sie bieten dem Horer nur den Sinnenreiz.' Gall leitet in Lemberg einen
Gesangverein »Echo«, der seine Lieder vortragt. — Von den Solisten, welche in der
Musikberichte. 29
Philharmonic aufbraten, sind aufzuzahlen: Bandrowski, Bellincioni, Bonci, Selma Kurz,
Naval; Bloomfield-Zeisler, CarreSo, Godowski, B. Marx, J. Hofman, Melcer, Rosen-
thal, Sliwiriski, Stojowski; Argiewicz, Barcewicz, Burm ester, Hubermann, Kocian,
Kubelik, Ondriczek, Sarasate, Sauret. — Die Lemberger » Musikgesellschaft « gab
einige Konzerte, in denen auch die > Antigone* von Mendelssohn und »Die Wiiste«
von Felicien David unter der Leitung des Konservatoriums-Direktors Mieczyslaw
Soltys aufgefuhrt wurden. — Im Stadttheater wurden "Weber's »Freischutz« und
Puccini's >Boheme« neu inszeniert aufgefuhrt. Das Opernorchester dirigiert Herr
Spetrino sehr tiichtig. A. Ch.
Paris. La Yie musical e est encore presque totalement suspendue a Paris j usque
vers le mois de novembre. L'Opera, qui reste] ouvert tout l'6t£, sans risquer aucune
nouveaute bien entendu, a fait de bonnes recettes, grace au mauvais temps, tout en mainte-
nant son sempiternel repertoire: Faust, les Huguenots, Samson et Dalila,
Lohengrin, etc Un tenor, dont on dit beaucoup de bien, Scaramberg, y a debute
recemment. Pour l'hiver prochain, on annonce Tristan et Isolde.
L'Opera- Comique, dont le «plan> n'est pas encore connu, a fait sa reouverture,
selon la coutume, le ler septembre. U compte maintenant, parmi ses Kapellmeister,
M. Alfred Brnneau, le compositeur de Messidor et de l'Ouragan.
Un theatre lyrique, auquel on ne peut que souhaiter plus longue existence qu'a
ses preclecesseurs, s'ouvrira au milieu d'octobre au theatre municipal de la Gait£,
salle judicieu8ement choisie, consacree jusqu'ici presque exclusivement aux pieces a
spectacle et aux feeries et qui, par dimensions, se prete fort bien a Fexecution des
operas. Malheureusement, la haute direction artistique de cette entreprise me parait
bien peu fixee sur son programme. On annonce, comme piece de delmt . ...laJuive!
On projette ensuite la mise en scene d'une nouveaute, la Flamenca, partition de
M. Lucien Lambert.
Les Concerts-Colonne et les Concerts-Lamoureux (direction Camille Chevillard)
annoncent tous deux leur reouverture pour le 18 octobre. Au Chatelet, M. Colonne,
qui s'est adjoint comme sous-chef M. Gabriel Piern6, consacrera un grand nombre
de seances a un Cycle-Berlioz, comprenant entre autres: Romeo et Juliette,
TEnfance du Christ, le Requiem, la Damnation de Faust, la Sym-
phonie fantastique, Lelio, Harold en Italie; de Beethoven, il donnera la
DO Symphonic; de Charpentier, la Vie du Poete; de Schumann, Manfred; puis
des ouvrages de Cesar Franck, Augusta Holmes, Edouard Lalo, Saint-Saens, Vincent
dlndy; Claude Debussy, Gabriel Faur6, Massenet, Max d'Ollone, Widor, Glazounoff,
Paderewski etc. Parmi les artistes engages, on signale: MM. Van Dyck, Sal^za,
Diemer, Pugno, Philipp, Risler; Mmes Carreiio, F^lia Litwine, Schumann-Heink etc.
Dans la Revue d'art dramatique du 16 juiliet dernier, M. A. M. Gossez de
LUUy donne un historique des concerts dans cette ville qu'on me permettra de resumer
brievement. Comme Paris, avec son Concert spirituel, comme en province, un
certain nombre de villes, Lille eut, au XVIII® eiecle, son < concert*. De 1780 a 1780,
le « magistral de la capitale flamande offrait ses auspices aux amateurs et artistes de
la commune. On y joua et chanta, comme partout, des fragments de Lulli, Desmarets,
Destouches, Rameau, de Lalande, etc. En 1780, M. Fages obtint le privilege pour
les spectacles. Des amateurs l'aiderent a fonder pour d^velopper le gout de la musique,
le Concert de MM. les abonnSs. Combien v6cut-il d'annees? . . .
Au XIX « siecle, de 1827 a 1870, un chef d'orchestre-compositeur, Ad. Vogel, forma
la Societe de MM. les Amateurs le musiquo, qui executait des symphonies,
des choeurs etc.
Cinq ans plus tard, TAssociation lilloise donnait des <seances de musique et
de litterature>. Une section philharmonique e'en d£tacha, dirigee d'abord par M. Knorr
pere, puis, vers 1858, par le violoniste Paul Martin. De cette socieie sortirent les
Concerts populaires, sous la meme direction; ces concerts devinrent comme unc
sorte dlannexe du Conservatoire lillois, subventionnee et quasi-officielle.
La Societe de musique actuelle, dirigee par M. Auguste Maquet est issue,
comme ses atnees, de reunions d'amateurs. Elle n'a guere pris son essor qu'en
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30 Musikberichte.
1901-1902; cette 'annee 1902-1903, elle a fait entendre a Lille, le Romeo et
Juliette de Berlioz, le Psaume XIII de Liszt, la troisieme partie du Faust de
Schumann; elle a donne" des concerts d'orchestre avec MM. Pugno, Jacques Thibaut,
Pablo Casals, Ferruccio Busoni, et des stances de musique de chambre avec MM. Faur6
et Viardot, les quatuors Parent et Hayot. J.-G. P.
Conservatoire de Paris. Voici la liste les principaux laureats des derniers concours
publics du Conservatoire, decerned en juillet dernier.
Le grand prix de Rome est echu a M. Raoul Louis Laparra, ne" a Bordeaux le
13 mai 1876, eleve de M. Gabriel Faure\ Le deuxieme second [sic] grand prix a £te
decern^ a M. Raymond-Jean Pech, ne" a Valenciennes, le 4 fevrier 1876, Sieve de
M. Charles Lenepveu. Une mention honorable a 6te* accordee a M. Paul Marie Pierne*,
ne* a Metz, le 30juin 1874, Sieve du raeme professeur.
Le premier prix d'opira a 6te d^cerne a MUe Borgo; les deuxiemes a MM. Morati,
Devries, et Mlle Blot, Vix et Foreau. Les premiers prix d'optra comique a M.
Casella, et a MHe Foreau; les deuxiemes a M. Chevallier et M*le Duchene. Pour le
chant premiers prix: MM. Levison et Devries; M^es Tapponnier, Guionie et Vergonnet;
deuxiemes prix: MM. Simart, Lafont; MU<» Foreau et Duchene.
Instruments a cordes. Contrebasse: deuxieme prix, M. Simonot; Alto:
deuxieme prix, M. Rene* Pollain ; violoncelle : premier prix, M11* Reboul, MM. Marcel
Casadesus et M11* Ritsch; deuxieme prix, M. Droeghmans; violon: premiers prix,
MU« Reol, M. Arthur, M116 Schuck, Ippmann, M. Courret; deuxiemes prix, M. Mendels,
Elcus, MUe Gadefrey, M. Hewitt, Harpe: premiers prix, M11*8 Pestre et Meunier;
deuxieme, MU« Macler.
Piano: premiers prix MM. Batal la et Borchard, W*** DShelly, Roger, Merlin et
Atoch ; deuxieme, M. Amour, M*168 Neyrac, Schultz et Kastler.
Instruments a vent: Flute: premiers prix MM. Gardon et Delangle; deuxiemes,
MM. Puyans, Bouillard et Grisard; hautbois; premier prix, M. Mercier; deuxieme,
M. Balout; Clarinette: premiers prix, MM Loterie et Payan; deuxiemes, MM. Bineaux,
Hamelin et Perier; Basson: premier prix, M. Barboul; deuxieme, M. Henon; cor:
premiers prix, MM. Catel et Alphonse; cornet a piston; M. Badraux; trompette:
premiers prix, MM. Godebert, Allard et Beligne; trombone: premiers prix, MM
Adam et Job ; deuxiemes, MM. Rochut et Dumont. J.-G. P.
Prag. Seit dem letzten Berichtsmonat ist im Personenstand unserer Opernbuhne
eine Reihe von Veranderungen vor sich gegangen, iiber deren Wirkung auf den Spiel-
plan wir noch nicht im klaren sind. Kapellmeister Josef Stransky ist nach einer
funrjahrigen Dirigententatigkeit in Prag ans Hamburger Stadttheater gegangen und
hat sich dort nach der strengen Prager Schule, wie Hamburger Blatter konstatieren,
mit Fidelio glanzend eingefuhrt. Nach Hamburg ist auch unsere Primadonna Frau
Claus-Frankel ubergesiedelt. Frau Hubenia ging an die friihere Statte ihres
Wirkens, nach Bremen, zurttck, und unsern Heldentenor Wilhelm Eisner hat der
unerbittliche Tod plotzlich dahingerafiFt. Ln jugendlichen Alter von 33 Jahren starb
der ausgesprochene Liebling des Publikums, und die Anteilnahme an seiner Beerdigung
driickte beredter als jeder noch so warme Nachruf aus, was er uns war und was wir
an ihm verloren haben. Die Liicke, die er zuriickgelassen, ist noch nicht ausgefullt,
und so haben wir fiir die nachsten Wochen einer Reihe von Engagements-Gastspielen
entgegenzusehen. Ins Ensemble neu eingetreten sind Frau Kutschera de Nys,
FrauleinLangen von Langendorff, Fr'aulein Henny Diema, und Frau Fischer-
Frey. Den Nachweis ihrer Eignung werden sie schon bald erbringen konnen. Die
Vorsaison eilt ihrem Ende zu, und mit der ersten Novitat beginnt die eigentliche
Saison [ihre Herrschaft, die nach den ausgegebenen Ankiindigungen und Bulletins
manchen genuCreichen Abend in Aussicht stelit. E. Ry.
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Vorlesungen iiber Musik. 31
Vorlesungen iiber Musik.
Vorlesungen iiber Musikwissenschaft an den Universitaten Deutschlands,
Osterreichs und der Schweiz.
Basel. Privatdozent Dr. K. Nef: Uber die Geschichte der Musik, 1 Stunde
wochentlich. Musikgeschichtliche Ubungen (Kirchenlied), 1 Stunde.
Berlin, ao. Professor Dr. 0. Fleischer: Musikgeschichte des 17. und 18. Jahr-
hundert8, 3 St. Geschichte der Notenschrift, 1 St. Musikwissensehaftliche Ubungen
im Koniglichen Instrumentenmuseum , 2 St. — Privatdozent Dr. M. Friedl'ander:
Allgemeine Geschichte der neueren Musik, 2 St. Mozart, 1 St. Musikwissensehaft-
liche Ubungen, 2 St. — Privatdozent Dr. J. Wolf: Evangelische Choralkunde (fur
Theologen), 1 St.
Bern. Professor der Theologie Dr. A. Thiirlings: Liturgisch-musikwissenschaft-
liche Ubungen, 2 St.
Halle. Privatdozent Dr. H. Abert: CM. von Weber und Richard Wagner, 2 St.
Geschichte der protestantischen Kirchenmusik, 1 St.
Heidelberg, ao. Professor Dr. Ph. Wo If rum: Evangelisches Kirchenlied in mu-
sikalischer Beziehung, besonders des 16. Jahrhunderts, 1 St.
Leipzig, ao. Professor Dr. H. Kretzschmar, Geschichte der Oper, '4. St. Musik-
wissensehaftliche Ubungen, 2 St. Liturgische Ubungen, 1 St. — ao. Professor Dr. H.
Hi em an n: Geschichte der Instrumentalrausik im 17. und 18. Jahrhundert, 2 St.
Harmonielehre, 1 St. Kontrapunkt, 1 St. Historische Kammermusik-Ubungen, 2 St.
— ao. Professor Dr. H. Priifer: Ludwig van Beethoven, 1 St. Richard Wagner im
Zusammenhang mit der Kunst- und Weltanschauung des 18. und 19. Jahrhunderts,
1 St Musikwissensehaftliche Ubungen, 2 St.
Prag. ao. Professor Dr. H. Rietsch: Die Theorien vom Ursprung der Musik,
1 St. Franz Schubert und das Deutsche Lied des 19. Jahrhunderts, 2 St. Musik-
wissensehaftliche Ubungen, IV2 St.
Rostock, ao. Professor Dr. A. Thierfelder: Musikreste des klassischen Alter-
tums, 1 St. Geschichte der Liturgie in musikalischer Beziehung, 1 St. (Dazu Theorie
und praktische Musikubungen.)
Strafiburg. o. Professor Dr. Jacobs thai: Geschichte der Musik vom 16. bis
zum 18. Jahrhundert, 2 St. Ubungen in der musikalischen Komposition. Leitung des
akademischen Gesangvereins, 2 St.
Wien. o. Professor Dr. G. Adler: Rich. Wagner, 1 St. Erklaren und Bestimmen
von Kunstwerken, 2 St. Ubungen im musikhistorischen Institut. — ao. Professor Dr.
M. Dietz: Das Tqndrama von seiner Entstehung bis zur Neuzeit (mit vielcn Musik-
beispielen), 2 St. Asthetische Untersuchungen auf dem Gebiete der neueren Instru-
mentalmusik (mit Musikbeispielen und Formanalysen) , 1 St. — Privatdozent Dr. R.
Wallaschek: Psychologische Prinzipien des Musikunterriohtes, 2 St.
Darmstadt (Technische Hochschule). Privatdozent Dr. W. Nagel: Geschichte
der Musik von dem Beginne der christlichen Zeitrechnung an bis auf Beethoven. Die
geschichtliche Entwicklung der Klaviermusik. Die Form en des Kanons und der Fuge
(dazu praktische Musiklehre).
AuOerdem werden Vorlesuugen iiber Musiktheoric und praktische Musikubungen
von Universitats-Musikdirektoren oder Musiklehrern abgehalten an den Universitaten :
Bern (HeB-Riietschi), Bonn (Wolff), Breslau (Bohn und Filke), Freiburg i. Br.
(Hoppe), GieBen (Trautmann) , Gottingen (Freiberg), Greifswald (Reinbrecht),
Jena (Naumann), Kiel (Stange), Konigsberg i. Pr. (Brode und Bernecker), Leip-
zig (Z611ner), Marburg (Jenner), Prag (Schneider), Tubingen (Kauffmann), Wien
(Weinwurm und Gradener).
Q^nzlich ohne eigene amtliche Fursorge fur die Musik in wissenschaftiicher oder
praktischer Hinsicht sind die Universitaten: Erlangen, Graz, Innsbruck, Miin»
O
32 Notizen.
ster, Wiirzburg und samtliche ubrigen Hochschulen mit Ausnahme der Technischen
Hochschule in Darmstadt.
Am besten versorgt in musikalischer Hinsicht ist die Universitat Wien mit einem
ordentlichen Professor der Musikwissenschaft, einem auBerordentlichen Professor, einem
Privatdozenten, einem Universitats-Musikdirektor und einem Musiklehrer. Hier steht
den Studenten auBerdem ein musikhistorisches Institut mit einem zu strengen musik -
wissenschafthchen Studien unerl'aBlichen Apparat an Literatur und Musikalien zur
Verfugung. AuBer Wien hat nur noch StraBburg eine (wohl nicht etatsm'aBige)
ordentliche Professur fur Musikwissenschaft. Es folgt sodann die Universitat Leip-
zig mit drei auCerordentlichen Professoren und einem Universitats-Musikdirektor,
weit danach erst die Universitat der deutschen Reichshauptstadt Berlin mit einem
auBerordentlichen Professor und zwei Privatdozenten, Munch en mit einem auBer-
ordentlichen Professor und einem Privatdozenten, Prag mit einem auBerordentlichen
Professor und einem Musiklehrer, Heidelberg und Rostock mit je einem auBer-
ordentlichen Professor, und schlieBlich Basel und Halle mit je einem Privatdozenten.
An alien iibrigen Universit'aten hat die Musikwissenschaft keine Vertretung. Somit
gibt es an den zirka 30 deutschen Universit'aten uberhaupt nur im Ganzen zwei
ordentliche Professoren und acht auBerordentliche Professoren, von denen wohl auch
nicht alle etatsm'aBig angestellt sind.
Notizen.
Berlin. Frau Emilie Welti-Herzog, die bekannte S'angerin an unserer
Hofoper, wurde an Stelle der verstorbenen Professorin Frau Schultzen-v. Asten als
erste Gesangsmeisterin an die Konigliche Hochschulo fur Musik in Berlin berufen
und wird ihre Lehrtatigkeit an diesem Institut, neben ihrer kunstlerischen T'atigkeit
an der Oper, im Herbst beginnen.
Genf. Fur November 1903 ist hier ein Saint- Saem-Fcst in Aussicht genommen.
Es soilen die Opern >Heinrich VHI.«, >Samson und Dalila« und »Phrynet, ferner
eine Reihe groBerer Konzertwerke in mustergil tiger Weise aufgefiihrt werden. De
Eomponist hat sein Erscheinen zugesagt.
Neapel. Die Direktion des Konservatoriums fiir Musik hat fur italienische Ton-
setzer. die das 30. Lebensjahr noch nicht iiberschritten haben, folgende Preisaussckreiben
erlassen: Fiir eine Ballade fur Chor, Soli, Dialog und Orchester zu Versen einer
Dichtung von Giov. Prati: >Convegno degli spiriti « . Preis 600 Lire. Ferner je
300 Lire fiir einen vierstimmigen Chor und ein Streichquartett , fur ein Agnus dei
und ein Trio, fur ein Sanctus und eine Sonate. Die Arbeiten miissen bis 30. Juni
1904 eingereicht werden. N'ahere Bedingungen erfahren die Preisbewerber durch das
Sekretariat des Konservatoriums in Neapel.
Paris. Une communication d'Eisenach, dans le dernier Bulletin de PI.M.G.
(Septembre 1903, page 737, Notizen), donnerait a entendre que la bibliotheque de
Grenoble possede *die erste Niederschrift von ^Tristan und Isolde*, die Wagner einst
seinem Freunde Hektor Berliox xusandte*. Je crois devoir rectifier ainsi cette infor-
mation. La bibliotheque de Grenoble possede de Wagner un billet autographe adresse
a Berlioz en meme temps qu'une partition de Tristan, dont voici le texte:
R W
Cher Berlioz
Je suis ravi de vous pouvoir offrir le premier exemplaire de mon Tristan.
Acceptez le et gardez le d'amitie pour moi
a vous
21 Janvier 60. Richard Wagner.
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Notisen. 33
(Notre collegue, M. Julien Tiersot, qui en a eu counaissance, comme moi, lors de
son recent sejour a Grenoble, en a donne le texte dans le Temps du 13 aout.)
Quant a la partition annoncee par ce billet, elle fait partie aujourd'hui des col-
lections de la Bibliotbeque Nationale (reserve), a laquelle elle a 6te leguee, avec les
partitions autographes de TAlceste de Gluck et de l'Enfance du Christ de Ber-
lioz, par MU° Fanny Pelletan. Oe precieux exemplaire porte la decUcace suivante:
«Au grand et cber auteur de Romeo et Juliette, 1'auteur reconnaissant
de Tristan et Isolde.*
(Ce renseignement se trouve in Alfred Ernst, L'CEuvre dramatique de Ber-
lioz, p, 106-106.)
Qu'on remarque bien la date a laquelle Wagner dedie sa partition a Berlioz.
C'est le 21 Janvier 1860; quatre jours apres il donnait, au Theatre-Italien, le premier
de sea trois concerts qui devaient eveiller la curiosite, sinon la bienveillance, des di-
lettantes parisien8 a regard du Tannhauser. Lf article de Berlioz dans le Jour-
nal des D 6b at s (9 fevrier) et la replique que lui donna a Wagner dans le meme jour-
nal (le 22) marquerent la fin des relations amicales entre les deux grands maitres et
le d£but d'une hostility, de la part de Berlioz, qui ne s'Steignit qu'avec sa vie.
J.-G. P.
Rom. Hiesigen Tageszeitungen zufolge soil Papst Pirn X. an den Redakteur der
romischen >Rassegno Gregoriano* einen Brief gerichtet baben, in welchem er sicb
fiber die unabwendbare Notwendigkeit einer durchgreifenden Reform der katholischen
Kirchenmusik auslaBt.
Hernann Zvmpe f. Am 4. August ist Generalmusikdirektor Hermann Zumpe zu
Munchen ganz unerwartet am Herzschlag verschieden. Zumpe, der im 53. Lebensjahre
stand, war urspriinglich Lebrer gewesen, entsagte jedocb bald diesem Berufe ganz,
urn Musik zu studieren. 1873—1876 bielt er sicb als >mu8ikalischer Adjutant* bei
Wagner in Bayreutb auf, war dann an verschiedenen Btihnen: Hamburg, Frankfurt,
Stuttgart, dann zwei Jahre in Munchen als Diligent der Kaimkonzerte , hierauf vier
Jabre in Schwerin tatig, bis ibn 1901 die Leitung der Munchner Hofbiibne als fuh-
renden Kapellmeister (1902 wurde er Genernalmusikdirektor) berief. Hier richtete er
mit Possart zusammen sein Hauptaugenmerk auf das Prinzregenten-Theater, dessen
Emporbluhen seiner Initiative viel mitzuverdanken hat. Zumpe stand im Zenit seines
Ruhmes, als ihn der Tod so plotzlich abrief; sein Name war jedoch schon seit gut
einem Jahrzehnt sehr bekannt, auch war er einer der ersten deutschen Kapellmeister,
die im Ausland, namentlich Spanien, friih beriihmt wurden. Als Komponist war er
ebenfalls tatig: eine Jugendarbeit, die Operette >Farinelli«, wurde viel aufgeflihrt,
zahlreiche Lieder zeigen ihn als geistreichen Beherrscher dieser Form, eine Oper soil
sich bis auf die Instrumentation fertig im NachlaG befinden. Doch war der repro-
duktive Kunstler in ihm stets der groBere : seine Direktion Wagner7 scher Werke, des
Ringes namentlich (vergleiche letztes Heft des Jahrganges IV dieser Zeitschrift), war
hervorragend zu nennen. Es wird der MUnchner Buhne kaum moglich sein, zurzeit
einen vollgultigen Ersatz fiir ihn zu schaffen.
Z. d. I. M. V. tizegby
Google
34
Kritische Bucherschau.
Kritische Bftcherschan
der neu-erschienenen Biicher und Schriften liber Musik.
Referenten: Geo. Beckett, Charles Maolean, C. H. Richter, W. Barclay
Squire, J. Wolf.
Aim, Yrjo. The Origins of Art. A
Psychological and Sociological In-
quiry. London, Macmillan. 1902.
Royal 8vo. pp. 331.
The general art-impulse is: — to give
information, that is to widen our know-
ledge of nature and life; to propitiate, that
is to flatter our senses by the display of
beauty; to stimulate, that is to heighten
our vital energy and thus make life easier
to live and life's work easier to perform;
to work magic, that is to produce an illus-
sion of reality capable of leading to a con-
fusion between the subjective and the ob-
jective world. But qua the individual in
the above scheme, there is also the natural
tendency of every feeling state to manifest
itself externally. Then such an exteriorization
of feeling-state acts to awaken similar fee-
lings in other human beings who perceive
the manifestation, and this in turn re- acts
on the original producer. Present author
is Lecturer on Aesthetic and Modern Li-
terature in the University of Finland, Hel-
singfors. Book written in English; this
is not as a whole an English translation.
Parts however already appeared in Swedish,
in the author's "Forstudier till en konst-
tilosofi", Helsingfors, 1896 ; the same being
summarized in "Zeitschrift fur Psychologie
und Pbysiologie der Sinnesorgane", Band
XVI, pp. 233—236. Present book has
immensely long list of authorities quoted,
and 2 indexes of Authors and Subjects.
G.B.
Benson, E. P. The Valkyries. Ro-
mance founded on Wagner's Opera.
London, Dean and Son, 1903.
pp. 259, Crown 8vo.
Charles Lamb (1775—1834), the East
India Office accountant, was a gifted occa-
sional angler in the lake of literature, but
cannot be credited with consummate taste.
In his "Tales from Shakespeare, for the
use of Young People" (written with his
sister), he set the fashion of a certain me-
thod and style. Shakespeare's poetic plays
that is to say turned into prose abstract
tales, and the style an antique-imitation,
rather simpering, supposed to suit child-
ren. Since then, expansion has been sub-
stituted for abstract, antique-imitation has
become a highly aggravated artificiality,
and the omnivorous circulating-library
woman-audience has been aimed at instead
of child-audience. Here for instance Wag-
ner's few pages of tersest Runic rhymes
are watered to 259 pages of prose, and
the style is mock-sentimental. The task,
doubtless prescribed to author, is unworthy
of a clever man, (born 1867, educated at
Marlborough and King's, Cambridge). Mo-
reover that part of the legend which re-
volts modern feeling, and was glozed over
by W., is here dragged into sunlight. The
illustrations by T. Noyes Lewis are indiffe-
rent. Publishers design further Romances
"founded on the themes of the grand operas^.
(tM.
Encyclopaedia Britannica , Vols.
Vm— XI (Q— Z etc.) of New Vo-
lumes. Edinburgh and London,
Adam and Charles Black; London,
"The Times" , Printing House Square.
1903. About pp. 800 each, Demy
4to. 103/4'X8y2'.
The first 7 of these "New Volumes",
or Supplement, were reviewed at IV, 219.
Ranged with the 24 old (1876-1889) these
make vols. XXV— XXXV of the entire
series. The last volume but one is Maps,
the last is the General Index. — It was
indicated at IV, 219 (while giving all honour
to the execution) ; that the plan of a mon-
ster supplement nearly equal to half of
the original was in itself dangerous; that
the inconvenience of use was indefinitely
increased by the fact of laborious comparison
being necessary to tell whether what was
in the new volumes was (a) a bringing
forward and repetition of old articles with
modifications so as to make them up to
date, or (b) articles supplementary to ar-
ticles of same title in old, or (c) new ar-
ticles on new titles ; and that the promised
Index alone could help to bind the whole
together. The Index now to hand is for
itself excellent; terse, pithy, and without
any complication of artificial groupings.
But the whole work being thus at length
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Kritische Bticherschau.
35
in one view, it must be stated positively
that even the best Index cannot remedy
so faulty a design. A slight alleviation
might have been made, as before said, by
prefixing signs to articles of the new vo-
lumes, to distinguish them into the cases
-a", ub", uc**, above-quoted; but this has
not been done. The whole object of en-
cyclopaedic work is to present information
under one alphabetical view. To ask the
reader to compare in numberless cases two
articles on same title is to produce an
intellectual astigmatism, and the
ordinary brain refuses to work. It is a
pity that the desire to get rid of an old
stock has induced this portentous literary
miscalculation. — Since last review (Ja-
nuary, 1903) measures of advertising already
unprecedented here in magnitude, have
been followed by devices for securing sales
which need not be particularized but are dis-
tinctly reprehensible in a great scientific
undertaking. A very clever skit on the
same, in two parts, has made the whole
of London merry. — The new 10 volumes
contain 10,000 articles by 1000 contributors,
2500 new mans, plates, portraits and other
illustrations; in all about 7000 new pages.
The new volumes are specially strong in
biography. — The 124 maps in New Vo-
lume X .XXXIV of whole series) are ad-
f mirably conceived and beautifully engraved.
There are 495 pages of special map-index
in same volume, with 250,000 entries. This
includes alternative spellings, and a great
number of ancient or absolete names cross-
referenced. Most published maps are in-
dexed by exact latitude and longitude.
Some by mixture of that, and mileage dis-
tance from recognizable points. These are
indexed wholly on the block system. That
is to say, a block is the space between
intersecting lines of parallel 'latitude) and
meridian (longitude); the limiting bounda-
ries may be several degrees, or one degree,
or part of a degree. A place is only in-
dexed as being contained in such and such
a block. The "inset" maps are divided
into imaginary squares formed by the lines
of parallel and meridian of the main map
extended across them. These arrangements
could not be improved. But it must be
noted that the slip-mountings being short
in proportion to the great thickness of
volume, and attached to a stiff back, the
centre of each map is difficult of access.
— New Volume XI (XXXV of whole se-
ries) is the great Index on the entire old
and new volumes. It must contain not
f less. than 700,000 entries; but this appa-
rently carries forward all the 250,000 map-
entries of previous volume. Curiously, the
last 2 volumes are larger in size than the
rest. — The twin great English literary
labour of our day is the Dictionary of Eng-
lish National Biography; sec "Bio-
graphy" above. C. M.
Goschen, Viscount. Life and Times
of Cleorg Joachim Goschen, Publi-
sher and Printer of Leipzig. London,
John Murray, 1903. 2 vols; illu-
strations 44; pp. 946. Demy 8vo.
Here in an English drawing-room are
42 vols, of noble **Cicero" and "Doppel-
cicero", C. M. Wieland's Samtliche Werke,
1704-1797, illustrated by the exquisite en-
gravings of H. Ramberg. This luxurious
full-edition of **the apostle of moderation"
was projected by the publisher G. J. Go-
schen (1752—1828;, once the deserted or-
Ehan of Bremen, when in the height of
is struggles for solvency. Such splendid
risks are rare now. He began publishing
in 1785, the year of watershed between
Storm and strain and Classical fertility.
He worked for the honour of his country,
— and to fight the pirate publisher (Nach-
drucker;. He was the intimate friend of
many artists and musicians. His son was
Wilhelm Heinrich Goschen, merchant in
Bremen and London, the friend of Weber.
His grandson was of the same name, born
1831, a naturalized Englishman, Rugby,
Oriel, 1 st class in Greats, partner in Friih-
ling and Goschen, merchants of Austin
Friars for some 12 years till about 1866;
then living on his means he became a
Parliamentarian, Liberal with Gladstone,
since then Conservative with Salisbury.
Made a peer, 1900. In fact he was able
to revert to the original instincts of his
family, who were all Civil Servants or of
the Learned Professions. He criticizes his
grandfather with great detachment. The
whole belongs to tne highest class of bio-
graphy, and is an absorbing vivid picturo
of literary and artistic Leipzig of the pe-
riod. C. M.
Growall and Eames. Three Cen-
turies of English Book Trade Bib-
liography. London, Sampson Low,
Mars ton and Co. New York, Dib-
din Club. 1903. 21 sh. net.
Fuller title is: — Three Centuries of
English Book Trade Bibliography : an Esssay
on the Beginnings of Book Trade Biblio-
graphy since the introduction of Printing,
and in England since 1595. By A. Growall,
author of Book Trade in the United States,
in the XIX th Century. Also a list of the
Catalogues, etc., published for the English
Book Trade from 1595—1902, by Wilber-
;itiz3*by '
36
Kritische Biichersohau.
force Eames, of the Lenox Library, New
York. — FirsUbibliography of book trade
(international) was by G. wilier of Augs-
burg in 1564, continued by his family till
1627. Thus was founded the German Book-
fair Catalogues. First English imitation
was by Andrew Maunsell, in 1696. John
Starkey began in 1668 the "Term" Cata-
logues, one for each Law-Term (in Eng-
land, Hilary 11 to 31 January, Easter
15 April to 8 May, Trinity 22 May to 12 June,
Michaelmas 2 to 25 November) lasting till
1709, The first exclusive book-auctioneer-
ing business was that of Samuel Baker,
started in York Street, Covent Garden,
1744. This became Sotheby etc. William
Bent published 16 Catalogues from 1779 to
1823. The same began the "Monthly Li-
terary Advertiser" in 1802. The "Publi-
sher's Circular- began 1837. — The present
must be pronounced an invaluable history.
Both authors are American. C. M.
Hinton, J. W. Organ Construction.
2nd edition. London, Weekes and
Co. 1902. pp. 200. Crown 4to. 7/6.
First edition was reviewed at II, 448,
and author dealt with at II, 442. Index
is still insufficient, but scrutiny shows in
2 nd edition large additions to text, several
new full-sized plates and smaller illustra-
tions interspersed therein, and 41 pages of
new Appendix matter. Added matter
chiefly treats of: — "Evolution of the Elec-
tric Organ"; "Temperament" ; "The Eu-
harmonic Organ" (Kev. G. Liston, 1817,
built by Flight and Robson; ; "The Enhar-
monic Organ" (Gen. Perronet Thompson,
1834, 1851, and 1856, built by ditto);
"Effects of Temperament upon the per-
formance of pipes"; "Standards of Musical
Pitch"; etc. First head is chief. — At
Zeitschrift II, 442, "Notizen**, was given
a succinct history of English Organ building.
It was shown there that Joseph Booth of
Sheffield had in 1827 invented a crude
pneumatic "puff-valve" or leverage-bellows
under pallet, with key acting thereon through
the means of a heavy-wind tubular con-
nection; that Charles Spackmann Barker
of Bath (1806—1879; had from 1832 on-
wards invented his improved heavy-wind
leverage-bellows placed close to key, and
acting to pallet in ordinary tracker- fashion;
that Moitessier of Montpellier patented in
1836 a system whereby there was a main
heavy-wind leverage-bellows close to key
and minor similar leverage-bellows at
pallet, and the 2 connected by tubular
work, and applied this practically at La
Dalbade in Toulouse in 1850; that Henry
Willis applied such a system to St. Paul's
in 1874. Author claims (apparently cor-
rectly) that he was the first to definitely
point out to English readers Moitessier's
share about tubular-pneumatic. The pre-
sent reviewer repeats nis opinion indicated
at II, 446, that while the heavy-wind pneu-
matic lever at points of labour is the basis
of all modern organ-building, the idea of
covering the distance between such points
by heavy wind in tubes is, however sim-
plificatory in theory, a false principle in
practice, and destructive to all art-sense;
for there is a vena contracta for gases,
and such action can never possibly be im-
mediate. — It was shown in the history
of English organ-building at II, 442, that
Henry John Gauntlett of London (preceded
certainly in idea by Eroment and Stein in
1850; patented in 1852 an electro-magnetic
connection from key acting clumsily direct
on an armature under pallet; and that
C. S. Barker in 1867 applied the principle
at St. Augustin, Paris, interposing one of
his pneumatic heavy-wind levers, and dis-
pensing with strong magnet (Gauntlett had
just proposed this, but saw it only dimly
and did not patent it). Author in this
edition shows the part taken herein by the
organist Albert Peschard, who had already
in 1861 partially introduced pneumatic
levers cum electric connections at St. Pierre,
Caen (p. 160—162), and who worked with
Barker from that year till 1870, and espe-
cially at the St. Augustin organ 1864—1867.
Thus, as stated m "Musical Standard'-,
23 rd May 1891, the invention of electric
cum pneumatic (usually called electric) ac-
tion, is halved between a Frenchman and
an Englishman. The builders Bryce son
Bros. (H, 444) made the first complete
electro-pneumatic patent in 1868, adding
the pneumatic pallet. Header will find in
plates XI and XH, and at page 162, dia-
grams of all the principal "electric" actions ;
with which may be compared "English
Mechanic and World of Science" for Au-
gust and September 1896. — At page 190
is a new description of the Austin "Uni-
versal Air Chest" (Hartford, U. S. A.),
wherein "bellows" all act within an enclosed
chamber, direct on which stand pipes, and
so smooth wind-supply; only one m Eng-
land, at Rushden, Northamptonshire. —
Present edition is almost a new book.
CM.
Lussy, Mathis. L'anacrouse dans la
musique moderne. Paris, Heugel
& Cie., 1903.
Mathis Lussy, geboren in Stans
(Schweiz) am 8. April 1828, von 1847-1900
in Paris, und seitdem in Montreux (Waadt-
land) lebend, hat sich durch seine hoch-
Digitized by VjOOQlC
Kritische Bucherschau.
37
interessanten und absolut oririnellen Ver-
dffentUchungen einen Weltruf erworben.
Seine Exercices de piano (1863),
vom Schiller selbst zu komponieren und
aufzuschreiben, sein Pupitre-exercices
du pianist e, dann sein beriihmtes Buch
>Traite de l'expression musicale«
1873) in sechs franzosischen , einer deut-
schen, englischen und russischen Ausgabe,
sein Hauptwerk »Le rhythme musical*
und das ietzt vollig vergriffene merkwur-
dige Buch »Histoire de la notation
musicale«, welches er im Verein mit
E. David verfafite , ein Werk, welches auf
Kosten des franzosischen Staates gedruckt
and vom Institut de France preis^ekront
wurde, — all diese Schriften, die eine
wahre Literatur von Werken ahnlicher
Tendenz und auch von Plagiaten hervor-
gerufen haben, wiirden genUgen, um den
Namen Ma this Lussy unsterblich zu
machen.
Nun gibt uns der betagte Meister ein
ganz bedeutendes, neues Werk, welches
jetzt unter dem Titel »L'anacrouse
dans la musique moderne« als erster
Band seiner >Grammaire de l'execution
musicale* erscheint.
Dem Worte »Anacrouse« ist eine Po-
pularitat zu wiinschen, wie es zum Bei-
1 spiel das Wort »Synkope« geniefit, welchem
ubrigens keine genaue, wirklich klassiscbe
Definition zuteu wurde. Anacrousis wird
abgeleitet von dem griechischen >ana« =
vorf auf, und »kruo« = ich schlage, und
darf deutsch nicht etwa durch »Auftakt<
wiedergegeben werden, weil alle Auftakte
wohl Anakrusen, aber alle Anakrusen nicht
immer Auftakte sind; denn die Anakrusis
kann auf alien Zeiten und Zeitteilen be-
ginnen mit Ausnahme des Anfangsiktus
eines "Rhythmus. Hans von Bulow, aer ein
groCer verehrer Lussy's war, sagte: »Die
Anakrusis, welche wir empfanden, hat
Lussy enthullt und beschrieben ; sie ist die
Seele der Bhythmen und des musikalischen
Vortrags.«
Wenn nun auch in den fruheren Schrif-
ten Lussy's die Anakrusis beschrieben ist,
so hat sich der immer weiter forschende
scharfe Geist unseres Autors nicht mit dem
damals Gesagten begniigt. Sein ganzer
Sinn war Zeit seiner praktischen Lehr-
tatigkeit auf dieses rhythm ische Wunder
gelenkt und so ist es ihm gegliickt, mehr
als zwanzig verschiedene Arten der
Anakrusis zu entdecken und genau zu
klassifizieren. Man bedenke, daft zu diesen
Beobachtungen nicht das geringste frtiher
erworbene Material vorlag — es ist eben
ein ganz neues Gebiet, welches auf die
Metnk und Rhythmologie, auf den musi-
kalischen Vortrag und die Notierung der
existierenden und der noch im SchoCe der
Zukunft schlummernden Tonwerke ein
neues, helles Licht wirft. Wie verjungt
gehen unsere Lieblingsmotive von Bach,
Beethoven, Brahms aus der Taufe hervor,
die ihnen die Lussy'schen Prinzipien ge-
ben, und besonders Mendelssohn, aer geni-
ale Tondichter, dessen rhythmische Schreib-
art indeB oft unttberlegt zu sein scheint,
Mendelssohn kommt erst zu der verdienten
Ssthetischen Wirkung, wenn wir uns mit
Lussy jedesmal fragen: wo ist die wahre
Betonung, wo sind die rhythmischen
Grundpfeiler der Melodie, wenn wir es
verstehen, die metrischen Accente den
rhythmischen unterzuordnen, wenn wir et-
waigen >pathetischen Accenten« die rechte
Bedeutung beilegen. Nicht nur der aus-
ubende Musiker und der Komponist, die
ein ganz neues inneres Musikleben durch
Lussy's Prinzipien gewinnen werden, son-
dern auch. und vor allem, der Musik-
kritiker sollte das neue Werk nicht nur
lesen, sonde rn es aufmerksam studieren
und in sich aufhehmen.
Die Schreibart Lussy's ist durchaus
nicht 6chulmeisterlich, soudern in angenehm
literarischer Form. Was von Herzen kommt,
geht auch zu Herzen und wer Lussy recht
verstehen will, der nehme die groBen ob-
jektiven Wahrheiten durch eindringliches
Studium in sich auf, daB sie zu Fleisch
und Blut werden — denn unserem Meister
liegt nur daran, daB seine Sch viler ihn
ganz verstehen und durch ihn befahigt
werden. den vollen Zauber der Tonkunst
zu empfinden. C. H. R.
Moorsom, Robert Maude. A His-
torical Companion to uHymns An-
cient and Modern". 2nd edition.
Cambridge University Press. Leip-
zig, Brockhaus. 1903. pp. 380.
Crown 12 mo. 5 .
"Hymns Ancient and Modern" were
projected in 1858 by a clergyman-baronet
Rev. H. W. Baker 1821—1877), with a
committee of clergy, as a collection of
hymns ^words] written in English, having
for aim to supersede a quantity of miscel-
laneous collections then prevailing, and,
though without official authority, to be-
come standard in the English Church. The
book first appeared 1860 ;273 hymns). Then
in 1861 an edition with a large number
of tunes selected or composed, and fitted
to the words; chief musical editor W. H.
Monk :1823— 1889,; Stainer assisted. Ap-
pendix in 1868. Revised edition 1875.
Supplement 1889 (166 new). By dint of
its merits this book has reached its aim,
O
38
Kritische Bucherschau.
and has been sold in different forms, and j
with and without music) to the number of
very many millions. — It has had its ri- ,
vals. Novellos published it at first; then '
when that ceased, they instituted their own ,
••Hymnary" (ed. Barnby), many new tunes, j
Also there is "Church Hymns", by Society
for Promoting Christian Knowledge, stan-
ding rival, because doctrinal standpoint
less "High Church"; this presses Hymns
A. and M. hard. — Hymns A. and M. has
too many tunes. 100 would be ample. And
although there are so many, the crying evil
of English hymnody is none the less in a
white light, the non-correspondence of
vagarious word-accent with necessarily in-
flexible music-accent (see e. g. 573, "All
things bright and beautiful", so-called 7.
6. 7. 6.). English versification is at the
same time dependent on accent tor its
effect, and singularly loose in its appli-
cation of the same. Iambic lines (or at
least verses) succeed trochaic as if they
were just the same thing. And as the
mass of hymn-writers (words) are un-musi-
cal, these seldom grasp the problem. There
is (unfortunately) only one course, — to reject
hymn-words irregularly accentual. — Present
publication is historical key to the words of
Hymns A. and M. Author displays source of
each hymn (words), with all possible devices
of cross-reference, index, etc. In translated
hymns, he traces in all but a few cases
the original versions, from Liturgies, Mis-
sals, Breviaries, etc. In new hymns, he
merely gives author's name and first line.
To end of 18 th century everything exhi-
bited chronologically according to dates of
authors, giving a historic picture; all in
19 th century arranged alphabetically by
names of authors. - After the Hebraic
Psalms (shown in Latin Vulgate) the first
hymn given is evening hymn of 2nd cen-
tury, Greek, beginning q>wg IXaQov ayias
tiotye, attributed to Athenogenes, or to
Sophronius of Jerusalem. The earliest hymn
of the church in Great Britain riven is
"Hostis Herodes impie", attributed to Se-
dulius (Ireland) in early 5 th century. The
next "Precursor altus luminis" by Bede
(Jarrow on the Tyne) in 8 th century. There
are originals (whole or in part) in Greek,
Latin, German, Italian, Danish, French and
Welsh. Of course there is an untold num-
ber of hymns, even ancient, which, not
being given in Hymns A. and M., are not
here given. Rev. John Jullian's great
Diet, of Hymnology (Murray, 1892) will
suggest how many. Book has many terse
historic notes. A work of learning, and
singular attraction. There appears only
to be some affectation in the classification
of churches and denominations. Author is,
it is believed, a blind clergyman residing
in Winchester. C. M.
Nagel, Wilibald. Beethoven und
seine Klaviersonaten. Erster Band.
Langensalza, Hormann Beyer und
Sonne, 1903 VII und 247 S. 8».
Preis bro8chiert Jt 6, — gebunden
UT 7,75.
Nagel's Buch will als ein Versuch ffelten,
Beethoven's Entwickelung an den Klavier-
sonaten darzulegen. Es ist ein Werk,
welches am Instrument, angesichts der
Beethoven' schen Kompositionen studiert
werden muB. Nicht auf die asthetische
Ausdeutung der einzelnen Werke und auf
Festlegung ihres Vortrages kommt es ihm
an, 8ondern vielraehr darauf, den Werde-
gang und den Bau klar zu legen, die an-
gewandte Kompositionstechnik historisch-
kritisch zu beleuchten und das spezifisch
Beethovenache aufzuweisen. Nagers Dar-
legungen sind in jeder Beziehung aner-
kennenswert. Sie bekunden nicht nur
einen trefflich geschulten Historiker, son-
dern auch einen feinsinnigen und kennt-
nisreichen Praktiker. J. W.
Pedrell, Felipe. La Celestina.
Tragicomedia lirica de Calisto y
Melibea (Texto castellano del libret-
to). Barcelona, Tipolitografia de
Salvat y O, 1903. 87 p. Precio:
Una peseta.
Vorliegendes Textbuch ist eine Bear-
beitung der aus dem 15. Jahrhundert
stammenden Tragikomodie Celestina von
Fernando de Rojas, welche in 16 Akten
1499 zu Burgos unter dem Titel > Calisto
y Melibea* herauskam und zu den Meister-
werken der spanischen Literatur gehort.
Pedrell wahlte diesen Stoff als Unterlage
zum zweiten Teile seiner Trilogie »Patna,
Amor, Fides*, deren ersten Teil bekannt-
lich die mit groBem Beifall aufgenommene
Trilogie Los Pirineos (Victor Balaguer)
bildet. Um den Stoff des Fernando de
Rojas den Anforderungen des modernen
lyrischen Dramas anzupassen, muCte Pe-
drell ihn wesentlich zusammenziehen.
Doch sind die Hauptlinien der Handlung
gewahrt geblieben. Auch hat er nach
Moglichkeit die meisterhafte Sprache des
Originals, welche sich aufs glucklichste
mit dem Gesangtone verbindet, unange-
tastet gelassen. Es ist Hoffhung vorhan-
den, aaB das Werk nachsten Friihling
im Liceo von Barcelona zur AufRihrung
gelangt. Unsere besten Wiinsche dem
Schopfcr der »Pirineos«. JpJ. W.
ioogle1
Eingesandte Musikalien.
39
Pratt, Waldo Selden. Musical Minis-
tries in the Church. London, New
York, Chicago, etc. Fleming H. Be-
vell Company. Demy 12 mo. pp. 181.
3 sh.
Author is Professor of Music and Hym-
nology in the Theological Seminary, Hert-
ford, Connecticut. Lectures originally given
at the Mc Cormick Theological Seminary,
Chicago, have been reproduced in 5 essays
on Religion and the art of music, Hymns
and hymn-singing, the Choir, the Or^an
and organist, the Minister's responsibility.
At the end are 3 extremely useful appen-
dices: — I, an alphabetical bibliography
of 74 standard works, English and Ameri-
can, on church music in general; II, ditto
of 57 similar works on hymns and hymn-
writers; III, a list of 38 American Hym-
nals from 1880 to date, arranged chrono-
logically. The book is almost worth buying
for these lists alone. Throughout it is in-
formed with a philosophical spirit, and in-
cidentally it throws a practical light on
American church music. There is a letter
from Sir John Stainer to author about the
homiletic use of anthems, in the course of
which: — "People are beginning to think
that unless they are singing or Baying
something they are not worshipping. This
notion cannot be protested against too
strongly. By all means give the congre-
gation all the responses and plenty of
hymns, but teach them that there can be
the highest form of worship in silent
thought". G. B.
Schubert, Franz. Songs with Piano-
forte Accompaniment, edited and
annotated by Anton Riickauf. The
English words by Percy Pinkerton.
Universal-Edition, Actiengesellschaft,
Wien. London, E. Ascherberg and
Co.
A new edition of Schubert's songs with
a good English text has been for long much
needed, and the present volume, which in-
cludes the "Schone Mullerin", the "Winter-
reise", the "Schwanengesang" and 22 select-
ed songs, can be strongly recommended to
vocalists who prefer singing these immor-
tal lyrics in the vernacular. Anton Riick-
auf prints Schubert's original marks of
expression in large type, his own numerous
additions as editor being given in small
print. He has been fortunate in securing
the collaboration of Percy Pinkerton, who
has accomplished the difficult task of turn-
ing the original German text (which is
printed in italics below the English words)
into verse which is often extremely grace-
ful and felicitous and always singable. The
volume is in every respect a model of tho-
roughly good workmanship. W. B. S.
Eingesandte Musikalien.
Referenten: W. Altmann, O. Fleischer, J. Wolf.
Verlag Augener & Co., London.
Beethoven, L. van. Sonatas for the
Pianoforte, revised, phrased and
fingered by (i. Buonamici.
Der Bearbeiter war als Schiiler Hans
von Biilow's, unter dessen Leitung er einst
die samtlichen 32 Klaviersonaten Beetho-
ven's fleiCig studiert hat, der ihm von der
Verlagshandlung gestellten Aufgabe wohl
gewachsen und bietet in seiner Revision
ein dankenswertes Bild der Auffassung,
die der »8tudierteste« aller Beethoven-
Spieler Billow seinen Schulern zu tiber-
liefern pflegte. 0. F.
Verlag M. P. Belaieff, Leipzig.
Akimenko, T. 3 Morceaux pour piano
op. 16. Chant d'automne M — ,60;
Idylle .# —,40; Valse Jl 1,20
vollstandig Ji 1,40.
Originelle und durchaus vornehme
Salonmusik, der einigermaOen geiibte
Spieler leicht gerecht werden. J. W.
Blumenfeld, Y. Op. 34. Ballade pour
Piano. Jl 1,60.
Auf ein nicht uninteressantes Thema
bauen sich eine Reihe hubscher Variationen
auf, die sich vor allem durch pianistisch
wirkungsvolle Arbeit auszeichnen. J. W.
Tscherepnin, N. Op. 16. 4 Lieder
von Y. Tjutscheff, deutsch von Max
Lippold. Traume und "Wogen —
Letzte Liebe — Der See in Zars-
koje — * Dammerung. Je M — ,40
bis — ,80, zusanimen *U 1,60.
40
Eingesandte Musikalien.
Die Lieder weisen m der Melodik wic
in der Harmonik nationalen Typus auf
und zeichnen sich vor allem durch feinen
Schwung der charakteristisch gepragten
Melodien aus. J. W.
Verlag Anton Bohm & Sohn,
Augsburg und Wien.
Slunicko, Johann. Op. 45. Impromptu,
Preghiera und Scherzo fiir Har-
monium Jl 1,50.
Anspruchslose, glatt gearbeitete, liebens-
wiirdige Musik. J. W.
Verlag Breitkopf&Hartel, Leipzig.
Baoh, J. S. "Werke. 6 Branden-
burgiscbe Konzerte, Bearbeitungen
fur Pianoforte zu 4 Han den von
Ernst Naumann. Nr. 4 in Gdur,
Jl 3,—.
— »Wir eilen mit schwachen, doch
emsigen Schritten*. Duett aus der
Kant ate Nr. 78 » Jesu, der du meine
Seele* , bearbeitet von Siegfried
Ochs. Jl 1, — .
— Der Streit zwiscben Phoebus und
Pan. Dramma per musica, fur den
Konzertgebrauch eingerichtet von
Felix Mottl, Klavierauszug mit Text
von Otto Taubmann. Klavier-
auszug Jl 3, — .
Der wundervolle Humor, den diese
Probe Bach's auf seine dramatische Fahig-
keit durchleuchtet, 1'aBt sich freilich nur
bei einer lebendigen Auffuhrung so recht
eigentlich genieDen. Umso leichter aber
kann man hier die reizende Ungezwungen-
heit der Komposition bei all ihrer Klassi-
sritat bewundern und studieren. 0. F.
Barolay Squire, W. Ausgewahlte
Madrigale und mehrstimmige Ge-
s'ange beriihmter Meister des 16. bis
17. Jahrhunderts. Nr. 21—23, je
M —,50.
Nr. 21. Orlando Gibbons, What is our
Life, 1612. Nr. 22. Jacob Archadelt, 11
bianco e dolce Cigno, 1639. Nr. 23. Orazio
Vecchi, H bianco e dolce Cigno, 1589.
Handel, G. F. Werke fur Kammer-
musik. Kammersonaten fiir Flote,
Oboe oder Violine mit Cembalo.
Auf Grand von Fr. Chrysanders
Gesamtausgabe der Werke Handels
nach den Quellen revidiert und fiir
den praktischen Gebrauch bearbeitet
von Max Seiffert. Nr. 6. Par-
titur Jl 1,50.
Neuparth, Julio. Impromptu, Page
symphonique. Fiir Klavier zu 2
Handen. Jl 1, — .
Stimmungsvoll, in der Bhythmik ziem-
lich gleichformip, durch scharfe Dissonan-
zen, Wagnersche Tremoli und wuchtige
Oktavengange leidenschaftlich anwachsend,
urn wieder zur Buhe im ppp. zuruckzu-
kehren, nicht zu schwer in der Technik
und dankbar. 0. F.
Schmid-Dresden, Otto. Musik am
Sachsischen Hofe, Band 4. Aus-
gewahlte Originalkompositionen fur
Klavier von Peter August und
Chr. Siegmund Binder. Revidiert
und herausgegeben. Ji 2} — .
Die beiden wenig allgemein bekannten
Kompomsten gehoren dem Dresdener Hof-
musikerkreise des 18. Jahrhunderts an.
Der Hoforganist August lebte 1726—1787,
Binder, ebenfalls Hoforganist, und durch
Ch. Burney als letzter Fantalonspieler (er
war Schuler Hebenstreit's selbst) bekannt,
lebte 1724—1789. Von beiden werden hier
je 4 Sonatensatze geboten, von denen die
Binder's die offenbar bedeutenderen, origi-
nelleren sind, obgleich sich natiirlich diese
Musik nicht ebenbiirtig neben die der
gleichzeitigen Wiener Meister stellen kann.
Aber diese Sterne dritten und vierten
Ranges machen gerade den Glanz der
Hauptffestirne umso deutlicherhervortreten;
sie heuen zudem den Rokoko-Geschmack
des musikliebenden Dresdener Hofes illu-
strieren. 0. F.
Todt, B. Trios fiir Pianoforte,
Vio-
Heft
line und Bratsche bearbeitet.
4—9. Je Jl 4,80.
Den 3 ersten Heften seiner Trio-Bear-
beituneen (vergleiche Zeitschrift der IMG.
IV, Seite 227) hat B. Todt rasch 6 weitere
folgen lassen. Heft 4 — 6 sind wieder Bach-
Bearbeitungen, Heft 4 bringt die beiden
ersten Flotensonaten, Heft 5 die groCartige,
von Geigern leider gar nicht beachtete
Fuge in G-moll fiir Violine mit beziffertem
BaB und Eantatens'atze, Heft 6 nur solche,
8*amtlich von Bach, Heft 7 die beiden vier-
h'andigen Klavierfantasien in F-moll von
Mozart, Heft 8 vierh'andige Variationen in
G von Mozart und die kleine vierhandige
Sonate op. 6 sowie das urspriinglich fur
die Waldstein-Sonate bestimmte Andante
favori von Beethoven, Heft 9 die leichten
vierhandigen StUcke op. 10 von Weber und
Eingesandte Musikalien.
41
das vierhandige Hondo op. 107 von Schu-
bert. Es ist dem Bearbeiter gelungen,
recht wohlklingende StUcke fiir cliese Be-
8etznng zu schaffen, welche nicht bloG fiir
die Hausmusik, sondern auch fUr Unter-
richtazwecke sehr gut verwendet werden
konnen. Dafi damit dem offenbar groCen
Bedurfnisse nach Trios fur Klavier, Vio-
line und- Bratsche nicht abgeholfen ist,
mogen sich junge Komponisten gesagt sein
lassen. Angesichts der wirklich gelungenen
Bearbeitung verschwinden meine Zweifel,
ob Herr Todt nicht lieber die Violoncell-
stimme der Trios von Beethoven, Mozart
usw. fur Bratsche hatte umarbeiten sollen.
W. A.
Verlag Dreililien, Berlin.
Kahn, Robert. Op. 39. Vier Wiegen-
lieder von Robert Reinick, fur eine
Singstimme and Klavier komponiert.
Je .M 1, — bis 1,50 zusammen
j* 3,60.
Gemutvolle, volkstumlich gefaGte, ein-
fach dahin flieGende Weisen, die mit
ichlichten Akkorden begleitet werden.
J. W.
' Verlag Wilhelm Hansen, Leipzig
und Kopenhagen.
Sinding, Christian. Op. 55. Ser6-
nade pour deux Violons et Piano.
uT 9,—.
Sehr gering ist die Zahl guter Original-
werke fur zwei Violinen una Klavier; eine
hervorragende Bereicherung dieser Lite-
, ratur bietet die nicht UbermaGig schwie-
rige Serenade von Sinding, in welcher
dieser hervorragende Komponist wieder
eine reiche Fulle packender Gedanken und
sehr ansprechender Melodien in prachtiger
auGerer Fassun£ niedergelegt hat. Das
wieder ungemein frische und kraftvolle
Werk besteht aus ftinf Satzen. In dem
einleitenden Tempo di marcia ist das Ge-
1 sangsthema besonders fesselnd. Nr. 2, An-
dante, bietet einen Zwiegesang der beiden
Geigen und enthalt einen etwas kompli-
zierten Zwischensatz. Sehr fein ist das
folgende Scherzo. In dem vierten Satze,
wieder einem, freilich nur kurzen. Andante,
machen sich die Doppelgriffstellen beider
Violinen, die ubrigens gleichschwierig ge-
schrieben sind, senr schon. Der SchluG-
' satz ist in seinem Hauptbestandteil ein
zundendes Perpetuum mobile mit zwei ein-
geschobenen wirkungsvollen Gesangsstellen.
Dem Werke diirfte sicherlich eine groGe
Verbreitung beschieden sein. W. A.
Verlag Harmonie, Berlin.
Jadassohn, S. Op. 143. Aus fernen
Tagen. Sechs Phantasiestticke fur
Pianoforte. Einzeln je Jl 1,20,
vollstandig Jt 4, — .
Durchaus gefallige Musik, welche sich
sicher den Beifall der klavierspielenden
Jugend erringen wird. J. W.
Verlag P. J urge n son, Moskau und
Leipzig.
Medtner, N. Op. 1. Acht Stimmungs-
bilder. Je 20 — 40 Kopeken, zu-
sammen Rbl. 1,50.
Als op. 1 verdient das Werk alle Be-
achtung. Es zeugt von ernstem Streben
und tiichtigem technischen Konnen. Der
melodische Quell HieGt allerdings etwas
sparlich. Was ihm aber entspringt, ist
wenigstens originell. Doch sind alle Ge-
danken zu sehr in Grau getaucht, es fehlt
am Gegensatzlichen. J. W.
Verlag C. F. Kahnt Nachfolger,
Leipzig.
Becker, Reinhold. Der Tod des
Kolumbus (H. Lingg) fur Manner-
chor und Bariton-Solo. Partitur
Jt —,60.
Heritte-Viardot, L. Drei Lieder
fiir eine Singstimme mit Begleitung
des Pianoforte. Nr. 1 Arme kleine
Liebe; Nr. 2 Tag und Nacht; Nr. 3
Unterm Machandelbaum. Preis
Jt 2,— .
Kretschmer, Edmund. Drei Lieder
fiir 3stimmigen Frauenchor. Parti-
tur Jt —,60.
1) Nacht (E. Kretschmer). 2j Schaukel-
spriichlein (H. Volkmann), kurz und hubscli.
3) Tanzlied (E. Kretschmer).
Krug, Arnold. Sechs Lieder fur eine
Singstimme mit Klavierbegleitung,
op. 121. Je Jt 1,— .
1) Ich liebe dich. 2) Wiederkehr. 3)
Mein Schatz schmiickt sich mit Rosen.
4) Scheiden. 5) Ob auch mein Abend
langst begonnen. 6) Taubentrude.
— Sechs Lieder fur Singstimme und
Klavier, op. 122. Je Jt 1,—.
1) Im Morgengrauen. 2) Aufder Wacht.
3) Waldesgang. 4) Seefahrt. 5) Nachts.
6) An ihrem Grabe. Fast alle diese Lieder
Krug's sind fiir einen an moderne, zuweilen
42
Eingesandte Musik alien.
klaviermaCig-instrumentate Melodik £e- ,
wohnten Sanger sehr dankbar, voll Sinnig- !
keit oder Leidenschaft; das Sinnende wiegt, j
wie die B-Tonarten, yor. Besonders ge-
fielen mir zum Beispiel in op. 121 das
vierte und in op. Iz2 das zweite Lied,
wahrend mir das erste des letzteren Opus
wegen seiner enbarmonischen Widerspriiche
zwischen Gesang und Begleitung (besonders
im 12. Takte^ einiffe Beaenken macbte.
0. F.
Spielter, Hermann. 'S Roslein (R.
Ritter) fur M&nnerchor. Mit dem
Preise gekront fur das Sangerfest
in Baltimore. Partitur A — ,60.
Verlag Fr. Kistner, Leipzig.
Lange, Samuel de. Op. 87. Die
Nordsee. Vier Gesange nach Dich-
tungen von Heinrich Heine fUr
Bariton mit Orchester : Nr. 1 Meer-
gruB; Nr. 2 Sonnenuntergang ; Nr. 3
Sturm; Nr. 4 Frieden. Klavier-
auszug je jH 1>50, Partitur und
Orchesterstimmen in Abscbrift.
Ein kraftvoller Zug geht durch die
Lieder de Lange's. Alle zeichnen sicb
durch gefallige Melodik und treffliche Be-
bandluug des Textes aus, alle sind interes-
sant harmonisch gearbeitet, J. W.
Verlag Lauterbacb und Kuhn,
Leipzig.
Streieher, Tbeodor. Aus des Knaben
Wunderhorn. DreiBig Lieder fur
eine Singstimme mit Begleitung des
Pianoforte. Einzeln je Jl 1, — bis
1,20, in einem Bande Jl 6, — .
— Ricbard Dehmel, SprUche und Ge-
dichte: TJngleicbe Gescbwister —
Leitspruch — Unserm Max Klinger
— Kumpaney. .// 1,50.
Streieher, ein junger Wiener Musiker,
zeigt hervorragende Begabung fair die
Lied - Komposition Seine Schopfungen
sind originell in der Melodiebildung, eigen-
artig in der Harmonisation. Gar oft ist
man versucht, hinter Zusammenklange und
Akkord - Verbindungen ein Fragezeichen
zu setzen und doch — sie klingen. Die
Melodien treffen ausgezeiebnet den Ton
des Volksliedes, erfordern aber einen ganzen
Sanger. Wer sie mit Liebe studiert, wird
eine Fulle von Schonheiten in ihnen ent-
decken. Erwahnung verdient die treffliche
Ausstattung des Bandes von seiten des
Verlegers, besonderes Lob die hiibscb
Umschlag-Zeichnung von Walter Tie-
mann. J. W.
Verlag D. Rather, Hamburg und
Leipzig.
Erlanger, Fr. d\ Op. 17. Concerto
pour Violon avec accompagnement
d'orchestre on de piano. Edition
pour Violon et Piano. Jl 12, — .
Diesem Konzert muB nachgeriihmt
werden, daG es durchaue violingemaB und
recht dankbar fur die Solostimme geschrie-
ben ist. Der langsame Satz und die Ge-
sangsmelodie des ersten Satzes leiden unter
zu groBer Weichlichkeit und Sentimen-
talitat, was um so auffalliger ist, als das
erste Thema des ersten Satzes ungemein
energisch und kraftvoll, das Finale keck
und munter ist. Sicberlich iiberwiegen die
Vorziige. Die auBere Ausstattung ist eine
Uberaus splendide W. A.
Wolf -Ferrari, E. Op. 1. Sonate
G-moll fur Violine und Pianoforte.
Jl 6,-.
Nachdem der Komponist durch dra-
matische Werke und mehrere Kammer-
musikwerke, darunter die Violinsonate
op. 10 bekannt geworden ist, veroffentlicht
er nun nachtraglich sein Opus 1, das be-
reits alle Vorziige und Schw&chen seiner
spateren Eammermusikwerke aufweist. Un-
ter letzteren verstehe ich die Hinneigung
zum Opernhaften, die sich besonders in
dem kurzen rezitativiscben Mittelsatz be-
merkbar macht, und die zahlreichen An-
klange, namentlich an Brahms und Wagner.
Als Vorziige nenne ich die klare Durch-
sichtigkeit. die treffliche Beherrschung der
'auBeren Formen und vor allem die un-
gemeineFrische und Klangschonheit, welche
das ganze Werk atmet. Es diirfte auf die
Meisten einen weit angenehmeren Eindruck
machen als die zweite Sonate desselben
KomponisteD. Im SchluBsatz nimmt er
einen Hauptgedanken des ersten Satzes
wieder auf und beschlieBt das Werk mit
dem Gedanken. mit dem er es eingeleitet
hatte. AUes in allem mochte ich diese
Sonate doch der Beachtung und aucb fur
offentUche Auffuhrungen empfehlen.
W.A.
Verlag Ries & Erler, Berlin.
Drechsler, H. Op. 38. Funf Ge-
dichte aus Ludwig Jacobowski's
>Leuchtende Tage« fur eine Sing-
stimme mit Klavier - Begleitung.
Nr. 1 Leuchten ; Nr. 2 Ungestiim ;
Zeitschriftenschau.
43
Nr. 3 Gute Nacht; Nr. 4 Wienerin;
Nr. 5 Tanz. Ji 3,—.
Verlag Ernst Schellenberg,
Wiesbaden.
Boehm, Adolph P. Drei Lieder fur
eine Singstimme und Klavier 1. Auf-
erstehung Ji 1,50; 2. Ahnung Ji 1, — ;
3. Unbegehrt Ji 1,— .
Yerlag Carl Simon, Berlin.
Kistler, Cyrill. Op. 72. Serenade
Dmoll fiir Violine und Klavier.
JI 1,50.
Einwandsfreie Musik, glatt und gefallig.
Laurisohkus, Max. Op. 4. Minia-
turen. Acht kleine Stiicke. Duos
fur Klarinette in B oder Oboe oder
Viola und Klavier. Jede Ausgabe
vollstandig Ji 3,60. Preis der ein-
zelnen Solostimme je Ji — ,60, der
Klavierstimme Ji 3, — .
Niedliche kleine Tonbilder, die fiir die
Hausmusik empfohlen seien. J. W.
Lier, Jacques van. Adagio aus op. 70
von Wilhelm Berger fiir Cello und
Klavier arrangiert. JI 1,80.
Das treffliche Werk Berger's hat in
van Lier einen tiichtigen Bearbeiter ge-
funden. Es wird auch in dei neuen Form
steto seiner Wirkung sicher sein. J. W.
Zeckwer, Camille W. Suite Emoll.
Praeludium, Scherzo, Adagio, Furiant
fur Klavier und Violine. Ji 7, — .
Ziemlich wohlfeile Musik. Das Thema
des Scherzo deckt sich mit jenem des
Fugato imMenuetto scherzando von Staven-
hagen. J. W.
Verlag Chr. Fr. Vieweg, Berlin-Gr.
Lichterfelde.
Anacker, A. F. BergmannsgruB.
BearbeitungzumGebrauch inSchulen
und kleineren Gesangvereinen fur
4 8timmigen gemischten Chor mit
Klavierbegleitung von Julius S t e g e r .
In Recitation, Chorgesang und Soli
wird hier das Bergmannsleben mit seinem
Leide und seinen Sreuden geschildert, wo-
bei eine Tonmalerei in Haydn's Art den
schonen lyrischen Text beweglich wieder-
zuspiegeln sucht. Das Ganze diirfte seinem
Zwecke fiir Schttleraufnlhrungen recht gut
entsprechen. 0. F.
Heoht, Gustav. Mannerchbre. Nr. 50.
Nach der Schlacht bei Sedan. Dich-
tung nach E. M. Arndt von Andrae,
Bom. Partitur JI — ,60.
Huber, Clemens. An die Wissen-
schafb (Fr. v. Ziegler), fur gemisch-
ten Chor mit Klavierbegleitung.
Zum Gebrauche an Gymnasien und
anderen hoheren Lehranstalten.
Partitur Ji 1,20.
Rudolph, Oscar. Michel, horch, der
Seewind pfeift (G. Schwab) fur ge-
mischten Chor mit Klavierbegleitung.
Klavierauszug Ji — ,80.
Zeitschriftenschau
zusajnmeng eeteUt tou
Ernst Eating.
Abkurznngen fur die Musikzeitschriften.
AdlM Lee Annales de la Masique (organe officlel ) BtHK
de la Fe*de>ation Muaicale de France), Paris, |
5 Place Saint- Francota-Xavier. . BW
AM L'Avenir Musical, Geneve, <0, Sue General- O
Dufour Oa>
AMZ AUgemeine Mnaik-Zeitong, Cbarlottenburg,
P. Lebaten. Go
BB BayreuUierBlatter,Ba7re«tb)H.T.Wolu>gen. ) OB!K
Blatter far Hans- und Kirchenmusik, Langen-
aalsa, H. B«yer A Sdbne.
Bubne and Welt, Berlin, OHo £l«ner.
Caecilia, 8>raDburg i. E., F. X. Le Roux 6 Co.
Carilie. Maandblad t or Mustek, VU raven -
baye, Martinua Nijhoff.
Caecilia, Bre»)au, tranz Goerli< b.
Correapondenzblatt d. ev. Kircbengeaang-
44
Zeitschriftenschau.
vereint, Leipzig, Breitkopf A Hartel.
Le Cronache Muaicali, Roma, tip.B. Voghera.
Courrier Muaical, Paris, 2 rue Lourois.
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F. A. Gunther & Sohn.
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Mansteinstrasse 8.
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Kirchenchor, Botha, J. MeiCner.
Klavierlehrer, Berlin, M. Wolff.
Kircbenmu8ikalischeVierte\jahrs8chrifli,Salz-
burg, Anton Pustet.
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talmusik (Zurich, Gebruder Hug & Co.)
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— MK 2, Nr. 22.
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Isaac-Dom am 30. Januar — RMG 1903,
Nr. 7.
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(1807— 1878) — ibid., Nr. 9.
Uber die Gesetze der Kirchensanger-
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Uber die Verwandtschaft des russi-
schen Kirchengesanees mit dem byzan-
tinischen — ibid.. Nr. 29 ff.
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Sanger — RMG 1903, Nr. 10.
Krauae, Theodor. Das Singen nach dem
Gehor — TK 7, Nr. 16.
KrauB, Rudolf. Elisa W i b o r g — BW 6,
Nr. 22 [illustriert].
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Kunstlerleben aus dem Zeitalter des Ab-
solutismus — MK 2, Nr. 23.
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kunft (Berlin, FriedrichstraOe 10j llf
Nr 50.
Ii. 30jahrigee Jubilaum von Prof. A. W.
Wjerjbilowitsch — KMG 1903, Nr. 9.
I*., A. Theodor Reichmann — BW 5,
Nr. 21 [Nachruf|.
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kapelle in Berlin — KL 26, Nr. 17.
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Berlioz. (Simples reflexions ; Inaugura-
tion de la statue; le concours de musique;
le banquet; le festival Berlioz; a la Cote-
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Saens; le discours de M. Beyer) —
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MaBlow, A. Dem Andenken J. N. Mel-
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Nr. 11.
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Discours de M. Saint-Saens lu par
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London — S 61, Nr. 44.
Sohmid, Otto. Altsachsische Armee-
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der Kirch*. Festrede bei Gelegenheit
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die Matthaus-Passion — M WB 34, Nr. 36f.
Buohkandler-Kataloge.
Breitkopf & Hartel, Leipzig. — Musi-
kalischer Monats-Bericht, Juni — Septem-
ber 1903, Nr. 6-9. 19 S. 12o.
Liepmannasohn, Leo. Berlin, Bermbur-
gerstraBe 14. — Katalog 153. Musik-
literatur nebst einer Abteilung von alte-
ren, seltsamen Buchern und Musikatien.
Darunter P. Aron, Lucidario; Oerone,
B Melopeo; Coeklaeus, Tetrachordum ;
Galilei, Pronimo; P. Gerhard, Geistliche
Andachten; Hofhaimer, Harmoniae;
Born, Geistliche Harmonien; Lorenie,
El Porque; Motetti de la corona 1614;
Sancta Maria, Libro llamado Arte etc. ;
Thesaurus musicus 1564; Coussemaker,
viele Werke ; Wagneriana u. v. a.
Sehmidt, C. ¥, Heilbnwm a. N. — Ka-
tak>g Nr. 311. Biicber iiber Musik.
[ Ahere settene Werke und groiiere Werke
in neuen Awgaben, Partituren von Opera,
Kirchenmusik und Chorwerketi.) 62 a. 8«.
— Kataloe Nr. 312. Musikalien-Ver-
zeichnit. (Musik fur kleines und groBes
Orchester. Orchester- Werke in kleiner
Besetzung mit Pianoforte und Harmo-
nium. Musik fur Streich-Quintett-Or-
chester. Altere zum Teil vergriffene und
seltene Orchester- Werke.) 126 S. 8». —
Mitteilungen von C. F. Schmidt, Nr. 9.
Oktober 1903. 16 S. Lex.
Z.iLI. V.
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50 Mitteilungen der » International en MusikgesellschafU.
Mitteilungen der „Internationalen MuBikgeseUsohaft".
Nene Mitglieder.
Donaldson, George. 4 Queen Anne Street,
Portland Place, London, W.
Meinecke, Dr. Ludwig. Wiesbaden, Hell-
mundstraBe 12.
Munk, Fritz, cand. phil. Charlottenburg,
Kant StraBe 94.
Nodermann, Dr. Preben. Malmo.
Baasow, Fraulein Gertrud. Leipzig, Insel-
straBe 25 1 1.
Wodehouse, Mrs. Edmund. 56 Chester
Square, London, S.W.
Anderungen der Mitglieder-Liste.
Behrens, Carl, Bedakteur, Kopenhagen I Graff , Theodor in* Berlin jetzt W. 50.
jetzt Odensegate 20. | AugsburgerstraBe 14/15 pp. r.
Zura internationalen Mnsikkongrefi.
Neben unserer im vorigen Hefte veroffentlichten Erklarung uber den Bticktritt
des Herrn Grafen von Hochberg und dem meinen von der Leitung des Musikkongresses
ist denjenigen, welche sich zur Teilnahme am KongreB gemeldet hatten, folgende Er-
klarung von anderer Seite zugegangen:
An die P. T. angemeldeten Mitglieder des Internationalen Musikkongresses.
Die Unterzeichneten beehren sich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daB sie
angesichts der groBen Schwierigkeiten, welche die Organisation
des Internationalen Musikkongresses darbietet und in Anbetracht der
ungehinderten Ausgestaltung der Denkmalsfeierlichkeiten beschlossen haben, den
Vorsitz des Internationalen Musikkongresses niederzulegen.
Allen denjenigen, welche bemuht waren, bei den umfangreichen Vorarbeiten
helfend einzugreifen, und welche fur dieselben ihre Kraft undZeit geopfert haben,
sprechen die unterzeichneten hierdurch ihren verbindlichsten Dank aus.
Graf Bolko von Hochberg, Excellenz,
erster Vorsitzender.
Professor Dr. Oscar Fleischer,
zweiter Vorsitzender.
Auf Obiges bezugnehmend, gestattet sich das unterzeichnete Komitee, die Mit-
teilung zu machen, daB ihm nach dieser Erklarung der Herren Graf
Bolko v. Hochberg und Professor Dr. Oscar Fleischer keine andere Wahl
bleibt, ah den MusikkongreB fallen zu lassen.
Die Feste der Denkmalsweihe werden durch diesen Ausfall des Musikkongresses
in keiner Weise beeintrachtigt , werden vielmehr in der vom Komitee geplanten
Weise vor sich gehen.
Hochachtungsvoll und ergebenst
Das Vereinigte Denkmal- und Festkomitee
L. Leichner,
Erster Vorsitzender.
Von dieser Erklarung hat nach Form und Inhalt weder Seine Excellenz Graf
von Hochberg noch ich vorher Kenntnis gehabt, wir wiirden sie, weil sie in direktem
Widerspruch mit den Tatsachen steht, auch niemals zu verbffentlichen gestattet haben.
Es liegt vielmehr ein MiBbrauch unser beider Namen vor. Oskar Fleischer.
JLusgegeben Aufang Oktober 1908.
Fiir die Redaktion verantwortllch : Professor Dr. OskarFleisnher, Berlin WM Motzstr. 17
MitverantwortUch : Dr. Ernst Euting und Dr. Albert Mayer-Reinach in Berlin.
Druck and Verlag von Breitkopf & Hartel In Leipzig, Nurnberger Strafie 36.
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ZEITSCHRIFT
Tf.r NEW YOliK
r li TJ LIC LIBRARY
A«TT)«, LENOX
Tl».-V fc FOUNDATIONS.
DEB
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 2.
Fttnfter Jahrgang.
1903.
£ncheint monatlich. Fur Mitglieder der Internatdonalen Musikgesellschaft kostenfrei,
far Nichtmitglieder 10 Jf. Anzeigen 26 Sp fur die 2 gespaltene Petdtzeile. Beilagen 16 Jf.
y*sc
U^Wrtr
Zu Schubert's G-dur-Messe.
Die Gesamtausgabe von Schubert's "Werken, vortrefflich in ihrer An-
lage, Durchfiihrung, Ubersichtlichkeit und Ausstattung, ist im einzelnen
nicht ganz frei von kleinen Fehlern geblieben, die nicht immer den Heraus-
gebern, am wenigsten den Stechern zur Last fallen, die aber trotz ihrer
Kleinheit praktisch unangenehme Folgen haben konnen, wenn sie nicht
notiert werden. Da sich vielen Schubertischen Chorwerken jetzt endhch
die Aufmerksamkeit der Dirigenten und des Publikums, die ihnen so
lange schmahlich entzogen war, zuzuwenden beginnt, so sei hier auf einige
Stellen der so iiberaus liebenswiirdigen G-dur-Messe hingewiesen, an denen
ein AnstoS gerechtfertigt erscheint.
Die letzten drei Takte des Credo lauten in den Singstimmen :
m
«t
s
-&~
men
m
m
fcl
-&-
Von diesen drei Takten enthalt der erste eine Parallele zwischen
Sopran und Tenor, wie sie fiir Schubert unerhort ist. Nicht als ob er
sich pedantisch an veraltete Regeln geklammert oder angstlich alle kleinen
grammatikalen Inkorrektheiten vermieden hatte; aber er gestattete sich
Freiheiten nur da, wo sie Sinn hatten und wo sie klanglich oder
Z. d. I. M. V. 'igitged by '
52
Friedrich Spiro, Zu Schubert's G-dur-Messe.
motiviert waren. Davon ist hier keine Rede; der ganze Satz ist in seiner
bewundernswiirdigen Einfachheit mit seinen elementaren Chorharmonien
und seinem figurierten OrchesterbaB so streng gefuhrt, daB jene Oktavert-
parallele in den Singstimmen , noch dazu an dem so sehr exponierten
Schlusse, geradezu Schubert's Unwillen erregt hatte — wenn er sie be-
merkt hatte. Wohl aber konnte ihm bei der Unmasse seiner Arbeit zu-
weilen ein Schreibfehler mit unterlaufen; ist doch diese ganze Messe, mit
all ihrem Reichtum auch an Details, in fiinf Tagen komponiert, instru-
mentiert und niedergeschrieben. Natiirlich soil die monumentale Partitur-
ausgabe ein getreues Abbild des Manuskriptes bieten; fiir die Auf-
fuhrungen aber ist nicht der Buchstabe, sondern die Intention des Meisters
maBgebend, sofern sich diese mit einiger Wahrscheinlichkeit herstellen
laBt. Das ist hier nicht schwer: die erste Note im Tenor muB a (statt
fis) heiBen:
-st-
men
a
men.
>=TO-j_^i
m^
m
Beilaufig: beim passus dieses selben Oecto-Satzes muB in alien Chor-
und Orchesterstimmen das piano-Zeichen eingetragen werden, nicht nur
wegen des Wortsinnes und des musikalischen Charakters der Stelle,
sondern auch wegen Schubert's konsequentem , in alien sechs Messen
durchgefuhrten Brauch, den er hier zudem durch ein deutliches Zeichen
betatigt hat. Am Schlusse dieser Periode namlich, bei dem est des Chores
nach sepultuSj steht das /arfe-Zeichen im Orchester; dies hatte, da seit dem
Crucifixus alles forte geht, keinen Sinn, wenn nicht inzwischen eine andere
Nuance eingetreten ware. So ergibt sich von selbst das piano des passus.
Etwas schwieriger scheint der SchluB des Gloria. Hier ist in den
letzten drei Gesangtakten:
£
-*!_*.
*
mmm
0
%=?-
-V— V-
*£
£e£
_#_.
V — V—+-
-}/—]/■
E-llS
=t
3=
mi
m&
cum sanc-to spi - ri -tu in glo -ri-a De-i pa- tris, A -men.
ggljgE^gggEgg
rjSzrSr
*
ntt
i i r
3S3
*=
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Friedrich Spiro, Zu Schubert's G-dur-Messe.
53
das hartnackige Festhalten der drei Unterstimmen an der Tonika auf-
fallend. Drei gegen Einen, noch dazu drei so kraftige Lagen gegen den
in dieser Tiefe ohne Stutze ganz ohnmachtigen Sopran, das sieht Schubert's
harmonischer Natur wahrlich nicht ahnlich; und vollends unmoglich ist
die offene Quarte auf der zweiten Silbe des Wortes Dei. Man wende
nicht ein. daB ja Orchester und Orgel fiir Komplettierung des Akkordes
sorgen; in diesem ganzen Werke steht der Chor auf eignen FuBen, so
daB er das Orchester zwar annimmt, aber nirgends seiner bedarf ; alles
bis auf die Soli-Partien und einige Orgelpunkte konnte a cappella gesungen
werden. Wohl aber gibt das Orchester einen Anhalt dafiir, wie Schubert
sich den Klang der Stelle gedacht hat, und wie demgemaB der Schaden
zu heilen ist. Betrachtet man die beiden Geigenstimmen genau und er-
wagt man im Hinblick auf die beiden vorangehenden Takte cum sancto
spiritu in gloria, daB die Forcierung der Tonika offenbar durch Alt und
BaB, aber nur durch diese beiden, erfolgen sollte, so wird man nicht
zogern, im Tenor den Schreibfehler des eilenden Komponisten zu sehen,
einen Fehler, der durch Anderung von vier Noten entfernt ist:
m
J u
i=MHHE£
*=&
3E
P^z
$
*
'9 *"
"5^-
1
cum san-cto spi-ri-tu in glo-ri-a De - i Pa-tris, A - men.
Auch im Agnus Dei ist der SchluB entstellt, zwar nur durch eine
einzige Note, aber es ist eine wichtige; jedem Ohr wiirde der Ton Ein-
druck machen. Im drittletzten Gesangtakt bleiben die Basse allein mit
ihrem
^
do-na pa-cem
dessen letztes G plotzlich die Fiihlung mit dem c des Orchester- und
Orgelbasses verliert, so daB sich ein miBtonendcr Abgrund zwischen beiden
auftut; naturlich muB es
3E3E
do-na pa-cem
heiBen, das ergibt nicht nur der "Wohlklang, sondern mit volliger Sicher-
heit kann man es aus den beiden Parallelstellen entnehmen, dem jedes-
maligen zweiten Chortakt nach dem ersten Sopran- und dem BaB-Solo.
Digitig^i by VjOOQ IC
54 J.-Gr. Prod'homme, Une lettre in&iite de Spontini & Lesueur.
Der Satz ist ja so streng symmetrisch gebaut, daB alle einzelnen Glieder
sich haarscharf entsprechen ; man konnte an eine gewisse Unbeholf enheit
des achtzehnjahrigen Komponisten glauben, wenn er nicht langst zahl-
reiche Proben von seiner souveranen Beherrschung der Formen abgelegt
hatte, und wenn — was die Hauptsache ist — der Satz nicht gerade
durch seinen primitiv einfachen Bau so ergreifend wirkte. Die Eile,
welche zum Abschlusse trieb, hat in alien drei Satzen die Feder einen
Augenblick irre gefiihrt; und es sei nochmals ausdriicklich bemerkt, daB
nicht etwa die hochverdienten Yeranstalter der schonen Ausgabe oder
gar Schubert selbst korrigiert werden soil, sondern nur seine Feder.
Rom. Priedrioh Spiro.
XV
o^ i>A i «)il<^* ^-;*v*^.^*i <>^ i^irilihi .^aw,v> Ativiif N.3.V-A,
AI,Un une Lettre inedite de Spontini & Lesueur.
Comme complement & l'^tude fort documents que M. Wilhelm Alt-
mann a public dans les Sammelbande der IMG-. de janvier-mars
1903 sur Spontini a Berlin, voici une lettre inedite adress£e par Spontini
k Jean-Frangois Lesueur, en 1823.
M. W. Altmann (page 269 de son etude) rappelle que Spontini quitta
Berlin le 9 juin 1822 et, aprfcs un sejour en Italie, vint & Paris au mois
de septembre, puis rentra h Berlin en Janvier 1823. Au cours dq ce voyage,
il retrouva Lesueur auquel, concurrent heureux, il avait 6t6 pr£fer£, une
quinzaine d'anndes auparavant, lorsque le prix d^cennal de musique,
fonde par Pempereur, lui avait etd decern^. L'auteur des Bardes n'en
avait sans doute pas tenu rancune au maestro italien ; cette lettre t&noigne,
au contraire, que la plus grande cordiality n'avait cessd de r^gner entre
les deux compositeurs, et que le recent voyage de Spontini & Paris n'avait
fait que resserrer les liens d-amitid qui les unissaient.
©eneral Sntenbantur fcer ftapeffe
<5r 9ftaje8tat be$ tontgg toon ^rcuSSen
Berlin 17 Mai 1823 SBertin ben 182_
$er fftittcr ©yonttni, grfter SapettmeiSter unb (Seneratintenbant ber fiapctlc
& 3Raje3tdt beg ®5nig3 toon $reu33en.
9tn $erm Mon eher et excellent Lesueur.
Tax rccu votre lettre tres aimable et tres lionorable pour moi et je me suis
empre/se de Venvoyer a Vinstant d S. A. R le Grand Due de Hefse-Darmstadt,
ne sachant comment mieux pouvoir rrtexprbner, pour lui faire cormoitre com"
bien vous avc% ete sensible d la marque de son estime et de sa bienveiUance
Digitized by LjOOQIC
J.-G. ProcThomme, Une lettre inedite de Spontini k Lesueur. 55
pour vouf Je suis enchante X avoir pu saisir la premiere occasion qui s'est
presenter d mon desir pour vouf prouver la reciprociU d'estime et Xamitie que
vous nfavex toujours Umoignee et dont je rCai jamais doute\ je rCai £ autre
priere a vous faire, que de vouloir bien me la conserver, et vouf pouvex en
toute swete compter toujours sur la mienne. Les nouvellef de ma sante sotit
pa/sable/; cellef de mes travaux, de ma place et de mon tti4atre, je laisse aux
autres a vouf les dire, d mon b. pete par exemple et Mr Bujac/ Quant d Vaimable
invitation que vouf me faites si amicalement de revenir me fixer d Paris, de
la maniere dont on gouverne le grand opera, et d'aprcx les mar que/ de
V extreme bienveillance que Von m'a temoignS, surtout d mon dernier se-
iour fugitif danf cette belle capitate, fy retournerai, lorsque j'aurai donne un
eternel adieu au grand opera, d ma carrier -e, d la musique et d toutef les
miserabUites de ce Monde!!! Si je quittois la Prujse et mon honorable et
superbe situation, ce seroit une lachete de ma part et un exces inoui dCingra-
titude, si ce ne seroit, que pour le seul motif de rendre d son pere une fille
cherie qui se pleurent tons les jours mutuellement, et pour jouir moi meme
dans le sein d?une excellente famiUe dyun parfait repos pour le reste de mes
iours.
Adieu, mon elver Lesueur, je vous quitte pour alter faire [une] repetition
generate de Cortex que je dois donner domain ; [vous sa]vex que je dirige
moi-meme Vorchestre danf tons mes ouvrages, ceux de Qluck et de Mozart:
Deux et trois fois par semaine, depuis mon retour id cette besogne mta occupS!
Mardi 20 Olimpie le 23 Nurmahal le 27 la V estate et le tout recom-
mence ainsi tous les quinxe jours! Chaque representation est prdcedde dHune
repetition g&nerale comme d la lre reprefentation ! Le 23 avril dernier je donnai
au grand theatre la Creation d' 'Haydn executee par trois cent cinquante per-
sonnes environ, je la dirigeai mowneme et je nyavois fait qytune petite re-
petition des chceurs et une seute repetition generate! I 'execution fut prodigieuse ! la
recette etoit a mon benefice, que j'ai touf lef anf par mon contrat, et sanf alterer les
prix il nCen est resulte, avec la generosite du Boi, plus de douxe mille francs,
aj outes d mes 33 mille environ $ apointemenf ! adieu encore cher Lesueur;
mille refpects d Madame et mille amities de la part de ma femme.
Tout d vouf Spontini.
(Adresse): A Monsieur
Monsieur Lesueur
Surintendant de la Musique du Roi de France
d Paris.
Le cachet, conserve en partie, porte ce fragment description : GENER. . .
MUSICK DIRECTION.
Quelques 6claircissements sont n^cessaires pour saisir les allusions
contenues dans cette belle lettre de Spontini k son collogue fran^ais.
Lesueur avait 6t& d£cor6 de l'ordre de Louis par le grand-due de Hesse-
Darmstadt, le 22 d^cembre 1822; et la lettre qu'il avait adressee h
Spontini pour etre transmise au prince contenait, selon toute vraisemblance,
une adresse de gratitude pour la marque de distinction qui lui avait 6t6
conferee.
Le beau-pfcre de Spontini 6tsdt Jean-Baptiste Erard, frfere du cdlfebre
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56 J.-G. Prod'homme, Trois Lettres autographes.
facteur de pianos S^bastien Erard. Celeste Erard 6tait devenue la femme
du compositeur italien en 1810 ou 1811. Elle est morte au chateau de
la Muette, propriete de la famille Erard k Paris-Passy, le ler octobre
1878, agde de quatre-vingt-trois ans.
Le M. Bujac dont il est question doit etre le librettiste de VAlcade
de la Vtga,) op^ra-comique d'Onslow jou6 le 10 aofit 1824, public en 1825.
II n'existe pas d'autre trace de lui, h ma connaissance,
Paris. J.-G. Prod'homme.
Trois Lettres autographes.
Les manuscrits originaux des trois lettres suivantes appartiennent a la
bibliotheque de Grenoble et proviennent de la collection du Dr. Marjolin,
qui v£cut longtemps a Paris et a legu6 a ce depot public une collection
d'autographes dont un grand nombre lui etaient adresees. La premiere
cependant, de Josephine Vieuxtemps, a pour destinataire un M. L6on (?);
elle est ecrite sur quatre pages pleines d'une ecriture fine et serr£e, de
caractere germanique. La femme de Vieuxtemps y narre avec bonne humeur
des incidents du voyage qu'elle fit en 1855-56, en compagnie de son mari,
dans le midi de la France.
(Josephine Eder, nee a Vienne le 15 d^cembre 1815, epousa Vieux-
temps en 1844. Jouant du piano avec distinction, elle l'accompagna dans
see nombreuses tourn^es en province et a l^tranger. Elle mourut & Saint-
Cloud le 20 juin 1868.)
Les deux billets, de Scribe et de Leon Pillet, adresses au Dr. Marjolin,
se rapportent: Tun a la premiere representation des Huguenots (29 fSvrier
1836) et lui est anterieur de quelques jours; r autre, a Tune des premieres
representations qui eurent lieu a l'Opera sous la direction de Leon Pillet
(lerjuin 1841-1847: le Freischiitz, la Behie de Chyprc, Charles VI, Lucie de
Lammermoor, etc.).
Valence l«r Janvier 1856.
Mon cher Mr Leon!
Depuis que ce n'est plus la mode, j'ai une vraie passion pour souhaiter la nouvelle
anhee a mes amis; ajoutez cela a une journee a pluie battante et pas une ame de
connaissance et vous comprendrez que vous tombiez une des premieres victimes du
ler Janvier. Depuis l'annee passee ou je vous ai vu pour la derniere fois et ou vous
nous aviez choisis pour victimes en nous donnant une lettre pour S*- Arod, nous
n'avons cesses de donner des Concerts, concert petits et Concerts grands Concerts
maigres Concerts gras, Concerts longs Concerts courts, tout y a passe, 10 fois les
murailles de l'ancienne ville de Lyon (pas des Lions; se sont couvertes de nos affiches,
Lyonnais pour nous rendre la politesse nous ont couverts d'applaudissements ; tousles
Echos de l'Alentour ont resonnes des promesses de Belloni l) et pas un village faisant
parade d'un maire n'a echappe" a son oeil investigates et scrutateur dans la recherche
1) Belloni, impresario qui fut longtemps secretaire de Liszt.
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J.-G. Prod'homme, Trois Lettres autographes. 57
d'tm bon convert; eh bien malgre* cela je dis, »H n'y a pas de couvertsU la mode en
est passe, et la malheureux artiste, qui traque son public a travers la France et qui
de son cote" est traque" par le feroce bureau de bienfaisance, qui veut le mettre a
toute force sur la paille, ferait bien d'apprendre comme les rois et empereurs un
petit metier a cote* de son art de gouverner son pays on son instrument pour avoir
un >en cas de faim.
Oui apres avoir paye aux pauvres 1200 francs de droits il a fallu encore s'executer
et dormer un Concert pour les Sourds-Muets devant un public qui ne valait guere
mieux. Enfin nous allons a la recherche des Climats plus chauds, pour pouvoir mieux
jouir du >Flaisir de voyager*. Que fait-on a Paris, est-ce vrai que depuis la recon-
ciliation avec Tillustre Italien TOpera Italien est dans un etat florissant: il reverdit1),
comme au mois de mai, mais au lieu de roses c'est vous qui poussez
a la roue? Cancans de province n'est-ce pas qu'on se rouille vitte hors de Paris; aussi ne
voyons-nous depuis notre depart qu'un point lumineux c'est le retour. J'auraia bien voulu
vous dire que c'e*tait en grande partie, pour vous retrouver et passer avec vous et
Marie de ces bonnes heures de causeries intimes auquel votre gracieux esprit donne
tant de charmes, mais vous ne me croiriez pas parceque vous vous etes fait traduire
en Italien ce qui fait que vous etes quelquefois incomprehensible pour vos amis, et
que vous meriteriez d'etre traduit devant le tribunal pour trahizon de la patrie de ce
fait. En attendant veuillez envoyer les lettres qui vous viendront pour nous, a
Marseille,
Hotel de VUnivers.
Vous voyez que n'ose pas meme emettre l'idee que vous y ajouteriez un petit
mot, rien que par esprit de contradiction pour nous dire que nous avons torts, que
vous nous aimez toujours en depit du Dante d'heureuse et de Mazzini de malheureuse
memoire. Voulez-vous bien dire mille choses aimables de notre part a Madame L£on,
et a la gentille Marie, et embrasser ce futur diablotin qui reunira sur sa tete tout
1' esprit des deux freres qui en ont chacun pour quatre. Si j'avais le temps je vous
raconterais Tepisode curieuse de deux pianistes des deux sexes, qui ont ornes Lyon
de leurs fausses notes et pretentions! la premiere: M1*® Seliska-Lyon-Boschaerts Eleve
dune eleve de Hertz, arrivant ici, nanti du fonds de magazin d'un marchand de
musique en banqueroute (tous morceaux d'Hertz) au nombre de quatre-vingt-seize, que
son pfcre (cordonier!) a du accepter en guise de paiement, il avait chausse* la famille
du marchand de musique pendant deux ans. Ayant cette musique sur les bras et
pour ne pas laisser perdre son capital sa fille a du se faire artiste et Erard a du
expedier un piano neuf et Georg Hainl a fait annoncer la Miss Scie nouvelle du
piano avec pompe. Malheureusement le public du theatre apres avoir entendu le
divin Concerte en Re* mineur d'un certain H. Vieuxtemps n'e'tait plus d'humeur a
suporter le frottement de la violette de Hertz representant des Caoutschouks en valeur
commerciale: on a chuchotte* puis chutte puis le public a fait prier instament M110
Seliska-Lyon-Boschaerts eleve d'une eleve de Hertz de ne plus reparaitre en scene. —
Le second exemple Mr De Croze piauiste legitimiste a eu force succfcs legitimistes
mais non legitimes, c'est a dire qu'il a eu beaucoup de vogue en arrivant fleurdelyse
mais qu'il a eu Timprudence comme jadis Maitre Corbeau de se faire entendre, et
tout etait dit, on a dormi a son Concert et le peu d'eleves que sa blague lui avait
valu se sont disperses tous I (apr&s le concert, ce qui Ta oblige de quitter la ville).
Malheur a moi voila une quatrieme page et je ne vous ai pas encore parte des coupe
gorges qu'on apelle hotels a Lyon, ou les souris vous empechent de dormir la mau-
vaise cuisine de manger et Taddition de digerer; mais aussi comment veut-on bien
diner a Thotel si les cuisinifcres au lieu de faire leur fricot se promenent comme pre-
mieres chanteuses au grand Opera, car MUe Paula 1« forte cantatrice est bien la cui-
siniere de Mme Damoreau, et pour une cuisini^re elle chante bien, mais sa metho-
de sent toujours le graillon. Comme cela les arts et metiers se sont donnas agreable-
ment la main cet hiver a Lyon et nous l'avons abandonn^ a son sort ou plutot a son
1) Le Theatre-Italien venait de reprendre U Trovaiore et Erncmi de Vj
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Gbogk
58 Wilh. Altmann, Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten.
chef d'orchestre *) qui aprete un canard ' monstre poor son benefice. Je vous joins
quelques petite articles du dernier concert ici et de Nancy. Si vons pensez faunler un
mot pour vos amis nous vous en serons reconnaissants. Vous ne nous oublierez pas
pres de votre cher frere auquel j'aurais pu tout autant adresse ma lettre puisque je
ne vous separe point dans mes id£es et que c'est pour vous dire que je vous aime tons
deux et pour nous rapeller a vous tons deux que je vous ennuye de ces 4 pages, qui
(au moins consolez vous), n'auront point de post scriptum.
Josephine Vieuxtemps.
* ♦ *
KS.
Voici, Monsieur, la lettre que vous voulez bien me demander et je suis certain,
s'il reste des sialics, que vous en aurez .... mais j'ai malheureusement la crainte quil
ny en ait plus. Meyerbeer qui en demandait hier n'a pu en avoir ni pour or ni pour
argent . . . . il n'y aurait que le cas pen probable on il en serait rentr6 et ou quelques
personnes qui vont lundi au bal chez Rotchild, auraient rapporte leur coupon.
Croyez en tons cas, monsieur a mon
entier et bien sincere devouement
E. Scribe.
♦ ♦ *
Academie Royale Paris ce 184...
de Musique.
Je regrette beaucoup de ne pouvoir onVir a Monsieur Marjolin, que deux places
d'orchestre; mais c'est le Ministere qui a distribue* presque toutes les loges.
Les dames sont admises a l'orchestre
Mes civilites respectueuses
Leon Pillet.
Paris. J.-G. Prod'homme.
Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten.
(Ein Gedenkblatt anlaBlich seines Todestages (6. November 1893).
In der umfangreichen Biographie des weltbekannten Komponisten
Peter Tschaikowsky, welche dessen Bruder Modest zum Verfasser hat und
deren erster Band jetzt in einer deutschen Ubersetzung von Paul Juon
vorliegt (Verlag von P. Jurgenson, Moskau) sind sehr viele Briefe
Tschaikowsky's enthalten, die in ihrem Hauptbestandteil von groBtem
literarischen "Wert sind. In diesen Briefen, bei deren Niederschrift er
wohl kaum geahnt hat, daB sie einst durch den Druck weiteren Kreisen
zuganglich gemacht werden wttrden, hat er sich oft in zwanglosester Weise
iiber andere Komponisten ausgesprochen. Seine Urteile sind so charak-
teristisch fur seine eigene Beurteilung als Komponist, daB eine Zusammen-
stellung derselben, wenigstens soweit bekanntere Komponisten in Frage
kommen, weiteren Kreisen, welche zum Lesen der umfangreichen Bio-
graphic nicht kommen, wohl erwiinscht sein diirfte.
1) Georges Hainl.
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Wilh. Altmann, Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten. 59
Zu den Lieblingskomponisten Tschaikowsky's von Jugend auf gehorten
Mozart, dessen Don Juan und D-moll-Streichquartett er vornehmlich
liebte, Bellini, Rossini und Glinka. Wahrend er aber an den ersteren
kaum etwas auszusetzen fand, legte er in spaterer Zeit doch sein kriti-
sches Messer an Glinka. So schreibt er 1878: » Dieser Mann, welcher
mit einer auBerordentlichen und eigenartigen schopferischen Begabung
ausgeriistet war, hat — trotzdem er ein ziemlich hohes Alter erreichte
— ganz erstaunlich wenig geschaffen. Lesen Sie seine Memoiren. Sie
werden sehen, daB er wie ein Dilettant gearbeitet hat, das heiBt ab und zu,
wenn er gerade bei Stimmung war. Wir mogen noch so stolz auf ihn sein,
miissen aber eingestehen, daB er seine Aufgabe nicht ganz erfUllt hat,
wenigstens nicht seiner Begabung entsprechend. Seine beiden Opern
laborieren vielfach an einer erstaunlichen UngleichmaBigkeit: neben
genialen Stellen von unverganglicher Schonheit finden sich ganz kindisch
naive und schwache Nummern. Was hatte er erreicht, wenn er in anderer
Umgebung, wenn er gearbeitet hatte, wie ein Kunstler, welcher sich
seiner Kraft und Pflicht bewuBt ist, seine Begabung bis an die letzte
Grenze der moglichen Vollkommenheit zu entwickeln — und nicht wie
ein Dilettant, der aus Langeweile Musik macht?«
Nachst Glinka liebte Tschaikowsky von russischen Komponisten am
meisten •— wenigstens in seiner Jugend — Seroff, besonders dessen
Oper » Judith*. Dieser in Deutschland kaum bekannte Komponist war,
wie Tschaikowsky sagt, >jedenfaUs eine sehr interessante Personlichkeit.
Bis zu seinem 43. Lebensjahre hatte er noch nichts geschrieben; er hatte
nur Versuche gemacht, geriet oft in Begeisterung, verlor aber ebenso oft
ganzlich den Mut. Endlich versetzte er nach 25jahrigem Hin- und Her-
pendeln alle Welt durch die Komposition der ,Judithc in Erstaunen.
Man hatte von ihm eine langweilige, talentlose und dabei anspruchsvolle
Musik erwartet .... und hatte sich geirrt. Der 43jahrige Neuling
stellte sich .... in einer Oper vor, welche in jeder Beziehung schon
genannt zu werden verdiente und an keiner Stelle verriet, daB sie das
Erstlingswerk des Autors war. Sie war sehr warmbliitig und erreichte
stellenweise einen sehr hohen Grad von Stimmungszauber und Kraft
Sie hatte einen sehr ansehnlichen Erfolg beim Publikum davon getragen
und in musikalischen Kreisen, namentlich unter der Jugend sogar En-
thusiasmus hervorgerufen. . . . Dieser unerwartete Erfolg war Seroff zu
Kopf gestiegen: er hielt sich selbst nunmehr fur ein Genie Seine
zweite Oper ,Rogneda' ist bereits ein viel weniger hervorragendes Werk.
In ihr hascht er nach Effekten, verfallt oft in Gemeinheit und Banalitat
und bemiiht sich durch rein materialistische Grobheiten dem Pobel zu
imponieren. ,Des Feindes Macht* ist noch schwacher.*
In Laienkreisen wird Tschaikowsky fast immer noch als ein Vertreter
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60 Wilh. Altmann, Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten.
der sogenannten jungrussischen Musik betrachtet; trotz mancher Ge-
meinsamkeiten, so zum Beispiel der Verwertung der russischen Volks-
lieder in seinen Werken, steht er in bewuBtem, beinahe feindlichem
Gegensatz zu dieser Richtung, die er gern die >allmachtige Schaar*
nennt; er ist iibrigens von dieser reichlich angefeindet worden. Einer
seiner Briefe an seine Seelenfreundin Frau von Meek ist geradezu eine
Abhandlung iiber diese »allmachtige Schaar«, deren Sitz in Petersburg
war, wahrend er selbst jahrelang in Moskau wirkte. Er hielt alle diese
jungen Petersburger Komponisten fur sehr talentvoll, tadelte aber ihre
schreckliche Selbstiiberhebung. Am sympathischsten ist ihm Rimsky-
Korsakoff, der wenigstens nachtraglich noch zu der Uberzeugung ge-
kommen sei, daB ein Genie doch auch studieren miisse, daB die Schulung
nicht jede Inspiration tote und die schopferische Kraft ausdorre. C^sar
Cui, der in erster Linie Professor der Fortifikation war, ist fiir Tschai-
kowsky nur ein talentvoller Dilettant, dessen eleganter und koketter Musik
man sehr bald iiberdriissig werde. Borodin halt er fiir viel talentvoller;
er habe aber weniger Geschmack und so wenig gelernt, daB er nicht
einen einzigen Takt ohne fremde Hilfe schreiben konne. Das groBte
Talent des Petersburger Kreises ist nach Tschaikowsky's Ansicht Mus-
sorgski, die bedeutendste Personlichkeit Balakireff, dessen EinfluB
aber sehr unheilvoll gewesen sei.
Alle diese Angehorigen der »allmachtigen Schaar* waren begeisterte
Verehrer derWerke von Berlioz. Tschaikowsky aber war nur von dem
Menschen Berlioz, freilich im hochsten Grade entziickt, schatzte ihn als
Reformator des Orchesters ungemein hoch, konnte sich aber fiir seine
Musik gar nicht begeistern. Er macht iibrigens gelegentlich einmal auf
den interessanten Widerspruch zwischen dem Komponisten Berlioz, dem
Vertreter des musikalischen Ultraromantismus, und dem Kritiker Berlioz,
dessen Abgott Gluck ist, aufmerksam. Bei derselben Gelegenheit giebt
uns Tschaikowsky, dessen Kompositionen sicherlich in groBtem Gegen-
satze zu denen Mozart's stehen, eine Erklarung fiir seine Vorliebe fiir
diesen deutschen Meister; er sagt: >Vielleicht habe ich Mozart gerade
darum so lieb, weil ich als Kind meiner Zeit gebrochen und
moralisch krank bin und in Mozart's Musik, in welcher die Lebens-
freudigkeit einer ganzen, gesunden, noch nicht von Beflektion zerfressenen
Natur zum Ausdruck kommt, Beruhigung und Trost suche. Es scheint
mir iiberhaupt, daB in der Seele des Kiinstlers die schopferische Kraft
ganz unabhangig von seinen Sympathien oder Antipathien ist, man
kann zum Beispiel Beethoven verehren und doch mehr nach Mendelssohn
hinneigen. «
Ebenso wenig wie Tschaikowsky den Komponisten Berlioz liebt, ebenso
wenig habenLiszt's und Wagner's Kompositionen seine Sympathie; an
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"Wilh. Altmann, Tschaikowsky als Beurteiler anderer Komponisten. 61
beiden findet er nur die Instrumentation nachahmenswert, wahrend er
ganz unverkennbar in seiner Auffassung von dem heute fast ganz ver-
gessenen Henri Litolff (Ouverturen Robespierre und die Girondisten)
sich beeinflussen laBt. XJber "Wagner's Lohengrin-Vorspiel hat er ge-
radezu geschimpft. Vom >Rheingoldc sagt er: »In szenischer Hin-
sicht interessierte mich das Ding sehr, machte auch mit seiner wahrhaft
bewunderungswiirdigen Ausstattung groBen Eindruck. Li musikalischer
Hinsicht ist es ein unglaublicber Unsinn, in welchem jedoch hin und
wieder sehr schone, ja entziickende Momente aufblitzen.* Nach den
letzten Akkorden der >Gotterdammerung« fiihlte sich Tschaikowsky
wie aus einer Gefangenschaft befreit. Sein uns heute geradezu komisch
anmutendes Gesamturteil iiber den »Ring« lautet sehr wenig schmeichel-
haft: >Die Nibelungen mogen in der Tat ein groBartiges Werk sein;
gewiB ist aber auch, daB es noch nie eine so unendliche und so lang-
weilige Faselei gegeben hat. Die Auftiirmung der kompliziertesten und
ausgestifteltsten Harmonien, die Farblosigkeit des Gesanges auf der Biihne,
die unendlich langen Monologe und Dialoge, das Dunkel des Zuschauer-
raums, die Abwesenheit jeglicher Poesie, jeglichen Interesses der Hand-
lung — alles dies hat meine Nerven bis zum letzten Grade ermiidet.
Also das ist es, was die Reform Wagner's erstrebt! Friiher war man
bemiiht, die Leute durch die Musik zu erfreuen — heutzutage jedoch
qualt man sie. Freilich sind auch schone Stellen darin, im groBen und
ganzen ist's aber zum Sterben langweilig. Wieviel tausendmal herrlicher
ist das Ballet ,SylviaM«
Fiir den auch m. E. genialen Komponisten der ,Sylvia(, Leon D^libes
schwarmte Tschaikowsky, nochmehr aber fiir Bizet's , Carmen*, welche
ihn vollkommen hinriB. Sehr rich tig schreibt er iiber jCarmen*: >Diese
Musik will nicht tief sein und ist in ihrer Einfachheit und Ungekiinstelt-
heit so lebendig, so schon, so innig, daB ich sie von Anfang bis zu Ende
auswendig gelernt habe.< Viel Interesse hat Tschaikowsky auch fiir
Eduard Lalo uud namentlich fiir Oamille Saint-Saens, der ihn nicht
nur durch seine geistreichen und originellen Ideen, sondern anch durch
seine technische Meisterschaft entziickte; treffend bemerkt er, daB Saint-
Saens es verstanden hatte, in seinen Werken die Grazie und Lieblichkeit
der franzosischen Schule mit dem Ernst und der Tiefe der groBen
deutschen Meister zu vereinigen.
Unter die letzteren rechnet Tschaikowsky auch Schumann, dessen
>Paradies und die Peri « er besonders liebte, nicht aber Brahms, gegen
den er eine entschiedene Antipathie hegt. 1877 schreibt er: »Gestern
haben wir eine neue (die erste) Sinfonie von Brahms durchstudiert, einem
Komponisten, den die Deutschen in den Himmel heben. Fiir mich hat
er gar keinen Reiz. Ich finde, daB er sehr dunkel und kalt ist, dabei
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62 E. KeuB, Alpenkonig und Menschenfeind von Bichard Batka und Leo Blech.
voller Pretention, aber ohne rechte Tiefe*. Noch scharfer spricht er
sich iiber Brahms aus, als er seiner Seelenfreundin auseinandersetzt, warum
er sich nicht entschlieBen kann, ihm einen Besuch zu machen: > Brahms
— ein Licht, und ich — ein Unbekannter. Ich will Ihnen aber ohne
falsche Bescheidenheit sagen, daB ich mich viel hoher einschatze als
Brahms. Was konnte ich ihm sagen? Wenn ich ein ehrlicher und
wahrheitsliebender Mann bin, so miiBte ich ihm sagen: ,Herr Brahms
ich halte Sie fiir einen unbegabten, pratentiosen und jeglicher schopfe-
rischen Kraft entbehrenden Komponisten. Ich stelle Sie gar nicht hoch,
und schaue hochmiitig auf Sie herab. Doch ich habe Sie notig und bin
nur darum zu Ihnen gekommen/ Bin ich aber ein unehrlicher Mann,
so werde ich ihm das Gegenteil sagen. Ich kann aber weder das eine
noch das andere.«
Man sieht, Tschaikowsky war ein Charakter, der, wie wir aus zahl-
reichen anderen AuBerungen wissen, niemals durch Besuche, Empfeh-
lungen und dergleichen fiir die Verbreitung seiner Kompositionen sorgen
wollte. DaB er im Ausland, besonders in Deutschland mehr und mehr
zur Geltung gekommen ist als in seiner russischen Heimat, verdankt er
bekanntlich der Propaganda des fiir jedes Talent ohne Unterschied warm
eintretenden Hans von Biilow.
Friedenau-Berlin. Wilh. Altmann.
Alpenkonig und Menschenfeind von Richard Batka und
Leo Blech.
(Zur ersten Auffiihrung am Dresdener Opernhaus.)
Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit an dieser Stelle darauf hinzu-
weisen, daB die Vollkommenheit eines musikalischen Biihnenwerkes nur auf
der »harmonischen "Wechselwirkung zwischen einem Drama und seiner Musik
oder, wenn man will, auch umgekehrt* beruhen kann. Die Willkur, die
sich eine Zeit lang die Musiker in der Auswahl der musikalisch zu bearbeiten-
den Stoffe haben zu Schulden kommen lassen, ist durch die Gewalt, mit der
die vollendeten Werke auf diesem Gebiete gewirkt haben, beseitigt worden.
Dichter und Musiker miissen sich in die Hande arbeiten, miissen eine Zwei-
einigkeit bilden, von der das eine Glied der erganzende Teil des anderen
geworden ist, wenn sie nicht, wie das immer mehr der Fall wird, in einer
Person vereinigt sind. Es darf daher wohl behauptet werden, daC, wenn
heute ein Werk dieser Gattung bei seinem Erscheinen einen bemerkenswerten
Erfolg erzielt, es diesen in erster Linie jener geschilderten "Wechselwirkung
zu verdanken hat. So verhalt es sich in der Tat mit der ersten Neuheit,
die das Konigliche Opernhaus zu Dresden in der jetzt in vollem Gange be-
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E. ReuB. Alpenkonig und Menschenfeind von Richard Batka und Leo Blech. 63
findlichen Spielzeit aufgefuhrt hat. Die beiden Verfasser der Volksoper
»Alpenk5nig und Menschenfeind«, Richard Batka und Leo Blech,
haben bereits vor einem Jahre in demselben Institute den Beweis einer gliick-
lichen Verbindung liefern konnen, als ihre reizende Opernidylle »Das war
ich« eine Reihe von Auffuhrungen erlebte.
Die groBeren Theater befinden sich den an sie gestellten Anforderungen
in bezug auf die Auffuhrung von neuen "Werken gegeniiber in einer keines-
wegs einfachen Lage. Die Zeit der Erzeugung bleibender Schopfungen ist
vorlaufig voriiber. Dagegen leben wir in einer Zeit der Verdauung und
der Gahrung, indem vieles nachgeschaffen wird und als Resultat fleiBiger
Studien und feinen Verstandnisses erscheint, und wiederum sich das Streben
kundgibt, auf den eingeschlagenen Pfaden vorwartszudrangen und neue Bahnen
zu entdecken. Nach beiden Richtungen bin entsteht eine Fiille von "Werken,
unter denen nun eine richtige Wahl zu treffen eine auBerst schwierige Auf-
gabe ist, znmal wenn man bedenkt, was so haufig vergessen wird, daB eine
Oper aufzuftthren einen gewaltigen Apparat von menschlichen Kr&ften erfor-
dert. Auch laBt sich der Eindruck, den ein Werk auf das Publikum machen
wird, vorher selbst von den Erfahrensten und Kundigsten nicht berechnen,
und mit diesem Eindrucke hat schlieBlich die Leitung eines jeden Theaters
zu rechnen. Es kann nicht ruhmend genug hervorgehoben werden, daB die
Direktion des Dresdener Opernhauses in bezug auf die Wahl von Neuheiten
sich von durchaus kiinstlerischen Zielen hat beeinflussen lassen und auBer-
dem eine gluckliche Hand bekundet hat. Es braucht nur an »Manru'«,
»Der Polnische Jude« und >Das war ich« erinnert zu werden. Der Erfolg
des letzteren Werkes fUhrte zu der Annahme des groBeren "Werkes der beiden
Verfasser, wobei auch der Umstand in die Wagschale fallen konnte, daB die
Quelle, aus der der Dichter geschopft hatte, eine reiche Vergangenheit auf-
weisen darf. Das Marchenspiel > Alpenkonig und Menschenfeind* mit seinem
romantischen Anfluge und seinen komischen Szenen gehorte einst zu den
Stiicken, die den Namen Ferdinand Raimund's weithin tiber alle Theater-
Lande trugen. Sprach sich in ihnen auch zuweilen eine aufdringliche Moral
aus, so lieB die echte Dichtung, die aus ihnen hervorleuchtete , jene leicht
iibersehen, zumal die Sprache mit ihren Gemiitstonen und ihrem wirklichen
Humor in die Herzen der Horer zu dringen wuBte. Natiirlich machte die
Form des Stoffes eine Umwandlung zu einer modernen Operndichtung ge-
fahrlich; denn es durfte aus diesen vielen Kleinigkeiten nur das "Wesentliche
in die neue Gestalt hiniibergenommen werden.
Batka hat es verstanden, in meisterhafter Weise die Handlung zusammen-
zudrangen und deutlich zu gestalten. So sind die Geister bis auf den einen
Alpenkonig verschwunden. Der Kohler ist ein Tischler geworden, der neben-
bei Klarinette blast. Der Schauplatz ist in drei Teile geteilt, die aus dem
Hause des Rappelkopfs und den angrenzenden Waldgegenden bestehen. Auch
hat der Dichter die ganzen Spukgeschichten gemildert und unserm mensch-
lichen Empnnden nahergeriickt. Der Vertrag, den der > Alpenkonig und der
Menschenfeind* miteinander schlieBen, beruht auf Gegenseitigkeit, indem der
erstere, wenn die Bekehrung des letzteren nicht gelingen sollte, diesem und
seinem Menschenhasse dienstbar werden muB. So sind die Personen wirkliche
Wesen geworden, deren Tun und Treiben das Interesse der Zuschauer er-
wecken und festhalten. Batka hat sich nicht nur als Bearbeiter bewahrt,
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64 E. ReuB, Alpenkonig und Menschenfeind von Richard Batka und Leo Blech.
sondern sich mehr als selbstandiger Dichter erwiesen, von dem fortan noch
viel Schones zu erwarten sein wird.
Vermoge dieser vorzuglichen Eigenschaften , die der Umdichtung nach-
zuriihmen sind, ist es nun dem hochbegabten Musiker nicht schwer geworden,
sein Talent nach alien Seiten hin glanzend zu entfalten. Leo Blech gehort
zu den jetzt lebenden Meistern, die alles konnen, weil sie alles, was zu lernen
ist, gelernt haben. Da ist nichts in den Formen, selbst in der verwickeltsten
nicht, was ihm nicht mit Leichtigkeit zu Gebote stande. Er versteht die
Irrgange der polyphonen Labyrinthe so schwierig als mbglich durcheinander
zu bauen, um nachher mit unfehlbarer Sicherheit aus ihnen hinauszufuhren.
Er weiB eine Melodie zu finden und sie, je nach dem dramatischen Bediirf-
nisse, in langatmiger Gliederung oder volkstumlicher Knappheit auszubilden.
Gerade in letzterer Beziehung ist ihm mehrfach Gelegenheit geboten worden,
in einfachen Liedern einen warmen Ton anzuschlagen , und er hat ihn ge-
funden. So muBte das entziickende Duett zwischen dem Diener Habakuk
und der Dienerin Lieschen wiederholt werden. Mehr noch als in »Das war
ich« hat er sich Schranken aufgelegt, um durch die Entfaltung seiner vielen
technischen Gewandtheiten den Strom der Deutlichkeit und Verstandlichkeit
nicht abzudammen. Von vielen Seiten wird ihm eine glanzende Instrumen-
tation nachgeruhmt. NatUrlich weiB er sie zu schaffen; aber in dem vor-
liegenden Falle ware dieser Ruhm etwas zweifelhaft, da es leicht so aussehen
konnte, als habe er nur glanzend instrumiert, um seine Fahigkeit darin zu
bekunden. Es ist vielmehr hervorzuheben , daB die Instrumentation, die an
einzelnen Stellen allerdings glanzend ist, weil sie es dort sein mull, jedes
iiberflussigen Glanzes entbehrt, dagegen ganz in der einfachen Stimmung des
dramatischen Vorwurfs gehalten ist. Nur in den Polterszenen tritt sie mehr
hervor, um recht drastisch zu wirken. Sie ist, um den treffenden Ausdruck
zu gebrauchen, durchweg im Ganzen und im Einzelnen dem dramatischen
Charakter entsprechend. Die musikalische Arbeit durchweht ein Zug feiner
Ursprunglichkeit und kiinstlerischer Empfindung.
Ein Werk von so interessanten Einzelheiten und solchen abgerundeten
Beschaffenheiten findet an dem Koniglichen Opernhause in Dresden eine so
liebevolle Behandlung, daB seine erste AuffUhrung einen Erfolg erzielen muB,
auch wenn es ihn nicht in .sich selbst bergen wiirde. Herr v. Schuch ist
nicht nur der gewandte Orchesterleiter , der feinsinnige Musiker, er ist auch
in hohem Grade biihnenkundig. Daher lenkt er den Sinn der Mitwirkenden,
in dem er ihnen den rein musikalischen Teil mit peinlicher Gewissenhaffcigkeit
einstudiert, zugleich auf die Forderungen der Btihne in Verbindung mit der
Musik. Dadurch wird die nicht uberall vorhandene Harmonie zwischen Hand-
lung und Musik von vornherein vorbereitet, und dem Regisseur seine Tatig-
keit auf der Buhne wesentlich erleichtert. Es braucht kaum erwahnt zu
werden, daB das Konigliche Orchester ganz hervorragendes geleistet hat.
Von den Darstellern mtissen die beiden Baritonisten, die Herren Perron
fAlpenkonig) und Scheidemantel (der Menschenfeind Rappelkopf) in erster
Linie genannt werden, da sie ihre tiberaus schweren Rollen in bewunderns-
werter Weise beherrscht haben. Die Verkleidungsszene gelang ihnen Tor-
ziiglich, sowohl im Gesang wie in der Darstellung. Von den iibrigen Mit-
wirkenden verdient Herr Greder besonderer Erwahnung; denn sein Tischler
Veit ist eine weitere Bereicherung seiner lebensvollen Figuren-Sammlung.
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Herbert Thompson, Alfred Kalisch, The Wagner Festival in Berlin. 65
Das oben schon erwahnte Bedientenpaar fand in Herrn Rudiger und Frl.
Nast ausgezeichnete Vertreter.
Der Erfolg war ein starker und ist in den ersten funf- oder sechs Vor-
stellungen der gleiche geblieben, so dafl er wohl als ein dauernder in Aus-
sicht gestellt werden kann, zumal auch der Besuch sehr zahlreicb gewesen
ist. Von anderen Biihnen haben das Deutsche Landestheater in Prag, an
dem der Komponist als erster Kapellmeister tatig ist, und das Leipziger
Stadttheater, dessen Direktor, Herr Geheimrat Stagemann, der ersten Auf-
fuhrung beiwohnte, das Werk bereits angenommen. Auch der Direktor des
Berliner Theater des Westens, Herr Intendant Aloys Prasch, der mit Beiner
Gemahlin anwesend war, hat die Absioht, das Werk anzunehmen. Die
Muhe, die die Einstudierung von >Alpenkonig und Menschenfeind* er-
fordert, wird reichlich belohnt werden; denn, wenn auch ein gewisser sensa-
tioneller Reiz fehlt, ohne den ein grofteres Publikum sich nun einmal schwer
gewinnen lafit — leider — , so werden die Echtheit des Volkstumlichen und
die Wahrheit der Empfindungen die Zuhorer bald fesseln und sich deren
Anhanglichkeit auch zu erhalten wissen.
Dresden. Eduard Reufi.
The Wagner Festival in Berlin1).
Berlin. — The "Wagner Festival from an Englishman's point of view. — It is
said that the outsider sees most of the game, and taking the matter in that way
perhaps I may claim to be in a position whence to furnish a rather clearer survey
of the "Wagner-Fest in Berlin than is conveyed by the various opinions of the heated
controversialists on the spot. Certainly, to pronounce any judgment on the latest
"Wagner-Streit* would require a knowledge of its secret history to which I do not
pretend. Regarding that I will only give an opinion on the lecture delivered this
year in Berlin by Frau "Wagner's son-in-law, Prof. Henry Thode, and now published
in pamphlet form ("Wie ist Richard "Wagner vom deutschen Volke zu feiern?" Heidel-
berg, 1903) ; and say that I think the scheme there formulated was in the abstract an
admirable one, infinitely more complete and more to the point than that which was
adopted, for it bore upon all sides of "Wagner's activity, while it represented all that
was dearest to him, and all that most strongly influenced his art, not only as a
musician but as a dramatist. But on the purely personal side of the question involved
in this Festival I need have no hesitation in expressing my opinions. Herr Leichner,
who has been the moving spirit in the whole affair, and has supplied the lion's share
of the cost of both the memorial and the festivities, has been subjected to an amount
of personal abuse which is grossly unfair, if not indecent. It may or may not be
true, — it is impossible for any one but himself to say, — that he has been influenced
by mixed motives. "We have heard of many instances of rather showy philanthropy
that have possibly been prompted by desire for social prestige, but we do not boycott
the colleges or hospitals or churches that are the result. Surely the credit which we
1) Wir glauben im Interesse unserer Leser zu handeln, wenn wir auBer den
unter >MuBikberichtenc und >Notizen« gebrachten deutschen Berichten auch diesen
aus englischer Feder zum Abdruck bringen. Die Redaktion.
66 Herbert Thompson, Alfred Kalisch, The Wagner Festival in Berlin.
give to wealthy brewers, manufacturers, provision merchants, sugar-refiners, and the
like for a redeeming element of public spirit may be extended even to a manufaturer
of cosmetics. And Herr Leichner has done something before now to prove his genuine
interest in Wagner, for, in addition to the fact that he was in his youth an operatic
vocalist, he gave in 1895 the sum of 40,000 Marks to secure for Germany Oesterlein,s
rich collection of Wagneriana, now finally deposited at Eisenach. As for the cheap
humour that has styled the event the "Fettpuder-Fest", it is ephemeral. We might
on the same principle have dubbed the new buildings of the Royal College of Music
the "Corrugated College". Unfortunately even this rather silly banter, combined with
the desire of appearing to be in touch with the official representatives of Wagnerism,
has had the effect of making people hold aloof, and when the process of "ratting"
began, it soon spread. Distinguished musicians who had promised their sympathy and
cooperation withdrew, until it became so much the fashion that every two-penny half-
penny vocalist who yearned for a newspaper notice caused it to be announced that
"Mdme. A." or "Signor B." would take no part in the event.
One thing remains after all this strife, a memorial which is solid enough to endure
for a good many generations to come. EberlehVs statue is, if not absolutely a great
work, a highly effective one. It seems to me to just miss monumental dignity, pro-
bably because the sculptor has been anxious to give vitality and realism to his por-
traiture, and it was difficult no doubt to reconcile Wagner's nervous and excitable
personality with the gravity and reserve of monumental sculpture. He has, if any-
thing, over-emphasized the keenly cut features and nervous alertness of demeanour.
The illustrative figures round the base are, on the other hand, excellent in their way ;
perhaps a trifle too realistic in treatment, but rescued from anything like triviality by
their great intensity of feeling. Wolfram von Eschenbach (the figure suggested and
roughly sketched by the Emperor); Brunnhilde gazing into vacancy over her slain
hero; Tannh'auser as the pilgrim, prostrate in despair; the Rhine maiden away from
whom Alberich is snatching the treasure; these are all graphically presented. Purists
may object to some slight departures from "stage directions", as when Briinnhilde
supports Siegfried, or the Rhine-gold is represented as already welded into crowns,
armour, or the like; but these are obviously instances of poetic licence giving indivi-
duality to the work and in no case detracting from its spirit. It is perhaps needful
to add that the representations of the memorial which appeared before the time of
its unveiling were necessarily taken from a model, and not from the statue itself, from
which they vary in many details. The memorial is exceedingly well placed, a little
way from the Thiergartenstrasse, which it faces, and backed by lofty trees which will
with their heavy green foliage set off to the utmost advantage the pure white Grecian
marble from which the work is hewn.
Coming to the musical part of the celebration, two things, and two things only,
made what I am convinced will be a lasting impression upon me. One was the
Kaisermarsch, as given at the unveiling ceremony; the other was the carefully prepared
performance of "Die Meistersinger" at the Opera House. As regards the march, I
understand that Frau Wagner raised one of her objections to it, on the ground that
it was not scored by Wagner himself for a military band, as was the Huldigungs-
marsch, to which on this account she gave her preference. To this it might be re-
torted that it was originally intended for a military band; and was arranged for one
with, if I am not mistaken, the master's sanction. But 1 may confess I should have
voted for the Kaisermarsch on lower grounds than artistic ones. When one recollects
the story of the genesis of this march, how it was inspired by the victory of German
arms in 1870 — 71, how it was intended for performance at the entry of the troops
into Berlin, and how Wagner's patriotic purpose was thwarted, and he himself snub-,
bed for his pains, one could not but feel how completely time had avenged him, when
this same march was played by a huge military band in Berlin itself on a great public
occasion, presided over by the Emperor's son and representative, and in honour of
the composer himself! It was a peaceful and complete revenge, over which I found
myself chuckling intermittently during the whole proceedings. But quite apart from
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Herbert Thompson, Alfred Kalisch, The "Wagner Festival in Berlin. 67
such secondary motives, I have never before realized the true value o£ the Kaiser-
marsch as a piece of musical pageantry. It was played by a military band of some
three or four hundred performers; and in the Coda a chorus, stationed on an opposite
platform, joined in with splendid effect, conveying some of that sense of spontaneity
which the composer intended.
As for the newly studied production of "Die Meistersinger", it was thoroughly
worthy of being the central feature of a great Wagner Festival. It was, I understand,
the first production under the management of von Hiilsen, the recently appointed
Intendant, and the second of that ilk in the office. The name of von Hiilsen has
not a very grateful sound to Wagnerians, but the sins of the father should not in
this case be visited upon the child, for he certainly did his best to make the produc-
tion complete and artistic. The stage management was wonderfully intelligent; per-
haps just a trifle too fussy, at least in the first act, in which some details seemed
irrelevant, though undeniably effective and adding to the realism of the scene. The
scenery was on the whole the best I have seen in the work, and showed an improve-
ment in colour, which is not a strong point in German art, while being characteristi-
cally accurate. The two outdoor scenes were particularly good, and the arrangement
of the last scene was excellent, giving an air of reality to the festive bustle and ex-
citement which I have never before seen realized. The parts were well distributed
and most intelligently presented; Lieban's "David", Bertram's "Sachs", Destinn's "Eva",
aud, if perhaps a shade too consistently malevolent, Krasa's "Beckmesser", remain in
my memory as exceptionally fine impersonations, while the attempt to differentiate by
slight touches the individualities of the twelve Mastersingers deserves warm appro-
bation, for it was done without exaggeration of any kind. As for the orchestra, under
Richard Strauss, it was of the highest order of excellence. From my position in the front
row of the stalls, I could follow the involutions of "Wagner's supremely beautiful poly-
phony with very exceptional ease, and the manner in which each part was phrased,
and the rest and finish of the playing, were beyond all praise. Taken altogether it
was a performance to be ranked with those of Bayreuth in 1889 and 1899 and of the
Munich Prinz Regenten Theater in 1902, which I count among the most complete of
those I remember.
As to the concerts, the most satisfactory were the three "historical" orchestral
concerts given on a single day (Oct. 2) in the Philharmonic Carl Pohlig of Stuttgart
conducted the first programme, which was the most relevant of all, since it introduced
four of "Wagner's greatest predecessors, by whom he was greatly influenced; Gluck,
Mozart. Weber, and Beethoven (Choral Symphony). The second, under Riedel of
Braunschweig, had a purely negative bearing on the event, since it indicated the dif-
ferent course given to music after Beethoven's time by Schubert, Mendelssohn, Spohr,
Schumann and Brahms. Perhaps this was a doubtful honour to Wagner's memory, but
the last concert was more in sympathy with Wagner's temperament in that it
included examples of Berlioz, Liszt, Cornelius and Richard StrauG, all of whom
were brought into contact with Wagner at different stages of his career. The
conductor of this last was Gustav Kogel of Francfort. All these performances were
good, some were excellent, and I could not help feeling, as an Englishman, some regret
that we have so few conductors who know their business as well as multitudes of
young Germans, who have some chance of obtaining systematic instruction in this
peculiarly difficult branch of their art.
The "International" Concert was much less satisfactory. Too much was attempted,
and the cooperation of so many composers and conductors resulted in a heterogeneous
selection of pieces that had no continuity or definite aim. German, French, Italian,
English, Norwegian, Russian, Hungarian, and American music constituted the pro-
gramme, so it is easy to understand how miscellaneous an effect it produced. It had
an interest of its own , though rather of a kaleidoscopic kind , but hardly requires
detailed criticism. The band was not of the best, and it must have been sorely tried
to play under a succession of eight conductors, whose methods were as various as
their nationalities, and who had not sufficient opportunity of rehearsal to enable them
Z. d. I. M. V. Digitgedby Kjl
68 Herbert Thompson, Alfred Kalisch, The Wagner Festival in Berlin.
to impress their ideas on the performers. The music played at the reception on
opening day was of course not of a kind to call for very serious criticism, and
here again one felt that the committee had not been able to make a stand against
the desire of performers to play or sing what was better calculated to display their
powers than to do honour to Wagner. The Sunday afternoon's concert, in the his-
torical Sing-Akademie, was on the other hand exceedingly interesting, and presented
a series of well chosen, ably sung examples of a cappella music of all periods from
Palestrina to the present day. There was also a Wagner concert conducted by Sucher,
but I could not sttend it, so mention it only for the sake of completing the record.
For any weaknesses in the programme the committee must not bear the entire
responsibility. With the epidemic of withdrawals that set in at the eleventh hour
their task must have been one of exceeding difficulty, for it left them the less able
to make a stand against musicians who were anxious enough to appear, and seize the
occasion as one for self-advertisement. The festival might no doubt have been better
planned, but it was by no means badly planned, and would have had a much more
satisfactory result but for a campaign against it which, beginning possibly from mo-
tives which one could appreciate, was carried to lengths which one can only charac-
terize as grossly unjust.
The music-programmes were as follows: — (A) Reception and Promenade Con-
certs, in Reichstag Buildings, 8 p. m. Wednesday, 30 September; Leipzig Philharmonic
orchestra; cond. Hans Winderstein; singers Mme. Schumann-Heink and others; pianist Mile.
Janotha; violinist Alex. Fiiredi. (B) Unveiling ceremony, Tiergarten, noon Thursday
1 October; massed bands of all the guards, cond. army-band-inspector Rossberg; Berlin
Sangerbund, cond. Felix Schmidt; Kaisermarsch ; "Ehrt Eure Deutschen Meister" and "Wa-
chet auf, es nahet gen der Tag", from Meistersinger, arr. F. Schmidt; March and chorus
from Tannhauser. (C) First Historic Concert, in Philharmonie, 11 a. m. Friday 2 Oc-
tober; Leipzig Philharmonic orchestra strengthened, cond. Carl Pohllg from Stuttgart;
choruses, of the Berlin Stern-Gesangverein (Gernsheim) and Cacilienverein (Hollander) ; Clas-
sics; Overtures, Gluck's "Iphigenia" with Wagner ending, Mozart's "Zauberfiote", Weber's
"Freischutz"; Beethoven's 9 th Symphony (Claire Laporte, Schumann-neink, Sommer, Heine-
mann). (D) Second Historic Concert, in Philharmonie, 3 p. m. same date; orchestra
from Brunswick and Hanover; cond. H. Riedel from Brunswick; Classico- romanticists;
Schubert's Unfinished Symphony; Overtures, Mendelssohn's "Hebrides", Spohr's "Jessonda",
Schumann's "Manfred"; Brahma's 1st Symphony. (E) Third Historic Concert, in Phil-
harmonie, 7.30 p. m. same date; Berlin Philharmonic orchestra; cond. G. Kogel from Franc-
fort; Neo-romanticists ; Berlioz' "King Lear" and Love- scene from "Romeo and Juliet";
Liszt's "Tasso" ; Cornelius's ov. to "Barber of Baghdad" ; Rich. Strauss's "Death and Trans-
figuration". '(F) New-study performance of "Meistersinger" in the Royal Opera House;
Saturday evening, 3. October; cond. Rich. Strauss; Eva, Destinn; Lena, Gotze; Walther,
Kraus; Hans Sachs, Bertram; Beckmesser, Krasa; David, Liebau; Pogner, Kndpfer. (G-)
Sacred Concert a Capella, in Sing-Academie, at noon Sunday 4 October; Hof and Dom
choir, cond. H. Prufer; soloists, Mme. Cambiati, Mile. Flament, Mile. RosaOiitzka; works by
Palestrina, Kuhnau, J. S.Bach, Schreck, Mendelssohn, Brahms, Flfigel, Becker. (H) Wag-
ner Concert in New Opera House, 7.30 p. m. Sunday 4 October; Berlin Philharmonic
orchestra strengthened, cond. J. Sucher; soloists, Reuss-Belce, Schumann-Heink, Rosa Su-
cher, G. Borgatti; Faust Overture, Adriano's air from Rienzi, Lohengrin's recital, Overture
to Tannhauser, "Five Songs" (with p. f. only), Siegfried Idyll, Prelude and Finale from Tristan
and Isolds. (J) International Concert in Philharmonie, 7 p. m. same day; Tonkunstler
orchestra strengthened. Conductors: — for Germany and America, Pohlig; for France,
Chevillard; for England, Dan Godfrey; for Scandinavia, Halvorsen; for Russia, Winogradsky
and Wladimiroff ; for Italy, Vigna; for Hungary, Mader. Pieces performed : — for Germany,
Leonora no. 3, and Huon's air from "Oberon"; for America, J. K. Paine's prelude to "Oe-
dipus Tyrannus"; for France, Saint Saens' ov. "Jeuuesse d' Hercule", and Berlioz' ov. to
"Benvenuto Cellini"; for England, Elgar's "Cocka'gne" overture; for Scandinavia, Svendsen's
Norwegian Rhapsody; for Russia, Tschaikoffsky's "Francesca da Rimini", and Rimsky-Kor-
sakoflfs "Mahrchen vom Zaren Saltan" ; for Italy, Verdi's ov. to "I Vespri Siziliani", Cata-
lani's Dance from "Lorelei", and songs by Bellini, Donizetti, Puccini; for Hungary, Liszt's
1st Rhapsody.
Leeds. Herbert Thompson.
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Musikberichte. 69
A note by another Englishman. Berlin now has its Wagner Monument, and
probably no monument has ever been unveiled amid such a storm of controversy.
No man has been more fiercely attacked of late than Commerzienrath Leichner, the
President of the Committee. To read some of the local papers one would imagine
that it is an indictable offence to be a wealthy manufacturer, and an indelible dis-
grace to be an inventor of cosmetics. But, after all, the inventor of cosmetics has
made more sacrifices of time, and, be it said, of money, than all those who talk so
much of "honoring the Spirit of the Master" put together. It is true that a great
many things done by the Committee cannot earn the approval of the impartial observer;
but the objectors would surely have done better had they helped Commerzienrath
Leichner to make the celebration worthy, instead of standing aside and invoking the
above-mentioned Spirit of the Master (in which they imagine themselves to have a
copyright) to curse everything he happened to proprose. A fact beyond controversy
is that Eberlein has produced a distinctly fine monument worthy of its subject.
London. Alfred Kalisoh.
Musikberichte.
Referenten; C. Goos, E. 1st el, A. Mayer-Reinaoh, Fr. Munk, A. NeiBer,
O. Neitzel, P. Pfohl , H. Pohl, J.-G. Prod'homme , E. Rychnowsky,
A. Sohering, P. Werner.
Berlin. Die Konigliche Oper brachte zur Wagnerfeier Anfangs dieses Monats eine
Neueinstudierung der Meistersinger, die so glanzend verlief, daB man fur die weite-
ren Gaben des >neuen Herrn« — gemeint ist Herr von Hiilsen — nur das Beste
erhoffen kann. Die Besetzung war so hervorragend gestaltet, wie sich das wohl selten
ermoglichen lassen durfte; alle kleinen Einzelrollen der Meister waren mit erstklas-
sigen Kunstlern besetzt, was denn auch zur Folge hatte, daB die schwierigen Ensemble-
szenen, die Klippen des Werkes, zu denkbar plastischster Ausarbeitung kamen. Den
Sachs sang Bertram, den Walter Kraus, den David Lieban, den Beckmesser Krasa
fin den weiteren Vorstellungen mit Nebe alternierend) , den Kothner Berger, den
Pogner Kniipfer; Fraulein Destinn, die das Evchen zum ersten Male sang, schuf aus
dieser Figur eine Gestalt, die ihren besten Fartien nicht nachsteht, und Frau Gotze
war als Magdalene von bekannter Trefflichkeit. Die Gerechtigkeit wiirde erfordern,
auch jeden Vertreter der kleineren Partien mit Namen zu nennen: ich muB mich je-
doch auf das obige Gesamtlob beschranken. Ein besonderes Bravo aber gebiihrt
Richard StrauB fur die Leitung des Werkes: das war wirklich eine Dirigententat
ersten Ranges und es war nioht mehr als billig, den Dirigenten nach jedem AktschluB
mit den anderen Kunstlern hervorzujubeln.
Als nachste Novitat ist uns »Manon« von Massenet versprochen, die im November
herauskommen soil; einstweilen beschrankt man sich auf Neueinstudierung vorjahriger
Nenheiten, von denen bereits »Feuersnot« und Reznicek's >Till Eulenspiegel* in Szene
gegangen sind. Vom Theater des Westens ist leider nichts gutes zu berichten; alle
kritischen Stimmen sind sich dariiber einig, daB diese zweite Oper Berlins doch ganz
anders werden miisse, wolle sie sich einen Platz im Kunstleben der Stadt erringen.
A. M-R.
Nach sommerlicher Stille ist jetzt in den Berliner Konzertsalen die T'atigkeit im
vollflten Umfange wieder aufgenommen worden : zwar war es nicht lauter reife Kunst,
die sich darbot, doch kann man mit dem bisherigen Verlauf ganz zufrieden sein.
Wie verlautet, sollen die Konzerte des Berliner Tonkiinstler-Orchesters, die
ignze
70 Musikberichte.
vorigen Jahre unter der Leitung von Richard StrauB stattfanden, in diesem "Winter
nicht fortgefdhrt werden. Die Bedeutung des Unternehmens, das sich in erster Linie
die Vorfiihrung moderner Tonschopfungen zur Aufgabe gestellt hatte, ist in diesen
Blattern bereits besprochen und darin gesagt worden, daB unsere Erwartungen nor
zum Teil in Erfiillung gegangen sind. Der genannte Zweck ware entschieden zu
billigen, falls bei der Auswahl der vorzufrihrenden neuen Werke ohne Sonderinteresse
und jegliche personliche Rucksichtnahme verfahren wurde. Nicht allein wurde man-
chem talentvollen Komponisten durch sein Bekanntwerden der Weg geebnet, sondern
vor allem auch jedermann die Moglichkeit gew'ahrt, iiber zeitgenossisches Schaffen
einen Uberblick zu gewinnen, was in keiner anderen Kunst solchen Schwierigkeiten
begegnet, als in der Musik.
Fiir den kommenden Winter sind folgende groBeren Konzertveranstaltungen ange-
kiindigt: Zehn Symphonie-Abende der Koniglichen Kapelle, zehn Philharmonische
Konzerte, drei Konzerte des Philharmonischen Chores, sechs Auffiihrungen der Sing-
akademie, drei Konzerte des Stern'schen Gesangvereins , zwei Konzerte des Lehrer-
Gesangvereins.
Den Beginn der diesj'ahrigen Saison machten diejenigen Konzerte, die sich urn
die Wagnerfeier gruppierten. Leider fanden die drei historischen Konzerte an einem
einzigen Tage statt, so daB sich wohl schwerlich jemand entschlossen haben durfte,
alles zu horen. Der Besuch war sehr schlecht, was urn so mehr zu bedauern ist,
als die Leistungen der drei Dirigenten, Pohlig (Stuttgart), Riedel (Braunschweig),
Kogel (Frankfurt am Main), recht bedeutend waren. Interessantes bot ferner das
internationale Festkonzert, in dem namentlich der Italiener Arturo Vigna und Che-
villard (Paris) Hervorragendes boten, soweit das mit dem nicht einwandsfreien, offen-
bar eigens zu dem Zwecke zusammengewiirfelten Orchester moglich war. Ein Wagner-
konzert unter Sucher's Leitung am gleichen Abend brachte diesem Dirigenten groCe
Huldigungen.
Das erste Philharmonische Konzert unter Nikisch zeichnete sich durch ein recht
gediegeues Programm aus. Eingeleitet wurde es durch das Konzert Nr. 4 F-dur fur
Orgel und Orchester von Handel, womit sich der junge Organist Alfred Sittard aus
Dresden recht vorteilhaft einfuhrte. AuBer ihm trat als Solistin Frau Lula Mysz-
Gmeiner auf in dem Arioso fur eine Altstimme aus Cantata con stromenti von Handel
und der Rhapsodic fur eine Altstimme, M'annerchor und Orchester von Brahms, mit
welch letzterer sie den groBeren Erfolg erzielte. Der Berliner Lehrer-Gesangverein
unter der Direktion des Herrn Professor Felix Schmidt fuhrte in dankenswerter Weise
die ihm hier zufallende Aufgabe aus. Das lebhafteste Interesse erregte die Novitat
des Abends: »Aus Odysseus' Fahrten«, I. Ausfahrt und Schiffbruch, von Ernst
Boehe. Das "Werk hat auf dem TonkUnstlerfest zu Basel bereits eine Auffuhrung er-
lebt. Es ist zutreffend, was seitens der Kritik ziemlich allgemein vermerkt wurde,
daB das Werk noch keine zur Selbst'andigkeit hindurchgerungene Individual i tat des
Erschaffers bekunde. Die Beeinflussung durch Richard StrauB ist unverkennbar.
Erstaunhch ist indessen die Sicherheit in der Beherrschung der orchestralen Aus-
drucksmittel, die eher einen in den kompliziertesten Instrumentationskiinsten wohl-
erfahrenen Meister, als den 22j'ahrigen Komponisten vermuten 1'aBt. Die Themen
sind nicht von hervorstechender Eigenart, weisen vielmehr darauf hin, daB reflek-
tierende Verstandestatigkeit der Phantasie in erheblichem MaBe zu Hilfe gekommen
ist. Die Frage, ob die Musik aus jener Stimmung, jenen Gefuhlen heraus, die durch
die Dichtung hervorgerufen wurden, entstanden ist, kann also nach einmaligem Horen
wenigstens nicht ohne weiteres bejaht werden. Hierin liegt aber die wesentlichste
Bedingung, die durch die programmatische Musik erfullt werden miiBte, der sonst
jegliche Existenzberechtigung abzusprechen ware. Der moderne Komponist, der phy-
sische Vorg'ange in realistischer Weise nachahmt, also zu Mitteln greift, die auBer
dem liegen, was man im allgemeinen als musikalisch zu bezeichnen pflegt, stellt sich
gerade zu dem in Widerspruch, was er zu beweisen vorgibt, daB die Musik heut-
zutage so viel ausdrucksfahiger geworden sei, als fruher. Doch was bekummert sich
das Genie urn das, was andere Leute denken!
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Musikberichte. 71
Von den Konzerten der Koniglichen Kapelle rmter Weingartner haben die ersten
beiden bereits stattgefunden, in denen der Dirigent aufs Neue seine vorziiglichen Eigen-
schaften bewiesen bat. Zu solchen Leistungen bedarf es allerdings auch eines Or-
chesters von der Vorziiglichkeit der Koniglichen Kapelle. Folgende Werke waren
fur das erste Konzert gew'ahlt: Oxford -Symphonie von Haydn, Beethoven's Eroica
und Doppelviolinkonzert von Bach, in trefflicher "Weise vorgetragen durch die Kon-
zertmeister Professor Halir und Dessau. Das zweite Konzert brachte Beethoven's
Leonoren-Ouverture Nr. 1, Symphonie B-dur von Schumann und eine neue Sym-
phonie in D-moll von E. v. Dohnanyi. Der junge Komponist ist dem Berliner Pu-
blikum noch in guter Erinnerung. Er spielte vor drei Jahren in einem Philharmo-
nischen Konzert sein eigenes, in Wien durch den ersten Preis ausgezeichnetes Klavier-
konzert; auch Joachim fuhrte hier ein Streichquartett von ihm auf. Die Ansichten
fiber das neue Werk Dohnanyi's waren hier geteilt. Es muC gesagt werden, daB das
formelle Konnen des Komponisten nicht auf der Hohe seiner Erfindungskraft und
seiner Fahigkeit zu instrumentieren steht, was sich namentlich im ersten und letzten
Satz unangenehm bemerkbar macht. Der zweite und dritte (Adagio und Scherzo)
sind reifer ale die Ecks'atze, wahrend ein als vierter Satz stehendes Intermezzo recht
unbedeutend ist und bei zukunftigen AufTdhrungen wohl besser weggelassen wiirde.
Zum Besten der durch Hochwasser Geschadigten gab der preisgekronte Berliner
Lehrer-Gesangverein unter der Direktion des Herrn Professor Felix Schmidt ein
Konzert, in dem hauptsachlich Volkslieder gesungen wurden. Besonders erwahnt zu
werden verdient die Wiedergabe zweier Lieder aus dem Lochheimer Liederbuche in
neuer Bearbeitung von Gustav Sehreck und zweier Madrigale von Johannes Eccard
(1653 — 1611 und Baldassare Donati (16. Jahrhundert). Die beiden Madrigale sind
von Benedikt Widmann fiir M'annerchor gesetzt. Ahnliche VorfUhrungen, die in den
letzten Jahren erfreulicher Weise hin und wieder stattgefunden haben, sind umso mehr
zu begruBen, als dadurch der Allgemeinheit ein Gebiet erschlossen wird, das sonst
nur dem Forscher vertraut ist.
Die Singakademie fuhrte unter der Leitung von Herrn Professor Georg Schumann
in ihrem ersten Konzert das Chorwerk »Das Paradies und die Peri« von Schumann
auf. Die Soli waren den Damen Emilie Herzog, Walter-Choinanus, Klara Erler, den
Herren Richard Fischer, Anton Sistermanns, Max Krause anvertraut. Die Leistungen
der erstgenannten Sangerin waren des groBten Lobes wiirdig. Von der Auffuhrung
selbst ist im allgemeinen gutes zu berichten.
Kammermusik ist in diesem Jahre in so reichem MaCe angekundigt, wie kaum
je zuvor. Das Joachim-Q.uartett gab semen ersten Abend und hatte gewohnter Weise
die Namen Haydn, Mozart und Beethoven auf seinem Programm. Die Zuhorer gaben
in einer begeisterten Huldigung ihrem Dank und zugleich ihrer Freude Ausdruck, den
greisen Kunstler, die Seele dieser idealen Gemeinde auch in diesem Winter wieder
inmitten seiner getreuen Genossen in voller Rustigkeit und jugendiicher Frische er-
scheinen zu sehen. Das Waldemar Meyer- Quartett brachte an seinem ersten Vprtrags-
abend Streichquartett F-moll von Beethoven, Konzert E-dur fur Violine mit Klavier-
begleitung, vorgetragen von Professor Meyer, und Oktett von Schubert. Das Spiel
zeichnete sich durch eben solche Frische und Natiirlichkeit aus, wie diese den Kom-
positionen innewohnen, wiirde indessen durch eine etwas feinere Auffassung erheblich
gewonnen haben. AuCer diesen gaben Barth, Wirth, Hausmann den ersten ihrer
popularen Kammermusik -Abende, die sich mit Recht groCer Beliebtheit erfreuen.
Solisten-Konzerte fanden bereits in solcber Anzahl statt, daG nur solche von
kunstlerischer Bedeutung erwahnt werden konnen. Von den Pianisten erzielten
Reisenauer und Lamond auCerordentliche Erfolge. Gottfried Galston hat an seinem
Klavier- Abend bewiesen, daB seine Begabung ihn dazu befahigen, sich unter den
groBten seines Faches eine ebenburtige Stellung zu erringen. Die gesanglichen
Leistungen Richard Konneckes haben allseitig Anerkennung gefunden. In recht vor-
nehmer Weise hob sich der von Bruno Hinze Reinhold unter Mitwirkung von Frau
Susanne Dessoir, Emil Tschirch und Otto Hegner veranstaltete Liszt- Abend aus der
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72 Musikberichte.
Alltaglichkeit des Berliner Konzertlebens heraus. Wenn man von der nicht sehr
glttcklich gewahlten »Leonore« -Ballade mit melodramatischer Klavierbegleitung ab-
sieht, so gewahrten die iibrigen Darbietungen, die sehr viel kiinstlerisches Feingefuhl
bekundeten, einen ungetriibten GenuB. Als tuchtiger Geiger erwies sich Hans Bandler,
Konzertmeister des Hamburger philharmonischen Orchesters. Desgleichen lernten wir
in Fraulein Marie Nichols aus Boston eine ausgezeichnete Geigerin kennen. Gate
Erfolge erzielten ferner die gesanglichen Leistungen der Damen Rosa Olitzka, Maria
Seret, Madelaine Walther, A. Stern, Agnes Friedrichowicz, der Herren Liepe und
Loritz. Dasselbe 1'aBt sich von den Geigern Herrn Walther und Herrn Schroder be-
berichten. AuBerordentliches Aufsehen erregt das Auftreten des lOjahrigen Geigers
Franz v. Vecsey. Bei vielen, die auBer diesen noch konzertierten, stand das Voll-
bringen noch allzusehr hinter dem besseren Wollen zuriick und bei manchen gar schien
auch dieses noch in der Entwicklung begriffen zu sein.
Zum Schlusse moge noch ein kurzer Bericht Uber das erste Konzert des philhar-
monischen Chores unter der Leitung des Herrn Professors Siegfried Ochs folgen. Zur
Auffuhrung gelangte die groBe Totenmesse von Berlioz. Die vorziiglichen Eigen-
schaften des Chores unter der Leitung seines Dirigenten sind hinreichend bekannt; sie
bewahrten sich auch diesmal wieder auf das glanzendste, so daB eine in jeder Hinsicht
vollendete Auffuhrung zu stande kam. Der Solist befriedigte nicht in gleicher Weise.
Gegen das Werk selbst 1'aBt sich allerhand einwenden, was auch, so lange es besteht,
in nicht geringem MaBe geschehen ist. Hinsichtlich seines musikalischen Wertes wird
es von anderen Schopfungen desselben Komponisten entschieden ubertroffen. Sicher-
lich liegt dort ein MiBbrauch in der Verwendung der orchestralen Mittel vor, wo
durch die Anh'aufung von Instrumenten eine derartige Tonstarke erzeugt wird, daB
sie im Ohr ein physisches Unbehagen hervorruft. Allerdings darf nicht verkannt
werden, daB das Werk vom Komponisten zur Auffuhrung in der Kirche bestimmt
war, und daB sich dann das Unwetter des >Dies irae« in einiger, gesicherter Ent-
fernung liber den H'auptern der Zuhorer austobte, die also nicht ganz in derselben
Furcht zu leben brauchten, eventuell den Paukenschlagern zum Opfer zu fallen.
Dieser Umstand sollte dadurch, daB man den instrumentalen Apparat reduziert, bei
AuffUhrungen in Konzertsalen kiinftig etwas mehr in Betracht gezogen werden, womit
indessen nicht der Wunsch ausgedriickt werden soil, daB sich das Ereignis so bald
verwirklichen mochte. Fur den Fachmann hat die Uberwindung enormer technischer
Schwierigkeiten ein gewisses Interesse. Was aber nimmt das Publikum von solchen
AuffUhrungen mit nach Hause? Man braucht sich kaum zu wundern, wenn es Sen-
sation fur Kunst nimmt. F. M.
Breslan. Die Opernsaison wurde am 16. September mit einer gut vorbereiteten
Auffuhrung des »Tannhauser« eroffnet. Dem vielversprechenden Anfange folgte leider
bis jetzt keine analoge Fortsetzung. In der Spieloper zwar sind wir gut beschlagen;
denn der von Coin heriibergeholte Tenorist Hans Si ewer t erweist sich je langer
desto mehr als liebenswiirdiger, stets interessierender Vertreter hoher, lyrischer Partien.
Er hat als Postilion und George Brown reiche Anerkennung gefunden. Wie es aber
um die Auffuhrung der Musikdramen Meister Richards bestellt sein wird, wissen die
Gotter. Un8 sterblichen ist einstweilen bloB bekannt, daB Fraulein Waldeck, die
Remplacantin fur die nach Coin ubergesiedelte Hochdramatische Marie Brandis als
Briinnhilde und Ortrud versagte. Da werden Gastspiele aushelfen miissen. Vorerst
halten uns Frau Verhunk, eine ausgezeichnete AYda und Carmen und Fraulein
Pewny, eine Mozartsangerin par excellence, schadlos. In das Heldentenorfach teilen
sich die Herren Conrad als gestaltungskraftiger Wagnersanger; Mat raj als stimm-
begabter Vertreter exotischer Partien und Holzapfel, ein guter Tamino.
In den Konzertsalen wurde es ungewohnlich zeitig lebendig. Von einigen schiich-
ternen Anfangerversuchen schweige ich. Ein auGerordentlich dankbares Publikum
fanden die vollendeten Vortrage des Berliner Domchores in der Elisabethkirche
und ein von Theodor Bertram und Frau Mo ran- Old en veranstaltetes Wohl-
t'atigkeits-Konzert im Borsensaale. Bertram war glanzend bei Stimme; Frau Moran-
Olden aber stand bereits unter der seelischen und korperlichen Depression, die sie
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Musikberichte. 73
bald darauf zwang, eine Heilanstalt aufzusuchen. Yon Berliner Gas ten erwahne ich
noch die treffliche Geigerin Irene vonBrennerberg und den als vorziiglich bekannten
Pianisten Xaver Scharwenka. Der Orchesterverein hatte sich zur Eroffnung
seiner Abonnements-Konzerte in Frau Schumann-Heink eine Attraktion ersten
Ranges verschrieben. Sie sang die Arie der Vitellia ana Mozart's » Titus*, ferner
Schubert's »Allmacht«, Liszt's Ballade »Die drei Zigeunerc und endlich die Altpartie
in Brahms' Rhapsodic in hochster Vollendung und gab auBerdem noch mit zwei
zarten Liedern von Schubert und Brahms eine schone Probe ihrer staunenswerten
Vielseitigkeit. Das Orchester zeichnete sich unter D ohm's belebender Fiihrung durch
eine packende, groCzugige Wiedergabe der zweiten und dritten Leonoren-Ouverture und
der B-dur-Sinfonie von Beethoven aus. DaB Herr Dr. Dohrn auch ein gl'anzender
Pianist ist, der einer Komposition auf den Grund zu gehen versteht, bewies er in
einem eigenen Klavierabende mit Beethoven's op. 101 und Brahms' op. 5. Der erste
Kammermusikahjend gipfelte in dem tttchtig gespielten Quartett op. 132 von Beethoven.
P. W.
Frankfurt am Main. Yon unsrer Oper ist diesmal nicht viel zu berichten. Die
besonders im szenischen Teil wirkungsvoll durchgefuhrte Neueinstudierung des »Rienzi«
bot unsrem vorziiglichen Tristan- und Loge-Darsteller Ejnar Forchhammer Gelegen-
heit, den markanten Momenten der anstrengenden Titelpartie alle gewiinschte Geltung
zu verleihen. Die Leistungen der iibrigen Darsteller in diesem merkwurdigen , von
Genieblitzen durchleuchteten Jugendwerk, in dem alle rein en und trtiben Wasser der
»groBen€ Oper mit Ungestum zusammenschieBen, konnten im Ganzen sehr befriedigen.
Nach einer recht gelungenen zyklischen Auffiihrung der Wagner'schen Biihnen-
schopfungen (von Rienzi bis zur Gotterd'ammerung) ging man nun mit allem Eifer
an das Studium der flamischen Oper »De Bruid der Zee« — Die Meeresbraut — von
Jan Block, die hier der ersten deutschen Auffiihrung begegnet.
Mit einer Vehemenz, wie selten in den letzten Jahren, ist mit Anfang Oktober
die Konzertsaison iiber das musikalische Publikum hereingebrochen. Fiir die Zeit
von jetzt bis beil'aufig Ostern sind iiber 70 groBe Orchester- und Chorkonzerte, an
40 Kammermusikveran8taltungen und 80 Konzerte jeder Art angekiindigt. Was da
alles noch kommen mag, ist gar nicht auszurechnen. Der einfache Uberblick zeigt
eine Massen- und tjberproduktion, die dem wirklich Guten, weit Besseren und einzig
Dastehenden den Boden entzieht und oft selbst ganz vorziigliche Darbietungen in be-
denklicher Weise sch'adigt. Ungesunde Verh'altnisse, die die Gefahr einer vollst'andigen
UberBattigung immer mehr und mehr herbeifiihren, und deren ehrlichgemeinte Be-
kampfung momentan leider nur sehr wenig Erfolg hat Die Programme der ver-
schiedenen Konzertgesellschaften versprechen heuer viel Interessantes. In den Mu-
seomskonzerten sind an besonders bemerkenswerten Novit'aten in Aussicht genommen:
die vierte und neunte Symphonie von Bruckner, die seiner Zeit von Hans Richter
eingefiihrte D-moll-Symphonie des jungen Dohnanyi. die D-moll-Symphonie von Cesar
Franck, Bischofifs >Pan«, eine neue symphonische Dichtung »Wieland der Schmiedc
von Hausegger, das Orchesterscherzo »L'apprenti sorcier* von Ducas, die Vorspiele
za »Da8 Fest auf Solhaugc von Pfitzner, ein symphonischer Prolog von A. ReuB und
Hugo Wolfs »Penthe8ileia< und Fragmente aus dem »Corregidor«. Die von ver-
schiedenen Dirigenten geleiteten Opernhauskonzerte versprechen unter Dr. Rottenberg
die »neunte« von Bruckner und unter Mahler dessen dritte Symphonie in D-moll.
Im Caecilienverein ist Bruckner's E-moll-Messe und Handel's »Acis und Galatea* in
der Chrysander'schen Bearbeitung, im Lehrergesangverein ein neues Chorwerk »Ther-
mopylae« von Pembaur in Aussicht genommen. In den einzelnen Quartettvereinigungen
bekommen wir im Laufe des Winters als Neuheiten zu horen: das A-Dur-Quartett
von Dohnanyi, eine Klavier-Cello-Sonate von Thuille, Quartette von Konrad Heubner
und Glazounow, ein Manuskript-Sextett von Hans Huber, ein Quintett von Yolbach,
Trios von Zemlinsky und Sinding, ein Klavierquartett von Robert Kahn und eine
Vioiinsonate von Yolkmar Andreae. Neben den vielen Wiederholungen also geniigend
Aussicht auf richtige Abwechslung. — Als Leiter der Museumskonzerte hat am
2. Oktober der neugewahlte Dirigent Siegmund von Hausegger sein
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74 Musikberichte.
treten und sich in einer Weise eingefuhrt, die zu den schonsten Hoffnungen, die wir
hier an sein Erscheinen knupften, berechtigt. Hausegger, eine ebenso warmblutige
als fein empfindende Musikernatur, verbindet mit diesen unsch'atzbaren Vorziigen tief-
gehende allgemeine Geistesbildung und nicht zuletzt den notigen Aufwand an zielbe-
wuCter kiinstleriscber Energie, welcher Faktor besonders in der planvollen Anlage der
einzelnen, nunmehr glucklicherweise stilistisch vornehmen und einheitlichen Programme
geradezu wohltuend zu Tage tritt. In dem ersten Freitagskonzert bot der Dirigent
das in seiner schonen Ausgestaltung sich prachtig steigernde Meistersinger-Vorspiel,
die H-moll-Suite fur Flote und Streichorchester von Bach (in der Bulow'schen Be-
arbeitung), Beethoven's C-moll-Symphonie und dazwischen mit Busoni das Es-dur-
Klavierkonzert von Beethoven. Im ersten Sonntagskonzert uberraschte er uns mit der
wirklich groBziigigen Interpretation der vierten (romantischen) Symphonie von Bruckner,
deren besonders im » Andante c und dem feurigen » Scherzo « lebensvolle Ausfiihrung
eine wiirdige Feier des Todestages Bruckner's {gestorben 11. Oktober 18%) bildete.
DaB Hausegger auch den heutzutage oft recht »abgeklapperten« Klassikern die gleiche
Ehrfurcht entgegenfcringt und ihren Werken mit gleich gesundem als tiefem Auf-
fassungsvermogen nachzugehen imstande ist, bewiesen im zweiten Freitagskonzert
die vorziiglichen Auffuhrungen der Mozart'schen Es-dur-Symphonie (Kochel 543} und
der groBen C-dur-Symphonie von Schubert, jenem herrlichen Epilog eines so kurzen
aber reichen Schaffens des Meisters. Verlangt man als das Hochste der reproduzieren- -
den Kunst, da6 das jeweilige Kunstwerk als der innerlich wahr nachempfundene
Ausdruck schopferischer Kraft vor unserer empfanglichen Seele erstehe, so ist dem
vortrefflichen Dirigenten jenes »im Nachschaffen neu schaffen* in jeder Weise ge-
lungen. Hausegger hat sich in diesen drei Konzerten besonders mit Beethoven,
Bruckner und Schubert seine Stellung in einer "Weise befestigt, die wir, im Hinblick
auf seine weitere hiesige T'atigkeit nur mit Freude begruBen konnen. Neben Fritz
KreiBler-Wien. der das Beethoven'sche Violinkonzert spielte, sei als Solist noch Josef
Loritz-Munchen erwahnt, der die Freimaurer-Kantate »Die ihr des unermeBlichen
*Weltall3 Schopfer ehrt« von JMozart (ganz kurz vor seinem Tode komponiert) und den
Balladenzyklus »Der Mohrenfiirst« , »Die Mohrenfiirstinc und »Der Mohrenfurst auf
der Messec von Karl Loewe (als op. 97 im Jahre 1844 erschienen) zum Vortrag brachte.
Zu der Mozart'schen Kantate hat Hausegger eine sich dem "Werke gut anpassende
Instrumentation geschrieben; weniger wirksam erwies sich in den Balladen die von
Weingartner herriihrende Orchesterbegleitung, deren zwar gl'anzendes Kolorit manch-
mal seltsam zu den im Klavier anregenderen Tonmalereien des alten Loewe passen.
— Das erste Opernhauskonzert leitete Nikisch, dessen Auffassung der ersten Sym-
phonie von Brahms und der schwungvollen Orchesterphantasie »Francesca da Rimini*
von Tschaikowsky vielen GenuB bot. H. P.
Hamburg. Die Hamburger Oper hat Gliick: nach einer Zeit schwankender Lei-
stungen und unsicherer Erfolge scheint sie in eine Epoche eines neuen Aufstiegs,
neuer Bliite getreten zu sein. Es sind eben nicht nur die Werke, sondern die Men-
schen, die den Wert eines Kunstinstituts und seine kulturelle Bedeutung besiegeln:
man kann den Lohengrin sehr schlecht und die Cavalleria sehr gut horen : es handelt
sich in letzter Linie immer um die Kiinstler, um die produktive Individualit'at, um
den Menschen, der uns das Kunstwerk vermittelt. Und daB es dem Direktor Bittong
gelungen ist, unserem Opernensemble Kiinstler von dieser positiven Natur und starker
schopferischer Kraft zu sichern, das ist es, was uns mit Vertrauen in die Zukunft und
die Gegenwart unserer Oper schauen 1'aBt. Die homines novi, die in unsere Oper ein-
zogen, fiihrt ein genialer junger Dirigent an: Gustav Brecher, ein junges Blut
von 24 Jahren, voll Feuer und Idealen, Uberstromend von Energie, von Enthusiasmus
fur seine Kunst; ein heller gVanzender Geist; eminenter Kunstverstand und sicherster
Instinkt fur alles Feine und Bedeutende gibt ihm heute schon eine ungewohnliche Be-
deutung; dabei ist er musikalisch bis in die Fingerspitzen. Brecher hat sich sofort mit
seiuen ersten Direktionsleistungen — Lohengrin, Carmen, Hollander, Hugenotten — in
gewaltigen Respekt gesctzt bei den Musikern und den Kunstfreunden. Diesem jungen
genialem Feuerkopf steht Kapellmeister S tr an sky zur Seite : ein junger Mann von hoher
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Musikberichte. 75
Bildung, von philosophischer Schulung; ein Bruckner-Schuler, begeisterungsfahig, fein-
sinnig and feinspiirend in seinem Verhaltnis zur Musik; ruhiger, maCvoller als Brecher,
mehr von seinem starken Verstand als von Impulsen geleitet, aber voll lebhaften Em-
pfindens, dasbeide ihrer deutsch-bohmischen Heimat alsMitgiftzu danken haben. Stransky
hat sich mit einer FideUo-Auffuhrung sehr vorteilhaft eingefiihrt und als Mozartdirigent
Reife des Geschmacks und des Konnens bewiesen. Den beiden Dirigenten, die das Gehirn
des Ensembles reprasentieren, folgten andere gate Geister: ich nenne zuerst die sehr
begabte Altistin Fran Metzger-Froitzheim, eine Kunstlerin von st'arkstem drama-
tischen Talent; dann Frau Claus-Frankel, eine Meisterin lebensvoller Darstellung
und subtiler Gharakterzeichnung. Frau Claus-Frankel hat als Isolde einen vollen Triumph
gefeiert: eine meisterliche, packende und erschiitternde Leistung. Glanzend war die
Kunstlerin als Konigin von Saba, wogegen sie in anderen Rollen stark abblafite, da leider
ihr Organ fruhzeitig allzu aufreibenden Anstrengungen ausgesetzt gewesen sein mag und
die ruhige Festigkeit des Tons eingebUBt hat. Nichtsdestoweniger ist sie ebenso ein
Gewinn fur das Ensemble, wie auch der junge Tenorist Herr Straetz, der trotz mancher
jugendlichen Unvollkommenheit das Beste hoffen laBt: er ist sehr musikalisch, besitzt
eine friscbe und groBe Tenorstimme und auch als Darsteller vortreffliche Anlagen.
Sein David (Meistersinger) ist in jeder Beziehung eine hoch erfreuliche Leistung.
Weniger einverstanden konnen wir uns mit dem Baritonisten Herrn Mohwinkel
erklaren, der zwar als verstandiger Darsteller interessiert, aber als Sanger seine Blute-
zeit schon iiberschritten hat. Der ungemein reiche Spielplan des Stadttheaters brachte
eine stattliche Zahl "alterer und neuerer Werke; Wagner dominierte. Neu einstudiert
erschien Lortzing's «Undine« auf der Biihne in prachtiger Ausstattung, die es gleich-
wohl nicht vermochte, fiber die dramatische Schwache und die inhaltsleere Romantik
des in seinen humoristischen Partien so liebenswiirdigen Werkes hinwegzutauschen. —
Anch der Konzertsaal hat seine Tore wieder geoffnet: Das erste Wort sprach Arthur
Nikisch und das brillante Berliner philharmonische Orchester; der gefeierte Dirigent
fuhrte u. a. das Werk eines jungen Miinchners vor: » Odysseus' Ausfahrt und Schiflf-
bruchc von Ernst Boehe, eine genial angelegte, kraftvoll kolorierte und von starker
musikalischer Kraft getragene Orchesterdichtung; die herrliche Kunstlerin Edyth
Walt her entzuckte mit ihrer Kunst in demselben Konzert die Zuhorer: sie sang
die Eglantinen-Arie schlechthin meisterhaft. Die Philharmonische Gesellschaft
(Prof. Richard Barth) sicherte ihrem ersten Konzert allgemeines Interesse durch die
Mitwirkung von Frau Ernestine Schumann-Heink, einer Kunstlerin, die jeder
Hamburger kennt und schatzt und deren Beliebtheit erstaunliche Kreise zieht. Diese
auBerordentliche Sangerin sang die Rhapsodie fiir eine Altstirame von Brahms und
auBerdem noch einige alte Prachtstiicke ihres Repertoires. Ihr Erfolg war, trotz einer
deutlich wahrnehmbaren Indiposition, unheimlich gerauschvoll. Auch Max Fiedler
gab sein erstes Orchesterkonzert, in dem Alexander Glasunow eine feinsinnige und
phantasievoll instrumentierte, aber nicht sonderlich uberzeugende neue Suite »Aus dem
Mittelalterc dirigierte. Emanuel Stockhausen, ein gesch'atzter Schauspieler , der
Sohn des beriihmten Vortragsmeisters , sprach >Das Hexenlied* von Wildenbruch,
dessen Reiz Max Schillings mit einer farbenreichen, aber melodisch physiognomielosen
meiodramatischen Orchestermusik zu steigern versuchte; Frau Metzger-Froitzheim
hot in sehr wirkungsvollera Vortrag einige Gesangsstucke und Max Fiedler selbst
dirigierte Beethovens A-dur-Symphonie, leider mit starker Ubertreibung der Allegros'atze.
F. Pf.
Karlsrnhe. »MottVs Abschied* kbnnte ich meinen Bericht uber das Musikleben
Karlsruhe's in den letzten Wochen iiberschreiben ; denn in vollen Akkorden klang seine
Tatigkeit hier vor der Abreise nach Amerika aus; auf alien Gebieten, die er seit
23 Jahren mit so viel kiinstlerischem Erfolg gepflegt hatte, lieO er uns noch einmal
erfahren und empfinden, was wir an ihm besessen und nun wohl fiir immer verloren
haben. Denn allgemein furchtet man, daB er aus dem jetzt bewilligten Urlaub nicht
mehr zuriickkehren wird. Erstaunlich ist die Unermiidlichkeit und Nervenkrafb, mit
der er nach vorangegangenen Auffuhrungen von Carmen, Fidelio u. a. in wenig mehr
als drei Wochen Lohengrin, Meistersinger (zweimal) und den ganzen »Ring« heraus-
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76 Musikberichte.
brachte, und dazu noch ein groBes Orchester- und ein Kirchenkonzert leitete. Eine
Ruhmestat insbesonders war die Auffuhrung der vollstandigen Trilogie in der kurzen
Zeit von sieben Tagen, und mit Ausnahme der Vertretung, welche der plotzliche Rtick-
tritt von Frau Mottl notig machte, ganz mit eignen Kraften. Als feinsinniger, wahrer
Kunstler bewahrte sich Herr Biittner als Wotan, ebenso Herr Bussard als Mime;
glanzend und ohne jede Ermiidung fuhrte Herr Remond die Partien des Loge, Sieg-
mund und Siegfried durch, wahrend der Vertreterin der Briinhilde, Fraulein FaB-
bender, schlieClich doch einige Ermiidung anzumerken war. Aber was man in Ein-
zelheiten vielleicht einmal noch anders gewiinscht hatte — und es war wirklicb sehr
wenig — wurde reichlich aufgewogen durch die Einheitlichkeit der ganzen Auffuhrung,
durch die Klarheit und Flastik wie besonders den groBen Zug, den Mottl dem Ganzen
zu verleihen wuBte. Wie er sein Orchester fuhrt, ist bekannt; aber daB alle Solo-
krafte sich zu einer Leistung vereinigten, die sich neben denen groBerer Buhnen ruhm-
voll sehen lassen durfte, ist noch ganz besonders hervorzuheben. "Was er hier iiber-
haupt fur das Verstandnis von Wagner und Berlioz getan, wie er sich eine groBe,
der neuen Kunst treu ergebene Gemeinde herangezogen hat, wie er durch seine tiefe
Auffassung und die Genialitat der Wiedergabe auch die Widerstrebenden mitriB, das
wird ein dauernder Ruhm fiir ihn und fur die ganze Epoche Karlsruher Musik-
lebens sein.
Im Konzettsaal verabschiedete er sich durch die Auffuhrung von Wagner's Faust-
ouverture, Liszt's 13. Psalm, in dem Herr Burrian von Dresden ebenso wie im Gebet
aus »Rienzi« seine glanzenden Mittel und seine sympatische Vortragsweise zeigte, und
Beethovens VII. Symphonic Endlich brachte uns der letzte Samstag noch vier auBer-
ordentlich zusammengestellte, in Charakter sehr verschiedene und abwechslungsreiche
Kantaten von Bach, fiir welchen Meister Mottl immer (auch gelegentlich in einem Vor-
trag) eingetreten war. Gewaltigen Eindruck machte besonders die letzte, die Refor-
mationskantate. Wie hier gleich im Einleitungschor iiber und unter dem kunstvollen
vierstimmigen Chorsatz der Choral selbst als cant us firm us von hoher Trompete und
Kontrabassen nebst tiefsten Orgeltonen jenseits der Grenzen menschlicher Stimme
kanonisch gefiihrt wird, und wie kriegstrotzige Akkorde der Blechblaser die kampfes-
mutige Stimmung wiedergeben, ist iiber alle Begriffe groBartig. — Im ersten von
Hans Schmidt veranstalteten Kunstlerkonzert erntete Alex. Petschnikoff, der hier
wohl bekannt ist, durch groBen und siiBen Ton und glanzvolle Technik stiirmischen
Beifall. In einer Bach'schen Sonate (resp. Trio) gesellte sich seine Frau Lilli zu
einer prachtigen Harmonie hinzu. Am Klavier saB Karl Friedberg aus Frankfurt, in
Karlsruhe stets gerne gehort, der den geistigen Gehalt der wunderbaren Adieux-
sonate von Beethoven voll auszuschopfen verstand. C. G.
Koln. Das Hauptereignis des abgelaufenen Opernmonats war Gluck's Iphi-
genie in Aulis. Das Gluck'sche Meisterwerk ging ziemlich spurlos am Publikum
voruber, soviel kunstlerische Sorgfalt auch darauf verwandt worden war. Man er-
innert sich, daB das Werk in Paris nach seiner Erstauffuhrung 1774 das wurde,
was man heute ein Kassenstiick ersten Ranges zu nennen pflegt und es bis zum Jahre
1782 auf nicht weniger ais 150 Wiederholungen brachte. Tempi passati, und auch mein
Vorschlag (in meinem Opernfiihrer), die beiden Iphigenien zu einem Gluck-Festabend
zu vereinigen, wird dieseits der Vogesen kaum auf eine einigermaBen verstandnisvolle,
durch ein zahlreiches Erscheinen und rege Empf anglichkeit ermutigende Zuhorerschaft
stoBen. Die Franzosen sind in ihrem Geschmack erheblich mehr dem klassischen
Pathos zugeneigt, sie sind viel elastischer in ihrer Beschreibung des Bodens der alt-
griechischen Tragikerkonventionen. Zudem steckt auch dem franzosischen Darsteller
das erforderliche erhabene Gebaren weit mehr im Blute als dem deutschen. Trotzdem
durfte unsere Auffuhrung, um deren Gelingen sich wieder Prof. Kleffel verdient machte,
vielfach mustergiltig heiBen. Insbesondere wurden Frau Rusche, die nicht mehr im
Verbande der Buhne steht, aber in hervorragenden Rollen zuweilen gastiert, als Iphi-
genie und Fraulein Hofmann als Klytamnestra dem Stil des Werkes gerecht. Der
junge Liszewski fand mit dem Rezitativ und der Arie >0 du, die ich immer liebe« leb-
haften Beifall, Herr Grobke war ein trefiflicher, etwas zu heiGbliitiger Achill. — Sonst
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Musikberichte. 77
ware noch eine Wiederauffiihrung des Kienzl'schen Evangelimann zu erwahnen,
der nach seinem ersten Erscheinen etwas voreilig beiseite gelegt wurde und jetzt, bei
frischer Auffiihrung, sich wohl auf dem Spielplan halten dttrfte, sowie die Operette
>der Hochstapler* vou Gustav Meyer, dem Operettenkapellmeister des Neuen Stadt-
theaters: anspruchslose, gefallige Musik auf einen scberzhaften Text. Mozart's Figaro
ist leider wieder vom Seccorezitativ zum gesprocbenen Dialog zuriickgekehrt. Nur
der letzte Akt bat durcb eine knappere Fassung an Theaterwirkung gewonnen und
das etwas eingebolt, was das Ganze an reinem Stil verloren bat. Der Verlauf ist jetzt:
Arie Barbchens, kurzer Dialog zwischen ibr und Figaro, dann dessen Arie, worauf sich
Figaro im Gebusch versteckt, um Susanne zu beobacbten, die ibn aber beim Auftreten
entdeckt: sie singt ibre Arie, an die sich unmittelbar das Finale anscblieBt. Das Per-
sonal ist jetzt recht eingespielt und laCt beobacbten, da6 der Stand der Biibne unter
der neuen Aera nicht gesunken ist. Wir haben sogar einen Stern, der allerdings nur
dann und wann aufleucbtet: Fraulein Vidron, eine vom Direktor Purscbian in Wien
entdeckte Koloratursangerin, die bei ihm bereits in Graz ein Jahr hindurch sang und
jetzt allmahlich an den iiblichen Experimentiraufgaben, einer Rosine, einer Konigin
der Nacht in Facb und Routine bineinwacbst. Sie bat eine glockenhelle Silberstimme,
die bis ins dreigestrichene G und Gis hinaufreicht, obne in der Tiefe an Ftille einzu-
buBen, besitzt eine bervorragende Gesangsschulung und viel Anmut im Spiel. Wird
sie eine Patti rediviva — Verzeibung, Adelina singt ja noch, sie geht eben nach Amerika
und laBt sich fur 60 Konzerte eine Million und 200000 Mark bezahlen, — also eine
verjungte Patti werden? — Unsere Konzertsaison begann unter Steinbach recht
genuBreich. Als Hauptwerk erschien, ziemlich spat, Bossi's Canticum Canticorum,
dessen geschickte Thematik und heiCe Farbenglut gebiihrend gewiirdigt wurde, das
aber im ganzen nicht den Anklang fand, wie anderswo. Dagegen wurde Bruch's neues
Chorwerk Damajanti sehr warm aufgenommen. Es darf an Stimmungstiefe, gefalliger
melodischer Zeichnung und Klangwohllaut sich den besten Schopfungen Brucb's an
die Seite stellen. In Frau Riische, die mit Herrn von Eweyk dem Canticum Canti-
connn ibre solistische Mitwirkung verlieh, fand die Titelpartie eine hervorragende
Interpretin. Joachim's Meisterspiel verherrlichte den Abend, er fuhrte UberdieB den
neuen Konzertmeister Bram-Eldering, den Nachfolger von Willy Hess, in Bach's
Doppelkonzert in D-moll mit bestem Erfolge ein. Eine Auffiihrung der Schopfung zum
besten eines Grabdenkmals fvir den verstorbenen K. Wullner ging bereits anfang Ok-
tober voraus. % O. N.
Leipzig. Fiir gewohnlich pflegt die Musiksaison mit sparlichen Solistenkonzerten
jiingerer Talente einzusetzen. Diesmal unternahm unsere Oper die Fuhrung, indem
*ie sich zu einem Wagner-Cyklus aufraffte, der zwar, nunmehr beschlossen, keineswegs
uberall Vollwertiges bot, aber im allgemeinen erfreuliches Zeugnis ablegte fur die
guten, oft vortrefflichen Qualitaten, tiber die Leiter und Darsteller unserer Oper ver-
fugen. Rienzi dirigierte Kapellmeister Porst, den fliegenden Hollander, Lohengrin,
Tannhau8er Kapellmeister Hagel, die Meistersinger Panzner (als Gast), die ubrigen
Werke Nikisch. Jede einzeine Auffiihrung an dieser Steile kritisch zu besprechen,
ist nicht angebracht, da zumeist bekannte und l'angst anerkannte einbeimische Krafte
die solistiscben Hauptposten inne hatten. Als Gaste traten auf: Carl Perron aus
Dresden (Wolfram, Wanderer), Frau Elise Martens-Beuer aus Hamburg (Briinn-
bilde in der >Gotterdammerung€) und Frau Leffler-Burkhardt aus Wiesbaden
Isolde). Die ubrigen Stellen waren mit ersten und zweiten Kraften mehr oder minder
befriedigend besetzt, die Regie gab sich — trotz vieler MiBgriffe — Miihe, das Beste
zu bieten, und da das Orchester sich im ganzen musterhaft hielt, stand der kunstlerische
Erfolg hinter dem — namentlich bei den vier letzten Yorstellungen nicht ublen —
Kassenerfolg nicht zuriick. Somit hat sich unsere Oper ruhmlich an den allerorts
stattfindenden Wagner -Huldigungen beteiligt und es bleibt nur zu wiinschen, dafi sie
die wahrend des Cyklus gewonnenen Erfahrungen in jeder Weise heilbringend fiir die
Zukunft ausnutzt, damit Leipzig nicht mehr nur als Stadt der Gewandhauskonzerte,
sondern auch als Stadt mit einer erstklassigen Oper genannt wird. — Am 25. Oktober
geht Meyerbeer's »Afrikanerinc neu einstudiert in Szene.
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78 Mu8ikbericlite.
Die groBeren Orchesterkonzerte begannen am 6. Oktober mit der Vorfuhrung von
Beethoven's A-dur-Symphonie und Wagner's Kaisermarsch durch das philharmonische
Orchester unter Hans Winderstein. Solist war Busoni (Liszt: A-dur-Konzert,
Totentanz-Paraphrase). Gleich darauf, am 8. Oktober, kam das Gewandhaus mit der-
selben Beethoven'schen Symphonie, Mozart's Zaubenfloten-Ouverture, Gluck's »Furien-
tanz« aus Orpheus und Fraulein Helene St'agemann als Mitwirkenden (Arie aus
Mozart's >Il re pastore* und Lieder mit Klavier). Emil Sauer aus Wien lieB sich
im folgenden Gewandhausabend mit seinem zweiten, wenig tief angelegten C-moll
Konzert horen, der neue, an Felix Berber's Stelle berufene Konzertmeister Edgar
Wollgandt spielte im dritten Beethoven's Violinkonzert vornehm kiinstleriscb,
w'ahrend Mary Munchhoff zwei Koloraturarien von Mozart und Lieder in der ihr
eigenen leichten Manier sang. Vorzugliches bot das erste der >Neuen Abonnements-
konzerte*, in dem Weingartner die dritte Leonoren-Ouverture und Eroica von Beet-
hoven dirigierte und Reisenauer dessen G-dur-Konzert mit reifer Auffassung vor-
trug. Etwa ein halbes Dutzend kleiner Solistenkonzerte , meist ohne Belang, folgten
diesen ersten dieswinterlichen Kunsttaten, unter die, nicht zuletzt, auch das Auftreten
von Frau Gutheil-Schoder, Francesco d'Andrade's und eines jungen Cellisten
Beyer-Han e (Konzert des Vereins »Leipziger Presse«) einzubeziehen ist. A. Sch.
Mtinchen. Zumpe ist tot, und die Frage, wer sein Nachfolger als Generalmusik-
direktor werden soil, halt noch immer das Interesse weiterer Kreise gefangen. IndeC
scheint man die definitive Entscheidung einstweilen hinausschieben zu wollen, da man
interimistisch den jugendlichen Stuttgarter Hofkapellmeister Reichenberger , einen
geborenen Miinchner, auf ein Jahr engagiert hat. Reichenberger, schon von seinem
Gastspiel mit der wiirttembergischen Hofoper her vorteilhaft hier eingefuhrt, trat sein
neues Amt mit einer groGziigigen Wiedergabe des »Lobetanz« seines Meisters Thuille
an. Auch bei Kaim ist ein neuer Dirigent eingezogen. An die Stelle Hausegger's,
dessen Volks-Symphoniekonzerte Stavenhagen im letzten Winter provisorisch dirigierte,
ist nun Peter Raabe, als Musikschriftsteller seither gunstig bekannt, getreten und
erwies sich als zuverlassiger Dirigent. Aus seinen Programmen ist vor allem der
Wiederaufnahme selten gespielter klassischer Werke zu gedenken; so brachte er Mo-
zart's konzertante Symphonic in Es-dur fiir Violine und Viola (Professor Herm. Ritter)
und Mozart's kleine Nachtmusik. Die groBen Kaimkonzerte (unter Weingartner) und
die Akademiekonzerte (unter Fischer, Erdmannsdorfer und Steinbach als Gast) haben
noch nicht begonnen. versprechen aber nicht sonderlich interessant zu werden, da man
angstlich dem Ungewohnten ausweicht und die sparlichen Neuheiten recht zaghaft
au8gewahlt sind. Wenn Stavenhagen nicht doch seine modernen Abende, die aller-
dings groBe finanzielle Opfer erheischen, wieder aufnimmt, wird es in dieser Hinsicht
iibel bestellt sein. Von kleineren Konzertveranstaltungen sind bis jetzt ein Violin-
sonaten-Abend des Konzertmeisters Rettich und der Frau Langenhan-Hirzel, ein
Trio- Abend derselben im Verein mit Herrn Warnke, sowie ein Konzert der Frau
Senger-Sethe, die sich namentlich in Cesar Franck's Violinsonate als temperament-
voile Geigerin erwies, ruhmend zu erwahnen. Frau Giemkiewicz, eine hiesige Altistin,
widmete ihren Liederabend Zumpe, Anton Beer-Walbrunn und Max Reger, von letz-
terem feinsinnig begleitet. Man merkte wiederum, wie wenig schopferisch begabt der
verstorbene Dirigent gewesen, erstaunte iiber die Banalit'at der Beer'schen Lieder, da
man sonst von diesem tiichtigen Komponisten besseres gewohnt ist, und interessierte
sich lebhaft fur einige, wenn auch etwas gar barocke, so doch hbchst eigenartig em-
pfundene Lieder Reger's. Als Kuriositat sei noch erwahnt, daB Kapellmeister Scharrer
neulich in einem Volkskonzert des Kaimorchesters Beethoven's Schlacht bei Vittoria,
bearbeitet von Cyrill Kistler, zu Gehbr brachte. Die Schlachtmusik und die Klage
der Franzosen packen auch heute noch, wogegen der Jubel der Englander, charak-
teri8iert durch endlose Variationen iiber >God save the kingc stark abfallt. E. I.
Paris. La saison musicale, dans les theatres de musique, a commence* d'assez
bonne heure, cette ann£e, avec les premieres representations de la To sea de Puccini
(sur un livret tire" du ceiebre drame de Sardou, par MM. Illica et Giocosa, traduit
en francos par M. Paul Ferrier) a l'Opera-Comique et, pour Tinauguration du Nouveau
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Musikberichte. 79
Theare-Lyrique de la Gaite, par Herodiade de Massenet (paroles de Paul Milliet
et Gremont), dont la premiere representation remonte au 15 decembre 1881 (theatre
de la Monnaie de Bruxelles), et qui ne fut jouee a Paris, au Theatre-Italien, que le
l«r fevrier 1884.
La To sea, montee avec le soin que M. Carre apporte a la mise en scene de
toutes les pieces nouvelles de l'Opera-Comique, n'a pas remporte le meme succes que
naguere la Boheme. On a trouve gen^ralement, dans la musique de M.Puccini,
un peu trop de reminiscences franchises, ce qui etait evidemment de circonstance au
moment ou le couple royal italien visitait Paris, mais n'a satisfait tout le monde, et
Ton etait en droit d'attendre autre chose de Tauteur de la Boheme; on remarque
aussi dans la partition de M. Puccini comme 1'horreur de l'emploi prolonge d'une
meme tonalite et, pour ne pas tomber dans les redites ou dans la vulgarite, une
tendance a compliquer inutilement le drame orchestral. Quoiqu'il en soit, le deu-
xieme acte, fit un effet considerable et emporta le succes de Touvrage entier. L'or-
chestre etait dirige par M. Andre Messager; les principaux roles de cette piece
(nouvelle pour Paris) etaient confies a Mlle Friche et a MM. Beyle, Dufrane, Delvoye
et Huberdeau.
Paris, depuis l'epoque que je rappelais tout a Theure etait peut-etre la seule
ville de France oil Ton ne joua pas Herodiade: de l'Est a l'Ouest, du Nord au
Sud, dans les localites les plus diverses, cet opera, qui est une des ceuvres les plus
caracteristiques de Massenet, est execute plusieurs fois chaque saison; il fait partie
du repertoire au meme titre que les Huguenots ou que cette Juive que la direc-
tion du nouveau Theatre-Lyrique avait projete de faire entendre, pour ses debuts,
aox Parisiens. Seuls, quelques fragments de ballet etaient parfois entendus dans les
concerts.
La reprise d'Herodiade a Paris etait done une veritable premiere puis que
cette ceuvre n'y avait jamais encore ete representee en langue franchise. Chante au
Theatre-Italien par Mmes Adler, Devries, Tremellini, MM. Jean de Reszke et Maurel,
Topera de Massenet le fut cette fois par M^^ Calve, Pacary, MM. Gerome, Four-
nets, Renaud; Torchestre etait dirige par M. Luigini, qui a abandonne le pupitre de
1'Opera-Comique pour celui de la Gaite. Le succes a ete tres grand pour tous et,
cette premiere representation fait bien augurer des suivantes, — si toutefois les
directeurs du Theatre-Lyrique ont toujours d'aussi bonnes inspirations et ne donnent
pas dans Tancien repertoire demode dont ils avaient un moment menace les Parisiens.
Dans les grands Concerts, Colonne et Lamoureux, aucune ceuvre nouvelle n'a ete
entendue jusqu'a present: au Chatelet, M. Colonne a dirige deux fois la Symphonie
avec choeurs de Beethoven; la Fantastique et la Carnaval romain de Ber-
lioz, dont toutes les ceuvres seront passees en revue cet hiver. M. Chevillard a fait
entendre ie troisieme acte du Crepuscule des Dieux avec M. van Dyk.
Les Concerts Le Rey auront lieu desormais dans une nouvelle salle de spectacle,
le Theatre Victor Hugo vancien Trianon), les dimanches apres-midi ; nulle doute qu'ils
n'obtiennent une certaine vogue dans un quartier qui etait jusqu'ici totalement de-
pourvu d'un etablissement de ce genre.
La Societe philharmonique de Paris donnera cet hiver, du 10 novdmbre au 15 mars,
une aerie de quatorze concerts de musique de chambre, au cours desquelles on enten-
dra les Quatuors : Bolonais, Hans Wessely, Hubay, Kneisel, Petri, et peut-etre Joachim,
Hayot, Rose et le tcheque la Societe des instruments a vent de Munich, le Trio
de Rotterdam ; comme solistes : MM. W. Clarke, Frolich, Mmes Camilla Landi, Schu-
mann-Heink, Wedekind, etc. les pianistes d' Albert, Busoni, Lamond; les violonistes
Kreisler, Thomson, Ysaye; le violoncelliste P. Casals, etc. etc.
La Schola Cantorum prepare aussi sa reouverture, sous la direction de M. Charles
Bordes; on y executera comme Tan dernier des Cantates des XVHe et XVIU> siecles,
d'importants fragments d'opera de Rameau, les Cantates de Bach, etc.
En province, on ne signale guere jusqu'a present que la reouverture des Concerts
de Marseille, sous la direction de M. Gabriel Maris. A. Angers, on annonce
l'Etranger, de M. Vincent dTndy, Salammbo de Reyer, Henry Vill de Saint-
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80 Musikberichte.
Saens; a Nantes, la Tosca, Messaline, de M. Isidore de Lara, la Boheme; a
Bordeaux^ Tannh'auser, les Maitres Chanteurs, leRoi d'Ys de Lalo, PAtta-
que du moulin de Bruneau, Louise, Lohengrin; a Lyon, Siegfried, le Cre-
puscule des Dieux, l'Etranger, Louise, Salammbo, 1'OrduRhin; a Nice,
la Walkyrie, Siegfried, l'Or du Rhin, Louise, le Roi d'Ys, la Tosca,
la Reine Fiamette. A Nancy enfin, Hansel et Gretel. J.-G-. P.
Prag. Die Tenoristennot ist durch das Engagement des Dr. Otto Briese-
meister als Heldentenor in einer Weise behoben worden, mit der alle BeteUigten
bisher zufrieden sind : das Publikum, die Direktion, das neue Mitglied. Verhehlen wir
es uns nicht, das Ideal eines S'angers, der mit einer gl'anzenden, den Sinnen schmeicheln-
den Stimme begnadet ist, stellt Briesemeister nicht vor, und dieser unverschuldete,
aber auch nicht zu behebende Fehler wird ihm voraussichlich hier in Prag, wo man
gern »schon« singen hort, seme Stellung erschweren. Aber Briesemeister kann als
Gegengewicht auf die andere Wagschale seine uberaus hohe Intelligenz werfen, und
wenn die Zunge nicht mindestens einsteht, so sinkt gewiB die Schale, auf der die
Intelligenz ruht. In kluger Erwagung debutierte er zum erstenmal in seiner von
Bayreuth aus bekannten Glanzleistung als Loge, und hatte, wie nicht anders zu er-
warten, einen durschlagenden Erfolg. Der Beifall war um so echter, als kurz vorher
der Hannoveraner Holldorck als Tristan durchfiel und Veranlassung zu einem hier
schon Jahrzehnte lang nicht verzeichneten Theaterskandal wurde. So schlimm hatte
man ihm allerdings nicht mitspielen miissen, schon aus Respekt vor der Musik Richard
"Wagners nicht; und wenn es war ist, daB dieses ganze unwiirdige Treiben auf die
Claque zuruckzufiihren ist, so sollte ein solches unliebsames Vorkommnis die Theater-
leitungen bestimmen, gegen eine Rotte bezahlter — in unserem Fall nicht bezahlter —
Erfolgmacher ganz energisch einzuschreiten. Aber zuruck zu Briesemeister. Seit er
der unsrige ist, sang, nein spielte er den Siegmund, und jttngst den Mathias in Kienzl's
Evangelimann. Beide Leistungen standen auf jener Hohe, wie man sie von einem
Kiinstler wie Briesemeister voraussetzen kann und wohl auch immer wird voraussetzen
konnen. — In der Operette herrscht Frau Fischer-Frey, nicht ohne Gliick. Eine
gute, n'amlich auch stimmlich gute Operettendiva haben wir lange nicht besessen,
und da wir sie nun haben, so erscheinen wieder auf dem Spielplan altere, aber
kunstlerisch in jeder Note wertvollere Werke wie die schone Helena, der Bettelstudent,
die GroBherzogin von Gerolstein. — Voranzeigen will ich, daB die tschechischen
Philharmoniker unter Dr. WilhelmZemanek bis zum neuen Jahr einen Cyklus
von zehn popul'aren Symphoniekonzerten veranstalten , wovon zwei bereits zur Zu-
friedenheit abgelaufen sind. Mehr dariiber nach Abwicklung ihrer Programme.
E. Ry.
Wien. Das gemeinsame Grundiibel fast samtlicher nachwagnerischen musikalischen
Buhnennovit'aten ist und bleibt das mangelhafte Libretto. Der begabten, ja hoch-
begabten musikalischen Schopfer gibt es heute eine ganze Anzahl, wollen sie aber ihr
dramatisches Talent, dem leider zumeist poetische Produktivitat fehlt, entfalten, so
miissen sie notgedrungen Anleihen mannigfacher Art machen. Als solche Anleihe
dient manchem sjcherlich musikdramatisch begabten Komponisten die symphoni-
sche Dichtung, nun aber schuf gar kiirzlich einer, Oskar Nedbal, in der Ver-
legenheit das Ballettmusikdrama. Denn nichts anderes ist im Grunde sein pantomi-
misches Ballett »Der faule Hans«, das nach langen Kulissenwehen endlich das
Licht der Buhnenwelt erblickt und an der Hofoper einen wohlverdienten, rauschenden
Erfolg errungen hat. F. K. Hejda's Erzahlung vom >Faulen Hansc ist ein schlichtes
Volksmarchen: ein Bauer hat drei Sohne, zwei kehren soeben von der Wanderschaft
zuruck und prahlen mit ihren Heldentaten. Hans aber, der jiingste, das Muttersohnchen,
schl'aft lieber hinterm Ofen und wird verspottet, beschimpft, geschlagen. Drob erbost,
regt sich die Tatenlust in ihm, und auch er zieht hinaus in die Welt. Echt marchen-
m'aBig nimmt sich des Verkannten eine giitige Fee an und schenkt ihm einen Zauber-
ring; der gibt ihm Gliick und Wunderkraft, Hans erlegt einen Lindwurm und erringt,
den Tiicken seiner neidischen Briider zum Trotz, zuletzt auch die Hand der von dem
Untier befreiten Prinzessin. Es ist erstaunlich, welche dramatische Spannkraft Nedbal's
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Vorle8ungen fiber Musik. 81
Musik aus diesem an sich alltaglichen Marchenstoff zu saugen verstanden, wie er von
Wagner die musikalische Illustration der Geste nicht nur gelernt, sondern auch fur
das Ballett auszunfitzen gewuBt hat. Wir vergessen fast, daB wir da ein Ballett alten
Stiles vor uns haben. Nur Einzelheiten, wie der Tag, der mit Spitzentanz der Prima-
ballerina erwacht, oder wie die aufdringlichen Massenballabiles erinnern uns gewaltsam
an die alte Ballettmisere. Aber auch diese Gruppentanze entwickeln sich zumeist orga-
nisch aus dem Gang der Handlung, und die kr'aftige national-bohmische Farbung der
Polka-, Krakowiak-, Walzer- und Marschweisen versohnt uns mit dem Choreographischen.
Nedbal ist zugleich Musikant und Musiker, Tanzkomponist und moderner Kfinstler, vor
allem raffinierter Instrumentator, in einer Person! Sein Ballett wiirde die Runde fiber
die Bfihnen machen, wenn, ja wenn die Musikkenner Balletthabitues oder besser gesagt,
wenn die Balletthabitues Musikkenner war en! Als Ubergangserscheinung vom alten
Spitzentanzballett zu einem modernenBallettdrama betrachtet, verdient >Der faule Hans*
entschieden Beachtung, Nedbal fand eben den schwierigen Ausweg aus dem Dilemma —
schlechtes Opernlibretto oder gutes Ballettsujet — vorl'aufig noch nicht anders, als
indem er gute, originelle moderne Pantomimenmusik schrieb. Godlewski's schlecht-
hin unubertreffliche Verkorperung der Titelrolle muB ebenso eigens hervorgehoben
werden, wie Hassreiter's Choreographic. Der Dichter der >Puppenfeec hat jetzt
einmal bewiesen, daB er ein Ballett dichter von Feingeffihl und Geschmack ist, wie es
heute kanm einen zweiten auf deutschen Bfihnen gibt; Nedbal, der sein "Werk diri-
gierte, ist ein hochst energischer Kapellmeister. Es war ein Ehrenabend des Wiener
0pernballett8; ist ja in Sachen des Tanzes Wien fiberhaupt und seine Oper im beson-
deren noch immer Ffihrerin in deutschen Landen gewesen! — — Auch sonst 1'aBt
Eich die Opernsaison verheiBungsvoller an als die vorj'ahrige. Direktor Mahler in-
szenierte eine der dramatisch lebensvollsten groBen Opera, Halevy's >Jfidin«, neu
und brachte eine vollendete Aufffihrung heraus. Ich wohnte der sogenannten zweiten
Besetzung bei, in der das unlangst engagierte jugendliche Fraulein Schubert, eine
Schfilerin des Wiener Konservatoriums, die Etecha mit einer stupenden virtuosen Vol-
lendung sang und mit angeborenem dramatischen Feuer verkorperte. Herrn Pacal's
Leopold dagegen kam fiber leeres Brillieren mit hohen Tonen selten hinaus, wahrend
Herr Wink elm an n als Eleazar meinem Geffihl nach noch auf ungeschw'achter Stimm-
und Darstellungshohe stand. — Die erste dieswinterliche >Krise« bei den Phil-
harmonikern, die durch die Demission des Hof kapellmeisters Jos. Hellmesberger
hervorgerufen wurde, ist bereits gelost. Die Meisterschar des Hofopernorchesters hat
aus der Not eine Tugend gemacht und Gastdirigenten berufen. Es werden vier Kon-
zerte von Hofrat Schuch, zwei von Dr. Muck, je eines von Professor Safonoff
und Arth. Nikisch geleitet werden. A. N.
Vorlesungen fiber Musik.
Berlin. Zu unserem Verzeichnis der Vorlesungen an deutschen Universitaten im
Torigen Hefte sind noch die des Privatdozenten Dr. Johannes Wolf » fiber Geschichte
der Musik im 16. Jahrhundert* (2stfindig) und »t)bungen zur musikalischen Termino-
logie des lateinischen Mittelalters* (lstfindig) nachzutragen.
Breslan. Musikwissenschaftliche Vorlesungen ffir Damen halt Prof. Dr. Emil
Bohn im Auditorium maximum der Universitat ab, und zwar im kommenden Winter
uber >Beethoven's Sinfonien und Klaviersonaten*.
K81n am Bhein. In den Vorlesungsplan der Stadtischen Handelshochschule ist
etzt auch die Musikgeschichte eingereiht, und Herr Dr. Gerhard Tischer mit Ab-
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82 Nachrichten von Lehranstalten und Vereinen.
haltung von Vorlesungen beauftragt. Er wird im n'achsten Winter iiber »Musikge-
schichte des 19. Jahrhundertsc vortragen.
Zurich. An der Musikschule liest Herr Dr. Ernst Radecke, Musikdirektor in
Winterthur, in diesem Winter iiber >Geschichte der Musik im 17. Jahrhundert<.
Naohrichten von Lehranstalten und Vereinen.
Breslau. Der Bohrtsche Gesang verein, der durch seine historischen Konzerte viel
zur Ausbreitung des Verstandnisses der alteren Musiksch'atze beitragt, wird in diesem
Winter vier historische Konzerte veranstalten, und zwar haben sie »die romantische
Oper in Deutschland« (E. T. A. Hoffmann, C. M. von Weber, Marschner, Spohr,
Reissiger, Lindpainter, Kreutzer), die >Weihnachtsgesange des 16. — 19. Jahrhunderts*
und die beiden letzten >die Zigeuner in der Musikc zum Gegenstande ihrer Vor-
fuhrungen. Der Verein besteht aus 114 singenden und gegen 200 zuhorenden Mit-
gliedern. — Der seit 22 Jahren bestehende Flugelsche Gescmgverein JuU sieh auf-
gelost. In einem l'angeren Artikel in der »Schles. Ztg.« gibt der bisherige Dirigent
des Vereins , Herr Rud. Ernst Fliigel die Griinde an, die ihn bewogen haben, da
dem Verein ein frisches, freudiges 25j"ahriges Jubil'aum nicht beschieden sei, wenigFtens
fiir ein anst'andiges, ehrliches Begr'abnis zu sorgen. Seine aktenm'aBige Darstellung
der Geschichte seines zuletzt nur aus 150 Mitgliedern bestehenden Vereins beschlieBt
er mit den Worten: „Die Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen er ins
Leben trat, sind nicht mehr vorhanden. Die kiinstlerischen Ziele, die er sich gesteckt
hat — wiirdige Auffiihrungen groBer Vokalwerke neuerer Komponisten — sind der
Kosten wegen fiir ihn unerreichbar. W'ahrend der letzten beiden Jahre, wo nur kleinere
Musikabende veranstaltet werden konnten, haben wir laviert und Umschau gehalten,
ob es einen Ausweg aus dem Labyrinth des chronischen Defizits g'abe. Wir haben
keinen gefunden. Zeichen und Wunder geschehen nicht mehr, und so bleibt nur
iibrig, den SchluB aus diesem alien zu ziehen, und der heiBt »Auflosung« oder sagen
wir lieber »Vertagung des Vereins «.u Im Verlauf der Jahre hat der Verein an groBeren
Werken zur Auffuhrung gebracht: Becker's B moll-Messe, »Faust« von Rob. Schumann,
»Verlorenes Paradiesc von Rubinstein [2 Mai), »Glockec von Scholz und >Walpurgis-
nacht* von Mendelssohn, »Freyhir« von Matthieu und »Der Rose Pilgerfahrt* von
Schumann, »Krosus* von Lorenz, >Gustav Adolf* von Bruch. Der Verein hat an
diesen Auffiihrungen im Ganzen die Summe von 8603,89 Mk. zugesetzt, ungerechnet
die Aufwendungen fiir das kostspielige Notenmaterial.
Hamburg. Das von dem verstorbenen Herrn v. Bernuth gegriindete und viele
Jahre geleitete Konserratorium der Musik feierte am 1. d. M. sein 30jahriges Bestehen.
Das Institut, das 1873 mit 35 Schulern und 5 Lehrern eroffnet wurde, zahlt jetzt 30
Lehrer und 446 Schiiler. Gegenw'artiger Direktor ist der bekannte Dirigent Max
Fiedler.
New York. Die >Tonkiinstler- Society* hat in einem soeben erschienenen Buche
die Programme ihrer letztjahrigen Musikauffuhrungen, die Mitgliederliste und das
Verzeichnis der Werke ihrer Bibliothek zusammengestellt. Vom 14. Oktober 1902
bis 19. Mai 1903 gab die Gesellschaft 16 Konzerte mit meist deutschen Tonwerken.
Sie umfaBt 100 Tonkiinstler. Die Bibliothek ist erst im Entstehen und besteht aus
Musikalien.
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Notizen. 83
Notizen.
AltoBft. Der Verein fiir Kunsterziehung veranstaltete am 6. Oktober einen Handel-
Abend mit einer Vorlesung des Professors Emil Krause tiber Handel und Musik-
vortragen vorwiegend aus den Oratorien Handel's.
Berlin. Wagner-Feier. Die Festlichkeiten begannen am 30. September Abends mit
einem Empfangsabend im Reichstagsgebaude. An der Ausfuhrung des Kiinstler-Kon-
zertes beteiligten sich M*,e Janotha (London]. Fraulein Johanna Brackenhammer (Coburg),
M™« Flament (Brussel), Hen* Alexander Fiiredi aus Budapest, Frau Ernestine Schumann-
Heink, Mr F. Delmas von der GroBen Oper in Paris, Fraulein Auguste Miiller (Han-
nover) und Maria Romaneck. Das Philharmonische Orchester aus Leipzig unter Ka-
pellmeister Hans Winderstein eroffnete das Konzert mit dem Vortrage des Kaiser-
marsches von Richard Wagner. Der Glanzpunkt des Abends war unstreitig Schubert's
Allmacht, in genialer Weise von Frau Schumann-Heink gesungen. Die Akustik der gro-
Ben Wandelhalle des Reichstagsgeb'audes erwies sich indeB als nicht giinstig fur Musik-
vortrage. Prinz Friedrich Heinrich von PreuBen, Kultusminister Dr. Studt, Graf
Hochberg, General-Leutnant Freiherr von Dincklage-Campe und andere wohnten dem
Konzert bis zum Schlusse bei. Zu den Festlichkeiten waren in Berlin eingetroffen:
der deutsche Botschafter in Paris Fiirst Hugo von Radolin; Graf von San Martino
and Valperga, der Delegierte des italienischen Unterrichtsministeriums ; Kammerherr
Graf A. Buren, Intendant der Koniglichen Theater in Stockholm ; Oberstleutnant Don
Felix Arteta, President und Deligierter der Philharmonischen Gesellschaft in Madrid;
die Delegierten der Stadt London: der High Sheriff Sir Thomas Brooke-Hitchings,
sowie der GroBkammerer Sir Joseph Savory; der Vorsitzende des Londoner Aldermen-
Kollegiums, Sir Pratt Alliston, Mr W. A. Plunket, sowie viele Amerikaner, Franzosen,
Italiener, und viele andere.
Am 1. Oktober Mittags 12 ( Uhr fand die feierliche Enthullung des Richard Wag-
ner-Denkmals statt. Nachdem Prinz Eitel Friedrich als Vertreter des Kaisers, und
der Ehrenprasident des Denkmal-Komites, Prinz Friedrich Heinrich die prachtig ge-
schmiickte Furstentribune betreten hatten, ertonte der Kaisermarsch, ausgefuhrt von
400 Militarmusikern unter Leitung des Professor RoBberg. Hierauf folgte >Ehrt eure
deutschen Meister*, SchluBchor aus >Die Meistersinger«, Bearbeitung ftir Mannerchor
mit Begleitung der Militarmusik von Professor Richard Schmidt, gesungen von 900
Mitgliedern des Berliner Sangerbundes unter Leitung des Professor Felix Schmidt.
In schwungvoller Rede mit einem Hoch auf den Kaiser ubergab nunmehr Kommerzien-
rat L. Leichner das Denkmal, dessen HUUe unter den Kl'angen- des >Heil dir im Sie-
gerkranz« fiel. Hierauf folgte >Wach auf, es nahet gen den Tag* Hymne aus >Die
Meistersinger*, Bearbeitung fiir Mannerchor mit Begleitung der Militarmusik von
Professor Richard Schmidt, gesungen vom Berliner Sangerbund unter Leitung des
Professor Felix Schmidt. Die beiden Prinzen lieBen sich sodann den Professor Eber-
lein, den Schopfer des Denkmals, sowie eine groBe Anzahl von auswartigen Delegierten
vorstellen. Den SchluB der Feier, die eine gute halbe Stunde gedauert hatte, bildete
der Vortrag des Einzugsmarsches aus »Tannhauser< durch das Militarorchester. Nach
der Abfahrt der beiden Prinzen erfullte eine riesige Menschenmenge den Festplatz,
um hier das erste Denkmal des Bayreuther Dichter-Komponisten eingehend in Augen-
schein zu nehmen.
Auf die Enthullungsfeier des Wagner-Denkmals folgte am Abend desselben Tages
ein groBes Festessen im Wintergarten. Gkgen 700 Gaste, offizielle wie inoffizielle,
waren erschienen, urn sich nach mancherlei Platzkampfen endlich an den langen Tafeln
haoslich niederzulassen. Wahrend der kulinarischen G^enusse konzertierte auf der
prachtig geschmuckten Buhne ein vollbesetztes Orchester unter Leitung des Kapell-
meisters Gustav Wanda. Dagegen fielen samtliche angekUndigten Solo-Gesangsvortrage
aus, nachdem eine amerikanische MiB vergeblich versucht hatte, durch ihren Gesang
die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Urn so mehr aber entwickelte sich
ein iiberaus breiter Redestrom. Als erster Redner erhob sich Prinz Friedrich
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Z. d. L M. V. 7
84 Notizen.
Heinrich von PreuBen, urn alien denen zu danken, die sich um das Denkmal verdient
gemacht batten. Seine Rede schloB mit eincm Kaiserhoch. Hierauf ergriff Kora-
merzienrat Leiohner das Wort, ausklingend in einem Hoch auf den Prinzen Friedrich
Heinrich, den Ehrenprasidenten des Denkmal-Komites. Koltusminister Dr. Studt lietf
die fremden G'aste leben, welche herbeigestromt seien. um dem deutschen Genius ihre
Huldigung darzubringen. Ibm dankte je ein Franzose, ein Italiener, ein Engl'ander
und ein Amerikaner. Xachdem Geheimrat Jordan das Schaffen und die Werke Richard
Wagner's gepriesen batte, endete das Redetournier mit einer Ansprache des Malers
Felix Possart und des Professor Eberlein. Den BeschluB des Festes machte die Ver-
teilung der vom Komite gestifteten goldenen Ehrenmedaillen. R. S.
Birmingham. — Some words on texts of pieces at the Festival1). — Elgar
having apparently felt the trammels of another man's text in "Gerontius" , has
in "The Apostlrs" made a tesselation or marquetry of short phrases from the Bible.
including the Apocrypha and the Revised Version, put together in this way and
that way to form a whole with a purpose , and a vehicle for dramatic and de-
scriptive music. It is the direct antithesis of taking a poet's finished work, and
writing music parallel thereto. Still in oratorio it is a plan of long usage, and no
<loubt a great convenience to the composer. Also in particular is suits El gar's
method of incessant and detailed leit-motive, and his punctilious following of the
sense of words; in which now he has outdone himself or any other composer of large
works. Undoubtedly the purpose running through the whole is of very high aim,
bold in conception, and deeply felt. E. says in Preface, "It has long been my wish
to compose an oratorio which should embody the calling of the Apostles, their teach-
ing (schooling;, and their mission, culminating in the establishment of the Church
among the Gentiles"; and whereas he pondered 6 or 8 years over "Gerontius", so the
present work must represent long reflection. On last page of full score E. writes,
from William Morris's Earthly Paradise, "To what a heaven the earth might grow.
If fear beneath the earth were laid. If hope failed not, nor love decayed". Only 2
parts are now out, containing the Ministry, the Passion, and the Ascension; part 3
will be the Mission to the Gentiles. Canon Gorton, rector of Morecambe in Lan-
cashire, has written a 35-page pamphlet on the text (Novellos,. The talented and
earnest A. J. Jaeger, of Novellos, has written 63 full pages analysing with a strong
search-light the combination of text with music, and he discovers 92 leit-motives ; the
labelling of these will repel the un-initiated, but probably represent approximate ac-
tualities in the composer's mind, and have their use. Music dominated by leit-motive
is certainly different from any other music. — Stanford's "Voyage of Maeldune*1 is on
Alfred Tennyson's poem. The Irish story is of a chief, Maeldune, who sets out with
a crew for vengeance; but visiting those fantastic places, the Silent isle, the isle of
Shouting, the isle of Flowers, the isle of Fruits, the isle of Fire, the Bounteous isle,
the isle of Witches, and the isle of the double Towers, he loses nine-tenths of his
men in quarrels there begotten, and lastly reaching the isle of a Saint is turned from
his purpose. The words are not much more than successful preciosity, and in parts
quite crude; of which the opening couplet is a foretaste, "I was the chief of the
race — he had stricken my father dead — But I gathered my fellows together. I
swore I would strike off his head". Lytton called Tennyson. "Miss Alfred". Would
that Stanford would go back to the noble Ossian, with his sempiternal force about
Siol Erin na gorm lann, the sons of Erin of blue steel! "At the rising of the
sun I beheld the spears piercing the bodies of foes, and the bows throwing forth
their steel-pointed arrows. The whole ocean was one wound. The virgin long be-
wailed the slaughter of that morning". — The "Legenda" were first the daily lessons
read out in Latin, but not sung, in the Christian ritual; thereafter the stories of
saints and martyrs read out after dinner in the refectories, or even at matins on
Saints' days. In 2»d half 13th century Jacobus de Voragine, Dominican friar [later
1 Der Musikbericht aus Birmingham muBte fur folgendes Heft zuruckgestellt
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wcrden. Die Redaktion.
/CjOO
Notizen. 85
on Archbishop of Genoa, and died 1292). compiled a "Legenda Sanctorum" or "His-
toria Lombardica", which book from its worth was called familiarly Legenda Aurea
the Golden Legends). The plural passed into a singular, and Wynkin de Worde
says, "Like as passeth gold in value all other metals, so this Legend exceedeth all
other books". This work, the great storehouse of the legendary lore of the Middle
Ages, was translated into French in 14^ century by Jean de Vignay, and into
English in 15th century by William Caxton. There are 177 sections, each devoted
to a particular saint or festival, arranged in order of the calendar. At the same
time, on the secular side, the Swabian knight and minnesinger Hartmann von der
Aue. c. 1170—1220, wrote about 1197 "Erec" (the "Enid" of Tennyson), edited
by Haupt in 1839; and about 1204 "Iwein", edited by Benecke and Lachmann in
1827. Both of these are Arturian legends. Between the two he wrote "Der arme
Heinrich", edited by Mtiller in 1842. See also Mailath's "Alt-deutsche Gedichte", and
Marbach'8 "Volksbiicher" no. 32. "Poor Henry" is prince of Hoheneck in Bavaria;
till a pure virgin offers to die for him he cannot be cured of his leprosy; Elsie, a
farmer's daughter, offers to do this for love of him ; but eventually the sacrifice is not
demanded of her, for he is cured first and marries her after. Longfellow has made
an English poem of this, and rather awkwardly borrowed the Jacobus de Voragine
title, making it "The Golden Legend". But the awkwardness ends with the entitling,
for the poetic taste is perfect and the diction beautiful. As Ruskin said, he has here
•entered more closely into the temper of the monk, for good or for evil, than ever
yet theological writer or historian, though they may have given their life's labour to
the analysis". The Longfellow text was reduced for Sullivan's art by Joseph Bennett.
A wealth of matter, including the chastely wrought "Miracle Play" episode, has had
*o disappear. — As to the bell- baptism, the Council of Cologne ordained as follows:
— "Let the bells be blessed, as the trumpets of the church militant, by which the
people are assembled to hear the word of God; that by their sound the faithful may be
invited to prayers and the spirit of devotion within them be increased. The fathers have
also maintained that demons, affrighted by the sound of bells calling Christians to prayers,
would flee away, and when they fled the persons of the faithful would be secure; that
the destruction of lightnings and whirlwinds would be averted by the same, while the
spirits of the storm would be defeated". See Scheible's "Kloster", VI, 776. Brand's
•Popular Antiquities" records the "ringinge of the hallowed belle of St. Paul's in
great tempestes or lightninges". — The Brahms work of 3 stanzas from Goethe's
"Harxreise in Winter" (Goethe's visit to the desponding theological student Pleasing at
Wernigerode), was sung in English to the translation of R. H. Benson. E. G. R.
fibers walde. Am 20. und 21. Oktober fand hier unter reger Beteiligung der
Geistlichen, Kantoren und Organisten der Mark sowie unter groCer Anteilnahme der
Bevolkerung die Generalversammlung des Brandenburgischen evangelisch-kirchlichen
Chorgesang-Verbandes statt. Ein Konzert der vereinigten Chore von Eberswalde
Oratorien-Verein , Gemischter Chor von St. Johannis , Kirchen-Chor von St. Maria-
Magdalenen), in dem unter Leitung des Koniglichen Musikdirektors Boderke in an-
erkennenswerter Weise Kompositionen von J. S. Bach, Ltitzel, "Wehrmann, Boderke,
Haydn, Mendelssohn, G. Jansen, Krebs und Handel zu Gehor gebracht wurden, er-
offhete die Feier. Nach einer ergebnisreichen Besprechung der Vertreter vereinigten
sich die "Verbandsmitglieder zwanglos mit Freunden der Sache. Zu ihrer Unterhaltung
steuerten die Mannerchore der Stadt reiche Gaben bei, die vielen Anklang fanden.
Der zweite Tag brachte nach einem liturgischen Gottesdienste, welchen Herr Superin-
tendent ELonig abhielt, die eigentliche Arbeitssitzung unter Leitung des Herrn Ge-
behnen Regierungs- und Schulrats Trinius an Stelle des leider durch Krankheit ver-
hinderten Vorsitzenden Herrn Oberkonsistorialrats Prof. Dr. Klein ert. Nachdem Herr
(reheimrat Trinius wie die Herren Pfarrer von der Heydt und lie. Breest uber
Zweck und Ziel der Vereinigung aufgeklart und die bisherige Wirksamkeit dargelegt
hatten, hielt Herr Privatdozent Dr. Johannes Wolf (Berlin) einen Vortrag tiber >die
Bedeutung der Chorpflege fur die Hebung des Gemeindegesangs«, an welchen sich
eine lebhafte Debatte anschloB. Von gefaCten Beschlussen diirfte derjenige, welcher
igiM
86 Notizen.
dem Konsistorium die EinfUhrung von mit Noten versehenen GesangbUchern dringend
ans Herz legt, allgemeinen Anklang finden.
L em berg. Die hiesige Philharmonie ist eingegangen. Das Orchester bereist jetzt
mit einer Operntruppe Russisch-Polen und RuBland. Ob ein zweites Unternehmen
erstehen wird, ist unsicher. — Das Stadttheater verspricht in der n'achsten Saison
Wagner's >Walkiirec, »Chopin« von Orefice, »Marga« von Henryk Melcer, > Louise*
von Charpentier. — Der bisherige Opernkapellmeister Spetrino verlieB sein Amt; an
dessen Stelle wurde wiederum ein Italiener, Philipp Brunetti, engagiert, der als
guter Wagner -Kenner gilt und der schon mit den Proben der >Walkure< begonnen
bat. Dagegen soil Herr Spetrino eine Zeit lang als Stellvertreter des Herrn Hof-
kapellmeisters J. Hellmersberger in der k. k. Oper in Wien dirigieren. A. C.
London. — The latest English official report on export trade of books compares
the trade 1897—1901. The export from England to France rose from M 36,000 to
£ 48,000; to Belgium, from M 17,000 to 4" 22,000; to Germany, from M 68,000 to
M 72,000. To Holland it sank from £ 27,000 to M 20,000. E. G. R.
Ltittich. Der Rat der Stadt hat fur ein standiges waUonisches Theater die Summe
von 25000 Franks bewilligt. Mit dem Bau soil sofort begonnen werden.
Rom. Auf Veranlassung des Padre Ehrle ist das Musik-Archiv der Cappella
Sistina in die Yaticana ubergefuhrt und damit der bequemen Benutzung der Musik-
historiker erschlossen worden.
Weltansstellnng in St. Louis 1904. Das Musikbureau der Ausstellungsleitung
veroffentlicht jetzt durch Zirkular die Bedingungen fur den Wettstreii von Gesang-
rereinen, welche wahrend der Dauer der Ausstellung sich an dem Wettsingen in der
Festhalle beteiligen wollen. Die samtlichen sich meldenden Gesangvereine sollen in
drei Klassen geteilt werden. Zur ersten Klasse gehoren Gesangvereine, die mindestens
100 Mitglieder haben, unter denen sich 32 Sopran-, 26 Alt-, 18 Tenor- und 24 BaB-
stimmen befinden. Die Preise betragen in dieser Klasse 18000 Mark, 14000 Mark
und 10000 Mark. Die Ges'ange, welche bei dem Wettstreit vorgetragen werden
miissen, sind >Und die Herrlichkeit des Herrn« aus dem Messias von Handel; >0
erfreuliches Licht« aus der goldenen Legende von Sullivan und »Come away* von
Parker. In die zweite Klasse gehoren Gesangvereine mit mindestens 80 Mitgliedern,
welche 26 Sopran-, 21 Alt-, 14 Tenor- und 19 BaBstimmen haben. Die Preise be-
tragen 14000 Mark, 10000 Mark und 6000 Mark. Die Lieder, welche vorgetragen
werden miissen, sind >Der Herr ist unsere Zufluchtc aus dem 46. Psalm von Dudley
Buck, >Ave verum* von Gounod und der >Brautchor« aus der »Rosenjungfrau« von
Cowen. In die dritte Klasse gehoren die Vereine, welche mindestens 60 Mitglieder.
darunter 20 Sopran-, 16 Alt-, 10 Tenor- und 14 BaBstimmen haben. Die Preise be-
tragen 10000 Mark, 6000 Mark und 4000 Mark. Die Lieder, welche vorgetragen
werden miissen, sind »Wie der Hirsch schreiU, nach dem 42. Psalm von Mendels-
sohn; »Ave verum* von Mozart und die »Danksagungshymne« von Surette. AuCer-
dem hat jeder Gesangverein, der an dem Wettstreit teilnimmt, ein Lied nach eigener
Wahl zu singen, das er vorher dem Musikbureau zu benennen hat. Einer der Gesangs-
vortrage muB ohne Instrumentalbegleitung stattfinden. Gesangvereine, die nicht die
oben angegebene genaue Einteilung in Sopran-, Alt-, Tenor- und BaBstimmen haben,
konnen ebenfalls teilnehmen, bei der Beurteilung werden aber die von der Ausstellungs-
leitung ernannten Preisrichter auf die abweichende Einteilung Rucksicht zu nehmen
haben. Jeder Chor hat unter der Leitung seines sonstigen Dirigenten zu singen. Das
Preissingen findet nur statt, wenn sich sechs Gesangvereine der ersten, acht Gesang-
vereine der zweiten und zehn Gesangvereine der dritten Klasse den Preisrichtern
stellen. Die Wertung durch die Preisrichter wird sich vor allem richten nach dem
Festhalten der Tonart, dem Einsatz, der Phrasierung, der Harmonie, der Anwendung
des Piano und des Forte, des Vortrags und der Wiedergabe. Die Vereine konnen
von Noten oder nach dem Gedachtnis singen. Kann ein Verein an einem bestimmten
Tage, der fur den Wettstreit festgesetzt ist, nicht erscheinen und sind gewichtige
Grunde fur seine Verhinderung vorhanden, so kann der Wettstreit fur den betreffen-
den Tag verschoben werden. Die Sanger und Sangerinnen werden auf der Plattform
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Kritische Biicherschau.
87
in der Weise arrangiert, wie sie dies gewohnt sind und wie bei den tlbungen die
Stimmen zusammenstanden.
Stuttgart. Die Neue Musik-Zeitung (Verlag von Carl Gruninger, Stuttgart)
erscheint mit Beginn ihres 25. Jahrgangs in neuer Ausstattung und in einer nament-
lich auch textlich stark erweiterten Form. Sie bringt, neben den seitherigen, mancher-
lei neue Rubriken, insbesondere auch auf p'adagogischem Gebiet. Der unserer heutigen
Nummer beiliegende Prospekt gibt weiteren AufschluB.
Warschaa. In der Saison 1903/1904 verspricht uns die Philharmonie folgende
Werke zur Auffuhrung unter der Leitung Mlynarski's:
Symphonien: Beethoven's V. und IX., Weber's C-moll, Brahms' III., Liszt's
>Faust-Symphonie«, Klughardfs V., Glazunow's VI., R. StrauC >Sinfonia domesticac
zam ersten Mai, unter der Leitung des Komponisten), Cowen's >Skandinavische Sym-
phoniec unter der Leitung Damrosch's), Dohnanyi's D-dur (unter der Leitung des
Komponisten), Noekowski's >Vom Friihling zum Friihlingc (zum ersten Mai, unter der
Leitung des Komponisten) , Nowowiej ski's I. Symphonie (unter der Leitung des Kom-
ponisten); symphonische Werke: C. Franck's >Variationen«, R StrauC »Helden-
leben« (unter der Leitung des Komponisten), E. ScheUing's > Symphonische Suite*, dann
Kompositionen englischer und amerikanischer Komponisten unter der Leitung Dam-
rosch's. — Oratorien: Bach's >Weihnacht« unter Heinrich Opieriski), Schumann's
>Paradies und Peri«, >Manfredc; Mendelssohn's >Odypus in Kolonosc (mit Krakauer
Chor unter Barabasz) und » Antigone* (unter Noskowski); Brahms' >Schicksalslied<
unter Maszynski), Berlioz' »Faust's Verdammnis* (mit Al. Bandrowski als Faust); auch
der m. Akt > Tristan* gelangt zur Auffuhrung. Engelbert Humperdinck wird eigene
Werke dirigieren (Vorspiel zu > Hansel und Gretel«, »K6nigskinder* -Suite, >Maurische
Rhapsodie*;. Der italienische Komponist Orefice (Verfasser der Oper >Chopin«) wird
auch dirigieren. — Folgende Solisten werden auftreten.
Klavier: Busoni, Carreno-Tagliapietra, Dohnanyi, Grovlez, Hamburg, Hegner,
J. Hofman. M. Horszowski, Michalowski, Paderewski, Schelling, Eveline Stuart-London,
Wurmser.
Violine: Barcewicz, Fel. Berber, Halir, Hubermann, Kocian, Kubelik, J. Lubo-
szyc. Renter: Violoncell: Hugo Becker.
0 r g e 1 : Clarens-Eddy-London.
Gesang: Andrade, Faliero-Dalcroze, Kraus-Weiner, Sequard-Ro^anski, Trebelli-
Dolores. A. C.
Kritische Bficherschau
der neu-erschienenen Bucher und Schriften iiber Musik.
Referenten: Geo. Beokett, O. Fleisoher, Charles Maolean.
Biography, Dictionary of National.
Edited by Sir Leslie Stephen and
Sidney Lee. London; Smith, Elder
and Co.; 1885—1903. Vols. 67,
Royal 8vo. Vols 1—66 at 15/.
each, cloth; vol. 67 (epitome-index)
25/. cloth.
Given so many thousandpages to fill,
it is easier to do it with Universal bio-
graphy, i. e. of men from all countries.
Because the larger area gives a more emi-
nent selection, and round the eminent in-
formation springs up. Of Dictionaries of
universal biography, specimens are: — (a)
1697. The fundamental and evergreen "Dic-
tionnaire historique et critique" of Pierre
Bayle; Rotterdam; 2 tomes; 10 later edi-
tions down to 1820—4; and English 5-
volume translation (1734—8) of the second
edition, (b) 1811—53. Michaud's "Bio-
graphic Universelle, Ancienne etModerne";
Paris: 83 volumes, Crown 8vo; substantive
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88
Kritische Bucherschau.
8
1—52, supplements 53 — 55 and 56 — 83.
{c} 1812-17. Alexander Chalmers's "Gene-
ral Biographical Dictionary"; London etc.;
32 volumes Demy 8vo; a fine work, (d)
1843 — 66. Desplaces, Second edition of
u Michaud n ; Pans and Leipzig ; 45 volumes
Super-Royal 8vo. (e) 18o5— 86. Firmin
Didot, "Biographie Generate"; Paris; 46
volumes , edited by Hoefer. (f, 1856—57.
Charles Knight's "English Cyclopaedia,,
Biographical Section; London; 5 volumes,
large 4 to. ;g) 1857. H. J.Rose's "New
General Biographical Dictionary " ; London ;
12. volumes, (h) 1881. W. L. R. Cates's
u Dictionary of General Biography"; Lon-
don; 1 thick volume, Royal 8 vo, 1552 pages.
— A more original effort makes the dic-
tionary of National biography, bounded by
national geographical limits and so repre-
senting perhaps national characteristics.
This, tor equal bulk, needs more research.
Every country fairly represented : —America
(South), Arabia, Australia, Belgium, Bohe-
mia, Canada, China, Croatia, Denmark,
England, Finland, France, Germany, Hun-
gary, Iceland, India, Italy, Netherlands,
Portugal, Russia, Spain, Sweden, Switzer-
land, United States. But the most note-
worthy outside England are: — (a) 1835
—56; " Biographiskt Lexicon ofver Namn-
kunnige Svenska Man ", of Sweden ; 23 vols ;
4148 articles, (b) 1852-78; " Biographisch
Woordenboek der Nederianden ", edited by
A. G. Van der Aa; 21 vols; about 10,000
articles, (c; 1857 — 91; .."Biographisches
Lexicon des Kaiserthums Osterreich"; from
1750 on'; edited by Constant von Wurz-
bach, under auspices of Imperial Academy
of Vienna; 60 vols; 24,254 articles; an
appalling list of sources, (d) 1875 — 1900;
" Allgemeine Deutsche Biographie" ; by His-
torical Commission of the Bavarian Konig-
liche Akademie der Wissenschaften, edited
by Rochus von Liliencron; 45 vols; 23,273
articles ; supplement in progress, (e) Begun
1866; "Biographie Nationale deBelgique";
under auspices of Acad^mie Royale de
Belgique; in progress; last volume 1899,
ends "Pepyn"; estimated articles to be
10,000. (f) 1887—9; "Appleton's Cyclopae-
dia of American Biography"; edited by
Wilson and Fiske; 6 vols; about 15,000
articles. — Alongside of these, note 2 old
books : — W. Allen's American Biographi-
cal Dictionary, Boston, 1809; Ibn Kallik-
han's "Kitab Watayat al 'Aiyan" or Ara-
bian biographies , originally about A. D.
1250, translated into English by de Slane
A. D. 1842 and onwards. — England has
not hitherto done much with systematic
national biography. Unsystematic, though
of fine execution, have been: — 1662,
Fuller's "Worthies" under Counties; 1821,
Edmund Lodge's "Portraits of illustrious
personages, with biographical and historical
memoirs". The most encyclopaedia-like has
been, 1747 — 66, "Biographia Britannica" 7
vols folio, founded on the method of Bayle;
the same 1778—93 second edition with much
increase, by Kippis and Towers, 5 vols,
stopping at F. — Twenty years ago an
individual (not a Society, or a Government,
or a Syndicate; , stepped into this breach
for England. George Smith the elder 1789
— 1846) was the son of a small Scottish
farmer, was apprenticed to Isaac Forsyth
a bookseller and banker of Elgin, then
migrated to London, and was employed
first by Rivingtons, next by John Murray.
In 1816 with one Alexander Elder he
opened as bookseller and stationer at 158
Fenchurch Street, and in 1819 as publisher
also. In 1824, began East India agency
and banking. George Smith the younger
was born to the above 19 th March 1824;
and after that, firm moved to 65 Cornhill.
George Smith junior became sole partner
in 1846. In 1853 he took Samuel King.
Brighton bookseller, into partnership. In-
dian Mutiny in 1857, and transfer of ad-
ministration from Company to Crown in
1858, temporarily curtailed the Indian
agency business, but publishing all the more
pushed. In 1859 Cornhill Magazine, highly
successful, semi-popular, mostly for fiction.
In 1868 a bifurcation ; Henry S. King and
Co. taking over agency business, and Smith
Elder and Co. retaining publishing busi-
ness. — In 1882, after 40 years of publish-
ing work, George Smith junior projected
the work scheduled at head, the crown of
his career, and remaining his personal pro-
perty down to his death in 1901. — George
Smith first tried Universal Biography, was
quickly dissuaded; then adopted National.
Unlike the great twin recent English liter-
ary venture, Encyclopaedia Britannica
(which see), this one remarkable for exi-
guous advertisement and prospectus. Thus
no Preface at all to any volume, until after
15 years to the last of the substantive work,
vol. 63 in 1900; the alphabetical contents
till then being left just to explain them-
selves. However the 2 following definitions
categorize the work: — (a) "National"
means our own national British (England,
Scotland, Ireland), opposed to Universal
or for all countries; (b) the area embraced
is all deceased inhabitants of the
British Isles or British Colonies',
men or women, who have achieved
in any walk of life there or else-
where a reasonable distinction,
from the earliest historical period to the
present time. First editor, Leslie Stephen
(born 1832, Eton, Trinity Hall Cambridge,
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Trinity Hall
byCOOgl
Kritische Biicherschau.
89
married Thackeray's daughter, knighted in
1902,. Initial step was to draft lists of
names, and send out to various literary
persons for suggestion or correction. Simi-
lar thereafter offered for scrutiny every
half-year in "Athenaeum". First volume
of actual biographies appeared in 1885 (505
articles by 87 writers;. Quarterly volumes
thereafter punctually each quarter-day till
end of substantive task in 1900; 63 vols
in 15 Vs years. In 1891 Sidney Lee became
editor "born 1859, Ballioi College, Oxford;.
In last 3 years have appeared 3 supplemental
volumes, of those deceased since their locus
alphabetic us in substantive work has oc-
curred and passed. Now out, vol. 67 (epi-
tome index), which for separate review. —
In the substantive work, the numbers of
those English held to have achieved "a
reasonable distinction" are thus, by cen-
turies: — to end of V century 36. in VI
century 81, VH-134. VIII -96, IX-57,
X-76, XI- 186, XII-377, XIH-515,
XIV- 678, XV -659, XVI— 2138, XVII
-5674, XVIII— 5789, XIX— 12,608. Total
29,104. Of adult inhabitants (reaching 24
years) one in 5000 is biographized. B is
the highest initial letter, with 3078. Smith
the most frequent name, with 195. Average
length of article, 1 page. Longest article,
I Shakespeare (Sidney Lee), 49 pages. Con-
tributors 653. The music articles have
been written by H. Davey, F. G. Edwards,
J. Cnthbert Hadden, R. H. Legge, J. A.
Fuller Maitland, Miss Middleton, and W.
Barclay Squire. — The tone of all the
I writing is characterized by great modera-
tion. As a combination of thoroughly sound
design, conscientious research, and well
regulated writing, on a monster scale, the
work most be pronounced at the head of
all English publications that have yet ap-
peared. Chambers's 10-volume Encyclo-
rlia (distinguish from Chalmers) would
entitled to an equal praise, with the
additional merit of appearing in constant
new brought-up-to-date editions; but only
that the size is much smaller. And the
"Dictionary of National Biography", scheme
and enterprise, is that of a single indi-
vidual. C. M.
Bridge, Frederick. Samuel Pepys,
Lover of Musique. London, Smith
Elder and Co., 1003. pp. 121, Crown
8vo. 6/.
Book is a large amplification of 3 lec-
tures given before Royal Institution on 17,
24, 31 Jan. 1903 (IV, 352). Occasion is
the death-bicentenary of Samuel Pepys
1632—1703), social chronicler and amateur
musician. The name is pronounced "Peeps*.
He knew: — Wm. Lawes (1582—1645.
Henry Lawes ^1596— 1662), Christ, Gibbons
1 ,1615—1676;, John Banister (1630—1679),
I Matt. Locke c. 1630—1677), the elder Pur-
cell vc. 1633—1664', H. Cooke (d. 1672),
John Blow (1648—1708); and author has
agreeable dissertation on his relations with
each. He sang, and played instruments of
i the viol, lute, and recorder class. He com-
1 posed songs, — after much incubation
(page 102), while others made the bass.
| His writings, for which see IV, 352. reveal
the music made by an amateur and his
i household, including servants, 200 and odd
! years ago ; and it was generally of a bet-
i ter class than it is now. If spelling is
I withdrawn ;and this does not affect speech),
if some grammaticisms like the auxiliary
perfect, "I did come" for "I came", are
withdrawn (and this was but literary style ,
if some particles like "mighty" for "very"
are withdrawn (and these were only the
phrases of an epoch . the language of tepys
is just our own. The social style, such as
remains in a thoroughly country place.
Sir F. B. as lecturer (IV, 213) has no real
English rival; in that he sows instruction
in a soil of gentle comedy, which wins,
amuses, and predisposes to learn. The
book is readalbe, genial, and of quite cor-
rect taste. The portrait is from the Trini-
ty House (Lighthouse department of the
Admiralty). C. M.
Clark, J. Willis. The Care of Books.
Cambridge University Press. 1902.
The Egyptian Osymandias made the
first known horary, V>u/?r irtiQeloy. Then
came Alexandria with its twin libraries in
the Greek and Egyptian quarters, destroyed
in 4th century A. D. The first "Public
Library" seems to have been that at the
romantic Pergamum in the Mysian Teu-
thrania, Asia Minor, 2 centuries B. C. Then
a similar at Rome under Augustus, follow-
ed by many others there. The modern
Vatican library is only an ancient Roman
library enlarged. Books then meant gene-
rally papyrus-rolls, but there were also
codices or real books. After the fall of
the Roman empire, libraries were confined
to the Church. Benedictines became the
chief curators. This interesting brochure,
dealing with institutions, buildings, fittings,
and general contents, brings the history to
a modern date. Author Trin. Coll.; is
Registrar of the University of Cambridge
since 1901. C. M.
Dabney, J. P. The Musical Basis
of Verse. London, New York, and
Bombay; Longmans, Green and Co.
1902. pp. 269.
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90
Kritische Bucherschau.
Author describes this as wa scientific
study of the principles of poetic compo-
sition". His text is that "the primary laws
of verse, like those of music, are laid upon
the bed-rock of acoustics". He means that
as music is all &£<rt? and aqaig (putting
down and raising of the foot), so may the
component items of all poetry be grouped
as accent and non-accent. Coleridge in
his Preface to "Christabel" 1816) announ-
ced that accents were the real principle of
versification ; for which he was greatly taken
to task by the Edinburgh Review and other
periodicals; but for English at least the
statement is plainly true, even though there
may be the greatest licence in practice.
In 1881 Sidney Lanier published his "Science
of English verse", quite a pioneer book.
In this he even tried to analyse verse
through musical notation. Present book
follows this plan and adds. Author is an
American. (x. B.
Forks, Lily. Life's Counterpoint.
London, C. Arthur Pearson, 1903,
pp. 315. Crown 8vo.
A tale having nothing to do with mu-
sic is in 26 chapters thus headed: — A
musical evening, Duets, A soprano, A dis-
cordant fifth, Song of birds, Tuscan ris-
petti, A change of key, Modulations, Wrong
notes, In a minor key, A pastoral, A piano-
forte, Intermezzo, Change of parts, Out of
time, False notes, A nocturne, Eolian airs,
The prima donna, Lohengrin, A minor
close, Organ stops, English melodies, A
suspension, Counterpoint, Harmony. —
Certainly a piece of super-ingenious fool-
ishness, but may by noted to show the
increasing tendency of musical analogy to
invade ordinary modern diction in the
lighter walks of literature. G. B.
Polinski, Aleksander. Piesii Boga-
rodzicy pod wzglsdem mwzycznym.
(Das Lied der Heiligen Mutter im
musikalischen Sinn). Warszawa,
Gebethner i Wolff, 1903.
Der Inhalt handelt von den handschrift-
lichen Quellen dieses Liedes und den
Forschungen, die man dariiber angestellt
hat, von der musikalischen Form und
schlieOlich der Entstehung des Liedes, wo-
bei auch die Hypothese vom heiligen
Adalbert besprochen wird. Die verschie-
denen Handschriften, in denen das Lied
niedergelegt ist, werden ausfuhrlich be-
schrieben. F. St.
Tischer, Gerhard. Die aristotelischen
Musikprobleme Heft m der >Mu-
sikwissenschaftlichen Studien*. Ber-
1903.
100 S.
1 lin, E. Ebering,
| gr. 8°.
Der spezifisch musikalische Abschnitt
XIX der Tbekannten sogenannten Aristote-
lischen Probleme fiber die Harmonie wer-
den hier, ihrem Inhalte nach so weit als
I moglich zusammenhangend geordnet, einer
grundlichen musikphilologischen Prufung
' unterzogen, indem bei jeder Frage der
Probleme zun'achst das Wesentlichste zur
Textkritik und eine deutsche Ubersetzung
gegeben wird, woran sich dann die Er-
l'auterung des musikalischen Inhaltes unter
Wurdigung der von Ruelle, Th. Reinach,
C. v. Jan, Gevaert und Stumpf gegebenen
Erkl'arungen anschlieCt. Bekanntlich ist
das Verstandnis dieser Probleme durch
1 die verderbte Textuberlieferung und durch
| unseren Mangel an klarer Kenntnis der
alten griechischen Musikpraxis sehr er-
; schwert; aber gerade das reizt, sei es auch
i nur, fiber Moglichkeiten von Tongebilden
nachzudenken , denen nachzugehen uns
durch die Betrachtunc der sp'ateren oder
gegenw'artigen Musiklcein AnlaB geboten
wird. Das ist es, was die Forscher bei
jedem etwaigen neuen Musik-Funde aus
altgriechischer Zeit immer wieder zur Ein-
kenr bei diesen wahrhaften »Problemen«
fiihren dfirfte, bis fchlieClich deren Er-
klarung in vollige Ubereinstimmung mit
den Tatsachen gebracht sein wird. Bis
dahin werden alle derartigen Untersuchun-
gen eine gewisse captatio benerolentiac in
Anspruch zu nehmen haben, die auch in
, vorliegender Studie bei mancher der Er-
I klarungen am Platze zu sein scheint und
I die gewiO Jedermann den vorliegenden
! fieiBigenund grundlichen Studien gewahren
| wird. 0. F.
Victoria, Queen and Ruler. By Emily
Crawford. London, Simpkin, Mar-
shall, 1903.
The reader will find, among a mass of
detail never before brought together about
the late Queen of England, how she was
trilingual from infancy, how she had >le
genie de la valse«, and how a not incon-
siderable musical talent was educated.
Authoress a very clever woman, Mrs. G.
M. Crawford, perhaps 15 years the Queen's
junior, Paris correspondent to "Daily News*1
for at least the last generation, and lately
resigned. Also Paris correspondent for
"Truth". G. B.
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Eingesandte Musikalien.
91
Eingesandte Musikalien1).
Referent: O. Fleischer.
Adaiewsky, E. Berceuse Estonienne
pour Yiolon et Piano. Leipzig, C.
F. Kahnt Nachf. Jl 1,50.
Bach, J. S. Klavier -Werke. Mit
Fingersatz und Vortragszeichen ver-
sehen von Carl Reinecke. Band XH,
16 Konzerte. Nach Konzerten von
Benedetto Marcello, G. Ph. Tele-
mann, A. Vivaldi u. a. II. Abteilung,
Xr. 9 — 16. Leipzig, Breitkopf &
H artel.
Berlioz, Hector. Rob-Roy. Ouverttire
fur Klavier zu 4 Handen. Arrange-
ment von Otto Taubmann. Leipzig,
Breitkopf & Hartel. Jl 2,—.
Berr, Jose, Er ist's (E. Moricke). Fiir
dreLstimniigen Frauenchor und Kla-
vierbegleitung, Op. 21. Leipzig, C.
F. Kahnt. Part. Jl 1,50.
Buonamici, G. The Art of Scale
Study for the Pianoforte. (Die Kunst
des Tonleiter-Studiums.) London,
Augener & Co.
Fabricius , Jakob. Sehnsuchtslieder
von Julius Gersdorff, fur kleinen ge-
mischtcn Chor a cappella.
Fielitz, Alexander von. Marzurka-
Impromptu fur das Klavier, Op. 79.
Leipzig, C. F. Kahnt. Jl 1,50.
Pose, Grunnar. Drei Tonstticke fur
die Orgel. (Praludium, Pastorale,
Finale). Op. 5. Kopenhagen und
Leipzig, Wilh. Hansen.
Hentschel, E. Evangelisches Choral-
buch, vier8timmig fUr Orgel oder
Pianoforte gesetzt. Nach der von
der Provinyial-Synode gewahlten
Form der Melodien umgearbeitet von
R. Kropf. 14. Auflage. Anhang:
Melodien des Militar-Gesang- und
Crebetbuches fiir das deutsche Kriegs-
heer. Leipzig, Carl Merseburger.
uT6,— .
Hermann, Hans. Sechs Lieder fiir
eine Singstimme mit Begleitung des
Pianoforte, Op. 53. Leipzig, C. F.
Kahnt Nachf. je Jl 1,20 [Jl 1,—)-
1. Und wenn die Sonne schlafen geht.
2. Margit's G-esang f Ibsen), sehransprechend.
3. Schlafhedchen. 4. So ich traurig bin.
5. B'arbchen. 6. Miihlrad.
— Fiinf Kinderlieder (J. Trojan), Op. 54.
Ebenda. Jl 2,50.
1. Hasensalat. 2. Bescheidene Wiinsche.
3. Das eilige Schneckchen. 4. Auf deni
G'an8eanger (allerliebst). 6. Kleine Marie.
Josef owioz , Mich. Sonate pour Violon
et Piano, Op. 12. Varsovie, Ge-
bethner & "Wolff. Leipzig, Breit-
kopf & Hartel. Jl 6, — .
Junker, W. Deuxieme Fantaisie pour
Piano (Si majeur), Op. 42. Leipzig,
Bartholf Senff. Jl 2,—.
Kienzl,Wilhelm. Kienzl-Album. Eine
Auswahl von Liedern und Gesangen
fur eine Singstimme mit Begleitung
des Pianoforte. Wien, Universal-
Edition Aktiengesellschaft. 25 Lie-
der, mit Bild des Komponisten.
Koehler-Wumbach, Wilhelm. Mad-
chen von Kola. Dichtung von Ossian
(Herder). Fiir Mannerchore und
Orchester, Op. 32. Part. Jl 15,—.
Klavier-Ausz. Jl 2, — . Berlin-Gr.
Lichterfelde, Chr. F. Vieweg.
Liszt, F. Eine Symphonie zu Dante's
Divina Commedia. Fiir Pianoforte
zu 2 Handen. Arrangiert von
August Stradal. Leipzig, Breit-
kopf & Hartel, Jl 6,—.
Matthison-Hansen, Frederik. Choral
und Variationer for Orgel. Kopen-
hagen und Leipzig, AVilh. Hansen.
1) Da es unmoglich ist, alle Einsendungen sofort auch zu besprechen, so bringen
wir von jetzt an die Titel aller Werke sogleich nach ihrem Empfange in alphabetischer
Ordnung der Komponisten oder Herausgeber und behalten uns die Besprechung der-
selben, wo sie nicht sogleich beigefugt werden kann, vor.
92
Eingesandte Musikalien.
Middelschulte, Wilhelni. Passacaglia
(D-moll) fur die Orgel. Leipzig,
E. W. Fritsch. Jt 3,—.
Ein in Anlehnung an das Bach'sche
Vorbild geschaffenes, jedoch modern fak-
turiertes Werk, das mit der hinzutretenden
Choralmelodie >Ein' feste Burg ist unser
Gott« wirkungsvoll ausklingt. Der Vor-
trag des Stuckes erlbrdert eine gut ent-
wickelte Technik und bei der Breite der
Ausfuhrung reiche Abwechselung in Dyna-
mik und Farbengebung.
Miskow, Sextus. Fader vor! (Vater
unser! Sologesang mit Pianoforte .
In 3 Ausgaben (Original, tiefe Stimme,
erleichterte Ausgabe . Kopenhagen
und Leipzig, "Wilh. Hansen.
Moldenhauer, W. Hochzeitslied von
0. Kernstock f. Mannerchor a cappella.
Op. 1. Part. Jt 0,80. Berlin-Gr.
Lichterfelde, Chr. F. Vieweg.
Palestrina. Missa Papae Marcelli
'sechsstimmig) fur den praktisch-
liturgischen Gebrauch bearbeitet von
Carl Thiel. Part. Jt 3,—. Berlin,
W. Sulzbach (P. Limbach], 1902.
In moderner Schreibweise nur mit BaC-
und Violinschltissel, etwas zu reichlich mit
Vortragszeichen.
Pembaur, Josef. Beispiele und Auf-
gaben zur Harmonie- und Melodie-
lehre. Leipzig, Herm. Seemann Nachf.
Jt 2,—.
Rebikoff, Wl. Aspirer et atteindre.
3me Tableau Musical-psychologique,
Op. 25. Leipzig, P. Jurgenson.
Eubel 1,50.
— Reveries d'Automne. Album de
Miniatures pour Piano. Op. 8. Eben-
da. 20 Kopeken.
Reinecke, Carl. Trio fiir Pianoforte,
Klarinette und Viola, Op. 264. Leip-
zig, Bartholt Senff. Jt 7,—.
Reiser, Aug. "Wintersonnenwende. Ein
Spinnstuben-Marchen in 3 Abtei-
lungen. Gedichtet von Marie M.
Schenk. Part. Jt 5,—. Berlin-Gr.
Lichterfelde, Chr. F. Vieweg.
Ruthardt, Adolf. Tonleiter-Etiiden
fur Pianoforte. Op. 42. Leipzig,
Otto Forberg. 2 Hefte, je Jt 2,—,
Ruthardt, Adolf. 15 Praludien. Stu-
dien polyphonen Stils fiir Pianoforte,
i Op. 43. Leipzig, 0. Forberg. 2 Hefte,
je A 2,-.
Scharwenka, Xaver. Beitrage zur
Fingerbildung. Technische Klavier-
studien, Op. 77. Heft II. Leipzig,
Breitkopf & Hartel.
Enthalt die Finger-Spreiziibungen fur
Vorgeschrittene, nachdem das I. Heft, fiir
die Elementar- und Mittelklassen berechnet,
die Hand und die Finger in. den Grand-
stellungen behandelt und Ubungen mit
Stutzfinger gebracht hat. Das TTT Heft wird
die Ubungen im einfachen und kombinierten
Seitenanschlag bringen.
Scholz, Bernhard. Der Wald. Dich-
tung von Karl Feldmann. Fiir Soli,
Mannerchor und Orchester. Op. 85.
Part, und Orch. ^50, — . Klavier-
ausz. A 6, — . Berlin-Gr. Lichter-
felde, Chr. F. Vieweg.
Binding, Christian. Serenade pour
deux violons et piano, op. 56. Copen-
hague & Leipzig, "Wilh. Hansen.
Smetana, Friedrich. Dalibor. Oper in
3 Akten, Text von Josef Wenzig,
fur die deutsche Buhne bearbeitet
von Max Kalbeck. "Wien, Jos. Wein-
berger.
Strauss, Richard. Taillefer, Ballade
von Ludw. Uhland. Fur Chor, Soli
und Orchester. Op. 52. Klavierausz.
Jt 12,—. Berlin, Adolf Furstner.
Taubert, Ernst Eduard. Drei Klavier-
stiicke. Walzer in Esdur, G-moll,
Esdur. Op. 66. Leipzig, C. F.
Kahnt Nachf. Je Jt 1,50.
Wenn auch nicht schwere, so doch kunst-
volle Arbeit, weniger zum Tanzen, als zum
Spielen. Sind eigentlich ihrem Khythmus
nach mehr Polka-Mazurken bezw. Tyro-
Kennen, als Walzer.
Thieriot, Ferd. Vier Motetten fur
Sopran, Alt, Tenor und BaB. 1 . Sehet,
sehet: So stirbt der Gerechte. 2. Ein
Gebet: Worte von W. F. Schopff.
3. Letztes Gebet: Gedicht von G.
Kintel. 4. Siehe, ich stehe vor der
Thiir und klopfe an. Leipzig,
Bartholf Senff.
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Eingesandte Musikalien.
93
Thierot, Ferd. Oktett fur 4 Violinen,
2 Bratschen und 2 Violoncelli, Op. 78.
Leipzig, Bartholf Senff. Jt 12,—.
— Quiii tett (A moll) fur Pianoforte,
Hoboe, Klarinette, Horn und Fagott,
Op. 80. Leipzig, B. Senff. Jt 10,—.
Torohi, Luigi. L'arte musicale in
Italia (XIVU Secolo al XVI1IU). Vo-
lume IV, Composizione a piu voci,
secolo XVII. Mailand, G. Ricordi
& Co.
Dieser 4. Band der groflangelegten Denk-
maler italienischer Tonkunst enthalt Kom-
positionen des 17. Jahrhunderts, und zwar:
5 Madrigale 5 und 6stimmig) des Fiirsten
Gesualdo da Venosa, 3 von Marco
da Gagliano, 2 von Claudio Monte-
verdi, ferner ein Sonett des Papstes
Urban VIII, in Musik gesetzt von Pietro ;
Eredia, eine Sonate sopra *Saneta Maria*
for Sopran mit Instrumenten von CI. M o n t e -
verdi, eine Favola pastorale (I fidi amanti;
in einem Prolog und 3 Akten vierstimmig
von Caspare Tore Hi, den musikgeschicht-
lich allbekannten Amfiparnasso von Orazio
Vecchi und das Scherzspiel La Paxxia
senile des Adriano Banchieri. Die Zu-
«ammenstellung des Inhalts ist offenbar von
dem Gedanken geleitet, die Entwicklung
des Madrigales zur szenischen Darstellung
hin zu zeigen, als deren ersten Gipfelpunkt
die Comedia armonica des Amfiparnasso
anzusehen ist. Nicht mit Unrecht ver-
gleicht der Herausgeber diese polyphone
Borleske mit dem 2. Akte der »Meister-
singer« und betont, daG in den italienischen
Buffo-Intermezzi des 17. Jahrhunderts tiber-
haupt der Ausgangspunkt der modernen
lustigen Oper zu erblicken sei. Der Heraus-
geber hat die alten Schliissel beibehalten
und an den Originalen moglichst wenig
jeandert, auch Zusatze wie Tempo- una
Vortragsbezeichnungen unterlassen, so daC
der Musikforscher ein getreues Bild der
Originale vor sich hat, nur natiirlich in be-
qnemer, rasch iibersichtlicher Form.
0. F.
Walflsch, J. H. Neue Manner-Chore.
1. Des Kaisers Bild. 2. Wann fangt
der Friihling an? 3. Ehe-Gliick.
4. Das Gewitter. Berlin, Imanuel-
Verlag ;Dr. Walfisch).
Wilm, Nicolai von. Suite (Nr. 8,
A-dur) fiir das Pianoforte zu 4 Handen,
Op. 199. Leipzig, C. F. Kahnt
Nachf. Jl 4,50.
Besteht aus : 1. Allegro energico. 2. Ro-
manze. 3. Scherzando. 4. Adagio. 5. Finale,
tragt also seinen Namen »Suite€ zu Unrecht.
Wohlklingende , gef 'allige nicht gerade
schwierige Musik.
Wilm, Nicolaus de. Le Carneval de
Nice. 12 petits morceaux pour Piano.
Op. 201. Leipzig, O. Forberg.
Das vielbehandelte Thema eines Karne-
vals mit seinem bewegten Treiben und
8einenbuntzusammengemLrfelten Charakter-
masken wird hier in einzelnen Bildern, wde
Arlequin et Colombine, Venetianer Gon-
doliere-Grunpe , Gruppe der spanischen
Studenten, Bacyclisten, Weapolitaner Fischer
und Russische Bauern, in salonmaCiger
Tonmalerei darzustellen gesucht. Tanz-
rhythmen, etwas triviale Melodien, leichte
graziose Formen ohne tieferen Gehalt.
0. F.
Zanella, Amilcare. Fantasia e grande
Fugato sinfonico a 4 soggetti per
Orchestra e Pianoforte. Part.^Jfl2, — .
Torino, Marcello Capra (Edizione
Nr. 488).
ZuBchneid, Karl. Theoretisch-prak-
tische Klavier-Schule. Ein syste-
matischer Lehrgang des Klavierspiels
mit methodischem Leitfaden. II. Teil.
Berlin-Gr. Lichterfelde , Chr. Fr.
Vieweg. J} '. 5, — .
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94
Zeitschriftenschau.
Zeitschriftenschau
ztuftmmengejtellt von
Ernst Euting.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitachrift V, Heft 1, S. 43.
Abate, N. ITarpa cromatica — NM, Nr. 88.
Aggazzotti, Alberto. I movimenti riflessi
che produconsi per mezzo dei suoni nell1
orecchio esterno delle cavie — Atti della
R. Accademia dei Lincei (Rom) 12, S. 188 ff.
Alexeieflf, P. S. The nute. An historical
sketch — MN, Nr. 654 ff.
Allihn, M. Die pneumatische Frage [im
Orgelbau] — Zf 1 24, Nr. 2.
Altenburg, Wilh. Die Blasinstrumente
im stadtischen Museum zu Salzburg —
Zf I 24, Nr, 1.
Anastasi, Giovanni. La Festa delle mu-
siche svizzere a Lugano — MuM 68,
Nr.9.
Andreades, A. L'art francais et la saison
musicale a Londres — RAD, Oktober
1903.
Anonym. Het 25 jarig feest der St. Gre-
gorius-Vereeniging te Utrecht — Cae 60,
Nr. 13.
Anonym. Pio X e la musica sacra —
SC 5, Nr. 4.
Anonym. Adresse des >Allgemeinen deut-
schen Cacilienvereins* an den heiligen
Vater — GBo 20, Nr. 10.
Anonym. Deutschlands AuCenhandel von
Musikinstrumenten in den Monaten Ja-
nuar bis August 1903 — Zfl 24, Nr. 2.
Anonym. Bangor and its Cathedral —
MT, Nr. 728 [mit musikgeschichtlichen
Notizen].
Armory. Les representations d'Orange
(2e et 3e series). Les fetes du Centenaire
de Berlioz — RAD, September 1903.
Averkamp, Ant. Een bezoek van I bach's
klavierfabriek — WvM 10, Nr. 39.
Baughan, E. A. The Hereford Festival
— MMR, Nr. 394.
Bertini, P. Luigi Arditi — NM. Nr. 88.
Camillo Saint-Saens — ibid., Nr. 89.
II piu celebre direttore d'orchestra
[H. Richter] — ibid., Nr. 90.
Bliithgen, O. Die Opernnot — Deutsche
Monatsschrift fur das gesamte Leben
der Gegenwart 2, Nr. 12.
Bour, J. PiusX. und die Kirchenmusik
— C 20, Nr. 9.
Bouyer, Raymond. Une reponse de M.
le Chevalier C.-W. Gluck — Revue
Bleue [Paris, 14 rue de Chateaudun]
10. Oktober 1903.
Brandes, Friedrich. Alpenkonig und
Menschenfeind, Oper in 3 Akten von
Leo Blech •— S 61, Nr. 47 ^gelegentlich
der Urauffiihrung in Dresden am 1. Ok-
tober 1903].
Braungart, Richard. Hermann Zumpej
— Ostdeutsche Rundschau (Wien) 1903.
Nr. 247.
Breithaupt, Rudolf M. Ein Richard
Wagner-Denkmal — Mk 3, Nr. 1.
Brooke- Adler, I. Miss Marie Hall —
Girl's Realm (London, 10 Norfolk Street .
Oktober 1903.
Brussel, Robert. Les fetes de Richard
Wagner et Tindustrie allemande —
L'Europeen (Paris , 24 rue Dauphine) 3,
Nr. 97.
Butler, Harold L. Some songs for stu-
dents — MW 3, Nr. 10.
Calboli, R. Paulucci di. Les musiciens
nomades d'ltalie — La Revue, 15. Juli
1903.
Calvocoressi, M.-D. >Le roi Arthus*
d'Ernest Chausson — GM 49, Nr. 42.
Cametti, A. Un nuovo documento sulle
origini di Giovanni Pierluigi da Pales-
trina. — II testamento di Jacobella
Pierluigi (1527) - RMI 10, Nr. 3.
Case, W. S. The Musical Association —
MN, Nr. 658.
Ch. Musikalische Kritik — DMMZ 25,
Nr. 42.
Chevalier, Paul-Emile. »Les vingt-huit
jours de Clairette*. vaudeville-operette
en 4 actes de MM. A. Raymond et
Antony Mars, musique de M. Victor
Roger — M, Nr. 3782.
Chevillard, Camille. Les fetes de Wag-
ner a Berlin — CMu 6, Nr. 20.
Chipperfleld, Stanley. The ethics of
church music — The Westminster Re-
view (London, R. Brimley Johnson], Ok-
tober 1903.
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et litt^raires (Paris) 19. Juli 1903.
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Currier, T. P. The modern pianist's me-
thod — MW 3, Nr. 10.
Daubresse, M. Questions de psychologie
musicale: La memoire musicale — GM
49, Nr. 38/39 ff.
Debay, Victor. >La Tosca.« Op^ra en
3 actes de Giacomo Puccini — CMu 6,
Nr. 20.
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Zeitschriftenschau.
95
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hoven — Osterreichische Volkszeitung
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Laie — Deutschland (Berlin) 1, Nr. 13.
Doire, Bene. Jacques T h i b a u d — CMu
6, Nr. 20.
Dora, Otto. Zwei ungedruckte Briefe
Richard Wagners — MWB 34, Nr. 38.
Dubitzky, Franz. Smetana's >Dalibor€
im Theater des Westens zu Berlin —
NZfM 70, Nr. 41.
Ehlers, Panl. Zur Konzertreform — Mk 3,
Nr. 2.
Engels, Eduard. Hermann Zumpe + —
Breslauer Zeitung 1903, Nr. 628.
Ertel, Paul. Geschichte des Berliner Mu-
sikyereinshauses — DMZ 34, Nr. 41 [illu-
striert\
Falooni, A. I trattati di S. Jadassohn
NM, Nr. 89.
Porgach. >Der faule Hans. « Ballettpanto-
mime in funf Bildern nach einem M'ar-
chen von F. K. Hejda. Choreographic
von Jos. HaBreiter. Musik von Oscar
Nedbal. (Erstauffuhrung an der Wie-
ner Hofoper am 3. Oktober) — WKM 1,
Nr. 21.
Poucault, A.-G. Simple note sur quel-
ques cadences dans les traits du 8e mode
- TSG 9, Nr. 9.
Gilmann, Lawrence. Mr. M ac D o w e 1 Ts
recent work — MW 3, Nr. 10.
Gohler , Georg. Hermann Kretzschmar
— KL, 18. Oktober 1903.
Gorton, Canon. Dr. El gar's oratorio
»The Apostles* — MT, Nr. 728.
Graf, Max. Gedanken iiber das Moderne
in der Musik — Mk 3, Nr. 1.
Graesi-Ijandi. Genesi della musica —
RMI 10, Nr. 3.
Grimsohl, E. Analyse und Synthese von
Schwingungen — Berichte der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft (Braun-
schweig, Friedrich Vieweg & Sohn 1903,
Nr. 18/19 [nach einem Vortrag].
Guerrlni, Paolo. Giurisprudenza Musi-
cale Liturgica — SC 6, Nr. 4.
[1. Dekret {in Plocen, 19. Februar 1903)
oehandelt die Frage, ob Frauenchore und
gemischte Chore in der Kirche zulassig
seien.
2. Dekret {in Pisana, 20. Marz 1903).
In den letzten 3 Tagen der heiligen
Woche ist die Begleitung der Lektionen,
Eesponsorien und des Miserere mit Har-
monium oder Saiten-Instrumenten ver-
boten.
3. Dekret urbis et orbis vom 22. April
1903 ordnet fur das Heiligtum von Ge-
nazzano eine Erweiterung der Laureta-
nischen Litanei an/
H., W. Die symmetriscbe Umkehrung in
der Musik — Si 28, Nr. 10 [Kritik des
gleichnamigen Buches H. Schroder's;.
Hamann, Ernst. August Klughardt —
Anhaltischer Staatsanzeiger Dessau;
2. August 1903.
Heuberger, Richard. »Der faule Hans«,
Ballett-Pantomime mit Musik von Oskar
Ned ball — NMP 12, Nr. 20 [anlaClich
der Erstauffuhrung in Wien am 3. Ok-
tober 19031
HeuB, A. 6. Benevoli, Festmesse und
Hymnus (Denkmaler der Tonkunst in
Osterreioh, 10. Jahrgang) — S 61, Nr. 45
[Kritik].
Hildebrand, Otto. Die Entstehung und
weitere Ausbildung der Orgel bis zu
ihrer ietzigen Beschaffenheit — DIZ
1903, Nr. 33.
Imbert, Hupies. De Tadaption musicale.
— De Tunion de la musique a la poesie
— GM 49, Nr. 41.
La »Tosca€, opera en trois actes, mu-
sique de M. G. Puccini. Premiere re-
presentation a TOpera-Comique de Paris
— ibid., Nr. 42.
Istel, Edgar. Goethe und J. F. Rei-
chardt — Frankfurter Zeitung (Frank-
furt am Main) 1903, Nr. 239.
Ive, Olive. Pelham Humfrey — MN.
Nr. 663.
Jansen, F. Gustav. Ungedruckte Briefe
von Robert Schumann — MWB 34,
Nr. 39.
Johannes, Eugen. Die Richard Wag-
ner-Festspiele im Prinzregen ten-Theater
zu Munchen — NZfM 70, Nr. 39.
JoB, Victor. Der Zvklus tschechischer
Opern im Prager ^Nationaltheater —
AMZ 30, Nr. 40.
Karpath, Ludwig. >Der faule Hans*.
Ballett-Pantomime in funf Bildern von
Oskar Nedbal. Erstauffuhrung an der
Wiener Hofoper am 3. Oktober 1903 —
S 61, Nr. 48/49.
Karpeles, Gustav. Heine in RuBland
— Mk 3, Nr. 1 [enth'alt unter anderem
ein Verzeichnis Heine'scher Gedichte, die
von russischen Komponisten in Musik
gesetzt worden sind].
Keeton, A. E. A Russian dictionary of
music — MMR, Nr. 394.
Klauwell, Otto. Die Aufgabe der Kritik
— NZfM 70, Nr. 40f.
Kling, H. Die Berlioz-Feier in Gre-
noble — NZfM 70, Nr. 41.
Grillparzer et Beethoven —
RMI 10, Nr. 3.
Knoop, Amb. Over spreken en zingen
— WvM 10, Nr. 42.
Kohut, Adolph. Musikalisches aus der
preuCischen Hofgesellschaft vor 80 Jah-
ren — NMZ 24, ^r. 23.
Kuhnen, Pfarrer. Musikgottesdienste und
96
Zeitschriftenschau.
Spitta'sche Choranlage — MSfG 8,
Nr. 10.
Lahee, Henry C. The force of example
— MW 3, Nr. 10.
Lasslo, Akos. Ein bisher unverbffent-
lichter Brief Richard Wagner's —
AMZ 30, Nr. 41.
Leichtentritt, Hugo. Zur Gesamtausgabe
der Werke von Jan Pieterszon Swee-
linck — AMZ 30, Nr. 40ff.
Lefimann, Otto. >Die beiden Schutzen.*
Komische Oper in 3 Aufziigen von Albert
Lortzing. 1. Auffiihrung im Theater
des Westens zu Berlin am 19. September
1903 — AMZ 80, Nr. 34.
Die Enthullung des Richard Wag-
ner-Denkmals in Berlin — ibid., Nr. 41.
Lustner, Karl. Totenliste des Jahres 1902
— Mf M 36, Nr. 8 [Liste der im Jahra
1902 verstorbenen Musiker nebst bio-
graphischen Notizen].
Mangeot, A. Ligue pour la suppression
de la claque a l'Opera — MM 15, Nr. 18.
Marchesi, S. D. C. Opening of the mu-
sical season in Paris — MMR, Nr. 394.
Mars op, Paul. Vom Allgemeinen Deut-
schen Musikverein: >Ortsgruppen« —
Mk 3, Nr. 1.
Materne, Hedwig H. Richard Wagner's
Frauengestalten — DBG 32, Nr. 40.
Mayrhofer, Isidor. tJber kombinierte
Orgelregister — GR 2, Nr. 10.
Melani, Kaffaello. Le onoranze a Giu-
seppe Verdi a Montecatini — MuM 58,
Nr.9.
Menil, F. de. L'ecole contrapuntique fla-
mande (1400—1600). Etude historique
et critique — CMu 6, Nr. 19.
Merkel, Paul. Tonstudien und die Reform
des Kunstgesangs nach Rutz — MWB
34, Nr. 41.
Mey, Kurt. Der Kaiser und die Musik
— Wartburgstimmen .Eisennach und
Leipzig, Thiiringische Verlags-Anstalt)
Oktober 1903.
Zum Gedachtnis Friedrich Wieck's
i 6. Oktober 1873) - NMZ 24, Nr. 23.
W agner- Liter atur und Wagner-
Museum — MWB 34. Nr. 40.
Milligen, S. van. Casparo Spontini's
duitsche Periode — Cae 60, Nr. 13f.
Mitawa, Lia. Das russische Volkslied —
MWB 34, Nr. 40ff.
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ner vom deutschen Volke zu feiern?«
Eine Antwort an Herrn Professor Henry
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Morillot, Paul. Berlioz £crivain — An-
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Morsch, Anna. Theodor Kirchner 7 —
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Prochazka, Rudolph Freiherr. Cesare
R o 8 s i und seine Oper >Nadeja« — WKM
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Reimann, Heinrich. Orgelzwischenspiele
beim Choralgesang der Gemeinde —
MSfG 8, Nr. 9.
Ricci, Corrado. Macchine e macchinisti
teatrali — MuM 58, Nr. 9.
Riesenfeld, Paul. Allegorien der Mu-
sik in der italienischen Malerei des vier-
zehnten Jahrhundert — AMZ 30, Nr. 40.
Die italienischen Maler der Renais-
sance in ihrem Verh'altnis zu den Musik-
instrumenten — ibid., Nr. 41.
Rola. Teatrul ^ National Repertoriul si
Personalul. — *Deschiderea Stagiunii. —
Opera italiana — RoM 14, Nr. 16/16.
Host, P. Unsere Liturgie. 1. Ihre Ge-
schichte und ihr innerer Gtag — KCh
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Zeitschriftenschau .
97
14, Nr, lOf. [Vortraj bei der Herbstver-
sammlung des Leisniger Ephoralkirchen-
chorverbandes am 26. Oktober 19031.
Runge, Paul. »Die Tonarien — MfM 35,
Nr. 5 (Kritik des gleichnamigen Buches
von F. X. Mathias).
Schenk, Johann. Beethoven's Sterbe-
haus in Wien — Illustrierte Zeitung
Leipzig, J. J. Weber) Nr. 3146 [mit Ab-
bildung].
8chering, A. Zweistimmiger Klaviersatz
bei Bach und Handel? — NZfM 70,
Xr. 42.
Scheurleer, D. F. Amsterdamsche muziek-
herbergen in de XVD> eeuw — TV 7,
Nr.3.
Schmidt, Leopold. »Das deutsche Lied*
im 18. Jahrhundert« von Max Fried-
l'ander — Mk 3, Nr. 2 [ausfuhrliche Be-
sprechungj.
8chmitz. E. Wagnerfeier und Kunst-
geschichte. Eine Entgegnung auf den
Aufsatz von Arthur Mo Her »Wie ist
Richard Wagner vom deutschen Volke
zu feiern?« — Internationale Literatur-
und Musikberichte (Berlin) 10, Nr. 20
vergleiche oben unter »Mollerc].
Schmitz, Eugen. Guitarrentabulaturen —
MfM 36, Nr. 9.
Schroeder, Otto. Deutsche Btthnenaus-
sprache — PreuBische Jahrbucher (Ber-
lin, Georg Stilke) Oktober 1903.
8chultz, Detlef. Moderne Volkslieder —
S 61, Nr. 47 [Kritik der Liedersammlung
>Im Volkstonc komponiert fur >Die
Woche«l.
8. Der Gemeindegesang in der katholi-
schen Kirche — Si 28, Nr. 10.
8amazeuilh, Gustave. Ernest Chausson
- S 61, Nr. 48/49.
8arton, Georges. La literature waffn6-
rienne — Revue Bleue (Paris; 18. Juli
1903.
Sauvage, Louis-Frederic. La maison de
Beethoven a Bonn — La Nouvelle
Revue (Paris, 26 rue Racine) 1. Oktober
1903.
8egnita, Eugen. Johann Gottfried S c h i c h t
— AMZS0, Nr. 39.
Seidl, Arthur. Monumentum aere peren-
nius! Einige Ketzer-Betrachtungen zur
Enthiillung des Berliner Wagner- Denk-
raals — BfHK 8, Nr. 1.
>K6nigs8chlo8ser« und >Wagner-
festspiele* — Mk 3, Nr. 2.
Seydler, Anton. Kirchenmusikalischer In-
8tmktion8-Kur8 [im Benediktinerstift
Seckau] — GR 2, Nr. 10.
8ibmacher-Zijnen, W. N. F. Proefae-
mingen in Grieksche Tonkunst — Cae
60TNr. 13f.
Sittard, Josef. Theodor Kirchner, ein
Gedenkblatt — Mk 3, Nr. 2.
Smolian, Arthur. Theodor Kirchner f
— NMP 12, Nr. 19.
Richard StrauC >Taillefer« — ibid.,
Nr. 20.
Soleniere, Eugene de. Die Miinchener
Wagner-Festspiele — RAD, Septem-
ber 1903.
Solerti, A. Precedenti del melodramma
— RMI 10, Nr. 3.
Sonneck, 0. G. Hie nationale Tonsprache
— Hie Volapuk — Mk 3, Nr. 1.
Southgate, T. L. The Royal Naval School
of Music — MN, Nr. 656.
Spitta, Friedrich. Anregung zur Auf-
fuhrung der Schiitz'schen »Exequien«
— MSi G 8, Nr. 10.
Stein, Br. Zum Gedachnis Alban Lipp's
— Cc 11, Nr. 10.
Sternf eld, R. Konrad Ansorge — MWB
34, Nr. 40 [mit Portrat,.
Steuer, Max. Caroline Unger — Mk 3,
Nr. 2.
Storck, Karl. AUerlei Musikfeste —
Westermann's Illustrierte Deutsche Mo-
natshefte 48, Nr. 1.
Die Berliner W a gner-Denkmalsfeier
— KL, 18. Oktober 1903.
Straeten, E. van der. Mendelssohn's
und Schumann's Beziehungen zu J.
H. Liibeck und Johann J. H. Ver-
hulst — Mk3, Nr. If.
Teibler, H. Die Wagner-Festspiele im
Prinz-Regenten-Theater zu Munchen —
AMZ 30, Nr. 39.
Hermann Zumpe 7 — MWB 34,
Nr. 38.
Tommasini, V. Di una vera cultura mu-
sicale italiana — RMI 10, Nr. 3.
Torchi, L. »Consuelo«, dramma lirico in
un prologo e tre atti di Francesco Cim-
mino, musica di Alfonso Rend an o —
RMI 10, Nr. 3.
V„ J. de. Het eerste jaarfeest van het
Peter Benoit-fonds te Antwerpen: de
Oorlog — Cae 60, Nr. 12.
Valetta, I. I musicisti compositori fran-
cesi alPAccademia di Francia a Roma
— RMI 10, Nr. 3.
Van der Hoven, W. A. lets over tabu-
latur — Cae 60, Nr. 12.
Viotta, Henri. De voorstellingen in het
Prinz Regenten-Theater te Munchen —
Cae 60, Nr. 12.
W., K. Palestrina muB popularer werden
— GB1 28, Nr. 10.
Wachsmutn, R. Schneidetone und Labial-
pfeifen — Berichte der Deutschen Physi-
kalischen Gesellschaft (Braunschweig,
Friedrich Vieweg & Sohn) 1903, Nr. 18/19
[nach einem Vortrag].
Wallberg, Max. Herman Zumpe i —
NZfM 70, Nr. 39.
Weidinger, Gius. Una risposta se
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^©S'ft^U
98
Buchhandler-Kataloge.
a It. Molitor [zur Kritik der »Nachtri-
dentinischen Choralreform zu Rome v. I
Molitor^ — SC5, Nr. 4. |
Weimar, (J. Ein geistlicher »Ring< — ,
CEK 17, Nr. 10 [Besprecbung vonDrae-
s eke '8 »Christus«, Mysterium in einem
Vorspiel und drei Oratorien]. I
Weinmann, C. Der Minnegesang und
sein Yortrag — MfM 35, Nr. 4.
Wolff, Karl. Arno Kleffel — NMZ 34,
Nr. 23.
Zoellner, Heinrich. Hermann Zumpe +
- MWB 34, Nr. 40.
Buchhandler-Kataloge.
Baer & Co., Joseph. Frankfurt a. M. —
Frankfurter Biicherfreund , Mitteilungen
aus dem Antiquariate von J. B. Jahrg. Ill,
Nr. 9. 15 S. Lex. Darin Nr. 7226—31
Musik.
Breitkopf & Hartel, Leipzig. Mitteilun-
gen der Musikalienhandlung Nr. 75, Ok-
tober 1903, Seite 2906—2952.
Edelmann, M. Niirnberff, Tucherstr. 16. —
Antiquariats-Katalog Nr. 16, enthaltend
zumeist Werke aus der Bibliothek des
Cistercienser-Klosters Waldsassen. Lite-
ratur des 16. — 18. Jahrhunderts, Manu-
skripte, Inkunabeln, Kupfer- und Holz-
schnittwerke ubw. 166 S. 8°. Darunter
Nr. 975-1118: Altes Volks- und Kirchen-
lied, alte geistliche und weltliche Musik,
unter anderem Autograph von J. H. Rolle's
Passionsmusik (40 Jf), Kompositionen von
Abt Vogler, theoretische Werke von
Mattheson, Riepel, Sorge, Vogler usw.
Frensdorff, Ernst. Berlin, Konigratzer-
str. 44. — Antiquariats-Katalog Nr. 2.
Werke aus verschiedenen Wissenschaften.
Wenig ttber Musik.
Harold & Co. London, 210 Uxbridge
Road. — Catalogue Nr. 13 (1903) of Music
and Musical Literature (ancient and mo-
dern) Second-hand. 22 S. Lex.-Format.
Hirsoh, August. Brussel, 5 rue Tasson
Snel. — Bulletin mensuel, Octobre 1903.
Gravures et livres, darunter alte Opern-
texte aus dera Ende des 18. und Anfang
! des 19. Jahrh.
I Kerler, Heinrich. Ulm a. D. — Antiqua-
' rischer Katalog Nr. 317. Wertvolle,
| kostbare und seltene Handschriften, Bu-
i cher und Zeitschriften aus alien Wissen-
I 8chaften.
I LiBa, Georg. Berlin, KochstraBe 3 —
I Lager-Katalog Nr. 37. Literatur des
i XIa. und XX. Jahrhunderts. Darin Mu-
sik: Seite 23 f.
Miiller, J. Eckard. Halle a. S. — Anti-
quariats-Katalog Nr. 99. Germanische
und Romanische Sprachen und Literatur.
(Minnes'anger etc.).
Reeves, William. London, 83 Charing
Cross Road.-Catalogue Nr. 118 of Old
and New Music and Musical Books,
24 Seiten 8°.
Suddeutsches Antiquariat, Munchen,
GalleriestraCe 20. — Katalog XLYIL
Musik und Theater. 28 Seiten 8°, 637
Nummern.
Weigel, Oswald. Leipzig, Konigsstr. 1. —
Lagerkatalog. Neue Folge. Nr. 111.
Musik (besonders Hymnologie), Festlich-
keiten, Opern, Ballette. Tanz. 40 S. 8«.
852 Nummern. Die musikalische Ab-
teilung umfaGt Nr. 1 — 483, worin die
Kirchenmusik vorherrscht und Gesang-
bucher, Kirchenagenden und Kirchen-
ordnungen reichlich vertreten sind.
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Mitteilungen der >Internationalen Musikgesellschaft*. 99
Mitteilungen der ,fInternationalen Musikgeaellschaft".
Ortsgruppen.
Berlin.
In der Oktobersitzung (21. X.) sprach Herr Max Battke, der Leiter des hie-
sigcn Seminars fur Musik, iiber Tonsprache — Mutterspracke. Der Inhalt des Vor-
irags war etwa folgender:
Die Musik- Ausubenden sind in zwei groGe Klassen einzuteilen: in solche, die
Musik machen, weil dies ein Teil ihres eigensten Wesens ist — das sind die Kunstler ;
und solche, die Musik machen aus egoistischen GrUnden, des Broterwerbs, der Gefall-
sucbt wegen usw. — das sind die Handworker. Folglich gibt es auch unter den Dilet-
tanten viele Kunstler und die Hausmusik verdient regste Forderung. (Auch die-
jenigen, die fur verdunkelte Konzertraume eintreten, wollen eigentlich weiter nichts
als die intime Stimmung der Hausmusik in den groGen Raum hineintragen.) Die
weitaus groGere Menge der bei der Musik Beteiligten sind die Horer. Horen ist
eine Kunst. Dorch Schulung des Ohrs fiir die Musik wird dieses Organ auch fur
das Leben zuverlassiger und leistungsfabiger gemacht. Naturlich wird das geschulte
Ohr seinem Besitzer eine groGere GenuG- und Gliicksquelle sein, als ein ungeschultes.
Wird das Gemtit zum Musikhorcn erzogen, so wird es auch aufnahmefahiger fiir
alle anderen Ktinste gemacht. Yon alien Kunsten aber dttrfte die Musik diejenige
sein, welche imstande ist, einem Menschen den Gottesglauben, die Religion zu ersetzen.
Ist das Endziel einer musikalischen Erziehung schon erstrebenswert , so ist noch
weit wichtiger und einschneidender fur das Leben der Weg zum Gipfel, die Er-
ziehung selbst. Die Tonsprache setzt mit ihrem Ausdrucksvermogen da ein, wo die
Wort8prache keinen tiefergehenden Ausdruck mehr findet. Das Yerstandnis der Ton-
sprache, dieser internationalen Sprache, die trotz der Dialekte der verschiedenen
lender auf der ganzen Welt verstandlich ist, muG auf demselben Wege erstrebt
werden. wie jede andere Sprache und wie die Muttersprache in der Schule gelehrt
wird, namlich
1) durch Schreiben = Worte oder Kl'ange in Buchstaben oder Noten verwan-
deln (Musikdiktat},
2) durch Lesen = Zeichen in tonenden Klang umwandeln (Primavista-Singen),
3) durch den Anschauungsunterricht, der dem Schuler Begriffe und Stim-
mungen vermittelt. Diesem entsprechen die Gehorsiibungen, an die sich auch
Ubungen fiir Auge und Gedachtnis anschlieGen miissen.
Das Ausdrucksvermogen muG durch das Bauen von S'atzen gehoben werden.
Denn wie der Schuler Aufs'atze schreiben muG, auch wenn er sp'ater nicht Schrift-
steller werden, sondern nur lernen will, die Schriftsteller rich tig zu werten, so muG
auch der Musikschuler kleine Ubungen im Satzbau machen. An einigen Beispielen
entwickelte Redner seine bereits durch die Praxis erprobte Methode, und zeigte, wie
an der Hand ernes kundigen Lehrers ein Schuler mit Leichtigkeit dazu gefuhrt wer-
den kann, eine ausdrucksvolle Sprache in gesungene Melodie umzuwandeln.
Hat nun das Volk ein Recht auf musikalische Erziehung, wer hat dann die
Pflicht, diese zu geben? Die Konservatorien zun'achst nicht, denn die sind nur den
Zahlenden zuganglich. Also bleibt nur Schule und Haus ubrig. In der Schule muG
das Werk begonnen werden, und wenn erst ein Geschlecht herangebildet sein wird,
das die Tonsprache versteht, dann muG auch das Haus tatig in die Erziehung mit
eingreifen (also auch hier wieder Hausmusik). Die heutige Yorbereitung der Gesang-
lehrer fttr Schulen ist im hochsten Grade ungeniigend ; und noch mangelhafter ist die
Aosbildung der Gesanglehrerinnen fur M'adchen-Schulen , wahrend doch gerade den
Frauen diese Erziehung in allererster Reihe zukame. Wenn die Frauenbewegung sich
diesem fruchtbaren, groGen Acker, den sie leider seitwarts liegen 1'aGt, um felsigen
7L d I If V Q
100 Mitteilungon der >Internationalen MusikgesellschafU.
Boden zu bearbeiten, zuwenden wollte, so konnte die Tonsprache auch zur Mutter-
sprache eines Volkes werden, und dann wiirde das ganze Volk musikalisch sein.
An der Diskussion, die dem mit groBem Beifall aufgenommenem Vortrage folgte,
bcteiligten sich die Herren Major a. D. Dr. Korte und Professor Dr. Fleischer.
Die nachste Ortsgruppensitzung muC des BuBtages wegen eine Woche friiher
gelegt werden und findet somit am 11. November statt. Als Versammlungsort ist
der >Saal Duysen«, FriedrichstraBe 219, in Aussicht genommen.
Ernst Euting.
Frankfort a. M.
In der ersten dieswinterlichen Sitzung, welche am 21. September stattfand, sprach
Herr Dr. Wilibald Nagel aus Darmstadt iiber Christoph Qraupner.
Von Graupner wissen die musikgeschichtlichen Handbiicher wenig oder nichts zu
erz'ahlen; doch gebtihrt ihm eine bemerkenswerte Stellung in der dunklen Zeit, die
den tibergang von Seb. Bach zu der Kunst Haydn's und Mozart's bildet. Er ist durch-
aus der Mann einer Ubergangszeit: er huldigt der kontrapunktischen Schreibweise
(Kirchenkompositionen, franzosische Ouvertiiren), strebt aber in seinen Sinfonien, wenn
auch nicht durchaus, nach homophoner Gestaltung. Er tritt neben die Mannheimer
Tonschule und K. Ph. Em. Bach, den einst Haydn als sein Vorbild bezeichnet hatte,
als ein in vielen Dingen Gleichstrebender, wenn auch minder begabter. Der Vor-
tragende legte des Weiteren die Grunde dar, welche noch zu Seb. Bach's Lebzeiten zu
einer Abwendung von der Polyphonic fiihren muCten und zog kurze Parallelen zwischen
der Musik und der Poesie des 18. Jahrhunderts, die in Haydn-Mozart-Goethe kul-
minierten.
Nach einer Ubersicht iiber Graupner's Lebensgang und seine Werke besprach der
Vortragende ausfiihrlich die Form der franzosischen Ouverturen und insbesondere die
Sinfonien des Darmstadter Meisters, insoweit als die Form ihrer ersten S'atze eine
Annaherung an oder auch prinzipielle Abwendung von der geschlossenen Form dar-
stellt, die wir als die Sonatenform bezeichnen. Die fugierte Form der franzosischen
Ouvertiire kehrt in einzelnen Sinfonien wieder, die Mehrzahl wendet sich jedoch
prinzipiell vom Kontrapunkt ab. Genaue Gliederung der Themen gegeneinander fehlt
meist, ebenso eine durchgefiihrte Zweiteilung der Form mit Reprise. Die Durch-
fuhrung 1'aBt vielfach die direkte Entstehung aus der Quintbeantwortung der Fugen
erkennen. Ein zweites Thema ist nicht immer zu bemerken, wohl aber ein durch-
gefuhrter Wechsel in den Klangfarben durch Gegeniiberstellung von Partien fur die
Streicher und solche fur einzelne Blasergruppen: aus dieser Gegeniiberstellung ist wohl
zuerst der Begriff der beiden fuhrenden Themen als Kontrastbildungen entstanden.
Wenn Riemann behauptet hat, die Mannheimer h'atten das Menuett, das sich bei
Graupner nicht finde, in die Sinfonie nicht eingefiihrt, so ist das nicht rich tig: fast
die H'alfte der Sinfonien Graupner's hat ein Menuett, mehr als zwolf deren zwei.
Auch hat Graupner schon den Versuch der Individualisierung der Horner gemacht.
Die Besetzung des Orchesters war zum Teil schon eine sehr stattliche; eine Sinfonie
weist auf : 2 Corni, Tympani, 2 Flauti Traversi, 2 Violette, 2 Fagotti, 2 Violini, Viola
und Cembalo. Die Zahl der Satze schwankt. 56 haben 3, 27 deren 4, 18 deren 5,
11 haben 6, und eine Sinfonie erscheint gar mit 8 S'atzen.
Im einzelnen lassen sich franzosische, vielleicht auch italienische Einfliisse nach-
weisen.
Die Arbeit des Herrn Dr. Nagel wird in erweiterter Form gedruckt werden.
Nach dem Vortrage wurde den Mitgliedern vom Vorsitzenden, Herrn Dr. R. Ho hen-
em ser, die vom Vorstand beantragte Anderung der Statuten der IMG., welche sich
auf die §§ 3 und 4 erstreckt, zur Kenntnis gebracht und von der Versammlung ange-
nommen.
Albert Dessoff.
Mitteilungen der >Internationalen MusikgesellschafU. 101
Malmo.
Die erste Sitzung der neuen Ortsgruppe fand am 17. September statt. Onter-
zeichneter hielt einen Vortrag iiber >Die Entstehung der Musik«, dem eine Diskussion
folgte. Nach dem Vortrag spielte die bekannte Klavierspielerin Frau Ina Lang e aus
Kopenhagen mit ihrer gewohnten hohen kiinstlerischen Auffassung mehrere Kompo-
sitionen von Beethoven auf einem Flttgel von Graf in Wien (c. 1820), im Besitz des
Vorsitzenden, C. Claudius. Mehrere Gaste waren erschienen. Der Vorsitzende, Herr
C. Claudius, hatte der Ortsgruppe seine Wohnung gtttigst zur Verfugung gestellt
Der Verein beschloG, um besser wirken zu konnen, mit der Ortsgruppe •Kopen-
hagen* in Yerbindung zu treten und schon fiir die nachste Sitzung ein danisches Mit-
glied zum Halten eines Vortrages einzuladen.
Tobias Norlind.
Wintherthur.
Das Musikkollegium wird unter Leitung des Herrn Dr. Ernst Bade eke
sieben Abonnementskonzerte und funf populare Konzerte veranstalten. Ala Solisten
fur die erstgenannten sind gewonnen die Damen Muriel Foster und Marcelle
Pregi (Gesang), die Herren Richard Breitenfeld und Robert Spoery (Gesaug;,
Jean Gerardy (Violoncello), Raoul Pugno (Klavier), Franz Ondricek und Oscar
Studer (Violine), sowie die Trio-Vereinigung der Herren Dr. Radeoke (Klavier),
Bach (Violine) und Dure 11 (Violoncello).
An Orchesterwerken gelangen zur erstmaligen Auffuhrung: Konzert fiir Violine,
Flote, Oboe, Trompete von J. S. Bach, Ballettmusik aus >Rosamundec von Schu-
bert, Symphonic > Romeo und Julia« (Instrumentalsatze) von Berlioz, »rArlesienne«-
Suite I. von Bizet, die Ouvertiire >am Strand e< von Robert Radecke, »die Moldau<
symphonische Dichtung von Smetana. Von Kammermusikwerken werden zum ersten
Mai gespielt: Trio A-dur von Haydn, Trio H-dur von Brahms, Klavier- Violinsonate
op. 18 von Richard StrauC und die Kammersymphonie op. 8 von Wolf-Ferrari. AuCer-
dem stehen auf dem Frogramm: Symphonien von Mozart, Beethoven und Brahms,
Ouverturen von Beethoven, Wagner, Volkmann, Schumann und Dvorak.
Der ebenfalls unter Leitung des Herrn Dr. Radecke stehende »Gemischte Chor«
gibt im November ein Konzert, in dem auCer >Erlkonigs Tochter< von Gade und dem
>Loreley« -Finale von Mendelssohn >der gefesselte Strom* von Friedr. E. Koch zum
ersten Male aufgefiihrt wird. Fraulein Johanna Dietz wird die Sopransoli singen.
Neue Mitglieder.
Bantock, Granville. ' Midland Institute,
Birmingham.
Coetallat A Co. , Musikalienhandlung.
Paris, 15 Rue de la Chaussee d'Antin.
Coward, Henry, Mus. Doc, 286 Western
Bank, Sheffield.
Hinton, Dr. J. W., London, S. W. 48 Park I Wallington, Surrey,
Rd. St. Johns Hill. !
Lovewell, S. Harrison. Director of Mu-
sic, Whitman College. Washington.
U. S. A. 23 University St. Walla Walla.
Shapleigh, Bertram. Weird Wood, Long-
field, Kent.
Wotton, Tom. S. Hazeldene, Elgin Road,
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102 Mitteilungen der > Intern ationalen Musikgesellschaft«.
AnderoDgen der Mitglieder-Liste.
Grimmer, Ober-Regierungsrat in Hildes- j Schulz, Dr. Gottfried, Koniglicher Sekre-
heim jetzt Liineburg. tar an der Koniglichen Hot- and Staats-
Hagen, 8. A. R, Musikhistoriker in Kopen- , Jggjft f1 ***ch*» Jetet Kaulbach
hagen jetzt HagenshuBpr.B&stad^chwe-^^^^ Bernhard| ^ phiL in Leipzig
aen' _jetzt Windmuhlen StraDe 28 IT.
NetBer, Dr. Arthur in Wien jetzt VIII. I warmixnde , Fraulein Meta in Hamburg,
Bennoplatz Nr. 1 1 Th. 7. | St. Georg, Schmilinski StraCe 74 1.
Inhalt des gleichzeitig erscheinenden
Sammelbandeg.
Ludwig Meinecke (Wiesbaden). Michael Altenburg. Ein Beitrag zur Geschichte
der evangelischen Kirchenmusik.
Felipe Pedrell (Madrid), La Musique indigene dans le theatre espagnol du
XVII® siecle.
Walter Niemann (Leipzig). Die schwedisohe Tonkunst, ihre Vergangenheit und
Gegenwart.
0. G. Sonneck (Washington). Francis Hopkinson (1737—1791). The first American
Composer.
J. Ecorcheville (Paris). Note sur un fonds de musique francaise de la Bibliotheque
de Cassel.
J.-G. Prod'homme (Paris). Notes sur plusieurs musiciens francais du XVI6 siecle.
Hermann Muller (Paderborn). Zur Musiklehre des Joannes de Grocheo.
Von unseren Beiheften erscheint gleichzeitig:
Heft X. EugenHirschberg, Die Encyklopadisten und die Franzosische Oper im
18. Jahrhundert. VIII und 145 S. 8°. Preis Of 3,—.
Einbanddecken zu Beiheften, Zeitschrift und Sammelbanden sind zum Preise von
je 1 Mark von Breitkopf und H'artel in Leipzig zu beziehen.
Ansgegeben Anfang November 1908*
Fur die Redaktion verantwortlich : Professor Dr. Oekar Fleischer, Berlin W., Motzstr. 17
Mitrerantwortlich : Dr. Ernst Euting und Dr. Albert Mayer-Reinach in Berlin.
Druck und Verlag vonBreitkopf&Hartelin Leipzig, NQrnberger Strafle 36.
THE Ki£W Yi. >-
PUBLIC LiBKAr
ZEITSCHRIFT
DER
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
A5Tr R, LtN- ,x
Heft 3. Fftnfter Jahrgang. 1903.
Ertcheint monatlich. Fiir Mitglieder der Intemationalen MusikgeselUchaft kostenfrei,
fur Nichtmitglieder 10 Jf. Anzeigen 25 3jf fur die 2gespaltene Petitzeile. Beilagen 16 •#.
x Herbert Spencer et Meyerbeer.
On vient de publier en traduction fran$aise, sous ce titre: «Faits et
Commentaires* un recueil d'Essais du plus grand penseur conterapo-
rain vivant, Herbert Spencer. II y est question de toutes les questions
possibles, depuis la guerre sud-africaine jusqu'fc la vaccination en passant
par rOrigine de la Musique et Meyerbeer.
Nqjas voudrions insister sur l'essai qui a pour titre Meyerbeer.
Nous pensons que nos jeunes critiques du temps present feront bien d'y
jeter les yeux. Bien n'est plus f&cheux ni, peut §tre, plus ridicule que
le discredit dans lequel sont tomb^es les oeuvres de ce mattre, qui fut,
k n'en pas douter, un des maitres du theatre musical. Herbert Spencer
ne craint pas de souligner ce ridicule. II le fait sans l'ombre de partiality,
se contentant de montrer, une fois de plus, que, comme toute chose en
ce monde, la reputation des vivants et des morts est soumise k une loi
de balancement et de rhythme. La Bruyfere, dans son chapitre Du Coeur,
parle des amants qui se hafssent de s'etre trop aim^s. Nous dirions, tout
aussi justement, que les gloires humaines sont sujettes k des chutes d'autant
plus lourdes qu'elles tombent de plus haut. Celle de Meyerbeer en est
un trfcs-curieux exemple.
Les jeunes repr&entants de la critique musicale, en France et, tr&s-
vraisemblablement aussi, en Angleterre, s'etonnent des floges dithyram-
biques prodigues, jadis, k des oeuvres telles que le Prophfcte, les Hu-
guenots ou m&ne Robert le Diable. Et ils ne sont pas trfcs loin
d'en conclure qu'en fait de musique, du temps de nos p&res, meme les
plus connaisseurs manquaient absolument de goilt. Si nous etions de leur
ige, nous serions trfcs-probablement de leur opinion.
Mais nous ne sommes pas de leur age. Nous avons plus d'un demi-
sifecle de vie. Et pendant plus des vingt-cinq premieres ann£es de ce
Z.d.I M. V. i^bv
104 Lionel Dauriac, Herbert Spencer et Meyerbeer.
demi-sifecle, nous avons giorifi£ Meyerbeer et nous Favons entendu glori-
fier. — Par qui? Sans doute par des admirateurs lourds d'esprit, £pais
de sentiment, d'un goftt presque barbare? — Aucunement: par des gens
qui s'appelaient Scudo, ce qui ne prouve gufere, par d'autres qui s'appelaient
Liszt et Berlioz ce qui prouve singuliferement davantage. Scudo a Icrit, non
sans verve ni meme sans fldgance, des articles d'une stupidity monumentale.
Son goftt manquait de culture. Done chaque fois que Scudo s'avisait
d'applaudir, il etait sage de garder le silence. Mais \k oh Berlioz ad-
mirait, Ik oti Liszt temoignait de l'enthousiasme serait-il permis de se
croire plus sage que de tels hommes? Je laisse de cot6 la valeur musi-
cale de ces deux maitres qui est trhs grande. Je ne m'attache qu'aux
preuves d'esprit critique si souvent donn^es par Tun et par l'autre. Et
j'h^site k croire qu'ils se sont trompds.
J'h&ite k le croire pour deux raisons. La premiere de ces raisons
est, qu'ils &aient, l'un et Fautre, naturellement clairvoyants. La seconde
est que Meyerbeer a produit pendant trente amines, qu'il a fourni k ses
contemporains mainte occasion de mettre une sourdine k leurs eloges
pour le cas oh ils auraient regrette leurs excessives louanges. Toutes
les fois qu'un £crivain produit une oeuvre, e'est une pifcee qu'il ajoute k
son dossier. Et tout le temps qu'il produit, e'est comme un proems qui
se juge. Or le proc&s Meyerbeer a mis trente ans k se juger en pijmi&re
instance. Parmi les juges du proems se sont trouv^s des Berlioz et des
Liszt, des hommes dont l'opinion sert ordinairement de caution ou d'abri.
Se pourrait-il done que les juges k ce premier tribunal, qui est celui des
contemporains, se f assent m^pris du tout au tout?
M. Andr6 Hallays, l'&liteur de Musique et Musiciens, — ce beau
recueil d'artdcles publies jadis par Berlioz alors que Berlioz faisait, au
Journal des D^bats, la critique musicale — n'ose pas trop accuser
Berlioz d'avoir admire Meyerbeer. H ne parvient gufcre k l'excuser
quand meme. Et naivement il s'en e tonne, lui, M. Andr£ Hallays
qui est, assez ordinairement, tout le contraire d'un naif. Je parie que
le meme M. Andrd Hallays, s'il lisait ce que M. Herbert Spencer a ecrit
sur Meyerbeer, se contenterait d'insister sur les quatre-vingts ans du grand
penseur anglais.
H£ bien! soit; je consens que Ton y insiste. D'avoir quatre-vingts
ans passes, au temps oh nous sommes, cela prouve qu'au temps oil les
Huguenots florissaient, on 6tait de la toute premiere jeunesse. Or
en ce temps-l&, vera 1836, on s'&ait d^pris de l'op^ra de Gluck dont le
style trfcs pur, mais parfois trop tendu rebutait en raison de ses exigences
d'attention. En ce temps-Ik done, que pouvaient admirer oeax qui avaient
le gofit de l'op^ra? lis avaient le choix entre Auber avec sa Muette,
Rossini avec son Moi'se, son Sifcge de Corinthe et son Guillaume
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Lionel Dauriac, Herbert Spencer et Meyerbeer. 105
Tell, Hal^vy avec sa Juive, Meyerbeer enfin avec Robert et les
Huguenots.
Je crois bien qu'il y a plus de belle musique dans les beaux endroits
de Guillaume Tell que dans les beaux endroits des Huguenots. Je
le crois sans en etre autrement sib*. Mais dans le Sifcge de Corinthe?
Mais dans Mo'ise? Les belles pages n'y sont-elles pas clairsem^es, et
lesbonnes pages n'y sontrelles point, k peu prfcs, absentes? Quant k la
Muette d'Auber, si elle m£rite mieux que l'incurable indifference actuelle
du public frangais, si la m&odie y coule k plein bords, si, presque k
chaque page, une merveilleuse facility d'^crire s'y revile, ce n'est pas,
en £crivant d'une plume facile, que Ton met au jour un chef-d'oeuvre.
II y a pourtant d'excellentes pages dans la Muette. Et si Ton me
pressait de dire oil elles sont et que e'en f fit ici le lieu, je ne me f erais
nullement prier pour le dire. Convenons toutefois qu'en fait d'oeuvre qui
se tienne, et k ne comparer que des ouvrages du meme temps, Robert
et les Huguenots l'emportent sur G-uillaume, sur la Juive et, k plus
forte raison, sur la Muette. Je l'ai d&nontrt? autre part ou, tout au
moins , je me suis efforc£ d'en f ournir . la preuve. Je n'ai pas change
d'avis.
— Avis qui ne prouvera rien! Et cet avis ne prouvera rien; car
pilferer Robert et les Huguenots, pris dans Ieur ensemble, k des
Juive, k des Moise, k des Muette, si e'est le droit de tout auditeur
sincere, cela montre qu'il a du gofit. Si tel etait le gotit des Fran^ais
au temps du roi Louis Philippe, il n'y a pas trop k se r^crier. Mais
ces Fran$ais ne connaissaient gufcre que la musique d'op£ra. De Beet-
hoven et de Mozart, ils n'ignoraient peut-6tre pas le nom. Us ignoraient
presque la totality de leurs ceuvres. Us ne savaient pas ce que e'est que
de la musique bien ecrite. Us n'^taient done pas exigeants en mati&re
de style. A ce point de vue, aurait-on vraiment tort de penser qu'ils ne
s'y connaissaient pas?
On n'aurait pas tort de le penser, si tous les admirateurs de Meyer-
beer etaient gens de culture mediocre et de mediocre instruction musicale.
Par malheur, ils trouvaient, pour leur donner raison, des juges tels que
Berlioz et Liszt. Or Liszt et Berlioz connaissaient le theatre de Gluck;
ils connaissaient les operas de Mozart, ils connaissaient vraisemblablement
aussi, le Fidelio de Beethoven. D'ailleurs au moment oil les Huguenots
etaient repr6sent£s en Allemagne, un grand nombre de critiques s'ecriaient
que Fidelio £tait d^pass£.
En ce temps \k, pourtant, l'admiration des connaisseurs n'&ait pas
unanime. Schumann s'indignait qu'on eftt o$6 comparer le style des
Huguenots au style de Fidelio. II d^clarait tout net, aux admirateurs
de Meyerbeer « qu'ils n'y avaient rien comprise. Et de fait, si Ton veut
Digitiz0Gj«by Lil
106 Lionel Dauriao, Herbert Spencer et Meyerbeer.
comparer les deux styles, je n'y verrai, moi, qu'un inconvenient: celui de
montrer la difference qui separe un grand compositeur tel que Beethoven,
le plus grand peut-etre de tous avec Sebastian Bach, d'un horn me de
theatre. Et Meyerbeer — que Ton se rassure, nous ne le comparerons
point k Bichard Wagner — fut, en son temps, un grand homme de
theatre. H est done probable qu'il gardera devant la posterity la re-
putation d'un habile musicien dramatique. B gardera cette reputation,
ou plutot il la reconquerra, quand la tourmente sera pass^e.
Mais pourquoi cette tourmente? Pourquoi cette chute d'astre? Car
la renomm^e de Meyerbeer a longtemps brills d'un eclat comparable k
celui d'une trfes brillante etoile. Or e'est peu de dire que l'lclat s'en est
terni. L'astre ne s'est pas seulement presque eteint. B s'est precipite,
ou peu s'en faut, d'une chute retentissante. D'oil cela vientril? De ce
que la musique de Meyerbeer n'est pas tr&s loin, d'etre jug^e, aujourd'hui
intolerable k entendre. Et si on juge ainsi, e'est parce que l'eprouve ainsi.
La partiahte peut etre evidente. Elle n'en reste pas moins inconsciente.
On n'en veut pas au maitre. On ne brise point sa statue. On se contente
de la regarder. Et plus on la regarde, plus on s'aper$oit qu'elle s'effrite,
se lezarde, et qu'il en tombe continuellement des morceaux.
Encore une fois, d'oti cela vient-il? De ce que Ton sait mieux ecouter
aujourd'hui qu'autrefois? Ne serait-ce pas plutot le contraire? B est
des ecrivains que Ton desapprend de lire: on dirait d'un texte dont le
sens s'est perdu. B est des ecrivains que Ton continue k lire et k com-
prendre et dont, k force de les lire et de les comprendre, on aper^oit les
lacunes et les insuffisances. Meyerbeer serait-il devenu inintelligible? Et
si on lui refuse le moindre talent et, k plus forte raison, la moindre
etincelle de genie, est-ce parce qu'on ne le comprend plus, ou parce
qu'on le comprend trop?
B y a, croyons-nous de l'un et de Fautre. Meyerbeer n'est pas
obscur. II est meme assez difficile d'ecrire plus clairement que lui.
Meyerbeer trouve facilement ce qu'il cherche, et s'il ne l'ecrit pas au
courant de la plume, il l'ecrit, gen^ralement, sans trop d'effort. Seule-
ment il ecrit sans assez de soin. B sait commencer; il ne sait pas tou-
jours continuer. B s'el&ve assez haut quand il s'ei&ve. B n'a jamais
su planer. Rarement meme, il a su descendre. Ses descentes sont trop
souvent des chutes. Yoilk ce que j'entends dire. On exagfcre en le disant.
Mais on ne tourne pas le dos k la verite.
Chez Meyerbeer, les qualites d'invention ne manquent pas. Ce sont
les qualites de mise en valeur qui pechent. — Et pourtant il cherche
Teffet! — Parce qu'il l'a trop cherche, souvent il le depasse, ce qui est,
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Lionel Dauriac, Herbert Spencer et Meyerbeer. 107
a-t-on coutume de dire, une fa^on de ne le pas atteindre. — Quand il
lui faudrait etre grand il n'est qu'habile. H se tire souvent d'affaire.
Seulement, chaque fois qu'il £vite un pifege, il nous laisse apercevoir
qu'il l'a cotoy£.
C'est ainsi que Ton parle de cet ancien grand maitre. Et si Ton
veut que nous restions au chapitre des imperfections et des lacunes, on
nous permettra d'y ajouter encore. La vfoite est que Meyerbeer k Tin-
vention facile. Mais, si Ton ose dire toute la v£rit3, il n'invente que de
seconde main. Son style ne lui appartient pas, si ses formules lui appar-
tiennent. H n'a copid personne, j'en conviens. Peu s'en faut, qu'il n'ait
imitd tout le monde, les maitres fran^ais, les maitres italiens, les maitres
allemands. Son verre est trfcs grand. H ne boit que dans son verre.
Mais, ce verre, il va le remplir k toutes les sources. H puise inconsciem-
ment, et quand meme k pleines mains, dans Mozart et jusque dans
Beethoven. Le pif ! paf! pouf! de Marcel, dans les Huguenots, se
ressent du Scherzo de la Symphonie en ut mineur, c'est «tourn£»
pourrait-on dire de la meme manifcre. Haendel, d'autre part, aurait pu
contresigner le dernier final de Robert le Diable. H Paurait, d'ailleurs,
contresignd avec satisfaction. Pour ce qui est des Italiens, leur musique
remplit plus du tiers de Robert le Diable et prfcs des deux cinquifcmes
des Huguenots. Enfin il n'est pas jusqu'& Failure carrde, triviale de la
chanson fran^aise populaire qui n'ait laiss£, 5a et 1&, son empreinte dans
Tune ou l'autre de ces deux ceuvres. D y aurait tout un chapitre k
ecrire sur les sources de l'invention thdmatique de Meyerbeer depuis sa
premiere jusqu'ft, sa dernifcre ceuvre. A ce point de vue, son ouvrage le
mieux dcrit, le Pardon de Ploermel, n'est gufcre plus original que les
antres. L'oeuvre est de mediocre envergure. Elle est pensee d'une fa^on
discontinue. Elle est, quand meme, travaillde avec assez d'art, et d'une
main qui s'est assouplie. Mais cette main n'a point perdu l'habitude
d'aller qudrir chez les autres, et la symphonie classique y est mise
largement k contribution.
Ce que nous disons-l&, n'^quivaut pas au reproche de pillage, ou,
comme on dit encore chez nous, de ddmarquage. Nous constatons que
l'atmosphfere musical e respite par Meyerbeer a £t£, avant lui, respite
par d'autres, et, l'ayant constats, nous croyons devoir mettre plus qu'en
doute Toriginalitd de sa fa$on d'dcrire. Nous rdpondrons, par suite, k
M. Herbert Spencer que Meyerbeer a beau avoir passd, jadis pour un
homme de ggnie, il ne saurait passer, ddsormais, pour un impeccable
maitre. Dans l'histoire de la musique le nom de Meyerbeer ne peut
ni ne doit figurer au premier rang. Si on l'y a mis, il faut qu'on Ten
ote. Ce n'est pas une question de g£n6rosit£ qui est en cause. C'est
une question de v£rit£.
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108 Lionel Dauriac, Herbert Spencer et Meyerbeer.
Mais est-ce dans l'histoire de la musique que Meyerbeer aura
joue ou pr^tendu jouer un role? Si telle a £te son ambition, elle est
bien pr&s d'avoir 6t6 sterile. Si, au contraire, il s'est apparu k lui-meme
sous les traits d'un homme de theatre, nous estimons qu'il s'est bien
jug£, et nous persistans, quant k nous, k l'admirer comme tel. C'est
vraisemblablement ainsi que l'admir&rent Liszt et Berlioz. Detaillez en
effet le grand morceau d'ensemble du quatrifcme acte des Huguenots.
Isolez-en les phrases. Regardez ces phrases k la loupe. Vous n'y dis-
tinguer^z rien pour fixer le regard H y a, semble-t-il, mieux k trouver.
Le dessin y est pas mediocre.
Maintenant remettez les choses en place. Ecoutez en restant, atten-
tifs k Taction. Ecoutez en regardant les personnages aller et venir.
Ne jugerez-votts pas la scfcne ainsi que la jugeait Berlioz, et ne la de-
clarerez-vous pas, comme lui «foudroyante» ? Schumann qualifiait la phrase
de Saint-Bris de « Marseillaise retap£e». Elle pourrait faire penser k la
♦ Marseillaise*, cette phrase, si elle en avait le rbythme. Elle est rhythmee,
convenons-en, d'une tout autre manifcre, ce qui lui donne une tout autre
allure. Mais ne discutoris plus ce point. Attachons-nous seulement k
l'effet produit Eappelons que la mani&re dont se termine la Bene-
diction des Poignards est justement celfcbre et qu'elle fait courir le
frisson k travers toute la salle. Elle donne, c'est bien le vrai mot,
Timpression du sublime. Et le sublime, meme k son plus bas degre —
car il a ses degres — est ddj&, d'une assez respectable hauteur.
Je voudrais ne point parler du celfcbre duo d'amour. Qui aurait
essay£ d'en discuter la valeur il y a trente ans, se serait presque fait
maudire. La valeur musicale en est, pourtant mediocre. Elle Test con-
stamment Elle Test partout, jusque dans le: «Oui! tu l'as dit! . . .>
II n'y a pas k s'en dddire. Musicalement parlant, ce duo est assez in-
f&deur k la grande sc&ne qui pr^c&de. Et ce n'en est pas moins un
chef-d'oeuvre, un incomparable chef-d'oeuvre .... dramatique. On ne
remarque point assez que pour faire un trfcs bon drame, il f aut etre bon
psychologue et bon architecte. Si Ton est, en meme temps trfcs-bon ecri-
vain, tant mieux! Si Ton est ecrivain mediocre, on peut, quand meme,
mettre sur pieds un drame excellent.
Les choses ne se passent gufcre autrement dans le drame musical.
On peut ^crire une fort belle musique d'opeSra sans faire preuve d'une
veritable originality d'invention ou de style. On y gagne la reputation
d'un trfcs habile ouvrier, d'un trfcs grand auteur dramatique. Cela ne
veut pas dire qu'on soit un tr&s grand musicien. Nous ne sommes pas
persuade que le renom de grand musicien convienne k Richard Wagner.
Nous sommes surs qu'il ne convient pas k Meyerbeer.
On s'explique maintenant l'origine de ce declin de renomm^e. Nul
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Lionel Dauriac, Herbert Spencer et Meyerbeer. 109
ne s'etait avis£ jadis d'examiner en la decomposant et en la divi-
sant l'ceuvre de G-. Meyerbeer. On Fa examinee de trfcs prfcs, depuis
vingt annees environ et Ton s'est etonn^ de ce qu'un ecrivain musical
si decidement imparfait, eiit recolt£ tant de gloire. En faisant descendre
la statue de son pedestal, on a cru accomplir un acte de justice.
On a eu raison et Ton a eu tort. On a eu tort: la statue mdritait
de rester sur le ptedestal. On a eu raison: pedestal et statue n'&aient
pas k leur place. On devait les transporter ailleurs. La statue ^rigee
non loin des plus illustres reprdsentants de la musique, eftt figure, avec
infiniment plus d'avantage, ]k oh sont conserves pr^cieusement et pieuse-
ment les effigies des meilleurs maitres du drame.
Concluons done, avec M. Herbert Spencer, qu'un retour k la grande
renommee attend, selon tonte vraisemblance, la memoire de G-. Meyer-
beer. Ce retour aura lieu quand on saura lire ses oeuvres comme elles
demandent k etre lues, quand, aprfcs s'etre resign^ k n'accorder k Meyer-
beer, dans l'histoire de la musique, qu'une simple mention, honorable
d'ailleurs, on s'apercevra que son vrai role s'est joue sur le theatre et
qu?il y fut des plus grands. Et e'est pourquoi Meyerbeer exita l'admira-
tion de Liszt et de Berlioz.
Nous ne pensons point, dfcs lors, que ce ddclin de gloire soit un
simple effet de la grande loi d'oscillation ou de rhythme qui regit ou est
censee regir le mouvement des renommees posthumes. Cette baisse de
valeur tient k un malentendu, k un manque de mise au point, k un d&-
faut de clairvoyance touchant la vraie nature, et la veritable essence du
genie ou du talent de Meyerbeer. Ce ddfaut de clairvoyance est, k
notre avis, excusable, £tant k peu pr&s inevitable. II a pour cause Texcfcs
d'inclairvoyance et l'absence souvent complete d'esprit critique chez les
premiers admirateurs. Car si Meyerbeer ne fut pas un grand musicien,
il fut, quand meme, un vrai grand homme.
Paris. Lionel Dauriac.
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110 . Hans fohl, Das Heidelberger Musikfest.
Das Heidelberger Musikfest.
(24. bis 26. Oktober 1903.)
»Unsere Geschichte der Musik ist eigentlich mehr eine Geschichte des
Tones, als eine Darstellung der Entwickelung des menschlichen Ausdrucks
durch den Ton. Sie befafit sicb der Hauptsacbe nach nur mit dem Kunst-
mittel, zieht den Kunstler soweit in Betracht, als es ihm gelungen ist, das-
selbe zu erweitern, nnd laBt den KunstgenieBenden ganz auBer acht.«
Diese Worte, die der feinsinnige Grazer Kunst&sthetiker Friedricb von Haus-
egger vor nunmebr bald zwanzig Jahren zu Anfang des dritten Kapitels
seiner vortrefflichen Abhandlung >Zur Musik als Ausdruck* geschrieben,
fielen uns ein, als wir scbon frtiher da und dort lasen, es solle jetzt endlich
einmal Ernst werden mit der Verwirklichung der lange erwogenen Reform-
bestrebungen im modernen Konzertsaal. Man bat in mancher Hin-
sicbt der Deutschen gespottet, sie waren ein »Yolk der Dichter und Denker«,
deren oft groBe Utopien sicb mit dem realen Boden und der reinen Praxis
nicbt immer besonders vertriigen, und daB so mancber scbone Gedanke, der
in der gelebrsamen Atmosphare des Studierzimmers entstanden und sorglicb
weiterentwickelt wurde, die klare Freiluft der lebendigen "Wirklichkeit nicbt
vertragen konne. Nun ist es freilich nicbt abzuleugnen, daB wir positiven
Neuerungen etwas fremder, miBtrauiscber, wenn nicht gar schwerfSUiger
gegeniibertreten, ja daB wir eine plotzlicb auftretende Idee mit bekannter
Griindlicbkeit erst lange ausprobieren, bevor wir uns von ibr einen ricbtigen
Begriff gemacbt baben, und von ibrem Werte vollstandig iiberzeugt worden
Bind. In dem groBen Bucbe der deutschen Kunstgescbicbte lieBe sicb dem
Alphabet nacb — von Bacb bis Wagner — gar mancbe Seite aufschlagen,
die daruber beredten AufscbluB gabe7 wie lange es oft gedauert bat, bis ein
kubnes, aber aucb auf der Basis reiflicbster Erwagung aufgebautes Wollen
und "Wagen dem allgemeinen Yerstandnis begegnen konnte. Aucb der Re-
formator auf dem Gebiete des Konzertsaales, fur den hinsichtlicb weitgeben-
der Kunstprinzipien und astbetiscber Anscbauungen eigentlicb seit gut bundert
Jahren nicbts recbtes mehr gescbeben ist, wird sicb mit der bausbackenen
Lebensregel »Gut' Ding will Weile baben « vorerst bescheiden miissen, bis
sich sowobl die Kunstler- wie die Zuborerscbaft bier allmablich an neues
gewobnt, und in diesem neuen aucb alle ibm innewobnenden Vorteile ge-
funden baben.
Dr. Philipp "Wolfrum, der >Biilow von Heidelberg*, gehort zu jenen
seltenen Kiinstlem atur eri, in denen der Dichter mit dem Denker, der fein-
fublende Poet mit dem ernsten Gelehrten und Forscher auf dem Felde der
Musikwissenschaft und modernen Kunstastbetik einen gliicklicben Bund ge-
schlossen baben. Zu diesen Vorzugen gesellen sicb eine keinerlei Scbwierig-
keiten kennende Energie und eine geradezu staunenswerte Arbeitskraft, die,
im Dienste der einmal gefaBten Idee, selbst vor einer Menge rein handwerks-
maBiger Hantierungen ebensowenig zurtickschrecken. Schon vor zwei Jahren
gelegentlich der Tonkiinstler-Yersammlung in Heidelberg, einer der musi-
kalisch interessantesten Yeranstaltungen dieser Art in der letzten Zeit, lernten
wir Wolfrum als einen zielbewuBten Kopf kennen, der den Konzerten da-
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Hans Pohl, Das Heidelberger Musikfest. Ill
mals ein anregendes Geprage zu verleihen wuBte. Wer aber den vielseitigen
Kunstler diesmal als ausgezeichneten Bachspieler und Schreiner, als umsich-
tdgen Dirigenten des Orchesters wie seines ganz vorziiglichen Chors und als
Tapezierer, als tatigen Organisator and Mitverwalter des Festes, planvoll
vorgehenden Schriftsteller, Komponisten, Organisten, geselligen Hausherrn,
bereitwilligen Erklarer der neuen Einrichtungen usw. kennen gelernt hat,
der kann sich erst einen Begriff machen, wieviel Eifer und groBe Tatkraft
diesem fast zart aussehendem Korper des angehenden Fiinfzigers innewohnen.
Beziiglich der allgemeinen Reformen im Konzertsaal haben viele schon seit
langem vorgearbeitet. Yor allem Wagner und Biilow, dann u. a. Friedrich
von Hausegger (wenn auch nur teilweise), Ehlers, Gohler, Batka, besonders
aber Paul Marsop, der in dem geistvollen Aufsatz »Der Musiksaal der Zu-
kunft« zu dem gedacbten Bau einen der wicbtigsten Grundsteine beigetragen.
Das Verdienst, alle diese Ideen aber erst in die Tat umgesetzt zu haben,
gebtihrt einzig und allein Wolfrum, dem Ftthrer des sich seit Jahren immer
intereesanter gestaltenden Musiklebens der schonen, von soviel Foesie um-
wobenen alten Neckarstadt. In der stilvoll erbauten neuen Stadthalle hat
Wolfrum, abhangig von der Anlage des Konzertsaals , der natiirlich alien
moglichen Zwecken zu dienen hat, von dem Raum der dem Musikapparat
zugewiesenen Nische, und nicht zuletzt auch den zur Verfiigung stehenden
Geldmitteln, nun uberraschende Neuerungen geschaffen, die wohlgeeignet
waren, den ersten AnstoB zu einer spater vielleicht durchgreifenden Ande-
rung der jetzt bestehenden Anlagen und baulichen Anordnungen zu geben.
In der klar geschriebenen, gelegentlich nur etwas polemisch getarbten Yorrede
des Programmbuches betonte Wolfrum so und so oft und mit aller Absicht,
diese ganzen VorfUhrungen soil ten nur einen neuen Versuch, nicht mehr
und nicht weniger, bedeuten. Bevor wir auf Einzelheiten eingehen, inwie-
weit dieser Versuch auch gelungen ist oder nicht, sei eine kurze Beschrei-
bung der Aufstellung selbst vorausgeschickt. Die wichtigste diesmal ein-
gefuhrte Neuerung besteht in dem rasch verstellbaren Podium, das hier
aus vier kleineren Podien besteht, von denen jedes nach MaBgabe einer an-
genommenen auBersten Hohe oder Tiefe mittelst einer Kabelwinde (spater
und mit grofierem Geldaufwand durch hydraulische oder elektrische Krafte
zu ersetzen) beliebig hoch oder tief eingestellt werden kann. Rein technisch
genommen, ist also damit schon jedesmal das ebenso zeitraubende als kost-
spielige Aufschlagen vermieden, wie auch die Podien je nach der GroBe des
Saales und der Nische natiirlich vermehrt, unoT ganz oder nur teilweise be-
ntitzt werden konnen. Durch eine vorne vorgebaute hohe Schallwand wird
der ganze Klangapparat flir das Auge des Zuhorers unsichtbar, und die
Schallwand selbst soil zur Modinzierung der Klangwirkung besonders bei sehr
stark instrumentierten Schopfungen dienen. Die schallstarksten Instrumente,
wie Posaunen, Tuben, Schlagzeug u. a. sind auf der tiefsten, also vierten
Etage plaziert, weiter aufsteigend die starkeren und schwScheren Holzblas-
und Streichinstrumente, auf dem ersten Podium an der Schallwand die hohen
Streicher, Harfen usw. Die von der Firma Yoit und Sohne in Durlach
neugebaute Orgel zahlt zu den besten Instrumenten, die man momentan in
den deutschen Konzertsalen finden kann. Die Geblase-Anlage der vier
Manuale enthaltenden Orgel besteht aus zwei ubereinanderliegenden Maga-
zine n, die durch einen elektrisch angetriebenen Ventilator gespeist werden.
Bei 64 klingenden Registern besitzt das Werk 4394 Pfeifen. Der auf
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112 Hans Pohl, Das Heidelberger Musikfest
Rollen laufende Spieltisch wird durch ein elektrisches Kabel und einen Luffc-
schlauch mit den auf der Galerie stehenden Pfeifen verbunden. Eine Galerie
vor der unmittelbar tiber dem Chore aufgestellten Orgel gewahrt den rich-
tigen Raum fur die Aufstellnng von Knaben- oder Frauenchfiren, Solostim-
men und gleichartigen Ensembles. —
Was nun die Idee des unsichtbaren Musizierens betrifft, so beruht dieses
auf folgenden Prinzipien: es beseitigt fur feiner einpfindende Naturen dae
durch Auflerlichkeiten hervorgerufene Ablenken der Hauptsache auf Neben-
dinge und ermoglicht, daB ein Meister in seinem Werke ungestort zu una
reden konne. Schon Goethe spricht einmal davon, dafi der Musiker sein
lnnerstes ausbilden solle, dafi er dem Sinne des Auges nicht zu schmeicheln
habe, denn das Auge bevorteile gar leicht das Ohr und locke den Geist
von innen nach auBen. Jenes strenge Festhalten des inneren Stimmunge-
gehalts eines Werkes — auf Ausiibende und ZuhSrer ausgedehnt — soil also
im hochsten Grade die versinnlichende Konzentration eines idealen kunst-
lerischen Genusses bilden. Von dem Kultus der Kirche ausgehend, wo z. B.
in der Passionszeit das allmahlich weichende und erloschende Licht seit
langem zur Mitwirkung herangezogen wurde, kam Wolfram auf die Frag©
der ganzen oder teilweisen Verdunkelung des Konzertraums. Eine Frage,
die diesmal in Heidelberg eigentlich nur in vier Fallen mit glucklichem Ge-
lingen gelost wurde, sich aber sonst, so viele Vorziige auch dieses Stim-
mungsmittel birgt, noch so schwierig gestaltet, daB es also noch einer
ganzen Menge von weiteren Versuchen bedarf, bis sie wirklich praktische
Result ate zu zeitigen im Stande sein wird.
Bei starker Verdunkelung des Raumes und mitsamt dem Dirigenten unsicht-
baren Orchesterapparat kamen im Laufe der drei groBen Konzerte Wagner's
Parsifal- Vorspiel, Liszt's groBangelegte Dante-Symphonie, »Tod und Verkla-
rung< von Richard StrauB und Anton Bruckners gewaltiger Torso seiner
neunten Symphonie in einer ergreifenden, und wirklich alle Stimmung bannen-
den und auch auslosenden Art des Vortrags zu Gehor. Man konnte es sehr
wohl begreifen, daB Liszt einmal die feste Absicht hatte, seine heute gerade
H3 Jahre alte Dante-Symphonie in einem verdunkelten Raume aufzufiihren,
weil er die charakteristischen Zeichnungen, die Genelli zu des groBen Floren-
tiners gbttlicher Komodie entworfen, als Lichtbilder an die Wand projicieren
lassen wollte. Keines seiner Werke verrat bei Liszt, der wahrend seiner
Pariser Zeit von den franzosischen Malern sicher geistig beeinfluBt wurde,
so den inusikalischen Impression isten, wie die Dante-Symphonie. Jenes
ungebundene, in den vierziger Jahren nattirlich unglaublich kuhne Schaffen,
das der symphonischen Literatur vollig neue Bahnen gewiesen, zeigt das
• Inferno* mit seiner in Uppigem Wohllaut aufgehenden Fis-dur Melodik der
Liebesidylle zwischen Paolo und Francesca da Rimini; jenes »sich in Stim-
mung auslebenc enthalten die mystischen Gebilde des leider nur viel zu
langen »Purgatorio*, das zu dem traumhaften Halbdunkel des » Magnificat*
hinuberleitet. Wie klang das alles (z. B. der Einsatz des Frauenchors) ganz
anders, zumal die ganze Sinnestatigkeit hier ausschlieBlich auf das Gehor
konzentriert war, das alle die feinen dynamischen Abstufungen und die
poetisch belebten musikalischen Regungen weit zartfuhlender wahrnehmen
und iibermitteln konnte. Ftir solche und ahnliche Werke schaffen die hier
erprobten Reformbestrebungen tatsachlich ein Feld der groBeren Empfang-
lichkeit und tieferen Verstandnisses. Die Klanggruppen der verschiedenen
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Hans Pohl, Das Heidelberger Musikfest. 113
Blaser und der Streicher verbinden und trennen sich in besser vermittelten
Melismen, deren Wirkung besonders in dem Parsifal-Vorspiel, noch weit
mehr aber in *Tod und Verklarung* und der Bruckner'schen Symphonie
vorteilbaft auffallen mufite. Wer den alten Bruckner in Wien, der Zeit
seines Lebens ein Kind an Herzenseinfalt geblieben, gekannt bat und weifi,
in welch' weltabgewandter Stimmung seine Werke (und auch seine »Neunte«.
jener Abschied von Kunst und Leben) entstanden sind, der konnte sich in
die Gedanken des groBztigig entworfenen ersten und dritten Satzes hinein-
leben, aus dem riibrend ausklingenden Adagio mancbes Klagewort des still
fur sich scbaffenden und unter dem Scbutze seiner Kunst doch ungebeugten
Meisters Antonius heraushoren, und in dem genialen Entwurf des » Scherzo «
doch noch mehr entdecken, als den Nachklang jener »Dorpertanzweis«, wie
sie sein halber Landsmann, der alte Neidhart von Reuental, einst gedichtet
und gesungen. DaB man einen Dirigenten nicht zu seben braucbt, und
doch bald sehr wohl merken kann, es stehe ein genialer Fuhrer an der Spitze
des Orchesters, bewies hier z. B. Richard StrauB mit der in alien Teilen
gleich ein dm cks voile n Wiedergabe des interessanten Werkes. Gestaltete sich
hier alles so, wie man es vom Standpunkt eines tiefergehenden kunstasthe-
tischen Genusses erhoffen und verlangen konnte, so war dagegen manches
iibrige nicht gerade sehr geeignet, die dort gewunschten Illusion en zu wecken
oder zu bannen. Die Wiedergabe des poetisch vielsagenden »Hexenliedes«
von E. v. Wildenbruch, zu der Max Schillings eine die einzelnen Situations-
momente gut begleitende Musik (Op. 15) geschrieben, stebt und fallt mit
dem betreffenden Rezitator der ungleich besseren Dicbtung. Dem genialen
Sprachkunstler Possart hatte hier Schillings das meiste zu danken. Wir
furchten aber sehr, dafi es in diesem Falle ziemlich gleichgiltig bleiben wird,
ob der Rezitator beleucbtet oder im Dunkeln, in der Mitte, recbts oder
links stehend deklamiert. Der Bedeutung dieses Melodrama, tiber dessen
prinzipiellen "Wert als Kunstgattung wir uns hier keinen weiteren Ausfuh-
rungen hingeben diirfen, wird es weder niitzen noch schaden. Die gleich e
Bemerkung kann auch auf die gesanglichen Vortrage Rudolf v. Mildes-
Dessau bezogen werden , dessen Aufstellung ziemlich ungliicklich gewahlt
war, wie uns auch das von Konzertmeister Petri-Dresden temperamentvoll
gespielte A-dur Violinkonzert von Mozart (mit Orchester) noch ungleich
besser gefallen hatte, ware die Position des Solisten dem Orchester gegen-
uber eine andere gewesen. Ebenso »fehl am Ort« war in dem matt ver-
dunkelten Kammermusiksaal die Art der Wiedergabe des grofizugig entwor-
denen Streichquartetts in A-moll, Op. 132, von Beethoven, das auf der tiber
dem Podium befindlicben kleinen Galerie gespielt wurde. Es mu£ da oben
ziemlich heifi gewesen sein, so dafi die gelegentlich unreine Intonation des
sonst so trefflichen Petri-Quartetts eigentlich mehr auffallen muBte, als die
beabsichtigte weihevolle Stimmung, die eines der letzten Quartette des groJBen
Symphonikers hervorrufen sollte. Einen ungleich hoberen ktinstlerischen Ge-
nuB boten uns aber Wolfram nnd Buths-Diisseldorf auf dem gewohnlichen
Podium, wo auch Mozart's C-dur-Quartett (Kochel Nr. 465) gespielt wurde,
mit der ganz ausgezeichneten Interpretation der Goldberg-Variationen von
Bach, in der Bearbeitung ftir zwei Klaviere von Rheinberger. Was war
doch der alte Thomaskantor fur ein grofler Zukunftsmusiker! Auf sttir-
mischen Beifall bin muBten die beiden trefflichen Musiker nach dem Schlusse
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114 Hans Pohl, Das Heidelberger Mu9ikfest.
der dreiBig langen Veranderungen die letzte »Quodlibet« -Variation, den
Ausdruck eines echt Bach'schen Humors, wiederholen.
Der erste Versuch Wolfrum's, in Haydn's »Sch8pfung« den Heidelberger
Volkschor, der aus etwa fdnfhundert Mitgliedern der verschiedensten Ver-
eine besteht, zur Mitwirkung heranzuziehen, ist dem zielbewuBten Dirigenten
in tiberraschendster Weise gelungen. Die nur an den Ecken in friiherer
Hohe gebliebene Schallwand war diesmal niedriger gemacht worden. Das
kleinere Orchester saB vorne hinter der Schallwand, rechts und links auf
den beiderseitigen Estraden die Mannerstimmen ; weiter zurtick baute sich
dann auf dem schon genannten verstellbaren Podium nach der H8he hin
das Ensemble der Frauenstimmen auf. Die drei Solisten — Fran Rtickbeil-
Hiller, Emil Pinks und Karl Weidt-Heidelberg — waren in der Mitte des
Frauenchors plaziert. Wie aus einem GuB, frisch und schon klangen die
Chore, etwas matter die Leistungen der durch ihre Aufstellung scheinbar
etwas nervos gewordenen Solisten; am wenigsten vorteilhaft aber war fUr
uns hier die Schallwirkung des Orchesters, dessen Streicher in einigen Stellen
etwas glasig klangen und sich mit den oft rauh hervortretenden Blaser-
gruppen nicht recht vermischen wollten. Haydn's sonnige »Schopfung« und
der »Taillefer« von StrauB wurden bei voller Beleuchtung des Saales
aufgef&hrt. Wolfrum, der bei all" den in vieler Hinsicht sogar sehr erfolg-
reichen Versuchen sicher nicht stehen zu bleiben gedenkt, wird gerade bei
der Auffuhrung groBer Chorkonzerte noch tiichtig auszuprobieren haben, bis
in alien Stiicken das richtige gefunden wird. —
Den letzten Abend des Musikfestes leitete Wolfrum's Festmusik zur heu-
rigen Centenarfeier der Heidelberger Universitat ein. Die schwungvolle
Programmmusik, deren zweiten Teil der Huldigungsgesang des Mannerchors
recht wirkungsvoll einrahmt, liefert, wenn auch nur als (relegenheitsschbpfung
betrachtet, auch hier einen beredten Beweis von dem vielseitigen Konnen
des Komponisten des so schonen Weihnachtsmysteriums. Den Hauptanzieh-
ungspunkt bildete aber in diesem Konzert die Uraufftthrung der groBen
Chorballade »Taillefer« Op. 52 von Richard StrauB, die der heuer von
der Universitat Heidelberg zum Doctor honoris causa ernannte Komponist
der philosophischen Fakultat der altehrwlirdigen Ruperto Carola gewidmet
hatte. Fur den Helden der Uhlan d'schen Dichtung, der sich mit seinem
anfeuernden Sang und dem Schwert die Ritterwttrde und des Herzogs min-
nige Schwester erstritten, hat der geniale Neuerer zwei Themen gepr>,
von denen das eine lebhaft gehaltene (D-dur 3/-i) sich scharf von der breiten
popularen Melodik des >Rolandsliedes« (zuerst in Des-dur 4/4) abhebt. Mit
dem zweiten Thema, das sich immer pr&chtiger entwickelt und steigert,
schlieBt in der Art eines rauschenden Volksgesangs das Werk glanzend ab.
Es hat den Anschein, als ware der »Taillefer«, dessen chorischer Teil sich
zumeist in gleich kraftigen als breitausladenden Unisoni ergeht, urspriing-
lich fur Mannerchor und Orchester gedacht gewesen, denn nur ein ganz
gewaltiger gemischter Chor (StrauB verlangt zum mindesten 600 Mitwirkende)
kann dem riesigen Ansturm des Orchesters auch wirklich ganz gewachsen
sein. DaB die mit so groBer Spannung erwartete Novitat nur fiir einen
ausgesprochenen Mas sen chor berechnet ist, wie ihn etwa die englischen
Musikfeste aufweisen, zeigt schon die Anlage der Partitur, in der man u. a.
6 Floten, 6 Oboen, 7 Klarinetten, 5 Fagotte, 8 Horner, 6 Trompeten und
2 Tuben findet. GewiB eine kolossale Instrumentalbesetzung, fur deren
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Hans Fobl, Das Heidelberger Musikfest 115
A u ski an g die Anwendung des versenkten and verdeckten Orchesters beson-
ders in der mit allem StrauB'schen Impuls gezeicbneten Szene der Schlacbt
anf dem Hastingsfeld vollig am Platze ist. So glanzend and im guten Sinne
effektvoll aach die sich immer kraftvoUer steigernde Ballade klingt, so
halten wir doch den »Taillefer< dem »Heldenleben< gegeniiber, fur keinen
besonders markanten Fortscbritt in dem Schaffen des Komponisten, der bier
in der Scblachtszene mit anderen Worten eigentlicb nur das wiederbolte,
was er in den gleicbartigen Momenten seines wirklicb epocbemacbenden Hel-
denlebens scbon einmal, und zwar in pragnantester Weise, ausgesprocben
batte. Damit ist natilrlich nicbts gegen die im ganzen packende Anlage
eingewendet, die wiederum die geniale Instrumentation, und die bocbst an-
regende Arbeit der tbematiscben Verarbeitung und motivischen Entwickelung
zeigt, wie sie StrauB, dieser groBe KSnner, namentlicb in der Hastingsscblacbt
aufweist. Allein den Entwurf einer absoluten Sympbonie — es war einmal
von einer Fruhlings-Symphonie (?) die Rede — ist uns StrauB, unter den
vielen ein Berufener, leider immer noch scbuldig geblieben. "Wann wird
er, der momentan eine Oper nach einem Text von Wolzogen scbreiben
soil, sein Yersprecben endlicb einmal einlosen?
Aucb Rom ist nicbt an einem Tage aufgebaut worden. Wie wir eben
lesen, sind in einem Heidelberger Konzert, wo Bacb, Mozart und Brabms
zu Gehor kamen, die eben ausfUbrlicb besprocbenen Ideen wieder tapfer weiter-
gefuhrt worden. So werden Wolfrum's Geist und Hand an diesem Werke
weiterarbeiten, dessen Vorzlige und Schwachen er und zablreicbe, teilweise
sogar von weither berbeigeeilte sachverstandige Beurteiler jetzt griindlich
gepriift und erkennen gelernt baben. Nacbdriicklicher als je wird in der
Kunst ein starkes Individualisieren gefordert, in dem sicb der Kiinstler und
sein Werk im gegebenen Augenblick mebr ausleben konnen, und auf eine
tmgleicb groBere Empf&uglicbkeit zu recbnen im Stande sind. Nur eine
unsachlicbe Berwertung der in Heidelberg zum Ausdruck gelangten Bestre-
bungen kann in diesen ein Abirren vom Wege der kiinstlerischen Weiter-
entwickelung erblicken. Und wenn es nur das eine Verdienst "Wolfrum's
sein sollte, daB er diesmal Anscbauungen gefordert hat, die ein tieferes Mit-
genieBen zur Folge haben werden, dann baben die interessanten Tage in
der Neckarstadt die erste Anregung zu in groBeren Verhaltnissen vor sicb
gehenden weiteren Versucben gegeben, und — was bei jeder reformatorischen
Bewegung scblieBlicb doch immer nur die Hauptsacbe bleibt — damit ihren
Zweck im Sinne des energischen Fortschritts auf den Bahnen einer ideal en
Kanstbetatigung aucb vollauf erreicht.
Frankfurt am Main. Hans Pohl.
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116 Edgar Istel, Hugo Wolfs Oper »Der Corregidor € in Munchen.
^ v \AloU (Mu^o)
Hugo Wolfs Oper „Der Corregidor" in Munchen.
Der Nam© Hugo Wolf, der heute schon ertont, wenn man die best en
Namen deutscher Tonkunst nennt, erstrahlt nun, nachdem sein ungliicklicher
Trager aus der furchtbaren Nacht des Wahnsinns in die erlosende des Todes
gewicben, in immer hellerem Licbte. Wahrend indeC seine Goetbe-, Morlke-
und Eichendorff-Weisen, seine lieblicben spaniscben und italieniscben Lieder
unsere Konzertsale scbmiicken, batten sich die Opernbuhnen seiner einzigen
vollendeten dramatiscben Schopfung merkwiirdigerweise bisher fast alle (Mann-
beim, Prag und Graz ausgenommen) verscblossen. Nun bat endlicb Munchen,
das in Hugo Bohr schon lange den Kapellmeister besaB, der die Urauffuh-
rung des prachtigen Werkes unter den Augen des Komponisten am 7. Juni
1896 dirigierte, sicb entscblossen t den Bann zu brechen, und recbt viele
deutscbe Btthnen werden hoffentlicb nacb dem iiberaus groBen kttnstlerischen
und auBeren Erfolge nachfolgen.
Die spaBhafte Fabel von der schonen Miillerin und dem lusternen Btirger-
meister, der ibre Tugend zu Fall bringen mocbte, aber selbst geprellt wird,
bat Alarcon, einer der geistvollsten spaniscben Novellisten des 19. Jabrbun-
derts, den Graciosos und Picaros seiner andalusiscben Heimat, den Bankel-
sangern und SpaBmachern bei Jahrmarkten und Kircbweiben abgelauscht
und unter dem Titel »E1 sombrero de tres picos« (der Dreispitz) als lustige
Mar wiedererzahlt1). Lucas, der bucklige Miiller, lebt in glucklicber Ebe
mit der scbonen Frasquita. Auch der gestrenge Herr Corregidor (sprich:
Correcbidor = Burgermeister) der Nacbbarstadt tragt die Riickenzier, glaubt
aber vermoge seines Amtes als nicbt aussicbtsloser Bewerber auftreten zu
konnen. In spater Nacht laBt er auf Grund eines nngierten Haftbefehls den
MUUer in die Stadt abfiibren, um desto sicherer bei der scbonen Miillerin,
der er mit der Anstellung ihres Neffen einen Lieblingswunscb erfullt hat,
vorsprechen zu konnen und gleicb den Preis fiir seine Gefalligkeit einzu-
beimsen. Schlau laBt er sich in den Miiblbacb fallen, ahnungslos offnet ihm
Frasquita auf seinen Hilferuf die Pforte, und triefend vor Nasse tritt er
herein. Doch als er nun in seinen Wiinschen allzudeutlich wird, ergreift
das resolute Weibchen die Flinte, schuchtert den Verfubrer ein und ent-
flieht, nun den sauberen Plan durchschauend, in die Stadt, um ihren Mann
zu suchen. Unterdessen ist auch Lucas den Schergen entronnen und, be-
flugelt von ahnungsvoller Angst, der heimischen Muhle zugeeilt, wo es sich
inzwischen der Corregidor zur Erwarmung nach dem kalten Sturzbade im
Bette bequem gemacht hat. Da erblickt Lucas am Herde die zum Trock-
nen aufgehangten Kleider und ein grafilicher Verdacht steigt in ihm auf,
halb wahnsinnig spaht er ins Schlafzimmer und erblickt den Kopf des Cor-
regidors auf dem Bette. Kein Zweifel, Frasquita ist im Einverstandnis und
hat ihn schandlich betrogen. Schon greift der Miiller zur Flinte, um beide
zu morden, da taucht ihm der Gedanke auf, daB ihr Tod ihn doch nicht
vor dem Gespott der Menschen schutzen konne. Nur eine Bache gibts —
1) Eine gute tlbersetzung ist flir 20 Pfennige in Reclam's Universal-Bibliothek
k'auflich.
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Edgar Iatel, Hugo Wolfs Oper »Der Corregidor* in Munchen. H7
dem Corregidor gleicbes mit gleichem zu entgelten. Und unter grellem
Hohnlacben zieht der betrogene Miiller die Kleider des Burgermeisters an
und wandert in die Stadt, — zur schonen Frau Corregidora, deren-Huld
er in dieser Verkleidung zu gewinnen bofft. Der Corregidor selbst aber
mufi sicb mit den zuriickgelassenen Kleidern des Miillers begnugen und wird
von seinen eigenen Schergen, die nacb dem entflobenen Gefangenen fahnden,
jammerlich verpriigelt. Als sicb nun die Verwecbslung aufklart, ziehen
aUe — aucb Frasquita, die den Gatten nicbt fand — zu"m Haus des Cor-
regidors, werden aber als betrunkene Ruhestorer fortgewiesen, denn go heiBt
es, der Heir Corregidor ist scbon langst zu Hause und liegt im Bett.
Wiitend muB nun Don Eugenio, der ecbte Corregidor, die Qualen des be-
trogenen Ebemannes selbst empfinden, da aucb seine eigene Frau ibn als
Fremden, als Miiller Lucas, bebandelt — zur Rache fur sein Abenteuer,
hinter das sie gekommen. Denn Lucas als Pseudo-Corregidor ist docb von
ihr erkannt worden, und sie bat ibre eigene Ebre gewabrt, aber mit dem
Miiller verabredet, das Spiel bffentlicb fortzusetzen. SchlieBlich aber finden
sich Lucas und Frasquita, die scbon beide aneinander gezweifelt, wieder und
auch der Corregidor erkennt zu seiner Freude, daB alles barmlos abgelaufen,
eine Lebre fur ibn, nie mebr fremden Frauen nacbzujagen.
Diese reizende Geschicbte mit ihrer eigenartigen Miscbung von Scherz
und Ernst bat nun Rosa Mayreder dem Komponisten zu einem dreiaktigen
Textbucbe verarbeitet, dessen Geschicklicbkeit und spracblicbe Feinbeit im
einzelnen nicbt anzuzweifeln ist und das nur im vierten Akt nicbt ganz
auf der Hohe stent, da es den ScbluB zu weit hinauszieht. Von der Fiille
und Schonheit musikaliscber Erfindung aber, die Hugo Wolf dariiber aus-
gegossen bat, kann sicb niemand, der das "VVerk nicbt gehort hat, einen
Begriff macben. Er findet den rechten Ton fur das leicbte Liebesgetandel
des Corregidors wie fur den furchtbaren Aufscbrei des betrogenen Ebemannes,
fur die lallenden Lieder Halbbetrunkener wie fur die Scbauer der unbeim-
lichen Nacht, in der Frasquita umberirrt. Seit Cornelius1 >Barbier von
Bagdad c bat die deutsche komiscbe Opernbiibne kein solches Werk mebr ge-
seben. Freilicb bat die Oper aucb Schwachen — die zweite Halfte des
vierten Aktes fallt dicbteriscb und musikaliscb leider etwas ab, und die
Polypbonie des uberreich bedacbten Orcbesters driickt etwas unangenebm auf
die Singstimmen, die sich nicbt recbt entfalten konnen. Aucb das oftere
Einstrenen von allerdings pracbtigen Liedern laBt sich dramatiscb nicbt
immer recbtfertigen — doch das sind alles Dinge, tiber die man sicb leicbt
hinweg8etzt angesichts des UberqueDenden Reichtumes der Musik, die stets
eine eigene Spracbe redet Die Besetzung in Munchen war vortrefflich:
Walter als Corregidor, Brodersen als Lucas, Frau Bosetti als Frasquita und
Geis als Diener Repela spielten und sangen vollendet. Ich habe drei Auf-
nibrungen in einer Woche gehort und stets neue Schonheiten in dem AVerke
entdeckt.
Munchen. Edgar Iatel.
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118 Ernst Rychnovsky, Tiefland von Rudolf Lothar und Eugen d' Albert.
Tiefland von Rudolf Lothar und Eugen d'Albert.
(TJraufftihrung im Neuen Deutschen Theater in Prag am 15. November 1903).
Eugen d'Albert tritt in erfolgreichen Wettbewerb mit dem alten Janus.
Der war Zeit seines Lebens mit zwei Gesichtern zufrieden, von denen das
eine ai/f Frieden, das andere auf Krieg deutete. d'Albert aber weist uns
jedesmal, so oft er mit einem neuen Werk vor die OfFentlichkeit tritt,* ein
neues Antlitz, und wir wissen anfangs sicher nicht, bedeutet es Krieg oder
bedeutet es Frieden. Ein anderer ist d'Albert im » Improvisator*, ein ganz
anderer, wenn er im gewaltig pathetischen und durcb machtigen Zugriff er-
schtitternden »Kain« den Horer packt, ein ganz anderer, wenn er im be-
schwingten Konversationston des musikaliscben Lustspiels »Die Abreise* mit
der Eleganz eines angenehmen Plauderers zu uns spricht. Und ein ganz an-
derer ist er in seinem jtingsten Werk » Tiefland* geworden, einem Werk,
mit dem sich eine Auseinandersetzung verlohnt.
Sehen wir uns zunachst den nacb einem Stuck des Spaniers Guimera von
dem Wiener Dr. Rudolf Lothar gedichteten Text etwas naher an, denn »der
Text ist der Noten Seel'< sagt schon der Lutherbiograph Mathesius. Zuvor
aber wollen wir die Handlung, wie sie sich in einem Vorspiel und drei Akten
abspielt, in ihren Hauptszenen an uns voriiberziehen lassen. Schauplatz ist
teils eine Hochalpe in den Pyrenaen, teils das spanische Tiefland von Cata-
lonien am Fufie der Pyrenaen. Der reiche Gutsbesitzer Sebastiano hat vor
Jahren einen Bettler und dessen Tochter in sein Haus aufgenommen und,
um beide zum Bleiben zu bewegen, — denn er ftihlt sein Herz in Liebe zu
dem hubschen jungen Mftdchen entbrennen, das so gut tanzt, — dem Alten
eine Miihle geschenkt. »Jeden Tag*, erzahlt Marta, >kam Sebastiano. Er
brachte mir Geschenke, bat und drohte, der Alte schlug mich, riB mich bei
den Haaren. Wenn ich den Herrn nicht erhorte, war* es aus mit Ruh und
Frieden. Ich sollte wieder betteln, wieder tanzen. . . nein, nein, nein! Und
so ist es geschehen.* Dieses Yerhaltnis dauert auch nach dem Tode des
Mullens weiter, bis der Grundherr, um seine verfahrenen Finanzen ins rechte
Geleis zu bringen, auf eine reiche Heirat bedacht sein mu£. Aber wer aus
ehrbarem Haus gibt ihm eine Tochter zur Frau, solange er seine Beziehungen
zu Marta nicht abgebrochen hat? Da erinnert er sich, daC auf der Alpe
der junge Pedro seine Schafe hiitet, ein Riese an Kraft, der einst einen
Wolf mit den Handen erwiirgte, und dieser soil Marta zur Frau haben. Aber
weder der alte Tommaso, der Fiirsprecher dieses Planes, (im Personenverzeichnis
ist er 80, im Text 90 Jahr alt, also wahrscheinlich 85) noch Pedro wissen
etwas davon, dafi Marta eine etwas bewegte Vergangenheit hinter sich hat;
doch am Tage der Hochzeit erfahrt es der gluckliche Brautigam aus wenig
zarten Andeutungen der ekelhaft ordinaren Magde: er wird verhShnt, aua-
gelacht. Auch Marta tragt es schwer, einem Fremden verschachert worden
zu sein wie eine Sache, ohne dafi man sie um ihre Einwilligung fragte, und
sie tragt es umso schwerer, als Sebastiano ihr ganz deutlich das Fortbestehen
seiner intimen Beziehungen zu ihr in sichere Aussicht stellt und sie auf
sein en Besuch in ihrer Kammer in der folgenden Nacht vorbereitet. Bald
gewinnt Marta durch Pedro's unbefangenes Benehmen die TJberzeugung, dafl
U berzeuguB
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Ernst Ryohnorsky, Tiefland Ton Rudolf Lothar und Eugen cPAlbert. 119
der ifcr anigpedrungeM Jdktm won ibrer Yergangenbeit keiae Ahnung babe,
viebnehr aofs graugamate hintergaagea worden sei. In einer ttberaua <ira-
matiad&en Szeae, in der sicb das junge Paar zum erstenmal aljein gegenr
fiber stent, schieflt Marias Lithe an Pedro machtig empor. Da macfat em
plobdich anf ieacbtendes Liebt in Maria's Katnmer den naaen Eheanann afofoig.
Sebaatiaao ist'a, der bei Marta eine naehtlicfee Yisite afoatattet. Der Aumaaue
Pedro lafit aiea demit bernbigen, d&fi er nur getranmt babe, und legt aich
znr Hahe. Asa nachsten Morgen qualt inn docb die Erinnernng an jenee
Iiefat. »Wie kam Licht in janes Ztmmer? Wer war's? Ich will ihn toten!
Ich geb nicht B.uh, bis icb ibm nicbt das Messer in die Gurgel s£oAe!« Yon
Tomnaso, deat seine unverschuldete Anteilnahme an dieaem Betrug krankt,
veraaiafit, errtechlLeflt sicb Maria, Pedro alles zu gaetehen, mm von ibm, dec
sie liebt, den Tod an empfangen. Duron alle saogliohen Yerbalinjnrien reizt
sie ifen zur Wnt. >Ein Duatmkopf biet dnl Begreifst du denn nicbt? lob
hab dieb betrogea nnd laehe darob.« Und: »Qa, welob ein feiger Wicitt
biat dn! Urn eine Hand uroll Geld hast du dieh verkam&U Auitar sieh i&er
diese Beaeauldigung f&krt Pedro ednea StoB mit dem Messer gegen sie und
rerwundet sie am Arm. Der Anbliok des Blutes entlockt Ibm den Auaruf
>ioh bin ein wildes Tier!*, ein paar Verse weiter aber das Geatandnis seiner
Liebe. Jetzt endliob haben sie sieh gefunden und wollen hinauf in die
Berge, »an Gottes Bmst sicb legen«(!); — da tritt ibnen Sebastiano entgegen.
Am Abend kommt der Vater seiner Braut, bis dabin will er luatig sein.
Marta soil ibm etwas Tortanzen. Pedro will es nicbt zageben nnd erbalt
fftr diese Insnbordination von seinem zornigen Herrn eine kraftige Qarfeige.
Als er aber fur diese Schmach nicbt Racbe nebmen will, »er ist der Herr«,
Tesrat Marta: »Er war es, der in Scband und Schmach dein Weib gestofien
bat. Er bracbte TJnbeil liber micb und dieb. Er kam heut Nacbt in meine
Rammer. « Im Begriffe sicb zu r&ohen, wird Pedro vom Gesinde zum Hof
hinausgedrangt, urn erst im dritten AJct sein Vorbaben auazufiibren und Se-
bastiano — die Yerlobung ist in der Zwiscbenzeit aufgeboben warden, und
der Herr will die MttUerin jetzt wieder fur sicb aHein besitzen — zu er-
wfirgen so wie einst den Wolf, der ihm die Scbafo zerrifi. Er hebt nach
dieser grausen Tat Marta in seinen Armen auf und » hinauf in meine Berge,
hiaamf zu Luffc und Licht und Freiheit! Fort aus dem Tiefland*!
Wir aeben also, der Text stebt ganz im Banne des Verismo. Aucb im
>Tiefland« wird nach Noten die Ebe gebrocben, wird verftihrt, wird betrogen,
wird totgescblagen. Ahnlichkeiten mit der Handlung der »Cavalleria« werden
sieh sofort aufdrangen, nur bat letztere den Yorzug, kiirzer zu sein. Denn
das ist der groGe Nachteil des soust wirksamen Lothar'schen Bucbes, dafl es zu
lang ist. Das Yorspiel und der erste Akt, in einem Zuge zu spielen, dauern
gescklagene andertbalb Stunden. Dramaturgiscb unmoglich ist die Erz&hlung
Pedros, wie er den Wolf erlegte (1. Akt.): dramaturgiscb uberflussig ist das
Gteepracb zwiscben Sebastiano, Tommaso und dem Kneaht Morucoio (1. Akt,
11. Scene), denn das wissen wir alles scbon aus dem Yorausgebenden ; drama-
turgiscb uberflussig ist eigentlich der ganze dritte Akt, denn Pedro sollte,
Bowie er am SchluB des zweiten Aktes erfahrt, Sebastiano sei der Bauber
seiner ebelicben Ebre, diesem sofort den verdienten Garaus macben. Im
abrigen ist die Bubnenwirksamkeit ganz bedeutend, es gibt Szenen, die nerven-
encbutternd sind, die das Innerste aufwUblen, aber docb keine rechte Freude
macben. Hier zeigt sieh Lothar als der gescbickte Literat, der die aus seinen
Zd. I. M. V. Digitilfih by G00gk
120 Ernst Rychnovsky, Tiefland von Rudolf Lothar und Eugen d'Albert.
fruheren Buhnenstttcken gesch5pften Erfahrungen auch seinem ersten Libretto-
versuch zugute kommen l&flt. Freilich kann er den Stoff nicht musikalischer
machen. Das Bach ist unmusikalisch insofern, als es der Musik ganz gut
iiberhaupt entraten konnte and sich, rein dramatiech aaf der Biihne ganz
vortrefflich ausnehmen wtirde. Es ist auch deswegen unmusikalisch, weil es
der Musik keine eigentlichen Aofgaben stellt, sondern, ohne Rechenschaft
darttber, was die Musik hier zu leisten habe, verfaBt zu sein scheint. Lothar
lieferte das Textbuch Herrn d'Albert fertig ins Haus, und das kann nie gat
sein, denn der Librettist soil die Eigenart seines Komponisten ganz genau
kennen und fur diese arbeiten.
Die musikalische Behandlung eines so eigenartigen Textbuches war ein
so einfaches Problem nicht, und d'Albert loste es derart, daB er sich fur
diesmal von den Prinzipien des Wagnerschen Musik dramas lossagte ; das heiBt,
er setzte zunachst an die Stelle der Polyphonie die Homophonie. Diese Be-
schrankung der Ausdrucksmittel kam dem Werke sehr zustatten, denn sollte
das polyphone Orchester als ein organischer Faktor alle Vorgange aaf der
Biihne, die auBern und insbesondere die innern Geschehnisse begleiten, so
wiirde durch die Lange des Textes ein vierstiindiger Opernabend kaum zu-
reichen. Aber still verborgen in dieser Beschrankung liegt auch ein Umstand.
der die Lebensfahigkeit unterbinden kann. Infolge der Homophonie steht
das Interesse an dem Werk wie ein KoloB auf thonernen FtiBen und kann
bald zusammensttirzen. Bei polyphon gehaltenen Musikdramen hat der
Horer den Vorteil, daB er bei jeder Reprise Feinheiten entdecken kann;
hier eine bisher unbeachtete Stimmfuhrung , da eine melodische Bliite, die
sich ihm erst diesmal erschlieBt, hier huscht eine uberraschende Kombination
vorbei, da und dort tauchen immer wieder fesselnde Einzelheiten empor.
Bei der Homophonie aber muB das Interesse naturgemaB viel friiher erlahmen,
und nach ein paar Besuchen sagt uns die Oper nichts Neues mehr.
Mit der kontrapunktischen Beschrankung Hand in Hand geht die melo-
dische Einfachheit. Man konnte ruhig d' Alberts Melodik im > Tiefland* die
Reduzierung der Melodie auf die einfache Formel nennen. Ganze Strecken
lang wird auf demselben Ton rezitiert, dieselbe melodische Phrase wird fur
die heterogensten Texte bentitzt. Aber neben dieser Simplicitat des Aus-
drucks an so vielen Stellen gibt es wieder andere von erhabenem Schwung
oder einer Melodiefulle, die der j ungate Jungitaliener aus einem so reichen
Born geschopft hat wie ein gewiegter Altitaliener. Und nun gar die Stim-
mung! Gerade das einzige, was bei dem Lothar'schen Text zu tun ubrig
blieb, das Malen der Stimmung, aus der die Szene herauswachst, hat d'Al-
bert in ganz hervorragender "Weise getroffen. Seit dem Anfang des dritten
Aktes zu Tristan ist die Stimmung der Landschaft nicht wieder so bestimmt
and mit so einfachen Mitteln getroffen worden wie im ersten Vorspiel im
Tiefland. Auch mit den Motiven oder richtiger mit den Themen hat d'Al-
bert Gluck. Am charakteristischesten scheint mir das der Bergheimat und
das des Wolfs zu sein. Die Instrumentation ist diesmal im allgemeinen dis-
kret, nur in den Vorspielen erhebt sie sich zu prachtigeren Farbenbildern.
Alles in allem genommen, » Tiefland « ist ein hochinteressantes Werk, und
wenn man auch nicht auf die daraus resultierende musikalische Asthetik so
ohne weiteres schworen kann, eines bleibt trotz alien zu erhebenden Bedenken
aufrecht: Es ist eine in der heutigen Opernliteratur einzigartige SchopfungT
wtirdig, daB man sie grtindlich priift und aus ihr eine Lehre zieht. Aber
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E. J. Dent, The "Birds" of Aristophanes at Cambridge. 121
wahrend die einen begeistert rufen werden >Los von Bayreuth*, werden ge-
wiB andere ruhiger, aber desto inniger sich denken: »Hin zu Bayreuth.*
Unser Prager Theater hatte am Abend der Auffuhrung einen Ehrenabend.
Alle Mitwirkenden spannten ihre Krafte aufs hochste an, und die aufiere
Signator des Abends war Sieg auf der ganzen Linie. Aranyi als Pedro,
Hun old als Sebastian o and Fraulein Alfdldy (Marta), die Hauptdarsteller,
boten hervorstechende Leistungen. Nicht zu vergessen das Orchester, das unter
Leo Blech sich tadellos hielt. Kurz, was durch die Auffuhrung fur das
Werk geschehen konnte, ist auch tatsachlich geschehen. Die anwesenden
Autoren wurden am Schlufi eines jeden Aktes wiederholt sturmisch gerufen.
Prag. Ernst Rychnovsky.
The "Birds" of Aristophanes at Cambridge.
Once in three years Cambridge becomes pervaded with a strange ex-
citement which can only be compared with that which prevails at Bayreuth
during a Festival. The custom is now fairly well established that once in
three years a Greek play is performed in the original Greek by members of
the University. The performances usually take place towards the end of
November, and throughout the October term Cambridge — that is, the
members of the University and those immediately connected with them —
can talk and think about little else. And I have compared the prevailing
Stimmung to that of Bayreuth (speaking as an English visitor) because it
exhibits something of the same self-satisfaction and resentment of outside
criticism on the part of the elect, the same hypocritical Schwarmerei and
hypercritical pseudo-omniscience of the stratum immediately below, as well
as the same — perhaps more — earnest devotion and genuine artistic en-
thusiasm which give to both institutions their permanent value.
The history of the Cambridge Greek Plays goes back to 1882, when a
committee of classical and dramatic enthusiasts, stimulated by the example of
Oxford ("Agamemnon" 1880) and Harvard ("Oedipus Tyrannus" 1881), deter-
mined to produce the "Ajax" of Sophocles. After aome preliminary difficulties,
a series of performances was given in November oi that year; and the prin-
ciples on which the representation was based are best given in the words
of one of the leading promoters1).
"It was obvious that none of these conditions [i. e. those of the ancient Greek
theatre] could be fullnlled in a modern theatre ; nor did we feel that the performance
would gain in dignity if our actors declaimed their lines without gestures, standing
at a respectful distance from each other — a method which is, I believe, called
plastic, and is supposed to represent ancient custom. We determined therefore,
alter long deliberation, to treat our first venture, the Ajax, as a modern play. . . .
As regards the persons represented, we have always accepted them as creatures of
flesh and blood, with the same motives and the same passions as characters in mo-
ll Mr. J. W. Clark. "How a Greek Play is produced" (Cambridge Review, 15 No-
vember, 1900;.
DigjtodbyV^OOgLc
122 E. J. Bent, The "Birds" of Aristophanes at Cambridge.
dern plays. Certain gestures, which the Greeks are known to have used, we adopt;
and we do not admit anything violently modern; but with these limitations, we take
the plays as they are written, and forget that Dictionaries of Classical Antiquities
exist. . . . For dress we have always gone to statues or vases, never merely contenting
ourselves with the figures given in books."
Since 1882 this has been the regular system, and I venture to think that
it is the most artistic that could be devised under the conditions. And what
about the music?
"When the Cambridge Greek Play committee entered upon its existence in 1862.
to arrange the production of the A j ax of Sophocles, one of the most important points
to be settled was the musical treatment of the choruses. Was it to be an archaeo-
logical attempt to reproduce a music of which little enough was known and scarcely
anything had survived — or an arrangement upon modern lines, with choral and or-
chestral numbers? The new order, in this as in other details, prevailed over the old.
and the musical experiment — for experiment it was, and nothing else — has passed
into a tradition, with which are associated three of the best-known [British} com-
posers of to-day. The music has undoubtedly defended some plays of the series from
a charge of dullness; it has won for others a more lasting remembrance than they
might otherwise have found. Under these conditions the composer upon whom it
falls to set the ancient choruses is an interpreter of paramount importance, for to
many of the audience his work supplies a link by which alone, or almost alone, they
may come at the spirit of the play which they are witnessing1)."
These extracts sufficiently explain the system, and it may be added that
each successive Greek Play has brought with it some increase in modernity.
To those who are more in sympathy with the archaeological methods of
Bradfield, the Cambridge performances are garish and baroque; those to
whom Cambridge appeals are inclined to find Bradfield dull; it is simply a
matter of individual temperament. And it must be remembered that the
Cambridge audience does not consist exclusively of classical scholars or even
of members of the University.
My own recollections do not go back further than the "Iphigenia in
Tauris" (1894), so that for previous plays I am dependent on newspaper
reports2) and the memories of friends. The "A^ax* was mainly notable for
the striking performance of the late Mr. J. K. Stephen in the title-part. The
incidental music was by Prof. G. A. Macfarren. He was an interesting link
with the past, having conducted the first performance of Mendelssohn's ^An-
tigone" at Covent Garden in 1845; but his music was for the most part
uninspiring, except for a fine funeral march, in which he obtained an effect
of classical colouring with the use of two flutes and a harp. He also made
some use of modal harmony, not very successfully. The chorus-singers num-
bered about a dozen, and their music was mainly in unison. To a student j
of musical history the whole affair curiously recalls the early Florentine ex-j
periments in opera.
A new spirit came in with the "Birds" of Aristophanes in 1883. The
music was entrusted to Mr. Hubert Parry, whose impressive setting of Shel-
ley's "Prometheus", given in Cambridge in 1881, had shown his fitness
l; "Greek Play Music*' by Mr. H. J. Edwards (Cambridge Review, 15 November,
1900.
2 The "Cambridge Review" naturally supplies the fullest and most sympathetic
criticisms.
E. J. Dent, The "Birds" of Aristophanes at Cambridge. 123
for the task of setting a Greek Play. The deKoate grace of the Hoopoe's
song (sung to perfection by Mr. G. J. Maquay), the majestic yet spirited
wedding-march and the unceasing flow of melody, combined with the most
exquisite comic spirit, caused the "Birds" to be as epoch-making in its way
as the operas of Monteverdi in theirs. The chorus was increased to eighteen,
which made four-part harmony practicable (although most of the music is in
unison or two parts) — of course for male voices only — and a slight in-
crease was made in the orchestra.
Prof. Stanford (who had conducted the music to the previous plays) set
the "Eumenides" in 1885 — by common consent one of the most impres-
sive performances of the whole series — and the "Oedipus Tyrannus" in
1887, augmenting the orchestra to the proportions of the Siegfried-Idyll-
band, with the addition of harp, drums and bass clarinet (in the "Oedipus"
a cor anglais] . Mr. Charles Wood's music to the "Ion" (1890) though
written at very short notice was "undoubtedly the most successful part of
the representation"1). It had a special interest for the musician in making
large use of Melodram. The chorus of women was for obvious reasons
changed to a chorus of men, and in the "Iphigenia in Tauris" -(1894 —
by the same composer — a masterpiece of orchestration) the choruses were
regarded frankly as entr'actes, the spoken words of the leader being assigned
to a temple maiden. The "Iphigenia" was the last of the plays to be given
in the old theatre, which, inadequate as it was to modern requirements,
had special advantages for Greek Plays, in that it was possible to recon-
struct something like the ancient Greek orchestra for the chorus. The New
Theatre built in 1895 on the most modern lines presented difficulties at
this point. They were evaded in the "Wasps" (1897; music by Mr. T. T.
Noble) by allowing the chorus to occupy the stage as in modern opera; but
what was admirable in comedy was not suited to tragedy, and for the
"Agamemnon" (1900) a platform on a lower level was built over the space
usually occupied by the instrumentalists. The result was far from satisfac-
tory; the platform was rectangular and so narrow as to hamper seriously
Hie movements of the chorus, and the double row of footlights made a very
unpleasant effect3).
The "Agamemnon" (music by Sir Hubert Parry) achieved an artistic
triumph which far surpassed all previous efforts. Those who are familiar
with modern German revivals and operas on the lines of Greek tragedy,
can hardly imagine it possible to present the "Agamemnon" impressively
under the conditions which limit the Cambridge Committee. Only that mar-
vellous enthusiasm which only a great masterpiece can evoke could make it
possible to produce the tragedy in the original Greek with a company con-
sisting entirely of amateurs, from the stage-managers, official, semi-official
and unofficial, to the humblest supers, in a decidedly small theatre, the very
up-to-dateness of which was rather a hindrance to the realization of a classic
atmosphere. And few composers would care to set choruses of such gigantic
length for a body of eighteen amateur singers, mostly with voices only par-
1) Cambridge Review.
2} Failing a Greek theatre, the ideal would, I think, be the principle of Herr
Lautenschlager'B Shakespeare-Eiihne at Munich; but the Cambridge stage is
hardly large enough for this.
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124 E. J. Dent, The "Birds" of Aristophanes at Cambridge.
tially developed, and an orchestra of twenty-six players1). The difficulties
of the singers can only be compared to those of "Die Meistersinger", and I
have no hesitation in saying that any continental opera-house might have
been proud to offer its audience such chorus-singing and acting as was heard
and seen (thanks to the untiring energies of Dr. Wood and Mr. Edwards) at
the Cambridge "Agamemnon".
After the extracts which I have quoted from the "Cambridge Review"
I need not apologize for comparing the Greek Plays to operas; and I think
that the Committee would do well to go still further in the operatic direc-
tion. It is of course useless to suggest anything that would involve heavier
expenses, and considering the limited means their results are indeed wonder-
ful. But considering that probably not ten per cent of the audience are
able to enter into the details of the play with that intimate appreciation
which they would bring to a play in English, it seems advisable to make a
larger use of incidental music, and particularly of Melodram. Neither in
the "Ion" nor in the "Agamemnon" was the Melodram altogether success-
ful, simply because the actors had not had sufficient experience of it; but
in each play at least one actor showed that by taking pains it was possible
to realize the composer's intentions, and it then became most moving and
impressive. For the performance this year (24th &c. November, 1903) Sir
Hubert Parry has re-orchestrated the music for the same band as was em-
ployed in the Agamemnon. His increased resources have enabled him to
insert many humorous touches such as bird-cries on wind-instruments, as
well as greatly to improve the texture of the score. But his most important
addition is a well-developed accompaniment to the Parabasis. In this
new movement, which is of a considerable length, it is impossible not to
note the change which has taken place in the composer's style during the
last twenty years; one inevitably recalls the two versions of Tannhauser.
It would have been worth while to rewrite the two incidental choruses which
suffered severely by comparison with the impressive additions. The Para-
basis was partly sung, partly declaimed by the Owl (Mr. Carey), and was
without doubt the most remarkable feature of the whole play. Mr. Carey
is not only a good singer but has a speaking voice of wide range and sin-
gular beauty. A first-rate musician and a good classical scholar, he gave a
very dramatic recital of his lines to a most complicated musical accompani-
ment with the appearance of perfect ease and entire absence of effort. The
main burden of the play falls on Peithetairos who was well represented
by Mr. Sheppard, while Mr. Bichmond was a very adequate Euelpides;
both, by the way, showed themselves quite at home in declamation to music.
The song of the Hoopoe was sung with great finish by Mr. Eisdell, and the
multitudinous small parts were all played with great spirit; the ridiculous
poet and flute-player being made still more ridiculous by their playing in
the Lydian (Greek Hypolydian) mode.
From a spectacular point of view the "Birds" may certainly be con-
sidered one of the most picturesque productions that Cambridge has seen.
1^ The band consisted of 1 flute, 1 oboe, 2 clarinets, 2 bassoons, 2 horns, 1 trum-
pet, 1 pair of drums, 1 harp, 4 first violins, 4 seconds, 2 violas, 3 violoncellos, and*
2 doable- basses. These were all first-rate professional players. The size of the band
is of course limited by the means at the disposal of the Committee. *
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Fritz Munk, Musik in Berlin. 125
The rocky landscape of the first act was as beautiful a stage picture as could
be desired, and the simple cloud scenery of the other two made an effective
background to the gay costumes of the chorus. The dresses of the birds
combined ingenuity, beauty and the strictest ornithological accuracy. The
actors wore carefully modelled birds' heads and necks, the lower parts of
their own faces showing below the beak, while their arms were concealed in
long wingB of painted canvas. The plumage of the body and tail was con-
ventionally represented by a tunic and short skirt of the appropriate colour.
Their singing, though not quite up to that of the Agamemnon chorus, was
nevertheless very good. The first and last performances were conducted by
the composer, the others by Dr. Charles Wood, who also trained the chorus.
For comparisons with the performance of 1883 I can depend only on the
recollections of others. It was said that the dances of the chorus were more
graceful on that occasion; but the general impression seemed to be that the
performance as a whole had gained considerably in ease and spontaneity by
the gradual development of a Greek Play tradition built on the experience
of twenty years.
Cambridge. Edward J. Dent.
Musik in Berlin.
Eine wahre Hochflut von musikalischen Ereignissen ist uber uns hereingebrochen.
Das auBerordentlich groGe Angebot entspricht indessen keineswegs einer ebenso star-
ken Nachfrage. Betriibend ist es, selbst die zahlreiche Beteiligung bei manchen Ver-
anstaltungen eher auf irgend einen auBeren. Aufsehen erregenden Umstand, als auf
ein wirklich vorhandenes Kunstinteresse zurUckfuhren zu mUssen. Ein schlagendes
Beispiel in dieser Hinsicht liefert das Auftreten des zehnjahrigen Franz von Vecsey.
Es ist offenbar, daB die Begabung dieses Knaben fur das Geigenspiel aus aller bisber
gekannten Erscheinung heraustritt. Nicht allein technisch leistet er annahernd das,
was man heutzutage von einem Virtuosen verlangt, sondern der seelenvolle Ton und
das ausdrucksvolle Spiel, das von einer Dreasur nichts merken laBt, weisen auch auf
ein schon ziemlich hochentwickeltes kiinstlerisches Empfinden hin. Es ist daher nicht
merkwiirdig, daB man sich in weitesten Kreisen fur den jungen Kunstler interessiert*
dem selbst durch Joachim eine auBerordentliche Auszeiohnung zuteil wurde. Sieben
Konzerte hat der kleine Vecsey innerhalb ganz kurzer Zeit in den groBten zur Ver-
%ung stehenden Salen gegeben, und diese waren jedesmal schon im voraus aus-
verkauft. Es durfte sioh wohl kaum jemand entsinnen konnen, daft je einem EUnstler
bier ein solcher Erfolg beschieden gewesen ware. Die auGerordentliche Beteiligung
wire ein erfreuliches Zeichen, wenn nicht andererseits einige ernste Bedenken daraus
erwuchsen, daB sich in den Konzerten recht bedeutender Kunstler auffallende Leere
bemerkbar gemacht hatte. Die gleiche Beobachtung veranlaBte Herrn Prof. Dessoir
zu einigen Ausfuhrungen im »Tag«. Auf einen Einwand erwiderte er unter anderem
Folgendes: »Ich wollte das Kunstverstandnis derjenigen kennzeichnen, die eine zeit-
lang den Knaben ansehen und dann die Augen schlieBen, um den Gegensatz gierig
aaszukosten oder solchen, die — wie ich weiB — kein Konzert versaumt und immer
wieder dieselben Stucke sich angehort haben, obgleich sie sonst selten genug in den
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126 Fritz Monk, Musik m Berlin.
Musiksalen anzutreffen sind. . . . andererseite bereehtigen mich meine Wahmebmungen
dock aach zu der Ansicht, dafi die unermudlichen and bedenkenfreien Bewunderer
sich als jKunstfreunde' au&pielen.c In einem Punkte, in dem Dessoir wohl zu weite
Konsequenzen gezogen baben durfte, kann ich ihm nicht zustimmen, wenn er namlich
behauptet, dafi durch das Auftreten Vecsey's andere Kimstler wirtschaftlich geschadigt
Wurden. Wenn dies anch bis zu einem gewissen Grade ztrtreflen mag, so ist es doch
katum erwahuenswert, da weit schlimmere Mifiverhiltnisse in der pekuniaren Bewertmg
kiztfstlerischer Leisiungen und soleher Darbietungen und Erzengnisee von zweifelhafteeter
Natur allenthalben herrschen. Hierau sehuld ist im letztea Gmade der amf sefar me-
derer Stufe stebende Geschmaok der Masse, der durch geechaftskundige Spekulanten
ausgebeutet und nur noch mehr verdorben wird. Das sind alles zu bekaante Tat-
sachen, als daft sie bei dieser Gelegenheit erortert zu werden brauchten. Das einzige,
was Vecsey scbadigen konnte, das ware das Ansebn, das Kunst und KUnstler bei den
Leuten bisber genossen hat, die nicht feinsinnig genug sind, urn den "Wert des voll-
endet Kunstlerischen wiirdigen zu konnen und sich mit einem Surrogat begnugen.
Und das fallt nicht allzu9chwer in die Wagsehale, obgleich die Zahl der Genannten
eine recht gro0e zu sein scheint.
Im zweiten Fbilharmonischen Konzert gelangte die DL tmrollendete Symphonic
von Bruckner zum ersten Male zur Auffuhrung. Sie ist gelegentlich der Urauf-
fuhrung in Wien in einem vorjahrigen Hefte ziemlich eingehend besprooben worden.
In den Stimmen der Presse macht sich hier allenthalben guter Wille und ernst-
liches Bemiihen geltend, dem Werke, auf dessen Schonheit gebubrend bingewiesen
wird, gerecbt zu werden, was dem Komponisten zu Lebzeiten versagt geblieben. Wie
verlautet, soil Nikisch beabsichtigen, die Symphonic in dieser Saison nochmals zur
Auffuhrung zu bringen, was hochst verdienstvoll sein und zur Klarung des Urteils
sicherlich beitragen wurde. Der Solist des Abends war Fritz Kreisler. Als er vor
einigen Jahren, da er hier noch ziemlich unbekannt war, zum ersten Male gleicb in
einem grofien Philbarmonischen Konzert auftauchte, war man hier einigermafien ver-
wundert. Er spielte das Mendelssohn-Konzert, das nach seiner techniscben Seite hin
nur eine Bagatelle fur ibn zu sein schien. Leider beschrankte sich aber seine Gering-
sch'atzung nicht allein auf die techniscben Schwierigkeiten, so dafi sein Spiel keines-
wegs einwandsfrei zu nennen war, worauf ihn die Kritik in liebevollster Ffirsorge auf-
merksam machte. Inzwisohen hat Kreisler die Virtuosen-Alluren einigermafien ab-
gelegt und bewies durch seine Auffassung des D-dur-Konzertes von Brahms, dafi er
zu einem ernststrebenden KUnstler herangereift ist. Vervollstandigt wurde das Pro-
gramm durch Cherubini's »Wassertrager«-Ouverture und die >Ab8chieds-Sympbonie«
von Haydn.
Das dritte Philharmonische Konzert brachte die hier zum ersten Male gehorte
dritte Sympbonie von Tschaikowsky. Auf die Form des "Werkee w&re die Bezeich-
nung Suite eher anwendbar gewesen. Hinsiohtlich seines kiinstlerischen Wertes stebt
es hinter den Symphonien Nr. 4. 5, 6 bedeutend zurfick, und nicht gerade die guten
Eigenschaften sind es, an denen man den Erscbaffer der >Path6tique« erkennt Das
Publikum verhielt sich ziemlich ablehnend, was von den Verachtern der Tschaikowsky-
schen Musik sicherlich mit Genugtuung begrttfit worden sein diirfte. Vielleicbt aucb
w&hnen sie die Verwirklichung ihres Wunsches ndher gerUckt, dafi der »Tschaikowsky-
Rummelc allmahlicb, aber sicher seinem Ende entgegen gehen mochte. Diese HofF-
nung durfte indessen verfrubt sein, denn es bediirfte nur einer AuffUhrung einer der
oben genannten Symphonien, um die "Wogen der Begeisterung wieder iiberscbaumen
zu lassen. Den Tschaikowsky -Verehrern mag es immerhin zum Troste gereichen,
dafi ihre »dilettantenhafte« Neigung von bedeutenden Musikern, darunter keinem Ge-
ringeren als auch einst Hans von Btilow geteilt wurde. Alle diejenigen, welche sich
fur den grofien russischen Komponisten, dessen Schaffen ein so ungleiobwertee ge-
wesen ist, interessieren und sich gern ein eigenes Urteil iiber ihn bilden moobten,
werden fur die vermittelte Bekanntscbaft Nikisch sicherlich dankbar sein, der sich
des Werkes mit grofier Liebe angenommen hatte, was umso mehr anzuerkennen ist,
als er sich im voraus gesagt haben durfte, dafi damit kaum Lorbeeren zu erringen
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Fritz Monk, Mueik in Berlin. 137
win wurden. Edward Grieg zu Ehren, dessen 60. Geburtstag in dieses Jabr fiel,
wurde dessen erste >Peer Gynt«-Suite aufgefuhrt. Im dritten Teil erwies sich Anitra
als ein etwaa zu geziertes Damchen; der vierte muGte wiederholt werden. Edith
Walker sang mit mehr Temperament mid Leidensohaft, als Innerhchkeit, die Ozean-
Arie aus »Oberon« und die Arie der Eboli aus »Don Carlos* Ton Verdi and ent-
fesseHe damit einen Beifallssturm. Eingeieitet wurde das Konzert durch Gluck's
Ourerture zu »Alceste« mit dem von Weingartner mit Geschick and Geschmack hin-
zukomponierten SchluG.
Auch das dritte Konzert der Kdniglichen Kapelle unter Weingartner faatte eine
Novitit aufeuweisen: Zwei Vorspiele zn Ibsen's >Das Fest auf Solhang* von Hans
Pfttzner. Die zarten, sehnsuchtsvollen Stimmnngen sind sehr treffend dnroh die Musik
veriinnlicht, wahrend von aufwallender Leidensohaft nnd Ringen weniger zn verspuren
iet Einige recht grazifoe Tans-Rhythmen zeiohnen den zweiten Teil ans. In bcddeu
ist die Instrumentation geschmackvoll. Das Werk, das aus fruher Jugend des Kom-
ponisten stammen soil, weist entschieden auf Begabung hin, auf die man groBere Hoff-
nangen h'atte setzen konnen, als bisher in Erfullurig gegangen sind. In vollendeter
Meisterschaft zeigte sich Weingartner als Interpret der zweiten Symphonie von Beet-
hoven und der zu Dante's »Divina Commedia« von Liszt.
Bnsoni setzt in diesem Winter seine im vorigen Jahre begonnenen Orchester-
Konzerte fort, in denen er neue, selten gespielte Werke zur Auffuhrung gelangen
lassen will. Im vorigen Hefte wurde bereits gesagt, daG eine solche Absicht wohl
loblich ware, und man mochte geneigt sein, das Unternehmen als Ersatz fUr die aus-
feUenden StrauO-Konzerte willkommen zu heiOen. Inzwischen diirfte sich Busoni in
die Tatigkeit des Dirigierens, die ihm nun nioht mehr ganz neu ist, hineinfinden.
Von den neuen Werken, die er uns in seinem ersten Konzerte bescherte, bedeutet
wohl keins eine >Entdeckungc. Einige Begabung verriet immerhin der D&ne Carl
Nielson. der in seinem aus vier Satzen bestehenden Werke, das er ubrigens selbst
dirigierte, versucht, die vier Temperamente zu schildern. Der erste Satz, Allegro
colerico, scheint am beaten gelungen zu sein, wahrend der zweite, Allegro comodore
flemmatico, ein ganz charakteristisches Thema enthalt, aber bald abfaJlt. Das melan-
cholische Temperament wird durch einen langsamen Satz wiedergegeben. Da es hier,
wo man zeigen muO, ob man imstande ist, eine Melodie zu schreiben, an glfick-
Heher Erfindung gebricht, so scheint es die >Melancholie des eigenen UnvermogenB<
zn sein, die er besingt. Moge Busoni bei der Auswahl der Werke zum zweiten Kon-
zert von einem glticklicheren Stern geleitet werden.
Im ersten Konzert der Wagner -Vereine wirkten unter der Leitung von Dr. Muck
neben dem Fhilharmonisohen Orchester wie gew5hnlich der Lehrerinnen-Gesangverein
tmd auGerdem noch ein Teil der Berliner Liedertafel mit. Das Programm war ein
tnBcrordentlich reichhaltiges ; auf ihm war zu lesen: Kaisermarsoh und Gralsfeier aus
dem ersten Akt des Parsifal von Wagner, zwei Episoden aus Lenau's Faust: »Nacht-
lieher Zng< und »Tanz in der Dorfsch&nke« von Liszt und Symphonie » Harold in
Italien* von Berlioz. — Unter der Leitung des genannten Dirigenten wurden am
BaBtag im Kdniglichen Opernhause das » Deutsche Requiem* von Brahms und in voll-
endeter WeiBe Parsifal- Vorspiel und Abendmahlsszene aufgefunrt.
Konzerte grofierer Oh6re haben sehr zahlreioh stattgefunden. Die Auffunrung
de« Mendelssohn'schen Oratoriums >Paulus« durch den Stern'schen Gesangverein nahm
dank der vorziiglichen Direktion des Herrn Prof. Gernsheim einen glanzenden Ver-
lauf, wozu aber auch das prachtige Stimmenmaterial. iiber das der Verein verfiigt,
nicht in letzter Linie beitrug. Die Stimme der Solistin Fran Marie Plank-Peters
He6 jede Warme vermissen, wahrend die Solisten Raimund von zur Miihlen und Joh.
Meschaert ihrer Aufgabe wohl gerecht wurden. Der Berliner Lehrer-Gesangverein
tmg in einem Konzert die beim Gesangswettstreit in Frankfurt am Main gesungenen
Preischore unter heller Begeisterung der Zuhorer vor. Die Zahl bedeutender, leistungs-
fsbiger Gesangvereine nebst den Kirchenchoren ist in Berlin eine sehr ansehnliche,
wn denen schon die meisten ihr erstes Konzert gegeben haben.
Konnte bei der vorigen Besprechung auf zwei neue Orchesterwerke hingewiesen
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128 Fritz Munk, Musik in Berlin.
werden, die sich iiber die MittelmaBigkeit erbeben, so ist diesmal von zwei neuen
Kammermusikwerken zu berichten, deren eines das Bohmische Streichquartett zu Ge-
hor bracbte. Der Komponist des Quartetts (E-moll) ist Ewald Straeser. Da ich es
leider nioht horen konnte, muB icb mioh auf die Mitteilung beschranken, daB die An-
sichten vorderhand nocb geteilt waren. AuBerdem wurde von den »Bohmen« unter
Mitwirkung von Frau Tb. Carreno das A-moll-Klavier-Trio von Tschaikowsky geapielt
Aucb dieses Werk enthalt wie die erwahnte Sympbonie sebr viel TJngleichwertes, einer-
seits Stellen von vollendeter Schonbeit, andererseits aber Trivialitaten, die teils wie Remi-
niszenzenaus sekt-frohlich durchschwaratenNachten, teils wie starkeKonzessionen an den
derben Gescbmack von Kosaken-Generalen anmuten. Frau Carreno ergriff die Gelegen-
heit, ibre mannlichen Krafte an dem Werke auszulassen, mit beiden H'anden, so daft
man mitonter batte meinen konnen, es waren deren mebr all swei an der Arbeit ge-
wesen. Den BeschluB des Konzertes macbte Beethoven's B-dur-Quartett. Selbst die
griesgramigsten Kritiker wnrden bier zu frohlich genieBenden und legten, Beifall spen-
dend, ihre zur Natur gewordene Keserviertbeit ab. Was aucb Lobenswertes iiber die
Ausfuhrungen gesagt werden konnte. so diirfte es kaum nocb dazu beitragen, den vor-
zuglicben Ruf der »Bohmen« zu erhohen, da er allarorten schon zu fest begriindet ist.
Das Hauptverdienst des Waldemar Meyer-Quartetts bestebt darin, daB es selten auf-
gefiibrte Werke unter Zuziebung vorziiglicber Krafte zu Gebor bringt, die freilicb den
Hauptanteil am guten Gelingen fiir sich in Ansprucb nebmen konnen. Beim zweiten
Konzert war es vor allem der Koniglicbe Kammermusiker und Lehrer an der Konig-
lichen Hocbscbule Herr H. Riidel (Waldborn), der sich im Trio Es-dur von Brahms
fiir Klavier, Violine und Waldhorn, am meisten auszeichnete. Die zweite Novitat auf
dem Gebiete der Kammermusik bracbte das Quartett der Vereinigung Dessau und
Genossen. Der Komponist des neuen Klavier*Quartetts, Paul Scheinpflug, besitzt be-
deutendes Talent. Aus dem Werke spricbt ein Kiinstler zu uns, der etwas Eigenes
einzusetzen hat, der also nicht nur komponiert, weil er sich das HandwerksmaBige
angeeignet bat. Wenn der Kammerstil nicht in allem gewahrt ist, und mancbe Stellen
einen orchestralen Charakter annebmen, so mag man dies seinem jugendlichen Tempera-
ment, das uns aber mitzureiBen imstande ist, zugute halteu. Desgleicben wird man
auch verzeiben, daC bei dem Reicbtum seiner Gedanken, die ihm miihelos zuzu-
flieCen scheinen, hier und da einiges mit unterlauft, was vielleicbt bei allzu kriti-
scber Abwagung als zu leicbt befunden werden konnte. Einige etwas gesucht klin-
gende Harmonien machen eber den Eindruck, als ob sie ergriibelt waren; indeG ist
der auf die Gesamtbeit des Werkes beziiglicbe ein auOerordentlicb gunstiger. Den
Klavier-Part fubrte Herr Prof. Ed. ReuG aus Dresden in vortrefflicher Weise aus.
Fiir die Vermittelung der Bekanntscbaft und die vorzugliche Wiedergabe des Werkes
mu6 man den ausfubrenden Herren dankbar sein. Mit dem letzthin stattgefundenen
Abonnement8-Konzert von Florian Zajic und Heinrich Griinfeld wurde das 25jabrige
Besteben dieser Konzerte gefciert. Fiir ibren Mitbegriinder, Herrn Grunfeld, wurde
der Abend zu einem wabren Triumph. Aus der groBen Zahl der stattgefundenen
Kammermusik-Konzerte erwahne ich noch die Vereinigungen Schnabel, Wittenberg,
Hekking — Schumann. Halir, Dechert — das Prager Streichquartett, das Hollandische
und das Frankfurter Trio. Einen unbestrittenen Erfolg erzielte ein von der Pianistin
Florence Bassermann unter Mitwirkung von Joachim veranBtalteter Kammermusik-
abend, der Brahms gewidmet war.
An dieser Stelle muB noch das Steindel-Quartett erwahnt werden. Es bestebt
aus den drei im Alter von 8—12 Jahren stebenden Brudern Steindel und ihrem Viola
spielenden Vater. Die Leistungftn der Kleinen beweisen eine auOergewohnliche Be-
gabung, und der Umstand, daB diese Briider sind, macht die Erscheinung noch auf-
falliger. Immerhin ware zu wiinschen gewesen, daB man solche Werke batte zum
Yortrag gelangen lassen, die dem Bereiche eines kindlichen Fassungsvermogens naher
liegen, als eine Sonate von Beethoven und ein Quartett von Brahms. Mit dem Mo-
ment, wo man in kunstlerischen Dingen Konzessionen machen muB, horen diese eben
auf kunstlerisch zu sein. Dergleichen Aussetzungen waren an dem Programm des
kleinen Vecsey wenigstens nicht zu machen. AuBerdem verdiente gerugt zu werden.
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Fritz Munk, Musik in Berlin. 129
daB dem der Steindels eine seitenlange Abhandlung von Presse-Stimmen angeh&ngt
war. Ab eine Empfehlnng hatte man sie wohl kaum ansehen konnen, da sie von
Uberechwanglichkeit trieften und somit ein gar zu beredtes Zeugnis davon ablegten,
welch blubender Dilettantismus nicht allein in den Zeitungsbureaus der kleinen Stadte zu
Hause ist. Sollte man die Neuerung, von der man kaum wunschen mochte, daB sie Nach-
ahmung fande, auch dem jugendlichen Alter der Knaben zDgute halten? Zu den bereits
geauBerten Bedenken, die dem Eonzertieren im Kindesalter entgegenstehen, kommen
noch einige andere hinzu, die sich unabweisbar alien denen aufdrangen, welchen die
Pflege eines jugendlichen Talentes am meisten am Herzen liegt. So reich das Dasein
des reproduzierenden Musikers, dessen kiinstlerisches Fuhlen am unmittelbarsten in
die Seelen der Zuhorer hinuberstromt, an lichten Momenten sein mag, so ist es doch
keineewegs auf Rosen gebettet. Ein Talent sollte man erst heranreifen lassen, ehe es
den Aufregungen und Strapazen eines konzertierenden Lebens ausgesetzt wurde.
Die Zahl der Solisten-Konzerte war eine tiber alle MaBen grofie, daB nur einige
der bedeutendsten Kunstler erwahnt werden konnen: Petschnikoff, Fl. Zajic, Arthur
Hartmann (ein junger sehr talentierter Geiger), Fr. Lamond, Waldemar Liitschg, Sandra
Droucker, die beide ihrem guten Ruf alle Ehre machten, Jolanda Me>6, ein junges
pianistisches Talent, Dr. Neitzel, Dr. Wiillner, Lilli Lehmann, Agnes Stavenhagen und
Iduna Walther-Ohoinanus (Duette), Julia Culp, A. von Eweyk, Susanne Dessoir.
Einer recbt merkwiirdigen AuffUhrung muB noch gedacht werden, die sich schwer-
lich einer bestimmten Gattung einordnen 1'aBt, was aber gerade in der Absicbt der
Veranstalter gelegen zu haben schien, die in nicht eben iiberm'aBiger Bescheidenheit
die Veran8taltung »Elite-Konzert« getauft hatten. Sollte diese Bezeichnung etwa
durch die Mitwirkung des Streichorchesters der Berliner Tonkunstlerinnen gerecht-
fertigt werden? Damenkapellen pflegen sich selbst derartige Epitheta mitunter bei-
zulegen, aber bei solchen, die in der Philharmonie konzertieren. durfte es wohl neu sein.
Die Einmiitigkeit, mit der sich die » Tonkunstlerinnen* ihrem Dirigenten unterordneten,
ist immerhin der Anerkennung wert. Von einigen GroOen unserer Buhnen wurde ge-
stmgen, rezitiert, wiedergesungen und dazwischen gespielt. Ganz ebenso ging es zu, wie
bei musikalisch-deklamatorischen Abendunterhaltungen, die in den fern ab von Berlin ge-
legenen Stadtchen X. von »kunstverstandigen« Honoratioren arrangiert zu werden
pflegen. Sollte die Bezeichnung »Elite« aber nur der Reklame gedient baben, so
muBte sie als eine aufierordentlich sinnreiche angesehen werden, denn die Philharmonie
war ausverkauft. Hiermit war denn auch sicherlich der Hauptzweck der Veranstalter
erreicht, die somit sehr reichlich auf ihre Kosten gekommen sind. Vielleicht mag
dies auch bei einem Teil der Zuhorer der Fall sein, die in den Konzertsalen am
meisten vom »Interesse am Menschen« beseelt sind, wie ihre >psychologischen Stu-
dien« mit den Opernglasern beweisen, und die Musik als eine > quantity neglige able*
mit in den Kauf nehmen. •
Wo die Kunst auBer ihr liegenden Zwecken zur Hiille dienen muB, wird sie gar
leicht zur Earikatur; einen um so weihevolleren Eindruck bekommen wir von ihr
dort, wo sie uns in selbstlosester Weise geboten wird. Da die Werke der Ton- -
knnst keinerlei Gegenstandlichkeit in dem Sinne besitzen, wie es bei denen der
bildenden Kiinste der Fall ist, ihr GenuB, an dem zu gleicher Zeit Hunderte teilhaben
konnen, in keinerlei "Weise an ihren Besitz gekniipfb ist, so ware die Musik wie kaum
irgend eine Kunst geschaffen, im edelsten Sinne Allgemeingut der Menschheit zu
werden. DaB sie es bereits ware, kann freilich nicht behauptet werden. Den weniger
Bemittelten, zu denen doch der weitaus groBte Teil des Volkes gehort, ist der Zutritt
za den Tempeln der Kunst durch die teuren Eintrittspreise sehr erschwert, wenn nicht
unmoglich gemacht. In den letzten Jahren ist in dieser Hinsicht manches geschehen ;
die Zahl der sogenannten popularen Veranstaltungen hat zugenommen, die aber in
den meisten Fallen nicht ganz dem entsprechen, was man unter ihrer Bezeichnung wohl
verstehen konnte. Fast die einzige Gelegenheit, die sich auch den ganzlioh Unbe-
mittelten bietet, eines musikalischen Kunstgenusses teilhaftig zu werden, sind die von
einer ganzen Anzahl von Kirchen veranstalteten Konzerte, die sich bei freiem Eintritt
einer sehr zahlreichen, aus alien Schichten der Bevolkerung sich zusammensetzenden
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130 Musikberichte.
Beteiligung zu erfreueu haben. Von einer unlangst hier stattgefundenen Auffiihrung
in der Luther-Kirche wird sehr Lobliches berichtet. Die Mitwirkenden waren: Fran
Elsa Schmidt, die ihre Gesangeskunst in den Dienst einer gttten Sadie gestellt haite,
J. Ruthstrftm, ein wilrdiger Sohiiler Joachim's and H. Lindequist, Dom-Organist
zu Visby in Gothland, der in meisterhafter Weise die imposante Fantaste und Fuge
aber B-A-C-fi von Max f&eger vortrug. Der Gedanke, ein Kulturwerk aaszufuhren,
mag for die Organisten der Kirchen der Lohn ihrer segensreichen Wirksamkeit aein.
Berlin, Priti Hunk.
Musikberichte.
Referenten ; V. Andreae, W. Behrend, Geo. Beckett, A. Chy binski, F. G6t-
singer, £. Istel, Alf. Kaiiaeh, A. Mayer-Reinaoh, A. Neifier, O. NeiteeJ,
F. Pfohl, H. Fohl, J.-G. Prod'homme, C. Proat, E. Reufi, E, Rychnovsky,
A. Sobering, Fr. Stein, A. Thurlings, P. Werner.
Basel. Die drei ersten Sinfoniekonzerte haben unter Hermann Suter'e
energisoher Leitung die Saieon mit grofiem Erfolg eingeleitet. Im ersten Abend
sprach ausschlieGlich Beethoven sein gewaltiges Wort (Eroica, Egmont-Ouverture), wo-
bei Hah'r das Violinkonzert spielte. Das zweite Konzert trug gemitchtes Programm.
Liszt's Prometheus, der zum ersten Mai aufgefiihrt wurde, lieC gleichgiltig, man ver-
miBte prometheischen Geist und eine aus tieferen Quellen stromende Erfindung. Nicht
viel besser wurde die »Sinfonie sur un chant montagnard« Ton Vincent d'Indy aufge-
nommen, ein pratentioses, falschlich als Sinfonie getauftes Orchesterstiick in Soitenstil
mit obligatem, wenig interessant behandeltem Klavier (Lucien Wurmser aus Paris).
Schubert's H-nioll-Sinfonie und die Ouverture zur Zauberflote ersetzten datm das Manco
an musikalischer Nahrung. AuBerst glanzend verlief das dritte Konzert. Els wurde
eroffnet durch die Es-dur-Sinfonie Schumann's und abgeschlossen mit dem Vorspiel
und Isoldens Liebestod aus Tristan, einer ausgezeichneten Leistung des Orobesters wie
der Solistin (Frau Hensel-Schweitzer vom Frankfurter Opernhaus). Dazwischen spielte
Anna Hegner zum ersten Mai offentlich das ungarische Violinkonzert von Joachim
mit ungeheurem Erfolge. Sie hat sich durch die in alien Teilen technisch gereifte
Wiedergabe des schwierigen Werkes und die voile geistige Beherrschung deseelben
unter die ersten ihres Faches gestellt. Joachim selbtt hatte sich vorher mit sohmeichel-
baftem Lob Uber ihr Probespiel geauBert und ihr damit die beste Beglaubigung mit
auf den Weg gegeben. — Im Benefizkonzert fur die Orchesterkasse horten wir ein
Vom Autor dirigiertes tragisches Tongedicht von Walter Lampe, eine titahtige, ernste
Arbeit modernen Stils, die aber ungewohnliche Faktoren nicht aufzuweisen hat. — In
den Kammermusik-Abenden der Musikgesellschaft wirkte Halir mit beim B-dur-
Streiohsextett von Brahms, in einem Beethovenschen Quartett und im Doppelviolin-
konzert von Bach. Die zweite Soiree brachte das interessante Gastspiel von Marie
Geselschap, einer hochgebildeten Pianistin, die sowohl im Solospiel wie im Ensemble
(Quartett von Saint-Saens) begrondetes Aufsehen erregte. — Aus der Menge der ubrigen
Konzerte sei nur noch erwShnt der Klavierabend von Ernst Schelling, der besonders
als Techniker und daneben als feinfnhliger Chopin -Spieler Bewunderung hervorgerufen
hat. - F. G.
Berlin. Oper. Unser Konigliches Opernhaus, das sich erst in der kommenden
Woche zu der ersten Premiere des Winters, Massenet's >Manon« riistet, hat in diesem
Monat kaum etwas gebracht, was aus dem Rahraen des gewohnten Spielplani heraus-
trat. Hochstens ware das Wiederauftreten von Fraulein Farrar und das Gastspiel des
/Google
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Musikberichte. 131
Herrn Naval zu erwahnen. Dagegen erregte recht unliebsames Aufsehen die yon der
Oper ausgehende Nachrieht, Kapellmeister Scalar- Wiesbaden solle dauernd hierher?
kommen and Richard StrauC babe infolgedessen urn seine Entlassung gebeten. Beide
Meldungen erwiesen rich zur Berahignng des kunstiiebenden Berliner Publiknms gliiok-
liefeerweise ak falsck — In der Oper des Westens wird leider noch ebento mittel*
mafiig weitergespielt, wie seit Beginn der Saison; Bis jetzt ist von den Veraprechungen
des Herrn Prasch anch noeb gar nkhts in Erftilhing gegangen. A. M-R.
Bern. Unsare Konzarte schreiten von Provieorium zu Provisorium. Letztes Jahr
in einan weiten, schmocklosen Kirchenraum, aber mit sehoner Akustik verbannt, konnte
das Orobester rich jetzt auf der Biihne nnseres nenen, sobmncken Theaters, die in die
Dekoration eines Rococoo-Festsaales gekleidet war, prasentieren. Dock sobon das
erste Abofinementskonsert (27. Oktober) deekte namhafte akustische Mangel auf, die
sp&ter dnreh TJmanderungen in der Stellung des Blaserchors teilweiee ausgeglicben
warden. Immer noch bleibt aber der Klang je nacb dem Platz, den man in dem fur
seine Hdbe etwas kurz gehaltenen Zuschauerraume einnimmt, mehr oder weniger grell
und uneinbeitlicb. Schade, daG gerade Beethoven's duftige riebente Symphonie
danmter leiden mu&te; bei einer Wiederholnng in einem »Yokalkonzert« in der fran-
zoeisohen Kirche klang sie wirkliob herrHcb: doch ging auob bier der letste Sate in-
fblge dee rasenden Tempos leider ganz verloren. Der Violinist Luoien Capet aus
Paris erwies siob in dem Gernsheim'sohen Konzert ale ein gediegenar Kiinstkr.
Bin kleiner Chor and zwei einbeimische Solisten trugen ein nones Werkchen anseres
Kapellmeisters Dr. Carl Mnnzinger »Natur and Mensch« mit vielem Beifalle vor.
Das zweite Konzert (17. November) war ganz dem Genius Robert Schumann's ge-
widmet, dessen B-dur 8ympbonie, Elavierkonzert op. 54 und Manfred-Oavartiire ror-
trefflich wiedergegaben wurden. Im Konzert debutderte mit Gltick der noue Klavier-
fearer nnaerer Musikschnle, Herr Fritz Bran, der auob die Sangerin Fraulein Helene
Staegemann aus Leipzig, zwar noch etwas schuchtern, begieitete. Die boebbegabte
Kunsttarin rechtfertigte ibren Ruf durcb die geschiokte Auswahl aus Schumann's
Liederaehatzen, durcb schone, mit der Stimme haushaltende Tongebnng, durcb klare
Aussprache, durcb abgerundeten Yortrag. — Ein Sonderkonzert veranstaltete am
10. November die Pianistin Fran Kleeberg, die mit entzUckender Klarbeit meist
Stucke franzosischer Sohule vortrug; eine junge Sopransangerin, Fraulein Ren6e
Ardonin aus Paris, die rich in Bern als Gesanglehrerin soil niederkssen wollen, er-
wies in fast aussohliefilich franzosisohen Yortragen vorzugliehe Scbulung auf dem ibr
zugangnchen besobrankten Gebiete. — Das neue Stadttheater, ein bebaglicber prak-
Usch eingerichteter und im Raum and Dekoration auf und vor der Biihne ziemlich
reich ausgeetatteter, 900 bis 1000 Zuhbrer fassender Beu, erofinete seine Hallen am
25. September mit dem Tannh'auser. Der etwas gewagte Scbritt gelang, und die
wiederholten Aufftihrungen dieser Oper, an die rich Fidelio, die Zauberflote und einige
kleinere Spielopern anschlossen, zeigten in erfreuKcher Weise, dafi die Direktion und
Regie (Herr Direktor Kiedaiscb) ihr Ziel fest ins Auge gefaBt hat und iiber die
geistigen Mittel zu sachgemafier DurchfUhrung verfugt. Wenn ein Werk, wie die
ZauberflSte, die innerbalb acht Tage dreimal bei vollem Hause gegeben wurde, in
alien Hauptrollen durebweg befriedigende, zum Teil hervorragende Darsteller aufwies,
so zeugt diese Tatsache allein schon fur das auBerordentliche Gescbick der Direktion
eine far die Yerhaltnisse einer mittkren Stadt, die sich des Theaterbesucbs fast ent-
wohnt batte, sebr reiche Yereinigung von Opernkraften zusammenzubringen.
A. Th.
Bmninghain, — The Birmingham Festival dates from 1768, and is now one of
the most important of British musical institutions. This year it entered on a new
phase. First the chorus was completely reorganized (with admirable results) by
R. H. Wilson of Manchester, the new chorus master. Secondly Richter for the first
time brought his Halle* band from Manchester to Birmingham, where it was reinforced
by about 25 players from Birmingham and London, instead of conducting an orchestra
aisde up of the best available London players. As to the necessity of the first ex-
periment, and the success attending it, there is no doubt; but opinion is not unanimous
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132 Musikberichte.
as to the second. There is no doubt however in the mind of the writer that Kichter
did the wisest thing in the circumstances, and that the advantage of having a band
with perpetually plays under one conductor more than counterbalances any possible
inferiority in the tone of the violins. The four days1 programmes contained as usual
the Elijah and the Messiah (concerning Richter's treatment of which there has been
the usual difference of opinion) ; Bach's B minor Mass, the Ninth Symphony of Beet-
hoven (of both of which Richter secured ideal and memorable performances); the Golden
Legend of Sullivan: Mozart's G minor Symphony; Brahms's E minor Symphony;
Berlioz's Harold in Italy; Tschaikowsky's Hamlet; Dvorak's Symphonic Variations;
Cowen's Phantasy of Life and Love (conducted by the composer; ; Parry's Blest Pair
of Sirens (ditto) ; and some Wagner excerpts. So far the familiar things. Unfamiliar were
Stanford's Voyage of Maeldune, composed for the Leeds Festival of 1889; Liszt's
13th Psalm; and Anton Bruckner's Te Deum. And last, and by fan the most im-
portant of all. there was one absolutely new work, Edward Elgar's oratorio "The
Apostles". Indeed its production dwarfed everything else at the Festival. It created
the profoundest impression, as much by the boldness, originality and skill with which
the composer has put together his text from the words of Scripture (a subject of
sufficient interest to justify a pamphlet by Canon Gorton just issued by Novello & Co.),
as by the power and beauty and spiritual elevation of the music. It shows that since
the composition of The Dream of Gerontius Elgar has made great strides towards
artistic and intellectual maturity. He has a firmer grasp of his subject, and a still
higher point of view, and he speaks to us with a stronger voice. Technically he has
attained a still more potent mastery over orchestral resource, in that the wonderfully
complex detail-work seems more a means to an end, and to fall more naturally into
its proper place in the whole scheme. His thematic invention is also happier and
stronger. Detailed criticism .is here impossible, and the work deserves careful and
detailed study both as drama and music; and it must suffice to point out here a few
salient passages, such as the noble opening chorus, the remarkably bold conception
of the scene in which the song of repentance of Mary Magdalene is accompanied by
the chorus and orchestra so to speak relating her past life of revelry, the immense
architectonic power of the final chorus, the glowing picturesqueness of the scene in
which the opening of the Temple at Jerusalem is realistically described (with an
oriental hymn and the calls of the watchers and the notes of the shofar), and finally
the wholly new presentment of the character of Judas, who in Elgar's view (adopted
from Archibishop Whately) wished in handing Jesus over to His captors to force Him
to declare His earthly kingdom at once. In the scenes of the Passion, Judas is the
central figure; the hearer is to imagine himself viewing them from the standpoint of
Judas. This alone is enough to stamp the work as one of extraordinary originality,
and the mastery which the scheme is carried out is most impressive. One must
mention also the construction of the scene in which Judas comes to the Temple to
return the thirty pieces of silver to the High Priest, while the choir within is singing
a grim (modal) hymn of commination. All these things point to a lofty spiritual con-
ception of the whole subject on the one hand, and a determination on the other hand
to arrive at the human essence of the story. The music also reflects this curious and
eminently characteristic combination of mysticism and realism. That everything in the
work is equally successful — or seems equally successful at first hearing — one would
not assert; but the whole work at once impresses one as an epoch-making achievement.
Though one may question one or two details, and may wish here and there, that the
composer had thought more of the music and less of the text, for he sometimes illu-
strates each detail of the text musically with such fidelity and with such constant
change of motif and orchestration, that it becomes almost restless. But his use of
leitmotifs is always subtile and suggestive and never mechanical. Many criticisms of
this sort which suggest themselves may turn out to be mistaken; because when we
have the promised third part everything may fall into its proper perspective. The
composer conducted, and the performance was very fine, the chorus doing particularly
well. The soloists were Albani, Muriel Foster, John Coates, Konnerley Rumford,
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Musikberichte. 133
Andrew Black, Ffrangcon Davies. The Voyage ofMaeldune is a setting of Tennyson's
poem, and (in spite of difference of detail) belongs to the same family as The. Revenge.
It is a picturesque and interesting work, and should be heard again often. Liszt's
Psalm with its sensuous charm, and Bruckner's Te Deum with its militantly jubilant
note, are both striking works, the neglect of which in this country is difficult to
explain. Both differ sufficiently from the accepted norm of British devotional music
to make it certain, that they will b# severely criticised. The regrettable fact remains
to be chronicled, that the receipts this year fell short by nearly £ 900 of those of
1900, though "The Apostles" drew one of the largest audiences on record. Alf. K.
Br eg 1 an. Unsere Oper hat sich mit dem • Baritonisten Fasquale Am a to einen
Dauergast verschrieben, der zwar als Star einer italienischen Truppe, die wahrend des
Sommers im Lobetheater gastierte, berechtigtes Aufsehen erregte, jetzt aber inmitten
eines iremden und zwar deutschen Ensembles und eines groBeren BUhnenraumes hin-
ter den Erwartungen einigermaBen zuriickbleibt. Immerhin kann man an seiner schonen,
weichen Stimme, seinem noblen Vortrage und seiner temperamentvollen Darstellung
herzliche Freude haben. Infolge seiner Anwesenheit dominieren im Eepertoir natiir-
lich >Aida«, »Rigoletto«, »Troubadourt u. a. Doch blieb unserem tiichtigen Wagner-
dirigenten Balling geniigend Zeit, um eine strichfreie, hochst beifallswiirdige Auf-
fu^irung der »Meistersinger« vorzubereiten.
Im zweiten Abonnement-Konzerte des Orchestervereins, das in einer glanzen-
den Auffuhrung der D-dur-Sinfonie von Brahms seinen Hohepunkt erreichte, buhlte
8 li win ski mit Chopin's E-moll-Konzert um die Gunst des Publikums. Es gliickte
ihm aber nur mit dem entzuckend gespielten Larghetto einen durchschlagenden Er-
folg zu erringen. Jedenfalls aber war der Eindruok, den vierzehn Tage spater Frau
Soldat-Roger an derselben Stelle mit Beethoven's Violinkonzert erzielte, ungleich
tiefer und nachhaltiger. Beethoven's Konzert wurde von zwei interessanten Orchester-
novitaten umrahmt, deren erste, eine Sinfonie des jugendlichen Miinchner Komponisten
Wilhelm Furtwangler, ihre Urauffiihrung erlebte. Trotz der ausgezeiohneten Wieder-
gabe unter D ohm's Leitung war ein unbestrittener Erfolg nicht zu verzeichnen;
denn der junge Ifrausekopf tiirrat wie ein Oyklop Felsstficke aufeinander, unbekiimmert
darum, ob sie sich in einander fUgen und einen harmonischen Bau ergeben, oder nicht.
Die Fahigkeit, seine Ideen zu konzentrieren und auf einen Hohepunkt zu fiihren, geht
ihm noch vollig ab. Wie kann man aber auch logische Entwicklung des Gedanken-
materials, king berechnete Verteilung von Licht und Schatten und was sonst noch zu
don Yorrechten ausgereifter Kiinstlerschaft gehort, von einem siebzehnjahrigen Spring-
insfeld erwarten? Genug, daB er in einer Fiille kuhner, ja verwegener Kombinationen
der Themen den kunftigen Meister der Form verrat, daB die Struktur seiner Motive
eine starke, eigenartige Ernndungggabe erkennen laOt, und daB man trotz aller Hau-
mng von Orchestereffekten aus der Instrumentation der Sinfonie einen lebendigen
Sinn fur feine Klangmischungen heraushort. In der zweiten Novitat, dem abgeklarten,
klangschonen A-moll-Konzert fur Orgel, Streichorchester, Horner und Pauken, op. 100,
von Enrico Bossi hatte Musikdirektor Ansorge Gelegenheit, unsere neue prachtvolle
Konzertorgel zu gebiihrender Geltung zu bringen. Aus der groBen Zahl auswartiger
Kiinstler, die uns heimsuchten, erwahne ich nur den ph'anomenalen Geiger Huber-
mann, die ausgezeichnete Liedersangerin Therese Behr und Dr. Wiillner, der seine
zahlreichen Verehrer mit einer Serie eigenartiger Lieder von Streicher Uberraschte
und entzuckte. Der II. Kammermusikabend brachte als Neuheit das Klavier-
quintett. F-moll, von Cesar Franck. Die Ausfuhrung war gut, der Eindruck des schon
gearbeiteten , aus dem trostlosesten Pessimismus sich kaum emporringenden Werises
aber ein maBiger. Der BuBtag wurde von der Singakademie mit einer Auffuhrung
des Requiems von Verdi begangen. Unter D ohm's Meisterhand schwangen sich Chor
wid Orchester zu gauz hervorragenden Leistungen auf. Das Soloquartett war mit den
Damen Meta Geyer und Jettka Finkenstein, sowie denHerrenvon ZurMuhlen
vnd van Eweyk glanzend besetzt. Dem Tenor hatte man allenfalls eine weichere
Stimme wunschen konnen. P. W.
DresdeB. Nun ist auch der vierte Abend des Odysseus- Werkes von August
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134 Musikberichte.
Bungert zur Wirklichkeit geworden. Das Dresdener Konigliche Operahaus ist dem
Komponisten in freundlichster Weise eatgegengekommen and hat alle vier Werke zn-
erst zur Auffiihrung gebracht Mag nan das Urteil tiber den Wert der Bungert'schen
Arbeit sein, wie es will, es iit jedenfalls ein mutiges Unternehmen gewesen, diete
homeritohe Welt mit unserera gegenwartigen Emphhden von der Biihne herab in Ein-
k&ng zu bringen. 1st dies dem Vet-faster gelungen? Die Odyssee ist das groBte und
vollendetste epiacbe Kunetwerk, das je gesehafien, warden ist. Die darin auftretenden
Oestalten sind so in sich abgeschlossea und werden in eine so featgefugte Verbindung
mit einander gebracht, da£ nur schwer daran zu riittehi oder zu andern ist Eine
Umanderung muB aber mit ihnen vorgenommen werden, sobald sie Bersonen werden
sollen, die sich vor unseren Augen entwiekeln, sobald ihre Handlungen aus der Ver-
wicklung der Verhaltnisee heraus begriindet werden sollen. Der Platz reicht hier
nicht aus, nm die gauze Umgestaltung, die Bungert vorgenommen bat, eingehender zu
erortern. Die schwierigste Aufgabe hat er sich zweifelsohne mit dem vierten Werke.
mit Odysseus1 Tod, geetellt; denn fur tins, die wir Odysseus aus der homerisohen
Dichtung kennen. hort das Interesse an seinen Leiden und Taten in dem Augenblicke
auf, als er das Ende seiner langen Irrfahrten, die Wiedervereinigung mit seiner Gattin,
erreicht hat Was daruber hinaus mit ihm geschieht, dafUr mufi em Dichter gamz
neue Motive erfinden , er muC ihn zu einem neuen Helden machen, der unabhangig
von seinem bisherigen Wirkungskreise — wie wir wenigstens den letzteren kennen —
auftritt. Wie Bungert dies versucht, la&t sich am deuttichsten mit Odysseus' eigenen
Worten wiedergeben: >Wenn dn eignes Irren Und Fehler an Andren suhntest doreh
Woltat am ganzen Geschlecht: dann wird vom Meer her, Durch Gotter Wille ganz
dich vollendend, Dir nahen der TodU Das Ende findet er durch die Hand der Des-
poina in dem Augenblicke, als ihn sein und der Kirke Sohn, Telegonos, treffen will.
Sobald die vier Abende hintereinander gegeben worden sind, wie es geplant wor-
den ist, sollen die Dichtung und die Musik n'aher erortert werden. Jetzt geniigt es,
darauf hinzuweisen, daft Odysseus' Tod eine vorziigliohe Auffiihrung erlebt hat und
vom Publikum verstandnisvoll aufgenommen worden ist. Der Komponist wurde mit
dem Dirigenten, Herrn von Schuch, und den Darstellern wiederholt gerufen. Bis
jetzt hat von den vier Werken » Odysseus' Heimkehr« hier den grofiten Erfolg erziek,
wofur die ungefahr vierzig Auffuhrungen, die das Werk im Laufe der Zeit hat erleben
konnen, wohl der beste Beweis sind. E. £.
Frankfurt am Main. Oper. Wahrend unserer Buhne mit der Neuemstudierung
des »Rienzi« viele gutbesuchte Abende beschieden waren, erlebte die Intendanz an dem
dreiaktigen lyrischen Drama »Die Meeresbraut« (De Bruid der Zee) von Jan Block*
nur wenig Freude, da diese Oper seit der Premiere am 18. Oktober, der ersten deut-
schen Auffiihrung, nur noch drei- oder viermal gegeben werden konnte. Das nicht
besonders interessante Libretto von Nestor Tiere, einem in seiner Heimat sehr ge-
schatzten fl'amischen Dichter, enthalt eine Menge kleiner Milieuzeichnungen, aber kerne
rechte Handlung, die sich nun einen ganzen Abend lang nur ruokweise weiterbewegt.
Der oft stark an der Oberflache haftenden Musik, die in der alten namischen Ballade
von den zwei Konigskindern, einem hiibschen Spottchor der Fischermadchen und den
Bzenen der Djovita, einer Mischung von Carmen und Nedda, das Beste bietet, fehlt
es an frisch pulsierendem Theaterblut, jeglicher Kraft der Dramatik und vor allem an
richtiger Erfindungsgabe. Als weitere Schwachen des Werkes waren noch die reoht
kiimmerliche deutsche Ubersetzung und die gelegentlich merkwurdig harte Instrumen-
tation zu erwahnen. DaC die in Belgien und Frankreich schon oft aufgefuhrte Oper
ihren Weg auf deutsche Buhnen finden wird, mochten wir trotz der freundlichen Auf-
nahme, die der anwesende Komponist nach der guten Auffiihrung seiner >Meeresbraut<
bier gefunden, sehr bezweifeln. Die gauze Sache war bei uns eine reoht verlorene
Liebesmuh'. Nach der Neueinstudierung des >Oberon«, der mit den Wiillner'schen
Rezitativen gegeben wird, spielt der bohmische Violinvirtuose Kubelik im Opernhause,
wo in der zweiten Dezemberwoche zum Gedachtnis an Berlioz dessen >Fausts Ver-
dammnis* in Konzertform aufgefuhrt werden soil. — In den sich immer interessanter
gestaltenden Museumskonzerten bot 8. v. Hausegeru. a. eine in alien Teilen vor-
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Musikbericbte. 135
zugEche Wiedergabe der LiszVschen Dante-Symphonie, des Siegfried-Idylls von Wagner
and der funfsatzigen D-moll-Symphonie yon Dohrianyi, der sich als ein ganz brillanter
Interpret des Es-dur-Klavierkonzerts von Liszt erwies. In seiner Symphonie, einem
Werke voll uberschaumenden Jugenddrangs, verbindet der junge nngariscbe Kiinst-
ler impulsive Subjektivitat mit einem kolossalen tecbniscben Konnen und guter melo-
discher Begabung. In seinen Gedanken ist Dohnanyi noch unfrei, wie er ancb noch
vielen nichtssagenden Langen ans dem Wege zn gehen bat. Den anregendsten Teil
des Ganzen bildet der feurige dritte Satz mit der rbytbmischen und motiviscben Ver-
wertung des originellen Scberzogedankens. Gegen ein Programm, das nur Bach'sche
Werke enthielt, versucbte man von gewisser Seite aus Stimmung zu machen, indem
man in den >stilreinen Programmer eine Art >Scbulmeisterei< entdecken zu mussen
glaubte and zu groBerer Karzweil nach mebr solistiscben Spenden verlangte. Der
groBe Erfolg dieses Bach- Abends, in dem Dr. Felix Kraus und der Organist der
Leipziger Thomaskirche Karl Straube als Solisten mitwirkten, konnte Hausegger
erfreulicher Weise davon iiberzeugen, wie sebr seine energisch durchgefuhrten Prinzi-
pien bei dem kunstsinnigen Teil des PubUkums Anklang gefunden haben. Das vierte
firandenburgi8cbe Konzert (in Haaseggers Bearbeitung), die Kreuzstab-Kantate, Lieder,
Orgelwerke, und zum SchluB die D-dur-Orchestersuite bildeten, trefflich zu Gehor ge-
bracht, allerdings ein Programm, gegen das wohl nicbts eingewendet werden kann.
Eine groBe Enttauscbung bereitete uns Frau Marie Brema mit den funf Ges'angen
von Wagner. Die rein gesangliche Leistung war eine sebr wenig einwandfreie , wie
aach die stark tbeatralischc Pose des Vortrags unvorteilhaft auffallen muBte. — Im
zweiten Opernhauskonzert fUbrte Dr. Rottenberg Bruckner's neunte Symphonie
mit gutem Gelingen auf ; das in dieser Zeitschrift schon ofter gewiirdigte Werk be-
kommen wir in den Museums-Konzerten sp'ater noch einmal zu horen. In demselben
Konzert spielte die junge Greigerin Elsie Plaifair die sentimentale scbottische Phan-
tasie von Bruch. Mit Frau Rusche-Endorf-Koln und den Herren Url us- Leipzig
und A. Muller-hier als Solisten brachte Dr. B. Scholz eine Wiederholung der 'Bea-
titudes« von Cesar Franck im Ruhl'schen Qesangverein; Professor Griitersim Caecilien-
yerein eine sehr eindrucksvolle Wiedergabe des groBen » Requiems* von Berlioz mit
dem guten Tenor 0. Wolf -Darmstadt als Solisten. Zum SchluB sei noch bench tet,
daB die neue Klavier-Violinsonate, op. 4 von Volkmar Andreae in einem Kammer-
mosikabend der >Frankfurter Quartettvereinigung« verdienter Weise eine sehr lebhafte
Aufhahme gefunden hat. Uber die Tatigkeit der verschiedenen Kammermusikvereini-
gnngen selbst schreiben wir das nachste Mai. H. P.
Hamburg. Unser Stadttheater — ein Institut, in dem mit erstaunlichem FleiB
erearbeitet wird — hat mit der deutschen Urauffiihrung von Francesco Cilia's
Oper >Adrienne Lecouvreur« seinen Ehrgeiz leider auf unfrucbtbaren Boden ge-
stellt. Das in seinem Apparat ziemlich veraltete Virtuosendrama Scribe's mit seinen
Intrigaen, seinem verschnorkelten Stil, seinem Theaterflitter, seinen haBlichen Eifer-
sacbtsazenen und dem nichtswurdig gemeinen Giftmord, mit dem das Stuck, gewalt-
s&m genug endet, bietet dem Musiker im Grunde genommen nur wenige und
zweifelhafte Anknupfungspunkte. Oilea's Musik, so kunstlerisch ihr Geprage sein mag,
ist in ihrem dramatischen Nerv ohne Spannung, ohne Leben: es gibt keine Szene in
diesem Werk, die uns tiefer paekt, die seelische Saiten in uns zum Klingen bringt,
oder gar zum Erlebnis wird. Sehr bezeichnend scheint mir der Umstand zu sein,
daB Cilea jedem kraftigen Rezitativ aus dem Wege geht, daB er es verschmaht oder sich
(cheat, ein kiihnes Al fresco hinzuwerfen. die Linien einer dramatischen Gestalt mit
fiicherem Griff festzulegen. Er sieht seine Menschen hnmer vom Standpunkt des
I*yriker8, nicht des Dramatikers. Darum fehlen seinen Gestalten die unterscheidenden
Merkmale; seine Musik klebt dort, wo sie nicht klingendes Gefiihl ist, an koloristi-
schen Dingen und kommt Uber die 'auBere Stimmungsmalerei und die AuBen-Charak-
teri8tik nicht hinaus; jedenfalls wird sie nie Lmen-Charakteristik. Das ist sebr zd
bedauem. Denn das geistreiche Qeflecht seiner Musik, die auBerordentlich feine In-
strumentation mit ihren gebrochenen Farben und schwermtttigen Kl'angen, mit alien deii
Zeichen einer hohen Kultur, weist auf einen Kunstler edelster Art hin und reiht sein
Ull T. Di^edby^CTOIgl€
136 Musikberichte.
Werk unter die feinsten Kunstleistungen der jungen italienischen Schule ein, trotzdem
Cilea als Melodiker nicht zu den grofien Erhndern gehort. Urn die Auffiihrung der
neuen Oper erwarben sich neben Kapellmeister Gille die Damen Claus-Frankel und
Beuer, sowie die Herren Pennarini und Dawison Verdienste. Von weiteren »Taten<
unseres Stadttheaters ware nocb die schone und stimmungsvolle Auffiihrung der neu
einstudierten posthumen Oper Offenbach's: >Hoffmann's Erz'ahlungen* zu er-
wahnen, der Kapellmeister Gustav Brecher einen blendenden Schliff gegeben.
Das Hamburgische Konzertleben steht jetzt in voller Bliite: groCe Orchester-
Konzerte, Solisten-Abende, Kammermusik, Chorauffuhrungen drangen sich. Da6 die
Solisten, die bei uns Klavier- und Liederabende usw. veranstalten, nicht notwendiger-
weise vor leeren B'anken spielen mtissen, daft unter besonderen Umstanden sogar das
Unwahrscheinliche Ereignis wird und die Banke fur die Zuhorer nicht ausreichen, das
hat der kleine Wundergeiger Franz von Vecsey bewiesen, dessen 3 Konzerte — sie
fanden im Stadttheater statt, — in jeder Beziehung von phanomenalen Erfolg gekront
waren. Das Spiel dieses Knaben entziindete die Hamburger in siidlicher Begeisterung.
Seine Vortrage waren bewunderungswiirdig : erstaunlichstes Konnen, spezifisches
Geigengenie, anmutiger und lebensvoller Vortrag, der weit iiber das Alter des Knaben
hinaus greift, hoben seine Leistungen auf die Hone echter Kunst. Er absorbierte in
solchem MaCe das Interesse der Hamburgischen Musikfreunde, dafi konzertierende
Solisten fur die nachsten Wochen kaum auf Publikum rechnen konnen. Yon »fahrenden
Kiin8tlern«} die Hamburg in der letzten Zeit berUhrt haben, nenne ich Alphonse
Maurice, der ein Fiillhorn netter, aber dem Salonton kaum entwachsener Liederchen
iiber uns ausschiittete. Bedeutender wirkten schon der vortreff liche Geiger Waldemar
Meyer und die Pianistin Elisabeth Jeppe, die das Wagnis mit gutem Gelingen
durchfuhrten, samtliche Klavier- Violin-Sonaten Beethoven's zu Gehor zu bringen. Ihnen
folgte Anton Foerster mit einem sehr gehaltvollen BUavierabend, in dem sich Foerster
als gl'anzender Virtuose und fein gebildeter Musiker bew'ahrte. Auch das >Bohmische
Streichquartett* kehrte wieder bei uns ein und erregte mit seinen wundervollen
Vortragen und der beispiellosen Vollkommenheit und Einheit seines Quartettspiels
Enthusiasmus, Aber auch der heimische >Kammermusikverein« regte sich in
seiner jungen und frischen Kraft und gab, mit den Herrn Konzertmeister Zajic und
Professor Richard Barth an der Spitze seiner Quartettgruppen,.sehr beachtenswerte
Beweise kiinstlerischen Wollens und Konnens. Im >grofien Konzerte teilten sich die
Herren Professor Arthur Nikisch (mit den Berliner Philharmonikern), Max Fied-
ler und Professor R Barth (dieser mit der Hamburger Philharmonic) in die sym-
phonische Kulturarbeit. Arthur Nikisch fuhrte unter anderem in genialster und un-
ubertreflFlicher Wiedergabe Anton Bruckner's >Neunte Symphonic « auf, Fiedler
widmete dem Andenken Tschaikowsky's (zu dessen zehnjahrigem Todestag) ein
ganzes Konzert mit der pathetischen Symphonie als Hauptwerk, von der man denn
auch einen tieferen Eindruck empfing, wahrend man im ubrigen zu der tJberzeugung
kam, daC mit ganzen Tschaikowsky-Konzerten die schwankende Linie im Schaffen
dieses Meisters selbst dem unbefangenen Zuhorer allzu deutlich gemacht wird. Pro-
fessor Barth fuhrte als ziemlich iiberflUssige Novitat die F-moll-Symphonie von Richard
StrauB, ein stark eklektisches Werk, auf. Nicht unerwahnt bleibe schlieGlich der ver-
dienstvolle Caecilienverein, der unter der Leitung des Herrn Professors Spengel
in seinem ersten Chorkonzert wertvollen Chorsatzen von H. Wolf. Brahms, Thuille usw.
seine erfreuliche Propaganda angedeihen lieC. F. Pf.
Heidelberg. Nach unserem glanzend verlaufenen Eeformmusikfest, iiber dessen
kiin8tlerische Bedeutung an anderer Stelle dieses Heftes berichtet wird, muBte natiir-
licherweise eine Musikmiidigkeit eintreten, und so setzte diesmal unsere Konzertaaison
etwas sp'ater als sonst ein. Das musikalische Ereignis der letzten Wochen war das
1. Abonnements-Konzert des Bachvereins zur Priifung und IJbernahme der neuen
elektro-pneumatischen Orgel in der Stadthalle, gegeben von Professor Wolfrum,
der, kaum erholt von den Strapazen des Musikfestes. uns wieder einmal Gelegenheit
gab, seine bedeutende Meisterschaft auf der Orgel zu bewundern. Uber die nene
Orgel, von Voit & Sohne Durlach) nach Wolfrum's Angaben und Verbesserungs-
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Musikberichte. 137
vorschlagen erbaut, horen wir am beaten Wolfrum selbst: >Das Werk erflillt zum,
ersten Male Bedingungen und Wunsche, die die Orgel erst eigentlich in Reih' und
Glied des groPen Chor- und Orchesterapparates stellen. Durch Anwendong der elek-
trischen Leitung von den Tasten bis zum Pfeifenkorper bezw. Orgel-
gehause ist es ermoglicht, den auf Rollen laufenden Spieltisch (die Klaviatur
in beliebiger Entfernung von der eigentlichen Orgel aufzustellen; die Ansprache der
Pfeifen erfolgt ebenso rasch, wie bei dem Telegraphen die Wiedergabe der Zeichen;
L&ufe, Triller, Arpeggien kommen da ebenso klar and sicher heraus, als wenn der
Spieltisch direkt an die Orgel angebaut ware. — Auf diese Weise kann der Orgel-
spieler aber auch erst die Wirkung seiner Registrierung 'Tonstarke und Tonfarben-
gebung) kontrollieren; denn wenn er an oder gar in der Orgel sitzt, ist er oft im Un-
klaren, wie die Orgel im Konzertraum oder in der Kirche klingt. Er weiB nicht
immer, ob er einen Sanger in der richtigen Tonstarke begleitet, ganz abgesehen da-
von, dafi, wenn der Solist beim mitbegleitenden Orchester, also weiter entfernt, stehen
muB, das Musizieren nie zusammengeht, weahalb man sich in manchen Konzertsalen
so half, daB man zur Begleitang der Solostticke eigens noch eine kleine tragbare
Orgel oder ein Harmonium ins Orchester stellte. Diese neue Art >Traktur< der
Stadthallenorgel ermoglicht es, alle ihre vielen Farben dem kompliziertesten Orchester-
Apparat einzumischen. Die Orgel gestattet ferner, den Ton crescendo- und decre-
scendo-ahnlich zu modifizieren. Alle Pfeifen sind namlich in einem nach hinten,
oben und seitlich hermetisch abgeschlossen Gehause untergebracht. Nur die ganze
vordere Breitseite des Gehauses kann geoffnet werden und zwar vermittels Jalousie-
laden, die der Spieler durch einen Tritt Schweller) beherrscht. Sind die Laden ge-
schlossen, so klingt der Ton ; auch des vollen Werkes schwaoh, sind sie geoffnet, sehr
stark. Durch allmahliches Offnen und SchlieBen (mittels FuBtrittes erfolgt ein Cre-
scendo und Decrescendo beim vollen Werk, wie beim einzelnen Register.* — Aus dem
Bestreben, dem mechanischen Orgelinstrument lebendige Mannigfaltigkeit und Farben-
reichtum zu geben, gingen die erw'ahnten Neuerungen hervor, und dem entsprechend
war auch die Registrierung der vorgetragenen Werke, die im Verein mit einer ge-
schickten Handhabung des Schwellwerkes eine einzigartige, bisher kaum erreichte
orcheetrale Wirkung erzielte. Mit sieherster Technik und feinstem Stilgefuhl fur die
verschiedenartigen Werke spielte Wolfrum Handel's 4. Orgelkonzert in F-dur in eigener
Bearbeitung und von Mozart's leider wenig bekannten 15 einsatzigen' Sonaten flir
Orgel, 2 Yiolinen und BaB die 3 von Rheinberger bearbeiteten und zu einer Sonate
vereinigten, entziickenden, weltlich-heitere Satzchen. bei deren Registrierung sehr gluck-
lich der helle Silberklang ohne 16 FuB) der Orgel aus Mozart's Zeit getroffen wurde.
Der Spieltisch war, dem Publikum sichtbar, iiber dem versenkten, hinter der Schall-
wand begleitenden Orchester aufgestellt; bei Handel und Mozart wurde die Saal-
beleuchtung abgedampfb. Wunderbar klangen, bei vollstandig verdunkeltem Saal, die
beiden letzten der nachgelassenen Choralvorspiele von Brahms und Bach's tief ergreifen-
des, verklartes Sterbelied: >Vor deinen Thron tret ich hin mit.« Mit Liszt's gewal-
tigem, des Themas wurdigea Praludium und Fuge iiber B-a-c-h schloB der Abend,
bei dem wir auBerdem Agnes Leydhecker aus Berlin als vornehm und acht
empfindende, jedem Effekt abholde Altistin mit schonem Stimmmaterial kennen
lernten. — Von groBeren Yeranstaltungen ist noch zu erwahnen das erste der von
Direktor Radig geleiteten popularen Symphoniekonzerte (B-dur Symphonie von Schu-
mann' mit Else Ruegger Cello;, und der Schubert-Kammermusikabend Direktor
Seelig's und des Heermannquartetts. Unter den konzertierenden Solisten, die uns in
diesem Winter in beangstigender Unzahl heimsuchen, boten bemerkenswertes Dr. A.
Hollenberg (Bariton), LiUi Hafgren und Forchhammer, wahrend Th. Bertram
auf dem Konzertpodium schwer enttauschte durch einen nach grobenfEffekten haschen-
den, jedes tieferen Verstandnisses entbehrenden Liedvortrag. In der Hollander- Arie
bot er Besseres, um aber in alter Manier mit ph'anomenaler Stimme zu glanzen,
dazu sollten einem taktvollen Kiinstler Wagner, zumal im groBem Konzertsaal mit Kla-
vier ! begleitet, denn doch etwas zu hoch stehen. Fr. St.
Kiln. Wir batten in letzter Zeit zwei Novitaten, eine Urnovitat und eine, die
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18$ Musikberichte.
fastr eine eolche war, die erste auf der Biihne, die andere im Konzertsaal, beide von
zwei Faat-Miinchener Komponisten. Zuerst ging Pottgiefier's Oper >Heimkehr«
tiber die Bretter unseres Neuen Stadttheaters, dann erlebten wir im Gurzenich >das
Neue Leben«, nach Dante's Nuova Vita von Wolf-Ferram. Das PottgieBer'sche
Werk vennochte es nicht uber einen Achtungserfolg zu bringen. Trotz unleugbaren
mnsikalischen nnd Theater-Talents ist das Ganze noch zu wenig gereift and namentlich
auch in den Theaterwirkungen zu wenig »gerissen« (etwas von dieser Eigenschaft ge-
hort nun einmal zu jedera Werk, das sich ein wenig auf der Biihne einburgern will:
man mochte diese Eigenschaft geistigen oder latenten Kothurnschritt nennen . als da6
es einen groBen und auch einen dem Werte des Werkes angemessenen Eindruck
hervorgebracht hatte. Das hochwohllobliche Publikum und eine ihm*nachempnndende
Majoritatspresse machte Glossen, das t wird bis zum Ende der Welt so bleiben. Dem
gegeniiber muB doch festgestellt werden, daC die Oper, deren Text ebenfalls von
PottgieBer herstammt, trotz unleugbarer Fehler ebenso unleugbare Vorziige aufweist
Die Handlung ist in Kiirze folgende. Die westfalische Dorfschone Christine ist mit
Freiheitskampfer Franz verlobt, halt sich aber ihres Wortes fur ledig, als das Gericht
den Tod des verschollenen Franz verkundigt und heiratet den begiiterten Heinrich.
Gerade am Hochzeitstage kehrt aber Frariz, der fern der Heimat in franzosischer
Gefangenschaft schmachtete, zuriick. Seine Sehnsucht, die Geliebte wiederzusehen.
ist so unbezwinglich, da 13 er, um den Ehemann zu entfernen, zu dem allerdings ver-
werflichen Mittel greift, dessen Scheune in Brand zu stecken. Als er mit Christine
die Flucht ergreifen will, tritt ihm der Ehemann in den Weg. Im Verlauf der sich
ankniipfenden Auseinandersetzung gewinnt dieser die Uberzeugung, da6 seine Frau
immer noch an dem Nebenbuhler hangt und gibt ihr freie Bahn. Sie jedoch verzichtet
dar&uf, und wirft sich reumiitig ihrem Manne zu Fttfien, wird aber im selben Augen-
blick von einem Herzschlag ereilt. Franz, um sein Verbrechen zu siibnen, wirft sich
in die Flammen, die er entzundet hat. Der Kardinalfehler des Textes besteht in der
Figur des Franz, dessen Aufdringlichkeit zuerst, dessen Verbrechen am SchluB ihm
die Sympathien der Zuschauer entzieht, so schon er auch Tenor singt. Nun kam in
Koln noch die Verzeichnung derRolle durch Herrn Bucar binzu, der, statt sie mann-
lich brutal aufzufassen, sie verweichelte und versentimentalisierte. Christine wirkte in
der Darstellung der Frau Felser sogar sehr poetisch, Heinrich in der des Herrn Bi-
schoff recht markant und mannlich. Der erste Akt briugt ein anziehendes Treiben
auf einer westfalischen Hochzeit, der zweite deckt die Herzensgeheimnisse Christinens
und Franzens sehr anziehend auf. Die Musik ist namentlich in der Zeichnung der
Volksszenen sehr glucklich, mehr noch in der Erfindung, als in der Ausgestaltung und
Instrumentation. Sehr interessant in den Motiven und im Ausspinnen der Stimmungen
ist der zweite Akt, der bei einer geschickteren Textbehandlung sicher vortrefflich ge-
wirkt hatte. Im Gegensatz zu dem aufstrebenden PottgieBer tritt uns in Wolf-Ferrari,
trotz seiner 27 Jahre, schon ein zielbewuBter junger Meister entgegen. Er weiB doch
von A bis Z den atherisch erhabenen Grundton der Dichtung aufrecht zu halten und
den Zuhorer mit Weisen und Klangen zu bannen. Beim naheren Hinborchen nimmt
man allerdings wahr, daB diese Wirkung nochmehr durch die auBerst geschickte Aus-
nutzung der Klangmittel als durch eine Genialitat der Erfindung und durch eine dem
Inhalt ganz genau angepaBte Formgestaltung zu verdanken ist. Wolf-Ferrari bedarf
einer von Weihe und Stimmungsernst durchtrankten Auffuhrung und eines vorziig-
lichen Chor- und Orchestermaterials. Bei einer solchen Voraussetzung wird sich
uberall ein tiefer Eindruck einstellen, das zeigte die Kolner Auffuhrung unter Stein-
bach und die Aachener untCr Schwickerath, die beide sich der vorziiglichen Mit-
wirkung Scheidemantel's erfreuten. Diese Wirkung stellt sich unfehlbar ein, soviel
man auch gegen die mangelnde Einheitlichkeit des Stils, gegen die Mischung von
ChorBatzen, Sonetten» die zuweilen armliche Hineinziehung des Klaviers als Orchester-
ablosung, die bald Bachisch-Beethoven'sche, bald modern italienische Ausdrucksweise
einwenden mag. Es reckt sich doch aus dem Ganzen eine ungewohnliche Person-
lichkeit hervor. die noch viel von sich reden machen wird. 0. N. .*
Kopenbagen. Die Konigliche Oper hat bisher nur eine Novitat zu notieren und
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Musikberichte. 139
zwar eine ganz kleine: eirien Einakter von Aug* Enna, Die Erbsenprihzessin.
Die kleine Oper hatte kein groQes Gliick. Sie ist wirklich auch kein bedeutendee Werk,
namentlich von zu geringem Stilgefuhl getragen: Rokokomotive sind mit moderner
sentimentaler) Ausdrucksweise, OpernBtil mit Farcen-Ideen gemischt.
Nachher stand die Oper im Zeichen des Herrn Wilh. Her old. Dieser an und
fur sich bedentende Tenoreauger und Schauspieler gehflrt nicht mehr fest zunnserem
Ensemble. Er gastiert bier nur im Herbst, urn nachher anderswo aufzutreten.-. Dafi
solches fur die Kasse gunstiger ist als fur die Kunst , bedarf keines Nacbweisee. In
diesen vielen Wdchen hat Herr Hefold nur »seine Glanzrollen {m Carmen, Faust,
Bajazzi, Lohengrin, Horneinan's Aladdin usw.) wiederholt; neues hat weder er,
noch die Oper uberhaupt in dieser Zeit gebracht. Ein begeistertes Publikum ist Herrn
Herold bis zu seinem Abschiedsauftreten treu geblieben.
Im Konzerteaal herrscht viel Leben — jedoch meistens durch fremde, Gaste ver-
ureacht. Im Ganzen konnen diese wohl mit ihren BesUchen zufrieden -gewesen sein.
Jedenfails wird dies von Willy Burmester — dessen »Hodeholmarch« auch hier
viel Aufmerksamkeit erweckte — Teresa Carre fi a, Hugo Becker, Sarasate,
Jacques Thibaud und John Forsell gelten; w'ahrend Fraulein Walla Hansen
Norwegerin, in Wien weilend) und Baron von Wolzog en (mit seinem an und fur
ach gar nicht uninteressanten , bloB nicht in den JLonzertsaal passenden Uberbrettl)
vielleicht mit einem traurigen Eindrucke abgereist sind. — Einheimische Konzerte gab
die Konigiiche Kapelle, die u. a. eine neue Ouvertiire Helos von Carl Nielsen
vorfuhrte. . lch konnte der Auffuhrung nicht beiwohnen. Stimmen aus der Kritik und
dera Publikum sagen mir aber, dafi das Werk zwar gefiel, aber zu den bedeutendsten
Arbeiten des Komponisten nicht gehort. — Herr Wolfgang Nansen fShrte (inseinen
Philharmonischen Soirecn) ein alteres Klavier-Trio — ein schones, stimmungsyolles,
mit dem Volksliedertone verwandtes Werk — von Gustav Hfclsted auf, nachher
eine recht >diinne< Cellosonate von Hoeberg und das gefallige Quintett von Otto
Mailing. — Auch der Musi kver ein (Neruda) brachte ein leicht verdaulichea Kon-
zert: eine ahere Symphonic (»Herbst«) von Lange-Miiller (poetisch, aber etwas
locker aufgebant und schwerfallig) und Mendelssohn1 sWalpurgisnacht, welches
alteWerk bessere Solisten und mehr Rom an tik in der Ausfiihrung wohl verdierit Ifatte.
W. B.
Krakftft. In letzter Zeit hat sich hier Herr Robert Poselt, der bekannte Violin-
virtuose und der ehemalige Lehrer am Parreer Conservatoire, niedergelassen.' Er spielte
einige Male offentlich (auch die liebliche Violinsonate von Emil Sjogren) und gefiel
sehr. Alfred Griinf eld wurde auch bewundert wegen der Leichtheit und Zartheit
seines Anschlags. Biemann's und LeschetitzkyV Schuler IgnazFriedmann- errang
BeifaH mit seinem Klavierspiel, wenn auch seine Auffassung nicht ganz eiriwandfrei war.
• . ' A,C. .
Leipzig. Wenn nieht von auBerbalb zu unserer Beruhigung fortgesetzt: Nach-
richten eintr'afen, daB in der Welt noch begabte Komponisten existieren, welche -den
Mat haben, ernste und bedeutsame Musik nicht nur zu schreiben eondern'auch auf-
zofuhren,, wurde man bei uns an ein Stagnieren deutscben Tonschaffens • glauben
miissen. Die Programme unserer groBen Orchfcsterkonzerte tragen nach wie vor kon-
ventionelles Geprage. Keins von all den Instituten schlupft aus der alten, gewohnten
Haut Novitaten sind rar, wertvolle Novitaten noch rarer. Der Griff, den das Ge-
wandhaus nach Boehe's symphonischem Orchestergedicht »Aus Odysseus1 Fahrten«
getan, sei verziehen; das talentvoll geschriebene Werk mit seinen hubschen- instru-
mentalen Effekten reprasentiert. trotz alien Respekts vor dem Konnen des Autors,
doch schwerlich die Hohe deutscher Tonkunst der Zeit. * Hugo Wolf's »Pehthesileat-
Schopfung, der das Winderstein-Orcbester einen Premieren-Erfolg sicherte, bleibt
neben Karl Gieitz's farbenreichem Orchestergemalde >Fata morgana « die einzige,
tmbeatritten bedeutsame Novitat. Im Ubrigen hort: man die beliebte D-dur- und Ox-
ford-Symphonie Haydn's mit demselben innigen Behagen immer und immerwieder,
ZaaberflSten- und Oberon-Ouvertiire w'ahrend vier Wochen sogar zweimal. . Beethoven
bat, das laBt man sich gefallen, mit der dreimaligen Auffuhrung der A-dur-Symphonii
i§k
140 Musikberichte.
innerhalb sieben Wochen das prae. Neben Mendelssohn's unvermeidlicher »schot-
tischer« tauchte erfreulicherweise im funften Gewandhauskonsert einmal Volkmann's
B-dur-Symphonie auf; Mozart's G-moll-Symphonie war im sechsten Gewandhaus-
konzert — nur durch Weber's, von Fraulein Edith Walker prachtig gesnngene Ozean-
arie getrennt — Nachbar der Grieg'schen Peer-Gynt-Suite, w'dhrend im vierten Bach's
H-moll-Suite mit Soloflote unmittelbar Brahms' > Rhapsodic* for Altsolo (Fran Scho-
raann-Heink) im Gefolge hatte. In den »Neuen Abonnementskonzerten« fuhrte Max
Fiedler aus Hamburg Tschaikowsky's >Path6tiquec und Strang' »Tod und Verklarungc
ale Paradepferde vor, Weingartner drei klassische Ouvertiiren und Brahms' D-dur-
Symphonie. Wie man sieht, lauter Treffliches und >Ewig-schones«, was freilich schon
vor 20 beziehungsweise 40 Jahren auf den Programmen stand! — Mit Kammermusik
trat bisher nur das Gewandhaus-Quartett mit einem klassischen und einem Brahms-
Programm, das bohmische Streichquartett mit einer Smetana-Nummer (Klaviertrio mit
Fraulein Martha Remmert am Flugel) heraus.
Unter den Solisten ragte manche junge Kraft hervor, zum Beispiel die tempe-
ramentvolle Pianistin Jolanda Mero und ihre technisch hoehveranlagte Kollegin Alice
Ripper, die begabte Elena Gerhardt, deren Gesange Nikisch begleitete, Antonia Beel
und Gertrude Lucky, die beide in Spezialfachern gesanglich Gutes leisten. Auch der
Xnabe Yecsey liefi sein vielversprechendes Geigenspiel horen. Die "altere Kiins tier-
generation vertraten Alfred Reisenauer und Reimund von Zur-Miihlen glanzend, auch
Camilla Landi kam und ersang sich Erfolge. Wenn ich noch den ersten, vortrefflich
verlaufenen Orgelabend Karl Straube's mit seltenen Werken von Meistern aus dem
17. und 18. Jahrhundert erwahne, so sind damit die letzten Ereignisse unseres Musik-
lebens skizziert A. Sch.
Lemberg. Eine great attraction der jetzigen Musik-Saison war die Auffuhrung
der >Walkure< unter der Leitung des neuen Opernkapellmeisters Brunetto. Die
Wagner'sche Schopfung wurde in polnischer Sprache gesungen. Es gibt zwei Uber-
setzungen: die eine von dem jungen Dichter Mia now ski (ein Meisterstuck der Uber-
setzung) und die andere von dem bekannten Tenoristen Alexander von Bandrowski.
der auch als Siegmund an der Auffuhrung teilnahm. — In dem Philharmonie-Gebaude
traten verschiedene Sangerinnen (auch Frau Knupfer-Egli) und Alfred G run f eld
auf. Das Philharmonie-Orchester unter C elan sky befindet sich auf einer Konzert-
reise in Rutland. An dessen Stelle spielen die Militar-Orchester unter ihren Kapell-
meistern. Die Frage nach dem >Wasc und >Wie< soil dabei lieber ubergangen werden.
A. a
London. — Since the close of the Summer Season so-called (IV, 687) we have
had a Moody-Manners season of Opera sung in English (IV, 9, 71) at Covent Garden,
and the autumn "Promenade" concerts (ifi, 493) under Henry J. Wood (IV, 79) at
Queen's Hall. The London Winter Season is at present in full swing, with its various
features of Queen's Hall Symphony Concerts, Richter Orchestral Concerts (new manage-
ment with the Manchester "Halle" orchestra], Broadwood Chamber Concerts (IV, 214,
549), Saturday and Monday "Popular" Concerts (new management by Joh. Kruse, see
IV, 553), and innumerable occasional concerts. These by another writer. — The
Moody Manners Opera Season ran from 24th August for 6 weeks. The sopranos con-
tained Mmes. Alice Esty, Z61ie de Lussan, Blanche Marchesi, and Fanny Moody; the
last-named sustaining the chief honours with her evergreen appearance and vocal art
The contraltos contained Mmes. Enriqueta Crichton, Teify Davies, Seiter, and Lilia
Stanley. The tenors Messrs. Arens, Mc Lennan, 0' Mara. The baritones and basses
Messrs. Devers, Magrath, Manners. The stage management was splendid, and the
chorus the best grand-opera chorus yet heard in London. There was the usual
repertoire; and in particular "Siegfried", in which Louis Arens distinguished himself.
Colin Mc Alpin's new grand opera "The Cross and the Crescent" obtained the Moody
Manners prize of £ 250, and was performed on the 22nd September. The libretto
is founded on Francois Coppee's "Pour la Couronne" (Paris 1895), performed as an
English play by Forbes Robertson at the Lyceum in 1896. The composer was trained
at the Royal College of Music, and is now organist of a Presbyterian church in the
Musikberichte. 141
suburbs. It must be frankly said that he seems quite ignorant of the art of accom-
paniment, the voices struggling incessantly against an endless thick surging of the
orchestra. However the music shows ample invention, and in matters of powerful rich
ensemble is really very striking. There is abundant and good material, if he knew
how to present it. — The "Promenades" ran from 22nd August to 23rd October, and
would have gone longer, if the Hall had been available. In this magnificent series of
daily concerts (orchestral, with vocal solos interspersed and generally to orchestral
accompaniment) there is no actual promenading, but in the pit the audience stand.
Space fails to do more than record the principal pieces performed other than well
known classics. Those in the first section are continental introductions, and the *
shows first time in England. Those in the second section are British works now first
performed (except for one or two done in the provinces). Wallace (I, 20) is aged 43.
Bantock (HI, 130, 362; IV, 26, 32, 123, 496, 4%; and biography at IV, 372, 409) is
aged 35. All the others are very young men. The style leans almost exclusively to
the symphonic-poem order.
(A). — *Aren8ky, new P. F. concerto; Bruch, Scottish Fantasia, Violin;
Bruckner, 7th Symphony in E; * Handel, Concerto in F for 2 wind orchestras
and strings; *d,Indy, entracte "L'Etranger"; *Lenormand, new P. F. concerto
in F minor; *Mahler2 1st Symphony in D; *Nesvera, ov. "Waldesluft" ; *Raff,
V. cello concerto; * Rim sky -Korsakoff, ttNuit sur le Mont Triglav", Act HE of
Opera-Ballet "Mlada", and (3jf minor P. F. concerto; *Schillings, Fiddler's song
-Lust and Lied" from Pfeifertag; * Sibelius, 1st Symphony in E minor; *8traesser,
V. cello concerto; Rich. Strauss, Aus Italien, Don Juan (4 times). Helden-
leben (3 times), Tod und Verklarung (4 times); *Suk, Suite uEin Marchen";
'Wagner, ArindaPs "Halloh! Lasst alle Hunde los!" from Die Feen; *Wolf-
- Ferrari, Kammersymphonie Zwintscher, A minor P. F. concerto. — (B). —
Edgar L. Bain ton, symphonic poem "Pompilia"; Granville Bantock, Suite
.Russian Scenes"; Ernest Blake, Introd. to an Operatic Poem, *The Bretwalde";
Rutland Boughton, symphonic poem „Into the Everlasting"; York Bo wen, sym-
phonic poem, **The Lament of Tasso"; Garnet Wolseley Cox, Pastoral Suite,
"Eveline"; Harry Farjeon. P. F. concerto in D; Cecil Forsyth, Viola concerto;
Nicholas Gatty, Concert- Allegro P. F. and orchestra; Josef Holbrooke, P. F. Con-
certo Dramatique; W. H. Reed, Suite Venitienne ; Cyril Scott, Symphony; William
Wallace, Suite "Pelleas and Melisande". G. B.
The winter musical season proper of London, by a convention which has lost a
good deal of its point since the Promenade Concerts have grown so much in artistio
importance, is not supposed to begin, till the provincial Festivals are over. This year
the stream of concerts since the Birmingham Festival has been both rapid and deep.
There have been on an average over 30 concerts every week since the middle
of October, and of course any attempt at an exhaustive chronicle is out of the
question.
The Saturday and Monday Popular Concerts, now under the direction of Johann
Kruse were among the first of the serial concerts to begin. The energetic Professor
has determined to restore if possible the palmy days of the "Pops", and has arranged
for 20 Monday concerts and 20 Saturday concerts. The Kruse Quartet, which now
consists of Kruse himself, Haydn Inwards, Alfred Hobday, and Percy Such, is an
extremely well-balanced organization who play with a fine tone and great artistic in-
telligence. The programmes are more or less on the old lines, and the director strives
to add interest to them by the engagement of foreign artists in addition to resident
musicians of distinction. Among those who have already appeared may be mentioned
de Pachmann, Ettore Gandolfi of Turin an artistic baritone, Yvonne Kerval a pro-
mising soprano from the Op£ra Comique of Paris, Frederick Lamond, Leonard Borwick,
and the Socilte* des Instruments Anciens from Paris, consisting of Dimmer (clavicem-
balo), Papin (viola da gamba), and van Waefelghem (viola d'amore), who have played
two delightful programmes mainly of old French music, — Couperin, Daquin, Rameau,
and Gretry being chiefly represented. Great success was also won by Eva Lessmann
of Berlin in two of the concerts. — The Broadwood Chamber Concerts have begun,
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142 Musikberichte.
and introduced a very creditable new - string quintett by H. Balfour Gardiner ; and
Henry J. Wood and his wood- wind quintett (consisting of the principals of the various
departments from the Queen's Hall orchestra) have also appeared. — The public taste
for Chamber music seems for the moment to be a little lukewarm, for the attendances
are not what they should be. But on the other hand the audiences at orchestral
concerts have not always been very large either; Probably the concert-goer requires
some rest after the lavish fare he has enjoyed at the Promenade Concerts, the last
dozen or so of which drew enormous houses. — The most interesting novelty of the
last week of the Promenade season by the bye was without doubt the First Symphony
of Gustav Mahler, director of the Vienna opera. Here > is a composer with a new
and subtile theory as to programme music, which, as far as I understand it, is this,
He first has a set of musical ideas, and develops them as was done by composers
before programmes were invented. Then suddenly some external event or inner ex-
perience comes and solves for him the riddle of the hidden origin of his inspiration,
or reveals to him the programme of his composition, and in the light of his new
knowledge he finishes his work. The music in other words is incomplete without the
experience, the experience would be fruitless without the music. It is a neat theory.
out npt without danger; for it might easily lead to tinkering with already completed
work which might destroy its unity, and there might be a perceptible line of division
between the parts completed before this revelation and after it. Mahler's significance
can be measured by Londoners only by the vehemence and the number of the critical
scoldings he receives in Germany, where his works are getting to be known, and by
a comparison of such invectives with the tremendous enthusiasm he arouses in certain
other quarters. One may take it for granted that a man who calls forth such strong
feelings on either side is not a person to be neglected or dismissed with a sneer.
Least of all because he calls his work a symphony should it be judged by the. stan-
dards applicable to Beethoven, or even Schumann. It is rather a set of 4 symphonic
poems with some connecting thread not revealed to us. The themes in this case are
mostly of a very popular nature and of a Viennese flavour not wholly -free from
banality. The work was composed in the early eighties apparently; if so, Mahler
discovered how to treat popular tunes symphonically before Humperdinck. Altogether
the music is more like forcible if somewhat uncouth prose than poetry. The. work
was very well received by the Queen's Hall audience. — Some charming incidental
dances have been written by Percy Pitt for the production of "Richard the Second"
at His Majesty's Theatre. They prove that one can be old English without being
^German", — if such a play on words is permissible.
For want of space, the report of miscellaneous concerts down to 20th November
must be given with the next report. Alf. K.
Monchen. Habemus papam — Mottl wird Generalmusikdirektor, und das ist
namentlich im Interesse der Akademiekonzerte, die unter Fischer's und Erdmanns-
dorfer's Interimsherrschaft sehr leiden, nur freudig zu begriiCen. Immerhin verdient
Erdmannsdorfer's Wiedergabe der »Ideale« von Liszt Lob, w'ahrend er Thuille's »Ro-
rnantische Ouverture* im Tempo stark vergriff Bei Kaim horten wir von Neuheiten
bis jetzt nur Donahnyi's D-moll-Symphonie , ein noch jugendlich-wildes unausge-
gohrenes Werk eines immerhin talentierten Musikers, und Pfitzner's stimmungsvolles
Vorspiel zum 3. Akt des Ibsen'schen »Fest auf Solhaug*. Ein Lisztabend brachte
Orpheus, Mazeppa, Es-dur-Klavierkonzert und Totentanzparaphrase, letztere beide
unter Mitwirkung Reisenauer's,
Stavenhagen's erster moderner Abend mit Bruckner's gewal tiger neunter Sympho*
nie, Schillings' »Hexenlied« unter Direktion des Komponisten recitiert von Possart, und
StrauG' verbliiffendem, aber melodisch stark banalem Taillefer brachten diesem neuen
Unternehmen einen unerhorten kUnstlerischen und auCeren Erfolg* Ein Orchester-
konzert des hier lebenden Spaniers Jose Lassalle brachte von d'Indy ein Vorspiel
zum dritten Akt der Oper l'Etranger sowie die Wallensteinsymphonie und von Bordes
eine »Rapsodie basque*. Der Erfolg des Abends. war sehr geteilt. Mir erschien die
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Musikberichte. 143
Wallensteinsymphonie als das relativ bedeutendste Werk, wenn sie auch deutschem
Geschmack wenig entspricht.
An neuer Kammermusik horten wir Pfitzner'8 wundervolles neues Streichquartett
in D gleich zweimal (von Hosl und Genossen sowie Kilian und Genossen). Von
-Wolf-Ferrari wurden uns eine Violinsonate .A^moll) und ein Trio (in Fis-dur) vor-
gefuhrt nnd Beger spielte im Verein mit Retticb seine neue Violinsonate Op. 72, ein
wenig eingangliches Werk, sowie eine solche von F. v. Rath, . die sich durch vornehme
Tonsprache auszeichnet. Per Lieder- und KJavierabende sind unzahlige — wer nennt
die Volker, zablt die Namenl — , jeden Abend durchschnittlich zwei bis drei. Er-
wahnen wir nur nocb die beiden Hugo Wolf-Abende von Dr. FaiBt, dem bekannten
Stattgarter Freunde des Meisters; namentlich der zweite (mit Orchester) war auBerst
anregend. Der stets ruhrige Orchesterverein bracbte in seinem ersten Konzert wieder
ein musjkhistorisch auBerst interesrantes Programm : das 7. Konzert Op. 3 fiir 4 Vio-
)inen und Streichorchester von Vivaldi, eine Ballet-Suite von Lully (in der Bearbei-
tung.MottTs; und Geaange mit Klavier von Cesti und Vivaldi. E. I.
Paris. A Y Opera, aucune nouveaute* n'a encore pris place au repertoire de la saison
qui .commence. lies premieres representations del/Etranger, deM. Vincent d'Indy
et de l'Enlevement au SSrail, de Mozart, sont annoncees pour le 4 d£cembre.
A V OpSra-Gomique, depuis la Tosca, il n'y a guere a signaler que la reprise de
"Werther, avec M. Van Dyck dans le role principal; le celebre tenor en a donne* une
interpretation tout-a-foit personnelle.
Le nouveau Thedtre-Lyrique de la Gaite\ apres Herodiade, a donne* une oauvre
nouvelle, la Flamenca, drame musical en quatre actes de MM. Henri Cain, Eugene
et Edouard Adenis, musique de M. Lucien Lambert , qui n'a eu qu'un petit nombre
de representations. L'action se passe pendant la derniere guerre hispano-cubaine; ce
qui a fourni au musicien 1'occasion de mettre en oeuvre un certain nombre de melodies
originales, — avec une grande habilete\ il est vrai, — tout le long de la partition.
(Test la le principal merite de la Flamenca, et il faut avouer qu'il est assez mince.
Le 21 novembre, a eu lieu cette reprise de la Juive, que MM. Isola avaient
annoncee pour lew ouverture. L'oeuvre de Hale>y n'avait pas paru a l'Opera depuis
dix ans, et personne d'ailleurs ne semblait s'en plaindre. Le public parisien a fait,
on le pense, le meilleur accueil a cette vieille connaissance. L'execution, dirigee par le
kapellmeister Luigini, est excellente, avec Due et M>»« Litvinne comme protagonistes.
Aux Concerts du Chdtelet, M. Colonne ayant traverse TAtlantique pour quelques
semaines, M. Gabriel, qu'il s'est adjoint recemment comme lieutenant, a pris le baton
de commandement. Trois concerts ont deja £te donnes sous sa direction; le jeune
maitre a, par deux fois, fait entendre la Symphonie en r£ mineur de Cesar Franck
;on sait que M. Pierne* fut l'eleve du genial symphoniste). Dans cette ceuvre sublime,
dont toutes les parties. sont egalement admirables, ou Franck se revele tout entier,
tendre, mystique et puissant tour a tour, M. Pierne" a montre une autorite reelle qu'jl
n'eprouve nullement la necessite" de faire apparaitre par une exuberance de gestes que
tant d'autres croient indispensable. M. Pierne, comme chef d'orchestre, se rapprocherait
plutot de M. Chevillard, dont il a la aobriete d'allures ; nul doute que dans la direc-
tion de symphonies avec choeurs, il ne montre une maitrise egale a celle dont il vient
de faire preuve dans la direction de morceaux purement symphoniques. M. Pierne. a
dirige jusqu'ici: les ouvertures du Roi Lear et des Francs-Juges, de Berlioz, la
Pastorale de Beethoven, la suite d'orchestre de G. Faure* pour Pell 4a s et Meli-
sande, l'Apres-midi d'un faune, cette impressioniste illustration musicale emte
par M. Debussy, pour le poeme de Mallarm£; enfin deux nouveautes, Stenka-Ra-
zine, de Glazounow et un Concerto pour violon de M. Gernsheim.
Stenka-Razine est un de ces poemes symphoniques auxquels la musique, russe
disciple de Berlioz et de Liszt, nous a accoutumes. Les Steppes de l'Asie-Cen-
trale, Antar, Sadko, Thamar en sont des specimens bien connus des habitues
de MM. Colonne et Chevillard. Eleve de Rimski-Korsakoff. M. Glazounow a. com-
pose" de six symphonies et s'est exerce dans tous les domaines de la musique instru-
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144 Musikberichte.
men tale; le poeme symphonique, fort goute* en Russie, devait done le tenter lui aussi.
II y a reussi si nous en jugeons d'apres l'ceuvre dont voici l'analyBe:
«Le Volga immense et placide. Pendant de longues annees, les alentonrs da fleuve
demenraient paisibles, lorsque tout a coup apparaft le terrible ataman Stenka-Razine
qui, a la tete de sa horde feroce, se mit a parcourir le Volga, en devastant et en
pillant les villes et les villages situls sur ses bords. Son bateau e*tait magnifiquement
pare, ses voiles en soie, ses rames dorees; au milieu du pavilion en drap d'argent,
reposait, sur des tonneaux remplis d'or et d'argent la princesse persane, captive de
Stenka-Razine. Un jour, cependant, elle devint et, s'adreasant aux camaradea de son
maitre elle se mit a leur raconter qu'elle avait eu un songe qui lui avait appris que
Stenka serait fusill£, que toute sa horde serait mise au cachot et qu'elle-meme plrirait
dans les flots du Volga. Le songe de la princesse se realisa. Stenka fut entoure* par
les soldats du tzar. Voyant sa perte, Stenka dit: « Jamais, pendant les trente annees
<de mes courses, je n'ai offert de don au Volga. Aujourd'hui, je lui donnerai ce qui
cpour moi est plus precieux que tous les tresors de la terre>, et sur ces mots, il pr6-
cipita la princesse dans les flots. La bande feroce se mit a chanter gloire a son ata-
man et tous s'elancerent sur les soldats du tzar. ...» On voit tout de suite avec quels
motifs le compositeur va construire, tres librement son ouvrage: motif du fleuve,
motif le Stenka, motif de la princesse captive; sur lesquels il brode les arabesques
d'une orchestration vive et colore, d'un colons parfois naif, a la maniere de l'Ecole
russe. Cette partition brille des memes qualities que celles de ses prddScesseurs ou
contemporains ; elle ne s'en distingue pas d'une fac,on tres particuliere, mais ne leur
est nullement inferieure. Son succes etc* tres honorable.
Le concerto pour violon de M. Gernsheim, oeuvre un peu longue, dont le second
mouvement (andante) n'est pas a dedaigner, a paru au public du Chatelet assez dif-
fus; il a meme provoque* un petit tumulte, — non injustifie, car on abuse par trop
des concertos aux concerts du dimanche. M. L. Capet l'a joue avec sa virtuosity
coutumiere; il est regrettable que M. Gernsheim, dont on a, Tan dernier, applaudi
une symphonic, n'ait pas choisi une autre oeuvre pour se presenter de nouveau devant
le public parisien. Je n'ai garde d'oublier, au cours des memes stances, l'apparition de
Mme Schumann-Heink, qui s'est fait applaudir dans des pieces fort differentes: Fair
de Vitellia, de Titus (Mozart), celui d'Adriano, de Rienzi, la scene d'Erda, du
Rheingold (Wagner), la Toute- puissance (Schubert).
Aux Concerts-Lamoureux, M. Chevillard continue la se>ie des Symphonies de
Mozart.
La Schola Canto rum et la Societe Fhilharmonique de Paris, ont, elles
ausBi, opere leur reouverture. La, ce sont toujours d'excellentes executions des vieux
maitres frangais auxquels la Schola s'est vouee, concurremment avec celles de Bach
et Handel. Au concert du 12 novembre, une cantate de Chambonnieres, OrphSe,
ohantee par M11* La Ronviere, accompagnee par l'orchestre et le clavecin, avec solos
de flute et de viole d' amour (M. Casadesus), a e"te* parti culierement gout^e. M. Des-
monts s'est fait entendre sur la viole de gambe dans une Gavotte de Gluck et
une Musette de De Caix d'Hervelois, avec une virtuosity qu'il est, je crois le seul
a poaaeder sur ces instruments.
A la PhUharnumique, les programmes sont toujours des plus soignes et r£unissent
les noms des virtuoses de tous les pays. Aux premiers concerts se sont fait en-
tendre: MM. Pugno et Capet, le quatuor Petri, de Dresde, pour la partie instrumen-
tale, MM. Frolich, W. Clark, M*e Litvinne, pour le chant. J.-G. P.
Prftg. Uber das wichtigste Ereignis des letzten Monats, iiber d'Albert's »Tief-
land« berichte ich an anderer Stelle. Sonst aber gehts uns nicht beaonders gut im
Theater. Briesemeisterhat infolge einer hochgradigen Indisposition , die ihn bis vor
kurzem am Auftreten hinderte, einmal einen » Siegfried* griindlich versungen, Anton
Burger aus Miinchen hat bei einem Gastspiel als Tannhauser wegen der unkunstleriscben
Art seines Singens gar nicht gefallen. Im ersten Philharmonischen Eonzert trat Earl
Perron aus Dresden auf, der mit groBem Erfolg Lieder von Schubert, Schumann,
Lowe usw. sang. Unter Blech's befeuerndem Taktstock wurde Schubert's A-dur-
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MuBikberichte. 145
Symphonie, Liszt's Tasso und kaum mit einem Achtungserfolg Schillings' Vbrspiel zum
zweiten Akt »Ingwelde« gespielt Drei Konzerte absolvierte Bronislaw Huber-
mann nnter warmer Anteilnahme des Publikums, ein Konzert veranstaltete Theodor
Bertram zusammen mit dem >Wagner-Interpreten(!)< Dr. Alexander Dill mann.
Auch die unterschiedlichen Gesangvereine ruhren sich in Liedertafeln. Zu tun gibts
genug, aber viel Gewinn hat der Berichtsmonat nicht gebraoht. E. By.
Stettin. Von den bemerkenswertesten Ersoheinungen des sich fur unsere Ver-
haltnisse recht kraftig regenden Musiklebens in der begonnenen Saison sind zunaohst
zwei Kammermusikabende des Waldemar Meyer-Quartetts aus Berlin zu nennen, in
deren erstem die Hofpianistin Elisabeth Jeppe mitwirkte, wahrend dem zweiten
der ausgezeichnete Klarinettist der Konigl. Kapelle in Berlin, Professor Oskar
Schubert seine solistische XJnterstutzung lieh. Einen grofien Erfolg erzielte wieder
Ludwig Wtillner, der, yon Conrad v. Bos ausgezeichnet begleitet, sich aufs neue
als erstklassiger Interpret der Leidenschafb und des Schmerzes erwies. Yon den Mit-
gliedern des Grunfeld-Ensembles (Jlofcellist Grunfeld, Sopranistin Rosa Berg
und Pianistin Susanne R6e), das im 1. Konzert des »Vereins junger Kaufleutec
auftrat, vermochte nur der erstgenannte durch seine vollendet kunstlerischen Leistungen
dauernd zu interessieren. Ein musikalisches Ereignis war das 1. Sinfoniekonzert des
Berliner Philharmonischen Orchesters unter Rebicek's Leitung.
Unaere Oper, in der Moritz Grimm nun schon in der 4. Saison an enter Stelle
den Taktstock schwingt, weist verschiedene vorziigliche Krafte auf. Neben den von
der vorigen Saison her bekannten Mitgliedern Marie "Will e (hochdramatischer Sopran).
Julius Zarest (Heldenbariton) und Anton Wener (serieuser BaB) sind Margarete
Beling-Sch'afer (1. Soubrette) sowie die beiden Tenoristen Hans Leydemer
1. lyrische und jugendliche Heldenpartien) und Emil Buchwald (eigentliche Helden-
partien) zu nennen. Der Spielplan, der sich ja allerdings in der Hauptsache in den
bekannten Gleisen bewegt, erfahr eine dankenswerte Bereicherung durch die Neuein-
studierung von Thomas1 >Mignonc und Auber's >Schwarzer Domino « ; bisherige einzige
Novitat war Verdi's > Othello <. Mit groCem Erfolge gastierte Heddy Kauffmann
von der Berliner Hofoper. C. P.
Wien. Die philharmonischen Konzerte haben sehr verheiCungsvoll begonnen. Hof-
rat v. Schuch [Dresden], der von den acht Matin£en des Hofopernorchesters vier zu
dirigieren hat, fuhrte die Meisterschar der altbewahrten Philharmoniker mit der ge~
fe«tigten, vornehmen Ruhe eines erfahrenen Musikers und erwies sich schon in der
Wahl des Programmes, mehr aber noch in der geistvollen, stilechten Interpretation,
sis einen der heute immer seltener werdenden wirklich uberzeugten Klaesiker-Diri-
genten. Namentlich Handel's Concerto grosso in D-moll arbeitete er uberaus fein
in Dynamik und Phrasierung heraus, und der wundervolle Streicherchor der Phil-
harmoniker entwickelte eine rauschende Tonfulle ohne gleichen, sodafi das Publikum
einen Satz (naturlich das Menuett) da capo verlangte. Zu gleicher Zeit veranstaltete
der Hietzinger Musik-Yerein eine AuffUhrung des von Jos. Reiter reconstruierten
Oratoriums »Herakles« von Handel, der in Anbetraoht der Dilettantenleistungen ein
gutes G^elingen nachgeriihmt wird, ebenso wie der Auffuhrung der Beethoven'schen
>Ruinen von Athene seitens der Wiener Singakademie unter Leitung Karl
Lafite'B. In einem der unter Ferdinand Loewe kraftig aufbliihenden Dienstag-
Cyclus-Konzerte des Wiener Konze rt-Ver eines horte ich unter anderm eine Ouver-
tore > Cockaigne* des englischen Komponisten Edw. Elgar, der fur den bedeutendsten
lebenden britische Tonsetzer gilt Elgar zeigt die typischen Merkmale seines Volkes:
kalt berechnenden Verstand, geringe Herzenstatigkeit! Die Ouverture ist kontra-
punktisch wohl fein gearbeitet, aber das grell-Groteske der Tonmalerei in der brutalen,
auBerlichen Instrumentation uberschreitet die Grenze zwischen effektvoll und banal schon
raerklich. Das in diesem Winter verstarkte Orchester des Konzert- Vereins pflegt auch die
Solisten der sogenannten grofien Konzerte im Musikvereinssaal zu begleiten, die die
Konzertdirektion Gutmann allj'ahrlich veranstattet. Das genuBreichste war der Abend
des ausgezeichneten Violinisten Eugene Ysaye. Wer vermochte heute drei groBe
Violinkonzerte an einem Abend so wie er nicht nur einfach zu bew'altigen, sondern
o
146 Musikberichte.
in der Seele mitzuerleben , obne wede'r selbst, noch das Publikum auch nur im Ge-
ringsten zu ermiiden? Aucb der Abend, an dem der Kamraersanger Franz Naval,
einstens ein Liebling der Wiener, seine Gesangskunst voll entfaltete, darf als groBes
Musikereignis gelten. Naval besitzt einen Tenor von jener eoht tenormafiig hellen
Farbung, wie .ihn sonst heute nur die italienischen Tenore noch ihr Eigen nennen.
Aufs Vorteilhafteste unterscheidet ihn aber von diesen — wie man sich bei dem Kon-
zert des bekannten italienischen Gesangsvirtuusen A. Bon ci uberzeugen konnte — die
feine geistige Pointierung des Vortrages, der Reichtum seines Gefiihlslebens. Hugo
Wolf, Rich. StrauB und Weingartner'sche Lieder singt Naval geradezu meiaterhaft.
Ernestine Schumann-Heink, die preuBische Kammersangerin aus dem Bohmer-
lande, hat sich nun auch in Wien — . leider nicht in einer Wagnerrolle an der Oper
— als Konzertsangerin eingefuhrt, wahrend sich die treffliche Altistin der Hofoper
Edyth Walker, leider gleichfalls im Konzertsaale verabschiedete. Wann endlich
wird dieser Unfug, der eine bloBe Konzeasion an das groBe Publikum ist, abkommen?!
Wie sehr in der Oper das romanische Element zu Ungunsten des deutschen mehr und
mehr einzureiBen droht, das beweist die Berufung eines eigenen Kapellmeister's, Spel-
trino, fur italienische Opern. Er bewahrte sich in der Leitung einer Lacia-AufTiihrung
in der Frl. Kurz die Titelrolle zum ersten Male, und zwar mit guten Erfolge sang,
als ein gemaBigter Maestro, dem die iiberhetzten tempi, das effekthascherische Heraus-
holen der SchluBstretta und andere Unarten seiner Landsleute zum GlUck nicht an-
haften. Als Hans gastierte in der »Verkauften Braut« Herr Jorn von der Berliner
Oper mit sehr gutem Gelingen, ebenso als Raoul in den »Hugenotten«. Er ware an
Stelle Naval's fur lyrische Partieen sehr erwunscht. Zum SchluB mochte ich noch auf
den neu gegriindeten >WienerAnsorge-Verein« hinweisen, der sich die Pflege der
Kompositionen Conrad Ansorge's, sowie iiberhaupt moderner Kunst zur Aufgabe ge-
macht hat und mit einem sehr interessanten Programm hervortritt. Unter andere m
wird ein Liederabend moderner osterreichischer Romponisten Zemlinsky-Streicher ,
ein groBes Ansorge-Konzert, sowie ein Schubert -A bend unter Leitung Rich. Heu-
bergerV veranstaltet werden. A. N.
Ziirich. Am 6. Oktober begann bier die Konzertsaison mit dem- ersten Abonne-
mentskonzert der Toflhalle-Gesellschaft. Als SoliBt stand Professor Johann.Kruse aus
London auf dem Programm mit dem Mendelssohn'schen Violinkonzert und dem -Kon-
zert mit Streichorchesterbegleitung von Bach. Eingerahmt waren die beiden solistischen
Leisttingen durch die Oberon-Ouverture und die Siebente von Beethoven. Dr. Fried-
rich Hegar ftihrte wie gewohnt meisterhaft das Szepter. Das II. Abonnemeutskonzert
brachte uns eine Novit'at: »Tragisches Tongedicht< fiir groBes Orchester vom Leipziger
Komponisten Walter Lampe. Der Komponist dirigierte selbst Das Werk wurde sehr
gut aufgenommen. Lampe schreibt vornehme Musik. Nichts Kleinliches ist zu finden.
Stets schone Linien und Melodien, form ell auf dem Boden der Klassiker, harmonisch
modern. Das Konzert wurde. durch die 4. Sinfonie von Schumann eingeleitet. Felia
Litvinne aus Briissel sang Isoldens Tod aus Tristan, Erlkonig von Schubert-Liszt, und
die SchluBszene aus der Gotterd'ammerung. Letzteres Stiiok gelang ihr und dem
Orchester ausgezeichnet. Bei Isoldens Tod konnte selbst die grofie Stimme der
S'angerin nicht du/chdringen, diese Szene ist doch der Instrumentation wegen nur im
Theater denkbar. Ein MiBgriff war der Erlkonig. Die Instrumentation ist. ja ausge-
zeichnet, aber das Lied verliert auBerst viel in dieser Bearbeitung. Dazu hetzte die
S'angerin die Ballade zu sehr herunter. Zwei kleine, ewigjunge Stiickchen von Gluck
Air aus Iphigenie in Aulis und Gavotte aus Armida) wirkten mitten zwischen den
hochdramatischen Werken ausgezeichnet. Das eine (Gavotte) muBte Dr. Hegar sogar
wiederholen. Das HI. Abonnementskonzert brachte uns als Novitat fiir Zurich die
Marchensuite aus »Dornroschen< von Humperdinck. Danh trat unser Zuricher Pianist
Hans Richard auf mit Klavierkonzert im Cis-moll von L. Schytte. Dieses technisch sehr
schwerer dahkbare aber fade Stuck brachte Herr Richard ausgezeichnet zu ;Gehor.
Wenn der Kiinstler sich weiter entwickelt (er ist erst 21 Jahre alt) so wird er
in wenigen Jahren zu den besten Virtuosen seines Instruments zahlen durfen. Er
besitzt eine groBe Technik und naturhches Empfinden.i Alle diese Eigenschaften traten
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Vorlesungen iiber Musik. — Nachrichten von Lehranstalten und Vereinen. 147
dann besonders auch in den kleinen Solostucken hervor: Canzonetia von Huber, An-
dantino und Allegro von A. Michael Angelo Rossi (1620—1660), Etude op. 25 Mr. 9
von Chopin, und 15. Rapsodie von Liszt. Die Sinfonie >Aus der neuen Welt* Nr. 5
von A. Dvorak ' beechloO das Konzert. Das .ist doch ein famoses Stuck! Dr. Hegar
brachte die Sinfonie so vollendet zu Geh5r, daB man nicht wufite, wen man mehr be-
wundern solle, den Komponisten oder die Spielenden. —
Auch die Serie der Ghorkonzerte hat schon begonnen. Am 10. November ver-
anstaltete der »Gemischta Chor Zurich c eine Berliozfeier. Auf dem Programm stand
das Requiem dee Meistero. Da der Unterzeichnete die Auffuhrung leitete, muB die
Kritik andern iiberlassen werden. Das Tenorsolo sang Herr Robert Kaufmann.
Zwischen diesen grofiern Auffuhrungen fanden auch Konzerte intimeren Oharakters
statt, so zwei Kammermusikauffdhrungen der TonhaDegesellschaft. In der ersten
spieHen die Herren Ackroyd, H. Treichler. Ebner und Maler die Quartette B-dur von
Mozart und A-moll von Brahms. Dazwischen spielte Herr Fr. Niggli den Carneval
vod Schumann. Auf dem Programm des 2. Abends stand ein Blaserquintett von Ons-
low und das Oktett for Streicher und Blaser von Schubert, dazwischen die Cellosonate
von Rubinstein. Einen guten Eindruck hinterlieG auch ein Orgelkonzert des jungen
Kunstlers E. Isler. Im Stadttheater errang bis jetzt den groBten Erfolg: >Hofmann's
Erzahlungen« von Offenbach. V. A.
Vorlesungen fiber Musik.
Orel. 3. November. Das I. Abonnements-Konzert der hiesigen Sektion der Kai-
*erlich Russischen Musikgesellschaft, welches dem Andenken des Schopfers der rus-
sischen Nationaloper, Michael Glinka, gewidmet war, wurde mit einer Vorlesung des
Redakteurs Nic. Findeisen (St. Petersburg) iiber *Qlinka ah Begriinder der russi-
fhm Kunst- Musik* eingeleitet. Als Illustration von Glinka's Betatigung als Lieder-
komponist trug die junge talentvolle Sangerin Frau Antonia Glasser aus St. Pe-
tersburg; acht Lieder dieses Meisters vor. — Am 4. November fand ferner eine
Vorlesung des geschStzten Pianisten D. Schor aus Moskau; iiber » Beethoven und
wine Schopfungen* statt.
Stawropol (im Kaukasus\ 29. Oktober. Redakteur Nic. Find eis'en hielt in der
hiesigen Sektion der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft eine Vorlesung uber
»Die russische Musik im 19. JahrhunderU.
Naohriohten von Lehranstalten and Vereinen.
Amsterdam. Die stadtische Regierung hatHerrn Jacque^ Hartog zum Privat-
dozenten fur Musikgeschichte an der hiesigen Universitat ernannt.
Berlin. Der bisherige Privatdozent fur Musikwissenschaft an der Universitat,
l)r. Max Friedlander, ist zum auBerordentlichen Professor ernannt worden.
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148 Notizen.
Notizen.
Berlin. Einen geradezu riihrenden, bisher tcngedruckten Brief Albert Lortxing's
veroffentlicht Direktor Dorn in der > Deutschen Buhnengenossenschafts-Zeitung*. Er
8tammt aus der letzten traurigen Zeit des Meisters, die er als Kapellmeister des
Friedrich-Wilhelmstadtischen (jetzt »Deutschen«) Theaters in Berlin verlebte, und ist
an den Intendanten des Weimarer Hoftheaters, Freiherrn v. Ziegeear, gerichtet:
»Hocbgeehrter Herr! »Die Kunst geht nach Brot«, sagt der beriihmte Leasing,
und er hat sehr recht; ich wenigstens befinde mich in der Lage, ihm beistimmen
zu miissen, und manche meiner deutschen Kollegen werden es mit mir tun. Dies
die Einleitung zu dem, was ich mir erlaube, folgen zn lassen. Aus Erfahrung weifi
ich, geehrtester Herr, daB an ihrer geschatzten Hofbtihne neue "Werke erst nach
der Auffdhrung honoriert werden; ware es indessen moglich, diesmal eine Ausnahme
zu machen — ohne der Ordnung ihres Kassenwesens zu nahe zu treten, so wurden
Sie mich sehr verbinden, wenn Sie die Gute h'atten, zu verfugen, daB mir das
Honorar fur die Oper >Zar und Zimmermann* noch vor Weihnacht ausgezahlt
wurde. Es giebt Momente im Leben — doch in dem obigen Motto ist alles ent-
halten, was ein deutscher Komponist (das will soviel sagen, als ein armer Teufel)
iiber diesen Gegenstand noch sagen konnte, darum genug.
In Erwartung einer freundlichen Rucksichtnahme verharre ich hochachtungsvoll
und ergebenst
Berlin, den 13. Dezember 1850. Albert Lortzing.
Der menschenfreundliche Intendant verfugte sogleich die Absendung des Honorars
von 10 Friedrichd'or, wofdr das Hoftheater ein fur allemal das Auffuhrungsrecht der
Oper erwarb. Fiinf Wochen sp'ater, am 21. Januar des folgenden Jahres, starb
Lortzing.
Die Barth'sche Madrigalvereinigung, ein unter Leitung von Artur Barth be-
stehendes Vokaldoppelquartett, wird Mitte Dezember ihr erstes Konzert geben, in dem
eine ganze Reihe von italienischen und franzosischen. niederlandischen, englischen und
deutschen Madrigalen des 15. bis 17. Jahrhunderts zum Vortrag gelangen werden.
London. — The spirit which has animated the "Times" so-called, in reality an
American syndicate (IV. 351) having the power by contract to use the name of the
"Times" and partly their agency, regarding the Encyclopaedia Britannica (IV. 219,
has been throughout distasteful to the English public and the English trade. The
incidents have been successively; removal of sale from the original Edinburgh publi-
shers; establishment of a hold on the machinery at least (though not on the literary
department) of a newspaper; unprecedented advertisement to cover a quite faulty in-
trinsic design (V. 34); a system of instalment payments for an extraordinarily pro-
tracted time, during which the property still vested in the sellers; competitions
designed to force the sale, inasmuch as they required the competitor to be in certain
denned possession of and dominion over the volnmes; an announcement that the price
would be approximately doubled on 19 ta December 1903, and so brought up to Mol,
this price continuing till 1919, with a clear implication in the advertisement that the
book-trade left to itself could only have sold at this higher or doubled price. Above
all has been resented, going on from month to month, a language of puffery and
jactitation suitable to Dulcamara's gilt chariot, but quite incongruous with the national
journal of England. 'Jhe "Associated Booksellers of Great Britain and Ireland" have
now on 9 th November 1903 issued a manifeste rebutting the statements about price
and the trade. They say, the IX th edition of the Encyclopaedia (24 vols) was sold
by the trade for £ 18. Considering all the circumstances, the new Supplement, or
New Volumes , would have been sold by them at about £ 12 cash. Total perhaps
rather over £ 30, or nearly the same price as till now sold by the syndicate. They
further say that to imagine even that price persisting till 1919, "when the last volume
will be 16 and the first volume about 40 years out of date", is absurd. Therefore,
in effect, if the syndicate wishes to quote fancy prices, there is nothing to prevent
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Notizen.
149
them; but the book-trade of England declines to be brought into the question, or to
be made responsible for such rating. Viewing the matter from outside, it seems im-
possible to believe that after this divulgation of figures at any rate there will be found
many persons willing to pay H 67 for the Encyclopaedia (35 vols) subsequent to
19th December 1903.
Just appeared the new vocal score of Berlioz* "FausP for the English market,
with new English text by William Wallace, and new pianoforte accompaniments and
general editing by Josef Holbrooke (Breitkopf and Hartel, Yolksausgabe 1968). As
the latter function need not have been given to an Englishman, the compliment is
greater. When space allows, the record of these 2 musicians will be given. Wallace
has made good his undertaking that he would furnish a translation adhering to
Berlioz' music-notes with the utmost fidelity, and scarcely on any occasion altering
the time-value of the notes. In the declamatory sections he dispenses with rhymes.
Where B. makes repetitions of words to suit the chorus-writing, he in many cases
writes in additional words. He has had to overcome the difficulty, that French words
are nearly accentless, and that in B. for instance the same word appears sometimes
indifferently as an anapaest, an amphibrach, or a cretic. The text has high literary
qualifications. Holbrooke has adopted the orchestra-reduction plan for accompaniments,
rather than the plan of easy playing. Instrumentation is indicated discreetly, not
with unpractical profusion. Violoncello basses are not written, as if they were contra-
basso basses, nor is one inversion of a chord written for another, 2 faults not unheard
of. m The vocal score is not compressed, except in a few trifling cases. Braces are
clearly separated by extra space. Rehearsal marks by lozenge-numbers. He has
thorough facility as a musician and has done his work very well. G. M.
Nlnchen. In betreff der im Sommer 1904 stattfindenden Festspiele maoht die
Hoftheater-Intendanz bekannt, daft dieselben den Zeitraum vom 1. August bis 10. Sep-
tember umfassen werden, und da6 den Wagner -Vorstellungen im Prinz-Regenten-
Theater ein Mozart-Zyklus im Besidenz-Theater beziehungsweise im Hoftheater voraus-
gehen wird. Die Aufruhrungen werden sich auf folgende Daten verteilen:
I. Zehn Festauffuhrungen Mozart'scher Werke
m Residenz-Theater und im Hof- und National-Theater in der Zeit vom 1. August
bis 11. August:
1. August: Figaros Hochzeit
Montag,
Dienstag,
Mittwoch,
Donnerstag,
Freitag,
Sonntag,
Montag,
Dienstag,
Mittwoch,
Donnerstag, 11.
2.
3.
4.
6.
7.
8.
9.
10.
Entfuhrung aus dem Serail (
Don Giovanni I
Cosi fan tutte /
Die Zauberflote (Hoftheater.
Figaros Hochzeit \
Entfuhrung aus dem Serail I
Don Giovanni (
Cosi fan tutte /
Die Zauberflote Hoftheater).
Residenz-Theater.
Residenz-Theater.
U. Zwanzig Festauffuhrungen Rich. Wagner'scher Werke im Prinz-
Regenten-Theater:
, August: Tristan und Isolde.
In neuer Inszenierung und Ausstattung: Der
fliegende Hollander.
Die Meistersinger von Nttrnberg.
Das Rheingold \
Die Walkiire f +
Siegfried (
Gotterdammerung )
Tristan und Isolde.
Der fliegende Hollander.
Die Meistersinger von Niirnberg.
Der fliegende Hollander.
/Google
Freitag, 12.
Sonntag, 14.
Montag, 15.
Donnerstag, 18.
Freitag, 19.
Sonnabend, 20.
Sonntag, 21.
Mittwoch, 24.
Freitag, 26.
Sonnabend, 27.
Montag, 29.
Nibelungen-Ring.
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150 Notizen.
Mittwoch, ' 31. August: Das Rheingold \
832?"* 1: 8ei>t!mber: 2$?"" 2- Nibelu.gen.Ring.
Sonnabend, 3. » Gotterdammerung )
Montag, 5. > Der fliegende Hollander.
Mittwoch, 7. » Das Rheingold \
iSSS^l '. Saa*8 3.Nibe.nngen-Ring.
Sonnabend, 10. » Gotterdammerung )
Der Vorverkauf hat mit dem 1. November dieses Jahres begonnen. Bestellungen
sind an die Konigliche Hoftheater-Tageskasse zu richten. Zu den Ring-Auffuhrungen
werden die Eintrittskarten nur fiir den ganzen Zyklus abgegeben.
Oxford. — The Bodleian Library (IV, 145) received 66, 203 items in last year;
i. e. under the Copyright Act 46,682, by gift or exchange 11.162, by purchases new
7126. by purchases second-hand 233. Out of the 46,682 under Act, 3527 were music
(V, 1). Out of the 18,521 not under the Act, different nations contributed as follows,
Germany being first among foreign nations, and France second: — Austria 251, Belgium
269, England and colonies 4719, France 3969, Germany 5368, Greece and Balkans 361,
Holland 222, Italy 1076, Russia 218, Scandinavia 301, Spain and Portugal 196,
Switzerland 273, United States of America 956, Various smaller countries 340. Lieut
H. Somerville, R. N., gave 25 leaves written in black and red in language and peculiar
alphabet of Lolos, tribe in China on borders of Thibet. Rev. Addison Croftonk of
Seattle in the extreme N. W. of United States (IV, 525, 580) gave 4 vols, of folk-
lore rhymes and notes collected by him. T. W. Taphouse of Oxford gave his own
transcripts of book-catalogues of donations to University by Dr. William Heather
1584—1627, founder of Oxford Professorship of Music), and Music School library of
1682, and his own annotated copy of Kidson's British music publishers (III, 293, 496 .
The Peabody Museum gave facsimile of Codex Nuttall, an ancient Mexican codex.
Bought from Dr. A. F. R. Hoernle the "Weber Sanscrit fragments", found near Kugiar,
60 miles S. of Yarkhand, part of which are probably Mongolian; written on both
sides of 72 narrow leaves of woolly paper with glazed surface; probably 2000 years
old. A volume "Pietas Oxoniensis" was published in memory of Sir Thos. Bodlejr
1545 — 1612). — At the Taylorian Institution the fees paid by students were, Spanish
M 13, Italian H 24 10s., French £ 64 10s., German =€ 73 15s.; the last two languages
are being learnt more than at any previous time. F. R. S.
Regensbnrg. Der Lehrer an der Kirchenmusikschule in RegenBburg und Hof-
kaplan Hermann B'auerle hatte bekanntlich, geleitet durch die Erkenntnis, da 6 die
alten Schliissel ein grofies Hindernis fur die Verbreitung Palestrina'scher Werke
seien, eine Neuausgabe von zehn vierstimmigen Messen in modernen Schliisseln unter-
nommen. Die Anerkennung, welche ihm diese Publikation von alien Seiten einbrachte
und welche ihm Beweis dafur sein kann, daC er einem Bediirfnis entsprochen hat,
ermutigt ihn, nunmehr auch einer Ausgabe von samtlichen 52 fur vier gemischte
Stimmen komponierten Motetten fur die hochsten Festzeiten des Kirchen-
jahrs in modernem Gewande naherzutreten Um das kostspielige Unternehmen zu
ermoglichen, bittet er alle Freunde Palestrina's und wahrer Kirchenmusik, sich an
der eroffneten Subskription zu beteiligen. Anmeldungen sind an Hermann B'auerle
(Regensburg, Hofamt) zu richten. Das Exemplar kostet broschiert 10 Mk. und wird
seiner Zeit per Nachnahme versendet.
Stuttgart. Am 27. Oktober wurde in den hiesigen >Anlagen< das Lisxt-Denkmal,
eine Arbeit des Bildhauers Adolf Freund, enthullt. Es verdankt seine Entstehuug
der Initiative der Hofpianistin Frau Johanna KlinckerfuC.
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Kritische Biicherschau. 151
Kritische Bflcherschau
der neu-erschienenen Biicher and Schriften iiber Musik.
Eeferenten: W. A. Aikin, Geo. Beckett, Ch. Maclean, Ceoie Stainer,
J. Wolf.
[Berlioz]. > Stella del monte*. Rot-
schimmernde Erinnerungsblatter aus
dem Lebensherbste eines Roman-
tikers. Nach Berlioz' Memoiren
wiedergegeben von Arthur Smo-
lian. Mit einem Bildnisse des Kom-
ponisten Berlioz. 65 S. kl. 8V0.
Leipzig, Hermann Seemann, Nach-
folger. Jt —,60, geb. Jt 1,—.
Dieser Abschnitt aus den Memoiren
Berlioz1 behandelt dessen Wiedersehen mit
seiner Jugendangebeteten Estelle (spateren
Madame ¥ o r n i e r) , die unerwiderte Liebe,
die in dem einundsechzigjahrigen Manne
mit ungestumer Leidenschaft wieder em-
porloderte. Die vortreffliche Ubersetzung
ist geeignet, dieses rtihrende Bild aus dem
Leben des Meisters and damit diesen
selbst weiteren Kreisen Deutschlands naher
zu bringen.
Dodge, Janet. Twelve Elizabethan
Songs (1601—1610) edited. Lon-
don, A. H. Bullen, 1902. Royal 4to.
pp. 25. 3/6.
Though most of the Madrigals from the
Elizabethan Song Books have been repu-
blished at different times, the "Ayres" for
single voice with accompaniment of Lute
ana Viola da Gamba have received little
attention. This the more strange, because
the words of many of the songs are fami-
liar. Present collection is from books of
wAyres" in British Museum excepting one
long from library of Royal College of
Music. The accompaniments, transcribed
from lute tablature, nave been left almost
untouched; but "where the difference of
instrument intended for use demands a
fuller or a slightly modified chord", there
have been some adaptations. It is to be
desired that transcribers should make no
adaptations whatsoever. "Marks of ex-
pression and tempo have been omitted,
since they are invariably determined by
the character of the words". The 12 songs
are by Thos. Campion, Philip Rosseter,
Robt. Jones, John Dowland, Thos. Greaves,
John Denyel, Alfonzo Ferrabosco junior,
wm. Corkme. The composers of modern
sickly drawing-room songs might perhaps
z.a.1. M. V.
be ashamed of their art if they read these
specimens of pure melody, ingenious rhythm,
and delicate harmony. Publication is sump-
tuously grot up, G. B.
Done, Agnes E. A short account of
our great Church musicians (1540
— 1876). Specially written for cho-
risters. Henry Frowde, London,
Edinburgh, Glasgow and New York,
1903. pp. 68, Crown 8vo.
The daughter of a well-known Cathe-
dral organist (to whose memory she dedi-
cates this little book), Miss Done writes
with pleasant sympathy of English church
musicians who were organists as well as
composers. There are chapters on Mar-
becke, organist of S. George's Chapel,
Windsor, famous in the 16th century; on
Christopher Tye who became organist of
Ely Cathedral in 1541; on Tallis and Or-
lando Gibbons; on Thomas Tomkins, born
in 1575, organist of Worcester Cathedral;
on Pelham Humfrey, Blow, and Turner,
celebrated members of the Chapel Royal;
on Henry Purcell and William Oroft, both
organists of Westminster Abbey; on Tho-
mas Attwood, organist of S. Paul's Cathe-
dral for 42 years; and Crotch, organist of
Christ Church and Professor of Music (1797^
in Oxford University; closing with a chap-
ter on the Wesleys. There are numerous
portraits of the composers. Miss Done
relies chiefly on Burney's History of Music
for her information, and it will doubtless
interest the choristers for whom she spe-
cially writes. C. S.
Jones, Francis Arthur. Famous Hymns
and their Authors. With portraits
and facsimiles. 2nd edition. London:
Hodder and Stoughton, 1903. pp.
337, Crown 8vo. 6/.
A brightly-written and interesting ac-
count of some well-known English hymns,
with short biographies and portraits of
their authors. Morning and Evening Hymns,
those for Advent, Christmas, the New Year,
the Passion, etc. are all discussed; how
they came to be written is described, and
the various alterations they have undergone
at the hands of successive editors, at times
12
152
Kritische BocherschaiL
with sad remit*; although some authors,
Cardinal Newman for instance, firmly re-
fused to have their work tampered with.
Facsimiles of verses in the original manu-
script of a celebrated hymn are also given.
It is interesting to hear how popular
hymns gradually spread all over the world;
Canon Oakeley's hymn "0 come all ye,
faithful" is a good example, it is a great
favourite among the Malays and Dyaks.
One is also struck by the way in which
any fine hymn seems to find out eventually
its own particular tune ; often the tune has
not been especially composed for it, but
is so appropriate, that hymn and tune be-
come inseparably connected. With some
hymns it has been impossible to throw any
light on their origin; the great Easter
hymn "Jesus Christ is risen to-day" is known
to have first appeared in a book entitled
"Lyra Davidica" 1708, with the melody to
which it has always since been sung; but
the author or authors of hymn, translation
and music cannot be found. Mention is
made of the manuscript collection of hymns
in Bishop Heber's clear handwriting which
is in the British Museum. An index to
the authors1 names, and another to the
first lines of the hymns, render it easy to
trace any hymn to which one wishes to
refer. C. S.
Knorr, I wan. Aufgaben fur den
Unterricht in der Harmonielehre.
FUr die Schtiler des Dr. Hoch'schen
Konservatoriums in Frankfurt a. M.
zusammengestellt. Leipzig, Breit-
kopf & Hftrtel, 1903. 78 S. 8°.
<M 1,60.
Vorliegende Aufgaben sind gut gewahlt
und werden neben jeder Harmonielehre
alten Stils mit Nutzen verwendet werden
konnen. Bedenklich erscheinen mir die
aus padagogischen Griinden vorgenommenen
Anderungen der Choralweisen, da die Ge-
fahr, daU sich die Melodien in dieser Form
dem Ged'achtnisse einpragen, eine groGe
ist.* J.W.
Krasutki, F. tlber den Ambitus der
gregorianischen Mefiges&nge. I. Heft
der VerSffentlichungen der gregoria-
nischen Akademie zu Freiburg
(Schweiz), herausgegeben von Prof.
Dr. P. Wagner. Freiburg (Schweiz),
Buchdruckerei des Werkes vom hi.
Paulus, 1903. VII und 132 S. 8°
sowie mehrere Tabellen.
Verfasser seigt durch eingehende Un-
tersuchungen der Gesange des Proprium
missae an Hand des aus dem 12. Jahr-
> bundert stammenden Graduals von Nevers
I derPariser Nationalbibliothek f. lat. nouv.
acq. 1235 , daB die Praxis die ambitus-
, Theorie des Mittelalters nicht best&tigt und
' die Teilung der Tonarten in snthentische
I und plagale willkuriich erscheinen lafit
i J. W.
Lunn, Charles. Philosophy of Voice.
London, Bailliere TindaU and Cox,
Hatchings and Homer, W. Reeves.
9th edition, pp. 188, Demy 8vo.
Fuller title is, Philosophy of Voice,
showing the right and wrong action of
voice in speech and song, with laws for
self-culture. If the author could have res-
trained his polemical pretensions, and given
an accurate account of his experiences when
a pupil of Cattaneo nearly 50 years ago.
his work might have been regarded as a
contribution to vocal art. In its present
form however it is difficult to disentangle
anything of value from the disordered net-
work of irrelevant extracts, metaphysical
disputations, and wholesale abuse of every-
thing and everybody, which, with a great
deal of self-praise, occupies the greater
part of its pages. The author is still more
ill-advised in his attempt to deal with the
scientific side of the question. In claiming
to have made what he modestly sets forth
as "the greatest scientific discovery affec-
ting the science of voice-production that
has ever been put before the public", he
describes a method of breath-control by
constriction of the "false cords" above the
vibrating true vocal cords, sufficient to
cause inflation of the laryngeal ventricles,
which is physically impossible, and well
known not to occur during photfation. The
only charitable explanation of his theory
is that he may have mistaken some other
part of the larynx for the "false cords".
Certainly the "coup de glotte" which he
so strongly advocates, when produced bv
the constriction of those organs, is much
too harsh and detrimental to the voice to
have been tolerated by the sensitive ears
oi the old Italian masters. W. A. A.
Pearoe, Charles W. Rudiments of
Musical Knowledge. London, Yin-
cent Music Co. 1903. 68 pp. 16 mo.
The author, an experienced musio-exs*
miner and editor, has arranged this matter
in the most methodical manner, for the
Surpose of reminding examination-candi*
ates of those elementary facts which be-
cause they are elementary are generally
forgotten. A subject accordingly to each
Kritische Bucherschau. *
153
section, to promote reference. The lone-
suffering Italian language serves faithfully
the purposes of musicians, and should be
spared misprints like the following which
pass from book to book: — Affetuoso, Con
tenerezza, Langrimoso, Poco a poco, Vi-
vacita. G. B.
Ravegnani, Sac. Ettore. Metodo com-
pilato di Canto Gregoriano. Vol. I
(2* ed.) Soma, Desclle, Lefebnre
e CK XII und 89 S. Id. 8°, L. 1,30;
vol. n Graz, Styria, 1902. XTTT
und 140 S. 8°, L. 1,70.
Eine empfehlenswerte praktische Anlei-
tung zum gregorianischen Gesange, knapp
in der Form, klar in der Sprache.
J. W.
Stahl, Wilhelm. Geschichtliche Ent-
wickelung der evangelischenKirchen-
musik. Max Hesse's illustrierte Ka-
techismen Band 33. Leipzig, Max
Hesse, 1903. VIII und 85 S. 8°.
brosch. „H 1, — .
Der Entwicklungsgang der evangelischen
Kirchenmusik ist im groBen una ganzen
treffend charakterisiert. Befremdend ist
unter anderem das Fehlen jeglichen Hin-
weises auf die Bedeutung, welche Osiander
for den Choralgesang gewonnen hat. Mit
seinen historischen Notizen steht Ver-
fasser nicht immer auf der Hone. Die
Eeform-Bestrebungen im 19. Jahrhundert
kommen nicht deutlich zum Ausdruck. Im
allgemeinen ist der Darstellung sonst Klar-
beit und Ubersichtlichkeit nachzuruhmen.
J. W.
8t. Germaine. The Growth and Cul-
tivation of the Voice in Singing.
10th edition. London, J. B. Cramer
and Co. 1903. pp. 60, Demy 8vo.
1/.
This is a short and simple statement
of the general principles upon which an
experienced singing- mistress founds her
method of teaching, and contains nothing
extravagant or unsound Madame St. Ger-
maine's remarks are mostly well-expressed
generalities intended to encourage in her
pupils what is vocally natural and good.
W. A. A.
Text und Programmbuoh zum Hei-
delberger Musikfest 1903. Kom-
missionsverlag von Pfeiffer, Heidel-
berg. Jl 1,10.
Enthaltend eine langere Einleitung von
Wolfram, in der Zweck und Ziele der
Heidelberger Neuerungen klargelegt wer-
den, 80wie Beitrage von Grunsky, Rudolf
Louis, Willibald Nagel, Max Schillings
und Fritz Stein.
Warriner, John. Transposition, Key-
board and Orchestral. London, No-
vello and Co , Ld., 1903. Demy 4to.
56pp. 2/.
Everyone knows what extempore key-
board transposition is in practice. You
look at the written notes, apply your ex-
perience, and do your best. More in detail,
the extempore musical transposer acts like
the language-dragoman or viva-voce trans-
lator. The latter takes 3 steps; he con-
notes the first-language word to an idea,
he retains that idea in his memory, and
he finds a new second-language word to
connote the same. So the musician fits
the written record to a certain ensemble
of melodies and harmonies, carries that
ensemble in his brain for a brief second,
then reproduces that ensemble in a form
differing from the written record. More
in detail still The musician analyses the
ensemble of the written record as a com-
bination of intervals, chords, tonal rela-
tionships, etc.; and in the process of re-
producing the same in another key he
employs the tools of stave-line shifting,
interval counting, and chord or tonal-rela-
tionship building up. The author by the
bye in iris preface flouts the first 2 of these
last-named methods of brain- reproduction ;
but seemingly in error, for extempore trans-
position is undoubtedly as much visual by
the senses as intellectual by reasoning. —
So much for practiced. But it is interes-
ting to see how any author can make a
primer on such a practical art. and essay
to teach it. Warnner's method is briefly
to sit the student at the key-board, and
there .make him transpose from written
progressive exercises, in all of which he is
instructed to analyse according to the phe-
nomena and technicalities of the art, and
in the earlier of which he is helped to
analyse by various symbols attached to the
written notes. For melody author uses
the ideas and symbols (syllable or number
of "Tonic Sol Fa"; it would have been
clearer if he had adopted either syllable
or number and not mixed the two. For
chords, he marks the bass with roman nu-
merals (IV, V, etc.) indicating the scale-
number above tonic of the root of the
chord (according to the simplest concep-
tions of root- classification, with subsidiary
signs showing which inversion or other
details, according to German manner. All
this is quite unexceptionable. Author rightly
igfee
154
* Kritische BUcherschau.
insists on necessity of practice, but does
not allow enough for gift, which sweeps
aside all such paraphernalia. — The short
chapter on Orchestral Transposition relates
only to writing for the transposing in-
struments, and being quite another subject
might well have been omitted. C. M.
Williams, C. F. Abdy. The Story
of Notation. London, Walter Scott
Co. Ld. New York, C. Scribner's
Sons, 1903. pp. 266. 3/6.
The oldest music-notation generally
quoted, though the Hindoo is vastly older,
is the ancient Greek harpstring-derived ver-
bal notation. Present author, following
various others, represents Greeks as rever-
sing our terms "nigh" and "low" applied
to bass and treble sounds. He says (page
12), ''when they were obliged for teaching
purposes to give names to the strings of
their lyre, they called the lowest string of
the tetrachora Hypate, which means
highest, for in instruments of the harp
shape, such as the trigon, this string was
the highest when placed upright, or, as
we should say, the longest". This is not
so. The above nomenclature applied not
only to elaborate xgiywya. but also and
previously to the simple tetrachord-built
Xvqci, which had no long and short for the
strings, any more than a violin has. The
old word vneQiaxrj means no doubt "high-
est" only, but the derived vnctxrj came to
mean anything extreme, the "farthest". As
to yea*!?, it means even primarily "first-
arising" (Sanscr. navas, Lat. novus). The
lyre, when held, was held in the left hand
with the bass end away, so vnaxTj and yrjirj
signified nothing but the farthest and nea-
rest strings. The Greeks had the idea of
JitQvc and d£v£ as applied to sounds, which
are first-cousin to low and high. — Present
author (again following others) gives but a
meagre explanation of the avatrjua tiXeiov
verbal notation. "Why did the term naQv-
naxrj in lower tetrachords give place to
the term xqixrj in higher tetrachords? The
answer is that the Greeks, converging on
/uiarjj reckoned from bothends. At the
far end of the harp (Xvqcc) it was naturally
vnajri, naQvnavt}, Xixavog (farthest string,
next-to-farthest string, forefinger string;;
but at the near end of the harp, reckoning
the opposite way, it was naturally fijii?,
Xixavog, xQitrj (nearest string, forefinger
string, third string). In no other way can
tQtir; be explained. For the Greek scales
generally see IV, 498, 601, 608, 740. —
This ancient Xvga (say with 4 strings) is a
curious problem. The strings will have
been of different thicknesses, but by what
mechanism were they correctly tuned? For
in pictures of the simple variety (if such pic-
tures can be relied upon at all) they look as
if all twisted up or simultaneously transposed
by a single long "peg" [Zvyoy). They were
tuned scalewise in some scale or other, but
they could not be stopped (except in harmo-
nic) or fretted, and they were not longer than
from nut to bridge of a violin. So the
playing could but nave been the twanging
of just 4 treble notes something like E F
G A, to reinforce in unison or octaves, or
perhaps in some crude interval [f*i$i$ ,
essential notes in the sung melody; such
reinforcing notes must have been generally
well above the melody for men's voices;
a two-part chord of a 4** may have been
sometimes twanged with the ring-finger
and thumb. But this exceeding primitive-
ness gave birth in time to the elaborate
40-stnnged harp called imy6veiovy wrongly
derived from one Epigonus, and evidently
meaning an instrument resting on the
knees, supported at the height of the knees,
or grasped between the knees (cC "da gam-
ba"), like the small Irish harp (IV, 497,
680). In this imyovuov the strings
were in all probability not simply scale-
wise, and were certainly in some way dup-
licative or octaval; and from it or some
similar instrument (perhaps the 20-stringed
fi&yafiie). arose the Greek old- Attic instru-
mental letter-notation {xfwyai?), the indirect
progenitor of Tonic- Sol-Fa letter-notation;
such xoovoig notation being not at all
scalewise, but "across the strings". It was
in fact tablature, and author very properly
compares it with the lute tablature of
Konrad Paumann (1410 — 1473) recorded by
Virdung (Musica, 1611, facsimile Breitkopf
and Hartel 1882). — Author describes in
turn the Greek neo-Ionic vocal letter-nota-
tion [H$ts), which was scalewise; the com-
plete letter-notation of Alypius (c. 360);
the Greek time-signs; the Greek solmization
syllables, to> xa (2nd upwards), to> xn (mi-
nor 3rd), toi to> (4tt), Tto Te (5th)t as described
by Bellermann's Greek Xviayvpog; the ap-
parent absence of notation for Ambrosian
vocal music; the rough Byzantine neumes
{yev/uai), based on Greek accents, as deci-
phered in recent times by the Benedictines
of Solesmes ; the Gregorian neume notation ;
the origin of the stave-lines; the Latin
letter-notation; the picture-notation of Hue-
bald (c. 840—930) ; the system of points on
lines, not spaces; the 7-note gamut, hexa-
chordal solmization, and "hand" modulator
of Beatus Guido inventor Musicae (c. 996
— 1050); the modern stave with notes on
lines and spaces; the enormously compli-
cated musical mensurabilis ; musica ficta
the intrusive or parallel lying instrument-
Eingesandte Musikalien.
155
tablatures; clefs; key-signatures ; bar-lines ;
leger- lines; figured bass; signs of expres-
sion and tempo; the wrongly condemned
C clef; modern Byzantine notation, quasi -
neumal [fiaQtv^iai) with moveable Do; new
experimental notations (Heyden 1629, Sal-
mon 1673, Souhaitty 1677, de la Salle c.
1720, Rousseau 1743, Jacob 1769, de Cas-
aagne 1776, Rohleder 1792. Natorp 1813,
Galin 1818, Iue 1824, Claviere 1848, Paris
and Cheve* I860, Curwen c. I860, Striby
1867, Delcamp 1860, Danel 1867, Meerens
1873, Stott 18&5, ThelwaU 1898, Ac., Ac);
and intermediately many other things. —
There are useful Appendices of (a1 Autho-
rities referred to, 16 pages, (b; Glossary,
10 pages, (c) Chronological table of hist
of notation, 9 pages. — It would be easy
to make finical objections to a work of
detail, as for instance that the pictorial
illustrations are sometimes placed without
any sense. On a question of principle,
author, with his very wide survey of sone-
mes, might have been more liberal to Cur-
wen's Tonic-Sol-Fa, than at p. 207. It
represents a fundamental need of the in-
cipient vocalist; it is founded on the truest
principle in all music, that of tonality;
and it ought to, and probably will, long
subsist side by side with the more advan-
ced stave-notation. Leaving objection aside,
this is an admirable digest made by a
scholar and a musician, crowded with inte-
resting and well-placed fact Neither H.
Riemann's "Entwickelung unsrer Noten-
schrift" 1881, nor 0. Fleischer's "Neumen-
studien" 1896—97, are translated into Eng-
lish ; and the present cheaply priced hand-
book, too modestly heralded, should be on
every shelf. — For author see I, 366, 404;
II, 433; m, 30; IV, 740. As music-direc-
tor of Bradfield College he inaugurated
music to the school Greek Plays, is the
author of uEssay on the Music of the
Greek Drama'' (Breitkopf and Hartel, 1898).
and has thrice lectured before the Musical
Association (V, 23). He is now retired,
engaged on literary work. C. M.
Eingesandte Musikalien.
Referenten : W. Altmann, A. Mayer-Reinaeh, J. Wolf.
Ambrosio, Alfred d\ Op. 20, No-
veletta Nr. 2; Op. 22, Aria pour
Violon et Piano. Frcs. 3, — bezw.
2,50 n. Nizza, Paul Decourcelle
(Leipzig, Rieter-Biedermann).
Die sehr dankbaren und hiibsch er-
fondenen Stuckchen von d' Ambrosio sind
sis Vortragsstucke rasch beliebt geworden.
Auch den beiden vorliegenden Werkchen,
besonders der Kubelik ^ewidmeten Aria
durfte dies beschieden sein. W. A.
Ames, J. C. Berceuse fiir 2 Yiolinen
und Klavier. Jl 2, — . Leipzig,
J. Rieter-Biedermann.
Ein Salonstiick besserer Art, zum Vor-
trag heranwachsender Yiolinisten recht
empfehlenswertdankbar und ohneSchwierig-
keit W. A.
Balakirew, Mili. Ouverture fur Or-
chester zu W. Shakespeare's Trago-
die »K6nig Lear*. Klavierauszug
zu 4 Han den vom Komponisten.
Leipzig, St. Petersburg, Moskau,
London, Jul. Heinr. Zimmerman n.
Jt3— .
Ein Klavierauszug, der wirklich die
Aufgabe erfullt, einen lebhaften Eindruck
der Partitur zu geben. Dazu 1st er klavier-
gerecht geschrieben und jeder Part in-
teressant ausgestaltet. Was die Wert-
schatzung der Composition an sich betrifft,
so verweise ich auf das Urteil von Rosa
Newmarch in unsren Sammelbanden (IV,
160;, das ich ganz unterschreibe. J. W.
Beethoven. Op. 40 und Op. 50.
Zwei Violin-Romanzen in G-dur und
! F-dur. Partitur- Ausgabe in klein 8°.
Jl — ,80. Leipzig, Ernst Eulenburg.
1 Dvorak, Anton. Op. 96. Symphonic
| Nr. 5, E-moll, » Aus der neuen Welt« .
; Partitur- Ausgabe in kl. 8°. Jl 4, — .
Leipzig, Ernst Eulenburg.
Stich und Druck ist klar und deutlich,
die Anordnung iibersichtlich. Diese Ausgabe
darf nicht nacn GroBbritannien und Irland,
wohl aber in die englischen Kolonien und
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156
Eingesandte Musikalien.
ebenso in alle iibrigen Lander der Welt '
eingefuhrt werden.
Gernsheiin, Friedrich. Op. 73. Der,
Nibelungen Uberfahrt. nach einer
Ballade von Matthai fur Soli, Chor i
und Orchester. Leipzig , Rieter- '
Biedermann. Partitur Jt 7,50, Kla- j
vierauazug ,M 4,50. !
Dieses letzte pro&ere Werk dee be- i
kannten Kompomsten gehort zu semen |
besten Erzeugnissen. Das Gedicht ist recht '
wirkungsvoll vertont. FurgroBereJeistungs-
fahige Chorvereine ist seme Auffokrcmg
zweifellos eine dankbare Aufgabe.
A. M-R
Gfinther, Richard. Geistliche Lieder \
von Georg Wilhelm Schulze nebst
einem Anhang mit Orgel oder Kla- j
vierbegleitung. Halle a/S., Richard!
Muhlmann.
Als Weisen sind z. T. Choralmelodien, ;
z. T. Originalmelodien benutzt. Am Satz
beteiligen sich neben dem Herausgeber: \
Alb. Seeker und Walter Braun. Kompo- 1
sitionen liegen vor von: Albert Becker, \
Hermann Opitz, H. Textor. Gottfried WeiC, j
Walter Braun und 0. Gehrke. Der Anhang '
enth'alt unter anderm Lieder von Rambach,
Novalis, Ruckert und C. J. P. Spitta.
J.W.
Kahl, Jos. Oskar. Sonate A-dur fur
Yioline und Pianoforte. Jl 6, — n.
Leipzig, J. Rieter-Biedermann.
Durchaus noble Musik in schoner Form,
freilich ohne besondere Originalitat, aber
mit Genu 6 zu spielen und zu horen; daC
der erste Satz wonl in dem entsprechenden
der 2. Brahms'schen Sonate sein Vorbild
hat, daft im Trio dee hiibschen Intermezzo
sich das Trio des Scherzo aus Brahms'
H-dur-Trio meldet, daC der langsame Satz
an das Hauptthema des Adagio von Bee-
thoven op. 97 anklingt, sei dem Kompo-
nisten, der durchaus auf klassisehem Booen
stent, nicht verubelt. Im Finale ist mir
keine Reminiszenz aufgestoCen. Da die So-
nate fiir beide Spieler nicht schwierig ist,
durfbe sie gern gespielt werden. W. A.
Ravanello, Oreste. Op. 66. Secunda
Anthologia Vocalis (Liturgica) 122
Cantica sacra tribus vocibus aequa-
libus (C. I, C. H ft A., vel T. I,
T. II & B.). Ex auctoribus anti-
quis ac modernis collecta ac redacta.
Edizione Marcello Capra N. 785.
Collezione Diamante. Turin, Mar-
cello Capra. VDI und 203 S. 8°.
L. 4,-.
Eine auf die Bedurmisse der katho-
lischen Kirche zugeschnittene brauchbare
Sammlung von mehrstimmigen Satzen aus
alterer und neuerer Zeit. £s ist zu be-
dauern, daB der Herausgeber bei den unter
dem Namen alterer Autoren gehenden
Kompositionen nicht angegeben hat ob es
sich urn Originalsatze handelt. Bei Isaac so-
wie einigen Meistern des evangelischen
Choralge8ang8 konnte ich ohne weiteres
feststellen, daB nur die Hauptmelodie in
einer sp'ateren Fassung Verwendung gefun-
den hat. Die 'altere Zeit ist vertreten mit
Anerio, Breidenstein , Decius, Gastorius,
GiacomellL Giovanelli, Grazioli. Inffegneri,
Isaac, OrL Lasso, Lotti, Martini, rfanini,
Palestrina, Pitoni. Mich. Praetorius, Sabba-
tini, Scheidemann, Tartini, Veronio und
Vittoria. Aus der neueren Zeit liegen
Werke vor von Bentivoglio, Bottazzo, Cartu-
ran. Gipolla, Concina, "Vittorio Franz. Grassi,
Polleri, Ravanello, Remondi, Saladino,
Terrabugio, Thermignon, Tomadini.
J. W.
Rebikoff, W. Op. 15. Les reves.
5 melomimiques pour Piano. Nr. 1
Naiade; Nr. 2 Les Demons s'amu-
sent; Nr. 3 Le Faune; Nr. 4 La
Nerel'de; Nr. 5 Dans la foret. Mos-
kau und Leipzig, P. Jurgenson.
Jl 1,80.
Der entschieden hochbegabte Verfasser
laBt sich offenbar in dem Streben zu
charakterisieren zu gewagten Experimenten
verleiten. Indem er seinen »Traumen€ die
Tonskala Des, Es, F, g, a, h zugrunde legt,
kommt er zu melodischen und harmoniscben
Verbindungen, die hart an der Grenze des
Moglichen liegen und sicher von vielen
direkt als ungenieBbar bezeichnet warden.
Das Lokalkolorit scheint getroffen, denn es
klingt manchmal geradezu infernalisch.
J. W.
— Op. 18, Nr. 1. Gesangsszene: >Er
8chleppt sich so endlos und trostlos
die Reihe der Tage« fur Mezzo-
Sopran oder Bariton und Klavier.
Ebenda. Jl —,70.
Reufi, August. Op. 15. Ratbod der
Friese. Fiir Bariton mit Orchester
oder Pianoforte. Leipzig, Fr. Kistner.
Partitur Jl 3, — , Orchesterstimmen
.Jt 6,—. Mit Pianoforte Jl 1,60.
Eine wirksam anjrelegte und wohl-
klingende Partitur, welche, wenn sie auch
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Zeitschriftenschau.
157
keine bedeutenden Zuge tract, immerhin
von einem tiichtigen Konnen des Verfassers
Zeugnis ablegt. J. W.
Ruthardt, Adolf. Op. 42. Tonleiter-
EtUden fftr Pianoforte. 2 Hefte, je
Jl 2, — . Leipzig, Otto Forberg.
— Op. 43. 15 Pr'aludien. Studien
polyphonen Stils fur Pianoforte.
2 Hefte, je Jf 2, — . ebenda.
"Wertvolles Unterrichtsmaterial. Die
Praludien enthalten auch manches vom rein
musikalischen Standpunkte recht Beach-
tenswerte. J. W.
Schytte, Ludwig, Op. 110. » Piazza
del Popolo«. Nr. 1 Serenade; Nr. 2
Romance; Nr. 3 Barcarole; Nr. 4
Tarantella. Je Jl 1 — 1,25. Kopen-
hagen und Leipzig, Wilhelm Han-
sen.
Glatt und gefallig gearbeitet. Gehoren
aber nicht zum Beaten, was Schytte ge-
schaffen hat. J. wT
Todt, B. Trios fur Pianoforte, Vio-
line und Viola. Heft 10—12, je
Jl 4,80. Leipzig, Breitkopf und
Hartel.
Seinen 9 Heften Trio-Bearbeitungen,
von denen die nach Bach entschieden wert-
voll und sehr empfehlenswert sind, hat
Todt nunmehr noch 3 Hefte mit je 2 Num-
mern eigner Kompositionen folgen lassen,
die wohl zum Hausgebrauch fur seine
Kinder entstanden sind und sich zum Teil
an von ihm komponierte Lieder anlehnen.
Es wird gewiD auch Kreise geben, denen
diese einiachen und harmlosen Tongebilde
Freude bereiten ; ich jedoch kann nicht um-
hin, meine Verwunderung daruber auszu-
sprechen, daC ein so hervorragender Bach-
kenner wie Todt so wenig polyphon zu
schreiben weiO. W. A.
Tours. Berthold. Petit Duo Sympho-
nique pour deux violons et Violon-
cello ad lib. avec accompagnement
de Piano. London, Mainz, Brtissel
und Paris, Schott. Jl 4,25.
EnthSlt neben manchen recht flachen
Ztigen doch auch ganz Interessantes und
ist im allgemeinen geschickt gearbeitet.
Zeitschriftenschan
snsammengeatdlt von
Ernst Butlng.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
-a-. Niedersachsische Musikfeste — SH 43,
Nr. 46.
Altmann, Wilhelm. Zur Biographie Otto
Nioolai's und Wilhelm Taubert's —
NZfM 70, Nr. 45.
Am ft, Georg. 26. Generalversammlunff des
Grafschafter Gacilienvereins in Schlegel
am 17. September 1903 — Cell, Nr.ll.
Anonym. Dr. El gar at home — MO,
Nr. 314 [Interview].
Anonym. Adelina Patti — MuM 58,
Nr. 10.
Anonym. El gar's neues Oratorium »Die
Apostel* — NMZ 24, Nr. 24.
Anonym. Vor 10 Jahren. (Dem An-
denken Tschaikowsky's) — RMG1903,
Nr. 42.
Anonym. Zur Lohnbewegung- der Musik-
instrumenten-Arbeiter Berlins — DIZ,
27. Oktober 1903.
Anonym. Schweizerische Tonkiinstler im
Ausland: Theophil Forchhammer.
Otto Hegner — SMZ 43, Nr. 30.
Anonym. Die Herstellung der Grammo-
phon-Platten — DIZ, 7. Oktober 1903
illustriert .
Anonym. Papst Pius X und die Kirchen-
musik — KVS 18, Nr. 3.
Anonym. Das Orgelspiel in der Advents-
und Fastenzeit — ibid.
Anonym. Henschel's Bequiem —
Musical Life (Brooklyn), Juni 1903.
Anonym. Die Musikverh'altnisse auf der
Ausstellung zu St. Louis im Jahre 1904
— DMZ 34, Nr. 45 betrifft speziell die
Eugagements-Verhaltnisse deutscher Mu-
siker].
Anonym. Michele Esposito — MT,
Nr. 729 [mit Portrat'.
Anonym. New College, Oxford — MT,
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158
Zeitschriftensohau.
Nr. 729 [mit musikgeschichtlicben No-
tizen\
Anonym. Heine and die Mutter Meyer-
beer's. Mit einem ungedruckten firiefe
Heinrich Heine's — Deutsche Dichtung,
33, Nr. 1.
Arend, Max. HugoRiemann — BfHK8,
Nr. 2 [mit Portratj.
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d'Aristote — Revue des Deux Mon-
des (Paris, 16 rue de T University) 1. No-
vember 1903.
Besold. Die Horpriifung mit Stimm-
gabeln bei einseitiger Taubheit und die
Schlusse, welche sich daraus fur die
>Knochenleitung« und fiir die Funktion
des SchalleitungsaDparates Ziehen lassen
— Zeitschrifb fiir Onrenheilkunde {Wies-
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Krom* Andr. L. Julius Bliithner, Hof-
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Kronsed er, Otto. Franz L a c h n e r. Eine
biographische Skizze zur Erinnerung an
seinen 100. Geburtstag 3. April 1803)
— Altbayeri8che Monatsschrift Mtinchen
(J. J. Lentner'sche Buchhandlung) 4,
Nr. 2/3 [mit wertvollem Quellenmaterial,
zahlreichen Blustrationen, einem Ver-
zeichnis von L.'s samtlichen Werken etc.].
Leiohtentritt, Hugo. Ein Urahne des
Berlioz'schen Requiems (Festmesse des
Orazio Benevoli) — AMZ 30, Nr. 44.
Musikpadagogischer KongreO in Ber-
lin — ibid.
Neue Ausgaben Bach1 scher und
H&nd erscher Werke — ibicL, Nr. 46.
Musikpadagogischer KongreB in Ber-
lin am 19. und 20. Oktober — NZfM 70,
Nr.44.
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160
Zritochriftenschau.
Leflmann, Otto. Das Musikfest zu Hei- I
delberg 24.-26. Oktober — AMZ 30,
Nr. 44. !
Die Liszt feier in Stuttgart — ibid., I
Nr. 46 [mit Abbildung des neuen Liszt- ,
Denkmals". |
Iiipaeff, Jwan. Orchester-Musiker. Ge- •
schichtliche Notizen uber deren Lage in j
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musikalischer Beziehung? — ibid., Nr. 37.
Liaaipin, M. Uber den Gesang des Kiewo-
Petschersk Klosters - RMG 1903, Nr. 37.
Louis. Rudolf. Ernst Boehe — NMZ25,
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Lusztig, J. C. Die Wagner- Denknial-
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mit Portrat].
M., H. Jesus Monasterio f. Oscar
Berggruen f. - M, Nr. 3788.
Maclean, Charles. Berlin Wagner Me-
morial — MN, Nr. 659.
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schofs von Erdely Siebenbiirgen Graf
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Vom 24. bis 26. Oktober 1903 — DMZ 34,
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Niemann, Walter. >Gunther von Schwarz-
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bauer ;Denkmaler deutscher Tonkunst,
I. Folge, 8. und 9. Band, herausgegeben
von Hermann Kretzschmar; — S61,
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Oppenheim, Adolf. Fran CosimaWag-
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trois actes, poeme tire" du drame de M.
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GiacosaetLuigilllica, et traduit jir
M. Paul Ferrier, musique de M. Gia-
como Puccini. Premiere representation
le 13 octobre 1902 a rOpera-Comique —
M, Nr. 3786.
>Herodiade«, opera en quatre actes
et sept tableaux, paroles de MM. Paul
Milliet et Gremont, musique de M. J.
Massenet. Premiere representation le
21 octobre 1903 — M, Nr. 3787.
»La Flamenca*, drame musical en
quatre actes, paroles de MM. Henri
Cain et Eugene et tdouard Adenis,
musique de M. Laden Lambert. Pre-
miere representation le 31 octobre 1903
- M, Nr. 3788.
Prod'homme, J. G. Die >Hugenotten«-
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Pudor, Heinrich. Ein moderner Salon-
Flugel im jung-deutschen Stil — DIZ,
17. October 1903 fmit Abbildung].
Pnttmann, Max. Friedrich Schneider.
Ein Gedenkblatt zu seinem oOjahrigen
Todestage — AMZ 30. Nr. 46 f.
Johan Gottfried S c h i c h t . (Zu seinem
150. Geburtstage) — NMZ 24, Nr. 24.
R.. M. Fetes Wagne*rienne8 [a Berlin] —
GM 49, Nr. 43.
Rendall, G. W. Organ building at the
antipodes — MO, Nr. 314.
Rideout, Percv R. Problems of psalm
chanting — MN. Nr. 660.
Bitter, Hermann. Mozart's Totenschadel
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Rosegger, Peter. Von der Vernachlassifr-
ung unseres alten Volksliedes — DVL 6,
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S„ H. A. Beethoven und seine Ante
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Salvador. Piedigrotta e le sue canzoni
- MuM 58, Nr. 10.
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musikgeschichtlichenUnterrichtsam Kon-
servatorium — NZfM 70, Nr. 43.
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Zeitschriftenschau.
161
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Musiktragodie yon August Bungert.
Urauffuhrung im Dredener Hoftheater—
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Schlemuller, Hugo. »Die Meeresbraut«
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[Erste deutsche AufJUhrung in Frank-
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[mit Portrat;.
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GeseHschaft Braunschweig, Friedrich
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dem Leben beruhmter Primadonnen —
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S truth era, Christina. Theodor Kirch-
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Sweeting. E.T. Dr. Crotch on Bach's
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chenorgeln in Ostindien — Zfl 24, Nr. 3.
Thiessen, Karl. Neue Kammermusik —
S 61, Nr. 52/53.
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B 1 e c h. UraufRihrung an der Dresdener
Hofoper - WKM 1, Nr. 23.
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Valentin, Karl. La vie musicale a Stock-
holm — MSu, Nr, 42.
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Wagner, Dr. Uber die Gesange der To-
tenmesse — GR 2, Nr. 11.
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vereins zu StraCburg i. E. am 7. Ok*
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Werner, Hildegard. Richard Wagner -
festen in BerEn — SMT 23, Nr. 16.
The Wagner festival rin Berlin] —
MO, Nr. 314.
Wibl, J. Kirobenmusikalische Ausbildung
unserer Lehramtszoglinge — GR 2, Nr. 11.
Wintaer, Wilhelm. Persbnliches von Theo-
dor Kirchner — NMZ 25, Nr. 1.
Wistinghauaen, Rich. von. » Alpenkonig
und Menschenfeind. € Oper von L. B 1 e c h
und R. Batka — NZfM 70. Nr. 46 /
[anl'aOlich der Dresdener UraufRihrung].'
Ziehn, Bernhardt Uber die Kirchentone
— Mk 3, Nr. 3.
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102 Mitteilungen der »Internationalen Musikgesellschaft*.
Mitteilongen der „Internationalen Musikgeaellsohaft".
Ortsgruppen.
Berlin.
Die Ortsgruppensitzung vom 11. November 1903 gait vorwiegend der Pflege prak-
tischer Musik. Sie wurde eingeleitet duroh eine wohlgelungene Vorfiihrung der Haydrf-
schen *Harmonie< in F-dur fur 2 Floten, 2 Klarinetten, 2 Horner und 2 Fagotte (Aus-
fuhrende: Vereinigung zurForderung der Blaskammermusik.) Es folgten:
die •Ldeder der Saidjah* von Bugen Lindner (mit tief-empfundenen Vortrag gesungen
von Fraulein Valerie Zitelmann), dann einige Solostiicke fiir Klavier, urn deren
Wiedergabe sich Fraulein Eva Sehlemmer sehr verdient machte.
Der zweite Teil des Abends war dem machtvoll emporstrebenden Komponisten
Paid Juon gewidmet. Herr Dr. Wilhelm Altmann machte zunachst in einem
kurzen Vortrag einige Angaben iiber den Lebena- und k,unstlerischen Entwicklungs-
gang des Tondichters. Juon wurde am 23. Februar (8. M'arz) 1872 in Moakau ge-
boren, wo er funf Jahre lang das Konservatorium besuehte in der Absicht sich zum
Violin- Virtuosen ausbilden zu lassen. Der Kompositions-Unterricht bei Tanejew und
Arensky lieOen jedoch den EntschluB in ihm reifen, sich ganz der Komposition zu
widmen ; in Berlin war er dann noch drei Semester hindurch Kompositions-Schuler Wol-
demar BargiePs. 1896 erhielt Juon einen Ruf als Theorie-Lehrer an das stadtische
Konservatorium in Baku, er fiihlte sich jedoch von seinem dortigen Wirkungskreis,
insbesondere wegen Mangels an geistiger Anregung unbefriedigt, so daB er schon im
n'achsten Jahre seine Stelle aufgab und wieder nach Berlin zuriickkehrte, urn hier
ganz der Komposition lebend seinen dauernden Wohnsitz zu nehmen. — Juon's
Schaffen ist dem seines geistigen Vaters Brahms nahe verwandt. Ein Meister kontra-
punktischer Satzweise kniipft er gleich diesem an die Formen der Klassiker an und
sucht sie in modernem Sinne weiter zu bilden. Kiihnheit und Eigenart der Gedanken,
eine unerschopfliche Vielgestaltigkeit des Rhythmus, Keichhaltigkeit und Mannigfaltig-
keit der Stimmungen sprechen aus jedem seiner bisher veroffentlichten Werke zu
uns. Das Gebiet, auf dem sich Juon bisher mit besonderem Glucke betatigt hat, ist
die Kammermusik. Das zu Gehor gebrachte Klavier-Trio op. 17, welches seine Feuer-
taufe bereits auf der letztjahrigen Tonkiinstler-Versammlung zu Elrefeld empfangen
hatte, machte einen gewaltigen Eindruck; es gilt dies insbesondere von dem weit-
ausgesponnenen Adagio mit dem groOen Orgelpunkt zum Schlusse. Die Aus*
fiihrung des Trios mit Herrn Kapellmeister Willi Bend a am Violoncello war eine
vorzugliche.
Die December- Sitxung der Ortsgruppe findet ausnahmsweise nicht am dritten
Mittwoch, sondern am Sonnabend, den 19. Dezember, abends 8 Uhr im Oberlicht-
Saale der Philharmonie statt und wird einen Vortrag des Herrn Professor Richard
Hansmann tiber >Das Jankd-Klavier und seine technische Vervollkommnung* bringen.
Ernst Euting.
Frankfurt a. M.
In der Generalversammlung der hiesigen Ortsgruppe, welche am 2. November
stattfand, gelangten zwei Werke von Vorlaufern Haydn's auf dem Gebiet der In-
strumentalmusik zu Gehor, beide von Riemann durch sein Collegium musicum erneuter
Beachtung zugefuhrt, das 1. Orchestertrio von Joh. StamUx und ein Trio von Johann
Christian Bach, dem >Mailander<. Einleitende Bemerkungen des Herrn Dr. R. H oh en-
em ser wiesen auf die Bedeutung der beiden Meister und ihre Stellung in der Musik-
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Mitteilungen der »Internationalen MusikgesellschafU. 163
geschichte hin; die Ausfuhrung, welche die Kompositionen durch die Herren
F. Kiichler, L. und H. Keiper (Streicher) und C. Breidenstein (Klavier) fanden, wurde
deren Charakter und Stilart durchaus gerecht und weckte bei den Zuhorern lebhaftes
Interesse.
In der sich anschlieftenden Vorstandswahl wurden die Herren Dr. R. Hohenemser
Vorsitzender), C. SfiB (stellvertretenderYorsitzender), Pr. Nic. Manskopf (Bibliothekar)
und A. Desoff (Schriftfuhrer) auf weitere zwei Jahre bestatigt, das Kassieramt der
Buchhandlung Joseph Baer & Co. iibertragen.
Albert Dessoflf.
London.
The Musical Association held its annual General Meeting to receive the last
year's report and to elect officers &c. at the opening of the 30th yearly Session, on
Tuesday 10th November 1903. A Special General Meeting was held on the same day,
at which the Council were authorised to take steps for registering the Association
under the Companies1 Acts. The first lecture of the Session was given by Dr. W.
A. Aikin (III, 336) on "The Principles of Vowel Pronunciation.
Differences of pitch in vocal sound were caused by the action of the "cords" lying
at the base of the resonating apparatus of the throat and mouth, those cords being
equivalent to a "reed". The different timbres or vowel qualities of vocal sound were
caused by this or that position, distension, labial obstruction, etc. applied to the
resonating apparatus. The throat and mouth gave practically to the resonating appa-
ratus two chambers, inclined at right angles to each other, and joined together by a
tube passing round the angle. The lecturer exhibited a plaster-cast showing in solid
form what would be the air-contents of the whole distended resonating apparatus. But
each of the chambers just mentioned formed an irregular air receptacle, the air in
which, when set in vibration, was capable of emitting by itself a note of definite pitch.
According as it was held, distended, labially obstructed, etc., so this proper note of
its own would assume different pitches. Further as there were two chambers, and as
one practically could not be made to emit sound without the other, this gave a per-
petual duet. These proper sounds of the two chambers were so faint that if the
vocal cords or reed were operating as in ordinary speech or song, they were merged
in the general total sound and ceased to be audible as anything possessing a pitch.
But by adopting- the device known as whispering, where the vocal cords only agitate
the resonance chambers, the proper notes of the latter could be separately heard.
They are quite audible to the whisperer himself, and are made audible to others by
inserting a vibrating tuning-fork of requisite pitch into the buccal chamber as rein-
forcement, or by putting a finger on the neck outside the guttural chamber and
tapping on the naif so as to get sound by percussion. The lecturer made the sounds
very audible at some distance from him. Now the curious phenomenon at once
transpired, that when the resonance chambers assumed the position to give such and
such a "vowel sound", as we call it, its faintly heard proper note simultaneously
became of such and such a pitch. If the vowel sound was altered, another pitch was
shown. On the lecturer's voice the vowel "A" (continental pronunciation) coincided
with a resonance chamber pitch of treble C. A diagram was then shown of vowel
sounds ranging from "U" to "I" (continental pronunciation). The buccal resonance
chamber pitches ranged correspondingly scalewise over an interval of a twelfth, tallying
with UD" at bottom and "P at top; while the guttural resonance chamber pitches
ranged over a sixth, travelling up and then back again. The consequence was that
the two chambers were in unison for six notes from the "IP sound upwards to a
little beyond the "A" sound, and then proceeding in contrary motion gave successively
a third, diminished fifth, sixth, octave, tenth and twelfth. The lecturer said that these
phenomena were the same for all human beings, though the absolute pitch of the
whole series might vary a little with the individual, and the absolute pitch of the
whole series would be about a minor third higher in a woman than in a man. The
mouth being once put in a position to emit a vowel sound, that position was retained
by it, whatever note or principal tone might be made by the reed apparatus lying at
the base. In other words any note could be emitted on any vowel. The lecture
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164
Mitteilungen der >Internationalen MusikgesellschafU.
stopped at this, and did not indicate the practical applications of the phenomena. —
Discussion by Dr. W. H. Cummings (Chairman), and Messrs. Blaikley, Karlyle, Maclean,
Mc. Naught, and Southgate. Reply by lecturer.
After the lecture the Annual Dinner took place (Sir Hubert Parry in the chair),
130 covers being laid. Speeches by the Chairman, and by Sir Frederick Bridge,
Dr. W. H. Cummings, Mr. Clifford Edgar, Mr. Otto Goldschmidt, Sir Alexander
Mackenzie, and Sir August Manns. The music performed was mostly composed by
past or present members, e. g. P. Bridge, W. H. Cummings, A. H. D. Prendergast,
Arthur Sullivan, John Thomas. Harp solos by Mr. John Thomas, the King's Harpist,
were a special feature.
J. Percy Baker, Secretary.
Malmo.
Die Ortsgruppe hielt ihre zweite Sitzung am 24. Oktober ab. Heir cand. theol.
Hj. Thuren aus Kopenhagen, der als Gast eingeladen war, hielt einen ausgezeichneten
Vortrag liber seine miisikcdiach-folkloristische Reise nach den FUr-Inseln im vorigen
Sommer. Der Vortrag wurde durch phonographisch wiedergegebene Volkslieder
illustriert. Zahlreiche Gaste waren erschienen.
Tobias Norlind.
Neue Mitglieder.
Bethune, Charles C. London W. 98 Lex-
ham Gardens, Kensington.
Enequiflt, Fraulein in Herrnhut.
Thelwall, Walter Hampden. London S. W.
4 Huron Eoad, Balham.
Anderungen der Mitglleder-LIste.
Cornelissen, Th. in Segeberg jetzt Konigl.
Seminarmusiklehrer in Pohtz, Pommern.
Lowtaky, Hermann in Karlsruhe jetzt
in Leipzig, SchiitzenstraCe 2 I.
Wolff, Professor Dr. Leonhard in Bonn
jetzt Godesberg a. Rh.
Das Generalregister
des vorigen, vierten Jahrganges unserer Zeitschrift und Sammelbande im Umfange
von 43/4 Bogen liegt diesem Hefte bei.
lusgegebeii AnfaHg Deiember 1908.
Fur die Redaktion verantwortlich : Professor Dr. 0 ska r Fleischer, Berlin WM Motzstr. 17
Bfltverantwortlioh : Dr. Ernst Entlng und Dr. Albert Mayer-Beinach in Berlin.
Drnck und Verlag von Breitkopf ft Hartel in Leipzig, Nuraberger StraBe 36.
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ZEITSCHRIFT
THE tJLV/ YORK
PUBLIC L:&<Ai, V'
A*T*1, I."
DEB
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 4. Fttnfter Jahrgang. 1904.
Erscheint monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen MusikgeBellschafl kostenfrei,
fur Nichtmitglieder 10 A. Anzeigen 26 # fur die 2gespaltene Petitzeile. Beilagen 16 Jl.
Das Janktf-Klavier und seine technische Vervollkommnung.
Dem Berliner Pianoforte-Fabrikanten Wilhelm Menzel ist eine hoch-
bedeutsame Verbesserung der Jank6-Klaviatur gelungen durch Konstruktion
eines Tastenhebels, der die Anschlags-Schwierigkeiten der bisherigen Hebel-
konstruktionen und somit die letzten Hindernisse, die einer weiteren Ver-
breitung der Jank6-Klaviatur entgegenstanden , aus der Welt schafft. Die
Menzel'sche Verbesserung war die Veranlassung zu einem Vortrag, den der
tnterzeichnete in der Dezember-Sitzung der Ortsgruppe Berlin der IMG.
hielt und wobei zwei Instrumente mit der verbesserten Klaviatur vorgefuhrt
wurden1). Bei der groBen Tragweite, welcbe ich der neuen Erfindung bei-
messe, scbeint mir im AnschluB an meinen Vortrag und in Erganzung des-
^elben ein erneuter Hinweis auf die groBen unleugbaren Vorteile der Jank6-
Klaviatur an dieser Stelle gerechtfe rti gt.
Um die Wissenschaften und Kunste popularer, verstandlicher, leichter
faBlich zu gestalten, war man stets bestrebt theoretische und praktische Er-
leichterungen und Vereinfachung der Methoden einzuftihren.
Jede Verbesserung (auf jedem Gebiet) bedeutet unstreitig einen Kultur-
fortschritt. Dieser Fortschritt laBt sich nicbt aufhalten und der damit ver-
bundene Kampf ist ein unabiinderliches Naturgesetz, dem wir Menschen folgen
nnissen.
Die groBe Bedeutung der Musik zur ethischen Erziehung der Menschen
ist stets von alien Kulturvolkern anerkannt worden. Die Musik veredelt die
Menschen, sie ist ihre treue Begleiterin in den verschiedensten Lebens-
stellungen, in Freud und Leid! Zu ihrer Pflege und praktischen Ausubung
sind (nebst der menschlichen Stimme) die Saiteninstrumente die geeignetsten.
Unter den Saiteninstrumenten wiederum ist das Klavier das popularste und
ihm haben wir zum groBen Teil den heutigen Stand der Tonkunst zu
danken. Es unterliegt keinem Zweifel , daB durch die Verbesserung und
1) Vergleiche den Ortsgruppen-Bericht im vorliegenden Heft. Die Redaktion.
Z d.LM. V. Digji^d by C
166 Richard Hansmann, Das Janko-Klavier trod seine technische Vervollkommnung.
Vervollkommnung desselben der Tonkunst immer mehr Anhanger zugefiihrt
und ihr auch immer wieder neue Wege gewiesen werden konnen.
Die Schopfungen auf musikalischem Gebiete, insbesondere die der Neuzeit
stellen an die Kiinstler und Dilettanten grofie technische Anforderungen und
konnen von den Austtbenden physisch und geistig kaum noch bewaltigt
werden. In Erkenntnis dessen hat es an Versuchen das bisher gebrauchliche
Klavier oder vielmehr dessen Klaviatur zu verbessern nicht gefehlt. Leider
aber bauten sich diese Versuche auf der bereits feststehenden diatonischen
Klaviatur auf, und es kam nichts neues, sondern nur Mifibildungen zu stande.
die sich in ihrer unfreien Gestaltung als nicht lebensfahig erwiesen. Obwohl der
Ton der Instruments grofier und edler, man mochte sagen sinnlicher wurde
und man im Bau und der Mechanik unserer Klaviere mit groBem Erfolge
vieles ersann, um das Instrument zu verbessern, wurde dagegen nichts er-
funden, was das Technische des Klavierspiels erleichtern und dam it das
Kttnstlerische hatte heben konnen. So war, entgegen den Verbesserungen.
die die Orchesterinstrumente im Laufe der Zeit erfahren haben, im Bau
der Klaviatur kein Fortschritt gemacht worden.
Wie viele Musikbegabte muBten das Studium des Klavierspiels einstellen,
weil ihre Technik nicht ausreichte und auch nicht entwicklungsfahig war,
oder weil ihr Gesundheitszustand durch das viele Uben Schaden genommen
hatte. Diese Enttauschten gingen zumeist der Musik fiir immer verloren.
Die heutige Jugend wird unter ganzlich anderen Grundsatzen fur da*
praktische Leben herangebildet als die vor funfzig Jahren. NaturgemaB
miiBte auch auf musikalischem Gebiet in bezug auf die praktische Ausbildung
die Erziehung eine andere geworden sein, wahrend sie in Wirklichkeit nur
in der theoretischen Wissenschaft fortgeschritten ist. Die Ursache hierfur
liegt au der Unvollkommenheit unserer heutigen Klaviatur.
Die Maugel derselben sind in der Tat auch nicht gering.
Sie harmoniert vor allem nicht mit dem anatomischen Bau unserer Hand1);
die Finger nehmen ihrer Anlage nach eine strahlenformige Stellung ein,
und werden doch gewaltsam zur Geliiufigkeit nach der Breite gedrangt; sie
haben ungleiche Lange und miissen doch nahezu in eine gerade Linie zu-
sammengezogen werden ; namentlich fallt dies beim Daumen ins Gewicht, da
dieser bedeutend kiirzer ist als die ubrigen Finger und auch vermoge seiner
gegensatzlichen Stellung zu denselben eine tiefere Lage einzunehmen bestimmt
erscheint.
Wohl gibt es Akkorde und Tonfolgen, bei denen dies weniger fuhlbar
wird; namentlich in den Fallen, wo der Daumen auf eine Untertaste, die
ubrigen bis auf den kleinen Finger auf Obertasten zu liegen kommen.
Der Gebrauch des starksten Fingers, des Daumens, wird beschrankt durch
die Obertasten, und namentlich ist es nicht immer moglich, diesen Finger
dort zu gebrauchen, wo rhythmische und dynamische Biicksichten dies
wuuschenswert machen wiirden. Das Untersetzen des Daumens nach einer
weiBen Taste wird tatsachlich zum Kebensetzen und wurde zur TTnbequem-
lichkeit des Hinaufsetzens, wollte man ihn nach einer weifien Taste auf einer
schwarzen gebrauchen.
Um dies zu vermeiden, muB in der Wahl des Fingersatzes stete Riick-
sicht auf den Daumen genommen werden ; die verschiedenen Lagen der Ober-
1 Ich folge hier den trefflichen Ausfiilirungen, die Janko selbst gegeben hat.
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Richard Hansmann, Das Janko-Klavier und seine tecbnische Vervollkommnung. 167
tasten haben also einen bestimmenden EinfluB auf den Fingersatz in den
verschiedenen Tonarten, so daG Skalen, Akkorde und andere Tonfolgen in
den meisten Tonarten verschiedene Fingersatze erhalten; das Studienmaterial
wird dadurch ungemein vermehrt.
Die Ausdehnung der gebrauchlichen Klaviatur nach der Breite erschwert
das Ineinandergreifen der Hande, und nicht geringere Schwierigkeiten bieten
auch die Spannungsverhaltnisse derselben dar.
Die Breite der Klaviatur ist eine unverhaltnism&Bige im Vergleich zur
durchschnittlichen Spannung der menschlichen Hand, und obne anderweitige
Hilfsmittel erscbeint das zweihandige Spiel auf derselben wie zwei dichte
Haufen zusammengedrangter Tone, mit leeren Strecken zwischen, iiber und
unter ihnen. Dieser Ubelstand ist schon langst ftthlbar gewesen, und man
hat getrachtet, ihm abzuhelfen; eine wesentliche Verminderung der Breite
einer Oktave erscheint nicht tunlich, weil in solchem • Falle breitere Finger
nicht mehr Platz hatten, zwischen zwei Obertasten anzuschlagen, oder diese
so diinn geschnitten werden miiBten, daB das Spiel zu unsicher werden
wurde. Man hilft sich deshalb gegenwartig, um die Lticken auszufullen und
einen groBeren Tonumfang zu beherrschen, mit Arpeggien und dem Pedal,
zwei Hilfsmittel, deren unfreiwillige, durch auBere Grtinde veranlaBte An-
wendung den asthetischen Eindruck der Kunstleistung oft vermindert.
Endlich ist noch zu erwahnen, daB das Auge und das Tastgeftihl sich
unwillkurlich an die ftinf Obertasten heften und die raumliche Vorstellung,
von der wir uns ja doch niemals ganz lostrennen konnen, in falsche Bahnen
lenken, indem sie den musikalisch gleichen Tonarten verschiedene raumliche
Beziehungen zuordnen.
Alle diese angefuhrten Mangel sind durch die Erfindung Paul von Jank67s
beseitigt.
Es ist ziemlich schwer, eine deutliche Vorstellung von seiner Klaviatur
zu gewinnen, ohne ein Instrument vor sich zu haben, und in jedem Falle
erscheint sie auf den ersten Blick so kompliziert, daB es den Anschein haben
kann, sie sei eher eine unnotige Verwicklung, denn eine zweckmaBige Ver-
besserung der gewohnlichen Klaviatur; erst bei einiger Yertrautheit mit der
Konstruktion werden jene Verhaltnisse oflfenbar, welche das Wesen derselben
ausmachen und ihre Vorteile gewahrleisten.
Es sei deshalb fur die folgenden Auseinandersetzungen die Geduld und
Aufmerksamkeit des Lesers in erhohtem MaBe erbeten.
Die auBere Ansicht der Klaviatur hat Ahnlichkeit mit einer Treppe von
sechs Stufen. Die Tasten erscheinen in sechs Reihen terrassenformig iiber-
einander gelagert und geben der Klaviatur das Aussehen von ebensovielen
Manualen aus lauter gleichen, eigentumlich geformten, sehr kurzen Unter-
tasten, welche kaum die Lange des vorderen Stuckes der gewohnlichen weiBen
Tasten haben; auch liegen sie nicht alle genau ubereinander, sondern jede
Reihe erscheint gegen die unter ihr liegende um eine halbe Tastenbreite
seitwarts verschoben, so daB also in der untersten Reihe die Mitten der
Tasten gerade unter die Trennungslinie zweier Tasten der ntichst hoheren
zweiten) Reihe fallen; die nachste (dritte) Reihe ist wieder um eine halbe
Tastenbreite verschoben — die Tasten kommen hier also in dieselbe Lage
wie in der ersten (untersten) Reihe, d. h. die Tasten der dritten Reihe
liegen genau iiber denjenigen der ersten; ebenso mussen infolge der
weiteren Verschiebung die Tasten dor vierten Reihe genau iiber denen
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168 Richard Hanaro ann, Das Janko-Klavier und seine technische Vervollkommnung.
der zweiten liegen, und ein Gleiches findet endlich auch noch statt be-
ztiglich der noch iibrigen zwei hochsten Reihen.
Die Einrichtung, daB man dieselbe Taste, also denselben Ton an drei
verschieden hoch gelegenen Stellen anschlagen kann, ist ein Hauptmerkmal
dieser Klaviatur.
Nun die hauptsachlichsten Yorteile der Jank6-Klaviatur.
A. Naturliche Handhabung.
In der Tat gewinnt unsere Hand auf dieser Klaviatur eine ihren ana-
tomischen Yerhaltnissen entsprechende naturliche Haltung, im Gegensatz
zu der auf dem bisherigen Klaviere. Die treppenformige Anordnung der Tasten
ermoglicht es namlich, daB der Daumen in der Regel auf den beiden untersten
Reihen spielt, wahrend die iibrigen Finger hoher gelegene Anschlagstellen
beniitzen. Dadurch wird jener gegensatzlichen Stellung, welche der Daumen
den iibrigen Fingern gegeniiber von Natur aus einnimmt, Rechnung ge-
tragen.
B. Yermehrte Spannfahigkeit.
Die Mensur fur die Oktave betragt bei derselben 120 mm gegeniiber
circa 165 mm bei der gewohnlichen Klaviatur. Es ist somit einleuchtend,
daC mit gleicher Spannkraft der Hand ein bedeutend groBerer
Tonumfang beherrscht werden kann.
(Aus dem zweiten Satz der A-moll-Sonate fur das Janko-Klavier von
Victor Hansmann, Op. 23.)
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Richard Hansmann, Das Janko-Klavier und seine technische Vervollkommnung, 169
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Durch die vermehrte Spannfabigkeit werden auf der neuen Klaviatur
Handen von durehschnittlicher Spannung Akkorde und Griffe zugang-
lich7 welche bisher ganzlicb (aucb den groflten Handen) unmoglich
waren oder nur vierhandig gespielt werden konnten.
Funfstimmige Dreikl&nge, auf der gewobnlichen Klaviatur unmoglich, sind
War spielbar.
Die ruhig solide Klangfiille dieser zugleicb a.ngeschlagenen funfstimmigen
Dreiklange und ahnlicher Akkorde gibt ganz neue Klangwirkungen.
C. Kraftersparnis.
Yor allem kommt bierbei die geringere Breitenausdebnung der ganzen
Klaviatur in betracht, welche die Bewegungen des Oberkorpers entbehrlich
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170 Richard Hansmann, Das Janko-Klavier und seine technische Vervollkommnung.
macht. Die verminderte Anstrengung bei den Spannungen und die natur-
lichere Hand- und Fingerhaltung siud ebenfalls Momente der Krafterspamis.
D. Vermehrte Sicherheit des Anschlages.
Ein Hauptiibel der gebriiuchlichen Klaviatur ist die Notwendigkeit, eine
weiBe Taste zwischen zwei schwarzen anzuschlagen. Die Sache hat aber
noch einen anderen TJbelstand: sie beeintrachtigt die TrefFsicherheit wesent-
lich, ob es sich nun um Akkorde handelt, die von einiger Hohe angeschlagen
werden sollen, oder um einzelne Tone und laufende Figuren.
E. Gleichheit aller Tonarten.
Zwischen den einzelnen Tonarten der heutigen Musik besteht fur das
Ohr kein Unterschied aufier dem der Tonhohe. Anders ists fur die spielende
Hand. Die fiirs Gehor gleichen Tonarten sind auf der gebrauchlichen
Klaviatur fur die Hand tatsachlich ungleich und zeigen betrachtliche Unter-
schiede in bezug auf die Handstellung und den Fingersatz, sowohl in den
Tonleitern als auch in Akkorden und anderen Figuren.
Aus diesem Umstand folgt nebst manchen anderen Nachteilen die alien
sehr wohl bekannte Schwierigkeit, das technische Material sich anzueignen,
wo es notwendig ist, alle Ubungen und Figuren in zwolf verschiedenen Tou-
arten zu studieren. Solchen Ubelstanden hilft die neue Klaviatur in ein-
facher und natiirlicher Weise ab, denn auf derselben sind alle Tonarten
gleich, und es besteht zwischen ihnen in bezug auf die Handstellung, den
Fingersatz und alle raumlichen Verhaltnisse ihrer Bestandteile , kurz alles
dessen, was fur das Tastgefuhl der Hand in betracht kommt, durchaus kein
Unterschied.
Die Vorteile, welche durch die Gleichkeit der Tonarten erreicht werden,
springen in die Augen. Das technische TJbungsmaterial wird um ein Be-
deutendes vermindert; anstatt zwolf Tonleitern braucht man nur eine zu
iiben, und das Gleiche gilt von alien den Akkordlagen, Zerlegungen, Ton-
leitern in Doppel- und mehrfachen Griffen, Laufen und Figuren, welche die
Grundlage der Klaviertechnik bilden.
DaB dadurch auch die Studienzeit, welche zur Aneignung einer gewissen
Fertigkeit notwendig ist, verkurzt wird, ist offenbar.
F. Freiheit des Fingersatzes.
"Wenn es schon von groBem Vorteil ist, alle Tonarten mit gleichem
Fingersatz zu spielen, so liegt zweifelsohne eine noch wertvollere Eigentiiin-
lichkeit der neuen Klaviatur darin: jede Tonfolge mit jedem beliebigen
Fingersatz spielen zu konnen.
Es sei noch bemerkt, dafi kein Hindernis vorliegt, alles eventuell nach
Belieben auch mit demselben Fingersatz zu spielen, wie auf der ge-
brauchlichen Klaviatur.
G. Spezielle Effekte.
Hier ist es vor allem beachtenswert, daB man alle H alb ton- und Ganz-
tonschritte »schleifen« kann.
Das chromatische Glissando einfach, in kleinen und groBen Terzen, in
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Richard Hansmann, Das Janko-Klavier und seine technische Vervollkommnuug. 171
Quarten, Sexten, Oktaven, in Dezimen und Dreiklangen, dann kombinierte
chromatische Figuren.
Allerdings ist hier ein Mifibrauch nicht ausgeschlossen, und namentlich
der glanzvolle Effekt des chromatischen Glissando kann leicht zu tibermaBiger
Ausbeutung verleiten; dies kann aber billigerweise menials der Konstruktion
zum Vorwurf gemacht werden, und mit weiser MaBigung zur rechten Zeit
angewendet, wird auch dieses Klanggebilde zu kunstlerischer Wirkung zu
verwenden sein.
Einem weit verbreiteten Irrtum gegeniiber sei bemerkt, daB die gesamte
Klavierliteratur so gespielt wird, wie sie die Komponisten fur das alte
Klavier niedergeschrieben haben.
Die Jank6-Klaviatur verlangt weder eine neue Notenschrift, noch
irgend ein neues dynamisches oder ein anderes Vortragszeichen. Fiir den
Lehrer ist nur die Kenntnis des Jank6-Tastenbrettes erforderlich, alles andere
bleibt. Von unscbatzbarem Werte sind die vielen neuen Klangeffekte, die,
kunstlerisch verwertet, den Komponisten neue Anregung geben und von
groBer Schonheit sind. Tatsachlich hat Jank6's Erfindung bereits eine neue
Klavierliteratur hervorgerufen.
Die Jank6- Klaviatur kann heutzutage in jedes Klavier (Fliigel oder
Pianino) eingebaut werden, so daB abwechselnd beide Klaviatur- Arten be-
nutzt werden konnen. Diese Auswechselbarkeit der alten und neuen Kla-
viatur an ein und demselben Instrument, die bis vor kurzem noch unmoglich
war, wird der praktischen Einfuhrung der Jank6-Klaviatur in auBerordent-
lichem MaBe zugute kommen, da die Anschaffung eines besonderen Klaviers
nunmehr Uberfliissig wird. Noch einfacher gestaltet sich die Anbringung
der neuen Klaviatur an Orgeln und Harmoniums. Bei diesen Instrumenten
braucht das Janko-Tastenbrett bloB auf die betreffende alte Klaviatur auf-
geschraubt zu werden, ohne daB ein Umbau oder sonstige Ver'anderung
erforderlich ware.
Dem Klavierfabrikanten Wilhelm Menzel in Berlin gebuhrt das Ver-
dienst, eine Jank6-Klaviatur hergestellt zu haben, welche in technischer Be-
ziehung den hohen kunstlerischen Erwartungen und Anforderungen nicht
allein entspricht, sondern sie weit tibertrifft. Und zwar deshalb, weil nach
verschiedenen wertvollen, mehr oder weniger erfolgreichen Experimenten mit
Eisen-, Aluminium-, Holz- und kombinierten Konstruktionen des Hebels
Wilhelm Menzel wieder zur Holzkonstruktion zurlickgekehrt ist, die — eben
so einfach als sinnreich — das lang ersehnte Ideal im . Baue der Jank6-
Klaviatur verwirklicht. Der neue Hebel zeichnet sich durch aufierordentliche
Bewegungsfeinheit und Elastizitat aus. Vor Wilhelm Menzel's Jank6-Klaviatur
schwinden die letzten Bedenken und der Augenblick ist gekommen, um
deren Vorteile dem musikalischen Publikum zuganglich zu machen und immer
weitere Kreise davon zu Uberzeugen, daB Jank6 s geniale Erfindung eine der
groBten Fortschritte in der Klaviertechnik, iiberhaupt auf musikalischem Ge-
biete bedeutet. Sind einmal die Schranken des Widerstandes gebrochen,
so wird man von einer neuen Ara auf dem Gebiete der Musik sprechen
konnen.
Friedenau. Richard Hansmann.
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172 Julius Hey, Victor Bendix in Berlin.
Victor Bendix in Berlin.
Nicht um das nachtr'agliche Zugestandnis einer Unierlassungssunde gegeu
einen hervorragenden Kiinstler, der im Musikleben seiner skandinavischen
Heimat in allererster Reihe steht, kann es sich handeln, — vielmehr gilt
e87 die Ziele und den Zweck unserer »Internationalen Zeitschrift* ins Ge-
dachtnis zu rufen, wie sie die Leitung derselben bei der Griindung an die
Spitze ihres Programmes stellte: Den Werken auslandischer Komponisten
das gleiche lebendige Interesse wie den einheimischen Erzeugnissen ent-
gegenzubringen. — Um so mehr mufite es mich befremden, in dem mir
soeben iibermittelten Dezemberheft (Nr. 3) des danischen Komponisten Bendix
aus Kopenhagen, der sich bei uns mit drei Konzerten eigne r Kom-
positionen einfuhrte, mit keinem Worte erwahnt zu finden. Gestatten
Sie mir daher in Kiirze auf die Programme selbst hinzaweisen. Erstes
Konzert am 10. Oktober in der Singakademie : Sinfonie Nr. 3, A-moll,
Op. 25 — 6 Ges&nge fUr Tenor (von zur Miihlen gesungen) — Air und
Intermezzo fur kleines Orchester — »Zur Hohe«, Sinfonie Nr. 1, C-dur,
Op. 16. — Zweites Konzert am 24. Oktober (gleichfalls in der Sing-
akademie): Trauermarsch fur Orchester — Klavier-Konzert G-moll, Op. 17
(gespielt von der Pianistin Dagmar Raven aus Kopenhagen) — 5 franzbsische
und deutsche Lieder (von Hertha Dehmlow gesungen) — »Sommerklange aus
Siidrufllandc, Sinfonie Nr. 2, D-dur, Op. 20. — Drittes Konzert, am 26. Ok-
tober (Kammermusikabend im Bechsteinsaal) : Sonate fur Klavier, Op. 26
(vom Komponisten selbst gespielt) — >Welke Blatter «, Liederkreis fur eine
Frauenstimme (von Hertha Dehmlow vorgetragen) — Trio fur Klavier, Vio-
line und Violoncello, A-dur, Op. 12. Mitwirkende: Prof. Robert Hausmann
(Violoncell) und Karl Klingler (Violine).
Ftir die Einschatzung des vielseitigen Klinstlers als Komponist, Or-
chesterdirigent und Pianist konnte die Reihenfolge der Konzerte kaom
gunstiger gewahlt werden. Zwar wuBte die Berliner Kritik nicht gleich das
rechte Schubfach zu finden, in welch em sie den in alien Kunstformen mit
gleicher Sicherheit und originalen Faktur sich bewegenden Kiinstler unter-
bringen sollte. Denn nach dem ersten Konzert mischte man Mendelssohn-
Nils Gade'sches Epigonentum und skandinavische Originalitat durcheinander,
— bis das zweite Konzert Kunstverstandige wie Zuhorerschaft uberzeugte:
. . . >DaB der danische Komponist seinen vornehmen klinstlerischen Ruf
nicht mit Unrecht genieCt, daB er ein Musiker von ernster, idealer Gesinnung
ist und vor allem ein Meister der Tonsetzkunst, dessen Konnen nie-
mand die gebiihrende Schatzung versagen werde.« Die ZuhSrer zeiohneten
Herrn Bendix in ehrenvollster Weise aus; man bemerkte unter ihnen eine
Reihe bekannter Musiker, wie Rebicek, Prof. Hausmann, Arthur Nikisch und
Jean Louis Nicod^ aus Dresden. Dr. Paul Ertel schreibt in der >AUge-
meinen Musikzeitung« : » Bendix' ernstes, musikalisches, hohen Zielen zuge-
wandtes Streben liefi sich an diesen Kompositionsabenden genau verfolgen.
Seine schopferische Kraft steigt mit den Opuszahlen In dem Lieder-
kreis >~Welke Blatter* schlagt Bendix einen entschieden modernen Ton an;
es gibt harmonische Uberraschungen in Hulle und Fiille. — r Die Lieder
waren bei Fraulein Hertha Dehmlow, deren prachtige Stimmmittel ja
bekannt sind, vortrefiflich aufgehoben. In der Kammermusiksoiree zeigte
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Herbert Thompson, The English Autumn Provincial Festivals (1903). 173
sich Bendix tibrigens auch in der sehr schwierigen Klaviersonate Op. 26 als
gediegener Pianist, wie auch in gleicher Eigenschaft in dem hier schon
vom hollandischen Trio seinerzeit aufgefUhrten Trio A-dur, Op. 12 usw.«
Dem fuge ich hinzu, daB auch in Dresden einige symphonische AVerke
des Komponisten zur Auffuhrung gelangten, und der Pianist Prof. Hermann
Scholtz zwecks Vereinbarung mit dem Komponisten wegen des in Aussicht
genommenen Vortrags des G-moll-Konzertes , als begeisterter Zuhorer von
Dresden heruberkam. Auch "Wiederholungen einzelner Nummern hatten
wahrend der drei Konzerte stattgefunden.
Auf diese reinen, einem vornehmen Geiste entflossenen Kunstgeniisse
naher einzugehen, so wie die Etappen dieser reichen, fortschrittlichen Ent-
wickelung zu verfolgen, unterlasse ich; meine personlich empfangenen Ein-
driicke fanden vollste Bestatigung in dem spontanen Beifallsjubel der be-
geisterten Zuhorerschaft , der sich im letzten Konzerte, nach Schlufi des
Trios, zu einer Hohe steigertet wie man sie im Konzertsaal wohl selten
erlebt. Ich ftthre es als Beweis- und Beweggrund an, indem ich an die
Leitung der »Internationalen Zeitschrift* die Bitte richte: im Sinne einer
nachtraglichen Erganzung geschehenen Versaumnisses das Yorstehende in
der Januar-Nummer, Heft 4, gefalligst zum Abdruck bringen zu wollen.
Berlin. Julius Hey.
The English Autumn Provincial Festivals (1903).
A year ago I had the privilege of recording five important autumnal
festivals in various parts of England; this time the crop is much scantier,
and the sum total is but three, a small but unique one being sandwiched
between two of first-rate importance.
The first in chronological order was one of the "Three Choir" festivals,
which this year took place in Hereford (Sept. 8 — 11). These festivals are
under the conductorship of the organists of the respective cathedrals, a circum-
stance which in days gone by obliged some church musicians to appear in
a role for which they were totally unfitted. Nothing however indicates the
widened field of musical education more strikingly than the way in which
the present generation of these organists have adapted themselves to the con-
ditions in which they find themselves. Dr. G. B. Sinclair was brought up
in the strictest sect of Anglican church musicians, but he has thrown himself
with eager energy into the work of an orchestral conductor, and has acquired
a degree of confidence and power such as I suppose none of his predeces-
sors in Hereford can have approached. He had a distinctly ambitious pro-
gramme to undertake on the present occasion. Elgar's "Dream of Gerontius",
the power of which is now being rapidly recognized, furnished a difficult
task which he accomplished with marked ability. He inclined to drag the
time in his efforts after dignity of exppression, but this has nothing to do
with the general merit of a powerful performance. It is quite remarkable
how, by a concatenation of reasons, "Gerontius", in spite of its exacting
character, has acquired an unexampled popularity. The English public is
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174 Herbert Thompson, The English Autumn Provincial Festivals (1903).
well known, — too well known indeed, — for its slavish admiration for
two oratorios "Messiah" and "Elijah", which are habitually included in festi-
val programmes [they were heard at both Hereford and Birmingham this
autumn' on account of their "drawing" powers. "Gerontius" at Hereford
however achieved a record in the attendance, and the figures are curious
enough to deserve quotation. 2,130 is the number it attracted this year,
while the highest totals of former festivals are 2,129 at a performance of
"Elijah" and 2,128 for -Messiah"!
I must now turn to the novelties, which are as the salt of a musical
festival, even though the salt may vary enormously in point of quality.
Coleridge Taylor, whose "Hiawatha" cantatas still hold the field with English
choral societies, wrote for the occasion an oratorio "The Atonement", which
is in fact a sort of modernised Passion music. The librettist, a lady, made
the mistake of substituting her own words as a paraphrase of Scripture, and
it cannot be said the change was an improvement. Though the material
was laid out effectively into four scenes: — "Gethsemane", "Prayer of the
Holy Women and the Apostles", "Pontius Pilate", and "Calvary", — another
mistake was to introduce a piece of quite commonplace operatic convention
in the scene between Pilate and his wife. These things are of the greater
importance since the composer is one who depends so greatly on his libretto;
he rises or falls in accordance with its merits, and accepts every situation
offered him with absolute frankness. His sincerity and his power of pathetic
expression are his strong points, and the one prevents the other from ever
degenerating into mere drivel. His technical equipment is thorough, and had
he only a greater power of controlling the larger forms in musical structure,
I believe he might rise to much greater heights than he has yet attained.
There is unmistakeable power, melodic beauty, and richness of colour, all
over "The Atonement", but it is wanting in variety and repose, and also
perhaps a little in reserve.
Hubert Parry's "Voces Clamantium" is in the greatest possible contrast
to the work just considered. The libretto, nearly all selected from the Pro-
phecy of Isaiah, is admirably put together, the logical construction is quite
masterly, the primary tone of despair and denunciation leading by a gradual
climax to a culminating note of joyous aspiration. On the other hand the
emotional colouring which Coleridge-Taylor gives his music, both in melody
and orchestration, is conspicuously absent. Far be it from me to suggest
that Parry is not an emotional musician, for he is one who puts his whole
self into what he writes, yet I think he does not allow his emotions sufficient
play, I think that he might find room for more sensuous beauty without
loss of dignity. At the same time this is largely a matter of temperament,
and one could not wish a composer who has a distinct individuality of his
own to assume qualities that might tend to conceal it.
These were the principal novelties; the minor ones were a brilliant and
effective orchestral Rhapsody on Indian Themes by Cowen; an Interlude.
-The Wilderness", from an oratorio by Granville Bantock, a composer who
has at least the gift of conjuring up an atmosphere and great powers of
orchestral expression, and lastly a well written setting of the Magnificat and
Nunc Dimittis, warm in expression yet dignified in character, by Ivor Atkins,
the organist of Worcester Cathedral.
Wolfram's "Christmas Mystery" was given for the first time at an English
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Herbert Thompson, The English Autumn Provincial Festivals (1903). 175
festival. It gaare me the impression of being a singular mixture of the
naive charm of folk song with a conscious effort at elaboration that over-
powered the quaint, intimate nature of the subject; but this was a first im-
pression which I shall be very willing to modify on further acquaintance
with a highly interesting work. The closing scene from the first Act of
^Parsifal" has been given at two previous Hereford festivals, so that it is
regarded as something of a specialty. It is to my mind very well suited to
a cathedral, and the children's voices in the dome always make a marvellous
impression when proceeding from the heights of the central tower, far away
from the orchestra. It is a triennial sensation which I would not readily
miss. Bach's cantata "Jesus sleeps", which had been edited for the occasion
by Ivor Atkins, Brahms's First Symphony (in the cathedral) and Tschai-
kowsky's Fifth (in the concert-room), were among the more interesting fea-
tures of a programme which was well designed to conciliate varieties of
tastes. One thing about the "Messiah" performance is worth noting. Accor-
ding to the Hereford custom, every note of the music is conscientiously
played, and the whole represented 3 hours and 9 minutes of solid music.
"Die Meistersinger" without cuts takes 3 hours and 20 minutes, "Gotter-
dSmmerung" [about 4 hours; a rather interesting comparison in long-wind-
edness !
Between Hereford and Birmingham the little festival of Hovingham
Sept. 23 — 24) afforded a restful rustic intermezzo. Hovingham is a Yorkshire
village which, through the efforts of a musical Rector and an artistically
minded Squire, has a festival of its own at which many important works
have been produced. At this, the twelfth of these festivals, Verdi's Bequiem
was the chief work given, and was produced with a completeness that left
nothing wanting. Canon Pemberton, who is not only the originator, but
also the conductor of the festival, also directed an excellent performance of
the Pastoral Symphony, which had an obvious appropriateness in this pretty
country place, and Bach's cantata, fc,0 Light everlasting" was a noteworthy
feature of the event. Fanny Davies as the soloist in Saint-Saens's G minor
pianoforte concerto, Herbert Withers's exceedingly brilliant violoncello playing,
and Agnes Nichoils's highly artistic singing of an ample selection of songs,
were other things deserving mention even in this brief summary.
On turning to consider the Birmingham Festival (Oct. 13 — 16), one event
stands out beyond the rest in the intense interest it excited. This was the
first performance of Elgar's oratorio, "The Apostles", — or at least of the
first and second parts, for it has been conceived on so large a scale that
the present work is but an instalment, and the whole promises to be so
lengthy that a couple of concerts will have to be devoted to its performance.
So much has been, and will be, said about this remarkable work, that I
may be content to give my own personal impressions, and that in a rather
summary way. The first thing that strikes one is the excellence of the
book, which the composer himself has compiled from Scripture. He has not
contented himself by giving a bare narrative, varied by an occasional me-
ditation or moralising, but has given freshness to the material by his in-
genious and illuminating method of presenting it. Thus by making the
Magdalen a witness of the scene in which Christ walks on the waters and
calms the storm, the storm is made a similitude of her own agony of re-
pentance, and she comes to the Saviour as one of whose power to allay her
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176 Herbert Thompson, The English Autumn Provincial Festivals (1903).
trouble she is convinced. In this manner, without straining the narrative
unduly, one incident is made to illustrate another, and place it in a fresh
and striking light. In its present state the work is open to this criticism,
that we have a series of episodes which are connected in one's mind only
by a knowledge of what is extraneous to the oratorio, and lead to no final
denouement. The result is a torso, yet a magnificent one. Musically the
work is, I feel convinced, an advance upon "Gerontius". Its composer steps
with a more certain tread, his effects are less tentative, his weaving together
of a wonderfully complex score is more masterful. In feeling the music is
more masculine, and it attains a greater elevation than is the case with
anything he has done before. His handling of the orchestra is wonderfully
powerful, the magnificence and variety of the colouring are almost bewilde-
ring, and one only fears lest they should dazzle one's critical faculties and
make it difficult to judge dispassionately so striking a work. For this
reason I, for one, shall not be ashamed to revise my impressions upon the
second or third hearing, and doubtless there will, in spite of the difficulty
of the oratorio, be many occasions on which we may renew our acquaintance
with it. It received a wonderfully complete and sympathetic interpretation
for a first performance, and I cannot refrain from mentioning the powerful
rendering by Muriel Foster of the part of Mary Magdalen, or the dignity
and self-repression which Ffrangcon-Davies shewed in his singing of the
words of the Saviour. If at each of the three festivals under consideration
Mendelssohn's music appeared for the gratification of the popular taste, Bach
was also represented for the sake of the musicians. At Birmingham we had
what is perhaps Bach's greatest choral work, the Mass in B minor, of which
a highly impressive performance was given under Richter's direction. Among
the less familiar choral works were an interes ting revival, Stanford s "Voyage
of Maeldune", a choral ballad founded on Tennyson's poem, and first pro-
duced at the Leeds Festival of 1889. The impression made by a fresh
hearing after so long an interval was that the various scenes were treated
with a keen sense of their opportunity for picturesque effect, and that many
of them have real charm, but that a more dignified exordium would immen-
sely improve the work. Liszt's Thirteenth Psalm was unfamiliar in this
country, Bruckner's Te Deum new to it. Neither reaches the highest level
of inspiration, but there is the expression of genuine emotional feeling in
the fine climax of the former, and the latter has a grandiose, and, as one
may say, spectacular effect which is imposing. Birmingham was the only
festival which did honour to Berlioz in view of his approaching centenary,
and an exceedingly fine performance of the "Harold" symphony was given.
Since then Bichter has performed the symphony on several occasions, and
this opportunity of becoming more intimate with it has only convinced me
that its enormous cleverness only partially hides a sad lack of inspiration.
As a piece of orchestral virtuosity it must still command attention, but as
a sincere expression of genuine emotion I think it must be confessed that
it falls short of greatness. The other symphonies included in the programme
were Mozart's in G minor, Brahm's in E minor, and Beethoven's Choral
Symphony, a powerful and brilliant performance of which brought the festival
to a close.
The performances at Birmingham reached a high standard of merit, and
particularly is this the case with the chorus. Ever since about 1891, when
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Mu8ikberichte. 177
the chorus was superb, there has been a gradual falling off, but now the
status quo ante has been most satisfactorily re-established. Much of the
credit belongs to R. H. Wilson, the newly appointed chorus-master, who has
for a good many years worked in a similar capacity at Manchester, under
Bichter. He therefore fulfils the important condition of being in close touch
with the conductor, as well as of being an expert choir-trainer. The nucleus
of the orchestra was also from Manchester, and fewer players than usual
were drawn from London. This occasioned some heart-burnings, for though
Birmingham could without loss of dignity recruit its orchestra from the
Metropolis, it was rather like a confession of weakness to have recourse
to another provincial town for that purpose. However, while I do not think
the orchestra suffered, Birmingham may gain if it is inspired to follow
Manchester's example and to set to work to form a local orchestra which
shall sooner or later rival in efficiency the band founded by the late Sir
Charles Halle nearly fifty years ago, with such signal advantage to the North
of England.
Leeds. Herbert Thompson.
Musikberichte1 .
Referenten. W. Altmann, V. Andreae, Alf. Kali sen, Ch. Maclean,
O. Neitzel, J.-Q. Prod'homme.
Berlin. Oper. ' Das Debut von Frl. Heddi Kauffmann im »Waffenschmied< ge-
fitattet noch kein sicheres Urteil. ob diese juDge Dame, deren fein-grazioses Spiel recht
zu loben ist, em wirklicher Gewinn fur unser Konigliches Opernhaus ist; der
Gesamteindruck der ganzen Vorstellung war ein recht matter. Massenet's >Manon«,
welche Oper anl'aBlich der ziemlich verungliickten franzosischen Auffiihrung im April
1902 fur die Eonigliche Biihne erworben wurde, ist nun endlich in Szene gegangen,
ohne hier den gleichen Anklang wie z. B. in Wien zu finden, wo sich das Werk seit
1889 auf dem Repertoir halt; nur die Kirchen- und die Sterbeszene iibten hier eine
tiefere "Wirkung aus. Trotz zahlreicher Schonbeiten im einzelnen weist freilich Ga-
llon* eine solche Stillosigkeit auf, daG Massenet's Verehrer wohl lieber seinen >Werther«
oder »G16ckner von Notre-Dame« hier aufgeflihrt gesehen batten. Fur die auBere
Ausstattung war glanzend gesorgt. ebenso fur die musikalische Einstudierung ; doch
fuhlen sich Herr Kapellmeister Dr. Muck und die moisten unserer Sanger auf dem
Gebiet der franzosischen Oper nicht ganz heimisch. Fur die Titelrolle ist Frl. Farrar
eine zu kiihle Natur; gesanglich leistete sie ausgezeichnetes. Recht gut war auch
Herr Naval, der freilich in der Traum-Erzahluug versagte.
Das Theater des AVestens beschrankt sich auf die Einverleibung bewahrter
Werke in sein Repertoir; so gab es infdlge des Gastspiels von Julius Spielmann eine
tiotte Auffiihrung von Millocker's unverwustlichem »Bettelstudentc. In Maillart's
»Glockchen des Eremiten« hot Lina Doninger als Rose Friquet in jeder Hinsicht eine
Prachtleistung , zeigte Herr Kapellmeister Max Roth, der bisher nur Operetten
geleitet. daB er der geeignete Mann ist. um die Vorstellungen der Spielopern zu
heben. W. A.
1; Die Berichte aus Basel, Berlin Konzerte , Frankfurt a. M., Genf, Hamburg, Karls-
ruhe, Kopenhagen. Munchen, Rom und Wien muBten fur das nachste Heft zuriick
gestellt werden. Die Redaktion.
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178 Musikberichte,
Koln. Unser Stadttbeater entwickelt eine unheimliche Betriebsamkeit. Da die
Wiederholungen meist mittelm'aBig besucht sind, so wird ein Repertoire herunter-
gewickelt, das sonst fur zwei oder wenigstens anderthalb Spielzeiten reichen wiirde.
Am 8chlimmsten sind dabei die Orcbestermusiker daran, und es kommt dann haufig
vor, daB von den vorgescbriebenen sechs ersten Geigen zwei krank. zwei so ermudet
sind, daB sie nur markieren und die beiden ubrigen die ganze Ehre des ersten Violin-
parts wahren. Das streift an Kammermusik. Das andere Prinzip, eine Oper so sorg-
sam vorzubereiten und so anziehend auszuarbeiten, daB sie das Publikum fiir ein balbes
Dutzend Vorstellungen zu gewinnen vermag, hat sich bis jetzt nicht durchgerungen.
Wenn Direktor Purschian erst einsieht, daB mit dem ewigen Wecbsel des Spielplans
keine Seide zu spinnen ist, so besinnt er sich vielleicbt aucb einmal auf dies kiinst-
lerisch we it ricbtigere Prinzip. Jedenfalls scheint er nichts unversucht lassen zu wollen,
um den Stein der Weisen zu finden und einem Theaterwesen , das auf eine allzustark
bemessene Theaterlust des Publikums zugescbnitten ist, zur Prosperitat zu verbelfen.
Von »Ereignissen< fand die Buhnenauffuhrung der Verdammung Fausts am Berlioz-
tage statt, die einen ziemlichen Erfolg hatte und auch leidlich ausfiel. Augenblicklicb
gastiert d'Andrade als Barbier, Don Juan und Rigoletto. Er gab zu einer ganz italieniscb
gesungenen Vorstellung der letztgenannten Oper AnlaB, rief uberhaupt einen unge-
wohnlichen Eifer des ganzen Personals hervor. Recht zur Geltung konnte namenthch
Frl. Vidron als Rosine und Gilda kommen, unser neuer Koloraturstern. Ibr ist ein
hohes Fis eine Freude und ein hohes G eine Wonne, ihre Koloraturen sind von einer
Sauberkeit, daB man glaubt, einen Instrumentalvirtuosen zu horen. Vorlaufig wissen
die Kolner noch nicht, was sie an ihr haben, und wenn sie es wissen, wird sie unter
marchenhaften Bediugungen nach Wien oder Hamburg engagiert worden sein. —
Steinbacb fuhlt sich immer mehr Herr der neuen Lage, und das Orchester spielt gern
und fein unter ihm. Das vorletzte Giirzenich-Konzert war ausschlieBHch seinem Lieb-
lingskomponisten Brahms gewidmet, dessen C-moll-Symphonie und dessen Haydn-
Variationen die Hauptstiicke des Programms bildeten. Das letzte Konzert bestand in
einer Berliozfeier und brachte dessen Oper Beatrice und Benedict in Konzertfonn
Man sah den franzosischen Romantiker gern auf Mozart-Rossinischen Pfaden wandeln
blickte doch oft genug namentlich aus der Instrumentation die Berlioz'sche Lowen-
kralle hervor. Am Brahms-Abend erspielte sich Frau Soldat-Roeger einen groBen
Triumph mit dem Geigenkonzert, w'ahrend in der Berlioz'schen Oper Frau Felser und
Herr Liszewsky vom hiesigen Stadttheater, Herr Ludwig Hess, Herr Sistermans und
andere erfolgreich mitwirkten. — Das Gurzenich-Quartett mit Bram-Eldering als Prim-
geiger fand gegen friiher erhohten Anklang, namentlich am letzten Abend, wo Klotilde
Kleeberg mitwirkte. Neuerdings macht auch der Tonkiinstlerverein von sich reden.
Nachdem sich am vorletzten Abend der neue Lehrer des Konservatoriums und stell-
vertretende Direktor Waldemar von Baussnern als eigenartiger Liederkomponist ein-
gefuhrt hatte, gelangten am letzten durch die Herren Lambinon (Geige), v. Zweygberg
(Cello} aus Krefeld und den Unterzeichneten das B-dur-Trio von Widor, das zweite
Trio (E-moll; von Saint-Saens. die Violinsonate von Leopold Schmidt, die Cellosonate
von Wilhelm Miihlfeld zur Auffuhrung, schwere, aber gehaltvolle Nusse furs Publikum,
das sich dann sehr an Miiller-Reuters neuen vierh'andigen Tanzstiicken >Im Ballsaal*
ergotzte. O. N.
London. — Tlie notes of November detached concerts were excluded last month
for want of space. One of the most interesting orchestral events was Johann Kruse's
Berlioz Commemoration Concert which was conducted by Weingartner, and it also
drew by far the smallest audience of the season. But Weingartner's Berlioz conduc-
ting — in its intense vitality, its extraordinary lucidity and its power of expression
— was a revelation. His performance of the familiar Carnaval Romain proved so
exciting that it had to be repeated, a very rare occurrence in an English concert hall.
Equally remarkable was the monumental performance of the Symphonie Fantastique,
which never before has sounded so beautiful or so weirdly grotesque and uncannily
clever. Hans Richter and his Manchester band also gave a Berlioz concert, which
was very interesting, but not so exciting as the Weingartner Concert; though their
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Musikberichte. 179
performance of the "Harold in Italy" symphony was very fine. The playing of the
viola part by S. Spielmann was again quite remarkable. The Halle Band was on
the whole happier in its Brahms Concert, when the First Symphony and the Haydn
Variations were played with wonderful finish of phrasing and lucidity. Busoni took
the place of Willy Hess who should have played the violin concerto (but was indis-
posed), and played the D Minor pianoforte concerto with a magnificence of technique
and a poetic breadth of interpretation which no living player could equal. Two of
Henry J. "Wood's Symphony Concerts also took place, and a fine performance of
Brahms's Fourth Symphony at the first, and Fritz Kreisler's interpretation of the vio-
lin concerto, were their chief features. Kreisler's playing was as fine as Busoni's, and
for much the same reasons, and higher praise cannot be given. Emil Paur also con-
ducted a concert of the Queen's Hall orchestra, and proved himself a very able and
picturesque interpreter of orchestral music. On this occasion Emil Sauer played quite
superbly a not very remarkable concerto of his own.
One of the features of the season has been the number of young artists who have
engaged the Queen's Hall orchestra for their debuts, and have done very wisely, for
by no other means can they obtain such perfect accompaniment. It gives them a
much better opportunity of arresting public attention than an appearance with piano-
forte accompaniment or a scratch band. The first of these artists was Egon Petri,
a pianist of great merit and son of the well-known Dresden Konzertmeister. He
has abundant technique and a fiery temperament, and played Tschaikoffsky's B fiat
minor Concerto, and Brahms's D minor concerto with striking success. Of the num-
ber of brilliant violinists there is no end apparently, and we have heard at least four
who about five years ago would have taken the world by storm and have been ac-
counted marvels of technique. "What will be their fate it is hard to say. There is
Dorothy Bridson a pupil of Halir, there is Marie Nichols of Boston, there is the
gentleman who calls himselfs "Bonarius", and there is Francis Macmillen, an American
but a pupil of Cesar Thomson, who is perhaps the most likely to succeed of all of
hem, and there is Irene Penso a pupil of the London Academy. All are very gifted.
Marie Nichols played for the first time in London Max Bruch's interesting, but not
concise, new Serenade in five movements, and played it like an artist, especially the
beautiful slow movement; and Irene Penso introduced to London a new and not very
valuable concerto by Arensky, which is suave and pleasant, but without character
Most of these artists have given recitals (with pianoforte) as well; and among other
recitals given may be mentioned those of Marie Hall, Jan Kubelik, Jean Gerardy,
Pachmann, da Motta, Blanche Moreton, Mark Hambourg (greeted with great enthu-
siasm after his long absence in America and Australia), Sarasate, Berthe Marx Gold-
schmidt, Plunket Greene (who has dissolved partnership with Leonard Borwick owing
to the difficulty of finding dates to suit both), and Cornelia Hollosy and Ida Kelen,
two Hungarian ladies who played music on two pianos very cleverly. It must be put
on record too that the admirable students' orchestra of the Royal College of Music
under Stanford has played Strauss's "Tod und Verklarung". Who can say London
is not progressive?
The last week of November was a violinists' week, and at least four such claimed
attention. First came Ysaye, who was in his most commanding mood. He played
nothing new, but the accompaniment to one of the Vieuxtemps concertos was exe-
cuted on the pianoforte, an organ, and a harp, — a strange combination. Similarly,
without the harp, Percy Pitt's poetical and effective "Ballade". In the Bach "Chaconne"
he used Schumann's pianoforte accompaniment, that model of the set of artistic vir-
tues which we lump together under the title of discretion, but which nevertheless by
•giving a harmonic substratum to the solo violin alters, and many people will think
for the better, the whole character of the composition. Ysaye is in all ways a living
protest against the mistaken ideal of an arid, anaemic, jejune, rigid, square-toed, pro-
saic way of playing Bach. We have heard many wonderful violinists quite lately, and
admired them greatly, but none has been able to threaten his supremacy. Francis
Macmillen gave the usual "recital" following on his orchestral concert, and, which
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180 Musikberichte.
does not often happen, increased his reputation. Elsie Playfair, ex-student and prize-
winner of the Paris Conservatoire made a very successful d£but. It may be surmised ■
that her natural bent is all towards seriousness and solidity, and that her French trai-
ning has added just the necessary counteracting sense of delicacy and love of polish.
How is it by the bye, that the young violinists all seem to have more music in them
than the young pianists? If one compares the violinists under 25, say, with the pia-
nists of the same age whom we have heard this year, the contrast is certainly very
striking. Ferencz Hegedus, the 4th violinist here to be named, has made an almost
incomprehensible improvement since his last appearances. One could always see then
that he had a fiery temperament, but the fire burnt unsteadily and was obscured by
smoke; while now it burns steadily and clear.
At Henry Wood's 3rd Queen's Hall Symphony Concert, Borodin's B minor Sym-
phony was performed. Borodin was a professor of chemistry besides composing music,
and so it is the fashion to call him an amateur composer. That is a dangerous phrase
unless he who uses it makes up his mind precisely what it means. If it implies that
the compositions show signs of want of skill or training, then it is better to say that
the person in question is not a composer at all. If it simply refers to a musician's
external circumstances, and suggests that a person can afford to pay for the publi-
cation of his works, it is not so harmful; but in that sense Richard Strauss was an
"amateur" for many years — which is absurd. As applied to Borodin the term has
some sense, to the extent of its being obvious that the pursuit of science had toned
down his temperament. He has much refinement and charm, but no great strength
or impulse. He seems to orchestrate effectively and skilfully, and to invent new and
pleasing orchestral colours, by instinct. He is never lurid; and though he uses an
Eastern scale with a horribly long name, his music is really more Western — because
of its restraint — than that of most Russians. The symphony, in any case, is a work
to be heard with pleasure. Jean Gerardy played Saint Saens' A minor violoncello
concerto like a very great artist, and Muriel Foster sang Strauss's "Hymnus" with
her usual charm.
A testimonial concert was given to the entrepreneur Robert Newman on the tenth
anniversary of the opening of Queen's Hall, 2nd December 1903. The changes in
the face of musical London which these 10 years have seen have most of them been
connected in some way with Queen's Hall, and have many of them been due to
Robert Newman' enterprise — a fact which shows some tendency of being forgotten.
In 1893 a permanent London orchestra seemed as far off as National Opera does now
— even further. We had not heard Lamoureux, and his band had not given Londoners
the much needed lesson in the value of orchestral ensemble. In fact ensemble, in the
sense in which it is now familiar to everybody who can pay a shilling to go to a
Promenade Concert, was known only to the fortunate few who had been able to
listen to the orchestras of the continent. The Queen's Hall Promenades have edu-
cated a new public, and may almost be called factors in our social as well as our
musical history. And so with the Sunday concerts, which a misguided municipality
almost strangled in their infancy; at these one sees now the most distinguished au-
diences that any concerts in London can boast. Hans Richter gave a Wagner con-
cert with his Manchester ^4Halle"j band. Broadly speaking his Wagner readings
are distinguished from those of the younger men by his more strenuous tempi; and
yet in spite of that he produces the impression of greater dignity and strength than
any other, and that is the secret of his supreme art. A new chorus has made a very
promising debut, called the London Welsh Musical Society, and trained by Merlin
Morgan. All the performers are Welsh, and at the opening concert all the music
was of Welsh origin, containing the "Swan and Skylark" of Goring Thomas, and "The
Seasons" of Edward German, — both of these composers being Welshmen. The no-
velty, a Psalm of Praise conscientiously called -praiss4' by the singers) of D. Christ-
mas Williams was very interesting, though hardly in the way the composer intended.
That he has musical ability is certain, and that makes it the more strange that he
should in 1902 or 1903 have written a work which belongs intellectually and artisti-
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Musikberiehte. 181
cally to the generation before last. What is it that makes artistic people in this
country so prone to look backwards? D. C. W. should be recommended to take a
strong dose of Queen's Hall Concerts. "Hansel and GreteP' by the students of the
Royal College of Music (conducted by Stanford) was among the best operatic perfor-
mances they have ever achieved.
The two principal Berlioz celebrations of the nature of an exact anniversary were
"Romeo and Juliet" at the Royal College of music under Stanford on 8** December,
and a miscellaneous concert under Richard Strauss at Queen's Hall on the 11th De-
cember itself, this last occasion being for the benefit of the "Society of French
Teachers in London". It is nearly 12 years since "Romeo and Juliet" in its complete
form has been given in or near London. Of the less familiar parts, one of the finest is
the movement representing Romeo at the tomb of the Capulets, which was vehemently
applauded, not only because of its sincerity and depth of expression, but presumably
because the audience was flattered at the fact of its being played at all; Berlioz
directs that it shall be left out unless there is an audience d'Slite gifted with ima-
gination and familiar with Shakespeare. It was interesting to hear StrauB conduct
Berlioz, for StrauG is the chief living representative of the ideas which Berlioz was
the first to put into practice. By insistence on the characteristic colour of each in-
strument, by never allowing the rhythmic outline to become blurred he makes Ber-
lioz' meaning, and his way of expressing that meaning, very intelligible. Here his
own well-known love of rugged contour stands him in good stead. He learnt his view
of Berlioz, he tells his friends, from Biilow, who insisted on the rhythm relentlessly.
Thus the love-scene from "Romeo and Juliet" became under him very direct in its
utterance and the themes more articulate than usual. The Queen Mab Scherzo was
deliriously played, the more deliberate pace enabling the players to exhibit rare deli-
cacy and precision, and to phrase in a way which the usual break-neck speed makes
impossible. The scherzo was, as a result, made to sound more like a product of the
inner imagination than of the outer senses. The "Francs Juges" was very interesting
to listen to, if only because Berlioz regarded it as the most terrifying thing in all
music. The imaginative listener will not fail to perceive at one point of it the deli-
very of a dread sentence, and in the gentle melody later on the pleading of unjustly
accused innocence, or of a maiden on behalf of her beloved ; while the rhythms of
the close will suggest a headlong flight and hot pursuit.
On the 9 to December Frau Pauline Strauss de Ahna gave a recital of 16 of her
husband's songs, accompanied by him; a scanty but convinced audience encored 6.
Strauss has first of all a power of real melodic invention, secondly a great power of
getting at the very heart of a poem, lastly the certain touch which enables him to
state his thought in the most effective way. Of the 16 songs, "Traum durch die
Dammerung" was the most beautiful, „Jung Hexenlied" the most powerful, "Heim-
liche Aufforderung" the most passionate, uMuttert*andelei" the most humorous; and
"Winterweihe", "Einkehr", "Du meines Herzens Kronelein", and "Gefunden", which
is new, are all songs to be studied. The Handel Society produced on 15th December
Wolfram's ^Christmas Mystery", which had not been heard in London before, and
though it struggled very creditably could not quite catch the right spirit. "When we
get a choir which can fully realize that Wolfrum's music is devotional without being
clerical, the beauty of the work will make itself felt, but not till then. The Handel
Society is to be thanked for its courage in producing it in face of the doubts ex-
pressed in so many quarters after the Hereford Festival. Alf. K.
The musical critic of the "Times" (writing from Paris) sums up the London
Berlioz performances thus : — "In London we have heard three new things, the scena
La mort de Cleopatre, the third of the set of pieces called Tristia, the noble
funeral march for the end of Hamlet, and the violin Reverie and Caprice. For
once London has done ample justice to the memory of the great Frenchman, for the
four concerts respectively conducted by Weingartner, Richter, Stanford, and Strauss.
nave been thoroughly representative of the different aspects of his genius. If only
the operas, or any one of them, could have been performed on the stage, English
Z. d. I. M. V. I9ltll|d bV
182 Musikberichte.
musicians would have had cause for even more self-congratulation ; but, even if we had
a permanent opera in London, it is unlikely that Berlioz would find a place in the
repertory, and those who wish to judge him as an operatic writer must still go to
Germany for the purpose". The attendances have been bad. No one expected that
they would be very good. Strauss's own in June were little better (IV, 630). The
English do not like one-man concerts. Nor did anyone expect that indifference would
turn to enthusiasm because of a calendar-date. For all that, it must be unhesitatingly
asserted again that Berlioz is just beginning. Into the Gallic classical school
(in its turn reflected from Germany), he injected an all-pervading pungent transcen-
dental flavour-essence derived from his purely Latin race and his own strong perso-
nality. The blend might have been a heteroclite monstrosity; his contemporaries thought
that it was. A three-quarter century of experience has shown that genius did not play
so sorry a trick on her emissary, but that on the contrary the product is something
noble and indestructible. When the names even of the ear-ticklers are forgotten this
music will still be in the fore-front. C. M.
Paris. Apres le theatre de la Monnaie de Bruxelles d'ou lui sont revenues tant
d'ceuvres franchises, l'Opera, presque en meme temps que le grand theatre beige don-
nait la premiere du Roi Arthus d'Ernest Chausson, a represente l'Etranger de
son ami et condisciple M. Vincent dTndy, l'Etranger, « action musicale en deux
actes>, dont M. d'Indy a ete en meme temps le librettists et le compositeur. La
nouvelle ceuvre de l'auteur de Fervaal a dechaine" des enthousiasmes ardents et quel-
ques coleres jalouses: ce qui prouve tout au moins qu'eUe ne passera pas indifferente,
sur la scene de l'Opera. On a reproche avec juste raison a M. d'Indy, ici comme dans
Fervaal, une indeniable et persistante influence wagnerienne. Son heros, c'est un
< stranger > dont on ne connait ni le nom ni la patrie, et que jalousent lea autres
pecheurs (la scene passe au bord de la mer, pres de Biarritz, a notre epoque] parceque
ses filets sont toujours pleins, meme lorsqu'il n'a rien pris. Charitable, sauvant les
naufrages, defendant les malfaiteurs, cette sorte de Christ qui ressemble par plus d'un
trait au Fliegender Hollander, inspire l'amour pour sa beaute" et aussi, pour le mystere
dont il est entoure\ a une simple fille, Vita; Vita, malgre* sa mere qui 1'accuse de ca-
price, prefere ce personnage grave et mur au beau et jeune donanier quelle devait
epouser. L'Etranger, que son destin vouait a ramour impersonnel et collectif, finit, tel
la Hollandais de la legende, par ceder a l'attrait de la jeune fille; des lors, il est
dechu de sa mission sacree de redempteur; il remet a Vita son talisman, une emeraude
qui brille a son bonnet de pecheur. Vita jette la precieuse pierre dans les flots; ausaitot
une tempete se declare; une barque est en perdition sur la mer en furie, personne
n'ose aller a son secours. L'Etranger se devoue, quoique prive* de son talisman, Vita
le suit. Tous deux se perdent dans les flots . . .
Sur ce theme, M. Vincent d'Indy a ecrit une partition dans laquelle on a, en
general, remarque" un trop grand nombre de reminiscences wagneriennes, du Hollan-
dais a Parsifal; et le symbolisme un peu ardu auquel il se complait n'a pas ete
sans nuire au succes total de l'oeuvre. Disciple de Franck autant que de Wagner,
d'une science de l'orchestre et de la composition impeccable, l'auteur de l'Etranger
a £crit une musique plus abstraite que vraiment vivante, malgre* les episodes realistes
(l'intervention d'un douanier, ceUe d'un contrebandier; qui font tache dans cette at-
mosphere de symbole; l'impression finale est froide, malgre les beautls mombreuses
dont l'oeuvre est parsemee: le finale du premier acte, la scene ou l'Etranger vante
Femeraude sacree qu'il confie a Vita; l'incantation de Vita a la mer; le finale du
deuxieme acte ou se d^chainent l'orage de la mer et celui de la passion.
Luxueusement monte a l'Opera (auquel on a reproche cependant, sous pretexts
d'innovations, de ne pas suivre, comme a la Monnaie, la mise en scene indiquee en de-
tail par l'auteur), l'Etranger a pour protagonistes deux artistes dont l'eloge n'est
plus a faire : M. Delmas et M'1* Br6val. Quant a l'orchestre, il est excellent, — comme
a toutes les premieres de TOp^ra .
Avec l'Etranger, M. Gailhard a eu Tidee au moins etrange de faire jouer, sur
la scene immense de l'Opera, r^trecie, il est vrai, pour la circonstance, une des oauvres
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Musikberichte. 183
lesplus minces de Mozart, l'Enlevement au SSrail, qui n'avait guere £te* execute
a Paris qu'en 1802 (au theatre de la Cite\ par une troupe allemande de passage;
MU« Lange, beUe-soeur de Mozart y chanta le role de Constance) et en 1869 (au Theatre-
Lyrique). A 1' Opera, MU«« Lindsay et Verlet ont ete" tres applaudies.
Le theatre de rOpera-Comique a repris Pel Has et Melisande de M. Debussy.
Au Nouveau-Theatre ont eu lieu trois auditions de Don Giovanni, en italien.
sous les auspices de la Soci£te des Grandes Auditions musicales de France. Mme Lilli
Lehmann , dans le role de Donna Anna, a obtenu un tres vif succes , sauf cependant
des auditeurs transalpins qui n'aiment pas la musique trop dramatique, et ont reporte
leurs applaudissements sur le tenor A. Bonci, leur compatriote, qui possede evidemment
toos les secrets de Tart du bel canto, mais, par contre, se soucie fort peu de la si-
gnification du role qu'il interprete. Mme Jeanne Leclerc est une excellente Zerlina
Mme de Vere une bien mediocre Elvira; les autres interpretes Staient MM. Daraux
Don Giovanni), Challet (LeporeUo), Jan Reder (II Comendatore) et Blanc (Mazetto).
M. Beynaldo Hahn auquel on doit cette reconstitution integrate, en deux actes, de
Don Giovanni, a fort bien conduit Torchestre, dans lequel seuls, les core se sont
fait8 remarquer, — a leur desavantage. On eut pu, pour plus d'exactitude, employer
le clavecin au lieu du piano pour Taccompagnement des recitatifs. II est regretable
aussi que cette partition de Mozart, faite exclusivement pour la scene, ait 6te*
donnee en concert.
C'est a la Society des Grandes auditions que Ton doit egalement, aux Concerts-
Colonne, Texecution de la Damnation de Faust, de l'Enfance du Christ de
Berlioz, que suivront bientot celle de Rom^o et du Requiem. Le Chatelet ne pou-
vait faire moms pour c616brer le glorieux centenaire de ce Berlioz que tous les theatres
de France delaissent avec un ensemble remarquable! De son cote, le Conservatoire
a fait entendre par deux fois integralement, Romeo et Juliette (6 et 13 d&embre)
et M. Chevillard (le 13 et le 20) la Damnation qu'il n'avait pas reprise depuis la
mort de Charles Lamoureux.
Avec deux conferences, Tune de notre collogue de TI. M. G., Eugene de Soleniere,
lautre de l'erudit archiviste de r Opera, Ch. Malherbe, voila toutes les manifestations
musicales qu'a provoqu^es, a Paris, le centenaire de celui que toutes les nations musi-
cales ont fete" comme un des leurs.
Quelques berlioziens, le 11 et le 13 de*cembre, allerent deposer des couronnes et
des fleurs a la statue de Berlioz elev£e square Vintimille, ainsi qu'au cimetiere Mont-
martre; quelques paroles, ici et la, furent prononcees pas MM. Colonne, Dauriac,
Bruneau, Chevillard, et ce fut tout Thommage exterieur de Paris indifferent a celui
qui ne fit qu'y vivre dans la souffrance et les tourments, quarante ans de son exi-
stence!
Les concerts particuliers commencent vers le mois de dScembre. Deja nous avons
ea ceux de MM. Wurmser (avec Mlle Eva Lessmann, de Berlin), Charles Bouvet,
violoniste, qui se consacre a Bach et aux anciens maitres, — de meme que Mlle Blanche
Selva, a la Schola Cantorum; la Societe Philharmonique se consacre toujours avec
succes a la musique de chambre.
Le 2 decembre, T Association chorale artistique l1 Euterpe, accompagnee au piano
par M. Chevillard, a fait entendre une partition inconnue pour ainsi dire , de Schu-
mann, le Paradis et la P£ri; l'execution a 6t6 excellente, sous la direction de
M. Duteil d'Ozanne.
De province, on annonce a Angers, la r£ouverture des Concerts populaires; de
meme a Lille, ou M. Paul Pannier, de IT M. G., avec le concours de Miles Masson
et Pannier, et de rorganiste-claveciniste Deckers, ressuscite, avec les instruments de
l'epoque: viole de gambe, viole d1 amour, virginale et clavecin, les vieux maitres
francais et etrangers, Bach, Couperin, d'Hervelois, Marais, Bameau, 1' Anglais Far-
naby, etc.
A Bordeaux, la fete de Sainte-Cecile est celebree par la Society du meme nom,
avec la Messe du Pape Marcel et la Marche du couronnement, de Saint-
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184 Notizen.
Saens. La Society de musique de chambre a execute des sextuors de Seitz et de Pfeiffer
et un quintette de Caplet.
Lea theatres sont toujours stationnaires; a Marseille, comme a Rouen ou a Lyon,
c'est Teternel repertoire, ou domine toujours M. Massenet . . . J.-G. P.
Zttricb. November und Dezember sind hier die konzertreichsten Monate. Fast
jeder Tag ist ausgefullt. Ja es gibt auch hier Tage mit drei bis vier Auffiihrungen.
Seit dem letzten Bericht erlebten wir zwei grofie Abonnementskonzerte: das erstere
brachte uns Weingartner's II. Sinfonie zu Gehor. Trotzdem die Ausfuhrung durch
Kapellmeister Hegar ganz vorzuglich war. so hat das Werk doch nicht den geringsten
Erfolg zu verzeichnen. Es ist eine Mache aller Gemeinpl'atze. Ich mochte z. B. die
kurz nach dem I. Them a im ersten Satz auftretende Zwischensatzmelodie erw'ahnen
— und die Einleitung zum ersten Satze. So ausgezeichnet der Dirigent Weingartner
uns erscheint, so gedankenarm sind seine Werke. Dagegen verrat die Serenade fur
Blasinstrumente von Richard StrauB (obwohl ein Jugendwerk) schon den genialen.
feinfuhligen Komponisten. Ihr folgte das Vorspiel zu den Meistersingern in genialer
Ausfuhrung. Zwischen diesen Orchesternummern trat Fraulein M. Miinohhoff auf mit
ziemlich unvollendeten Koloraturen und langweiiig vorgetragenen Liedern. Das
fiinfte Abonnementskonzert war wieder eines von denen, bei denen einem das Here
lacht. Der famose Pianist Raoul Pugno — die Sinfonie fantanstique von Berlioz, letztere
ein Werk, das man vor 10 Jahren noch extravagant nannte, und das heute so klar, ich
mochte sagen, auf dem Gebiete der Programmusik klassisch ist. Das Zuricher Pub-
likum, das durch die Auffuhrung des Requiems durch den Gemischten Chor schon
ganzlich fiir den Jubilar Berlioz eingenommen war, wurde durch dies© Sinfonie be-
geistert hingerissen. Hegar zeigte wiederum seine vollendete Meisterschaffc. Das Kon-
zert leitete die Ouverture »Meeresstille und gliickliche Fahrt« von Mendelssohn ein,
Pugno spiel te das Klavierkonzert von Grieg, Pr'aludium und Fuge in f moll von Bach,
>des Abends t von Schumann und die Es-dur Polonaise von Chopin. Von groGeren
Auffiihrungen sind noch zu erw'ahnen: das Konzert des S'angervereins >Harmonie
Zurich*, in welchem eine Novitat von P. Fassb'ander »An die Musik< zur Auffuhrung
kam, und das Jubilaumskonzert des »Mannerchors AussersiehW mit »Totenvolk« von
Hegar und >Frithjof« von M. Bruch. Zwei Abonnemente-Kammennusiksoireen bracbten
Streichquartette in F-dur op. 18 von Beethoven, in d-moll von Cherubini, in a-dur von
C. Franck, und das Sextett in g-moll von Brahms. Zwischen diesen sehr gut besuchten
regularen Konzerten hinein, linden sich unz'ahlige Solistenauffuhrungen. Die gluck-
lichsten waren die Liederabende von Herrn SporrjT (Tenor), Frau Faliero und Minna
Weidele (Alt), letztere mit einem modernen Liederabend (Wolf, Hausegger, Ansorge,
Schillings, Pfitzner, Reger, StrauB).
Das Theater scheint dieses Jahr besser besucht zu werden als in der letzten Saison.
Es gab aber auch sehr gute Auffiihrungen von Tristan und des neuen Werkes »Alpen-
konig und Menschenfeind* von Leo Blech. An der Spitze stehen die ausgezeichneten
Meister Kempter als Dirigent und Herr Reucker als Theaterdirektor. V. A.
Notizen.
Amsterdam. Ende Mai dieses Jahres findet hier unter Leitung von Felix Wein-
gartner und unter Mitwirkung des Concertgebouw-Orchesters ein Bedhorcn-Fest statt.
An 4 Abenden werden samtliche Sinfonien Beethoven's zum Vortrag gelangen, auCer-
dem werden die Programme nur noch das Violin-Konzert (Bram Eldering) und das
4. Klavier-Konzert ^Julius Riintgen' enthalten.
Bnkarest. Die 1900 von Herrn Th. M. Stoenesen begriindete Akadetnie der
Musik wurde im abgelaufenen Schuljahre 1902/1903 von 180 Schulern und Schiilerinnen
Notizen. 185
besucht. Dae Institut veranstaltete im verflossenen Jalire 18 offentliche Auffuhrungen,
von denen 8 auf die. Opern- und Gesangsklassen, 10 auf die Instrumentalklassen ent-
fielen.
Heidelberg, Our member Herbert Thompson writes thus from Leeds regarding
the article in the December Zeitschrift: —
"Where the object is to appreciate the music, as distinguished from its per-
formance, I have long felt that a slightly darkened auditorium would help the necessary
concentration of mind. The effect of the Parsifal Prelude as heard in the dusky
auditorium at Bayreuth is familiar to many, and I doubt whether its enhanced im-
pressiveness has ever been seriously called into question. The acoustic effect of
screening the orchestra is of course another and very debateable matter, but the
whole question of orchestral balance of tone certainly needs careful consideration.
When one recollects the changes the orchestra has undergone between the days of
Bach and those of Richard StrauC, it becomes obvious that the same band, playing
on the same platform, and in the same hall, can hardly do equal justice to a Bach
concerto, to a Haydn symphony, and to the orchestral works by Beethoven, Wagner,
Brahms, and StrauG. Not only the proportion of the orchestra, but also the so-
nority of the instruments has altered materially. The organ, once the centre and
nucleus of the orchestra, has now to be employed with increasing discrimination, on
account of its equal temperament and its far greater power for harm. Until after
Beethoven's time the imperfections of the brass restrained its use by the composer.
Now their executive powers have been increased, and they have practically command
over the whole chromatic scale. How to minimize their noisiness, without losing
their character and sonority, has always been a difficult problem. These are only
two of the items of change. The Heidelberg concert-room plan seems very much the
same as that adopted in the Bayreuth theatre, where there are 6 stages: the con-
ductor and most of the violins on the highest; the rest of the violins, the violas and
doublebasses on the second stage ; the violoncellos, flutes, oboes, and harps next ; then
the clarinets, bassoons, horns, and trumpets; and on the lowest range the percussion
and the lower brass instruments. The problem is not absolutely solved by placing
the orchestra in a box, for there is an inevitable change in the quality as well as
quantity and balance of tone. But in our smaller orchestras there is imperative
necessity that something should be done. For this reason one must welcome heartily
any attempt to find a solution to the difficulty."
London. — F. Ot. Edwards's articles on Berltox in England (IV, 642) have been com-
pleted in July, August, October, and November, 1903, numbers of "Musical Times". —
The first notice of B. in the English Press, as an echo from Paris and very appreciative,
was by John Ella (1802-1888) in "Musical World" of 15 December 1837. Notices followed
on 20 September 1838, on 6 September 1839, and on 28 November 1839 (translated
from -Neue Zeitschrift fur Musik"). The first work of B. publicly performed in Eng-
land seems to have been "Francs Juges" overture on 30 March 1840, by the Societa
Armonica (cond. Henry Forbes) at Her Majesty's Opera House in the Haymarket.
Then "Waverley" overture on 1 June 1840, by the same. "Francs Juges" was repea-
ted in November 1840, by Philippe Musard at his Drury Lane Promenades. "King
Lear" overture was done in December 1840 by J. T. Willy at Promenades given at
the Princess's Theatre. The "Benvenuto Cellini" overture was done on 15 March 1841
by the Philharmonic (cond. Charles Lucas). All this music was heavily attacked by
the "Musical World" (not Ella), and "Athenaeum" ;Chorley). On 14 December 1844
Chorley wrote a 5-column very abusive notice of the "Voyage Musical". — Berlioz'
first visit to England was November 1847— July 1848, conducting Jullien's opera in
English season at Drury Lane, and some concerts. He conducted his own works for
the first time in England on 7 February 1848; Carnaval, Harold, extracts from Faust,
Cellini overture, Requiem, and Triumphal Symphony. This is the red-letter day of
a Berlioz movement in England. The general Press were decidedly favourable. Al-
most the same programme again on 29 June 1848 at Hanover Square Rooms, with
same result. The "Musical Times", now beginning as a news -organ, was enthusiastic
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186 Notizen.
on 1 August 1848. — Berlioz1 2nd visit to England was by occasional attendances in
1861 as juror for France at the Hyde Park Great Exhibition. — His 3rd visit was
to conduct Cramers' "New Philharmonic" 24 March to 9 June 1852. — His 4th visit
was to conduct a Philharmonic concert (Old) on 30 May 1853, when he played his
own works; and to conduct the opera "Benvenuto" Cellini mounted at Covent Garden
on 25 June 1853, where, it being so utterly out of the common, it failed to please.
— His 5th and last visit was to conduct 2 "New Philharmonic" concerts in 1855. —
After this England was dead to Berlioz1 music for 20 years, till it followed the lead
given by Pasdeloup in Paris. For some remarks see III, 334. — The "Musical Times"
notices contain many correspondence- extracts, criticism-extracts, illustrations from the
Nicholas Manskopf Museum of Frankfort, caricature-copies, &c., and form a realistic
picture. The 36 colums might well be reproduced as pamphlet. C. M.
Madrid. Die Sociedad de conciertos de Madrid, hat sich aufgelost, doch hat sich
eine neue Gesellschaft unter dem Namen >Symphonisches Orchester* gebildet. Herr
Alonso Cord el as wurde als Kapellmeister fUr mehrere Jahre gewonnen.
Mailand. Aus dem »Con<*orso melodrammatico iniernaxionale Sonxogno* sind als
beste Arbeiten hervorgegangen : Domino axxurro von Franco daVenezia, La Cabrera
von Gabriel Dupont und Manuel Mentndex, von Lorenzo Filiasi. Ehrenvoll erwahnt
wurden: II Fuoruscito von Giuseppe F errata, Cristiana von E. Roux, La perla
nera von Riccardo Boccardi und Oriana von E. del Valle de Paz.
Paris. L'an dernier, j'ai deja signal^, pour la premiere fois, 1' existence d'une
.section de musique a l'Ecole des Hautes-Etudes sociales. Sous la direction de M.
Romain Rolland, tout un ensemble de cours et de conferences, embrassant toute Fhis-
toire de la musique, ont lieu dans cet etablissement, durant la saison d'hiver. Les
matieres trait£es pendant Tannee 1903-1904, sont: le Chant populaire, par M.
Julien Tiersot, la Musique du Moyen-Age, par MM. Aubry et Gastou6, la Mu-
sique de la Renaissance par MM. H. Expert et A. Pirro; les XVJLL* et XVHle
siecles, par M. Romain Rolland, Berlioz (conference faite le 19 novembre) par M.
Ch. Malherbe; Schumann, par M. Landormy; de Schumann a Debussy, par
M. Laloy; Esthetique et theorie musical e, par MM. Maurice Emmanuel, Goblot,
Hellouin et Vincent d'Indy [Comment on fait une sonate). Les conferences sont
accompagnees et commences par des auditions musicales et, chaque semaine, ont
lieu des concerts consacres aux maitres classiques et destines a faire connaitre des
morceaux oubltes ou meconnus de Mozart, Beethoven, Gluck etc., sans parler des com-
positeurs de la Renaissance a la rehabilitation desquels se voue M. Expert. «Ce n'est
pas un fait a negligef, ecrit M. R. Rolland Revue d'art dramatique, 15 novembre
1903) que cette introduction de la murique dans le haut enseignement universitaire, et
la place considerable qu'elle y a prise aussitot. II y a bien peu de temps que la
science historique franchise a commence enfin a s'appliquer a l'^tude de la musique
passee; et deja des genies, des chefs-d'oeuvre, des siecles d'une parfaite beauts ressusci-
tent; des £poques d'art surgissent, ou la musique egale, si elle ne surpasse, les pro-
ductions les plus achevees des autres arts, l'architecture gothique et la peinture de la
Renaissance. Nous reviendrons quelque jour sur ces decouvertes. Sachons aujourd'hui
cette activite, ce fourmillement d'id£es, d'efforts, de travaux de tout genre; il faut
bien augurer d'une renaissance de la musique en France. — Franchement, il etait
temps. »
L'Institut de France decerne chaque annde un certain nombre de prix aux musi-
ciens. La derniere l'attribution faite a TAcademie des Beaux -Arts, le 31 octobre,
apres l'execution a Touverture de la seance de Variations symphoniques sur
des airs ccossaix (envoi de Rome de M. Levade;, a decerne le prix Kastner-Boursault
a MM. Lavignac, professeur au Conservatoire, auteur de TEducation musicale,
et Edmond Laurens pour son Cours d'instruction musicale pianistique; un
quart du prix Tremont a M. Henry Perry, compositeur; le prix Chartier, pour la
musique de cliambre, a M. Chevillard; le prix Rossini a M. Marcel Rousseau, pour
le Roi Arthus, scene lyrique; la fondation Joseph Pinette, a M. Edmond Malherbe;
la fondation Bouchere, par quart, a M^e Tapponnier et Mancini, Aleves de chant.
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Kritische Biicherschau.
187
L'oeuvre primee de M. Marcel Rousseau, le Roi A r thus, fut executed avec succes,
le 8 novembre, au Conservatoire. J.-G. P.
Wiem. In der letzten auGerordentlichen Generalversammlung der >Gesellschaft der
Autoren, Komponisten und Musikverleger* in Wien wurde ein Ubereinkommen mit
der deutschen » Anstalt fur musikaltsches Auffiihrungsrecht in Berlin < beschlossen, laut
welchem die osterreichische Gesellschaft die Vertretung der Interessen der der deut-
schen Anstalt angehorigen Komponisten fur Osterreich-Ungarn , und umgekehrt die
deutsche Anstalt die Vertretung der Mitglieder der osterreichischen Gesellschaft fur
Deutschland Ubernimmt. Der Vertrag zwischen den beiden Gesellschaften ist bereits
am 1. Dezember 1903 in Kraft getreten. Die osterreichische Autorengesellschaft wird
somit nicht nur wie bisher fur die musikalischen Werke der osterreichischen und
franzosischen, sondern auch fiir jene der deutschen Komponisten in ihrem Wirkungs-
kreise das Auffiihrungsrecht zu vergeben haben.
Kritische Bticherschau
der neu-erschienenen Biicher und Schriften Uber Musik.
Referenten: W. Altmann, W. Eylau, Ch. Maclean, E. Schmidt, J. Wolf.
Baratta, Sac. Dr. Carlo. Musica litur-
gica e musica religiosa. Parma,
Scuola tipografica salesiana, 1903.
26 8. 8°. L. —,50.
Verfasser weist hin auf den Tiefstand
der italienischen Kirchenmusik als Folge
mangelhaften Verstandnisses der kirch-
lichen Formen. Er zeigt, daC notwendiger-
weise in geistliche und liturgische Musik
geschieden werden miisse und daB nur
letztere wahrend der Gottesdienste Platz
haben dtirfe. Als gottesdienstliche Musik,
welche Ausdruck des Gebets der ganzen
Gemeinde sein miisse, verdiene in jedem
Falle der gregorianische Gesang den Vor-
zug. J. W.
Boyde, Carl. Dreistimmiges Choral-
buch fiir Sopran- und Altstimmen.
Leipzig, Karl Merseburger, 1902.
56 8. 8<>. Jl — ,60.
Es liegen vor »52 Chorale nach dem
Choralmelodienbuche fur die Provinz Sach-
sen zum Gebrauch fur die Oberklassen der
Volks- und Mittelschulen, sowie fiir hohere
Madchenschulen , Lehrerinnen - Seminare
und Frauenchore*. Die Chorale sind zum
groBten Teile leicht figuriert. Die Stimmen
flieBen gut, der Satz ist im allgemeinen
einwandsfrei. J. W.
Derck9, E. Kirchenchor und Dirigent.
Vortrag gehalten auf der Jahres-
versammlung des evangelischen Kir-
chenmusikvereins in Schlesien zu
Breslau am 6. Oktober 1903. Oels,
A. Ludwig, 1903.
Allen Chordirigenten kann die inhalt-
reiche kleine Schnft nur warm empfohlen
werden. Hier spricht nicht der Theoretiker,
hier spricht der erfahrene Praktiker. Be-
sondere Beachtung verdienen seine Aus-
fuhrungen uber die musikalische Bildung
an den Praparanden-Anstalten und Se-
minarien. Seine Forderung »So lange das
Seminar die zwiefache Aufgabe hat, Lehrer
und Kantoren zu bilden, so lange muB die
Musik ein Hauptfach sein und bleiben*
verdient nachdruckliche Qnterstiitzung.
J.W.
Dole, Nathan Haskell. Famous Com-
posers. London, Methuen and Co.,
1903. 2 vols. pp. 540. Demy 8vo.
Monographs on : — Palestrina, Purcell,
Bach, Handel, Gluck, Haydn, Mozart,
Beethoven, Rossini. Weber, Schubert, Spohr,
Meyerbeer, Mendelssohn, Schumann, Cho-
pin, Glinka, Berlioz, Liszt, Wagner. A
reproduction of book published in New
York 12 years back as "A score of Famous
Composers", and has not always been cor-
rected to date. Must be classed among
the utilities only; but compilation has been
thorough, and very little that is salient has
escaped. C. M.
Eccarius - Sieber , A. Vi
Digitized by
188
Kritische Bucherschau.
richtslehre. Chr. Fr. Vieweg, Ber-
lin-Gr. Lichterfelde. Jl 1,80.
Dies Biichlein ist denen gewidmet, die
sich mit dem Lehramte vertraut macbeti
wollen. Indem es die Lehrt'atigkeit in
alien Zweigen vorfiihrt, bietet es gute Ge-
legenheit, sich auf eigene Fahigkeit and
noch vorbandene Liicken bin zu priifen.
Die in Form von Frage und Antwort ge-
scbriebenen Abschnitte (erste Unterrichts-
stunden; Anbabnung eines natiirlichen,
musikalisch korrekten Vortrages ; Erklarung
einiger theoretiscber Beffriffe) — sowie die
bis in das einzelste zergliederten »Beispiele
fur praktische Unterweisung in der Lek-
tion« (Etude von Mazas, Menuett, Andante
von Mozart, Beriot op. 77 II. 1) zeigen ein-
dringlich, wie griindhch und umsichtig man
im Unterricht vorgehen soil. Gerade diese
schriftlichenMusterlektionen beweisen aber,
wie auch durch sie der angeborene Blick
fur jeden noch so kleinen Fehler und dessen
individuelle Behandlung, ferner die Fahig-
keit, durch geschickte Fragestellune den
Schiiler Selbst das Richtige finden zu lassen.
sowie die Influenz der Personlichkeit durch
Lust und Liebe zur Sache nicht ersetzt
werden konnen.
Wohl aber £ibt das Buch treffliche
Ratschl'age hinsichtlich der Entwicklung
des Striches, des Gefuhls fiir den Takt
(Metronom), des Gehors, des Vortrages usw.
Besonders hervorzuheben ist der Abschnitt
iiber den Lagenwechsel, wahrend die Aus-
bildung der nnken Hand sowie die Betati-
jping des rechten Armes in ihrer unend-
hchen Abwechselung eingehender h&tten
behandelt werden konnen.
Sehr willkommen sind die Angaben
iiber Studienmaterial, sehr beherzigenswert
die Abschnitte iiber > Behandlung schlecht
unterrichteter Schiiler* und den »Verkehr
des Lehrers mit dem Publikum*, weil sie
gerade die Punkte beriihren, die infolge
Direr Nichtbeachtung von Seiten vieler
Musiker deren Stand noch immer verhindern,
den ihm gebiihrenden gesellschaftlichen
Platz einzunehmen. W. E.
Keller, Otto. Ulustrierte Geschichte
der Musik. Zweite Auflage. Miin-
chen, Eduard Koch.
Dieses in 15 Lieferungen erscheinende
Werk ist nicht besonders zu empfehlen.
Der Text ist nach dem ersten Hefte zu ur-
teilen dilettantenhaft, einzig lobenswert ist
die liebevolle Ausstattung. J. W.
Liliencron, It. Freiherr von. Wie
man in Amwald Musik macht. Die
. siebente Todsiinde. Zwei Novellen.
Leipzig, Duncker und Humblot,
1903. 194 S. 8®. Jl 3,—.
In den vorliegenden 1874 und 1876 ver-
faBten Novellen offenbart sich der auf
germanistischem und musikwiesenschaft-
lichem Gebiete hochffesch'atzte Verfasser
al8 ein trefflicher Erz'ahler. Ein jeder wird
seinen interessant erfundenen, gefallig ab-
gefaCten und mit launigen Einfallen ge-
wiirzten Geschichten gern zuhoren. Be-
sondere Beachtung von seiten der Mnsiker
und Musikfreunde verdient die erste No-
velle, eine rechte Musikantengeschicbte,
welche durch ihre lehrhafte Tendenz durch-
aus nichts an Frische einbuOt. Das Musik-
treiben der verschiedensten Stande wird
kritisiert, ein paar echte Musiktypen lernen
wir kennen, beachtenswerte Bemerknngen
zur musikalischen Erziehung fallen, mit
kurzen Strichen wird die Liturgie der
katholischen Messe gezeichnet und das dort
waltende de tempore besonders betont, dessen
Auspragung in den evangelischen Grottes-
diensten dem Verfasser ja so sehr am Her-
zen liegt. Es ist zu wflnschen, daC diese
Novelle in recht weite Kreise dringen moge.
J.W.
Matthews, John. The Violin Music
of Beethoven. London, The ^Strad"
Office. New York, C. Scribners
Sons, 1903. pp. 101, Crown 8vo. 2/6.
There is a larger programme-annota-
tion literature in this than in any other
country ; ranging in style from an imitation
or parody of Wagner's emotional analyses,
through informatory matter of every de-
scription, to the baldest thematic dissection;
and having every degree of quality, good
and bad. The present small book is con-
densed programme-annotation of a sensible
nature applied to approximately the whole
range of Beethoven string chamber music:
— r. Forte and violin sonatas &c. (12;,
P. Forte and violoncello sonatas &c. (8\
P. Forte trios (10), P. Forte quartette (4),
String trios (7), String quartetts 17), String
quintetts (4). Also to tne Violin Concerto.
There is an account of the M. Gk Notte-
bohm (1817—1882) literature, and of the
quartett-in8truments in the Bonn Beethoven-
house (II, 262). Author is a musician of
the Channel Islands. — The favourite string
trio in England is Serenade, op. 8 in D
(1797 ; the favourite string quartetts, Raaou-
moffsky set, op. 69 (1806), and "Harp"
quartett, op. 74 in E? (1809). C. M.
Rose. Algernon. On choosing a
Pianoforte. London, Walter Scott
Company, 1903. pp. 144, Crown
8vo. 1/.
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Musikberichte.
189
The pianoforte is much oflener used
than thought about, yet will repay thought.
The crowding of cities and increased value
of ground-rents have made flat-life, which
has developed the compact and useful but
very unmusical instrument, once meant for
the "Cottage", now called "Upright". Free-
trade, which has introduced foreign com-
petition good for the retail-agent and bad
for the maker, has by the consequent cut-
ting-prices for materia], driven local manu-
facture out of Aberdeen, Edinburgh, Leeds,
Sheffield, &c., and centred it in London
where material is more cheaply collected.
The guinea, from Guinea-coast gold and
so stamped with an elephant, was coined
from 1664 to 1817, and valued latterly at
21 shillings. In 1817 the 20 shilling
sovereign was coined in its place. But
professions to this day retain the guinea
for fees, as ancient and distinctive, though
there is no coin; and so new pianofortes,
like pictures, are always sold in guineas.
The present most fashionable wood for
cases is the hard dark-crimson palisander
^continental term) or rosewood (from scent
when newly cut); obtained from trees of
the sub-order Mimosae in Brazil, where
where called "Jacaranda"; or from cer-
tain Dalbergia species in India where
called "blackwood"; or from Pterocarpus
indicus, willd., in Burmah. where called
"padouk". The blue-stained rosewood of
the continent is not here fancied. The old
Persian walnut is going out of fashion,
owing to cheap imitations. Black cases
are here veneered with "ebonized" pear-
tree. — The author, who belongs to the
firm of Broadwoods, discourses on price,
size, tone, touch, and durability. He has
a pleasant style adorned with quotation;
and surrounds the instrument with a halo
of judicious sentiment. C. M.
Bose, Algernon. Talks with Bands-
men. London, Rider and Son.
pp. 415, Demy 16mo. 2/6.
means conversational lectures addressed
to brass-bandsmen, about brass, percussion,
and "effects", (chiefly the first); and from
the point of view of archaeology, metallurgy,
modern manufacture, practical use, and
anecdote. There is a large amount of
learning disguised as "chat", and author
has travelled much in China, Japan, India,
and South Africa, as well as all over Gt.
Britain. Among the 1001 topics are: —
the silent concerts of Japan, the traditional
distinctive "catches" of all English trades,
Guilbaut's rifled mouthpieces, the one-
note Russian performers, the ancient auri-
chalcum and electrum, the mysteries of
"coiling", Weber's 18-part fanfare, the
"lip" of various nations, the trombone
quartett in church towers at sunrise, brass
mutes, how the "stuffing" of horns began,
&c. &c. The horn mouthpiece is defined
as "conoidal downwards, with curved sides
approximately hyperbolic in contour". The
anecdote of the trumpeter who insisted on
playing a "dead fly" is really amusing.
37 pages of index. The fullest' book in the
English language on the subject named.
Brass bands are little known in London,
but are the recreation of all classes of
mechanics in Midlands and N. England,
also in parts of Scotland and Wales. Said
to be 40,000 in Gt. Britain. C. M.
Smolian, Arthur. Vom Schwinden
der Gesangskunst, Leipzig, Her-
mann Seemann Nachfolger 1903,
31 S. brochiert Jl —,50.
Der Verfasser fugt dem Titel seines
Werkchens die erlauternden Worte hinzu:
»Ein treugemeintes Mahnwort an Gesang-
lehrende und Gesanglernende«. Diese
werden auch manche Anregung zum ersten
Studinm aus der vorliegenden Broohiire
sohopfen konnen. Smolian weist mit Recht
darauf hin, dass bereits beim Kinde in der
Schule und im Hause eine groCere Auf-
merksamkeit als bisher auf die Ausbildung
der Atmungsorgane zu verwenden sei, die-
selbe Sorgfalt erheische die Entwicklung
des Sprachvermogens; durch Zugrunde-
legung rationeller Ubungen soil das Kind
auch in der Schule Gelegenheit finden,
seinen Musiksinn auszubilden. Auf diese
Weise konnte den Gesanglehrenden ein
wohlvorbereitetes Material zur ferneren
Ausbildung uberwiesen werden. Die Leh-
renden selbst haben dann die dringende
notwendige Unterweisung in der Atem-
technik weiterzufuhren , sie haben darauf
zu achten, dass sich der Schiiler einen
freien, leichten Tonansatz aneignet und
dass die verschiedenen Stimmlagen voll-
kommen ausgeglichen werden.
Das erstrebenswerte Endziel des Stu-
diums sei die rechte kunstleriBche Vereini-
gung der italienischen Gesangsmethode mit
unserem deutschen Sprachgesange.
E. S.
Violoncellisten der Gegenwart in
Wort und Bild. Hamburg 1903.
Verlags - Anstalt nnd Druckerei.
Jt 4,—.
Auf Grund der eigenen Mitteilungen
der Kunstler (von W. Engel, Hamburg?)
zusammengestellt, zum Nachschlagen ganz
geeignet. Leider haben eine ganze Anzahl
hervorragender Kunstler sich nicht be-
teiligt. ^W. A. 1
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190
Zeitschriftenschau.
Zeitschriftenschan
lUMmmengeatellt von
Ernst Euting.
Verzeichnis der AbkiirzuDgen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Alekan, L. >Le Roi Arthus« de M. Mar-
cel Rousseau — GM 49, Nr. 46.
Altenburg. W. Ein sonderbarer Angriff
auf die Blasinstrumente mit Zylinder-
maschinen — Zf I 24. Nr. 6.
Altmann, Wilhelm. Zur Biographie und
Charakteristik Tschaikowskys — Die
Zeit (Wien, SchulerstraOe 14) Nr. 474.
Zum Ged'achtnis Hector Berlioz1
— ibid., Nr. 479.
Joseph May seder (+ 21. November
1863) — Mk 3, Nr. 4.
Andreae, V. Musiciens suisses: Frederic
Hegar — MSu 3, Nr.44ff.
A ngelo . La principessa diMetternich-
S an dor — MuM 68, Nr. 12.
Anonym. Neue Erwerbungen der [Musik-
Abteilung der] Koniglichen Bibliothek
zu Berlin — MfM 36, Nr. 11 56 Ton-
s'atze in Partitur von Komponisten des
16. bis 18. Jahrhunderts (Kopien aus dem
papstlichen Kapellarchiv zu Rom)].
Anonym. Musiker-Briefe aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts (Briefe von
Joh. Buchner, Heinrich Finck, Grla-
rean, Paul Hofhaymer, Gregor Va-
lentianus) - MfM 36, Nr. 11 f.
Anonym. Qualche aDeddoto del gran
»Beppino« (Guiseppe Verdi) — MuM 58,
Nr. 12.
Anonym. R. Conservatorio musicale
Giuseppe Verdi — MuM 68, Nr. 12.
Anonyu), II regolamento del Pensionato
artistico musicale — NM 8, Nr. 91.
Anonym. Dr. August ReiGmann + —
' AMZ 30, Nr. 49.
Anonym. Zum funfzigjahrigen Bestehen
der Hof-Pianofortefabrik von Julius
Bluthner in Leipzig — Zf I 24, Nr. 4.
Anonym. Deutschlands Musikinstrumen-
ten-Au6enhandel in den ersten drei
Vierteljahren 1903 — Zfl 24, Nr. 5.
Anonym. lets over »Taillefert van Richard
StrauB en het muziekfeest te Heidel-
berg — Cie 60, Nr. 14.
Anonym. Stille Wunsche der deutschen
Militar-Kapellmeister — DMMZ 25, Nr.
49. [Wunsch auf Verleihung des Offizier-
Ranges an die deutschen Militar-Kapell-
meister;.
Anonym. Der Um- und Erweiterungsbau
der Orgel in der katholischen Ptarrkirche
zu Trebnitz in Schlesien — Zfl 24, Nr.
5 [mit Abbildung],
Anonym. Der Diligent als Erzieher —
DMMZ 25, Nr. 51.
Anonym. L'enseignement du chant dans
les £coles maternelles — La Voix Parlee
et Chanted (Paris), September 1903.
Anonym. Die Opernsanger-Karriere —
DTK 2, Nr. 7.
Anonym. »De Herbergprinses* [van Jan
Blockx] — WvM 10. Nr. 49.
Anonym. Incorporated society of musi-
cians conference at Bristol — MMR,
Nr. 3%.
Anonym. Berioziana. A birthday in
London — MT, Nr. 730.
Anonym. Where the > Messiah < was first
performed — MT, Nr. 730.
Anonym. Von der I. Generalversammlung
des Verbands der Pfarrkirchenchore
Lothringens in Metz — C 20, Nr. 11.
Anonym. Eine Probe danischen Harmo-
niumbaues -— DIZ 1903, Nr. 7.
Anonym. Uber die Lage des Instrumen-
tenbaues in Mittel- und Siiddeutschland
— DIZ 1903, Nr. 8.
Anonym. Rehbock's Klaviatur-Zither
— Zfl 24, Nr. 6.
Anonym. Christoph Gottlieb Schroter,
der Erfinder der Hammermechanik und
Vater des Pianofortebaues — Zfl 24,
Nr. 7 [mit Portrat und Facsimile].
Anonym. Christian Ernst Friederici
[Klavierbauer] — Zfl 24, Nr. 8 [mit
Portrat].
Anonym. Ein Versuch zur LosuDg der
AufTuhrungstantieme und Honorarfrage
— Musikliterarische Blatter ;Wien, Plaz-
direk & Co.) 1, Nr. 1.
Anonym. Wie kann der Musikalieohandel
saniert und gehoben werden? — Musik-
literarische Blatter (Wien, Plazdirek &
Co.) 1, Nr. 1.
Anonym. Hector Berlioz in Leipzig —
S 61, Nr. 63/64.
Armstrong, William D. Keeping up inter-
est among pupils — MW 3, Nr. 12.
B., W. Inwiefern ist die Pflege des evan-
gelischen Choralgesanges fur unsere
Kirchenchore eine dankbare Aufgabe?
— CEK 17, Nr. 12.
Earalli, R. L'offertorio »Assumpta est<
nella messa deir Assunzione — Kassegna
Gre^orinna Rom, 1903, Nr. 8.
Bas, Cr. II canto gregoriano e la restau-
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gregog^a
Zeitschriftenschau.
191
razione della Musica sacra — Rassegna
Gregoriana ;Rom; 1903, Nr. 8.
Batka, R. Eugen d'Albert's Oper
»Tiefland« — NZfM 70, Nr. 48.
Hugo Wolf's »Penthesilea« — NMP
12. Nr. 24.
>Tiefland«. Musikdrama nach A.
Guimera von Rudolf Lothar. Musik
von Eugen d'Albert — MWB 34,
Nr.48.
Berlioz — KW 17, Nr. 5.
Richard Wagner tiber Berlioz —
ibid.
Deutsche Berlioz -Li teratur — ibid.
Bauerle, Hermann. Motetten von Pale-
strina. Einladung zur Subskription —
GR 2, Nr. 12 fvergl. Zeitschrift der IMG.
V, Nr. 3, S. 160 unter »Regensburg«].
Baughan, E. A. London's apathy and
caprice — MMR, Nr. 396.
Beetschen, A. Grillparzerals Opern-
kritiker — Beilage zur Allgemeinen
Zeitung (Miinchen, 1903, Nr. 251.
Bellaigue, C. Aris to teles et la mu-
sique — Revue des Deux Mondes [Paris,
Hachette; 1. November 1903.
[Berlioz.] Une lettre ineMite de Berlioz
a sa sceur — MM 15. Nr. 22.
Ein Brief von H. Berlioz an R.
Wagner - MWB 34, Nr. 48 [Faksimile].
Berner, Placidus. >Die Messe im deut-
schen Mittelalter*. Beitrage zur Ge-
schichte der Liturgie und des religiosen
Volkslebens von Adolf Franz — GR2,
Nr. 12 [Kritik].
Bern hard, Otto. VomHeidelbergerMusik-
fest — KW 17, Nr. 5.
Bertini, Paolo. A proposito del cente-
nario di E. Berlioz — NM8, Nr. 92/93.
II monumento a Ricardo Wagner
- ibid., Nr. 94.
Shakespeare e la musica — ibid.,
Nr. 91.
Bewer, M. Zur Wiener Beethoven-
Feier — Deutsche Welt 6, Nr, 7.
Bichford, Myron A. How much shall I
practice — MW 3, Nr. 12.
Blaschke, Julius. Berlioz1 Leben —
DMMZ 26, Nr. 49.
Berlioz und die Militarmusik —
ibid., Nr. 51.
Blume. »Hebe.« Lyrische Oper in 1 Akt
von E. E. True co. Text von Luca
d'Urbino. 1. Auffuhrung im Bremer
Stadttheater am 3. Dezember 1903 —
AMZ 30, Nr. 60.
Bohn, P. Kyrie (Cunctipotens orbis factor)
- GB 28, Nr. 12.
Boeker. Die neue Ausgabe der Werke
von Th. L. Victoria — GB1 28, Nr. 11.
Bonaventura, Amaldo. La musica nelle
scuole — NM 8, Nr. 92/93.
Bordeaux, Henry. Lettres de B e e t h o v e n
et de Wagner — Correspondant ;Paris,
31 rue St. Guillaume; 10. November 1903.
Bornewaeser, Rud. Einiges aus der alt-
griechischen Musik — GB1 28, Nr. 11 f.
Gedanken zum Fest der hi. Cacilia
— GBo 20, Nr. 11.
Boutarel, AmeMee. Berlioz und seine
»architekturale Musik* — Mk 3, Nr. 5.
Bouyer, Raymond. L'fivolution de Tin-
fluence italienne — M, Nr. 3790 f.
Brautigam, Ludw. L i s z t 's Freundschaft
mit Berlioz — MWB 34, Nr. 48.
Bruneau, Alfred. Berlioz! — MM 15,
Nr.22.
Buck, Rudolf. >Manon.€ Operin4Akten
vonJ.Massenet. Text von H.Meilhac
und Ph. Gille. Erstauffuhrung im Kgl.
Opernhau8e zu Berlin am 1. Dezember
1&3 — AMZ 30, Nr. 60.
Biirkner, Richard. Herder als Litur-
giker — MSfG 8, Nr. 12.
Butler, Sydney. Ruskin and music —
Mc, Dezember 1903.
Case, W. S. English opera at Drury Lane
— MN, Nr. 667.
Cecil, George. Concerning voices which
do not carry — MW, November 1903.
Celle, Jean. Das Berlioz -Museum in
La Cote St.-Andre* — NZfM 70, Nr. 50.
Close on, Ernest. >Eonig Arthus«. Musik-
drama; Dichtung und Musik von Ernest
Chausson — 8 61, Nr. 65/66.
Hector Berlioz a Bruxelles — GM
49, Nr. 48.
Colombo, Marino. A proposito di un
•valtzerc di colori — KMl 10, Nr. 4.
Conrat. Hugo. Deutsche Musik-Zeitungen
im 18. Jahrhundert — NMZ 26, Nr. 5.
Conrat, Hugo Joh. La musica in Shake-
speare — RMI 10, Nr. 4.
Conti, Giuseppe. Balli e Festini Medicei
— MuM 68, Nr. 18 [illustriert .
Cowl, W., vergl. unten unter J a cobs on.
Curzon, H. de. Le repertoire de TOpera
en 1789 — Bulletin de la Societe de
THistoire du Theatre Paris) 1903, Nr. 5.
Ernest vanDyck — GM 49, Nr.47.
Les debuts de Berlioz dans la cri-
tique — GM 49, Nr. 48.
•L'EnlevementauSCraflt, de Mozart
— GM 49, Nr. 49.
De la voix, a propos de >La Juive*
et d'Adolphe Nourrit — ibid., Nr. 61.
Dandelot, A. Le Prix Rossini: »Le
Roi Arthus*, poeme lyrique de M. Beis-
sier. Musique de Marcel Rousseau
— MM 15, Nr. 21.
Davis, Fay Simmons. An alphabet for
music teachers — MW 3. Nr. 12.
Doire, Rene. La Harpe son histoire —
son developpement — CMu 6, Nr. 23 ff.
Drauasin. Henri Nos chants religieux
— MSu 3, Nr. 43. Cc\c»n\o
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192
Zeitschriftenschau.
Drexler, Friedrich. Uber Rohren- und
Elektro-Pueumatik — Zf I 24, Nr. 5.
E., L. Hector Berlioz und der Fiirst
von Hohenzollem — NMZ 25. Nr. 4.
Ehrenhofer, \Valther Edra. Uber Zinn-
proben beim Orgelbau — ZOH 1, Nr.6ff.
P., A. Berlioz vor 60 Jahren in Stutt-
gart — NMZ 25, Nr. 4.
Fahro. C. L. Een waardig protest —
Cae 60, Nr. 14 [betriflt die Wagner-Denk-
mals-Angelegenheit].
Feith, A. Zur Frage der Rohrenpneuma-
tik - Zf I 24, Nr. 8.
Flat, Paul. Le romantisme de Berlioz
— GM 49, Nr. 48.
Flatau, Theodor S. und Hermann Gutz-
mann. Experimentelle Beitrage zur
Physiologie aes Gesanges. Nach einem
Vortrag, gehalten auf der 75. Natur-
forscher-Versammlung in Cassel 1903 —
Monatsschrift fiir Ohrenheilkunde (Ber-
lin, Oscar Coblentzj 37, Nr. 12 [Auto-
referat].
Flooh, Siegfried. Heinrich Heine's
Pariser Musikberichte an die >AUge-
meine Augsburger Zeitung* — WKM1,
Nr.29f.
Prey, Hugo. Weitere Untersuchungen
uber die Schall-Leitung im Schadel —
Zeitschrift fiir Psychologie und Physio-
logic der Sinnesorgane ^Leipzig, J. A.
Barth) 33, Nr. 5.
Frimme], Theodor von. ZumBeethoven-
Medaillon von J. E. Gatteaux — Mk 3,
Nr.6
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saal — NZfM 70, Nr. 49.
Gars tang, A. H. The love songs of a
bygone day — The Fortnigthly Review
(London, Chapman & Hall;, Dezember
1903.
Gauger. Ein mechanisches Model! zur
Demonstration des D oppler 'schen Prin-
zips — Zeitschrift fur den Physikalischen
und Chemischen Unterrioht (Berlin, Julius
Springer) 16, Nr. 6.
Ghignoni, A. Leone XIU — Rassegna
Gregoriana (Rom) 1903 Nr. 8.
Giani, Romualdo. La lirica e l'arte musica
nei »Pensieri« di Giacomo Leopardi —
RMI 10, Nr. 4.
Gr. Das neue Liszt-Denkmal in Stutt-
gart] — NMZ 25, Nr. 3 [mit Abbildung].
Grenier, Felix. Cherubini et Berlioz
— GM 49, Nr. 48.
Grohe, Oscar. Siehe unten unter Miinzer.
Gruner, Herm. Orgelmusik fiir die Weih-
nachtszeit — MSiG 8, Nr. 12.
Grunsky, Karl. Das Heidelberger Musik-
fest — KL 26, Nr. 23.
Hugo Wolf's >Corregidor« in Mun-
chen — ibid.
Einweihung der neuen Orgel in der
Stadthalle zu Heidelberg — BfHK8,
Nr. 3.
Das Heidelberger Musikfest — NMZ
25, Nr. 3 fmit Abbildungen des neuen
Konzertsaalesl.
Berlioz' Leben und Schaflfen —
ibid., Nr. 4.
Guerrini, Paolo. Gli etorici di S. Cecilia
— SC 5, Nr. 5.
Gutzmann. Siehe oben unter Flatau.
Haberl, Fr. X. Papst Pius X. und die
Kirchenmusik — MS 1903, Nr. 12.
Hahn, Arthur. »Die neugierigen Frauen.*
Musikalische Komodie von Ermanno
Wolf- Ferrari. Urauffiihrung am Miin-
chener Residenztheater am 27. November
— AMZ 30, Nr. 50.
Hugo "Wolf's »Corregidor« am Mun-
chener Hoftheater — NMZ 25, Nr. 3.
Hallenstein, Hugo. Berlioz uber seine
Vehmrichter - Ouverture — NZfM 70,
Nr. 50.
Hauman, Lucien. Hector Berlioz.
L'homme dans Tecrivain — . GM 49. Nr.
48.
Heerde?en, Eugen. Hector Berlioz —
KL26, Nr. 23 f.
Hep worth, William. Umbau der Orgel
in der Hauptkirche St. Jacobi in Chem-
nitz — Zf I 24, Nr. 8.
Hertel, Viktor. Lateinisches im deutschen
Kirchenliede —.Si 28, Nr. 12.
HeuB, Alfred. Tiber Volkskonzerte —
NZfM 90, Nr.47f.
Hildebrand. Otto. Ein »vom Blatte*
spielendes Klavier [vom Jahre 1875] —
DIZ 1904, Nr. 7.
Hoebel. »Dornroschen«, Oper von H.
Eschelbach und Weweler. Erst-
auffiihrung in Kassel — NZfM 70, Nr. 52.
Hoffmann, E. A. Die Aussprache beim
Gesang - SMZ 43, Nr. 32 £
Hoven, W. A. van der. Berlioz als
schrijver — Cae 60, Nr. 15.
I. Le centenaire d'Hector Berlioz a»
square Vintimille et au cimetiere Mont-
martre — GM 49, Nr. 49,
Imbert, H. >La Juive«, opera en 5 acta
de F. Ha levy a l'Opera Municipal de
la Gaite — GM 49, Nr. 48.
Hector Berlioz. Initiateur de la
haute culture musicale — ibid.
»L'Etranger« de M. Vincent d'Indy
— GM 49, Nr. 49.
Isaacs, Lewi 8 M. On popularizing Bach
— MW, November 1903.
Istel, Edgar. E. Wolf- Ferrari's Oper
»Die neugierigen Frauen* Le donne
curiose. Urauffiihrung in Munchen, 27.
November 1903 — NZfM 70. Nr. 51.
E. B o 8 s i 's Oratorium >Das verlorene
Paradies* II paradiso perduto,. Urauf-
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Zeitschriftenschau.
193
fuhrung durch den Augsburger Oratorien-
verein am 6. Dezember 1903 — ibid.
Berlioz und Cornelius — Mk 3,
Nr.5.
Ive, Oliver. Pianoforte paraphrases —
MN, Nr. 663.
Berlioz on himself — ibid... Nr. 667.
Jaeobson, L. und W. Cowl. Uber die
Darstellnng und Messung der Schwin-
gungs-Amplituden ausklingender Stimm-
gabeln mit Hilfe der »Lmearkinemato-
gTaphie* — Archiv fur Anatomie und
Physiologie, • Physiologische Abteilung
(Leipzig, Veit & Co/ 1903, S. 1.
Johnstone, Arthur. Alfred Edward Ro-
dewald — MT Nr. 730.
J OS 8, Victor. »Tiefland«. Musikdrama
in einem Vorspiel und drei Akten nach
Guimera von Rudolf Lothar. Musik
von Eugen d' Albert. (Urauffiihrung
am 15. November 1903 im Neuen Deut-
schen Theater in Prag — AMZ 30, Nr.
51/62.
Jtdlien, Adolph. Sur >Benvenuto Cellini €
— GM 49, Nr. 48.
Kalischer, Alfr. Chr. >Ludwig van B eet-
ho ven , Leben und Schaffen« von A. B.
Marx — Mk 3, Nr. 6 Kritik].
Keeton, A. E. Hector Berlioz — The
Fortnightly Review (London, Chapman
& Hall;, Dezember 1903.
A new Builina-Opera at Moscow —
MMR, Nr. 396.
Kets chau, Wilhelm . Friedrich Schneider.
Zur 50. Wiederkebr seines Todestages
23. Nov. 1853 - NZf M 70, Nr. 48.
Kleefeld, W. Wagner-Museum und
Wagner-Denkmal — Westermann's
Ulustrierte Deutsche Monatshefte, 48,
Nr.2.
Klein, Hugo. Saint- Saens iiber Ber-
lioz — NMZ 25, Nr.4.
Kling, H. Hector Berlioz, a Geneve,
en 1866 (Conference publique, donne a
l'Aula de 1' University de Geneve, le 9 no-
vembre 1903 — MSu 3, Nr. 43 ff.
Kohut, Adolph. Johann Gottfried von
Herder und die Musik — Mk3, Nr. 6.
Kretzschmar , Hermann. Vom Heidel-
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Louis, Rudolf. Hector Berlioz — NMZ
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bei Begrabnissen KCh 14, Nr. 12.
Lusztig, J. C. Hector Berlioz. Zu
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Le roman d'Estelle — ibid., Nr. 22
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•L1 Enlevement au SeYail« de Mozart a
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Massougnes, G. de. B e r 1 i o z et les artistes
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Mauclair, CamiUe. Reflexions sur la
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Mayrhofer, P. Is i dor. Messe in Es zu
Ehren der heiligen Katharina von Siena
von Johannes Ev. Habert. Op. 9 —
GR2, Nr. 12 f.
Mendelssohn, Arnold. >L'Enfance du
Christ* von Hector Berlioz — MSfG
8, Nr. 12
Meusi, Alfred. Der »Corregidor« von
Hugo Wolf — DTK 2, Nr.6 [anlafilich
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fest (24.-26. Oktober 1903; — BfHK 8,
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Neretti, Luigi. Alfieri musicista — NM,
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Newman, Ernest. El gar's > Apostles*
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Nf. Anton Bruckner — SMZ 43, Nr.
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Zum hundertjahrigen Geburtstag Hec-
tor Berlioz1 — ibid. Nr. 35.
Niemann, Walter. Norwegische Bauern-
tanze — S 61, Nr. 67.
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I Offoel, J. d\ L'oeuvre dramatique de
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rinnovato — MuM 58, Nr. 18 entnalt
1 viele Notizen zur Bologneser Oper im
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I Petsch, Robert. Richard Wagner, die
, Meistersinger — Deutsche I)jchter des
I neunzehnten Jahrhunderts. Asthetische
J Erl'auterungen fur Schule und Hans.
! Herausgegeben von Otto Lyon. Nr. 10.
Ffeiffer, Georges. De Tinterpr^tation des
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Pissin, R. Hector Berlioz als Mensch
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Poller!, G. B. I moderni pianisti-compo-
sitori italiani — NM, Nr. 94. [Ein Mahn-
ruf an die italienischen Pianisten, moderne
italienische Klaviermusik zu pflegen.]
Del canto corale nelle scuole — SC
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Pougin, Arthur. Representation de »La
Juive« d'Hal^vy au Theatre -Lyrique
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»I/Etranger ou le Triomphe de lTSn-
harmonie*, action musicale en deuxactes,
poeme et musique de M. Vincent d'Indy
— »L1Enlevement au Serail«, de Mozart
1903 — M, Nr. 3793.
Berlioz et r Exposition Universelle
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Pr. Gehaltsverhaltnisse der Opern-Orche-
ster — DMZ 34, Nr. 49.
Prod'homme, J. G. Les Forqueray —
RMI 10, Nr. 4.
Puttmann, Max. Hector Berlioz als
Gesangskomponist — NZfM 70, Nr. 50.
Hector Berlioz und sein Orchester
— NMZ 25, Nr. 4.
Hector Berlioz — AMZ 30, Nr. 50f.
Kirchenchor-Verbandsfest [in Ebers-
waldel — BfHK 8, Nr. 3.
B., E. D. A mere question of intonation
— MMR, Nr. 396.
L. Berlioz iiber den Gesang —
BfHK 8, Nr. 3.
Baaff, J. J. Jets over de uitvoering van
>klassieke< muziek — WvM 10, Nr. 46 1
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13 Astor Place) Dezember 1903.
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Robinson, Frances C. Practical talks with
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Rolland, Romain. Chronique musicale
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festo de la Schola Cantorum. Concerts
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Kaiserwettstreite — TK 7, Nr. 22.
J. S. Hector Berlioz — MMR,
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Saint-Saens, Camille. Berlioz — MM
15, Nr. 22.
Samazeuilh, Gustavo. >Le Roi Arthus«,
drame lyrique d'Ernest Chausson, pre-
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de la Monnaie a Bruxelles — GM 49,
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Sand, Robert. Berlioz et ses contem-
porains — GM 49, Nr. 48.
Savic, Gertrud. Berlioz und die Frauen
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B chafer, Theo. »Taillefer« (von Richard
StrauC) in Heidelberg — NMZ 25, Nr.
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Scheide, Aug. Herder und die Musik.
Zum 100. Todestage des Dichters — SH
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Schering, A. Neue Gesangsliteratur —
NZfM 70, Nr. 52.
Schjelderup, Gerhard. Edward Grieg
— Samtiden (Kristiania) 1903, Nr. 6.
Sohmidkunz, Hans. Der Unterricht in
der Musik — Nord und Sud (Breslau)
1903, Nr. 317.
Schmidt, Paul. Ein neues deutsches Kunst-
harmonium — Zfl 24, Nr. 4.
Schultze, Adolf. Die Yorstande der Ber-
liner Hofoper — NMZ 25, Nr. 5 [mit
Portrats undBiographien von Karl Muck,
Eduard von StrauB, Richard Str a uO,
von Hulsen, G. Droscher, W.
Wegener].
Bcbure, Edouard. Le genie de Berlioz
— GM 49, Nr. 48.
Segnits, Eugen. liber Hector Berlioz'
Vokalwerke — SH 43, Nr. 49.
- Franz Liszt und Italien. Liszt's
erster Aufenthalt von 1837— 1839 —NMZ
25, Nr. 3.
Hector Berlioz' Werke. Heraus-
fegeben von Charles Malherbe und
'elix Weingartner — AMZ 30, Nr.
60f.
Zum Gedachtnisae Hector Berlioz*
— MWB34 Nr. 48 f.
Senes, G. Ancora del Controviolino di
Valentino De Zorzi) — NM 8, Nr. 92/93.
Servieres, Georges. Fr. Halevy juge par
Richard Wagner — GM 49, Nr. 49.
Sherwood, W. H. Some reminiscenses
of Rubinstein — MW 3, Nr. 12.
Simonetti, N. La poesia delTinnnito nel
linguaggio musicale — Rivista Teatrale
Italiana Neapel) August 1903.
8mend, Julius. Woher der Streit um
den Chorraum? — MSfG 8, Nr. 12 lEr-
widerung an Br a the].
Smolian, Arthur. Hector Berlioz und
die deutsche Opernbuhne — KW 17,
Nr. 5.
Hector Berlioz und die Berlioz-
Ausgaben von Breitkopf & H'artel
und von Eulenburg — NMP 12, Nr.
23.
Sdchting, Emil. >Tonbildung und Tech-
nik auf dem Klavierc von Tony Band-
mann. Eine Entgegnung — KL 26.
Nr. 23.
Soh. Der Konzertsaal derZukunft — TK
7, Nr. 20.
Soleniere, Eugene de. >Le roi Arthus*
drame lyrique en trois actes, poeme et
musique d'Ernest C h a u a 8 o n au Theatre
Royal de la Monnaie — RAD, Dezember
1903.
Solercj, A. Un viaggio in Francia di
Giulio Caccini [1604—1606) — RMI
10, Nr. 4.
Solvay, Lucien. >Le Roi Arthus«. Drame
lyrique en trois actes et six tableaux,
poeme et musique d'Ernest Chausson
— M, Nr. 3793 [Erstauflfuhrung in
Briissel].
Southgate, T. L. > Samuel Pepys, lover
of musique* — MN, Nr. 663 [Kritikdes
gleichnamigen Werkes von Frederick
Bridge].
Stanford, Chas.Villiers. Johannes Brahms
— Leisure Hour (London, 4 Bouverie
Street) Dezember 1903.
Sternfeld, Richard. 1st der >Lelio« von
Berlioz auffuhrbar — Mk 3. Nr. 5.
Steuer, Max. Die Musik inGrillparzer's
Tagebuchern — NZfM 70, Nr. 49.
Wunderkinder — S 61, Nr. 58.
Stieber , Hans. Die > Boheme « Puccini's.
Ein Vorwort zur nachsten Premiere im
[Wiener] Hofoperntheater — WKM 1,
Nr. 26.
Die Wiener Operette — ibid., Nr. 30.
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196 Mitteilungen der > Intern ationalen Musikgesellschaft*.
Mitteilungen der MInternationalen MusikgeseUschaft".
Ortsgruppen.
Berlin.
In der Sitzung am 19. Dezember hielt Herr Professor Han 8 man n einen Vortrag
iiber das Jankd-Klavier, der sehr beifallig aufgenommen wurde. Der Herr Vor-
tragende illustrierte seine interessanten Ausflihrungen durch Beispiele auf dem Janko-
Klavier und zum Vergleich auf der alten Klaviatur, wobei er von den Herren Vic-
tor Hansmann und Paul Schnackenburg wirkungsvoll unterstutzt wurde. Im
Ubrigen verweise ich auf den Artikel des Herrn Professor Hansmann in der vor-
liegenden Nummer.
Nachste Sitzung am 20. Januar: Vortrag des Herrn Karl Weigel iiber eine von
ihm erfundene chromatische Harfe ohne Pcdale; musikalische Vortrage.
Ernst Euting.
Leipzig.
Anknupfend an die allerorts abgehaltenen Feiern zum 100. Geburtstage Hector
Berlioz' eroffnete der Vorsitzende der Ortsgruppe, Herr Professor Dr. Prufer, die
erste Versammlung derselben am 29. November im Sachsenzimmer des Deutschen
Buchgewerbehauses mit einem Vortrage iiber den franzosischen Meister. • Nach einem
anschaulich entworfenen Bilde des eigentiimlichen kiinstlerischen Entwicklungaganges
Berlioz1 beleuchtete der Vortragende eingehend den Charakter seines Sohaflens und
seiner Werke, um alsdann die kunstgeschichtliche Stellung und die Verdienste des Meisters
mit anziehenden Worten zu charakterisieren. Die Herren Professor Emil JEckert
und Kantor Gustav Borchers hatten die Freundlichkeit, den Vortrag mit prak-
tischen Darbietungen zu illustrieren , ersterer mit dem klangschonen Vortrag des
Marsches und Abendlieds der Pilger aus der Haroldsymphonie und. der Liebesszene
aus »Romeo und Julie*, letzterer mit dem Tenorsolo aus dem Oratorium >Des Hei-
lands Kindheit«, dessen Begleitung Herr Hagedorn ubernommen hatte.
A. Sohering.
Ortsgruppenbericht Frankfurt a. M. folgt im nachsten Hefte.
Neue Mitglieder.
Nejedly Dr. Z., Prag.
Schiedermair, Dr. Ludwig, Leipzig, Ro-
sentalgas8e 9 ptr.
Schiitze, Carl, Direktor der hoheren Musik-
schule, Leipzig, TalstraCe 1.
Sorinzi, S., Bombay, Indian, CumballaHilL
Stainer, Mifi Cecie, London W., 13 Queens-
borough Terrace.
Vincent, W., Karl E., Yokohama (Japan)
85 Main Str.
Anderangen der Mitglieder-Liste.
Costallat & Co., Musikalienhandlung in
Paris jetzt H. G. Allix in Grenoble.
QloeB, Joseph jun., Stuttgart, jetzt Miil-
hausen in ElsaC, Friedensplatz.
Bobertson, R. P., Vincennes jetzt Paris
XI, 5 Rue Trousseau.
Weigel, Karl, Musikdirektor in Hannover
jetzt Charlottenburg, Weimarer Str. 29.
Weston, George, B., Bonn a. Rh. jetzt
Hanover, N. H. Ver. Staaten von Amerika.
Dartmouth College.
Ausgegeben Anfang Januar 1904*
Eur die Jiedaktlon verantwortlich : Professor Dr. Oskar Fleischer, Berlin WM Motzstr. 17
Mitverantwortlich : Dr. Ernst Euting and Dr. Albert Mayer^Reinach in Berlin.
Dmck und Verlag von Breitkopf & Hartel In Leipzig, Nurnberger Strafle 86.
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ZEITSCHRIFT
DEB
INTEMATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 5/6. Fflnfter Jahrgang. 1904.
Eracheint monatlich. Fiir Mitglieder der Intemationalen MuaikgeseUschaft kostenfrei,
for NichtmitgHeder 10 Jt. Anzeigen 25 ^ fur die 2gespaltene Petitzeile. Beilagen 15 Jf.
Amtlicher Teil.
Bekanntmkchung. ^Vv^ -v^W.\
I. Annahme der Neuen Satznngen.
Die Mehrheit der bestehenden Sektionen der Intemationalen Musik-
gesellschaft und des Presidiums der Gesellschaft haben die Neuen Satznngen
angenommen, die von der »Versammlung von Vertretern der Ortsgruppen
im Deutschen Reiche, Osterreich und der Schweiz< (siehe den nachfol-
genden Abdruck des Protokolls) am 6. Dezember 1903 zu Leipzig beraten
und zunachst durch die Sektionen Deutschlands , Osterreichs und der
Schweiz gutgeheiBen worden waren. Die Annahme erfolgte, da weder
Statuten, noch Geschaftsordnung einen bestimmten Modus vorschrieben,
der Dringlichkeit halber durch schriftliche Zustimmung der folgenden
zehn Sektionen:
Deutschland, und zwar in
Baden: Professor Dr. Ph. Wolf rum, Heidelberg.
Bay em: Professor Dr. A. Sandberger, Miinchen.
Norddeutschland: Wirklicher Geheimrat Freiherr DDr. R. v.
Liliencron, Schleswig; Geheimer Regierungsrat Professor Dr.
C. Stumpf, Berlin.
Sachs en: Professor Dr. Hermann Kretzschmar, Leipzig.
Frankreich: Professor Dr. L. Dauriac, P. A. Dechevrens, O. J., Pro-
fessor M. Lussy, A. Pougin, Paris.
GroBbritannien und Irland: English Committee (14 Mitglieder).
Niederlande: D. F. Scheurleer, 's Gravenhage; Dr. M. Seiffert,
Berlin.
(Vorbehaltlich der Best&tigung durch die GeneralYersammlung, aber unter Ermachtignng zu
weiteren Schritten der Neukonstituieroag.)
Zt-tU- V- Digitld by GoOgle
198 Amtlicher Teil.
Osterreich: Professor Dr. G. Adler, Wien.
Schweiz: Direktor C. H. Richter, Genf.
Spanien: Professor F. Pedrell, Madrid.
Antworten blieben aus von f olgenden neun Sektionen : Belgien, Dane-
mark, ElsaB-Lothringen, Finnland, Italien, Ostasien, RuBland, Schweden,
Vereinigte Staaten von Nordamerika, von denen einige mit Sicherheit
iiberhaupt nicht konstituiert sind, wahrend von anderen Naheres nicht
festzustellen war. Demnach wtirden nur zustimmende Erklarungen
erfolgt sein, hatten nicht zwei Vorstandsmitglieder (einer der Vertreter
von Norddeutschland und einer der Vertreter Italiens in Deutschland),
die in anderer Eigenschaft als Teilnehmer an der Yersammlung vom
6. Dezember zugestimmt hatten, nachtraglich aus formellen Griinden ihre
personliche Zustimmung zuriickgezogen.
Durch Annahme der neuen Satzungen sind die bisherigen Statuten
und die ihr entgegenstehenden Bestimmungen der Geschaftsordnung auBer
Kraft gesetzt. Zugleich fallt damit die bisherige Geschaftsstelle weg.
Zuschriften an die Internationale Musikgesellschaft sind hinfort je nach
Inhalt an die unten angefiihrten geschaftfiihrenden Mitglieder des Pre-
sidiums und, soweit es die Redaktion betrifft, an die unten genannten
Redakteure zu richten. Em Abdruck der neuen Satzungen erfolgt am
FuBe dieser Bekanntmachung.
II. Wahlen.
Auf Grund der neuen Satzungen hatte das Presidium, das aus den
Vorstanden der Landessektionen besteht, laut § 4 zu seiner Vertretung
einen Vorsitzenden, einen Schatzmeister und einen Schriftfuhrer, die beiden
letzteren aus seiner Mitte oder aus den iibrigen MitgUedern der IMG.
zu wahlen; ebenso laut § 6 eine dreigliedrige Redaktionskommission.
Mit absoluter Mehrheit aller Prasidialmitglieder wurden gewahlt:
Presidium.
Vorsitzender: Professor Dr. Hermann Kretzschmar in Leipzig.
Schatzmeister: Breitkopf & Hartel in Leipzig.
Schriftfuhrer: Dr. Max Seiffert in Berlin.
Redaktionskommission.
Professor Dr. Hermann Kretzschmar in Leipzig.
Professor Dr. Adolf Sandberger in Mlinchen.
Geheimrat Professor Dr. Carl Stumpf in Berlin.
Die Gewahlten haben die Wahl angenommen.
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Amtlicher TeiL 199
III. Ernennung yon Redaktenren.
Die Bedaktionskommis8ion hat laut § 6 der neuen Satzungen
die Herren Dr. Max Seiffert in Berlin und Dr. Alfred Heufi in Leipzig
zu Redaktenren der IMG. ernannt.
IT. Mitgliederyerzeiehnis.
Das sechste Mitgliederyerzeiehnis der International Mnsikgesellschaft
wird demnachst, dem gegenwartigen Stande entsprechend, veroffentlicht.
Verzeichnisse der Vorstande der Sektionen und Ortsgruppen, sowie der
auslandischen korrespondierenden Mitglieder werden jeweilig nach fort-
schreitender Reorganisation der IMG. folgen.
V. Hauptyersammlung.
Der unterzeichnete Vorsitzende wird dem Prasidium vorschlagen, nach
erfolgter Ordnung der Dinge im Herbst dieses Jahres eine Hauptyersamm-
lung oder einen internationalen KongreB in Leipzig einzuberufen, der
dem Berichte iiber die erfolgten Arbeiten zur Reorganisation der IMG.,
sowie Antragen, Vortragen und Verhandlungen gewidmet sein wird,
Voraussichtlich wird zu dieser Zeit Gelegenheit gegeben werden, den
Mitgliedern selten gehorte Werke Johann Sebastian Bach's und seiner
Zeitgenossen vorzufuhren.
Leipzig, 20. Februar 1904.
Dr. H. Kretzschmar,
Voreitzender des Presidiums der IMG.
Satznngen
der
Internationalen Musikgesellschaft.
1. Zweck.
Der Zweck der IMG. ist, der musikwissenschaftlichen Eorschung und
damit der Vertiefung des musikalischen Lebens durch Austausch der
wissenschaftlichen Errungenschaften im internationalen Verkehre zu dienen.
Sie schlieBt zu diesem Ziele die Vertreter und Freunde der Musik-
wissenschaft in festen Verbanden zusammen.
2. Mittel zur DurcbfBhrung des Gesellschaftszweckes.
Zur Durchfiihrung des Zweckes der IMG. dienen:
A. Publikationen,
B. Versammlungen.
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200 Amtlicher Teil.
Die Publikationen sind:
1) Die Vierteljahrsschrift der Sammelbande, die flir Arbeiten streng
wissenschaftlichen Inhaltes bestimmt ist,
2) die Monatshefte der Zeitschrift, die iiber das Vereinsleben der
IMG. und die Fortschritte der Musikwissenschaft und deren Einwirkung
auf das Musikleben der Gegenwart zu berichten haben, ohne mit den
bestehenden Musikzeitschriften in Wettbewerb zu treten, und
3) die zwanglosen selbstandigen Beihefte, die groBere Monographien
bringen.
Versammlungen bestehen aus Ortsversammlungen und allgemeinen
Kongressen.
3. Organisation.
Die IMG. beruht auf dem Zusammenschlusse von Ortsgruppen und
Landessektionen. Sie ist berecbtigt, mit Vereinigungen, die ahnlichen
Bestrebungen dienen, in ein freies Kartellverhaltnis zu treten. Orts-
gruppen und Landessektionen regeln ihre Tatigkeit und Verwaltung
selbstandig. Alle Inhaber von Vereinsamtern werden auf hochstens je
zwei Jahre gewahlt. Wiederwahl ist zulassig.
4. Prasidium.
Die IMG. wird von einem Prasidium geleitet, das aus den Vorstanden
der Landessektionen bestebt. Das Prasidium hat die Oberaufsicbt iiber
die gesamte Tatigkeit der IMG., insbesondere iiber Publikationen und
Kongresse. Das Prasidium wahlt zu seiner Vertretung einen Vorsitzenden,
einen Schatzmeister und einen Schriftfiihrer, die beiden letzteren aus
seiner Mitte oder aus den ubrigen Mitgliedern der IMG., die durch diese
Wahl Mitglieder des Presidiums werden.
5. Gesch&ftsordnnng.
Der Vorsitzende halt die Prasidialmitglieder iiber alle Angelegenheiten
der IMG. auf dem Laufenden und entscheidet dringliche Falle selbstandig.
Sitzungen des Presidiums sind bei den Kongressen, tunlichst alle zwei
Jahre, abzuhalten. Der Schriftfiihrer hat die Beschliisse des Prasidiums
auszufiihren. Der Schatzmeister legt dem Prasidium alljahrlichRechnungab.
Das Prasidium setzt flir seine Tatigkeit eine Geschaftsordnung fest
und gibt sie bekannt.
6. Publikationen.
Als Herausgeber der Sammelbande, der Zeitschrift und der Beihefte
zeichnet die IMG. Das Prasidium wahlt eine dreigliedrige Redaktions-
kommission. Diese ernennt einen oder mehrere Redakteure, die ihr fiir
die Redaktion8fuhrung verantwortlich sind und auf dem Titel der Sammel-
bande und der Zeitschrift als solche genannt werden. Die Kommission
ist Beschwerdeinstanz.
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Amtlicher Teil. 201
7. Versammlungen.
Neben den Versammlungen der Ortsgruppen und Landessektionen
werden alle Mitglieder der IMG. vom Prasidium zu Hauptversammlungen
oder Kongressen einberufen. Sie sind Antragen, Vortragen und Ver-
handlungen in erster Linie gewidmet; es konnen aber auch Auffiihrungen
alter Tonwerke oder solcher aus neuer Zeit, sofern sie musikwissenschaft-
liches Interesse bieten, damit verbunden werden. Die Einberufung dieser
Versammlungen oder Kongresse ist dem Prasidium anheimgegeben, doch
sollen sie moglichst alle drei Jahre stattfinden.
8. Stimmrectat.
Bei alien Allgemeinbeschliissen steht den Mitgliedern des Prasidiums,
sowie den Delegierten derjenigen Ortsgruppen, die mindestens sieben voll-
berechtigte Mitglieder z&hlen, je eine Stimme zu. Ebenso steht je eine
Stimme den Delegierten von sieben auBerhalb von Ortsgruppen stehenden
Mitgliedern zu.
9. Mitgliedsebaft.
Der IMG. kann jedermann beitreten, der sich als Mitglied meldet.
Die vollberechtigten Mitglieder der IMG. haben auf Teilnahme an alien
Veranstaltungen der IMG. Anspruch. Sie haben bei einem Jahresbeitrage
von Jt 20, — das Recht auf unentgeltliche Lieferung der »Sammelbande«
und der »Zeitschrift«, sowie auf Bezug der »Beihefte« zu ermaBigtem
Preise. Die Ortsgruppen und Landessektionen konnen neben solchen
Mitgliedern, die zugleich vollberechtigte Mitglieder der IMG. sind, auch
andere Mitglieder haben, tiber deren Einreihung in die Ortsgruppe oder
Sektion deren Satzungen entscheiden. Diese Mitglieder sind nicht wahl-
bar zu den Amtern der Zentralverwaltungen der IMG.
10. Satzung8&nderungen,
Die Satzungen konnen nur auf Antrag des Prasidiums oder dreier
Landessektionen von einer internationalen Hauptversammlulig mit zwei-
drittel Stimmenmehrheit der anwesenden Stimmberechtigten abgeandert
werden. Der Antrag auf Satzungsanderung muB mindestens vier Wochen
vor der Hauptversammlung eingereicht werden.
11. Auflosung der Gesellschaft.
Die Auflosung der Gesellschaft kann nur auf Antrag des Prasidiums
oder dreier Landessektionen von einer internationalen Hauptversammlung
mit dreiviertel Stimmenmehrheit der anwesenden Stimmberechtigten be-
schlossen werden. Bei Antrag auf Auflosung der Gesellschaft ist friihestens
binnen vier Wochen, spatestens binnen drei Monaten zu diesem Zwecke
eine Hauptversammlung einzuberufen. Im Falle der Auflosung bleibt
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202 Amtlicher Teil.
den Ortsgruppen und Landessektionen das Verfiigungsrecht iiber ihr Ver-
mogen. Uber etwaiges Gesamtvermogen der IMG. ist gleichzeitig mit der
BeschluBfassung iiber die Auflosung der IMG. zu einem Zwecke inter-
nationaler Musikforschung zu verfiigen.
JProtokoll
der Versammlung der Vertreter von Ortsgruppen
der
Internationalen Mnsikgesellschaft
im Deutschen Reiche, in Osterreich und der Schweiz.
Sonntag, den 6. Dezember 1903, Vorm. 10 Uhr,
Leipzig, DolzstraBe 1, Deutsches Buchgewerbehaus.
Tagesordnung:
1. Ausbau der deutschen Ortsgruppen.
2. Vorschlage zu Sektions-Satzungen der einzelnen Lander deutscher
Sprache.
3. Vorschlage fiir die Abgrenzung des Pflichtenverhaltnisses zwischen
Prasidium und Geschaftsfiihrung und fiir die Wahlbarkeit der
gescliaftsfiihrenden Organe auf bestimmte Zeit.
Fer86nlioh vertretene Ortsgruppen:
Berlin, Major Dr. Korte.
Frankfurt a. M., Dr. Hohenemser.
Leipzig, Professor Dr. Priif er.
Wien, Professor Dr. Adler, zugleich Vorsitzender der Sektion Osterreich,
Zentral-Gesohftftsstelle :
Professor Dr. Fleischer, Vorsitzender.
Dr. Oscar v. Hase (Breitkopf & Hartel), Schatzmeister.
Fersonlich anwesende Mitglieder:
Ortsgruppe Berlin: Oberbibliothekar Dr. Altmann, Prof. Schmidt,
Dr. Wolf.
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Amtlicher Teil. 203
Ortsgruppe Darmstadt: Dr. Nagel.
» Leipzig: Kantor Borchers, Dr. HeuB, Professor
Dr. Koster, Dr. Schering, Dr. Schwartz, Universi-
tatsmusikdirektor Zollner.
Bitterfeld: Kantor Werner. Halle a. S.: Dr. Abert.
Dresden: Buchmayer. Weimar: Hofkapellm. Dr. Obrist.
Durch Vollmaoht ihre Anschauungen vertretende Ortsgruppen:
Basel, Dr. Nef: Dr. Abert.
Bern, Prof. Dr. Thiirlings: Prof. Dr. Priifer.
Breslau, Prof. Dr. Siebs: Prof. Dr. Priifer.
Genf, Musikdirektor Bichter
(zugL Vora. der Sektion Schweiz): Prof. Dr. Priifer.
Hamburg, Prof. E. Krause: Prof. Dr. Koster.
Liibeck, Prof. Stiehl: Prof. Dr. Kretzschmar (nicht zugegen).
Entsohuldigt:
Die Ortsgruppen:
Basel: Dr. Nef.
Bern: Professor Dr. Thiirlings.
Bonn: Dr. Scheibler.
Breslau: Professor Dr. Siebs.
Diisseldorf : Dr. Limbert, Professor Buths.
Genf: Direktor Bichter.
Hamburg: Professor Krause.
Heidelberg: Professor Dr. Wolfrum.
Liibeck: Professor Stiehl.
Munchen: Dr. Kroyer, Exzellenz v. Perfall, Dr. Schulz.
Stuttgart: Professor de Lange.
Winterthur: Dr. Radecke.
An andern Orten: Karlsruhe: Professor Ordenstein.
Magdeburg: Musikdirektor Kauffmann. Mannheim: Direktor Bopp.
BegriiBungen aus andern Landern:
Paris: Professor Lussy, unter Ubersendung seines neuen Werkes
»Anacrouse«.
Krakau: Adolf Chybinsky.
Unterlagen sur Beratung:
1. Grundziige fiir Satzungen der IMG. eingereicht von der Ortsgruppe
Leipzig, versandt am 6. November 1903.
2. Abanderungsvorschlage der Ortsgruppen
des deutschen Reiches:
Heidelberg, Professor Dr. Wolfrum;
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204 Amtlicher TeiL
Osterreichs:
Wien, Professor Dr. Adler;
der Schweiz:
Basel, Dr. Nef ;
Bern, Professor Dr. Thiirlings;
Winterthur, Dr. Radecke.
3. Vereinfachter Entwurf von »Satzungen der IMG.« auf Grund der
erfolgten Abanderungsvorschlage vorgelegt von der Ortsgruppe
Leipzig am 6. Dezember 1903.
Vorsitz.
Vom Einberufer Prof. Dr. Priifer, Vorsitzendem der Ortsgruppe
Leipzig wird der Versammlung als Vorsitzender der Vertreter der Berliner
Ortsgruppe Major Dr. Korte vorgeschlagen. Da dieser auf Annahme
verzichtet, wird der Vertreter der Wiener Ortsgruppe Prof. Dr. Adler
zum Vorsitzenden der Versammlung gewahlt. Er beruft Dr. Schering
von der Leipziger Ortsgruppe als Schriftfiihrer.
Geschaftsordnung.
Der Antrag des Major Dr. Korte, daB alle anwesenden Mitglieder
der IMG. an der Beratung teilnehmen konnen, aber nur die zur Ver-
sammlung entsandten Vertreter derjenigen Ortsgruppen, die alien Voraus-
setzungen des Statuts und der Geschaftsordnung der IMG. entsprechen,
mit je einer Stimme zur Abstimmung uber Punkte der Tagesordnung
berechtigt sind, wird mit 10 gegen 9 Stimmen angenommen. Die Voll-
machten der Ortsgruppen Basel, Bern, Breslau, Genf, Hamburg und
Ltibeck, die einzelne in der Versammlung anwesende Mitglieder anderer
Ortsgruppen damit betraut haben, sie soweit Stimmenvertretung von der
Versammlung als zulassig betrachtet wird, zu vertreten, werden zur Ver-
lesung gebracht.
Es wird dabei festgestellt, daB sie die von der Ortsgruppe Leipzig
vorgelegten Grundzlige von Satzungen der IMG. einschlieBlich der-
jenigen sachlichen Abanderungen , uber die sich die Versammlung, im
Einverstandnis mit ihren Vertretern, zwecks Vorlage durch den deutechen
Sektionsverband an das Presidium der IMG. einigt, samtlich gutheiBen.
Von der Teilnahme der Vertreter an den Abstimmungen wird abzusehen
beschlossen.
Herr Major Dr. Korte legt sodann eine »Erklarung zur Geschafts-
ordnung* vor, nach welcher die Beschliisse der Versammlung als Vor-
schlage anzusehen und der Zentralgeschaftsstelle zur weiteren Behand-
lung zu iibergeben seien, um einer bis zum 1. Okt. 1904 nach § 6 der
Geschaftsordnung einzuberufenden internationalen Generalversammlung
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Amtlicher Teil. 205
vorgelegt zu werden. Nachdem die Wichtigkeit der Verhandlung und
der zum AbschluB drangenden Fragen von alien anerkannt ist, zieht
Herr Dr. Korte seinen Antrag zu Gunsten des sp&ter znm BeschluB
erhobenen Antrages zu Punkt 3 der Tagesordnung zuriick.
Dr. von Hase geht sodann als Referent zur Erlauterung des Satzungs-
vorschlags ttber, worauf die Verlesung des neuen Statutenentwurfs erfolgt.
Der Vorsitzende, Prof. Adler, eroffnet die Debatte iiber die ein-
zelnen Punkte dieses neuvorgelegten vereinfachten Entwurfes.
§ 1. Einstinimig angenommen.
§ 2. DerPassus »ohne mit den bestehenden Musikzeitschriften inWett-
bewerb zu treten* — auf die >Zeitschrift der IMG.« Bezug nehmend —
wird beanstandet. Ln Hinblick auf den Urcharakter der Zeitschrift als
wissenschaftliches Organ wird der Zusatz beibehalten und angenommen.
Dr. Hohenemsers Antrag, die »Zeitschrift« nicht allein (separat)
fiir M. 10. — ) abzugeben, weil alsdann Abonnenten fiir die Sammelbande
(M. 20. — ) ausbleiben wiirden, wird fiir spater zuriickgestellt.
Die iibrige Fassung von § 2 angenommen.
§ 3. Dr. Korte mochte die urspriingliche Fassung >Alle Inhaber von
Vereinsamtern werden auf zwei Jahre gewahlt* durch Zusatz »hochstens
zwei Jahre « erweitert wissen. Der Antrag wird angenommen.
§ 4. Von mehreren Seiten wird eine genaue Interpretation des Wortes
»Landessektionen« gewiinscht. Die Erklarung unterbleibt vorlaufig.
Prof. Fleischer prazisiert das > Presidium < als ein Ehrenamt und
halt die Beibehaltung eines »Schriftfiihrers« nicht fiir ratsam, da eine
Uberlastung desselben nicht ausbleiben wiirde. Auch mochte er das
Presidium nicht in Beschwerdesachen hineingezogen wissen.
Dr- von Ha 8 e glaubt an den drei Funktionaren: Vorsitzender, Schatz-
meister, Schriftfiihrer festhalten zu miissen.
Dr. Altmann schlagt eine Erweiterung des letzten Passus vor durch
Einfiigung des Satzes >die durch diese Wahl Mitglieder des Presidiums
werden «.
Der Vorschlag wird angenommen.
§ 5. Der Antrag Dr. Kortes, statt des urspriinglichen Wortes »Pra-
sident* »Vorsitzende« zu setzen, urn MiBverstandnissen zu begegnen,
wird angenommen.
Die Einfiigung des Passus »Der Sitz des Prasidiums ist vorlaufig
Berlin* wird gegen 1 Stimme abgelehnt.
§ 6. Absatz 1 und 2 angenommen.
Dr. Altmann wiinscht die Einfiigung >einen oder mehrerer Redak-
teure*. Dieselbe angenommen.
| 7. Angenommen.
Neuer § 8 der Statuten siehe Verhandlung iiber § 10 derselben.
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206 Amtlicher Teil.
§ 8. Angenommen. [Wegen des gleichartigen Gegenstandes aber bei
formeller Redaktion als letzter Satz an § 5 angefugt.]
§ 9. Kantor Werner beantragt, aucb solche als Mitglieder der IMG.
aufzunehmen, welche nicht Mitglieder einer Ortsgruppe sind. Die von
einigen befiirwortete »Anmeldung« derselben beim Schatzmeister nicht
angenommen. Die urspriingliche Fassung wird beibehalten.
Dr. Altmann beantragt Streichung des bereits friiher beanstandeten
Passus, dafl die »Zeitschrift« separat fur M. 10. — an Mitglieder ab-
gegeben werde. Dr. Hobenemser stimmt dem bei. Dr. Altmann fixiert
seinen Antrag in die Worte >Sie haben bei einem Jahresbeitrage yon
M. 20. — das Recht auf unentgeltlicbe Lieferung der »Sammelbande« und
der >Zeitschrift«, sowie auf Bezug der >Beihefte« zu ermaBigten Preisen*.
Der Antrag wird angenommen.
§ 10. Dr. Korte beantragt Erklarung des Begriffs »Stimmrecht<
innerhalb der Organisation.
Die Stimmberechtigung jedes einzelnen Mitglieds wird zuriickge-
wiesen mit Rucksicht auf internationale Kongresse, in denen das Aus-
land jedesmal uberstimmt werden wlirde.
Der Antrag, die Ortsgruppenvorstande all e in als stimmberechtigt
zuzulassen, wird angenommen.
Daraufhin wiinscht Dr. Korte die Aufnabme eines § 8 als »Stimm-
recht«. Derselbe wird in der vorliegenden Fassung der Statuten an-
genommen.
§ 11. Angenommen.
Nach AbschluB der Debatte iiber den Statutenentwurf, werden noch
3 friihere Antiilge aufgenommen, die samtlich dieselbe Frage beantwortet
wunschen: Wann treten die vorliegenden Statuten in Kraft? 1st ein
Aufschubtermin angebracht?
Dr. von Hase spricht im Interesse des Wiedereintritts der ausge-
schiedenen Sektionsmitglieder fiir sofortiges Inkrafttreten.
Da auch der Vorsitzende nacbweist, daB weder juristische noch
formale Bedenken dem entgegenstehen , wird der diesbeziiglicbe Antrag
Dr. von Hases zu Punkt 3 der Tagesordnung angenommen. (Siehe unten.)
Die Punkte 1 u. 2 der Vorschlage zur Tagesordnung werden einstimmig
angenommen, so daB die
Beschliisse der Vertreter der stimmberechtigten Ortsgrnppen
laut Abstimmung sich gestalteten wie folgt:
Punkt 1 der Tagesordnung:
Die Versammlung beschlieBt auf Grund von § 3b der Statuten der
IMG., wonacb den Ortsgruppen Organisation und Verwaltung selbst
uberlassen bleibt, mithin auch das Recht, sich untereinander iiber Fragen
ihrer Organisation und Verwaltung zu verstandigen,
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Amtiicher Teil. 207
a) authentische Auskunft liber Bestand und Organisation der deutschen
Ortsgruppen zu beschaffen,
b) den inneren Ausbau und die Vermehrung der deutschen Orts-
gruppen anzustreben.
Punkt 2 der Tagesordnung:
Die Versammlung beschlieBt, da laut § 2 Absatz 2 der Gesch&fts-
ordnung die Ortsgruppen verbunden sind, Statuten und Beschliisse (An-
trage, Wiinsche, Beschwerden usw.) und ihren Personenstand (Namen und
Adressen der Mitglieder) dem Sektionsvorstande ihres Landes mitzuteilen,
auch ihrerseits
a) authentische Auskunft iiber Statuten, Beschliisse und Personen-
stand der deutschen Landessektionen zu beschaffen,
b) zu Vorschlagen fur Neuwahl von Vorstanden von Landessektionen
seitens ihrer Organe der Ortsgruppen anzuregen.
Punkt 3 der Tagesordnung:
Die Versammlung heiBt, da jeder der in ihr vertretenen Ortsgruppen
laut § 3b der Statuten der IMG. eine Stimme bei alien Gemein-
beschliissen der IMG. gebiihrt, die von der Ortsgruppe Leipzig vor-
gelegten > Satzungen der IMG.« mit den aus dem Verhandlungsprotokoll
ersichtlichen Anderungen gut; sie ersucht die Zentral-Geschaftsstelle,
zunachst die Vorstande der deutschen Landessektionen um schriftliche
Annahme dieser Satzungen fiir den Bereich des deutschen Sektions-
verbandes zu bitten, dafern aber dem Schwierigkeiten entgegenstehen,
eine innerhalb der Weihnachtsferien abzuhaltende Hauptversammlung
der gesamten deutschen Landessektionen zuziiglich der von Osterreich
und der Schweiz zu diesem Zwecke einzuberufen. Weiter ersucht sie die
Geschaftsstelle, die neuen Satzungen nach Annahme im Ursprungslande
den Mitgliedern des Presidiums der IMG. zwecks schriftlicher BeschluB-
fassung, im Falle sich ergebender Schwierigkeiten aber einer in Deutsch-
land einzuberufenden internationalen Generalversammlung vorzulegen.
Einmiitige Beschliisse der versammelten Mitglieder:
1. Die Versammlung bittet Herrn Professor Dr. Hermann Kretzschmar,
friiheren Vorsitzenden der Ortsgruppe Leipzig und bis vor kurzem der
Sektion Sachsen der IMG., wieder in die IMG. einzutreten, die von der
Ortsgruppe Leipzig und von Dresden vorgeschlagene Wiederwahl als
Vorsitzetoder der Sektion Sachsen anzunehmen, den wiederhergestellten
Voratand des deutschen Sektionsverbandes durch Annahme der Wahl als
dessen Vorsteher neu zu konstituieren und fiir die gewiinschte Neugestal-
tung der Statuten der IMG. einzutreten.
Die Versammlung stellt die gleiche Bitte wegen Wiedereintritts und
Wiederaufnahme des friiheren Sektionsamtes an die andern, mit ihm
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208 Chrysander iiber Wagner's Tannhauser.
zugleich ausgetretenen Vorstandsmitglieder deutscher Landessektionen:
Herrn Wirkl. Geh. Eat Dr. R. Freiherr von Liliencron, Prof. Dr. A. Sand-
berger, Prof. Dr. Spitta, Prof. Dr. C. Stumpf und Prof. Dr. Ph. Wolfram.
2. Die Versammlung nimmt die von Professor Schmidt angeregte An-
erkennung der Leistungen des Griinders der IMG. und Vorsitzenden der
Central-GeschaftssteUe, Prof. Dr. 0. Fleischer, auf Antrag Dr. v. Hases
ihrerseits auf und spricht ihm ihren Dank f iir die bisher im Interesse der
IMG. geleistete groBe Miihewaltung aus.
3. Desgleichen spricht die Versammlung auf Antrag Prof. Dr. Priifers
dem Vorsitzenden Prof. Dr. Adler und Dr. Oscar von Hase den Dank aus.
Hierauf wird die Versammlung geschlossen.
Anlage: Entwurf der Satzungen der Internationalen Musik-Gesellschaft
mit den von der Versammlung gutgeheiBenen Anderungen.
Dr. A. Sobering, Schriftfuhrer.
Chrysander iiber Wagner's Tannhauser.
Am 26. Januar 1852 wurde Richard Wagner's Tannhauser zum ersten
Male am Hoftheater in Schwerin gegehen, Gl/A Jahre nach seiner Dresdener
Erstaufftthrung. Friedrich Chrysander, damals ein junger Mann von 25 Jah-
ren, versuchte wie Jedermann der fur ihn wie fur seine Umgebung neuen
Erscheinung gegeniiber Stellung zu nehmen und legte das gewonnene Urteil
in einer Reihe von sechs Aufsatzen im Schweriner »Norddeutschen Corre-
spondenten* (Nr. 21 — 28) nieder, welche, als der Ausdruck eines unbefangen
nach Wahrheit strebenden Geistes an sich schon fiir uns interessant, noch
heute ihren Wert nicht verloren haben. Jedenfalls rechtfertigt manche tref-
fende Bemerkung die Rettung dieser uns von Herrn Professor Dr. Kretzsch-
mar freundlichst zur Verfiigung gestellten Aufsatze aus Vergessenheit.
Die Redaktion.
Schwerin, 23. Januar. Die am nachsten Montag zur Auffuhrung kom-
mende Oper Richard Wagner's: » Tannhauser* hat die Blicke der Kunst-
freunde auf die Schriften dieses Componisten gewendet. Wagner hat drei
Werke iiber Musik geschrieben, deren letztes wohl das wichtigste ist. Es
zerfallt in drei Theile, von denen der erste: Die Oper und das Wesen der
Musik; der zweite: Das Schauspiel und das Wesen der dramatischen Dicht-
kunst; der dritte: Dichtkunst und Tonkunst, im Drama der Zukunft, be-
handelt. Er beweist in diesem Werke, daB die Oper ein Irrthum sei, weil
in diesem Kunstgenre ein Mittel des Ausdruckes (die Musik) zum Zweck,
der Zweck des Ausdruckes (das Drama) aber zum Mittel gemacht ist. Dieser
Satz ist klar genug, und es kam nur darauf an, den Muth (und die Berech-
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Chrysander fiber Wagner's Tannhauser. 209
tigung) zu haben, ihn auszusprechen, da er iiber die jetzige Oper das Todes-
urtheil fallt. (Uebrigens sagte schon Voltaire, die Oper sei em Unding.)
Aus diesem Satze folgt nun schon mit einfacher Consequenz, was Wagner
unter dem Drama der Zukunft versteht: Das Drama in seiner hochsten Voll^
enduDg, das die Dichtkunst gebaut und die Tonkunst mit prachtvollen Ge-
malden und Arabesken geschmiickt. Geben nun auch selbstredend diese
Schriften indirect Aufschlufi iiber die Principien, die der Verfasser beimBau
seiner Oper verfolgt hat, so ist er doch weit davon entfernt, ja er verwahrt
sich ausdriicklich dagegen, als wolle er in irgend einer seiner Opern ein sol-
ches Drama der Zukunft geliefert haben. — Was den >Tannhauser« betrifft,
so ist dessen Text etwas ganz anders, als die Opern texte gewohnlich sind;
e3 ist eine Dichtung. — Ob diese Oper und uberhaupt Wagners Musik dem
verwohnten Publicum schon jetzt gefallen wird, oder nicht, kann natiirlich
fiber ihren Werth nicht entscheiden, da jede neue Bichtung sich erst Bahn
brechen, das Publicum erziehen muB; eben so wenig kann aber auch das Ge-
fallen oder MiBfallen der executirenden Musiker und Sanger maBgebend sein,
denn >die Oper der Gegenwart«, zu denen der > Tannhauser* gehort, —
wenn auch schon in ihr die neuen Wege angebahnt warden — hat nur den
Zweck des Effects auf das gebildete Publicum. — Diese Bemerkungen haben
keinen anderen Zweck, als auch unserseits auf diese hier noch neue Oper im
Voraus aufmerksam zu machen.
Schwerin, 27. Januar. Montag: Zum ersten Male: Tannh'auser u. s. w.
Unter Allen, welche versammelt waren, dieses musikaHsche Drama zu horen,
durfte keiner vorhanden sein, dessen Erwartungen nicht waren erfullt, ja tiber-
troffen worden. Einem Tonwerke von so entschieden kiinstlerischer Gestal-
tung konnten die, welche es schon vor der Auffuhrung genauer angesehen
hatten, diesen groBen Erfolg voraussagen. Jetzt schon auf das Einzelne na-
her einzugehen, durfte nicht ersprieBlich sein ; denn der Eine hat dieses, der
Andere Jenes sich erkiest; was den Einen entziickte, ist an dem Andern un-
bemerkbar voriibergerauscht: daher solch' Referat vielen diirftig oder einseitig
erscheinen wiirde. Dagegen wird eine ausfuhrliche Erorterung, welche den
Leser in den Stand setzt, ohne vielfache Hiilfsmittel iiber das Wesen der
dramatischen Musik R. Wagner's sich klar zu werden, vielleicht nicht ohne
Nutzen sein; wir behalten uns daher vor, in diesem Sinne auf B,. Wagner
und seine Oper nachstens zuruckzukommen. Hinsichtlich der AuflFiihrung
soil aber gern noch bemerkt werden, dafi die Sanger und Sangerinnen, wie
das Orchester insgesammt, durch ihre unverdrossene Miihe und Hingabe an
dieses Werk auf den Dank des Publicums vollen Anspruch haben. Auch
an ihnen war der Hauch eines reinen Geistes zu spiiren. Moge man diese
Bahn einhalten, auf ihr allein kann das Unlebendige der Manier, wie das
Sprode der Ungeiibtheit uberwunden werden; sie allein fuhrt zu wahren Er-
fojgen!
Schwerin, 29. Januar. * Tannhauser « und Richard Wagner. Schon am
Mittwoch, den 28. wurde die Oper wiederholt; daher diirfen wir in der Er-
fullung des gegebenen Versprechens uns wohl auch nicht saumig finden lassen.
Der laute Beifall gab Kunde von dem groBen Eindruck, welchen sie auf das
voDe Haus machte, besonders durch den zweiten Act. Dieser ist auch so
ganz und gar aus einem Gusse, von einer Einheit und Abrundung in Wort,
Ton und Handlung, die Jedem auch beim ersten Anhoren vollkommen klar
wird. Aber daB auch die hohere Einheit im Ganzen nicht fehle, davon kann
man sich gar bald uberzeugen.
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210 Chrysander tiber Wagner's Tannhauser.
Solche Einheit erhalt die Oper, soil sie wirklich ein musikalisches Drama
sein, nur durch eine Handlung, die, fern von aller Willktir, nach innerer
Nothwendigkeit ihrem Ende sich zubewegt. Dieser Einheit der Handlung
entspricht, als ihr naturlicher Ausdruck, die Verbindung der musikalischeu
Formen. Ware eine geschickte Verkntipfung musikalischer Formen an sich
schon ausreichend, dann hatten wir viele Opera, die » musikalisches Drama «
genannt zu werden verdienten; aber viele verdecken nur den rechten Grand
und Boden des Dramas durch die liebliche Htille der . Tonfiguren und leben
in Wahrheit von Schein und Tauschung. Die Handlung ist und bleibt allein
der vernunftige, ursachliche Grund alles dessen, was den Inhalt eines Dramas
bildet. Wie ist denn Handlung und Musik im Tannhauser und in welchem
Verhaltnisse 8 1 eh en sie zu einander?
Tannhauser, der im hitzigen Sangerkampfe nicht Lob der Menge, aber
das Herz der frommen Elisabeth sich errungen, entfernt sich aus Uebermuth
und Verstimmung von Graf Hermanns gastlichem Hofe, und wird durch sinn-
liches Geliiste der Venus zugefuhrt. Was ihn von ihr forttreibt, was ihn er-
lost und ihn in das fruhere Leben zuruckfuhrt, ist nicht Langeweile und
Scham in der gottlichen Sclaverei (»bei Dir kann ich nur Sclave werden — nach
Freiheit dtirstet's mich*), denn so etwas fuhrt noch nicht aus dem Laster-
leben heraus, sondern das Ergreifen des Heiligen (>mein Heil ruht in Ma-
ria!*). Aber auf diesem Wege geht der Held nicht fort; die heftige Regung
zur BuBe (»Ach schwer driickt mich der Stinden Last*) geht bald spurlos
voriiber, eben weil er so, wie er war, den friiheren Genossen und gar
der reinen Elisabeth so wohl gefallt. Er bleibt daher der Alte, nur berei-
chert durch das BewuBtsein von der Gluth (» Wahrheit*, wie er singt) sinn-
licher Liebe; und nur zu sehr erfullt er im Rausche, was er im Rausche
gelobt:
>Stets soil nur dir, nur dir mein Lied ertSnen!
Gesungen laut sei nur dein Preis von mir!
Dein siisser Reiz ist Quelle alles Schon en,
Und jedes holde Wunder stammt von Dir.
Die Gluth, die Du mir in das Herz gegossen,
Als Flamme lodre hell sie Dir allein!
Ja, gegen alle Welt will unverdrossen
Fortan ich nur Dein kuhner Streiter sein!«
Hierdurch fuhrt er das traurige Ende, nicht das des Sangerkampfes allein,
sondern auch das der Elisabeth herbei. Diese, die ihn »liebte tief im Gemiithe*
und dem Lieblinge unbefangen zustimmte, weil sie sich in der Liebe des Leides
nicht versah, war zerknickt gebrochen, als er seine Versunkenheit jubelnd
enthtillte; und da die Kirche nicht vergab, nicht vergeben konnte — denn
bei katholischer d. i. richterlicher Absolution muB eine GrSnze stattfinden —
und wenn die Natur ihrer Liebe seine Seele retten wollte und konnte, so
muBte sie zeitlich untergehen, denn nur eine Heilige kann von Gottes Throne
ein Orakel holen, welches das des Mannes in Rom aufwiegt. Und Tann-
hauser stirbt, denn in dem wunderbaren Zusammentreffen seiner versuchten
Riickkehr zur Venus mit Elisabeths Verklarung, ist es der letzte Lebens-
funke, welcher aus ihm ruft: » heilige Elisabeth bitte fur mich*.
Dieser Fortgang und SchluB der Handlung ist also, das zeigt schon
diese kurze Uebersicht, vollkommen wahr und nattirlich und wtirde mit Un-
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Phrysander fiber Wagner's Tannbauser. 211
recht getadelt werden. DaB derselbe ideale Inhalt einen andern Verlauf neb-
men kdnnte, soil keineswegs bestritten werden; aber hier kommt es nur da-
rauf an, nachzuweisen, dafi unter den yon der Sage gegebenen Bedingungen
die Handlung innerlicb widersprucbslos sei.
Alles weitere fallt der dicbteriscb musikaliscben Tbatigkeit anheim; und
es ist daher nun weiter zu seben, was im Einzelnen das Ganze und welcb'
hoheres Ganze durcb dieses Einzelne geworden ist.
II. Die Ouverture.
Die Ouverture zum Tannbauser ist ein Spiegelbild der ganzen Oper. Die
beiden Grundmotive, der Pilger- und der Venusgesang, ldsen einander ab,
and zwar so, daB die einfacbe Pilgerweise zuerst ertont, obne MiBlaut, in tiefer
Rube, wie urn anzudeuten, eine bimmliscbe Kraft tbrone iiber der folgenden
Yerwirrung, diese losend und beilend. Hierauf der Venusgesang; nacb dessen
rollendem Verscbwinden wieder die Pilgerweise und zwar mit all der Kraft
and Freudigkeit, welcbe ein errungener Sieg verleibt. Durcb diese einfacbe
Gliederung ist das Ganze licbt und klar und von ergreifender Wirkung. Eine
kleine Verriickung wiirde Vieles verandern; gesetzt, die Ouverture ware mebr
nacb dem Gange der Handlung, als nacb dem Gedanken der Oper gebildet und
beganne demnacb mit der Vorfubrung des Venuslebens, so wiirde sie sinnlos
sein und zu einem reinen Spectakelstiick berabsinken.
Trotz dieser vortrefflicben Ordnung bat sicb in die Ouverture mancbes
eingescblicben, was sie Uberladen macbt. Die Umgebung des Yenusgesanges
hat solcbe Stellen', mebr nocb der Pilgergesang, dessen unaufborlicbe, das
Wanderleben darstellende Begleitung fast ein Gewinsel wird; aucb die Vor-
erinnerung an Boms Festleben konnte uns erspart werden: denn durcb die-
ses Alles geht die Ouverture iiber ibr nattirlicbes MaB binaus. Eine Ouver-
ture muB sicb darauf bescbranken, durcb die grSBtmSglicbe Verdicbtung der
entsprecbenden Tonfiguren den Hauptgedanken rein und klar abzubilden.
Die Breite scbwacbt den Eindruck des folgenden und erweckt bocbstens ein
von dem Ganzen losgelostes Bebagen (in den angemerkten Stellen dieser
Ouvertiire freilicb nicbt, denn sie sind zufallig sammtlicb nicbt glticklicb erfun-
den) und als Beiwerk wird sie durcbaus unverstandlicb. All dies gebort in
die Oper — was bliebe dieser sonst? Die Ouverture ist Prolog, und, wie
dieser, dann am berrlicbsten, wenn sie das Bevorstebende in groBter Allge-
meinbeit und zugleicb in vollster Kraft und GewiBbeit vorscbauend verkiindet.
Doch zur Oper selbst!
Der erste Act.
Scene 1 und 2: Tannbauser im Venusberg. Eine biibscb decorirte Wob-
nung, in der es recbt gemiitblicb, nur ein wenig kindiscb berzugeben scbeint.
Es wird gesprungen und getanzt, zum Gliick wenig und einfacb, und von
Siren en gesungen, freilicb anders als Odysseus muB gebort baben, in scbarf-
sten Dissonanzen, die vom Componisten gewollt, nicbt durcb falscben Ge-
sang bervorgebracbt sind, wie viele der Horer werden geglaubt baben. Mir
ist nicbt recbt einleucbtend, warum diese MiBtone: etwa, weil die Harmonie
griechiscben Lebens uns Cbristen zur Disbarmonie geworden ? Das ware bei
dieser wenig bedeutenden Kleinigkeit docb sebr gesucbt; ein vollbarmoniscber
Gesang ware uns bier wobl besser bekommen.
Im Ganzen wird die Musik dieser Yenusscenen nicbt beberrscbt von
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212 "Chrysander iiber "Wagner's Tannhauser*
einer sinnlichen Ftille und einer das Ganze durchdringenden Grundstimmung,
die tins mit unabweisbarer Gewalt dies reizende und teuflische Wesen nahe
br&chte. Man vernimmt ein Sumsen, Scbwirren und Tonen, das vollkommen
an seinem Orte sein konnte, wenn der Ton eitler und doch so fessebider
Wonnen es erzeugte und trtige. Den rechten Ton zu treffen, hat in einem
nicbt menscblichen Kreise freilich seine grofien Schwierigkeiten, aber unfiber-
windlich sind sie scbon defiwegen nicht, weil der In halt des hier vorhandenen
Lebens bestimmt angegeben werden kann. Jetzt bietet das Ganze nur eine
Ftille von unleugbar schonen Einzelheiten, unter denen das von Tannhauser
zum Preise der Venus gesungene Lied obenansteht. Diese Eigenschaft der
Composition bereitet den Darstellern grofie Schwierigkeiten ; und daher kam
es, dafi bei der Auffuhrung in diesen Scenen nieht die Einheit, die Zusam-
menstimmung bemerkbar war, welche sonst fast uberall hervortrat. Mad. Moritz
that freilich ihr Moglichstes, um die Vorgange als naturlich erscheinen zu
lassen; aber es war an sich schon zu bedauern, dafi diese zarte Frau geno-
thigt war, ihr so sehr anders geartetes Wesen kunstlerisch in das der Venus
umzusetzen, und durch den angedeuteten Mangel der Composition wird sie
sich ihre Aufgabe nicht haben vollkommen klar machen konnen. In groBe-
rem Mafie gilt dies von Herrn Young: er hatte mit der Gottin traulicher
umgehen mtissen, war er doch bereits ein Jahr bei ihr, und dann wiederum
mannlicher auffereten, wie sollte ihm sonst Maria helfen! Sanger und Sange-
rinnen mtissen sich verstehen: es ist doch mancher Wink in den Orchester-
satzen, der sie einander naher fuhren konnte. Wollte Herr Young diesen
Theil seiner Roile genau wieder durchgehen, mochte er vielleicht dahin kom-
men, ihn ebenso trefflich zu spielen, als die grofie Scene des letzten Actes;
er mtifite dann besonders auf die feinen Andeutungen des Orchesters achteu.
3. Scene: auf Tannhausers Ruf: »mein Heil ruht in Maria !« ist Frau
Venus mit ihrer Herrlichkeit versunken; der Held befindet sich im Freien
in der Nahe der Wartburg, erschreckt und erschopft sinkt er hin. Siehe da
steht ein Hirt und singt:
Frau Holda kam aus dem Berg hervor,
Zu ziehen durch Fluren und Auen;
Gar stifien Klang vernahm da mein Ohr,
Mein Auge begehrte zu schauen.
Da traumt ich manchen holden Traum,
Und als mein Aug' erschlossen kaum,
Da strahlte warm die Sonnen,
Der Mai, der Mai war kommen.
Nun spiel ich lustig die Schalmei:
Der Mai ist da, der liebe Mai.
ein Lied, poetisch und musikalisch gleich schon, und an diesem Orte noch
besonders dadurch bedeutsam, dafi es uns zeigt, wie in einem harmlos from-
men Gemuthe Frau Holda und Rom sehr wohl sich vertragen. Der Hirt
leitet ungezwungen auf den Gesang der Pilger tiber — nur mufi, um eine
Klein igkeit zu bemerken, das Spiel der Schalmei ein- hochstens zweimal die
Pausen des Pilgergesanges ftillen, dann aber verstummen, denn der Hirt muB
nun schon den Gesang erkannt haben — , und bildet einen schdnen G^gen-
satz zu Tannhauser.
Der Gesang der Pilger ist rein kirchlich, auch kein Ton ist darin, der
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Ohrysander fiber Wagner's Tannh'auser. 213
das Gefahl zu verletzen fahig ware. Es wird der bleibende Vorzttg und die
Bedeutung dieses Tonwerkes sein, Reines und VoUendetes geschaffen zu haben
auf einem Gebiete, welches durch die Oper nach Mozart so sehr verunehrt
ist: auf dem religiosen. Hier macht Nichts Effect und docb wirkt Alles so
tief auf jedes unbefangene Gemiith. Das ist dramatische Musik; und wenn
diese so keuscb auftritt, wird man gewLB nicht daran denken, ibr in der Re-
ligion das Tiefste vorzuen thai ten. — AJs die Pilger weiterziehen, fallt Tann-
hauser ein in ihren Gesang und zwar in die Worte:
Ach, schwer driickt mich der Stinden Last,
Kann langer sie nicht mehr ertragen;
Drum will ich auch nicht Ruh' noch Bast
Und wahle gern mir Miih' und Flagen.
Dies ist ergreifend wahr, es ist Uberhaupt eine der schonsten Stellen,
deren tiefe Wahrheit auf die HSrer wohl nicht ganz den entsprechenden Ein-
druck machte, weil sie ohne viel Gerausch kommt und voriibergeht. Auch
rein musikalisch ist sie unendlich schStzenswert ; diese leicht sangbare Bewe-
gung von E- bis B-moll und wieder zuriick verdient die hftchste Bewunderung.
4. Scene. Landgraf Hermann und die wohlbekannten Hitter treffen den
Tannhauser im stillen Gebete. Elisabeths wegen gibt er die Pilgerfahrt auf
und bleibt. Der Hauptglanz fallt in dieser Scene auf Wolfram's Worte an
Tannh&user, besonders auf diese:
War's £auber, war es reine Macht,
Durch die solch Wunder du vollbracht,
An Deinen Sang voll Wonn' und Leid
Gebannt die tugendreichste Maid?
Hier besonders offenbart sich uns klar eine andere Seite der Wagner-
echen Musik: die groAartige Einfachheit. In ihr ist Melodie, nicht die ver-
blaBte, aus aller Herren Lander miihsam zusammengesuchte, sondern die schone
und helle, welche in voller UrsprUnglichkeit dahinflieBt. Wagner kennt den
»Wunderbrunnen« der Melodie; wir diirfen hoffen, er werde aus ihm noch
viel Frischres schopfen :
»denn unversiegbar ist der Brunnen*.
Der zweite Act.
1. 2. 3. Scene: Elisabeth tritt in die lange gemiedene Halle und begruBt
sie freudig, feurig sturmisch. Hier findet sie der von Wolfram gefuhrte Tann-
hauser. Es ist die Art, wie sie ihn empfangt und ihr Geheimstes offenbart,
von ganz eigener SchSnheit. Der Gesang paflt ganz und gar zu der Situa-
tion und schiefit in einzelnen Strahlen gar herrlich auf. Die Wirkung wird
noch erhoht durch die stumme Theilnahme Wolfram's. Wolfram gewSnne
selber gern das Herz der Elisabeth, und doch ist er Tannhauser's treuester
Freund und mannlicher Schutzengel. Dies paBt durchaus zu einer Liebes-
anschauung des Mittelalters, welche in Wolfram den reinsten Ausdruck ge-
funden hat. In diesem Charakter ist auch nicht der geringste storende Zu-
fatz, alles voile Harmonie, neben Elisabeth die schonste Gestalt dieser Dich-
tnng, und von Herrn Hinze uns so meisterhaft vorgefuhrt! — Als Tann-
hauser mit Wolfram scheidet, blickt Elisabeth ihm nach: Da leuchtet ein
liebliches Motiv aus dem eben verklungenen Gesange im Orchester wieder auf;
ZiU Y. 16 p
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214 Chrysander iiber Wagner's Tannhauser.
ein feiner, wahrer Zug, nur muC zugleich eine freundliche Bewegung an Eli-
sabeth wahrgenommen werden. — Hermann trifffc hier die Nichte nnd sagt
ihr freundlich, ein naher S&ngerkrieg solle Alles entscheiden und enthiillen.
Die 4. Scene fuhrt una .in diesem Kampfe den Mittel- und Wendepunkt
dee G-anzen vor. Als die edlen Damen nnd Herren empfangen sind, stim-
men diese auf Thiiringens kunstliebende Fiirsten ein Preislied an, einen herr-
lichen Gesang, in dessen klaren nnd berrlichen Tonen das vollste Gefuhl
strftmt. Hermann wendet sicb bierauf an die Sanger, die
»Der Anmuth und der bolden Sitte,
Der Tugend und dem reinen Glauben«
durch ihre Kunst gar hoben, herrlich schonen Sieg errungen:
Bereitet beute uns denn aucb ein Feat,
Heut, wo der kiihne Sanger uns zurttck-
Gekehrt, den wir so ungern lang vermiflten.
Was wieder ibn in unsere Nahe brachte,
Ein wunderbar GeheimniB diinkt es mich:
Durch Liedes Kunst sollt ihr es uns enthiillen.
Deshalb stell ich die Frage jetzt an euch:
Konnt ihr der Liebe Wesen mir ergriinden?
Wer es vermag, wer sie am wiirdigsten
Besingt, dem reich Elisabeth den Freis:
Er fordre ihn, so hoch und ktihn er wolle,
Ich sorge, dafl sie ihn gewahren solle.
(Hier erntete Herr Boberti durch Spiel und Gesang verdienten Beifall.;
Wolfram beginnt: Der reinen Liebe singt er, der Himmelsliebe, welche
Staunen, Bewunderung, Anbetung, Aufopferung hervorruft; seiner mystischen
Anschauung entsprechend ist der Ton des Ganzen erhaben und feierlich be-
wegt. In leichtem, sicherem Tone erwidert Tannhauser: Der Liebe wahr-
stes Wesen sei Genufi. Die Bitter und Frauen miissen schon jetzt inner-
lich ungehalten werden, da er widerspricht, wo sie Beifall rufen; Elisabeth
zwar erhebt sich halb, um ihre Zustimmung kund zu thun, setzt sich aber
verschamt wieder hin, da sie Alles stumm bleiben sieht.
Walther sucht Wolfram's kiihne Bilder bestimmtel auszudeuten und
meint:
Der Bronnen ist die Tugend wahr,
Du sollst in Inbrunst ihn verehren ....
Willst du Erquickung aus dem Bronnen haben,
MuBt du dein Herz, nicht deinen Gaumen laben.
Diese Worte, wie der Beifall der Menge, erregen Tannhauser's wildes
Wesen mehr und mehr. Jedes Leben bildet sich seine Sophistik, durch die
es sich rechtfertigen will; dem Tannhauser fehlt es daran auch nicht:
Anbetung solcben Wundern zollt,
Die ihr nicht begreifen soUt.
Doch was sich der Beriihrung beuget,
Was Herz und Sinnen nahe liegt,
Was sich, aus gleichem Stoff erzeuget,
In weicher Formung an euch schmiegt:
Dem ziemt Genufi in freud'gem Triebe,
Und im GenuB nur kenn ich Liebe!
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Chrysander iiber Wagner's Tannh'auser. 215
Biterolfs »fur Frauenehr. und hohe TugencU reizt ihn nur noch mehr:
Was hast du Aermster wohl genossen?
Dein Leben war nicht liebereich.
Immer heftiger kocht die wilde Lust in ihm auf, und als Wolfram in gestei-
gerter Klarheit und Weihe seine Liebe ansingt:
Dir, hohe Liebe, tone
Begeistert mein Gesang u. s. w.
da fahren die Venusklange durcb das Orchester, Tannhauser bricbt aus in den
wilden, scbdnen Venusgesang:
Dir Gottin der Liebe soil mein Lied ertonen! . . .
Wer dicb mit Glut in seinen Arm geschlossen,
Was Liebe ist, kennt er, nur er allein: —
Armsel'ge, die ihr Liebe nie genossen;
Ziebt bin, ziebt in den Berg der Venus ein!
Die Frauen flieben entsetzt ; Elisabeth wankt, sinkt hin und erhebt sich erst,
als er in Gefahr ist, von den Bittern getodtet zu werden. Wie weit ist es
doch mit ihm gekommen! noch kurz vorher will er reuig nach Bom pilgern —
and nun baumt er sich hochmiithig gegen Beinheit und Tugend, streitet fur
Frau Venus, wie er dieser scheidend gelobt, vertheidigt, was er eben beweinte!
Er steht jetzt auf dem Gipfel seiner Verirrung und grofien Schuld. Doch
auf tiefen Fall blickt hohe Gnade: Elisabeth, die er im Grunde schon jetzt
irdisch getotet, vergilt ihm dies durch Mitleid und aufopferndes Erbarmen.
Urplotzlich tritt jetzt in ihr eine die Seelen suchende Macht hell hervor; sie
ist von nun an nichts mehr, denn ein rein Gefafi dieser Kraft. Als solches
stellt sie sich vor seine irdischen Bichter:
Wollt ihr des Sunders Hoffnung rauben,
So sagt, was Euch er Leides that?
Seht mich, die Jungfrau, deren Bluthe
Mit einem jahen Schlag er brach u. s. w.
Und wie diese dem nicht widerstehen konnen:
Ein Engel stieg aus lichtem Aether,
Zu kiinden Gottes heil'gen Bath —
so macht das Wunder solcher Liebe, die wahrlich fern ist von Genufl, auf
Tannhauser einen uberwaltigenden Eindruck:
Zum Heil den Siindigen zu fuhren,
Die Gottgesandte nahte mir usw.
Der Landgraf bestimmt: mit den Pilgern solle er nach Bom wallen, und
nur zuruckkommen wenn ihm vergeben sei. Eine Strophe des Filgerliedea
erschallt von fern: »nach Bom!« rufb Tannhauser. Alle stimmen ein. Hier
schlieCt der Act, indem die Handlung gewaltig und die Musik wahrlich
nicht unbedeutend ist.
Der dritte Act
wird durch einen langeren Instrumentalsatz eingeleitet, welcher uns in Ge-
danken bei Tannhausers Filgerfahrt verweilen laBt. Durch den wiederholt
anklingenden Gesang der Bittfahrer wird der Satz verstandlich. Dafl das
Orchester zu diesem Zwecke verwendet werden konne, ist weder zu bestreiten,
noch zu vertheidigen nothig.
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216 Chrysander ttber Wagner's Tannhauser.
Erste Scene. Elisabeth kniet in der Abenddammerung vor dem Marien-
bilde, flehend fiir Heinrich im stillen Gebete. Wolfram findet sie so! »0
heiliger Liebe ew'ge MachtU — Die alteren Pilger ziehen jetzt her an, ein
Danklied singend, in der Weise, mit welcher die Ouverture begann. Der
Filgergesang ist hier ebenso wahr und schon, als sonst uberall in dieser Oper.
Aber es kommt nun gleich noch besser. Elisabeth's forschendes Auge er-
blickt Heinrich nicht unter den Begnadigten: »er kehrt nicht zuriick!* singt
sie in tiefster Gebrochenheit, wirft sich nieder, betet, ruft:
Allmachtige Jungfrau, hor mein Flehn! usw.
Dieser Gesang ist die Krone der Oper: himmlisch engelgleich, wie Eli-
sabeth selber nun; und es gereicht Frl. Bamberg zu nicht geringer Ehre,
daB sie so demtithig, so hingebend, in so seliger Ruhe ganz im reinsten Kir-
chentone ihn hat vortragen mogen. Wenn irgendwo, dann ist bei diesem
Tongedicht das erlauternde und preisende Wort unzulanglich. — Maria hat
erhort, Elisabeth, »den Tod im Herzen*, schwebt fort, um nur noch im hohern
Leben wiederzukommen. Wolfram weiB das, ihre Liebe hat es ihm verkun-
det. Sehnsuchtsvoll blickt er ihr nach, d. h. nach Oben, sein Auge triflft
einen Himmelsbewohner, den Abends tern, und er singt ihn an:
0 du, mein holder Abendstern
Wohl griifit' ich immer dich so gem: u. s. w.
Das ist poetisch schon, dem Wolfram ganz und gar aus der Seele ge-
sungen, gerade so erwartet man es. Das Lied ist auch in der Melodie schon,
besonders der letzte Theil, und wird bald uberall gem gesungen werden,
wie Franz Liszt sagt. Diese kleine Scene muB gut gespielt werden, unge-
fahr so, wie wir bei Herrn Hinze wahrnahmen. Storend war mir die Be-
gleitung bei den Worten: «Da scheinst du, o lieblichster der Sterne*, denn
schrillende Geigen geben noch kein funkelndes Sternenlicht, — und wozu
auch?
Dritte Scene. Tannhauser, vom Papste verflucht, kehrt zuriick, aber zur
Venus. Es ist dunkel geworden, bald bemerkt ihn der in sich versunkene
Wolfram. Mit Schrecken hort er seinen Vorsatz, fragt nach B>om, erregt
durch das Wort >mich faBt ein tiefes Mitleid fiir dich ant, in Tannhauser
Verwunderung und stimmt ihn soweit, daB er seine BuBfahrt erzahlen mag.
Diese meisterhafte Erzahlung hat Herr Young mit aufierordentlicher Treue
aufgefafit und wiedergegeben. Die erste Halfte ist durch klare Melodie, die
zweite durch dramatische Kraft hervorragend. Er endet: »Zu dir Frau Ve-
nus, kehr ich wiederU Nach heftigem Bitten wird ihre Musik gehort und
sie eracheint. Venus lockt; Wolfram halt, zuerst durch Armes Gewalt, dann
durch die Erinnerung an die verklarte Elisabeth, Tannhauser zuriick. Da
wird in der Ferae Leichengesang vernommen, er nahert sich, Venus ver-
schwindet, Wolfram ruft: » Heinrich du bist erlost! Horst du diesen Sang?*
Tannhauser: >ich hore!« Der Leichenzug erscheint auf der Buhne, der offene
Sarg wird niedergesetzt, wahrend Manner singen :
»Heilig die Reine u .s. w.«
Tannhauser wankt auf den Sarg zu: »heilige Elisabeth, bitte fur michl*.
sinkt hin und ist todt.
»Er ist erlos't!*
rufen Wolfram, der Landgraf und die Sanger, die Edlen, die alteren und
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Chrysander tiber Wagner's Tannhauser. 217
die jungeren Pilger; und alle stimmen mit erhobenem Tone noch einmal in
die seligfrohe Pilgerweise :
Der Gnade Heil ist dem Btifler beschieden,
Er geht nun ein in der Seligen Frieden!
Die Sonne hoherer Liebe hat in G-nade, Mitleid, Erbarmen, Erlosung
uber des Helden Leben geleuchtet vom Aufgang bis zum Niedergange.
Anmerknng. Ohne das eifrigste Bemtihen des Herrn Stocks hatten wir
die herrliche Oper hier wohl noch nicht, oder doch nicht so treu vernommen :
wem von alien Mitwirkenden daher der groBte Dank gebuhrt, kann nach
dieser Bemerkung nicht zweifelhaft sein.
Bevor mit einigen allgemeinern Bemerkungen die Besprechung geschlossen
wird, wollen wir nur aus dem letzten Acte noch eine einzelne Stelle hervor-
heben: das nochmalige Erscheinen der Venus. Es wtirde besser sein, wenn
sie zum zweiten Male fortbliebe, nicht der Sangerin wegen,' was zu sagen
kaum nothig ist, denn Mad. Moritz hat, wenn ich nicht irre, in der drama-
tischen Kunst den Standpunkt erreicht, auf welchem unschoner Gesang und
falsches Spiel zu den unmoglichen Dingen gehoren — aber die Oper wtirde
durch diesen Ausfall nur um ein Schaustiick armer, um Natur und Wahr-
heit reicher werden. Diese Scene verdunkelt die Handlung unnothig; sie
bringt uns nichts als ein rosiges Bild und eine unerquickliche Balgerei. Da
doch der Sinn ist, Tannhauser will in den Venusberg; kommt nicht hinein:
sie ware viel ergreifender, wenn Wolfram, nachdem Tannhauser seinen Ent-
schluB ausgesprochen, aufs tiefste ergriffen yon dem Zusaminentreffen der
Aufopferung Elisabeth's mit Tannhausers Versunkenheit, diesem Elisabeth's
Tod wie die Ursache dazu verkiindigte — und dann der Gesang sich horen
lieBe. — Weniger erheblich ist die Art und Weise, wie Elisabeth auf die
Biihne gebracht wird; und ich sage davon nichts weiter, wiewohl die hier
getroffene Anordnung mir nicht gefallen hat. Fassen wir nun die Eigen-
schaften dieses musikalischen Dramas zusammen, durch welche es sich so vor-
theilhaft auszeichnet — denn um ihre Auffindung ist es uns besonders zu
than gewesen — , so sind hauptsachlich vier wahrzunehmen. 1) eine in sich
zusammenhangende, nur theilweis getrubte Handlung; 2) Natur und Wahr-
heit in der Musik, besonders in der Melodie sich offenbarend; hieraus folgt
3) die Anwendung und strengste Durchfuhrung der musikalischen Style, welche
durch die jedesmalige Situation bedingt sind; und 4) die feine Kunst, mit
welcher das Orchester Triebe und Stimmungen der Handelnden offenbart.
Diese Tondichtung unbefangen zu betrachten, war mein Bemuhen; mit
dem Leser das Eigenthumliche und "Werthvolle Wagnerscher Kunstweise da-
raus zu lernen, mein Zweck. Es ist wohl bekannt, da£ R. Wagner schon
in mehreren Schriften tiber die Vergangenheit dieser Kunst ein scharfes TJr-
theil gefallt hat und neue Wege zu bahnen sucht. Bei der Beurtheilung
einer seiner Opern — und gar die ersten! — von diesen Kunstprincipien
anszugehen, so da£ die Theile der Oper als Beispiele der Kapitel der Kunst-
lehre erscheinen, ist zwar das Bequemste, aber auch das Nutzloseste. Auch
kritikloses Durcheinander und ein Lob in Bausch und Bogen, wie Franz
Liszt es kiirzlich hat drucken lassen (Lohengrin et Tannhauser, Leipzig. Brock-
haus 1851) scheint mir wenig forderlich. Eine Besprechung der Wagner-
schen Schriften, oder ein Auszug aus ihnen, wird daher nicht am Orte sein ;
wiewohl ich nicht unterlassen kann, zu gestehen, daB sie mir mehr Wahr-
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218 Chrysander iiber* Wagner's Tannhauser.
heit en thai ten, als die »Grenzboten« zugeben mogen (s. Nr. 3 dieser Zeit-
8chrift von 1852), andrerseits aber tief bedaure, dafl Wagner wie ein Herr
Heine (1843) auf Christenthnm schmahen mag und der niedrigen Philosophic
eines Feuerbach sich ergeben hat. Vielleicht dlirfte uns > Lohengrin* bald
vorgeftthrt werden: dann etwas mehr auch hieriiber; mochte ich bis dahin
Uberzeugt werden, daB ich mich hierin geirrt habe! Soeben laBt Wagner
eine neue Schrift ausgehen: drei Operndichtungen nebst einer Mittheilung
an seine Freunde als Vorwort. Was »Freunde!« er weLB nicht wie viel
ihm diese schaden. Gott bewahre ihn vor seinen »Freunden«.
Zum Schlusse eines jener alten Gedichte, welche die Tannhausersage so
geben, wie sie urspriinglich ist; Wagners Umschmelzung ist hieraus am sicher-
sten zu ersehen. Dieses Lied (Nr. 297 e in der Uhlandschen Yolkslieder-
sammlnng) lautet:
1. Were gross wander schauen wil
Der gang in griinen Wald usse;
Danhuser war ein Bitter gut,
gross wunder wollt er schauen.
2. Wan er in griinen Wald usse kam
zu dene schonen jungfrauen,
sie fingen an ein langen tanz,
ein Jahr war ihnen eine stundi.
3. Danhuser, lieber Danhuser mein,
wollt ihr bei uns verbleiben?
ich will euch die jiingste Tochter ga
zu ein em eliche weibi.
4. >Die jiingste tochter, die wil ich nid,
sie treit der Teufel in ihre,
ich gses an ihre brun augen an
wie er in ihre tut brinnen.
6. Frau Frene (Frene = Venus) hat ein Feigenbaum,
er leit sich drunter zu sclafen,
es kam ihm fur in seinem traum:
von siinden sollt er lassen.
7. Danhuser stund uf und gieng darvon;
Er wollt gen Bom ge bichten;
wen er gen Bom wol inne kam
war er mit blutigen Fiissen.
8. Wan er gen Bom wol inne kam
war er mit blutigen Fiissen,
er fiel auch nieder auf seini knie,
seini siinden wollt er abbiissen.
9. Der papst treit ein stab in seiner Hand,
vor diirri tut er spalten*.
»so wenig warden dier die siinden nachglan
so wenig dass dier stab griinet*.
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Adolf Chybirislri, Chopin's brieflioher NachlaB. 219
10. Er kneuet fur das kreuzaltar
mit ausgespanten Armen:
>ich bittes dich, ber Jesus Christ,
da willist meiner erbarmen!*
11. Danhuser ging zur kircben uss
mit seim verzagten harzen:
»gott ist mier allezeit gnadig gsi,
iez muss ich von ibm lassen.*
12. Wan er flirs tor hin usse kam
begagnet ihm unsre liebe frauen (Maria):
»behttt dich Gott du reini magd!
dich darf ich nimmer anschauen.
13. Es gieng ummen eben dritthalben Tag,
der stab fing an zu grunen
der papst schickt uss in alii land,
er hiess Danhuser suchen,
14* Danhuser ist iez nimmer hier,
Danhuser ist verfaren,
Danhuser ist in frau Frenen barg,
wolt gottes gnad erwarten.
15. Drum sol kein papst, kein kardinal
kein sunder nie verdammen;
der sunder mag sein so gross er wil
kan gottes gnad erlangen.
Ein andres Lied (eben dasselbe Nr. 297 A) hat einen noch scharferen
SchluQ:
Er Btund bis an den dritten tag,
der stab fing an zu grunen,
der papst schickt aus in alle Land:
wo Dannhauser hin war kommen?
Da was er widrum in dem berg
und hat sein Lieb erkoren,
des muB der vierte papst Urban (starb 1624)
auch ewig sein verloren.
Chopin's brieflioher Nachlafi.
Der bekannte polnische Komponist Mieczyslaw Karlowicz gab ein
beachtenswertes Buch her aus, dessen polnischer Tit el lautet: »Niewydane
dotychczas pami^tki po Chopinie«. (»Der bisher nicht veroffentlichte
NachlaB Chopin's*). Das Buch enthalt die Korrespondenz Chopin's und
seiner Familie, die Briefe verschiedener Personen (Frau Dudevan t- Clo-
sing er, der Familie Wo dz in ski, der Schulerinnen Chopin's, zuletzt die
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220 Adolf Chybinski, Chopin's brieflicher Nachlafi.
von Liszt, Berlioz, Mendelssohn, Schumann, Ferd. Hiller, Hal6vy,
Fr. Kalkbrenner, F^tis, E. L6gouv6, Delacroix usw.) an Chopin,
und Briefe der Frau George Sand, Fraulein Jane "W. Stirling's und der
Frau Erskine an die Schwester Chopin's, Fran J^drzejewicz (sprich
Jentschejewitsch). Obwohl diese Briefe nicht ausschlieBlich musikalischer, ja
meistenteils nnr ganz privater Natur sind, findet man doch in dem 400
Seiten starken Quartbande viele einzelne S telle n, welche wenigstens in bio-
graphischer Hinsicht yon Bedeutung sind. Auch znr vollen Charakteristik
des Meisters tragen sie viel bei.
Aus diesen Briefen erfahren wir, dafi Chopin wahrend seines Pariser
Aufenthaltes in einem sehr regen Yerkehr mit den groBten dortigen Kiinst-
lern stand. Es sind dies: Liszt, Berlioz, Alkan, Lesuenr, Pixis, Zimmer-
mann, Reber, Artot, Baillot, Ferd. Hiller, Devigne, Delacroix, Ernst FStis,
Hatevy, Fr. Kalkbrenner, Legouv£, Lindpaintner, Karl Lipinski, D. Malfetti,
Meyerbeer, Onslow, Pacini, Paer, Panseron, Saint-Ben ve, Viardot, Alard,
Alboni, Damoreau-Cinti, Vidal, usw. — AuBerdem werden noch Briefe
deatscher Meister wie Mendelssohn und Schumann mitgeteilt. Mendels-
sohn zum Beispiel lud Chopin zur Enthullungs-Feier des Beethoven -
Denkmals in Bonn ein. TJber das Programm dieser Feier scftreibt er: «On
donnera a la fete la neuvieme sinfonie de Beethoven avec les choeurs, un psaume
de Handel, une ouverture de Beethoven (inconnue jusqu'ici, la troisieme
qu'il a composed pour Fidelio), mon oratoire (dont Vous avez vu quelques
morceaux chez moi) et quantity d'autres choses. Si Vous ponvez, venez-y.
ce serait la plus grande joie pour moi, et si Yous ne pouvez pas, n'allez pas
Vous moquer de mon invitation que je n'aurais pas hasardg sans le vif
d6sir de tous ceux qui y seront et qui souhaitent Vous voir et Vous enten-
dre d'avantage que pendant Votre dernier sejour ici«. »Mais je ne crois pas
que cela produirait beaucoup d'effet sur Vous*. — Zu diesem Briefe Mendels-
sohn's (vom 28. Marz 1836, Leipzig) schrieb noch Schumann hinzu:
»Tausende GruBe und "Wunsche, auch dringendste Bitte nach dem Rhein zu
kommen, wenn irgend moglich. In Liebe und Verehrung. R. S.«.
Als Chopin im Jahre 1836 aus Marienbad iiber Leipzig, Dresden, Kassel
und Heidelberg nach Paris zuruckkehrte , erhielt er von R. Schumann
folgende Einladung: »Mein theurer und verehrter Herr, Nur ein »Ja« mdchteu
Sie mir schreiben, oder schreiben lassen, ob Sie nahmlich, wie ich eben
hore, in Dresden sind. Im Begriffe, iiber Dresden nach meiner Heimath zu
reisen, wiirde ich es mir niemals verzeihen konnen in der Nahe des Herr-
lichen gewesen zu sein, ohne ihm ein Wort meiner Verehrung und Liebe
zu sagen. Also bitte ich Sie nochmals sehnlichst um das »Ja« und Ihre
Adresse. — - Mendelssohn kommt in acht Tagen hierher zuriick. — Ihr er-
gebener R. S. Leipzig, den 8. September 1836 1.
Von Mendelssohn stammt ein in einem Album Chopin's gefundener
dreistimmiger Kanon, dessen Baft einer Chopin 'schen Komposition entnomnien
ist. Unter ihm stehen Mendelssohn's Worte: «Contrabasso libro, composto
da Sciopino (!). — La basse est de Vous». — F. M.-B. (Paris, 16 avril 1832).
Das von Karlowicz herausgegebene Buch gibt uns auch einige Hand-
schriften Chopin's: ein Faksimile des Liedes >Wunsch«, und ein Faksimile
seiner letzten Worte, die er aufzeichnete, als er nicht mehr sprechen konnte:
cComme cette toux m'^toufifera, je Vous conjure de faire ouvrir mon corps,
pour [que] je [ne] sois pas enteree" vif>.
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Adolf Chybinski, Chopin's brieflicher NachlaB. 221
Wir finden auch die Korrespondenz des Herrn F on tan a (Chopin's
Freund) an Chopin's Sch wester, Frau J^drzejewicz, die nachgelassenen Kom-
positionen betreffend. Man erfahrt daraus, dafl es auCer den bekannten
Liedern Chopin's noch andere 10 oder 12 Lieder gab, die noch schoner
waren und leider niemals vom Meister aufjgezeichnet wurden. Einige Tage
vor seinem Tode bat Chopin seine Freunde, seine bis dahin nicht heraus-
gegebenen Kompositionen nicht zu verBffentlichen. Des Weiteren finden wir
noch in Chopin's NachlaB einige Zeichnungen von ihm und yon G. Sand.
Sehr wichtig sind ferner die Briefe Chopin's seinen Verkehr mit Liszt
betreffend. Aus der ganzen Korrespondenz erfahren wir, dafi ihn mit
Liszt keine intimste Freundschaft verband; die guten Beziehungen zwi-
scheu den Meistern wurden nur auf diplomatisch-gesellscbaftlichem Boden
erhalten. Chopin erwies sich immer korrekt und freundschaftlich trotz
mancher Eitelkeiten Liszt's. Chopin's Vater schreibt an ihn (im Brief vom
16. Oktober 1842): »Ihr waret Freunde, es ist schon mit einander in der
Hoflichkeit zu wettenc. Das darauf BezUgliche finden wir im 33. Brief
des Fraulein Jane W. Stirling, der edlen schottischen Freundin Chopin's.
Sie kannte sehr genau das auf falschen und daher nicht besonders fasten
Grundlagen beruhende Yerhaltnis der Beiden zu einander. Als Liszt nach
Chopin's Tode eine nicht yon Fehlern und TJnwahrheiten freie Studie tiber
ihn veroffentlichte, schrieb Miss Stirling an Chopin's Sch wester: «Quelqu'un
fort capable de juger m'a dit, pour se servir d'un proverbe tres ordinaire:
il a Scrit, pour qu'un autre n'^crive pas>. — Die edle Schottin war es auch,
die dem Freunde Chopin's Grzymala den Vorschlag machte, die Briefe des
Verstorbenen durchzusehen und Liszt's Fehler in einer besonderen Abhand-
lung klar zu legen. In demselben Briefe schreibt sie, es sei bekannt, daft
Liszt die Studie nur, um Frau Sand zu gefallen, geschrieben habe — diese
aber sehr unzuirieden damit war. Chopin's Eltern waren gleichfalls ent-
rustet tiber die Behauptung Liszt's, Chopin sei nicht auf ihre, sondern auf
Eosten des Prinzen RadziwiM erzogen worden.
Liszt sandte an Frau J^drzejewicz einen Fragebogen Chopin's Leben
betreffend, diese aber gab ihn an Fraulein Stirling zur Beantwortung weiter.
Die letztere antwortete nur umstandlich, und zwar nicht auf alle Fragen.
Nicht ganz passend war die Frage Liszt's das Yerhaltnis Chopin's zu Frau
Sand betreffend, kannte er es ja doch besser als irgend ein anderer. Die
Fragen lauteten: «Mon intime liaison avec Chopin me donne peut-etre
aussi le droit de Yous adresser quelques questions sur ses rapports avec
M-me Sand?» «Quel caractere a pris vers la fin sa relation avec Mad.-e
Sand? Peut-on croire que le roman de Lucrezia Floriani avec le prince
qu'on dit Store 1'histoire de leurs rapports intimes soit vrai?» «Avait-il deja
rompu sa liaison avec elle en fevrier 1848? Et peut-on assignor les causes
de cette rupture ? A-t-elle 6t6 violente ou amicale ? En a-t-il souffert, ou lui
a-t^elle 6t6 facile? S6journait-il souvent a Nohant et ce sejour lui 6tait-il
agreable? Quand a-t-il vu Mad-e Sand pour la derniere fois? A-t-il deman-
de a la revoir? En a-t-il parle" et dans quels sentiments avant de mourir?>
Darauf gab Fr. Stirling folgende Antwort: «La vie intime de Chopin
6tait pour lui un sanctuaire egalement intime. Chopin etait trop sobre des
details, pour leur donner place dans sa biographie*. «H avait trop d' eleva-
tion et trop de gout pour vouloir se reconnaitre dans les allusions du prince
heros du roman Lucrezia Floriani, et il mettait tant de delicatesse et de
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222 Adolf Chybinski, Chopin's brieflicher NachlaB.
probity dans toutes ses relations qu'il serait tres difficile d'en suivre les
pages in times*. «11 paraitrait que le mariage de la fille de M-e Sand a fait
juger cette epoque assez serieuse ponr une mere, pour que le sejour a !No-
bant de Chopin put continuer sans de graves inconvenients. La fille a
assiste* pieusement a sa mort. La mere n'gtait pas a Paris. II n'en a pas
parle* a ses dernieres heures*. — Sehr geistreich schrieb Fr. Stirling an
Frau J^drzejewicz, dafi die Arbeit Liszt's fur sie »ein bischen angenehm
und sehr schmerzlichc sein werde. .
Grzymala, Chopin's Freund, war zu wenig begabt, urn eine passende
Erwiderung gegen Liszt's geistvolle Broschure schreiben zu konnen. Wir
wissen nur, dafi er schon einen grofien Teil einer solchen fertig hatte, and
dafi Fraulein Stirling ihn dem franzosischen Historiker Aug. Thierry zum
Durchsehen geben wollte. Wo sich das Manuskript heute befindet, und ob
es uberhaupt noch existiert, habe ich nicht in Erfahrung bringen konnen.
Eine neue Beleuchtung findet auch Chopin's Verh<nis zu Frau George
Sand und dessen sp&teren Bruch. In Chopin's Briefe1) vom 10. Februar
1848 lesen wir: »Frau Sand schreibt an mich kein Wort, ich auch nicht
Sie spielt jetzt die Lustspiele in dem Nuptialzimmer ihrer Tochter1), sie betaubt
sich wie sie nur kann, und wird nicht fruher erwachen, bis ihr Herz schmerzen
wird, das jetzt niedergedrtickt wird. Ich habe daruber schon mein Kreuz
gemacht. Sonst wird niemand gegentiber den Capricen einer solchen Seele die
richtige Bahn betreten. Acht Jahre der Ordnung3), das war fur sie zu
viel. Gott hat gegeben, dafi es diese Jahre waren, in denen die Kinder
heranwuchsen, und wenn nicht ich gewesen ware, so waren die Kinder schon
beim Vater, nicht mit der Mutter. Aber vielleicht sind es die Grundlagen
ihres Lebens, ihres Dichtergeistes, ihres Gltickes? Bisher konnte ich mich
noch nicht ganz fassen. Deswegen schreibe ich nichts an Euch, denn, was
ich auch anfange, das verbrenne ich sogleichc Aus einem anderen Briefe
(vom Ende des Jahres 1847), der unbeendet im Chopin's NachlaB sich vor-
fand, erfahren wir weiteres Uber Frau Sand: »TJnberechenbares Gescbopf
trotz ihres scharfen Verstandes! Sie fallt ofters in Wuth: sie verdirbt ihr
eigenes Leben und das ihrer Tochter; mit dem Sonne wird sie auch nicht
anders verfahren. Sie sucht zu ihrer Entschuldigung etwas gegen die zu
finden, welche ihr WohlwoUen, welche ihr Glauben schenkten, welche ihr
niemals etwas Bohes antaten, welche sie aber nicht neben sich zu dulden
vermag, denn sie sind der Spiegel ihres Gewissens. Ich bedauere nicht,
dafi ich ihr zur Seite stand, diese acht Jahre durchzumachen, bis die Tochter
und der Sohn heranwuchsen*. >Frau Sand kann nur ein gutes Andenken
fur mich bewahren. Sie befindet sich aber in dem Faroxismus einer Mutter,
welche die Rolle einer besseren und gerechteren Mutter spielen will, als
sie in der Wirklichkeit ist«. Auch ein an derer Brief Chopin's (vom 19. Au-
gust 1848) gibt uns einige Bemerkungen, Frau Sand betreffend, aber sie
sind allzu schmerzlich und unangenehm, um hier zitiert zu werden. Sie
sind jedoch zur Charakteristik der Frau Sand sehr wichtig4).
1) Alle Briefe Chopin's sind hier aus dem Polnischen ubersetzt.
2) Solange Dudevent-CI&inger. (Anmerkung des Verfassers.)
3) Das ist, seit dem Beginne des Verhaltnisses. (Anmerkung des Verfassers.)
4) Allen, die sich mit dem Leben und Person der Frau Sand wissenschaftlich
besch'dfbigen wollen, bin ich bereit solche Briefe Chopin's, in denen von der Fran
Sand die Bede ist, in deutscher Ubersetzung zu senden. (Anmerkung des Verfassers).
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Adolf Chybinski, Chopin's brieflicher NachlaB. 223
Zum letzten Briefe der Fran Sand an Chopin's Sch wester (vom 1. Sep-
tember 1849!!) macht Karlowicz folgende Anmerkung: »Der letzte Brief
war ganz gewifi im Jahre 1849 geschrieben, als Fran J^drzejewicz, durch
Chopin's Brief vom 25. Juni 1849 aufgefordert naeh Paris kam, um den
schwer erkrankten Bruder zu pflegen. Dieser Brief hat grofien biographi-
schen Wert, denn bisher hatten wir keine sichere Kunde von der Stellung,
welche Fran Sand angesichts der Nachrichten von der letzten Erkrankung
Chopin's einnahm*. Der Brief lautet: «Chere Louise! J'apprends que Vous
etes a Paris, je ne le savais pas. J'aurai enfin par Vous de vraies nou-
velles de Frederic. Les uns m'^crivent qu'il est beaucoup plus malade
que de coutume, les autres qu'il n'est que faible et souffreteux comme
je l'ai ton jours vu. Ecrivez-moi un mot, j'ose Vous le demander, car
on pent etre m£connu et delaisse* de ses enfants sans cesser de les aimer.
Parlez-moi de Vous aussi et ne croyez pas que j'aie pass£ un jour de ma
vie depuis celui ou je Vous ai connue, sans penser a Vous et sans cherir
Votre souvenir. On a du gater le mieu dans Votre ccBur, mais je ne crois
pas avoir merite" tout ce que j'ai souffert. — G.». Es ist nicht bekannt, ob
Fran J^drzejewicz geantwortet hat. Wahrsoheinlich war dies nicht der Fall.
Ein merkwurdiges Erlebnis spielte sich zwischen dem Meister und
Ludwig Bell 8 tab, dem Bedakteur der musikalischen Zeitschrift »Iris« in
Berlin ab. Dieser Kritiker sprach den Kompositionen Chopin's jeden kunst-
lerischen Wert ab. Die vermeintliche ziemlich grobe Antwort Chopin's auf
Rellstab's Kritiken erschien (1834) im V. Bande (Nr. B) genannter Zeitschrift.
Prof. Niecks hat diese Antwort im I. Bande seines Werkes iiber Chopin
(S. 279) abgedruckt. — Nun haben wir Beweise, daB jemand aus Chopin's
Umgebung ohne des Meisters Wissen diesen Brief schrieb und an Bellstab
schickte. Denn Chopin war in seine Kunst so vertieft, daB er sich nicht
darum kummerte, ob jemand fur oder gegen seine Werke kSmpfbe. Es kam
spater doch noch zu einer Einigung mit Bellstab, denn wir finden in dem
von Karlowicz herausgegebenen Buche folgenden Brief Liszt's an Chopin:
<B n'y a nul besoin d'un interm6diaire entre Bellstab et toi, cher ancien
ami. Bellstab est un homme trop distingue* et pour ta part, tu es trop bien
appris, pour que vous ne vous entendiez a merveille et tout d'abord (quel-
que peu que s'entendent ainsi d'habitude les artistes avec les critiques ...»
Dieser Brief Liszt's war aus Posen, 26. Februar 1843, datiert.
Zum Schlusse mochte ich noch auf eine bemerkenswerte Tatsache hinweisen.
Manche franzdsische Musikschriftsteller versuchten die polnische Nation ali tat
und Abstammung Chopin's zu leugnen. In dem hier besprochenen Buche
finden wir jedoch zwei Stellen, in denen Chopin selbst seine Nationalit&t
nachdriicklichst hervorhebt. In dem fiinften Briefe (20. Juli 1845, Nohant)
an seine Eltern schreibt der Meister; >Ich bin ein wahrer blinder (!) MazourJ)«.
Im achten Briefe (4. Oktober 1846, Nohant) an seine Eltern schreibt er:
>Ich mochte sehr gern den Nowakowski2) sehen. Er wird mich an viele
8achen erinnern. Auch werde ich viel mit ihm in unserer Sprache plaudern,
denn seit der Abfahrt Laura's3) habe ich nichts in unserer Sprache ge-
sprochenc
1) Mazouren sind der Volksstamm, der die Umgegend von Warschau bewohnt.
2) Joseph Nowakowski (1806 — 1866) war ein polnischer Pianist und Komponist,
auch im Auslande sehr bekannt. (Lieder, Etuden.)
3) Grafin Gzosnowska.
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224 F. Suarez Bravo, Necrologie.
Zuletzt sei mir noch gestattet, auf die vortreffliche wissenschaftliche
Anordnung des ganzen Nachlasses Chopin's seitens des Herrn Karlowicz
besonders hinzuweisen. Er zeigt sich darin als kenntnisreicher Chopin-
Forscher, dessen Verdienste hoch anzuschlagen sind.
Krakau. Adolf Chybimki.
Anmerkung: An alle Besitzer Chopin'scher Briefe ergeht die Bitte, Ab-
schriften derselben dem Verfasser vorliegender Arbeit gutigst zu senden. (Adresse:
Krakau, Floriansgasse 32 III.).
Necrologie,
Jesns de Monasterio.
L'Espagne artistique a eprouve le 28 septembre dernier une tres grande
perte; c'est, en effet, ce jour-la qu'est mort Jesus de Monasterio, grand
violoniste, compositeur illustre, bibliophile inusical enthousiaste et distingue.
H etait ne" dans les montagnes de Liebana a Potes (province de Santander
et c'est a la <montagne» qu'il vint mourir dans sa propriete de Casar de
Periego.
L'art espagnol a contracts une dette immortelle de reconnaissance envers
Jesus de Monasterio, non seulement pour sa celgbrite* de violoniste, ma is
pour l'essor qu'il donna a la musique de son pays.
Castro y Serrano raconte dans la pr£cieuse brochure qu'il a dediee aux
«Quatuors du Conservatoire*, l'anecdote suivante. Le pere de Monasterio,
magistrat en retraite, occupait ses loisirs a l'etude de la musique; il trouva
un jour Jesus jouant du violon, cache dans un coin et pleurant a chaudes
larmes, se croyant seul. — «Pourquoi pleures-tu, petit?* lui demanda-t-il.
— «Je pleure, repondit Jesus, parce que cette musique me fait pleurer.>
L'enfant n'avait alors que quatre ans.
Ce fait decida de la carriere de Jesus, qui sut realiser toutes les pro-
messes qu'avaient faites entrevoir ses predispositions d'enfant prodige. Au
lieu de perdre son temps comme tant d'autres qui ne songent qu'a exhiber
leur pr^cocite* maladive inspirant plus de compassion que d'admiration , il
mourut a 67 ans, laissant sous son influence l'art musical espagnol en
plein developpement.
A cinq ans, il jouait deja pour faire chanter les jeunes gens de son village,
et a sept ans, il fut entendu par la Reine qu'il emerveilla par sa maestria
et sa surety d'execution; le due de la Victoria, alors regent du Royaume,
lui offrit en recompense de son talent un violon et une pension pour com-
pleter ses etudes.
A Madrid il eut pour maitres les professeurs habituels de la chapelle
royale qui surent cependant bien guider les heureuses aptitudes de leur
eleve.
H visita successivement diverses villes d'Espagne et apres Madrid, il fut
ap pi audi a Cordova, Barcelone, Lerida; mais la mort de son pere mit fin a
ses excursions et il rentra au village natal aupres de sa mere et de ses
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P. Suarez Bravo, NScrologie. 225
sceurs oil il eiit ve*cu inconnu si un homme, enthousiaste passionng pour les
arts, Don Basilio de Montogane ne fut pas venu l'arracher de sa retraite et
en renmenant hors d'Espagne, le presenter au Conservatoire de Bruxelles.
La, il se trouva dans un milieu vpropre au de>eloppement de son talent,
ayant pour professeurs Beriot, Lemmens, FStis, comme ami et conseilleur Tillustre.
Gevaert.
Deux ans apres, il quitta la classe de Be>iot avec le prix d'honneur qu'il
obtint au concours de 1852.
En Espagne, ce triomphe lui valut le titre de violoniste honoraire de la
chapelle royale et un engagement pour une s6rie de concerts en Angleterre
et en Ecosse.
Monasterio eut to u jours si pen de gout pour ces tournees qu'il renonca
completement a ses succes de concertiste pour rentrer a Madrid ou il s'installa,
se vouant a 1'enseignement musical; c'est alors qu'il commence a former
cette pleaade d'artistes instrumentistes (de l'archet) qui valurent aux orchestres
de Madrid une si grande reputation.
Plus tard, en 1861, c£dant aux instances de ses amis intimes plus qu'a
ses d&irs, il repassa la frontiere et donna quelques concerts en Belgique,
en Hollande et en Allemagne.
Le virtuose fut chaleureusement accueilli partout.
Tons les critiques se sont plus a lui reconnaitre une elegance de style,
une force d'execution et une delicatesse qui le distinguent de tons les maitres
connus jusqu' alors.
Les concerts qu'il donna au Gewandhaus augmenterent sa celSbrite*; le
public si intelligent de Leipzig n'epargna pas ses applaudissements a 1' artiste
meridional; a Berlin, il eut l'bonneur d'etre accompagne au piano par
Meyerbeer en personne; a "Weimar, on lui fit une reception des plus cha-
leureuses. Monasterio, preaente" a la cour ducale par Lassen, b6n6ficia de
l'amicale protection que celui-ci ne cessa de lui t^moigner. Son talent fit
une telle impression qu'on lui offrit dans cette ville l'emploi de premier vio-
lon et la direction des concerts de la Cour, emploi qu'avaient l'illustre Laub
et le celebre Joachim. Mais l'idSe seule de vivre loin de son pays, empecha
Monasterio d'accepter cette offre, de meme qu'il dgclina en 1862 la succession
de Be'riot au Conservatoire de Bruxelles que celui-ci avait du quitter pour
raisons de sante\
Monasterio fut le premier espagnol qui s'illustra comme artiste execu-
tant; apres une longue decadence ou, pour mieux dire, apres une periode
cTaneantissement artistique, il fut le premier a obtenir des succes a l'etranger.
Monasterio arriva a jouir d'une veritable popularity et cela paraissait
alors inoui et sans precedent, car, si Garcia et La Malibran s'6taient cr£6 une
brillante renommSe dans le chant, nous n'avions pas e*te" aussi heureux avec
le violon et le piano.
Sors lui-meme, qui avait acquis au-dela des Pyrenees une grande reputa-
tion, n'ggala jamais la cel^brite* de Monasterio.
Son nom est intimement lie a une institution qui, quoique disparue de
nos jours, fit plus pour l'6ducation du public que beaucoup dissociations haut
placees. D cr6a avec Guelbenzu les fameux Quatuors du Conservatoire, ou
vint pour la premiere fois se familiariser avec les chefs-d'oeuvres de la musique,
un groupe d'amateurs convaincus, dont son Altesse l'lnfante Isabelle de Bour-
bon fut pendant longtemps l'illustre protectrice.
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F. Suarez Bravo, Necrologie.
Les quatuors quitterent le domicile particulier du pianiste D. Juan Guel-
benzu, ou ils avaient 6t£ cr£6s, pour se r£unir au petit salon d'essais du Con-
servatoire dont ils prirent le nom; pendant longtemps ce fat la un vrai
foyer de haute culture ou on travailla phis, sans bruit et sans eclat, au per-
fectionnement de Tart, que dans beaucoup d'ecoles et de conservatoires.
Grace a Monasterio, les csuvres de Haydn, Mozart et Beethoven furent
apprexiees du public qui jusqu'alors en avait ignore la valeur, et des ce mo-
ment, les chefs-d'csuvres de ces maitres devinrent des modeles vivants et
immortels et servirent de pierre de touche aux productions artistiques du jour.
Plus tard, les Quatuors se r6unirent au Salon Romero, mais les fideles ne
trouverent pas dans ce nouveau local mieux place et plus decore", l'intimite'
et le recueillement n^cessaires pour jouir des chefs-d'csuvres de la musique
de chambre, ni le milieu qu'ils avaient entre les murs gris et nus da
Conservatoire.
Esperanza y Sola, l'elegant critique, ami intime de Monasterio, lui a
consacre dans la «Lectura» un article n£crologique ou il d6crit en termes vifs
et images cette premiere reunion de la society des Quatuors du Conservatoire.
«TJne estrade modeste avec quatre pupitres plus simples encore et un piano
de Pleyel, voila tout le decor. Bientot nous vimes devant les pupitres trois
artistes deja connus du public, Feres, Lestan y Castellano ; devant le quatrieme
pupitre se trouvait assis un jeune homme, ni petit ni grand, maigre, les
cheveux noirs boucles et le regard intelligent. Sur un signal de ce dernier,
les artistes attaquerent le quatuor en re (op. 18) de Beethoven et apres la
Sonate en fa (op. 24) du meme auteur; la stance se termina par le quatuor en
sol (op. 77) de Haydn, interpret par l'inoubliable G-uelbenzu et le jeune artiste.
«La derniere note expirait a peine que ce public select et privilegie* ne
put contenir son enthousiasme ; tous etaient unanimes a reconnaitre que ce
qu'ils venaient d'entendre etait un evlnement d'une grande importance pour
l'art espagnol; ils entouraient avec une tendre sollicitude ce jeune artiste
dont le charme personnel et 1' admirable interpretation avaient enleve* l'auditoire;
et lui, qui avec son violon avait arrache* des larmes et des sourires, qui
avait charme* dans le quatuor, lui, qui avec 1' active et tres habile cooperation
de Guelbenzu, avait agrandi Tart obligeant qui les ecoutaient a rompre leur reli-
gieux silence par des murmures irresistibles et de sourds cris d'admiration
mille fois plus sensibles aux artistes que les bruyants applaudissements de
la multitude; lui, dis-je, prouvait par la joie qui se reflectait sur son visage
que, de retour dans son pays, apres une si longue absence dont il avait pro-
fits pour s'acquerir une reputation meritee, il donnait avec gloire le pre-
mier pas pour la realisation du reve de sa vie, de ce que Filippo Filippi,
definit — en parlant des Quatuors de Florence — «la mission sacr6e, confiee
«seulement a quelques privilegies, de propager parmi la foule, le gout et
«l'amour de la musique purement ideale», et de plus la restauration du bon
gout musical en Espagne.»
Pendant cette premiere periode, Castro y Serrano le depeint ainsi:
«L'artiste est un jeune homme de taille moyenne plutot petit que grand,
maigre, tres brun, avec les cheveux boucles naturellement. A l'exception de
se8 yeux vifs et penetrants, sa physionomie et son exterieur sont communs.
Si vous le rencontrez dans la rue sans le connaitre, vous passerez sans qu'il
attire votre attention, quoiqu'il ne soit pas antipathique. II est ni plus ni
moins que beaucoup d'autres. »
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F. Suarez Bravo, NScrologie, 227
Sauf le changement de couleur des cheveux que les annees avaient blanchis,
Monasterio est reste* le meme jusqu'a ses dernieres annees, conservant toujours
la vivacity et l'ardeur d'un adolescent, pour ne pas dire a un degre* plus
prononce*. Deja vieux il avait toujours un coeur d'enfant pour sentir et une
ame juvenile pour admirer.
Pousse* par son attachement aux monuments de Tart musical espagnol du
XVe au XVIIe siecles, il fut aussi un savant chercheur de manuscrits, collec-
tionneur de ces anciennes editions de livres de musique chiffre'e pour la guitare,
GBuvres si rares et si convoitees.
C'est a lui que revient une grande partie de la renommee que la Socie'te*
des Concerts de Madrid s'est acquise: il succ6da la a Gaztambide et & Bar-
bieri, les deux illustres zarzueleros, et directeurs d'orchestre 6m6rites; grace
a un travail de plusieurs annees, soutenu par l'ardeur et l'activite* qu'il mettait
dans toutes ses entreprises, il fut, a vrai dire, l'organisateur de la Soctete*
des Concerts, lui donnant une constitution si solide, que c'est grace a lui
que la Societe" doit de n'etre pas deja morte, en lutte centre l'absence d'une
direction bien orients e, maladie dont elle souflre depuis quelque temps.
Mis a la tete du Conservatoire National de Musique et Declamation, il
montra son zele et son activite habituels; la, il fut le digne successeur
de Eslava, restaurateur de l'art religieux, de Ventura de la Vega et Lopez
de Ayala dont les oeuvres dramatiques sont dignes de figurer a cote* de
celles des grands dramaturges des XVI* et XVHe siecles, de Arrietay composi-
teur espagnol le plus populaire du dernier siecle.
Les travaux de Monasterio comme compositeur sont plus remarquables
par leur quality que par leur quantity; il est facile a comprendre qu'une
existence active comme la sienne ne lui permettait pas de se vouer exclusi-
vement k la composition; ses Etudes artisHques de violon ont eu l'honneur
d'etre admises comme ceuvre de texte, aux conservatoires deBruxelles et Madrid.
Une de ses compositions plus celebres, V Adieu d VAlharnbre, figure dans le re-
pertoire de la plupart des concertistes. Le Scherzo fantastique, f Etude de
Concert, la Marche funebre et triomphale et I1 Andante Religieux appartiennent
aussi au genre instrumental.
Son recueil de chant contient des melodies de tendre et delicate inspi-
ration qui se reflete dans son Veante mis ojos (Que mes yeux te voient), extrait
de la po£sie si connue de Ste. Th6rese de Jesus qui doit egalement prendre
place parmi ses chefs-d'eeuvres pour veux seules: k cette meme categorie
s'ajoutant deux chceurs, Triomphe de VEspagne, et Le Betour dans la patrie.
Fervent admirateur des oeuvres des maitres qui illustrerent le XVI6 siecle
et qui porterent k un si haut degre* de perfection la musique religieuse, Mo-
nasterio suivit leur traces dans son Dies Irce et le Bequiescatf compositions
magistrales pour voces solas (voix seules).
Sa mort fut tres regretee, car si comme artiste il s'etait cree* une reputa-
tion enviable, lliomme avait su s" attire r l'estime de tous ceux qui l'approche-
rent, par sa droiture et son grand coeur.
Joaquin Marsillach.
L' Association wagnerienne de Barcelone, qui travaille avec grande energie
au developpement de l'art dramatique musical de Richard Wagner, a voulu
rendre un hommage posthume a un ecrivain mort a la fleur de l'age, mais
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228 F. Suarez Bravo, Necrologie.
dont les courtes annees vouees aux belles lettres, furent une campagne con-
stante en favour du Reformateur do Bayreuth.
Joaquin Marsillach y Lleonart mourut an mois d'aout 1883; an moment
du 20" anniversaire de sa mort, «la Wagnerienne* fut convoquee en reu-
nion sp^ciale et son president D. Joaquin Pena, prononca un discours elo-
gieux des merites acquis par l'ecrivain apotre du wagnerisme. Marsillach
etait fils de medecin et il eut quelque temps le desir de suivre la meme
carriere, mais il sacrifia plus de temps de sa jeunesse a la critique musicale
qu'a l'etude de la medecine; il dut employer ses propres connaissances au soin
de sa sante, car il mourut a 24 ans des suites d'une affection pulmonaire.
Son oauvre principale intitule: «Ricardo Wagner. Essayo biografico-
critico*, est deja connue hors d'Espagne par la traduction italienne publiee
a Milan, avec notes et appendices, par les soins du Docteur Filippo
Filippi. Pour se faire une juste idee de la reelle valeur du livre, il faut
remarquer que c'etait le premier ouvrage paru en Espagne, traitant la
personality artistique de Wagner et commentant son systeme, qu'en France
il n'y avait jusqu'alors qu'un seul ecrit d'importance, l'excellent expose de
Schure, qu'en Italie on n'en possedait aucun, et que l'auteur etait un jeone
homme de dix-neuf ans. H ecrivit apres de n ombre ux articles pour les
journaux, et diverses etudes sur Arrigo Boito et son «Mefistofele», sur lliis-
toire du « Lohengrin », et notamment une interessante relation de son voyage
a Bayreuth, pour assister a la premiere representation du Parsifal, relation
qu'il intitula « Peregrination a la Mecque de l'avenir*.
Tons ces travaux lui attirerent d'acerbes critiques, car a ce moment de
Involution du gout musical, la connaissance de l'art wagnerien etait tres-
incomplete parmi nous, et on ne le jugeait que par «Bienzi>, et quelques
fragments epars de «Tannhauser». Marsillach ecrivait avec la conviction et
l'ardeur d'un neophite, et avec toute Timpetuosite de la jeunesse ; il n'epargnait
pas ses adversaires, employant contre l'ecole italienne les armes du ridicule
et du sarcasme, dont ceux-ci du reste, ne s'etaient pas fait faute de se servir
contre son venere maitre.
Sa conviction et son enthousiasme lui valurent l'amitie de Wagner; il ent,
a diverses reprises, l'honneur de voir le Maitre , passant avec lui de longs
entretiens.
Quand Wagner apprit que le jeune medecin espagnol projetait d'ecrire
sa biographie avec un resume de ses idees artistiques, il lui envoya deux
autographes dont l'un, musical, les premiers notes de la Bacchanale de «Tann-
hauser*, et dont le second litteraire, qu'il mit en tete de son ouvrage, est repro-
duitici: <Wenn es sich bestatigt, dafi die Aufmerksamkeit und die Hoffnung
fremder Nationen der Entfaltung der deutschen Kunst auf dem Gebiete der
Dichtung und Musik zugewendet ist, so haben wir anzunehmen, dafl ihnen
es namentlich an der Original it at und ungestorten Eigenttimlichkeit dieser
Entfaltung liege, da ihnen durch uns sonst keine neue Anregung zukommen
wurde. Ich glaube, dafl in diesem Sinne es unseren Nachbarn nicht weniger
als uns darauf ankommen diirfte, einen wahrhaft deutschen Stil durch uns
treulich ausgebildet zu wissen. — Richard Wagner*.
Barcelona. F. Suares Bravo.
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Musikberichte. 229
Mnflikberiohte.
Referenten: W. Behrend, C. Goos, F. Gdtsinger, B. Istel, F. Munk,
A. Neifier, F. Pfohl, H. Pohl, J.-O. ProdTiomme , C. H. Biohter,
F. Spiro.
Basel. Die Hauptereignisse der letzten vier Wochen waren die Berlioz-
Feiern des Gesangvereins und der Musikgesellschaft. Der Gesangverein unternahm
die fur Basel erste Auffuhrung yon > Faust s Yerdammung< mit vorziiglichen
Kraften, Frl. Marcella Pregi, Prof. Messchaert und Kammersanger Hess, welche samt-
lich Leistungen allerersten Ranges boten; die Rolle des Brander hatte Herr Bopple,
Mitglied des Basler Vokalquartetts Ubernommen. Die Auffuhrung hinterlieB in alien
Partien einen ausgezeichneten Eindruck und interessierte alle Zuhorer, Muaikverstan-
dige und Laien, aufs hochste durch die unerschopfliche musikaliscbe Phantasie und
die yielgestaltigkeit der Klangwirkungen. Den Dirigentenstab fuhrte HermannSuter,
der in dem reichen Werke vollstandig aufging. — Kurz darauf folgte die zweite Feier,
im funften Sinfoniekonzert. Sie enthielt an Orchesterkompositionen die phan-
tastische Sinfonie und den »Carneval romain« und an Gesangsstucken die reizend in-
strumentierten »Sommernachte«, von Frau IdaHuber und Frl. Maria Philippi gesungen;
sodann das Duett aus >Beatrice und Benedikt* und den liedartigen Chor >La mort
d'0ph£lie«. Die Wirkung der Carneval - Ouvertiire war so ziindend, daC Suter noch
den Racoczy - Marsch aus Faust darauf folgen lieC. Beide Feiern haben uns den ge-
nialen Franzosen zum ersten Mai recht nahe gebracht; sie haben zugleich die Leistungs-
fahigkeit des Orchesters glanzend bestatigt. — Zu erw'ahnen ist noch das vierte Sin-
foniekonzert, in dem uns zum ersten Mai eine vollst'andige Sinfonie von Anton
Bruckner vorgefuhrt wurde (Nr. 8 in C-moll). Der Erfolg war trotz grundlicher Vor-
bereitung und klangschoner Wiedergabe auCerordentlich bescheiden. Als Solistin
«irkte an Stelle der erkrankten Frau Schumann-Heink Fraulein Munchhoff mit eincr
Arie von Bellini und leichteren Liedern, Das Notturno fiir vier Orchester von Mozart
brachte einen eigenartigen Gegensatz in das Programm. — In der Eammermusik ging
e* ziemlich still her. Von groBem Interesse war nur der Hugo "Wolf- A bend, den
Rob. Kaufmann mit Kapellmeister Suter veranstaltete. Auch hier wurde dem
Basler Konzertpublikum zum ersten Mai ein neues Kiinstlerphanomen durch eine
groBere Auswahl von Proben bekannt. Denn Hugo Wolf ist bis jetzt nur sehr spo-
radisch bei uns erschienen. Die Lieder ubten denn auch fast ohne Ausnahme eine
tiefgehende , machtige Wirkung aus ; die Auswahl war vielseitig und sorgfaltig. — In
der dritten Kammermusik-Soiree gastierte eine Luzerner Pianistin, Frau Tschanz, in
Schumann's Klavierquartett; daneben spielten die standigen Quartettgenossen ein Werk
von Haydn und das dritte der russischen Beethovenquartette. F. G.
Berlin. Wie alljahrlich trat auch in diesem Jahre das hiesige Musikleben vor
Weihnachten in ein etwas ruhigeres Stadium, das diesmal infolge der auOerordent-
lichen AnhaufuDg von Auffuhrungen aller Art im November schon etwas zeitiger
eingesetzt hatte, als fruher.
Die Konzerte derKonigl. Kapelle haben einen etwas konservativen Charakter
zeitgenossischem Schaffen gegenilber scheint man sich nicht allzugroOen Entgegen-
kommens zu befleiCigen, woraus einerseits der Vorteil resultiert, daC vielleicht manche
berbe Enttauschung den Zuhorern erspart bleiben mag, andererseits aber auch ein
'nchtiger Kultur fordernder Faktor auCer Acht gelassen wird. So waren z. B. auch
btim vierten Konzert die Novitaten durch einige an dieser Stelle noch unaufgefuhrte
Werke — B-dur Symphonie von Schubert und Tanze von Mozart — ersetzt. Be-
sonders die letzteren fanden in der uberaus reizvollen Wiedergabe beim Publikum
^iel Anklang, so daB sie wiederholt werden muGten. Die genannte Symphonie, ein Werk
aus der fruhen Jugend des Eomponisten, steht zwar an Erfindungskraft noch sehr hinter
den sp&teren zuriick, bleibt aber immerhin eine imponierende Leistung eines in so
1Zd.i.M. v. 17 r^
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230 Musikberichte.
jungen Jahren schaffenden Kiinstlers. Schumann's C-dur-Symphonie und die >Frei-
schtitz* -Ouvertiire vervollstandigten das Programm. Das fiinfte Symphonie-Konzert
der Koniglichen Kapelle war ausschlieBlich dem Andenken Berlioz1 gewidmet. Zum
ersten Mai in Deutschland gelangte »Kleopatra«, eine, lyrische Szene fur Gesang und
Orchester, zur Auffiihrung. Frau Th. Plaichinger, der man die sehr undankbare Ge-
sangspartie iibertragen hatte, vermochte die darin enthaltenen groBen Schwierigkeiten
nicht ganz zu iiberwinden, erntete jedoch beim Publikum reichen, wohl verdienten
Beifall. Zur Auffiihrung gelangte ferner die Ouvertiire zu »Bob Roy«, die wir bereits
in einem friiheren Konzert der Wagner- Vereine zu horen Gelegenheit hatten, und der
•Trojanische Marsch«, den Busoni in seinem Orchesterkonzert kiirzlich braehte. Eine
glanzende Wiedergabe der »Phantastischen Symphonie< machte den BeschluB des
Konzertes. Da Weingartner bekanntlich einer der besten Interpreten Berlioz1 ist, so
braucht kaum hervorgehoben zu werden, daB auch die iibrigen hier gespielten Werke
in vollendeter Weise zu Gehor kamen. In pietatvoller Weise ist der lOOjahrigen
Wiederkehr von Berlioz1 Geburtstag auch in anderen Konzerten durch die Wiedergabe
dieses und jenes seiner Werke gedacht worden. Nach den Eindriicken, die man von
diesen Auffiihrungen selbst, sowie von ihrer Aufnahme bei dem Publikum und der
Kritik empfing, vermochte man nicht gerade ein giinstiges Prognostikon fiir die Lebens-
fahigkeit Berlioz'scher Werke im hiesigen Konzertleben auszustellen. GewiB wird man
sich freuen, hin und wieder einem > Berlioz* im. Konzert zu begegnen, wie es bisher
geschehen und sicherlich auch in Zukunft bleiben dttrfte, doch hieBe es die Werke
in ihrer Wirkung selbst schadigen, wenn man sie so h'aufig auffiihren wollte wie hier
in den letzten Wochen.
Die beiden letzten Philharmonischen Konzerte standen nicht ganz auf
der kunstleriechen Hohe der vorangegangenen , was weniger an den Leistungen des
Orchesters und seines Dirigenten, als vielmehr an der Wahl der Novitaten und
teilweise den solistischen Darbietungen lag. Dies letztere trifft indessen auf das 4. Kon-
zert nicht zu, in dem Arthur Schnabel das D-moll -Konzert von Brahms spielte; eine
souverane Beherrschung alles Technischen ist bei dem genannten Kiinstler trotz seiner
Jugend eine Selbstverstandlichkeit. In seinem Vortrag trat unzweifelhaft zu Tage,
daB er sich in erster Linie angelegen sein lieB, dem gerecht zu werden, was das
Werk vom ureigensten Wesen des Komponisten in sich birgt, und dieses Streben
diirfte man immerhin als gelungen bezeichnen, wenn der Kiinstler auch hie und da
eine Auffassung bekundete, die von der gemeinhin vertretenen etwas abwich. —
»Idyllische Ouvertiire* nannte sich ein zum ersten Male aufgefiihrtes Werk von
Reznicek. Es repr'asentiert ziemlich unbedeutende Musik mit allerhand billigen Or-
chestereffekten als Pointen, zu denen sich der Verfasser scheinbar das Recht aus dem
Titel hergeleitet hat. Moglicherweise hat er auch dem fertigen Opus die passende
Marke als Geleitbrief mit auf den Weg gegeben. Die Ouvertiire zu der Oper »Geno-
veva« von Schumann machte den Anfang und die VIII. Symphonic von Beethoven
den BeschluB des Konzertes. Das fiinfte wurde durch die Ouvertiire >Leonore<
Nr. 2 von Beethoven eingeleitet. Die Solistin des Abends, Frau Berthe Marx-Gold-
schmidt, spielte mit leichtfliissiger Technik das Konzertstiick C. M. von Weber's. Ge-
steh icVs nur, daB auch ich zu jenen gehorte, auf die diese Musik keinerlei tiefer
gehenden Eindruck auszuiiben vermochte; zum Teil lag dies auch an dem Spiel der
Dame, das leider durchaus nicht danach angetan war, das Stuck unter irgend welchen
Reizen des Vortrags aufleben zu lassen. Fiir manchen war es wohl eine Uberraschung,
als Novitat ein melodramatisches Werk erscheinen zu sehen. Da gegen diese Form
schon so mancherlei Bedenken erhoben worden sind, so erscheint es um so unerhnd-
licher, was Schillings, der eine begleitende Musik fur Orchester zum Wildenbruch'schen
Hexenliede geschrieben hat, bewogen haben diirfte, sich dieser Form zu bedienen.
Was nun speziell die Musik betrifft, so ist besonders die Instrumentation an ihr zu
loben, mit deren Hilfe Klangwirkungen erzielt werden, die fiir die Vorgange der
Dichtung auBerordentlich charakteristisch sind. Ob dagegen Ztige von starkem indi-
viduellem Geprage vorhanden sind, das mbge dahingesteilt bleiben. Der Koraponist
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Musikberichte. 231
dirigierte sein Werk selbst; die Rezitation hatte der Herr Intendant £. yon Possart
ubernommen.
Nur von einem einzigen groBen Chorkonzert ist diesmal zu berichten, das aller-
dings alle bisher vorangegangenen in den Schatten stellte. Die Ehre, dies vollbracht
zu haben, gebiihri dem Philharmonischen Chor unter der Leitung seines Dirigenten,
des Herrn Prof. Ochs. Man kann sich nicht entsinnen, das >Deutsche Requiem € yon
Brahms je in so vollendeter Weise hier gehort zu baben, als bei dieser durch den ge-
nannten Cbor yeranstalteten Aufftihrung. Alle spateren werden einen schweren Stand
haben, da an sie der nun mal geschaffene MaGstab gelegt werden durfte. Den hochsten
Anspriichen wurde auch die Wiedergabe zweier anderer Werke gerecht. Es waren
dies: »Schicksals-Lied« yon Brahms und Schubert's >Gruppe aus dem Tartarus< in einer
Bearbeitung fur einstimmigen Mannerchor und Orchester vom erstgenannten Kompo-
nisten. Die vorziiglichen Leistungen der Solisten im Requiem, Frau Herzog und Herrn
van Eweyk, durfen nicht unerw'ahnt bleiben, da sie zum Gelingen des groBen Werkes
mit beitrugen.
Die Kammermusik stent in auBerordentlicher Bliite. Yon besonderem Interesse
durften auch die Neuerscheinungen auf diesem Gebiete sein, weil sie ab und zu den
Beweis erbringen, daC auch heutzutage noch Musik gescbaffen wird, die nocb Ruckgrat
genug besitzt, um fur sich selbst auf eigenen gesunden Gliedern zu stehen, und noch
nicht so lebensmiide ist, sich zur Fortbewegung stets der Krucken bedienen zu mussen.
Das Joachim-Quartett brachte an seinem zweiten Abend Werke yon Mozart, Brahms und
Beethoven ; Werke nur des letzteren in seinem dritten Konzert. Die Herren Schnabel,
Wittenberg, Hekking ernteten an ihrem zweiten Abend mit zwei niedlichen Trios yon
PL Rameau, zu denen sie zuruckgegriffen hatten, allenthalben Beifall. Herr Prof.
Waldeinar Meyer spielte im dritten Konzert des nach ihm benannten Quartetts die
Sonate in A-dur yon Cesar Franck, die auch schon von anderen KUnstlern hier ge-
spielt worden ist. Das Quartett der Herren Hollander, Nicking, Rampelmann und
Sandow trug an seinem ersten Abend unter anderen das Quartett A-dur yon Doh-
nani vor. Das zweite Konzert des bohmischen Streichquartetts brachte uns — es
muB leider gesagt werden — eine gelinde Enttauschung. Nicht als ob das Spiel
den geringsten AnlaB zu irgend welchen Aussetzungen gegeben, man hatte im Gegen-
teil alien Grund zu bedauern, daO sich hier die besten Krafte um die Erstauffohning
eines Quartetts nutzlos miihten, iiber dessen ganzliche Gedankenarmut auch eine so
gesucht als moglich klingende Harmonik nicht hinwegzutauschen vermochte. Das
Werk ist von Antonio Scontrino. Um so erfreulicher waren die Neuheiten, die uns
das Quartett der Herren Boris Kamensky, Naum Kranz, Alex. Bornemann und Sigis.
Butkewitsch aus Petersburg bescherten. Sie spielten drei Quartette yon Borodm,
Tan^iew, Gliere, russischer Komponisten, die hier zum Teil noch wenig bekannt sind.
Ich konnte nur das Quartett des zuletzt Genannten horen. Zweifellos gehort es mit
zu den interessantesten Werken, die uns die Kammermusik bisher gebracht hat, und
berechtigt, da der Komponist noch sehr jugendlichen Alters sein soli, zu den besten
Hoffnungen fur diesen. Das Quartett Tan&'ew's soil selbstandiger und musikalisch
noch wertvoller sein. Die Leistungen der ausfuhrenden Herren stehen denen dea
Bohmischen Quartetts kaum nach.
Von Kiinstlern, die in eigenen Konzerten auftraten, mogen die folgenden erwahnt
werden: Ansorge, Reisenauer, Busoni, Lamond, Liitschg, Godowsky, Wullner, Frau
Fleischer-Edel und W. Birrenkoven. Ottilie Metzger-Froitzheim, R. Koennecke, Lula
Mysz-Gmeiner. Alexander Sebald erwies sich als hervorragender Bachspieler. Die junge
franzosische Pianistin Adelina Bailet hat den vorziiglichen, ihrem Auftreten voraus-
gebenden Rnf vollauf best'atigt. Max Reger hat mit einigen seiner neuen Lieder mehr
Entgegenkommen gefunden, als im vorigen Jahre. Herr Emil Pauer bewies in dem
von ihm veranstalteten Orchesterkonzert sehr schatzenswerte Eigenschaften als Dirigent
und Pianist.
Im neuen Jahre sind bisher nur zwei groBere Auffuhrungen zu verzeichnen. Die
vier noch bevorstehenden Symphonie-Abende der KonigKchen Kapelle sind infolge der
SchlieBung des Opernhauses auf eine spatere, noch naher zu bestimmende Zeit vertagt
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232 Musikberichte.
worden. Das letzte Konzert, das noch vor Weihnachten stattfand, war ausschlieBlich
Beethoven gewidmet und gestaltete sich zu einer dem denkwiirdigen Ereignis seines
Geburtstages durchaus wiirdigen Feier. Zur Auffuhrung gelangten die Ouverturen
»Zur Weihe des Hauses«, und zu »Leonore Nr. 3«, die vierte Symphonie in B-dur
und das Klavier-Konzert G-dur, vorgetragen durch Herrn A. Reisenauer. Da der
zarte Charakter, der diesem Werke eigen ist, dem der Darstellungskunst Reisenauers
in einigen seiner personlichsten Ziige konform ist, so zeiehnete sich der Vortrag
durch einen hohen Grad der Vollendung aus.
Uber das VI. philharmonische Konzert, das im neuen Jahre stattfand, ist nicht
viel zu sagen. Als Novitat war zwar eine Symphonie in B-dur von Volkmann ange-
kiindigt, doch gelangte statt dessen die IV. Symphonie von Tschaikowsky zur Auf-
fuhrung, da ferner Herr Prof. Messchaert, der urspriinglich zum Solisten ausersehen,
infolge einer Erkrankung nicht mitwirken konnte, so trat Herr Ansorge an seine Stelle
und erzielte mit dem A-dur-Konzert von Liszt einen durchschlagenden Erfolg. DaB der
Eindruck, den das Spiel des Kiinstlers an seinem eigenen Klavier- Abend hinterlieB, ein
ungleich gewaltigerer war, wo er Gelegenheit hatte, seine kunstlerische Personlich-
keit in umfassendster Weise sowohl nach der heroischen Seite, wie nach der des zar-
testen lyrischen Feinempfindens hin auf daB glucklichste zu entfalten und zu offen-
baren, verdient hervorgehoben zu werden: nicht etwa, urn die obige Leistung herab-
zusetzen, sondern weil es viel trefflicher fur die GroBe seiner Meisterschaft spricht —
Auf dem Programm des Philharmonischen Konzertes standen ferner die unvollendete
H-moll-Symphonie von Schubert und Wagner's »Faust-Ouvertiire«. Mit der Wieder-
gabe der letzteren und der Symphonie von Tschaikowsky lieferte Herr Professor
Nikisch wiederum eine glanzende Probe seines Konnens.
Der Stern'sche Gesangverein ftihrte unter Leitung des Herrn Professor Gernsheim
in seinem zweiten Konzerte das »Canticum canticorum* von Enrico Bossi und die Kan-
tate »Ein' feste Burg« von Bach auf und bewaltigte seine schwierige Aufgabe zur
allgemeinen Zufriedenheit. Von den Solisten werden besonders Fraulein Joh. Dietz
und Herr Jungblut gelobt.
Die Zahl der Kammermusik-Vereinigungen ist durch das neue ins Leben getretene
Quartett der Herren Arthur Hartmann, Don Visanski, Jacques Gibbs und Anton Hekking
wiederum vergroBert worden; sie beabsichtigen eine Anzahl popularer Konzerte zu ver-
anstalten. An dem ersten bereits gegebenen waren vorderhand nur die billigen Eintritts-
preise zu loben, da die Herren noch nicht genugend eiugespielt waren; doch biirgt
der gute Klang ihrer Namen dafur, daB dieser im Anfang zutage getretene Mangel
wird ausgemerzt werden. Das Petersburger Streichquartett der Herren Boris Kamensk} ,
Naum Kranz, Alex. Bornemann und Sigis. Butkewitsch lieferten durch ihr zweites
Konzert, in dem Fraulein Sandra Droucker mitwirkte, den Beweis, daB sie nicht allein
russische Musik ausgezeichnet zu interpretieren versteheu, wenn es eines solchen Be-
weises bedurft h'atte. DaB nach ihrem dritten Konzert, das nur Werke von Tschai-
kowsky brachte und als letztes angekiindigt war, hier, wo eher ein UberfluB als ein
Mangel an Kammermusik besteht, der Wunsch rege wurde, es mochte nicht das letzte
gewesen sein, zeugt sicherlich auch von der Vorziiglichkeit ihrer Darbietungen. Das
Bohmische Streichquartett spielte in seinem dritten Konzert nur Werke von Brahms,
darunter das Klavier-Quartett F-moll unter Mitwirkung Eugen d' Albert's. Der dritte
popul'are Musik- Abend der Herren Schnabel, Wittenberg, Hekking bot Gelegenheit,
ein schon halb in Vergessenheit geratenes Instrument, die Viola d'amore im Konzert-
Saal zu horen. Dem bereits oben genannten Herrn Arthur Hartmann sei Dank, daB
er sich des Instrumentes mit groBer Liebe angenommen hatte. Konzerte gaben
ferner die Vereinigung Florian Zajic, Heinrich Gruufeld und das Quartett Gustav
Hollander und Genossen, die ein Quartett von R. von Perger spieiten, das zwar von
keinerlei hervorragender Bedeutung ist, aber ganz beifallig aufgenommen wurde.
Von bedeutenderen Kunstlern konzertierten hier die Pianisten: Eugen d1 Albert,
dessen eminentes Spiel immer wieder zur Bewunderung hinreiBt, Otto Hegner, Go-
dowsky, Arthur Schnabel, Lucien Wurmser, die Geiger : Albert Geloso, Frau Saenger-
Sethe, die S'angerinnen: Tilly Koenen, Lula Mysz-Gmeiner, M. Hertzer-Dippe. Die
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Musikberichte. . 233
letztgenannte hatte eine Anzahl moderner Lieder zum Vortrag gewahlt, unter welchen
die yon Max Marsohalk als die wertvollsten erschienen. F. M.
Dresden. Aus der Ffille des Inhalts, den die unzahligen Konzerte dargeboten
haben, kann kaum das einigermaBen Bedentende vollstandig hervorgehoben werden;
denn damit wfirde schon der Kaum weit fiberschritten werden. Andererseits ist aber
auch wenig Bedeutendes in dem Sinne zu verzeichnen, daO es fur die Leser eine Be*
deutung hatte, es zu erfahren, da sie das Meiste davon bei ihren eigenen Konzert-
besuchen zu horen bekommen. Es sind fast immer dieselben Solisten mit denselben
Programmen, fiber deren Ausfuhrungen die Urteile und Berichte meistens gleichlautend
ausfallen; denn da es zum Teil »anerkannte« Groflen sind, die erwahnt werden miissen,
so stent darfiber das allgemeine Urteil >fest<; und daran darf nur mit Vorsicht ge-
ruttelt werden. Auch der Erfolg bleibt sich im Durchschnitt gleich, es sei denn,
daB in der einen Stadt das Geschaft besser oder schlechter gewesen ist als in der
anderen. Uber einen Punkt lieCe sich jedoch manches Interessante sagen; fiber den
Mangel an Stilgefiihl, der sich in der Art der Ausffihrung der Programme immer
fuhlbarer macht. Nach dieser Richtung hin macht sich immer mehr eine personliche
Willkfir geltend, die nicht der Freiheit im Vortrage gleichzustellen ist. Diese letztere
darf dann eintreten, wenn die notwendige Genauigkeit der gegebenen Vorschriften
beobachtet worden ist. Dieses Hervortreten des Personlichen, das weniger einem
kunstlerischen Zwange als vielmehr dem Drange, moglichst viel Aufsehen zu erregen,
entspringt, ffihrt ganz von selbst zu den unzahligen Fehlgriffen in der Auffassung und
der Wiedergabe der Kunstwerke.
Nach diesem einleitenden Klageliede will ich nun zunachst erw'ahnen, daB in einem
der Sinfonie-Konzerte im Koniglichen Opernhause eine »Sinfonische Dichtung in vier
Satzenc von Carl Pohlig unter Herrn von Schuch's Leitung eine ausgezeichnete
Wiedergabe und anerkennenden Beifall gefunden hat. Das Werk, betitelt »Per as-
pera ad astra<, zeugt von ernster Arbeit und entsprechender Erfindungsgabe. Die
Satze stehen thematisch in engerem Zusammenhange. Das ganze klingt in einen hinter
der Szene gesungenen Engelchor aus. In diesem Konzerte spielte Heir de Greef
aus Briissel das A-moll-Konzert von Grieg und das G-moll-Konzert von Saint-Saens,
wovon das letztere seiner eleganten Eigenart mehr zuzusagen schien als das erstere.
Von den verschiedenen im groBen Vereinshaus-Saale veranstalteten Konzerten war
das der Frau Lilli Lehmann gut, dagegen die Konzerte von Edith Walker und
Emil Saner maBig besucht. Im Musenhause hat Ludwig Wfillner einen Lieder-
abend gegeben, dessen starker Besuch ihn zu einem zweiten, der im Januar stattfinden
soil, veranlaBt hat. DaB die Stimme des Sangers keinen klangvollen Reiz hat, wfirde
weniger ins Gewicht fallen, als daB seine Auffassung etwas Gewaltsames hat, fern von
allem Natfirlichen. Da hinterlieB Therese Behr mit dem vollendeten Vortrage der
>Brautlieder« von Cornelius einen wohituenden Eindruck. — In dem zweiten Kammer-
musikabend des Lewinger-Quartetts errang die jugendliche russische Pianistin, Vera
Mauri na, einen freundlichen Erfolg mit dem ausgezeichneten Vortrage des A-dur-
Quintetts von Dvorak. Und nun sei auch noch berichtet, daB Jan Kubelik das
zahlreiche Publikum im Vereinshause zu ganz narrischen Ausbruchen einer unverstand-
lichen und im Grunde doch unnatfirlichen Begeisterung veranlaBt hat. Um sich mit
einem neuen Nimbus zu umgeben, verkfindet er jetzt, daB er gewaltig eilen mfisse,
um sein Schafchen ins Trockene zu bringen ; denn wenn erst sein Bruder auftrate, was
bald der Fall sein wfirde, dann wfirde er an die Wand gedrfickt. Das klingt doch
sehr hubsch! Also ein zweiter Kubelik in Sioht: nun, da steht es mit der Kunst
noch nicht so schlecht ! E. R.
Frankfurt am Main. Oper. Die romantische Oper >Oberon« von Karl Maria
von Weber, dem >deutschesten< unserer 'alteren Meister, kam in der Bearbeitung des
textlicben und musikalischen Teiles von Franz Grandaur und Franz Wfillner an unserer
Buhne zu einer im Ganzen sehr schonen Aufffihrung. Die kunstasthetische Frage der
Berechtigung einer Bearbeitung dieses Werkes, und wenn eine solche Revision mit
noch so viel Ernst und Sachkenntnis vorgenommen wird, haben Grandaur und Wfillner
auf alle Falle mit ungleich groBerem kunstlerischen Gelingen gelost, als alle Revisio-
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234 • Musikberichte.
nisten vor und nach ihnen. Gegeniiber der gewiB effektvolleren Wiesbadener Bear-
beitung ist hier ganz entschieden auf die dramatische Verknupfung, die Herstellung
eines richtig logischen Zusammenhangs und die verstandigere Vertiefung einzelner
Szenen eine kunstlerisch-weitgehendere Riicksicht genommen als dort. DaB fur den
Oberon, jener mit dem letzten Herzblut geschriebenen Oper, auch spater nicht mehr
geschehen kann, als uberhaupt schon geschehen ist, dafur sprechen die wirklicb be-
bezeichnenden Worte des Enkels des Meisters vielleicht am besten: »Sicberlich hatte
Weber, wenn ihm ein langeres Leben vergonnt gewesen ware, seiner letzten Oper die
vollendete Form gegeben, die seiner kiihnen und eigenartigen Phantasie vorschwebte.
Wie sie vor uns stent, ist sie trotz ihrer reichen Pracht und zauberischen Poesie, ob-
wohl fur England fertig, in Weber's Sinne fur Deutschland nie vollendet worden*.
Und so wird es wohl, trotz aller schonen Pietat, auch fur die Zukunft bleiben. Sehr
gut war hier die Inszenierung und die Regie. Eine stimmkraftige Rezia war Fran
Greef-AndrieOen und eine auffallend gute Fatime Fraulein Bella Alten von Braun-
schweig {jetzt fur die Wiener Oper verpflichtet), der Schramm als Scherasmin trefflich
zur Seite stand, wahrend Borgmann als Hiion gesanglich und darstellerisch eine recht
maBige Leistung bot. —
Konzerte. Im dritten Opernhauskonzert erschien Gustav Mahler -Wien, um
personlich die Leitung seiner dritten Symphonic zu ubernehmen, iiber die seit der
ersten Auffuhrung auf der 38. Tonkunstlerversammlung in Krefeid gewiB genug ge-
schrieben worden ist. Das groBangelegte Werk des in Technik, Instrumentation und
Aufbau gewiB genial veranlagten, sonst aber eklektisch schaffenden Komponisten fand
in dem poetisch klingenden Minuetto-Satz, (»Was mir die Blum en auf der Wiese er-
zahlen* hieB er friiher) einzelnen Stimmungsbildern der Einleitung, des Scherzoteiles,
den archaisierenden Choren des fiinften Satzes und dem SchluB die meiste Wurdigung.
Der ganzen Symphonie fehlt aber, wie allem, was wir bisher von Mahler, diesem un-
gleich genialeren Dirigenten, horten, jener Drang des gestaltenden >Werde!«, der uns
erst von der Schaffenskraft eines bildenden Kiinstlers vollig iiberzeugen kann. Von
Mahler zu dem jetzt so laut gepriesenen »Paganini der Gegenwart* Jan Xubelik isi
ein gar grofier Sprung. Zuerst spielte der absolute Virtuose in einem Opernhaus-
Konzert, das man nach dem jetzt beliebten Motto >Les affaires sont les affaires «
schleunigst arrangiert hatte, dann in einem >Abschieds-Konzert< im Konzertsaal.
Jedesmal ein Zeichen des groBten auBeren, von Beifallssalven, vielen Hervorrufen und
Zugaben begleiteten Erfolgs. Kubelik, der in der C-moll-Violinsonate von Grieg nichts
hervorragenderes leistete, als jeder andere sehr tuchtige Geiger auch, erwies sich bei
Vieuxtemps und den Paganinistiicken als ein reiner Techniker, dessen Spiel, so viel
Virtuositat es auch bietet, den ernsten Kunstfreund aber von Nummer zu Nummer
kiihler laBt. Oberfl'achenkunst im wahren Sinne des Wortes. Im ubrigen waxen
unsere groBen Konzerte in dieser Zeit begreiflicherweise den Manen eines Berhoz.
des »Vaters der modernen Programmmusik« , gewidmet. In Vertretung des kurze
Zeit an Influenza erkrankten Hausegger — Geriichte seiner hiesigen Amtsmudigkeit
oder von Zerwurfhissen sind ein gleich leichtfertiges als miiL;iges Geschwatz — brachte
Dr. Richard StrauB in einem der Museumskonzerte drei S'atze aus > Romeo et
Juliette* zu einer ebenso interessanten Wiedergabe, wie spater Weingartner in dem
zweiten Kaimkonzert die phantastische Symphonie, vor der Peter Raa be, der begabte
Adlatus Weingartner's, eine ganz stimmungsvolle Auffuhrung der Harold-Symphonie
mit Professor Hermann Ritter-Wurzburg als bekannten Interpreten der Violapartie;
leitete. Gerade am Jubilaumstag, dem 11. Dezember, gab man im Opera h aus >Faust's
Verdammung* in Konzertform, nachdem man von der zuerst angenommenen Guns-
bourg'schen Buhnenbearbeitung noch gliicklich losgekommen war. Mit Forchhammer
und Frau Hensel-Schweitzer als Solisten verhalf der temperamentvolle Theaterkapell-
meister Dr. Kunwald der ganzen Auffuhrung zu schonem Gelingen. In dem letzten
Museums-Konzert, das die erfreuliche Bekanntschaft der tiicbtigen Sangerin Fraulein
Emma Holmstrand vermittelte, brachte Hausegger die hier schon von Colonne ge-
botene D-moll-Symphonie von C^sar Franck und die bekannten Legenden »Der Schwan
von Tuonela* und »Leminkainenc von Sibelius wieder mit frischer Umsicht seines
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Musikberichte. 235
bewahrten ktinstlerischen Amtes zu Gehor. — AnlaClich der Feier des funfundzwanzig-
jahrigen Jubilaums des kiinstlerisch sebr ersprieGlich wirkenden »S'angerchors des
Lehrervereins«, der seine schbne Leistungsfahigkeit dem dort seit 23 Jahren als Diri-
gent tatigen Professor M. Fleisch verdankt, bot das Festkonzert eine vorziigliche
Auffiihrung von Wagner's »Das Liebesmal der Apostel« und dem Schubert'schen
Gesang der Geister uber den Wassern«, zu welcbem entziickenden Werk Hansegger
eine ganz stilvolle Instrumentalbegleitung gescbrieben hatte. Wenig Eindrnck er-
zielte dagegen ein neues Chorwerk fur M'annerchor und Soli » Thermopylae* von Josef
Pembaur. — In der Reihe der hier zum erstenmale aufgefiihrten Kammermusik-
schopfungen gebiihrt die erste Erwahnung dem auGerordentlich frisch gesobriebenen
Streicbsextett in C-moll von R. Gliere, der bier in dem melodiscben » Andante* und
einem feurigen Finale ebenso viel wirkungsvolle Momente bietet, wie Volbacbin einem
fur Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott lebendig entworfenen Es-dur Quintett,
op. 24, das richtige Kiirze mit geschickter Schreibweise fur die Blaser gliicklicb ver-
bindet. Ein hiibsches Scherzo enth'alt das Manuskript-Sextett op. 114 in B-dur fur
Klavier und Blaser von Hans Huber, wahrend Konrad Heubner's E-moU-Streichquartett
kontrapunktisch etwas uberladen klingt, und hinsichtlich der Erfindung eigentlich nur
in dem Menuettosatz wirklich anregende Gedanken bietet. Das Museumsquartett, das
Frankfurter Kammermusik-Ensemble (die treffliche Pianistin Frau Florence Basser-
mann und die Soloblaser der Oper) und die Frankfurter Quartettvereinigung batten
sich der Ausfuhrung der genannten Werke bestens angenommen. H. P.
Genf. Seit drei Monden bereits ist die Saison im Gauge und nocb babe ich nicbts
bericbtet. Ein kurzer Uberblick diirfte also beute angebracbt sein.
Im Sommer leben wir bier quasi obne Musik, denn die zweifelhaften Geniisse, die
uns kleine Orcbestergesellscbaften und Blecbmusiken an Sommerabenden bieten, sei
es in den offentlichen Garten, an denen Genf reicb ist, oder gar vor den Kaffees.
wollen wir nicbt so ernst nehmen, sondern einfach ubergeben und zu vergessen sucbeu,
Ein standiges Orcbester baben wir immer nocb nicbt, trotz aller Bemiibungen und
trotz der Erbscbaft, die der Musikmazen GaJland der Stadt zukommen lieD und die
zu alien moglichen anderen Zwecken, und nicbt zur Hebung der Musikverbaltnisse
benutzt wurde. Der einzige Trost ist in den Orgelkonzerten , die Herr Domorganist
Barbeau in St. Peter veranstaltet (vom 1. August bis 30. September 27 Konzerte)
und in den ebenfalls sebr zahlreichen der Madeleinekircbe, die Herr Organist Naud
leitete.
DerReigen begann am 7. November mit dem ersten Abonnementskonzert. Das
Orchester unter Willy Rebberg. Die Programme der zehn Konzerte sind dies-
mal historiscb zusammengestellt und die ersten drei bis jetzt stattgefundenen Abende
gal ten I. Haydn (Militarsymphonie , Violoncell-Konzert von Tablo Casals vorge-
tragen, Largo fur Streicbquartett und Lieder, gesungen von Frl. Briffod). Das groGe
Talent des Cellisten wurde eingeengt und eingezw'angt in ein Haydn'sches Konzert!
n. Der altfranzosiscben Scbule Lully, Rameau und Gluck (der zwar ein Deutscher
ist, aber gerne zu den Franzosen gerechnet wird;. Es war etwas viel Lully und Ra-
meau auf dem Programm und bei allem Respekt vor diesen alten Herren empfinden
wir docb ibren damaligen Begeisterungsausdruck beute als etwas konventionell und
arm an wirklich ewig Schonem. Es ist aber gut, wenn das groGe Publikum hie und
da geschmeichelt wird. Es ist doch immerhin noch viel zu lernen bei den Alten und,
ohne die zu kennen, kann man die Jungen gar nicht recht wiirdigen. Die G^sangs-
soli waren auffallend schwacb vertreten. In den Abonnementskonzerten, deren finan-
zielles Resultat von vornherein gesichert ist, sollten doch nur Kr'afte ersten Ranges
herangezogen werden. III. Das dritte Abonnementskonzert war der Erinnerung an
den gottlichen Mozart geweiht. Man hatte die herrlichste seiner Symphonien in g-moll
gewahltund, seltsamerweise, ein hier wohl nie gehortes Stiick: die maurerische Trauer-
musik. Mozart war bekanntlich ein begeisterter Freimaurer. Diese Trauermusik wurde
1786 komponiert zur Erinnerung an die Briider Mecklenburg und Esterhazy, die, wie
Mozart selbst, der Loge >zur gekronten Hoffnung* angeborten. AuBer diesem sehr
gefdhlswarmen Stiick hat Mozart noch eine Freimaurerkantate geschrieben.
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236 Musikberichte.
Nebenbei sei bemerkt, daB die Briefe Mozart's an seine lieben Briider Freimaurer
fast nnr Gesuche urn ein Darlehn von emigen Gulden sind. Der arme, groBe Meister ! —
Frl. Baokofen sang zu allgemeiner Freude: das Yeilchen nnd anderes mit franzosischem
Text >0 violette! ce qu'on a fait de toi, pauvrette! Es war em armes Yeilchen!
Traduttose-traditose. Man singe die Werke groBer Tondiohter im Urtext. —
Herr de Greef, der ausgezeichnete belgische Pianist, spielte das C-moll and das Es-
dur-Konzert Wir waren leider nicht anwesend. Sein Spiel soil aber nach dem Urteil
von Kennern, die inn gehort haben, sehr virtuos, vielleicht zu schnell und modern
gewesen sein. Es gehort fur den modernen Pianisten ein gut Teil Aufopferung seiner
Personlichkeit dazu, um Mozart wirklich nach der Tradition zu spielen. Reinecke ist
uns in der Erinnerung als echter Mozartspieler. Biilow hielt alien Ernstes Mozart fur
schwieriger als Beethoven. Es handelt sich bei solchem Urteil nicht um rein tech-
nische Fragen, sondern nur um die geistige Wiedergabe der rfihrenden, zarten Seelen-
stimmung eines Mozart, fiir die wir heute nicht kindlich und fromm genug empfinden.
Parallel mit diesen historischen Abonnementskonzerten laufen in diesem Jahre
zehn Konzerte, die Herr Hi. Marteau, der Geigenmeister, mit seinem Quartett und
mitwirkenden Kiinstlern ersten Ranges veranstaltet. Auch hier ist ein historischer
Anstrich. Der erste Abend gait Edward Grieg's Violinsonate, Cellosonate und Streich-
quartett. Das zweite brachte Beethoven's Es-durquartett, StrauB' Sonate op. 18 und
Schumann's Quintett op. 44. Der dritte Tag war ein Saint- Saens-Fest mit Streich-
quartett op. 112, Klavierquintett op. 14, Violoncello-Suite op. 16 (Herrn Ad. Rehberg's
schone Leistung) und op. 18 Introduktion und Rondo capriccioso fiir Violine, ein Bra-
vourstiick erster Klasse, welches Herr Marteau so perfekt und schwungvoll vortrug,
daB er seinen begeisterten Zuhorern noch die Chaconne von Bach schenken muBte.
Diese beiden Serien der Abonnements- und Marteau-Konzerte — zwanzig Abende —
nnden stets vor ausverkauftem Hause statt, und da unser Konzertpublikum hier klein
ist, so leiden die anderen Konzerte gar zu oft an schwachem Besuch. C. H. R.
Hamburg. Das groBe Ereignis der letzten Wochen, das in der gesamten musi-
kalischen Welt Kreise zog, die Rerlioxfeier, ware in Hamburg unbemerkt voruber-
gegangen, wenn nicht Arthur Nikisch mit den Berliner Philharmonikern auf dem
kalten Altar ein schones Brandopfer entflammt hatte : der geniale Dirigent fuhrte die
Symphonie phantastique bewunderungswiirdig auf, mit groBter Yollendung nach AuBen
und ganz als Kunst von Innen und er erfreute UberdieB seine' groBe und begeisterte
Gemeinde mit einer klangschonen und stimmungsvollen Wiedergabe der Liszt'schen
•Preludes*. Die Novitaten-Ausbeute der letzten Wochen war im Ubrigen gering.
Das einzige in dieser Beziehung in Betracht kommende Werk, EduardElgar's > Coc-
kaigne*, hob Max Fiedler aus der Taufe. Elgar's Konzertouvertiire schildert > Lon-
doner Leben«, nicht ganz so iiberzeugend, daB wir nicht auch an ein anderes groBes
Menschenzentrum denken konnten. Denn StraBentrubel, Militarmusik, Orgelklange
aus irgend einer Kirche kennt in dieser Mischung doch wohl jede europaische GroB-
stadt. Und daB sich diesem Material gegeniiber der Komponist der Ouvertiirenform
bedient, die eine Reprise der Themen — also hier des StraBenlarms, des Militar-
marsches, der Kirchenmusik — bedingt, tragt nicht dazu bei, den realistischen Gharakter
dieses Werkes, die Treue der Wirklichkeit gegeniiber, auf die es doch abgesehen sein
muB, wenn ein Stuck einen so eng begrenzten und zwingenden Titel fiihrt, zu steigern.
Aber — dessen ungeachtet interessiert die Musik Elgar's doch in starkerem MaBe, nicht
nur durch ihre Frische und ihr frohes Zugreifen, durch ihre ausgezeichnete Instru-
mentation, sondern vor allem durch ihren echt kunstlerischen Zug; sie ist Kunst, ohne
verkiinstelt zu sein; aufgebaut mit glanzender Technik, ohne zur frostigen Tuchtigkeit
der blanken Konstruktionsarbeit herabzusinken. Max Fiedler sicherte dem Werk eine
teohnisch vorziigliche, geistig belebte und schwungvoile AuffUhrung und somit einen
lebhaften Erfolg. Die Philharmonische Gesellschaft fuhrte als spate Novitat die groBe
Messe in 0-moll fur Soli, Chor und Orchester von Mozart auf, jenes Werk, das der
verdienstvolle Alois Schmitt >nach Mozart'schen Vorlagen« erg'anzt und herausgegeben
hat. Die Messe ist nicht in alien ihren S'atzen gleichwertig. Wir nnden da manches
Xonventionelle, Schnorkel des Zeitgeschmackes, Formeln des gewohnlichen musikalischen
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Musikberichte. 237
Kirchenlateins und mancherlei kleine Kantoren-Munze. Aber diesen Stellen steht eine
erdrftckende Ubermacht des Genialen und wahrhafb GroGen gegentiber, Partien voll
Erbabenheit und HebHchster Anmut, ao daO man in einiger Entfernnng an dem kfihnen
Ban ctteser Messe nnr noch ifare Herrhchkeit und Pracht, nicht aber die kleinen
Mauersobaden sieht. Es sind namentlicb die schweren, duster gestimmten von den
Ohors&tzen, so der grandiose Doppelchor »Qui tollis< und das Cnicifixus, das in finsteren
Geheimnissen verloscht, S'atze, von denen eine ungebeure Geftlhlswirkung ausgeht. Die
Auffunrung war ein Triumph fiir den Dirigenten Herrn Professor Barth, ein Ruhmes-
tag fur die Pbilbarmonie. Um die Solistenkonzerte der letzten Wochen war es scbwacb
bestellt. Der kleine Geiger Franz von Yescey ist Sobuld daran : er batte noch 2 Kon-
zerte — nacb den Dreien, die er schon gegeben! — angektindigt. Das geniigte: Die
Hamburger sturzten mit erstaunlicher Begeisterung in diese Vescey-Konzerte ; ihr Inter-
esse absorbiert der Wunderkuabe so vollst&ndig, daG fur alle Anderen kaum etwas
ubrig blieb. Das muGte leider auch der hocbbegabte Geiger Bronislaw Hub ermann
erfahren, der mit dem Pianisten R. Singer vor leerem Saal konzertierte, nacbdem
er wenige Tage vorher in einem Nikisch-Konzert einen groGen Erfolg errungen. Er
spielte in seinem eigenen Konzert unter Anderem die Kreutzersonate mit suBem Ton
und sensitivem Stil, der nur leider der Beethoven'schen Melodie nicht ganz gerecbt
wurde. Hubermann ubertreibt die Gefiihlswerte, er seufzt und scbluchzt auf seiner
Geige zu viel und zu oft. Einen groGen Erfolg — Ausnabme von der Kegel! — er-
rang mit eigenem Konzert die Pianistin Maria Avani, eine Scarlattispielerin von
auGerordentlichem Esprit, eine Kiinstlerin von boher Anmut und groGem Konnen,
poetischem Anschlag und italienischem Temperament. Auch aus dem Kammermusik-
saal ist Erfreuliches zu melden: das Kopecky-Quartett spielte ein sehr schones, fein
empfundenes und musikalisch reiches Streich-Quartett von Josef B. Foe rster, einem
der feinsinnigsten Musiker unserer Zeit, der bisher seinem Wert entsprechend leider
noch nicht gewurdigt und bekannt ist, und der segensvoll wirkende Kammermusik-
verein gab Herrn Professor R. Bart h Gelegenheit, sein exzellentes Violinspiel zu ent-
falten in der G-dur-Sonate op. 78 von Brahms. Hier, namentlich aber in der groBen
Liszt'schen H-moll-Sonate glanzte auch Frau Frieda Kwast-Hodapp als geist- und
temperamentvolle Pianistin. F. Pf.
Karlsrihe. Im zweiten und dritten Konzert des Hoftheater-Orchesters erschienen
als Solisten Clotilde Kleeberg, deren feinsinniges Spiel besonders Chopin zugute kam,
und der kraftvolle Geiger Ondricek, dessen groGer Ton und mannliche Vortragsweise
wie immer anzog. In der schwierigen Aufgabe, Meister Mottl zu vertreten, bewfihrte
sich Hof kapellmeister Lorenz sehr mit Ehren. Wahrend wir mit seiner Darbietung
der 8. Sympbonie von Beethoven nicht ganz einverstanden waren, brachte er den
poetisch empfundenen und farbenglanzenden >Zarathustra« von StrauB mit bewun-
derimgswurdiger Klarheit und prachtigem Schwuug heraus, auch Vincent dTndy's
>Zauberwald< wurde ganz stimmungsvoll vorgefiihrt ; insbesondere aber war ein Ehren-
tag die Auffuhrung von >Fausts Verdammungc zur Berliozfeier. Hier drangten sich
die Erinnerungen an den begeisterten und erfolgreichen Vorkampfer fiir Berlioz, der
bekanntlich hier die erste vollstandige Auffuhrung der >Trojaner< zustande brachte
und jederzeit feurig fiir den franzosischen Roraantiker eintrat, besonders auf. Und
weim jetzt auch noch nicht alles mit derselben tlberlegenheit gegeben wurde, so war doch
die gauze Auffuhrung, zumal der Chor nur fiir diesen Zweck aufgeboten war, hSchst
anerkennung8wert, was das Orchester betrifft, sogar ganz vorzliglich. Wie sehr iibri-
gens Berlioz ein Mann der »Zukunft< war, sieht man daraus, daG jetzt, am lOOjahrigen
Geburtstage — wie viele unserer jetzigen GroGen werden in derselben Zeit sich noch
eifriger Pflege erfreuen diirfen? — ein viel tieferes und allgemeineres Eindringen in
seine geniale Eigenart sioh kundgibt, als er selbst es je erlebt hat; ja wie viel mebr
entspricht seine Musik heute unserem Empfinden als selbst noch vor 20 Jahren? Frei-
lich ist der Faust wenig in Goethe'schem Geiste gehalten, der Franzose hat trotz
der Verehrung fur Goethe etwas ganz anderes daraus gemacht; auch iiberwiegt eben
der Sympboniker und groGe Maler mit den gluhendsten Orchesterfarben; was er aber
darin gibt, ist vielfacb von hinreiGender Schonheit und packender Oswalt. Ein un-
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238 Musikberichte.
gliicklicher Einfall war es ubrigens, fur das Pandamonium den Saal zu verdunkeln.
Mottl hatte schon friiher bei einzelnen Stellen der Matth'auspassion und des Berlioz-
schen Requiems den Kunstgriff angewendet, and nun ist durch Wolfram's Versache
die Aufmerksamkeit von neuem auf dies Mittel gerichtet; aber einmal hat die Ver-
dunkelung des Saales gar keinen Sinn, wenn das Podium mit den zahlreichen Mit-
wirkenden den Augen sich hell erleuchtet darbietet ; aber auch wenn die Vorrichtungen
vorhanden sind, wie im Heidelberger Konzerthaus, halten wir das Operieren mit Licht-
effekten im Konzert fur eine Vermischung der Kunstgattungen ; macht man damit den
Beginn, so drangt alles weiter nach szenischen Mitteln; man fuhre doch, was sich sehr
wohl denken laBt, die ganze Verdammung Faust's szenisch auf; freilich wird man dabei
kaum die gewaltigen Chormassen, die Berlioz' Werk doch gebieterisch verlangt, ent-
falten konnen. — Zur allgemeinen Freude wird das Werk wiederholt werden. — Eine
hochst interessante Bekanntschaft machten wir in dem zweiten Extrakunstlerkonzert der
Direktion Hans Schmidt. Camille Saint-Saens kam mit einem Stratiburger Orchester
und trat als Dirigent, Klavier- und Orgelspieler in eigenen Werken auf, wahrend er
die Leitung der Leonoren-Ouvertiire und des »Tasso< dem Kapellmeister Lohse von
StraBburg iiberlieC. Saint-Saens zeigte sich fur seine 68 Jahre in erstaunlicher Frische,
mit franzosischer Lebhaftigkeit bei seinem Spiel, weniger anfeuernd als Dirigent Von
den vorgetragenen Werken waren entschieden die Stucke fur Orgel die feinsinnigsten
und wirksamsten ; man merkt dem Komponisten wohl an, dafl er ursprunglich in erster
Linie sich diesem Instrument gewidmet hat. Ein neues Werk, das sein Aufenthalt
jenseits des Mittelmeeres zeitigte, >Afrika«, Phantasie fur Klavier und Orchester, bringt
doch gar zu wenig Charakteristisches ; die wiedergegebenen Eindrucke konnten den
verschiedensten Landern entstammen; von einem Vergleich mit dem schonen C-moll-
Konzert oder anderen Werken friiherer Zeit sieht man besser ab. Alles in allem ein
interessanter Abend, aber keine uberwaltigenden kiinstlerischen Eindrucke. — Dieaelbe
Konzertdirektion brachte noch zwei Gaste ersten Banges: Raoul Pugno, der durch die
ganze Art seines Vortrages alles hinriB, und Jan Kubelik, von dem die unangenehm
auftretende Beklame wirklich nicht zu viel behauptet hatte. Was er teohnisch , z. B.
in mehrstimmigem Spiel, in Oktavengangen von unten auf in raschem Tempo usw.
usw. leistet, grenzt wirklich ans Unglaubliche : auch der Ton ist groB und schon.
Freilich ein »Ave Maria « von Schubert- Wilhelmj spielte Wilhelmj selbst mit anderem
Ton und anderer GroBe; darin bleibt dem ja noch jungen Manne, wenn er nicht gar
zu einseitig auf das rein Virtuosenhafte sich verlegen will, noch eine lohnende Auf-
gabe. — Ein Ereignis fur die Verehrer Hugo Wolfs war die Wiedergabe des nach-
gelassenen Quartetts durch das »Suddeutsche Streichquartett* [Freiburg in Br.}. Eigen-
artig und merkwiirdig, wie alles von Wolf, spricht das Werk doch durch eine manch-
mal etwas sprode, versonnene Art und den diisteren Grundcharakter schwer an: am
unmittelbarsten wirkt der dritte Satz. Ein Quintett von Sinding, das folgte, ist nicht
von derselben Tiefe, aber wirksam. — Einen groCen Erfolg hatte eine erst 18jahrige
Schiilerin des hiesigen Konservatoriums (Direktor Prof. Ordenstein), Frl. Paula Stebel,
die in einem, kunstlerisch groCe Anfordernngen stellenden Programm, das unter an-
derem die Handelvariationen von Brahms enthieit, eine erstaunliche Beife der Kunstler-
schaft bewies, die zu den schonsten Hoffnungen berechtigt. — Yon Gesangeskunstlern
entziickte Bertram durch seine wunderbaren Mittel ; er ist zur Zeit sicher der erste
Bariton; welche Fulle und doch Weichheit, welch unerschopflicher Atem. Naturlich
lieC er seine Vorziige in erster Linie Wagner zugute kommen, aus dessen Partituren
auch Alex. Dillmann mit groBer Geschicklichkeit , aber in etwas ermiidender Weise
grofie Partien in moglichst orchestraler Weise wiedergab. In Lowers >Prinz Eugen*
und Schumann's >Grenadieren< storten einige wenig geschmackvolle Willkurlichkeiten
des S'angers. — Feinfiihlig, wenn auch etwas einseitig auf das weich-lyrische gerichtet
trat der Bariton Hans Schroder uns entgegen, von dem Ehepaar Kwast aus Frankfurt
vortrefflich unterstiitzt; und endlich fiihrte in den letzten Tagen Herr Fritz Haas vom
hiesigen Konservatorium ein Programm vornehmster Art (u. a. Brahms' »Verrat«,
Wolfs Prometheus*, zwei Lieder von Hausegper) in hochkunstlerischer Weise durch.
Von den Darbietungen unserer Hofoper wurden zwei sehr alte >Novitaten«r das
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Musikberichte. 239
heiCt Novitaten fur hier, sehr freundlich aufgenommen. > Hoffmann's Erzahlungen«
von Offenbach zeigen den bekannten Operettenkomponisten yon einer neuen Seite.
Wbhl fuhlt er sich auch hier am wohlsten, wo er der ihm vertrauten, leichtgeschiirzten
Muse dienen kann ; wie quellen in den Spalanziniszenen die prickelnden Tanzrhythmen
— aber auch in den ernsten Partien, ja selbst in der Darstellung des D'amonischen
versagt er nicht; freilich, die voile Tiefe der Situationen, in denen man trotz aller
Verkurzung und Entstellung doch noch die geistvolle, packende Art des Phantasie-
Hoffmann durchfuhit, kann w nicht erschopfen. — Allen Respekt dem kunstlerischen
Ernst und der Schaffenskraft und -freudigkeit des iiber 70jahrigen Verdi floBte den
Horern der hier noch nicht gegebene Othello ein. GewiB zeigt das Werk nicht mehr
die Fiille bluhender Melodien, wie noch die A'ida; aber mit welcher Gewissenhaftig-
keit sucht er den dramatischen Gehalt zu erfassen und wiederzugeben, und wie hoch
steht er dabei noch iiber allem, was seither von dramatischen Werken erschienen ist.
Wir personlich wiirden nur wiinschen, daC er einen weniger qu'alenden Stoff gewahlt
hatte. Um die Auffuhrung machte sich besonders Herr Remond, der fur Bayreuth
als Parsifal gewonnen ist, durch kraftvoll-leidenschaftliche Darstellung, besonders auch
im Spiel, und Fr'aulein Robinson durch eine riihrende Verkorperuug der Desdemona
verdient Fast wie eine Neuauffuhrung wirkte nach langer Pause die »Verkaufte
Braut*. Diese kerngesunde, frischstromende Musik anzuhoren, ist in unserer Zeit so
vielen erfolglosen Ringens auch begabter Komponisten eine wahre Herzenserquickung.
C. G.
Kopenhagen. Die Konigliche Oper, die nach der langen Herold-Periode nur
eine Wiederaufhahme von Thomas1 Mignon brachte, hat sich in den letzten Tagen
endlich zu einer Reprise von kunstlerischer Bedeutung, der Walkure erhoben. Mochte
dies ein Zeichen sein, daB die Oper jetzt endlich in einen wertvolleren Arbeitskreis
tritt; Siegfried ist schon von der vorigen Saison her auf dem Repertoire und eine
Einstudierung der Gotterdammerung wenigstens versprochen.
Die Konzerte waren fast zahlreicher als unser nicht allzu groBes Konzertpublikum
aufaahmeiahig ist; erst jetzt dicht vor Weihnachten f augt die Flut an, etwas zu ebben.
— Hier eine kursorische Ubersicht. A. Vereinskonzerte : Cacilien -Ve rein (Fr. Rung)
Bach's Johannes-Passion in guter, vielleicht ein biOchen trockener Auffuhrung,
groBer Erfolg und nach dem Vereinskonzert offentliche Auffuhrung zu kleinen Preisen
bei vollem Hause. — Danischer Konzertverein: eine neue Symphonie vom jungen
KonigUchen Kapellmusiker Rudolf Nielsen, eine Arbeit, die wohl Talent und Stu-
dien zeigte, aber in ihrer etwas gespreizten Art weniger anmutete und fur ihren im
ganzen schulerhaften Charakter nicht eine stundenlange Aufmerksamkeit beanspruchen
konnte. Neu war auch eine Chor-Symphonie von Asger Hamerik, der hier in
wohlklingender und mit chorverst'andiger vertrauter Art einen leider ziemlich flachen
Text gearbeitet hatte. — B. Einheimische konzertierende Virtuosen und Instrumen-
tisten: Julius Thornberg, ein Geiger mit nicht gewohnlichen Anlagen, Paulus
Bache, Cellist, Rogar Henrichsen und Kihl, Pianisten. — C. Auslandische Kon-
zertgeber: Bohmisches Streichquartett, Leonard Borwick und Ida Ek-
mann (finnische Sangerin) und Scholander (der schwedische diseur von Couplets
usw.). —
In meinem letzten Bericht steht etwas von einem Aufmerksamkeit erregenden
Hodeholmarch von Willy Burmester. Der beruhmte Geiger ist mir bisher
nicht als Marschkomponist vorgekommen; in der Wirklichkeit wollte ich nur von
seiner hier wie iiberall referierten Stockholmer Rede von dem Podium her gegen
den Kritiker und Komponisten Peterson Beyer sprechen. W. B.
MttBChen. Unsere neuerdings sehr riihrige Hofoper brachte als Novitat im reir
zenden Rokoko - Residenztheater E. Wolf - Ferrari's komische Oper »Die neugierigen
Frauen< ^Le dame curiose) zur Urauffuhrung. Das liebenswlirdige Werk, das ent-
sprechend dem intimen Rahmen des Hauses fur kleines Orchester gesetzt ist und mit
Gliick die typischen Gestalten der >Commedie dell' Arte« (Pantalone, Arlechino, Co-
lombine) wieder einfuhrt , hatte trotz mancher Mangel und Schwachen , die der Kom-
ponist nach der Erstauffuhrung durch starke Streichungen zu beheben suchte, einen
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240 Mnsikberichte.
schonen Erfolg. Die Musik ist namentlich im zweiten Akt sehr leichtflussig and
witzig, wahrend die recht harmlose Handlung etwas zu breit angelegt ist. Die In-
szenierung des Werkes ubertraf alles bisher Gewohnte. Zur Berhozfeier brachte man
den »Benvenuto Cellini «, der seit 14 Jahren hier verschollen war, in einer guten Neu-
einstudierung, wahrend die musikalische Akademie gemeinsam mit dem Porgesverein
das Requiem unter Direktion des neugeadelten Prof. Erdmannsdorfer zu Gehor brachte;
Weingartner hatte mit dem Harold und der Phantastique schon eme Art Vorfeier
gehalten. Stavenhagen, der seinen ersten modernen Abend unter gleich groBem Bei-
fall auf vielseitigen Wunsch wiederholte, widmete seinen zweiten Abend ausschlieBlich
den Jungmiinchnern : Boehe, Pringsheim und Jos. Schmid waren mit reinen Orchester-
werken, Bischof, Istel, Schilling-ZiemBen und v. Schirach mit Orchestergesangen ver-
treten. Als bedeutsamstes Werk erschien mir Boehe's >Klage der Nausikaa*, der dritte
Teil aus > Odysseus Fahrten«, deren erste Episode ja in Basel diesen Sommer den
jungen hochbegabten Komponisten rasch bekannt machte. Pringsheim's symphonisches
Tongemalde >das Meer« bekundet zwar groBes Instrumentationstalent, ist aber in der
Erfindung noch vollig von Wagner abhangig. Schmid's Ouverture zu der lyrisch-
komischen Oper »Die Schildburger* bietet geschickt gemachte, aber nicht sonderlich
bedeutende Musik. Die Orchestergesange >Glaube mir* und » Lethe* von Schirach.
>Bewegte See* und >Der Schlaf« von Bischof, alle vier fur Ban ton; » Elysium* von
Istel und »Ewiges Licht< von Schilling-ZiemGen, beide fur Tenor, sowie ein Zwiegesang
»Wei6t du noch* fur Sopran und Bariton von Istel fanden beifallige Aumahme ; mehr
dariiber zu berichten ist dem Referenten als Beteiligten unmoglich.
Yon den grofien Konzerten ist vor allem noch eine Auffuhrung der >Seligkeiten«
von Cesar Franck, vom Lehrergesangverein veranstaltet, hervorzuheben, die das selten
gehorte eigenartige Werk gut zur Geltung brachte.
Der um die Pflege alterer Chorliteratur hochverdiente Chorschulverein interessierte
in seinem letzten Konzert namentlich durch geietliche Lieder von Stobaus (1680 — 1646],
die Motette »Selig sind die] To ten* von Schiitz und die gewaltige achtstimmige Mo-
tctte »Komm Jesu* von J. S. Bach. Jose Lassalle machte uns in seinen beiden
Orchesterkonzerten mit der liebenswiirdigen zweiten Bruckner-Symphonie, einem klang-
vollen Morceau symphonique aus >Redemption« von C. Franck, einem recht unbedeu-
tenden Vorspiel zur Oper >die Meeresbraut* von Jan Blockx, sowie dem tollen, aber
stimmungsvollen »Nachmittag eines Fauns* von Debussy bekannt. Lamond und Reise-
nauer entziickten wieder durch den eminenten Vortrag letzter Beethovensonatem Das
Hoslquartett spielte erstmalig Weingartner's neues Streichquartett op. 34, das so wenig
wie seine Vorganger als unmittelbar empfundene Musik anspricht. Aus derFiille der
Liederabende mochte ich nur Therese Behr's Konzert hervorheben, die namentlich mit
dem durchgeistigten Vortrag der Cornelius'schen Brautlieder hinriB. E. I.
Paris. Depuis la premiere de TEtranger, de M. Vincent dTndy, suivi de
TEnlevement au s^rail, de Mozart, TOpera n'a donne ni annonc^ aucune nouveaute.
L'Op^ra-Comique a repris le Roi d'Ys, la belle ceuvre d'Edouard Lalo, que
son importance d^signe cependant depuis longtemps pour notre premiere scene lyrique.
De M. Xavier Leroux, la Reine Fiammette a 6t6 jouee pour la premiere fois, le
28 decembre; le livret a ete tire par M. Catulle Mendes d'une de ses pieces, joue^s a
l'Od^on, qui porte le meme titre. L'oeuvre nouvelle du compositeur d'AstartS, qui
ne fit naguere que de rares apparitions a i1 Opera, a 6t6 bien accueillie et semble de-
voir fournir une brillante carriere.
La Gaite" a termine sa premiere saison lyrique par la premiere de Mess aline,
opera de M. Isidore de Lara, bien connu dans les stations thermales ou hivernales,
Monte-Carlo, Vichy, Aix-les-Bains. Cette destination deMessaline, comme celle des
autres oeuvres du meme compositeur, permet presque seule d'en prejuger la valeur . . .
Avec Me s saline se termine la courte et pen interessante serie inaugurale des repre-
sentations lyriques du theatre de la Gaite: Herodiade, la Juive, la Flamenca,
Me 88 aline; tel est le bilan de ces quatre mois. MM. Isola promettent pour Pan
prochain, parait-il, un programme plus artistique.
Les dernieres seances de la Societe des Concerts du Conservatoire comportaient
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Musikberichte. 241
un choix d'oeuvres dee plus diverses: des choeurs du XVIe siecle, sans accompagnement
;de Nanini, Jannequin, Costeley), la Symphonie hero 1 que (Beethoven), l'Ecos-
saise (Mendelssohn), le concerto en mi b pour piano (Mozart), joue" par M. Fhilipp,
l'ouverture du Ho 11 an da is volant (Wagner), celui de Saint-Saens, pour violoncelle,
A la musique, choeur pour voix de femmes (Chabrier), TArlesienne (Bizet), le
Psaume 90 (C&ar Franck) et la jolie melodie de Duparc, L Snore. Deux auditions
des Saisons (Haydn) ont eu lieu les 25 Janvier et ler fevrier.
Aux Concerts-Colonne, le Cycle-Berlioz s'est continue par des auditions de l'En-
fance du Christ, de Borneo et Juliette et du Requiem. Ces deux dernieres
eeuvres n'avaient pas 6te" entendues integralement depuis sept ou huit ans; et elles ont
recu un accueil beaucoup plus enthousiaste que TEnfance du Christ, dont la seconde
partie seule (la Fuite en Egypt e) a enthousiasme, comme toujours, le public du
Chatelet. La deuxieme audition de Romeo et Juliette etait conduite par M. Pierne,
en l'absence de M. Colonne, alors en Ecosse; le jeune kapellmeister s'y est montr£
reelleiuent superieur.
Aux Concerts-Lamoureux, M. Chevillard fait toujours une large place a Beethoven,
Wagner et Schumann, sans oublier Berlioz, et en relevant a ses auditeurs POrphSe
de Liszt, la symphonie de si mineur de Borodine. ainsi que les Variations pour
piano (M. Armand Eerte) et orchestre, sur un mode eolien, ceuvre des plus interes-
aantes qu'un jeune compositeur , M. Rhene* Baton , faisait applaudir Pan dernier a la
Socie'te' Nationale. C'est ggalement au Nouveau-Tbeatre que M. Hubermann s'est fait
entendre dans la Symphonie espagnole de Lalo.
M. Bronislaw Hubermann, seconde* par le pianiste hongrois Charles Singer, a
donn6, salle Erard, deux recitals au cours desquels il a execute* la Kreutzer-Sonate,
la Chaconne de Bach, des variations sur Carmen, etc. M. Hubermann, jeune
encore, a conquis le public, par son brio et sa facilite extraordinaires ; on pourrait
cependant lui reprocher cette facilite* meme qui s'exerce peut-etre trop aux depens de
la comprehension intime des ceuvres interprets.
Parmi les concerts particuliers , deja nombreux, il faut encore citer ceux de
MM. Edouard Risler, V. Staub (avec Porchestre Chevillard), de M. et Mm« Casadesus
!alto, viole d'amour et violon), accompagn^s par le jeune pianiste Alfred Casella et
le contrebassiste virtuose Edouard Nanny, Pemule des Bottesini et des Dragonetti.
M. Eugene de Soleniere continue ses conferences a la salle Lemoine, et a PEcole
des Hautes- Etudes sociales, M. Romain Holland parle sur (xluck.
Au premier concert de la SocieUe nationale, le pianiste Riccardo Vines a fait
applaudir de nouvelles pieces de M. Ch. Debussy, Estampes, qu'accompagnaient sur
le programme un Quatuor de Cesar Franck et de m^diocres melodies de M. Guy
Ropartz, le kapellmeister de Nancy.
Une nouvelle soci^t^ de concerts, naguere a la salle Humbert de Romans,
aujourd'hui au Theatre Victor Hugo tient ses seances comme celles de MM. Colonne
et Chevillard, le dimanche apres-midi, et ne tardera pas, semble-t-il a acquerir une
popularity egale a la leur. Les programmes ont ete par malheur, un peu trop eclec-
tiques et fragmentaires, jusqu'ici. M. P. Carolus-Duran, le fils du peintre celebre, y
dirige avec habilit^. Des virtuoses comme MM. Houfflack et Diemer s'y sont fait
recemment applaudir. En outre, le theatre de PAmbigu donne, le mercredi, des
matinees musicales consacr^es a la musique de chambre, sous la direction de M. Danbe.
On sait que la Ville de Paris distribue, tous les trois ans, un prix destine* a re-
compenser une ceuvre musicale importante, pour soli, choeurs et orchestre. Le con-
cours de 1903, qui se juge actuellement ne comprend pas moins de trente-une oeuvrea,
anonymes ou non; le jugement sera rendu prochainement.
En province, le theatre de Montpellier a donne la premiere representation de
Rose de Provence, comeMie musicale en quatre actes de M. Palicot sur des paroles
de MM. Lecomte et P. A. Lannoy.
A Lille, M. Maquet a dirige un festival-Berlioz.
Au Theatre des Arts de Rouen, a eu lieu la premiere de Sap ho de Massenet;
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242 Musikberichte.
au cirque de la meme ville, M. Cheviilard est venu avec son orchestra doimer un con-
cert oh figuraient des ceuvres de Beethoven, Wagner, Berlioz et Saint-Saens.
A Lyon, le Grand-Theatre n'a encore represents aucune nouveaute.
A Marseille, le repertoire s'est accru de la Mess aline deM.de Lara; a Tovloise,
le Capitole a repris Lohengrin. J.-G. P.
Rom. Im > Polite am a Adrianoc hat man zwei interessante Ausgrabungen veran-
staltet, diesmal nicht archaologischer Art, wie sie in Rom noch immer am meisten
lohnen, obgleich sie in den H'anden der Regierung liegen, sondern mnsikalischer Art,
wie sie den Patrioten und zuweilen den Verlegern gefallen: man hat Verdi's Ernani
und Donizetti's Linda di Chamounix fur Augenblicke aus ihrem Todenschlafe zu
erwecken gesucht. Die Ursache war natiirlich nicht etwa die Verehrung fur die beiden
>Mei8ter<; Donizetti gilt langst als Klassiker, und der Yerdi-Kultus Roms hat sich bis-
her keineswegs in der Rucksicht auf seine verschollenen Werke, etwa durch Veran-
staltung eines Verdi-Zyklus, sondern darin gezeigt, daG der President der Koniglichen
Musik-Akademie die sonst so viel geschmahten Deutschen um Geld fur ein Verdi-Denk-
mal anbettelte, natiirlich mit Erfolg. Wenn man jene beiden » Werke* hervorsuchte,
so geschah es aus Rucksicht auf den Baryton Battistini; denn dergleichen Leute.
mit ihren starken stimmlichen, aber minimalen geistigen Fahigkeiten, konnen sich nun
einmal zu guter Musik nur ausnahmsweise aufschwingen und sind daher immer wieder
auf die alten ReiBer angewiesen. Ubrigens enthalt der Ernani, wie fast jede Verdi'sche
Oper, immerhin eine beach tenswerte Nummer, und die Linda ist, im Gegensatze zu
Lucrezia, Lucia usw. wenigstens nicht beleidigend, daher ja auch verschollen; was
aber den Besuch ihrer Auffiihrung wirklich lohnend machte, war die Darstellerin der
Titelrolle, Frau Barrientos, welche die bessere Seite der italienischen Operntradition,
die wunderbare Gesangskunst , in vollendeter Weise verkorpert. Da handelt es sich
nicht bios um schwindelnde Hohe, um technische Bravourstucke, Vollkommenheit des
Ansatzes und haarscharfe Reinheit; da ist jeder Ton von solch uberwaltigender Klang-
schonheit und zugleich dermaBen durchgeistigt/ daG die Seele sich willig diesem Zauber
gefangen gibt und alle musikdramatischen Prinzipienreitereien zu nichte werden. Konnte
sich doch eine solche Kunstlerin zur Donna Anna oder zur Konigin der Nacht ent-
schlieBen! — Sonst ist von romischem Musikleben noch nichts zu melden; aelbst die
brave Banda comunale begnugt sich mit recht maBigen Programmen, soweit sie diese
iiberhaupt selbst bestimmen kann und nicht vom Studentenpobel vergewaltigt wird.
Um so trostlicher ist die Aussicht auf die n'achste Zukunfb : soeben (Anfang Dezember
wird der Spielplan des Costanzitheaters veroffentlicht. der den Romera wie gewohnlich
fur den ganzen Winter ein halbes Dutzend Opern verspricht, darunter die Afrikanerin,
den Maskenball, Tosca, aber auch zwei Novitaten, namlich Puccini's Madame Butterfly
und, zur Eroffnung in der Weihnachtswoche, Tristan und Isolde. F. S.
Wien. Der neu gegriindete »Wiener Ansorge-Verein* will kein Kampf-
verein sein. Er will neben Mozart auch Wagner, neben Brahms auch Bruckner, neben
Schubert — Konrad Ansorge gerecht werden. Zugleich will er aber in das in tra-
ditionsversteinerter Klassikeranbetung mude dahinflieGende Wiener Musikleben mo-
derne Impulse tragen. Mich diinkt dieses Programm, wie es Herr Wilhelm von
Wy metal in dem Eroffnungsabend entwickelte, so freudig seine Tendenz zu begruBen
ist, doch nicht kernig genug. Eine »Gesellschaft zur Forderung moderner Tonkunst*
— das ist es, was Wien fehlt, damit in Konzertsaal und Oper die Werke jung-
osterreichischer und jungdeutscher Komponisten zur Auffiihrung gelangen, statt
daG die slavischen und romanischen Elemente das hiesige Musikleben mehr und mehr
durchsickern! Aber einseitiges Eingeschworensein auf Konrad Ansorge, diesen schwerst
zuganglichen, sensitivst person lichen musikalischen Ichpoeten — das ist kein frucht-
bringendes Prinzip, in einer so reaktion'ar veranlagten Stadt, wie Wien, Sinn fur die
musikalische Moderne zu erwecken. Der Beifall, den die einseitig auf den schweren
Griiblerton gestimmten Ges'ange Ansorge's beim Wiener Publikum fanden, klang denn
auch wenig ehrlich. Konrad Ansorge selbst stent der Griindung des Vereina, wie
Herr von Wy metal in seiner BegriiBungsrede eigens hervorhob, feme. Warum bleibt
er aber auch als Solist feme und warum sagt er seine Mitwirkung in beruchtigter
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Notizen. 243
>letzter Stunde* itets ab? Hoffen und harren wir auf die Entwicklung des
Vereins! Jedenfalls verdient schon allein der Mut, in Wien einen modernen Kunst-
yerein zu grand en, Anerkennung. Wie wenig fur die neudeutsche Musikpflege hier
geschieht, bewies die Wiener Berlioz-Feier. Die Gesellschaft der Musikfreunde
fuhrte >Fau8t,8 Yerdammungc (mit Marcella Preghi und R. Gmiir als Marga-
rethe und Mephisto und dem wenig gut disponierten Dr. R. Walter (Miinchen) in
der Faust-Partie) unter Ferd. Lo ewe's allzu gestrenger Leitung recht mafiig auf.
Schuch hatte auf das Programm des von ihm dirigierten HI. Philharmonischen
Konzertes die Ouvertiire »Carneval romain< gesetzt, im Opernhause aber fand am
gleichen Abend die Premiere yon Puccini's >Bohemec statt, an dem den Musik-
veremssaal die damonischen Klange der » Damnation < durchbrausten! Difficile
est, satyram non scribere!! Immerhin miissen die ernsten Musikfreunde noch
froh sein, daB Ferdinand Loewe wenigstens bier und da versucht, Modernes auf-
zufuhren. 80 bob er im ersten ordentlichen Gesellscbaftskonzert ein wundervolles
Chorwerk aus dem Nachlasse Hugo Wolfs, des stets verkannten, aus der Taufe,
»Christnacht«. Uber den wallenden, breit dabinstromenden Orchester-Vor- und
Zwischenspielen scbeint der Stern Betblebems zu glimmern. Es gliiht und glitzert in
heiliger Inbrunst in den Instrumental-, wie in den Yokalpartien des oratorienartig
aufgebauten, mit Choren und Soli abwechselnden ergreifenden Werkes. Hinderlicb
werden der Verbreitung dieser wie leider so mancber anderen Wolf schen Komposition
die stellenweise immensen Anforderungen an- die rein musikaliscben und gesanglicben
Fahigkeiten der Soli 8 ten sein ; selbst eine so vorziiglicbe Wolf-Sangerin, wie die Sopra-
oistin Frau Agnes Bricht-Pyllemann hatte grofie Miihe, inre dauernd in der
hochsten Lege rubende Partie scblackenlos rein zu singen. AuCerdem wurden von
Hugo Wolf noch das leicbt zuganglicbe »Elfenlied« und der »Feuerreiter< gesungen
und zwar relativ gut. Vorher spielte der Konzertmeister M. Lewinger (Dresden)
Beethoven's Violinkonzert mit warmer Empfindung, aber mit einer hier und da die
Kadenzen allzu breit nehmenden, verschwommenen Technik. Das Programm des von
Schuch geleiteten III. Philharmonischen Konzertes enthielt als Novitat das >Sym-
phonische Zwischenspielc aus einer unvollendeten rom anti schen Op er von Franz
Schmidt. Der Komponist, als Solocellist Mitglied des Hofopernorchesters, hat in
einer preisgekronten Symphonie sein urwiichsiges Musikertum bereits bekundet. In-
haltlich steht dieses > Zwischenspielc nicht ganz auf gleicher Hohe, wohl aber in der
raffinierten Verwendung der orchestralen Mittel. Im II. Konzert der Philharmoniker
machte uns Herr W. J. Safonoff mit einigen Proben aus der symphonischen Lite-
ratur des modernen Ru Bland bekannt. Musikalisch am hochsten werte ich Glazou-
now's 6. Symphonie, wahrend ich in Rimsky-Korsakow's > Scheherazade-Suite*
nur blendende Theatermusik erblicken kann. — Der >Saal Ehrbar«, dessen ernst-
feierliche Ausstattung seinem Namen bisher keine Schande machte, muBte sich nun
die Renovierung »in mit allem Komfort ausgestattetem modernstem Stile*, Beethoven's
Kreutzer-Sonate aber gar die Wiedergabe auf einem Rokoko-Prunkfliigel ge-
fallen lassen! Das Prill-Quartett spielte an diesem Abend unter anderem
einneues anspruchslos schulgerechtes Streichquartett von Konrad Heubner. Weder
mit den >Bohmen«, noch mit dem Joachim-Quartett, noch auch mit dem ein-
heimischen Ros^-Quartett kann sich das Prill-Quartett an innerer Beseelung messen.
Unter den Solisten-Eonzerten erscheinen mir Willy Burmester's sehr beifallig
begruBtes erstes Auftreten in Wien, des kleinen Franz von Vescey Triumph, sowie
Eugen d1 Albert '8 Beethoven-Schubert- Abend am bemerkenswertesten. A. N.
Notizen.
Berlin. Es scheint nunmehr festzustehen, daB Berlin ein neues Opernhaus erhalt.
Vom Landtag sollen fur die notigen Vorarbeiten 50000 Mark gefordert werden.
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244 Notizen.
Bournemouth. — The "Symphony Concerts" (cond. Dan Godfrey) have published
their repertoire-record of 8 years and 500 concerts; first concert 14 October 1896, five-
hundredth concert 14 December 1903. — The orchestra of the Crystal Palace Company
at Sydenham, 6 miles from London, was started as such (and without taking into
account the "military" band out of which it grew) in September 1866, and was the
first "permanent" orchestra ever entertained in England. By "permanence" is meant
an orchestra retained and paid by the year, playing whenever required, and practically
playing every working day, — rain or shine, business small or large. The practical
distinction between this and an orchestra which, however permanent in tenure for the
individual players, only plays when called up at intervals, is clear. In the former case
the need of consulting public opinion is, if present, still at its minimum as compared
with the other case. The conductor has the maximum of scope for trying new music
and enlarging repertoire. The Crystal Palace orchestra gave its special "Saturday
Concerts" (about 20 per annum), but was in effect playing the best class of orchestral
music once, sometimes twice every day all the year. It was quite independent of the
"military" band as soon as inaugurated, and had no duties connected therewith. It
continued with a monopoly of this situation of "permanent orchestra" (except for the
overlap of the Bournemouth case now to be mentioned) for 46 years down to 1900,
when it was disbanded, as according to the calculations of the management not suffi-
ciently self-supporting. The suburbs tend to loll central London for night music,
but central London kills the suburbs for day or afternoon music. In the balancing
of such movements, the Crystal Palace musical audience dwindled and perished. The
conductor throughout was August Manns (IV, 683). — The orchestra of the Corpo-
ration of Bournemouth (favourite sea-coast resort, though not one of the largest, and
in a hitherto quite un-musical corner of southern England, 108 miles from London,
began in the summer of 1896. Also as a "permanent" orchestra. Also out of a
military band arrangement, but not separating itself therefrom; and in this vital dis-
tinction lies the financial security, for the give and play between the two provides
an elasticity in making disposals and also in estimating cost or profits. The future
of such undertakings in provincial England consists in realizing this, and in avoiding
the too ambitious or at least now too inelastic plan of the Crystal Palace. The cadre
of the Bournemouth band (orchestra plus "military") is a mixed one, and some men
are interchangeable, and some even play string or wind. The Bournemouth orchestra
overlapped the Crystal Palace orchestra for 6 years, but since 1900 is the only "per-
manent" orchestra (as above) in England. Its projector, conductor and manager has
been from the first Dan Godfrey, son of late Lieut. Dan Godfrey (II, 88), bandmaster
of the Grenadier Guards (died 30 June 1803). This young man represented England
as conductor in the International Concert forming part of inauguration of the Berlin
Wagner Memorial Statue in October last (V, 68). — The strength of the orchestra, very
small for the modern works undertaken, and entailing till lately troublesome makeshifts,
began with 33, and now stands at 41; but the conductor has gradually acquired the
right of employing extras for the special concerts, and the average for these now
stands at 46 (maximum 60). The characteristic of the venture has been great auda-
city in attacking the whole range of orchestral music, and an encouragement to British
composers far beyond that given by any other institution past or present. — The
ik Symphony Concerts" (II, 88; HE, 362, IV, 26) are special bi-weekly afternoon winter
concerts, 60 each year, given by the orchestra. Mostly orchestral; a few vocal items.
The following Symphony Concert repertoire shows 891 works for 8 years, which makes
110 works a year, or about 2 new works every concert throughout the whole time.
The classification is: — Symphonies 133, Overtures 184, Concertos 127, Suites 121,
Miscellaneous 276, Vocal 60; total 891. Out of these, 83 were first performances of
entirely new works, and 44 were first performances in England of works introduced
from the Continent. Out of a total of 216 composers played, 70 or one-third were
British. According to the Rosenkranz compilation (EH, 492, 490) there are only 89
British orchestral composers altogether who have up to date got into print (about
one-seventh of the figures for the whole world). Out of the 114 works of British
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Notizen. 245
composers, 71 were first performances, showing the extent to which the class is indebt-
ed to Bournemouth for affording them an opening. The largest number of works
by any one composer is Wagner 43; the largest by any British composer is Mackenzie
20. The figures take no account of repetitions, and some works have been repeated
10 or 16 times, the total programme-items being about 4000. Apart from eclecticism,
the following composers (indicated by "throughout" in list) have had practically all
their orchestral works played, and most of them many times over: — Beethoven,
Sterndale Bennett, Berlioz, Brahms, Bruch, Cherubini, Chopin, Dvorak, Elgar, Grade,
Edward German, Groldmark, Grieg, Haydn, Liszt, Mackenzie, Mendelssohn, Mozart,
Schubert, Schumannn, Tschaikoffsky, "Wagner. The Symphonies of Beethoven, Brahms,
Schumann &c. are done in so many series, each complete every season. — Apart
from the pre-eminence given by its programme-policy, the "Bournemouth Municipal
Orchestra" is also the most noteworthy orchestral institution in England as raising
the whole question of state (municipal) interference in such things. It might be
argued that the protective system makes the Bournemouth results possible. Or on
the other side that they are due to the exceptional vigour alone of a member of a
celebrated conductor-family. Or again that it is a happy accident. In any case, this
8-year-old example has not so far been imitated elsewhere; according to the definition
given above, there is no other "permanent" orchestra in England, municipal or other-
wise. — The figures give the number of separate works of each composer produced;
"throughout" as above.
J. J. Abort 1, Hugo Alfve'n 1, K. J. Andersen 1, Miriam Arkwright 1, F. Austin 1,
J. S. Bach 3, Edgar Bainton 1, Granville Bantock 6, Arthur Barclay 1, Alf. Barley 1,
Herbert Bedford 1, Beethoven (throughout), W. H. Bell 2, G. J. Bennett 2, Sterndale
Bennett (throughout), WUhelm Berger 1, Berlioz (throughout), E. Bertini 1, Bizet 7, L.
Boelmann 1, A. Borodin 2, Brahms (throughout), Joseph Bridge 2, Max Bruch (throughout),
Ignaz BrOll 1, G. R. Burgmein (Ricordi) 1, T. A. Burton 14, A. von Ahn Carse 2, A. E. Chabrier
2, Cherubini- (throughout), Chopin (throughout), Frederic Cliffe 1, Julian Clifford 1, Gerard
Cobb 3, Frederic Corder 3, P. Cornelius 1, F. H. Cowen 12, W. Creser 1, W. H. Cumminga
2, Eugen D'\lbert 2, Felicien David 1, Ferdinand David 1, K. Davidoff 1, J.D.Davis 2,
L. Delibes 7, K. von Dittersdorf 1, F. Dubois 2, T. Duuhill 1, Dvorak (throughout), Ed.
Elgar (throughout), R. Eilenberg 1, A. Enna 1, F. Erkel 1, H. W. Ernst 1, H. Farjeon 2,
O. Florsheim 1, Cesar Franck 1, Southey Frost 1, R. Fuchs 2, Niels Gade (throughout),
H. Gadsby 1, N. Gatty 2, Edward German (throughout), G. Giordani 1, F. E. Gladstone 1,
A. aiazounoff 10, Glinka 1, Gluck 2, B. Godard 2, Percy Godfrey 4, H. Goetz 1, K. Gold-
mark (throughout), Otto Goldschmidt 1, E. Goltennann 1, Gounod 11, A. de Greef 1,
Grieg (throughout), Grossmann 1, A. Guilmant 1, E. Guiraud 2, Halvorsen 2, A. Hamerik
4, Handel 4, J. Hathaway 2, Cuthbert Hawley 4, Haydn (throughout), Ferdinand Hiller 3,
Louis Hiilier 3, Ch. Hoby 1, H. Hofmann 7, Josef Holbrooke 5, Gustav Hollander 1, H.
Holloway 1, Gustav von Hoist 1, J. Horspool 1, Jeno Hubay (Huber) 1, Hummel 1, E.
Humperdinck 4, W. Y. Hurlstone 2, Vincent d'Indy 1, J. W. Ivimey 1, J. Joachim 2,
F. L. V. de Joncieres 1, H. A. Keyser 2, Oliver King 1, F. King-Hall 4, J. Klengel 1,
August Klughardt 1, Franz Lachner 1, Vincent Lachner 1, P. Lacome 1, E. Lalo 8, R.
Leoncavallo 1, Algernon Lindo 1, Bernard de Lisle 2, Liszt (throughout). Henry Litolff 2,
Harvey Lohr 1, Lulgini 3, Hamlsh MacCunn 5, E. A. MacDowell 1, J. B. Mac E wen 1,
Machts 1. Alexander Mackenzie (throughout), Charles Maclean 7, Jules Massenet 15, Tobias
Matthay 1, Mendelssohn (throughout), Meyerbeer 6, T. Michaelis 1, Moritz Moszkowski 6.
Mozart (throughout), E. W. Naylor 3, Jean Nicode" 1, Karl Oberthiir 2, Norman O'Neill 1,
Hubert Parry 7, Paganini 1, Alf. Piatti 1, G. Pierne' 1, Jean Pietrapertosa 2, J. E. Pitt 1,
A. Ponchielli 1, David Popper 3, Ebenezer Prout 1, Raoul Puguo 1, S. V. Rachmaninoff 1,
Oskar Raif 1, J. Raff 10, Rameau 2, Karl Reinecke 11, K. G. Reissiger 1, L. E. E. Reyer 1,
J. Rheinberger 1, J. Rietz 1, Rimsky- Korsakoff 1, Landon Ronald 4, Craigie Ross 1, Rossini 1.
A. Rubinstein 1, Six Russian joint composers 1. Saint Saens 23, P, Scharwenka 1, Franz
St-bubert (throughout), K. Schultz-Schwerin 1, Schumann (throughout), E. Schutt 1, Cyril
Scott 2, A. F. Servais 1, Christian Sinding 3, Edgar B. Slinn 5, Henry Smart 1, F. Smetana
4, Arthur Somervell 1, W. H. Speer 5, Spohr 7, A. Stadtfeld 1, C. Villiers Stauford 9,
Reginald Steggall 2, Richard Strauss 3, Josef Suk 1, Arthur Sulli\ an 5, Wallace Sutcliffe 2,
Jobann Svendsen 8, Edith Swepstone 6, J. de Swert 1, W. Taubert 1, S. Coleridge Taylor
11, Ambroise Thomas 7, A. Goring Thomas 1, Francois Thome 1, P. Tschaikoffsky (through-
out) J. L. Tulou 1, Ralph Vaughan- Williams 2, Verdi 1, H. Vieuxtemps 2, R. Volkmann 3.
Z. d. L M. V. 18 r^
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246 Notizen.
Wagner (throughout), William Wallace 4, R. H. Walthew 1, Weber 9, C. Widor 3, H.
Wieniawski 1, F. W. Wieprecht 1, A. N. Wight 1, A. Wilhelmj 1, N. von Wilm 1, A. H.
Wood 2, F. Woyrech 1, Dalhousie Young 2, A. Zarzycki 1, Zolotareff 2. R A. M.
Dublin. — The following is believed to be the true story of the very ancient
(yiBrien Irish Harp, which now lies in the Museum of Trinity College, Dublin, and of
which there is a cast in the South Kensington Museum, London (TV, 580]. This vene-
rable and unique relic was undoubtedly returned to Ireland by Henry VIII in 1643,
it is probably (for it bears the arms of the O1 Briens) the same harp which was sent
over to Scotland by the O1 Brien ruler of N. Munster in 1221 as the price of the
return of a celebrated minstrel, and that it originally belonged to his immediate an-
cestor Brian Boroo himself two centuries before (as the legend says) is at least a
natural part of the story. The whole is a hypothesis for correction and investigation.
— Brian Boroo or Brian the taxer, to begin with, began to rule Northern and Eas-
tern Munster (Thomond and Ormond) in 978, his chief seat being Kincora near Killaloe,
county Clare, on the Shannon; and later on, from the same centre and till his death
at the battle of Clontarf in 1014, he ruled as head-king or "monarch" (ard righ) over
practically the whole of Ireland. One Muiredach O1 Daly (Ua Dalaigh), of Lissadil,
county Sligo, N. Connaught, a famous minstrel, killed in 1216 Finn 0' Bradley (Fionn
0' Brolchain), bailiff (maor; of the clan-chief Domhnall Mor 0' Donneil of Tyrconnell
now county Donegal), who came down to collect rent. Then Muiredach 0' Daly fled
south. First to Athenry in county Galway, S. Connaught, where he took refuge with
the English settler Richard de Burgh (or Burke), ancestor of the present Clanrickarde
peers. Then further south to the court of the O1 Briens above-named, where now
ruled, but only over Thomond or N. Munster (Tuaidh-Muin or Thomond = N. Munster,
Jar-Muin or Ormond = E. Munster, Des-Muin or Desmond = S. Munster), the direct
descendant in the 6th generation of Brian Boroo, viz. Donnchadh Cairbre
0* Brien. Then, aided by that Prince of Thomond, to Limerick. Then to Dublin. All
this time the 0' Donneil of the far-north Donegal, with the implacability of a Gaelic
chieftain who had no more serious fighting on hand, pursued the minstrel wherever
he went, in person and with armed forces, harrying the country of his successive
wardens, with intent to avenge the death of his rent-collector. The inhabitants of
the "Black Pool" on the Liffey declined to let this highly inconvenient refugee remain
among them, and he eventually managed in 1217 to escape in a ship to the Southern
Hebrides and Scotland. While in Scotland he became the progenitor (see the "Dean
of Lismore's Book") of the Mac Vurricks. bards to the Mac Donalds of Clanranald in
Moidart on the Inverness coast opposite Rum and Eigg; which clan 500 years later
in 1746 first listened to the plausible and self-confident Young Pretender. From
living in Northern Scotland (the land of the Pict Alpin) 0' Daly was called by his
own people "Albanagh". After a few years he established his peace with the 0' Don-
neil, (who had probably forgotten all about him), through the flattery of his poetry,
and it became open to him to return to Ireland. Then in 1221 the Prince of Tho-
mond above-said, Donnchaidh Cairbre O1 Brien (who died 1243), for the honour of
his country, sent his own harp, or the family harp, to the Mac Donalds of Clanranald ;
as a ransom or present to secure their letting the minstrel go, for harpist-minstrels
were valuable in families. Muiredach O1 Daly, after causing all these commotions,
returned to Ireland in 1222, in exchange for the 0' Brien harp. In 1229 the Prince
of Thomond, Donnchadh Cairbre 0" Brien, sent a north-Irish Ulster bard named
Gillabride Mac Conmidhe to Scotland to try to get back for a price the harp likewise;
but in this he did not succeed. Sixty years later, in 1296, Edward I (Longshanks, of
England won the first Dunbar battle, made the first English conquest of Scotland, and
carried back to "Westminster Abbey from the Scone Monastery near Perth the ancient
crowning-stone or crowning-block of the Scots (26" x 16" x 11") now fixed into and
forming part of the chair of Edward the Confessor, in which all kings of England
from him till Edward Vll have sat to be crowned. He at the same time brought
away the Scottish regalia. It is confidently asserted that the 0' Brien harp was then,
(or if not then at least in 1298 after Falkirk , carried away to Westminster Palace.
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Notizen. 247
How or when or whether the Clanranalds parted with it in the intervening 60 years
is not known. On July 1 1643 when Henry VIII gave the title of Earl of Olanrioarde
to Ulrick Mac William de Burgh of Athenry, descendant of the minstrel's first pro-
tector, he made him a present of the harp, which thus reverted to its own country
just 300 years after the death of its original 0' Brien owner. It passed later to one
of the 0' Brien Earls of Thomond (created 1543, became extinct 1774), who were
connected by marriage with the Clanrickardes. One Dame Huxley bought it from
the Thomond house, indifferent or impoverished, for "twenty rams and as many swine
of English breed". She gave it to her son-in-law Henry Mac Mahon of Clenagh,
county Clare. He gave it about 1756 to Matt Mac Namara, a lawyer of Limerick,
and Recorder of the town. In 1760 it was newly strung, and played through the
streets of Limerick by the harpist Arthur O1 NeUl. Mac Namara bequeathed it to
Ralph Ouseley of Limerick, to whom it came in 1778. He gave it in 1781 to Col.
Conyngham, who presented it next year to Trinity College, Dublin, where it now is.
The harp has thus been through the 3 kingdoms, and is certainly one of the most
beautiful specimens of ancient art in existence; see again IV, 580.
The Irish Harp (clairseach) of the period in question (which is far from the oldest)
had about 30 strings, from say C below bass stave to da above treble stave. The pen-
tatonic scale had died out for the harp. There were 7 strings to the octave, tuned to
present major scale G to G ; but a string-fastener (ceis) could flatten the F£ or sharpen
the C. Each string had its own verbal name. It is just conceivable that there was
some rude Ogham (runic) tablature; practically there was no notation, and the art
was wholly traditional. The harp-player took the treble with his left hand, and the
bass with his right. Giraldus Cambrensis, alias Gerald Barry, (1146 — 1220], visited
Ireland in 1183, and though coming from Wales said that the Irish Harp School was the
best in the world (Topographia Hibernica, Disp. HI, cap. XI). The harp was in heraldry
first peculiar to the arms of Leinster, afterwards applied to all Ireland. M. 8. D.
Frankfurt am Main. Vom 5.-9. Juni dieses Jahres wird der »Allgemeine
Deutsche Musikverein< die 40. Tonkiinstlerversammlung hier abhalten. Bei dieser
Gelegenheit wird Richard StrauC ein neues sinfonisches Werk zur ErstaufTuhrung
bringen. Auch die Oper wird sich an dem Musikfeste beteiligen durch Yeranstaltung
zweier Auffiihrungen, fur die »Der Buntschuh* von W. von BauBnern und >Die Rose
vom Liebesgartenc von H. Pfitzner in Aussicht genommen sind. Die musikalische
Oberleitung wird, soweit die Komponisten ihre Werke nicht selbst dirigieren, Herr
Siegmund von Hausegger als Fest-Dirigent ubernehmen.
Orandenz. Am 23. und 24. Mai findet hier das erste westpreiifiischc Musikfest
statt. Das Programm wird enthalten: am ersten Abend Die Akademische Fest-
Ouverture von Brahms, Festrede des Oberburgermeisters und die > Jahreszeiten <
am zweiten Abend: Ouverture zu » Figaros Hochzeit«, Solisten-Vortrage, »Sieg-
fried -Idyll < und 9. Sinfonie mit SchluBchor. Die Leitung des Festes ist dem Musik-
direktor Char in Thorn ubertragen worden.
Leipzig. Die AnstcUt fiir musikalisches Auffiihrungsrecht der Genossensohaft
deutscher Tonsetzer hat in verschiedenen Stadten Deutschlands mit der Besteuerung
des Konxert- und Vereinswesens begonnen. Eine groGe Anzahl nahmhafter Musikalien-
verleger erklart daraufhin, daB sie an dieser Anstalt nicht beteiligt ist. Musikdirek-
toren, Konzertunternehmer, Musikgesellschaften, Vereine usw. wollen daher, falls die
genannte Anstalt mit allgemein gehaltenen Vertragen wegen AuffUhrungsrechte an
sie herantritt, folgendes erwagen: 1) Die Mehrzahl der deutschen Musikalienverleger
ist mit der Konstituierung der Anstalt der >Genossenschaft deutscher Tonsetzer* ganz
und gar nicht einverstanden. 2; Durch allgemein gehaltene Vertrage mit der Anstalt
konnen Aufluhrende nur die der Anstalt zustehenden AuffUhrungsrechte erwerben.
3) Das Aufmhrungsrecht der bisher geschaffenen Werke auch derjenigen Tonsetzer,
die jetzt der Anstalt beigetreten sind, steht vielfach nicht zur Verfugung der Anstalt,
sondern gehort vertragsm'aBig Verlegern an oder ist uberhaupt frei. Die AufRihren-
den, welche zum AbschluB von Vertragen aufgefordert werden, wiirden daher durch
Diglld by G00gk
248 Notizen.
AbschluB mit dieser Anstalt nicht gedeckt sein gegeniiber den Rechtsanspruchen.
welche die groGe Anzahl der dieser Anstalt fernbleibenden Musikalienverleger zu stellen
berechtigt ist. 4) Es ist demnach zu empfehlen, vor eventuellem AbschluB von Pau-
schal-Vertragen mit der Anstalt, sich zunachst ein genaues Verzeichnis derjenigen
Werke einsenden zu lassen, uber welche die Anstalt das Auffuhrungsrecht besitzt, 9ich
aber nicht mit einem Verzeichnis der Tonsetzer zu begnugen.
London. — Dr. C. W. Pearce (III, 404, 408) has been lecturing before the Incor-
porated Society of Musicians (I, 25, III, 241, IV, 283) on Oiiy of London Musicians:
defined as those closely connected with the City, and working within its boundaries,
during last 600 years. The musical record of organists of St. Paul's Cathedral does
not go back further than 1491, and the only musician who can be connected with the
City before that is John of Dunstable. As to "Westminster Abbey, the Chapel Royal,
and the Temple Church, it must be remembered that these are outside City boun-
daries; nor does the record of their organists go back earlier than 1649 (Howe), 1562
(Tye), and 1688 'Pigott) respectively. The period of 500 years is therefore the maxi-
mum that can be taken. Following musicians were treated. Where information is
given in Grove's Dictionary, Stratton and Brown's Dictionary (III, 377;, or British
Dictionary of National Biography (V, 87), the abstract does not enlarge. Works to
be consulted are also J. S. Bumpus's "Organists and Composers of St. Paul's Cathedrar
1891), and F. G. Edwards's "Musical Haunts of London" (1895). The musicians marked
with a * form a complete list of the organists of St. Paul's as far as ascertained,
but the record is incomplete for the period before the Great Fire of London in 1666.
The musical professional life of the City has been for 500 years almost exclusively the
holding of the organistship at one or other of the numerous City churches ■ till lately
only Sunday service), and then teaching in outlying localities (II, 270;. These organ-
istships have never been held by foreigners. The churches after the Great Fire in
1666 were nearly all re-built to designs by Sir Christopher Wren; and similarly Rena-
tus Harris 'II, 442; built most of the organs, though some by Father Smith (Schmidt).
John of Dunstable was musician, mathematician and astrologer; head of the English
school of composition of his day, which then probably the most celebrated in Europe; died
Christmas Eve 1453; must have had some connection with the City, because buried in the
chancel of the important church of St. Stephen's Walbrook, in the heart of the City, behind
the present Mansion House; the inscription on his grave, destroyed in the Great Fire but
preserved more or less in old books, is to he replaced in the church by the Incorp. Sor.
of Musicians. *John Bedford; organis tand almoner (master of the boys) of St. Paul's (dat-
ing from 7 th cent, at least) beginning with 1491; died iu 1647, same year as King Henry
V1I1; quoted by Thos. Tusser, (an er-chorister of St. Paul's who died in 1680 and was
buried in old St. Mildred's church destroyed at the Great Fire), in his curious book "Five
hundred points of husbandry". * Thomas Giles was appointed organist of St. Paul's in
1647 succeeding Bedford, but he is best known as being the father of Nathaniel Giles of
Windsor. William Blitheman was in 1691 buried in St. Nicholas Olave, Queensbithe, a
church which once stood on the west side of Bread Street Hill, a narrow turning running down
to Thames Street ; he had been organist since 1686 of the Chapel Royal, being succeeded by
his pupil John Bull; he was a contributor to the "Queen Elizabeth's Virginal Book" (IV,
636), and some of his other compositions are extant. * Thomas M or ley (c. 1667 — 1604
held office for a year or two as organist of St. Paul's about 1692. Bichard Allison, who
lived at a house in Duke's Place near Aldgate and died in 1606, published psalmody.
John Bull (1562— 1628 j was appointed first Gresham Professor of Music in 1697 and held
office for ten years. *John Tom kins was in 1622 appointed organist of St. Paul's, and
died 27 Sept. 1638; in Old St. Paul's there was an inscription to his memory. *Adrian
Batten was appointed joint organist with Tomkins about 1624; and died 1637; his muse
was among the earliest measured out by bar lines. Thomas Bavenscroft (1592 — 1635.
published psalmody, and the earliest collection of English rounds and canons. Bev. John
Barnard, Minor Canon of St. Paul's, issued the first collection of English Cathedral Music
in 1641. John Milton, father of the poet, was educated for the law, but publlshel
psalmody, and his tune uYork" is well known; he died 1647, and with his distinguished
son lies buried in St. Giles Cripplega'e. Martin Pierson was choirmaster at St. Paul's in
1604, and died 1660. Bev. James Clifford, Minor Car.on of St. Paul's from 1661, published
a Cathedral Collection in 1663. *Albert Bryan was appointed org. of St. Paul's in 1638,
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Notizen. 249
pupil and successor of John Tomkins, was deprived of his post during the Civil Wars and
re-appointed at Restoration in 1660, held office till Great Fire of 1666, and died 1669.
Charles Coleman, a Cambridge Doctor of Music, took part in the reaction against the
anti-musical regime of the Puritans; on 23rd May 1656, four years before the end of the
Commonwealth, Sir Wm. Davenant began entertainments consisting of prose recitations inter-
mixed with vocal and instrumental music, at his residence Rutland House in Charterhouse
Square behind Alderegate Street, Cromwell having granted a license thereto; Coleman had
been a member of Charles I's private band, and assisted Davenant; he died 1664. The
well-known Henry Laves (1595 — 1662) also took part in the same. Also Henry Cooke,
who died 1672. Also Matthew Look e (1632— 1677). Henry Pure ell (1668— 1695), though
best known at Westminster, also took part in City music, and members of his family held
the organ istship of St. Clement's Eastcheap in Clement's Lane (held for last 19 years by
the lecturer); the church was re-built by Wren 1686, organ by Harris 1692. * Jeremiah
Clark (c. 1669—1707) was appointed in 1695 the first or*, of St Paul's after its re-building
by Wren (building began 1675, opened for service 1697, finished 1710, Father Smith organ
1697) and though he committed suicide, was buried in St. Gregory's vault in the New Crypt;
his anthems and tune "St. Magnus" are well-known. John Blow (1648 — 1708), though
mainly known at Westminster, was master of the choristers at St. Pauls from 1687 to 1693.
Thomas Brit ton (1651 — 1714) a retail dealer in charcoal and musical amateur, living in
Aylesbury Street at the comer of Jerusalem Passage, Clerkenwell, established in a long
narrow room over his shop weekly instrumental public concerts, the first of the kind in
England; he was buried at St. James's Clerkenwell. *Richarii Brind was org. of St Paul's
from 1707 till his death in 1718; he was the master of Maurice Greene. William Croft
1678—1727), the Westminster Abbey organist, was org. of St. Anne's Soho from 1700 to
1711; this church was named in honour of Queen Anne before marriage, re-built by Wren
1685. John We Id on (1676—1736) of the Chapel Royal &o. was also org. of St. Bride's
or St. Bridget's, Fleet Street, (re-built by Wren 1680, present organist E. H. Turpin), and
from 1726 of St. Martin's in the Fields (now Trafalgar Square, re-built by Gibbs in 1726;
Abiell Whichello was org. of St Edmund the King, Lombard Street; a well-known City
teacher and song-writer, and died c. 1745. Philipp Hart was org. of St. Andrew Undershaft,
Leadenhall St. (Harris organ 1696), and of St. Michael's Cornhill {re-built by Wren 1672,
Harris organ 1684) and died 1749. 'Maurice Greene (1695—1755) was org. of St. Duns tan
in the West, Fleet Street (old church dating from 1200) in 1716; and of St. Andrew's
Holborn (re-built by Wren 1687, Harris organ 1699) in 1717; and succeeded his master .
Brind as org. of St. Paul's in 1718; he was buried in the former St. Olave's, Old Jewry,
of which his father had been Rector; but when this was demolished in 1888. his remains
were placed in the grave of Boyce at St. Paul's. John Reading (1677 — 1764) was org. of
the old St. John's Hackney (Snetzler organ 1757), also St. Mary Woolnoth Lombard Street,
Parish church of the Mansion House (Smith organ 1681), also St. Dunstan in the West (see
Greene above), also St. Mary Woolchurchbaw; he lived in Arundel Street, Strand. Thomas
Augustine Arne (1710 — 1778) was born in King Street, near Covent Garden, and was
buried at St. Paul's, Covent Garden. William Boyce (1710— 1779, was appointed org. of
St Peter's Vere Street 1734, from 1736 to 1768 was org. of St. Michael's Cornhill (see
Hart above), and from 1749 to 1769 org. of Alihallows the tireat and the Less, Thames
Street; he is buried in the crypt at St. Paul's. Charles John Stanley (1713—1786) was
blind from 2 years old, but was org. of Alihallows Bread Street 1724, and St. Andrew's
Holborn 1726, before going to the Temple in 1739. John W organ (1724—1790) was
appointed org. of St. Andrew's Undershaft with St. Mary Axe (1696 Harris organ) in 1749,
St. Botolf's Aldgate (1676 Smith organ) in 1758, and St. John's Great James Street Bedford
Row in 1760; he was one of the greatest executants of his time, and played the organ
nightly at the Vauxhall Gardens Concerts. *John Jones (1728 -1796). though an indifferent
musician, held the three appointments together of St. Paul's, the Charterhouse, and the
Temple; it is said that uas he could not play from score, he employed himself in arranging
the anthems in two lines!'9 (English Musical Gazette, 1. Jan. 1819). Jonathan Battishill
1738—1801) was appointed org. of St. Clement Ea3tcheap with St. Martin Orgar in 1764,
and of Christ Church Newgate Street (1690 Harris organ) in 1767; he was buried in St.
Paul's. Other musicians dealt with were: — *Thomas Attwood (1765— 1838 , Henry Smart
(1813— 1879), 'John G o s s (1800— 1880:, Edward John H o p k i n s (1818— 1901) , *John S t a i n e r
1840— 1901). The present organist of St. Paul's is *Sir George Martin (1844— ;.
The following are the records of a) Donald Tovey, elsewhere noticed, and not
yet in dictionaries ; and (b) William Wallace, recent author of new English version
of Berlioz1 "Faust" (V, 149), and very imperfectly as yet in dictionaries.
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260 Notizen.
(a) Donald Francis Tovey, pianist and composer; b. 17 July 1876 at Eton College,
where son of one of the Assistant Masters; first teacher Miss Weisse; then under
Parratt (harm, and count.)) Higgs (count, and p. f.), Parry (comp); in 1894 took
Lewis Nettleship Memorial Scholarship at Balliol College, Oxford, where 1898
graduated in classics and philosophy; 1900 first Chamber Concerts in London; March
1901 (again in 1902) played Goldberg Variations in Berlin. The principal performed
works (first time): —
1900, St. James's Hall, London, Trio, P. F., Clarinet and Horn, in C minor (1901 Vienna,
1902 Berlin).
1900, Ditto, 3 Duets for Oboe and P. F. (ditto ditto).
1900, Ditto, Quintet for P. F. and strings, C major.
1900, Ditto, Sonata, P. F. and Violin, F major.
1901, Ditto, Trio for P. F., violin and violoncello, in B minor.
1901, Ditto, Quartett, P. F. and strings, in E minor (1901 Vienna, 1902 Berlin).
1903, Bioadwood Concert (IV, 214, 549), Trio, P. F., violin and cor ai.gh.is.
1903, St. James's Hall, Concerto P. F. and orchestra, in A major (also at Royal College of Music).
1903, Grafton Galleries, Songs for Bass Voice.
1903, Ditto, Aria and Variations for String Quartett.
1903, Ditto, Sonata P. F. and Clarinet.
(b) William Wallace, poet, painter, litterateur, and composer; b. 3 July 1860 at
Greenock, county of Renfrew, Scotland ; ed. at Fettes College, Edinburgh, and took
Exhibition to Edinburgh University; began medical study, and graduated M. D.
(doctor of medecine) with honours at Glasgow University, since when entirely ceased
to pursue medical career; has cultivated art and literature, and in 1889 entered
Royal Academy of Music (London), of which now an Associate; contributor for music
or drama to the "New Quarterly Musical Review" (editor dnring half its time),
"Musician" (of London), "National Review", "Idler", "Daily Chronicle", "Musical
Standard", &c; translator of 15 Sibelius songs from Swedish (Breitkopf and Hartel
and new version of "Faust" as above. The principal performed musical works (first
time): —
1890, Roy. Acad. Students1 Concert, Vocal Scena "Lord of Darkness".
1892, Stock Exchange Orchestra, Suite "The Lady from the Sea", after Ibsen.
1892, Steinway Hall, Trio for P. F., violin and violoncello.
1892, Crystal Palace, First Symphonic Poem, "The Passing of Beatrice" (has had 10 per-
formances).
1893, Steinway Hall, Vocal quartetts, "Spanish Songs".
1893, Crystal Palace, Prelude to the "Eumeuides" of Aeschylus.
1894, Crystal Palace, Overture "In Praise of Scottis Poe^ie".
1896, St. James's Hall, Trio for voice, violin and P. F., "My soul is an enchanted boat",
after Shelley.
1896, Crystal Palace, Second Symphonic Poem, "Am boss oder Hammer", after Goethe's
Kophtisches Lied. *
1896, Queen s Hall, Vocal -Scena, "The Rhapsody of Mary Msgdelene".
1898, New Brighton, (Liverpool), "A Scots Fantasy".
1899, Crystal Palace, Third Symphonic Poem, "Sister Helen" after Rossetti.
1899, New Brighton, Song Cycle, "Freebooter Song9" (taken on Mackenzie's Canadian tour}.
1899, New Brighton, Symphony "The Creation".
1900, New Brighton, Suite "Pelleas and Melisande", after Maeterlinck.
1900, Salle Erard, Song Cycle, "Jacobite Songs".
1901, Philharmonic, Fourth Symphonic Poem, without title.
1902, Bournemouth Symphony Concerts, Song Cycle, "Lords of the Sea".
1903, Leeds Musical Union, "The Massacre of the Macpherson" cantata (thrice since).
The Union of Graduates in Music (II, 278) has completed its 11th year. Present
number 683 (against 634 in 1900), over 96 per cent of such graduates in kingdom
thus belonging to it. This year's Chairman, Sir F. Bridge ; Hon. Secretary, T. L. South-
gate. The Union has advised the Government Education Committee about details for
registering teachers of music (I, 391, II, 239, 249, HE, 335), and the new University
of Liverpool about creating a Music Faculty there. KO. R.
London. — The following table is compiled from Hermann Smith's book on
Pianoforte Tuning reviewed in "Bucherschau", and shows (at pitch c2 = 512 vibrations
for intervals lying within a "long ground-work" of 2 octaves, a — a2, how many beats
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Notizen.
251
per second of time each principal interval should give if the whole is tuned correctly
on equal temperament. That is to say, the notes named in the first column should
exhibit the number of beats per second named in the succeeding columns, when they
are sounded with the minor 3rd above, major 3rd above, &c. &c. Some of the inter-
vals are of course flat, others sharp, from just. — As to the vibration-number pitch
chosen, it is the arbitrary one based on starting with an assumed vibration-number 2,
and letting each octave 0 vibration-number be a power of 2 (2, 4, 8, 16, 32, 64, 128,
256, 512 &c). This has been mis-named Philosophical pitch; and should be called
Arithmetical, because chosen merely for facility of abstract calculations. It does not
differ very materially from Diapason Normal, where c2 = 617.8 vibrations, and thence
its convenience. (See sketch history of pitch at I, 20—22.) — At IV, 28 (last column
of table) was shown the amount by which each interval in equal temperament deviates
from ^just", at any part of the scale, in terms of a ratio, i. e. in terms of a * /730th
of the octave. The present table shows the actual and progressing beats (for beats
increase parallel with vibration numbers] made by the equally-tempered intervals, in
2 fairly medium octaves, and is in another way a picture of the deviations from "just"
required by modern harmony. — One beat per second is the easiest apprehended,
and table shows why the tuner after pitch c2 drops at once an octave and proceeds
to 4th and 5th bearings in the low medium. Beats cannot be counted beyond 4 or
5 per second, and table shows why 3rds and 6ths are of no use except for testing.
Minor 3rd
Major 3rd
above
4th
5th
Minor 6th
Major 6th
above
abore
above
above
above
a
(flat)
(sharp)
8.6
(sharp)
(flat)
(flat)
(sharp)
11.6
0.97
0.73
13.6
9.8
a#
12.3
90
1.03
0.77
14.4
10.4
b
13.0
9.6
1.09
0.82
16.2
11.0
C*
13.8
10.1
1.16
0.87
16.1
11.6
ci*
14.6
10.7
1.23
0.92
17.0
12.3
di
15.5
11.4
1.30
0.97
18.1
13.0
di*
16.4
12.1
138
1.03
19.2
138
ei
17.4
12.8
1.46
1.09
203
14.6
ft
18.6
13.6
1.64
1.16
21.4
16.5
f**
19.6
14.4
1.64
1.23
22.8
16.4
g1
20.7
15.2
1.74
1.30
24.2
17.4
g1*
22.0
16.1
1.84
1.38
25.6
18.5
ai
23.2
17.0
1.94
1.46
27.2
19.6
a*
24.6
18.1
2.06
1.54
28.8
20.7
b»
26.1
19.2
2.18
1.64
30.4
22.0
c«
27.6
20.2
2.32
1.74
32.2
23.2 [a*j
MGnchen. Die General-Intendanz der Koniglichen Schauspiele macht bekannt:
Im heurigen Jahre werden im Prinxregenten- Theater zu Munchen in der Zeit vom
12. August bis 11. September 20 Festauffiihrungen folgender Richard Wagner* scher
Werke stattfinden: »Der fling des Nibelungen*, >Tristan und Isolde*, »Der fliegende
Hollander*, >Die Meistersinger von Niirnberg*. AuOerdem werden im Koniglichen
Residenx-TJieater und Koniglichen Ilof- und National- Theater in der Zeit vom 1. bis
11. August 10 Festauffiihrungen Moxarfscher Opern stattfinden und zwar: »Die Zauber-
flote*, »Figaros HochzeiU, »Entfuhrung aus dem Serail*, >Don Giovanni* und »Cosi
fan tutte*. Bei den Festauffiihrungen wird das gesamte Kiinstlerpersonal des Miin-
chener Hof- und Nationaltheaters im Verein mit hervorragenden auswartigen Gasten
mitwirken. Die Oberleitung der Regie ruht in den Handen des Koniglichen Inten-
danten Professor Ernst von Possart Die musikalische Leitung ist den Herren
Generalmusikdirektor Felix Mottl, Professor Arthur Nikisch (Leipzig; und Hof-
kapellmeister Franz Fischer iibertragen. Ausfuhrliche Prospekte, welche alle wissens-
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252 Notizen.
werten Angaben enthalten, sind durch die Generalagentur: Reisebureau Schenker & Co.,
Miinchen, Promenadeplatz 16, kostenfrei zu beziehen.
Rom. Papst Pius X. ist mit einem umfangreichen Erlafi %ur Reformation der Kirchen-
mtmJc hervorgetreten, in dem er zun'achst auf die im Laufe der Zeit entstandenen MiG-
brauche als eine Folge des Einflusses der weltlichen Musik hinweist und dann positive
Vorschlage zur Beseitigung der MiBst'ande macht. Einige Hauptpunkte seien im
Folgenden wiedergegeben. — >Eine Kirchenkomposition ist um so gebeiligter und
liturgischer, je mehr sie im Aufbau, in Inspiration und in Geschmack sich der gre-
gorianischen Melodie nahert; und sie ist um so weniger des Tempels wiirdig,
je mehr sie von diesem hochsten Vorbild abweicht. Der alte traditionelle Gregoria-
nische Gesang muB daher auf weiter Grundlage in den Funktionen des Kultus wieder-
hergestellt werden, indem man daran festhalten muB, daB eine kirohliche Funktion
niohts dadurch verliert, daB sie von keiner anderen Musik als dieser begleitet wird.
Im Besonderen trachte man darnach, den Gregorianischen Gesang beim Volke wieder
einzufuhren, damit die Gl'aubigen von Neuem einen tatigeren Anteil am Gottesdienste
nehmen, wie dies fruher der Fall war. Die vorgenannten Eigenscbaften besitzt auch
im hochsten Grade die klassische Polyphonie, besonders der Romischen Schule,
welche im 16. Jahrhundert ihre hochste Bliite unter Pierluigi da Palestrina erreichte,
und sodann fortfuhr, auch in der Folge Kompositionen von ausgezeichneter liturgischer
und musikalischer Giite hervorzubringen. Die Kirche hat zu alien Zeiten den Fort-
schritt der Kunste anerkannt und gefordert, indem sie zum Gottesdienste alles
dasjenige zulieB, was das Genie im Laufe der Jahrhunderte Gutes und Schones erfand,
immer jedoch unter Wahrung der liturgischen Gesetze. Infolgedessen ist auch die
moderne Musik in den Kirchen zugelassen, indem auch sie Kompositionen von
derartiger Schonheit, Ernst und WUrde darbot, daB sie in keiner Weise der litur-
gischen Funktionen unwiirdig sind. Weil aber die moderne Musik vornehmlich aus
dem Profanen hervorgegangen ist, muB mit um so groBerer Vorsicht aufgepaBt wer-
den, daB man Kompositionen modernen Stils nur dann zul'aBt, wenn sie nichts Pro-
fanes enthalten und nicht an in Theatern aufgefuhrte Motive erinnern und auch nicht
etwa die auOere Form mit den profanen Stucken gemeinsam haben. — Wenn auch
die reine Vokalmusik recht eigentlich die Musik der Kirche ist, so sind doch auch
Kompositionen mit Begleitung der Or gel erlaubt. In einigen besonderen Fallen und
in den notwendigen Grenzen und mit den passenden Rucksichten konnen andere In-
strumente zugelassen werden, doch niemals ohne eine besondere Erlaubnis des Or-
dinarius, genau nach den Vorschriften des Ceremoniale Episcoporum. Verboten in
den Kirchen ist der Gebrauch des Pianoforte, sowie larmender Instrumente wie Trom-
meln, Pauken, Becken, Glockenspiel und dergleichen. Strengstens verboten ist das
Spielen sogenannter Musikkorps in den Kirchen; nur bei besonderen Anlassen, mit
Erlaubnis des Ordinarius wird eine vernunftige und dem Raume angemessene be-
schrankte Auswahl von Blasinstrumenten zugelassen, unter der Yoraussetzung.
daB die auszufuhrende Komposition und Begleitung in ernstem Stil, passend und jenem
iir die Orgel gleich sei.« — Fur den Text der Gesange ist ausschlieBlich die latei-
nische Sprache zugelassen. — Dem Kirchenchor sollen nur Manner von au-
erkannter Frommigkeit und Rechtschaffenheit angehoren; Frauen sind auf alle Falle
auszuschlieBen. — Zum Schlusse wird die Notwendigkeit einer vermehrten Pflege des
gregorianischen Gesanges in den Seminaren der Kleriker und den kirchlichen Insti-
tuten betont. Man solle dafiir sorgen, daB wenigstens bei den Hauptkirchen die alten
Scholae Cantorum wieder errichtet werden, wie sie mit den besten Erfolgen an vielen
Orten bestanden, und man suche die hoheren Schulen fur Kirchenmusik auf die mog-
lichste Weise zu unterstiitzen oder zu heben, wo sie bereits bestehen, und solche zu
griinden, wo noch keine bestehen. — Der hier auszugsweise wiedergegebene ErlaB ist
in verschiedenen Musikzeitschriften im Original und in Ubersetzungen zum Abdruck
gebracht (vergleiche die Zeitschriftenschau dieses Heftes). F. S.
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EritiBche Btfcherschau.
253
Kritische Bttcherschau
der neu-erschienenen Biicher und Schriften liber Musik.
Referenten: W. A. Aikins, E. Euting, Ch. Maolean, Rosa Newmaroh,
W. Barclay Squire.
Barney, Fanny. "Madame D'Arblay".
By Austin Dobson. London, Mac-
millans, 1903. pp. 216, Crown 8vo.
2;. nett.
Charles Burney (1726—1814) is the
central figure among English music-histo-
rians, ffis daughter Fanny Burney (1752
—1840} was, besides other things, her
father's biographer. — One of the most
radical reticences of modern civilization is
regarding money as the means of life, or
regarding that which for all but a favoured
minority occupies the greater part of the
waking thoughts of men and women. Men
get through life either by inheriting money,
or by earning money, or by marrying wo-
men with money, or by living on money
received from others; and these differences
of method not only largely define their
status, but beyond a doubt colour everything
they do and feel. Yet others neither know
which is the method, nor what is the
amount. No one knows what his neigh-
bour lives on, nor how he does it. Similarly
in fiction, — wills, heiresses, gambling-
tables, misers, robberies, starvations, and
similar points of glamour and sensation
apart, one would infer that men and women
are fed by the manna from heaven. In
biography, the object of which is not to
amuse but to instruct, these habitual, con-
ventional reticences are considerably
mischievous, as obscuring the sources of
action, and sometimes giving a wrong view
of a lifetime. Genteel magniloquencies
about money are the commonplaces of
biography, rersons there always "accept*'
appointments, though they may nave moved
heaven and earth to obtain them, and
though these may stand between them and
beggary. And the reticences are at their
highest when it is a question of supporting
the figment of large literary gains. — To
lift the veil from the money-affairs of Char-
les Burney would throw light on the life of
an English musician, and also on the pro-
nto (if any) of musical literature, throughout
the 18th century. The recorded page says
that at age 25 he obtained a provincial
small-town parish-church organistship valued
at the extraordinarily high figure of M 120
a year; this deserves confirmation or ex-
planation. Become a Londoner and at age
45, he found the means, though no virtuoso
and though he had little or nothing from
his two wives, to make two long tours on
the continent of 5 and 7 months respecti-
vely. The solution may be that he taught
the harpsichord incessantly, and was of
saving habits. — Regarding his daughter
Fanny, Macaulay (a radical though a Lord)
exerted his splendid abilities in the Edin-
burgh Beview article of January 1843, -
and he could do in 6 sentences what took
others a chapter, — to showing that she
ruined her life by going to Court. The
facts do not support this. At age 26 the
quick clever and observant young woman
wrote from her father's house one of the
earliest of English novels "Evelina", the
best since Smollett, a fore-runner of "Jane
Eyre", which brought her M 30. At age
30 she wrote similarly "Cecilia", not nearly
so good, which brought her M 250. When
she was aged 34, Queen Charlotte ot
Mecklenburg-Strelitz, wife of King George
III (1738—1820), made her her under dres-
sing-woman on sE 200 a year with board
and lodging. Some patrons (and Macaulay
following them) vapoured about the degra-
dation of literature, and abused the father.
But after her youthful success of 8 years
before (an uncontradicted rumour had
made it the work of a girl of 17), her
ingenious talent had shown great shrinkage,
her literary limitations were known to those
about her, and she had received no fee for
4 years. She was fortunate to find this
provision, kind friends in the Royal patrons,
and a Court connection useful for the rest
of her days. After only 5 years service,
(she threw it up probably from a love-
affair), the Queen gave her the handsome
retiring allowance of 4£ 100 per annum,
apparently for life. On this she later on
married a refugee Frenchman, D'Arblay,
penniless and without the means of earning
a penny, and had by him a son. At age
44 another indifferent novel "Camilla", for
which her Court friends subscribed =§ 3000;
and this sum was mostly sunk in the ama-
teur house-building of her husband. After-
wards 10 years in France. After return,
and at age 62, her last novel "The Wan-
derer", for which, though it proved worth-
less, she had by fee or subscription £ 1500.
She died aged 88. "Like Sir Condy Rack-
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254
Kritische Bucherschau.
rent in the tale, she survived her own wake,
and overheard the judgment of posterity".
Her posthumously published Diaries and
Letters are her best work. At ,a liberal
estimate she could not have enjoyed more
than £ 50 a year out of literature spread
over her grown-up life, and but for the
help of the Court episode she would have
had very little of that. She must have
largely eaten the bread of dependence. —
The sermon contained in these remarks is
directed against Macaulay, not against the
present author, who goes a long way to
restore common sense. He (1840 — ) is
an ex-Civil Servant, and a poet and litte-
rateur of celebrity. The book is one of
the excellent "English Men of Letters"
series. C. M.
Croger, T. R. Notes on Conductors
and Conducting. London, ¥m. Ree-
ves, 1903. Crown 8vo, ly6.
This little book has already reached a
2nd edition. Those who do not object to
information conveyed in such pithy apho-
risms as, "do not dance to the music", "do
not lose your temper", and "do not be
sarcastic", will find in it a mixture of en-
tertainment and information. It will not
however take the place of Wagner's and
Weingartner's treatises on the same sub-
ject, nor that of F. Pfohl's admirable bro-
chure on "Arthur Nikisch". R. N.
Kitzler, Otto. Musikalische Erinne-
innerungen mit Briefen von Wagner,
Brahms, Bruckner und Rich. Pohl.
Brtinn, Carl Winiker, 1904, 39 S.,
kl. 8°.
DieBe anspruchsios geschriebenen >Er-
innerungen* fiihren uns eine Reihe wich-
tiger Begebenheiten aus dem Leben des
"Verfassers vor. .. Sie beginnen mit der Er-
innerung an dieUberfuhrung der sterblichen
Reste C. M. v. Weber's nach Dresden
(1844), ein Debut R. Wagner's als Diri-
gent eines kleinen Dresdener Vorstadt-
Theaters und ein von Berlioz veranstal-
tetes Konzert (1846); sie bringen ferner
Eriebnisse in Briissel, Prag, Paris, Lyon,
Linz, Briinn usw. Unter den (teilweise in
Faksimile) mitgeteilten Briefen sind die
von Pohl und Brahms ziemlich belanglos,
wahrend die Wagner'sche Korrespondenz,
als die Erstauffuhrung des >Tannh'auser<
in Briinn (1863) betreffend, immerhin Inter-
esse beanspruchen darf. Wichtiger sind
die funf Bruckner- Briefe gleichwie die
Erinnerungen an diesen — war doch Ver-
fasser der Lehrer Bruckner's in der Instru-
mentation und zumTeil auch in derFormen-
lehre (1861/1862. E. E.
Patterson, Annie "W. "Schumann".
With illustrations and portraits.
London, Dent and Co., 1903. Crown
8vo. 3,6.
The versatility which perhaps hindered
Schumann from his fullest musical deve-
lopment makes him all the more interest-
ing as the subject of a literary study.
This book is on the whole well-planned;
the musician and critic not being smother-
ed, as in so many works of the land, under
a load of biographical details. The best
part of the volume is the criticism of the
music itself, in which the authoress shows
sympathetic insight and some power of
analysis. Still, one wishes she would avoid
such Americanisms as "enthused"; and to
speak of Schumann as having "passed from
sensual vision" is rather a nigh-flown way
of referring to his death. Miss Patterson
enjoys the very unusual distinction for a
woman of having passed her examination
for the degree of Doctor of Music.
Preseott, Oliveria. About music, and
what it is made of. A Book for
amateurs. London, Methuen and
Co., 1904. pp. 276, Crown 8 vo. 3/6.
A sensibly written work dealing in 5
chapters witn: — "Home music in Eng-
land", "From madrigal to modern style",
"The rise of opera", "The course of ora-
torio", and "The making of symphonies".
Taken as a whole the plan of the book is
rather disconnected. It does not contain
any original matter, but the author is well
up in the authorities she quotes, and, though
her point of view is occasionally rather
old-fashioned, her work is likely to be
useful to young students of intelligence.
The chapter on Symphonic Form is espe-
cially to be commended for its clearness
and conciseness. W. B. S.
Smith, Hermann. The Art of tuning
the Pianoforte. London, William
Reeves, 1903. pp. 90, Crown 8vo.
2/—
A part of mankind are fascinated by
the, mysterious properties of numbers, and
another large part by the aesthetic quali-
ties of sounds. The combination of the
two pursuits produces the literature of
musical acoustics. Extremely voluminous
because the ordinary priesthood of the
cult are far from being the best thinkers,
and indeed seem to delight in a diffuseness
permitted to them by the ignorance of
their audience. Occasionally comes the
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Kritische Bucherschau.
255
strong mind of a Helmholtz or a Riemann
to co-ordinate facts in this dim region,
and make them succinctly intelligible to
the multitude. But most of the writings
on musical acoustics either pile Pelion on
Ossa in the way of enormous calculations
(IV, 499), or else wander through unconnec-
ted miscellaneous propositions. — We live
among profound mysteries, about which
not even the Egyptian Sphinx, the Hebrew
Sibyll, or the Grecian Pythia knew any-
thing. A circle is generally thought to be
a simple thing, and only abstract mathe-
matical reasoning teaches mankind that
its diameter has no conceivable relation
either to its circumference or to its area.
A square seems a simple thing, and there
have been millions of carpenters in the
world who never discovered that its dia-
gonal bears no conceivable relation to its
side. So, when it is known that a "per-
fect fifth" is got by stopping off 2/3 rds of
a string, and a true "octave" by stopping
off 1/2 of a string, it seems at first sight
[especially to those used to keyboards) that
to handle these intervals in multiplication
addition and subtraction must be the simp-
lest thing in the world. If 8 half- thickness
bricks are piled one on another, and 6 two-
thirds-thickness bricks are piled similarly
by the side of them, the top of the 2 piles
will be level. But for acoustic ratios the
results are otherwise, inasmuch as the
multiplication of these requires multipli-
cation of both numerator and denominator,
(2 \x
-Q- 1 can
never equal l-g J , whatever value is taken
for x and y. Twelve super-added fifths
seem on a keyboard to reach the same note
as 7 super- added octaves, but they do not
reach the same point in ratio, or on a
, /2\12 , , ,1 * 7
string; for l-«-l does not equal I-q-1 •
The difference is the Great Comma of
,, , 524288
Pythagoras, expressed by the ratio -eg., ^y-r
an amount quite large enough to make a
great jarring or an insupportable conflict
of sounds. It is also true, and indeed
follows, that in every calculation by which
5th ratios are compounded so as to make
other intervals (e. g. 2 fifths to make a 9th,
alias a 2nd}, there is something wrong with
the size of the fifth. In short there is the
mysterious phenomenon that while this
interval agrees with the 8ve in its integer
state, yet when affected by multiplication
it becomes a hopeless misfit with that or
any other element of the scale. There are
similar irregularities for all other u simple-
ratio" intervals. Nature provides them,
satisfactory by themselves ; out they do not
lie down together when compounded for
the musical purposes of our complex hu-
man organization. When it is considered
that not only do the simple-ratio intervals
fail to combine together for our scales and
harmonies (which nas always been so ever
since music began), but the modern keyed
instrument requires 12 equal sounds in an
octave (IV, 28;, and the ratio expressing
the 12th equal part, involving \ 2 is a surd
or irrational quantity, inconceivable to
human minds, it will be seen how the
?roperties of numbers wholly baffle us.
'he tuner of a modern keyed instrument
could do nothing effectual in all these cir-
cumstances, but for the fortunate concurrent
fact in nature of physical shocks or beats or
drumminfrs between sounds of differing pitch.
By the help of these, and by a certain rule
of thumb, he tunes the notes, — more or
less. So much is this so, that, for all ex-
cept the treble part of a pianoforte, the
best tuner is he who knows nothing about
music; for he concentrates attention on
the one thing necessary. — It is to be
wished that ordinary musical acousticians
would lay a clearer philosophical basis re-
garding these elementary matters. A state-
ment of the physico-philosophical difficul-
ties, a short history of the practical attempts
to solve them for use, an explanation of
the dynamic law of beats, an interval-scheme
for laying the "ground-work" on keyed in-
struments, a rule of thumb as to the num-
ber of beats per second for the principal
intervals therein, — this (and especially
the 2 last) is all that any practical person
desires to know. The present author is a
learned tuner, and writes professedly 'Ho
help a musician to tune his own pianoforte".
But it is to be feared that the above-named
conditions are fulfilled by him very imper-
fectly. Regarding the philosophy, nil.
Regarding the history, almost nil; and for
instance unequal temperament :the imme-
diate predecessor of equal temperament
and distinct from mean-tone or mesotonic
temperament] is not mentioned. Regarding
the physical meaning of beats, nil. Re-
garding the laying of the bearings he
does at length on pages 51, 56 and 58 come
to it, but after very tedious divagations.
Regarding a practical rule for beats under
equal temperament, that is to say under
everyday tuning, the reader who searches
diligently will find some instruction. On
page 22 he will learn that d' to a' should
beat about once per second; on page 24
that, an octave higher, d2 to a2 should beat
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256
Eingesandte Musikalien.
twice as often; on page 27 that the 5th I
must be flattened slightly, minor 3rd and
6th ditto considerably, 4th sharpened slightly,
major 3rd and 6th ditto greatly ; on pages
34 and 35 that the exact beats for all
these intervals ranging over a tenth and
at a certain absolute pitch are so and so
(as per tables, the most interesting part
of tne book, and see "Notizen", ; on page
23 that a second of time can be estimated
in such and such a way. But to attain
this end is very much like looking for a
needle in a bottle of hay, and it is doubtful
whether any musician on reading will ven-
ture to grasp the tuning-hammer. — If a
less severe standard be applied, the book
is commendable for some practical disqui-
sitions, especially the Fourth Part on de-
fects in pianofortes. — In England piano-
forte-tuners tune from a treble c2 pitchfork
(not a' as abroad). The long Aground-
work", with octaves and fifths and a break
in the series, ranges over a 12th, and is:
— c2 (pitchfork) — c' — g' — g — d' — a'
— a — e' — b' — b — f'ft — ftt — c'*— g'fc
_g^|c'-f-r_a#la'};f-d'^-g^
The short groundwork for experts, substitut-
ing fourth for octave and having no break
in series, ranges over an octave only after
the second step, and is: — c2 (pitchfork)
— c' — g — d' — a — e' — b — ftf — c'£ —
g£ — d'$ — a^ — f — c'. This Jast needs
great practice. Present author has a very
long groundwork of two octaves, tuning
from A by octaves and fourths, and correctly
says that the ancient Greeks with their
tetrachordic system must have tuned by
fourth. Tuning by a set of Scheiblers
pitchforks, even in a factory where dead
uniformity of pitch of the pianofortes can
be secured, is unheard of in England. —
A. J. Ellis (in Bosanquet's "Temperament-
pub, by Macmillan, and see IV, 499) has
made a rule of thumb for the beats of the
flattened fifths as follows: — ■ • "Make all
the fifths which lie entirely within the oc-
tave middle c' to treble c2 beat once per
second; and make those which have their
upper notes above treble c2 beat three
times in two seconds. Keeping the fifth
treble f ' and treble c2 to the last, it should
beat once in between one and two seconds.*'
When all is said and done, it may be sur-
mised that tuners lay their bearings, espe-
cially on a short 4 th and 5 th scheme,
mainly by instinct and practice. C. M.
WaUworth, T. A. The art of Voice-
training and Vocalization. London,
Hammond and Co. 1903.
The greater part of this work is devot-
ed to the subject of vocalization and illu-
strated by exercises with pianoforte accom-
paniments suitable for pupils' practice. As
a strong advocate of the "natural" quali-
ties of the voice, the author condemns the
systems of "registers" in teaching. But
his application of a similar principle to
the important subjects of breathing and
pronunciation, especially the latter, is less
satisfactory, and falls short of the compre-
hensive aim advertised in the Introduction.
W. A. A.
Eingesandte Musikalien.
Referenten : W. Altmann, W. Bylau, Pr. Spiro, J. Wolf.
Abbiate, L. Nouvelle mithode de
Violoncello theorique et pratique.
Paris, Enoch & O.
Bei dem jammerlichen Tiefstand, in dem
sich Italiens gesamtes Musikleben seit ge-
raumer Zeit befindet, darf man es mit be-
sonderer Freude begruBen, wenn ein Ita-
liener sich zu einer bedeutenden Arbeit
aufschwingt, die ihren Gegenstand mit
ebenso gewahltem Geschmack wie griind-
licher Kenntnis behandelt und ihr Ziel in
vollkommener Weise erreicht. Gerade das
Violoncell, in Italien erfunden und von
jeher kultiviert, hat daselbst nicht nur
Meister des Spieles, sondern auch der Kom-
position zu bedeutenden Leistungen ange-
regt; seine Vertreter im 19. Janrhundert
zeigen ebenso wie die GroBen des Gesanges.
daB das unver^leichliche Musiktalent der
Nation durch die offizielle Misere der Kon-
servatorien- und Opernwirtschaft wohl be-
dr'angt, aber nicht erdruckt werden konnte.
Was der neuen Celloschule ihren beson-
deren Wert verleiht, ist der auBerordent-
liche Reichtum an praktischen, methodisch
geordneten Ubungen. Der Verfasser macht
nur wenig Worte ; diese sind freilich samt-
lich gehaltvoll und beherzigenswert, so daB
mit lhrer Hilfe selbst ein Autodidakt bei
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Eiligesandte Musikajien.
257
einiger Intelligenz die richtige Handhaltung
und Bogenfuhrung erlernen kann; um so
freigebiger ist er mit neu erfundenen
Ubungen, die durch alle Lazen, Stricbarten
und Tonleitern gebn, das rnythmiscbe Ge-
fuhl ebenso wie den Sinn fur Reinheit
scharfen und dem Schuler bei aller strengen
Zucht auch vielfacbe Unterbaltung durch
anmutige Melodik gew'ahren. So fiibrt er
ibn sicher bis an die Pforten des Konzert-
saales; er erschlieOt ibm diesen durch die
Beigabe auserlesener, wiederum systematiscb
geordneter und fiir den Vortrag genau be-
zeichneter Proben aus den hervorragend-
sten Virtuosenstiicken alter und neuei Zeit.
Der einzige Vorwurf, den man ihm hierbei
machen kann und den er vielleicht in der
bald zu erhoffenden zweiten Auflage er-
ledigen wird, ist der, daB er die Solo-
Sonaten J. S. Bach's nicht beriicksichtigt
hat; sonBt aber hat er, entgegen dem blo-
den Chauvinismus, der den Italienern fort-
wahrend durch Burokraten und PreBban-
diten gepredigt wird, die Cello-Literatur
Deutschlands , Frankreichs und RuBlands
ebenso liebevoll studiert und sogar erheb-
lich ausgiebiger verwertet, wie die seines
Vaterlandes. Den SchluB bildet eine um-
fangreiche sympbonische Etude eigener
Komposition, welche im Verein mit den
Kadenzen zu Haydn's D-dur-Konzert den
Verfasser nicht nur als Beberrscher der
stupendesten Schwierigkeiten, sondern auch
als gewandten Komponisten zeigt. Wer
den ganzen Band durchgearbeitet bat, ist
jeder Anforderung, die an einen Cellisten
gestellt werden kann, gewachsen. — Voraus-
^eschickt ist eine kurze historische Ein-
leitung, bei der wiederum Bach etwas zu
kurz weggekommen ist, zumal er am Vio-
loncello konstruktive Neuerungen vorge-
nommenhat; auch diirfte das Violoncello pic-
colo sowie dSe Tatsachen, daB Franchomme
von keinem geringeren als Chopin der Mit-
arbeiterschaft gewiirdigt wurde, und daB
Dawidow gleich Boccberini vorziiglicbe
Orchesterwerke geschaffen hat, in der zwei-
ten Auflage Erwahnung nnden. Dies ist
aber auch alles, was der peinlichsten Kritik
zu wunschen tibrig bleibt! F. S.
Banck, Erwin. Op. 9. Marionetten.
Secbs Stiicke fur Violine in der
ersten Lage mit Begleitung deB
Pianoforte. Nr. 1 Volkslied, 2 Ga-
votte, 3 Canzonetta, 4 Menuett,
5 Trauermarsch, 6 Walzer, je^l,20.
C. F. Kahnt Nachf., Leipzig.
Barclay Squire, W. Ausgewahlte
Madrigale und mehrstimmige Ge-
s&nge beruhmter Meister des 16. —
17. Jabrhunderts. In Partitur ge-
bracht und mit Vortragszeichen ver-
sehen. Neue Folge: Nr. 24 L. Ma-
renzio, Scaldava il sol (Der goldne
Strahl der Mittagssonne gluhte) 1582.
Leipzig, Breitkopf und Hartel.
Ji — 50 n.
Auch die neue Folge verdient weit-
gehendste Beriicksichtigung von seiten un-
serer gemischten Chore. Sie enthalt durch •
weg musikalisch wertvolle Satze, in denen
warmes Leben pulsiert, die nicbts Antiquier-
tes an sich haben. An die prachtig klingen-
den Chore eines Wilbye, Waelrant, Morley,
Jannequin, Claude le Jeune, Giaches de
Wert, Tomkins, Gibbons, Arcbadelt, Orazio
Vecchi reiht sich als SchluBstein der neuen
Folge gleichwertig das iiberaus anmutige
Scaldava il sol von Luca Marenzio, ein in
schlichten Linien reizvoll dahinflieBender
Gesang. Im 3. Takt des Tenor ist wohl
die dritte Note in a zu verbessern.
J. W.
Corelli, Arcangelo (1653—1713).
Sonate pour Violoncello . . . edited
avec accompagnement de Piano
d'apres une basse cbiffree par Jac-
ques van Lier. Wilh. Hansen,
Kopenhagen und Leipzig.
Diese sehr kurze und auch leichte So-
nate (H-mollj gehort nicht gerade zu den
besten Werken Corelli's, diirfte indessen,
zumal der Herausgeber fiir eine treffliche
Klavierbegleitung ffesorgt hat, bei manchem
Violoncellisten Anklang finden. W. A.
Cursch-Buhren, Franz Theodor. Al-
bumblatt fur Violine mit Streich-
quintett oder -Quartett. Partitur
Ji 1, — n. , Stimmen Ji 1,50 n.
Jobann Andr6, Offenbach.
Gade-Schytte. Holger Danskes Sange
af Niels W. Gade. Transkriberede
for klaver af Ludvig Schytte. Wil-
helm Hansen, Kopenhagen und Leip-
zig. Ji 2, — .
Wirkungsvolle , klaviergerechte Uber-
tragungen der bekannten Gade'scben Lieder,
die auch als absolute Musik Beachtung
verdienen. J. W.
Gliere, R. Op. 5. Octette pour 4
Violons, 2 Altos und 2 Violon-
celles. M. P. Belaieff, Leipzig.
Ji 10,—.
Dieser junge Russe, der sich mit seinem
Sextett op. 1 und Quartett op. 2 bereits
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258
Eingesandte Musikalien.
recht vorteilbaft eingefuhrt hat, bereichert
die diirftige Oktettliteratur am eine ge-
wandt geschriebene, fliissige und schon
klingende Arbeit, deren Ausfuhrbarkeit
ohne groCe Schwierigkeiten ist. Trotz des
franzosischen Namens wird besonders aus
dem Andante die russische Schulung des
Komponisten klar. Seine Themen sind
nicht gerade groB zu nennen, interessieren
aber durchweg. Am eigenartigsten ist
Gliere in seiner Rhytbmik, die er sehr man-
nigfaltig gestaltet, namentlich in dem zwei-
ten Satze, der das Scherzo vertritt. Jeden-
falls verdient dies Oktett Beachtung.
W. A.
Halvorsen, Johann. Norwegische
Bauerntanze (Slitter) fur die Geige
solo, wie dieselben auf der nor-
wegischen Bauernfidel gespielt wer-
den. Origin alaufzeichnung. C. F.
Peters, Leipzig. Jl 2, — .
Eine hocbinteressante Publikation diese
norwegischen Bauerntanze, zu deren Aus-
fuhrung unsere Geige meist eine Umstim-
mung der G-Saite nach a oder f erfahren
muC; sowohl harmonisch wie rhythmisch
bieten die vorliegenden 17 Tanze manches
Eigentiimliche. I)ie norwegische Bauern-
fidel ist iibrigens in c, f, c und g gestimmt
und hat noch vier Untersaiten, die in f, g,
a und c innerhalb derselben Quinte stim-
men. Nach dem Titelblatt existiert auch
eine freie Bearbeitung fur Klavier. W. Af
— Andante religioso pour Yiolon avec
Piano ou Orgue. M 2,50. Wil-
helm Hansen, Kopenhagen und
Leipzig.
Hermann, Hans. Op. 56. Lieder und
Gesange: 1. Ach gestern hat er
mir Rosen gebracht; 2. Miide;
3. Madchenbitte ; 4. Aus Assuntas
>Irren Liedern«; 5. Liebesfragen.
Leipzig, C. F. Kahnt. Je Jt — 80
bis 1, — .
Hermann's Lieder sind alle geistreich
konzipiert und charakteristisch erfaBt.
Aber nur selten hat man den wirklichen
Eindruck des Bedeutenden. Am wert-
vollsten erscheinen mir von vorliegender
Sammlung die Nummern 2 und 3; am
meisten gefallen diirfte Nr. 5. J. W.
HoUander, Gustav. Op. 61. Bunte
Blatter. Sechs leichte Vortrags-
stiicke fur Yioline (erste Lage) mit
Begleitung des Pianoforte (1. Me-
nuett, 2. Lied ohne Worte, 3. Se-
renata, 4. Gebet, 5. GondelKed,
6. Unter der Dorflinde). Je uf 1,20.
Wilhelm Hansen, Kopenhagen und
Leipzig.
Jensen, Eller. Op. 4 Taran telle; op. 5
Bastlos (Scherzo) ; op. 6 B.everie fur
Violoncell mit Klavier. "Wilhelm
Hansen, Kopenhagen und Leipzig.
Dankbare Vortragsstiicke in Popper-
scher Manier ; wahrend op. 6 leioht ist, er-
fordern die beiden raschen Stiicke gewandte
Spieler, welche mit dem Daumenaufsatz
und den hoheren Lagen gut Bescheid wissen.
w. A-
Junker, W. Cp. 42. Deuxieme Fan-
taisie pour piano (si majeur). Leipzig,
Bartholf Senff. Jt 2,—.
KleDgel, Paul. Op. 31. Sechs Vor-
tragsstiicke fur zwei Violinen zur
Entwicklung des Doppelgriffspiels.
Fr. Kistner, Leipzig. Jl 2, — .
Erfdllen nicht blofi lhren didaktischen
Zweck, sondern sind auch in musikaliscber
Hinsicht wertvoll, so da6 sie entschieden
Beachtung verdienen. W. A.
Krau9, Am^d^e. Ma premiere pens^e.
M^lodie pour violon ou violoncelle
avec accompagnement de piano. Fi-
renze, G. Mignani & C. L. 2,50.
Laurisehkus, Max. Op. 12. Zwolf
kleine Stiicke fur Violoncell und
Klavier. Heft 1 und 2 je A 2,—.
Cp. 15. Walzermelodien fur Vio-
loncell und Ella vier Uf 4, — . Op. 15.
"Walzer-Capricen fur Violine, Vio-
loncell und EUavier Jl 5, — . D. Ran-
ter, Hamburg und Leipzig.
Wahrend op. 12 fur Anfanger berech-
net ist. erfordert op. 15 schon einen recht
gewandten Spieler, der damit vor einem
nicht mehr anspruchslosen Publikum bril-
lieren kann; noch eflfektvoller sind die viel-
fach eigenartigen, nicht bio 6 in Bezug auf
ihreRhythmik schwierigen Walzer-Capricen.
welche dem jungen Komponisten sicherlich
Beachtung verschafiFen werden. W. A
Malichevsky, W. Op. 2. Quatuor
pour deux Violons, Alto et Violon-
celle. Jl 7,—. M. P. Belaieff,
Leipzig.
Ein sehr interessantes Werk in Bezug
auf Harmonik und Bhythmik, aber aucn
voller Ideen, durchweg die russische Her-
kunft zeigend. Der erste Satz mit seinem
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Eingesandte Musikalien.
259
haufigen Wechsel von % und % Takt ist
famos gearbeitet und hat eine sehr wir-
kungsvolla Coda. Sehr originell ist das
Scherzo. Stimmung liegt fiber dem An-
dante. Der letzte Satz 1st vielleicht zu
lang ausgesponnen, hat aber ein einschmei-
chemdes Gesangsthema und ist sehr bril-
lant geschrieben. Die auBere Ausstattung,
die der bekannte russische Verlag aucn
diesem Werke wieder gegeben Eat, ist
auOerst splendid. W. A.
Mosakowski, Maurice. Op. 71. Suite
pour 2 Violons et Piano. Ji 4, — .
C. F. Peters, Leipzig.
Ein auBerst ansprechendes und dank-
bares, dabei gar nicht schwieriges Werk,
das wie kurzlich Sinding's Serenade op. 56
far die gleiche Besetzung nicht genug em-
pfohlen werden kann. Es sind vier kurze
Satze, von denen der erste, eine Art Pra-
lndium, mit groBem Geschick in antiki-
sierender Form gehalten ist und einen
vorwiegend energischen Charakter aufweist.
Der zweite Satz, der wohl ein Intermezzo
oder eine Serenade vorstellen soil, ist von
jener Grazie, welche wir an den besten
Werken dieses Komponisten bewundern.
Der dritte langsame Satz ist mehr lieblich
als ergreifend. Ein ungemein frischer und
keeker SchluOsatz kront das Werk.
W. A.
Poortmann, Chr. Der Orchester-
konzertspieler. Eine Sammlung
Bchwieriger Solostellen und Frag-
mente fur die Violine aus Orchester-
werken. 2 Bande je Ji 4,50. P.
Noordhoff, Groningen.
Dies Sammelwerk ist in seinem ersten
Teil mehr dem Konzertspieler arewidmet,
indem es zunachst in fast alien 47 Nummern
die Solo-Violinstimme ganzer Opern-Fan-
tasien, dann eine Reihe von Fragmenten
aus solchen und aus verschiedenen Orche-
sterwerken bringt. Der Wert dieses Teiles
ist far uns ein wesentlich instruktiver (fur
den Unterricht und fur das Privatstudium),
weil eben meistens Bearbeitungen von
Originalwerken vorliegen. Eine Eadenz
zq Viotti's 22. Violinkonzert und das groOe
^lo aus StrauB' Heldenleben bilden den
ubergang zu dem zweiten Teil, den eigent-
lichen Orchesterstudien: den groCeren Ori-
ginalfragmenten aus Ouverturen, Sympho-
nien, Fantasieen und der Sammlung kiirzerer
sebwieriger Stellen. Wenn Hiillweck seine
Orchesterstudien bis Wagner gefuhrt hat,
so begegnen wir im vorlie^enden Werk
Kompositionen von Humperdmck, Dvorak,
| Lassen, Brahms, Wagner, Tschaikowsky,
| Liszt, Grieg, Svendsen u. a., also modernen
Werken, deren Privatstudium ihres Preises
wegen bisher umstandlich, wenn nicht un-
moglich war. Hierin liegt also der Schwer-
punkt des Gtenzen, wie es auch interessant
8ein mag, im ersten Teil unbekannten
Werken oder wenig bekannten Kompo-
nisten zu begegnen. Einen besonders in-
8truktiven Wert erhalt das Werk durch
die groBe Sorgfalt, die auf Strich, Finger-
satz, Tempoangabe und Dynamik ver-
wandt ist. W. E.
Rebikoff, W. Op. 8. Reveries d'Au-
tomne. Album de miniatures pour
piano. 1. Chanson triste; 2. In-
souciance; 3. Moment triste; 4. Le
dernier rendez-vous; 5. Souvenir
douloureux; 6. Perseverance; 7. Jour-
nee d'automne; 8. Bouffonnerie;
9. Mazurka; 10. Doux reproche;
11. Echo rustique; 12. Conseil in-
utile; 13. A la brune; 14. Le re-
pentir; 15. Recit naif; 16. Ber-
ceuse. Chaque No. separe a 20 c,
complet 1 Rbl. 50 c. Moskau, P.
Jurgenson.
Musikalisch wertvolle und pianistisch
dankbare mittelschwere Kompositionen.
Feine Empfindung durchstromt jeide einzelne
Nummer. J, W.
Beineoke, Carl. Op. 263. Roman-
zero in Form eines Konzertetuckes
fUr Violoncell und Orchester (Harfe
ad libitum). Mit Begleitung des
Pianoforte. Jf 4,20. Solostimme
(all ein) JK 1,20. Leipzig, Gebriider
Reinecke.
1st den besten Werken Reinecke's zu-
zuzahlen, eine jugendfrische Komposition,
groCziigig in der Melodik, wirkungsvoll
in der Harmonik. Gegen den SchluB hin
etwas matter. J. W.
Savenau, Carl Maria von. Op. 41.
Phantasies tuck fur zwei Klaviere.
Ji 2, — . Leipzig, C. F. Kahnt.
— Op. 43. Zwei Klavierstiicke. 1. In
der Barke; 2. Gavotte. Jt 1, — .
Leipzig, C. F. Kahnt.
Savenau's Kompositionen zeichnen sich
weniger durch Tiefe der Gedanken als
vielmehr durch Wohllaut und Gefalligkeit
der Form aus. Namentlich das Phantasie-
stiick ist von trefflicher Klangwirkung.
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260
ZeitBchriftenschau.
Binding, Christian. Op. 66. Sechs
Stticke fiir Violoncello mit Piano-
fortebegleitung. Nr. 1 und 2 Pra-
ludium und Andante funebre; Nr. 3
und 4 Intermezzo und Impromptu.
2 Hefte je uT 2,—. C. F. Peters,
Leipzig.
Endlich hat Sinding, der so viele herr-
liche Kompositionen den Geigern geschenkt
hat, auch an die Violoncellisten gedacht
und damit deren Literatur wirklich be-
reichert; ich kann nur jedem Violoncellisten
dringend raten, die mir vorliegenden vier
Stiicke (Nr. 5 und 6 sind mir nicht zuge-
gangen) sofort in sein Repertoir aufzuneh-
men, da sie himmelhoch iiber der gewohn-
lich in Konzerten gespielten Literatur
stehen. Das Praludium ist wieder ein
prachtiges Beispiel fur die frische Musi-
kantennatur Sinding's, im Andante funebre
scblagt er dagegen ernste, ergreifende Tone
an; das Intermezzo ist ein ziindendes,
prickelndes Dacapostuck , das Impromptu
fallt recht in die Ohren und weist ein ent-
zuckendes Zwischens'atzchen auf. Dies ist
dem Klavier zuerteilt, das zwar im wesent-
lichen begleitend gehalten, aber voller Fi-
nessen im einzelnen ist und einen recht
gewandten Spieler erfordert. Die Violon-
cellstimme von No. 1 und 3 verlangt recht
tiichtige Bogentechniker ; auf Popper'sche
M'atzchen ist darin Verzicht geleistet.
W. A.
Sjogren, Emil. Op. 35. Sonate pour
piano, jft 3, — . Wilhelm Hansen,
Kopenhagen und Leipzig.
Auch bei diesem Werk trifft die Cha-
rakteristik zu, welche W. Niemann im
Sammelband V, 113 f. iiber Sjogren ^e-
geben hat. Kraftvolle Themenbildung, m-
teressante Rhythmik, satte Klangfarbe,
reiche Harmonik ist allenthalben anzu-
treffen. Ein jeder Takt bekundet das
bedeutende Talent des Verfassers. J. W.
Taneiew, Serge Iw. Op. 13. Cin-
quieme Quatuor pour deux Violons,
Alto et Violoncello. Jl 3,50. M. P!
Belaieff, Leipzig.
Unter 13 Werken bereits 5 Streich-
quartette, furwahr das beste Zeichen, daG
der bedeutendste Schuler Tschaikowskys
den hbchsten Zielen nachstrebt und es ver-
8chmaht, sich an die groCe Menge zu wen-
den. Noch weit mehr wie sein Lehrer steht
Tanejew im bewuBten Gegensatz zur nen-
russischen (Petersburger) Schule und sucht
noch mehr wie sein Lehrer Fuhlung mit
den Deutschen Elassikern. War bereits
das Finale seines ersten Streichquartetts
so beBchanen, daC es direkt als haydn-
mozartisch gelten konnte, so gilt dies von
diesem ganzen funften Quartett mit Aus-
nahme des langsamen Satzes, der beetho-
vensch ist. Selbstverstandlich darf das
Werk nicht als eine bio Be Kopie unserer
Klassiker angeseben werden: ihr Geist nur
waltet darin ; sie wurden sicherlich Tanejew
als einen Geistesverwandten anerkennen.
Im Adagio weiB er uns iibrigens wirklich
etwas zu sagen; auch schreibt er durchaus
klangschon. Die sonnige Heiterkeit, die
iiber dem Trio des Scherzos strahlt, ist
einzig Ziindend wirkt das rhythmisch reiz-
volle Finale ; am meisten antikisierend wirkt
der erste Satz und hier wiederum das zweite
Thema. Das gar nicht schwierige Werk
sei aufs nachdrucklichste der allgemeinen
fieachtung empfohlen. W. A.
Zohrer, Josef. Op. 23. Aus ver-
gangenen Tagen. Sechs Stimmungs-
bilder fur Pianoforte. Jf
Fr. Kistner, Leipzig.
FleiBig gearbeitete und durchaus ge-
fallige Mu8ik. Bedeutende Ziige vermag
ich allerdings nicht zu erkennen.
J. W.
3-.
Zeitschriftenschau
susammengeftellt von
Ernst Euting.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Abort, Hermann. Das Romantische in
der Musik — Der Tag (Berlin) 10. Ja-
nuar 1904.
Anonym. Die Parsifal- Auffuhrung in New-
York - NZf M 71, Nr, 3.
Anonym. Das Orgelspiel nach Vorlagen
— KVS 18, Nr. 4.
Anonym,
dienstes
Aufbau eines Hauptgottes-
- KCh 16, Nr. 1.
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Zeittchriftenschau.
261
Anonym. Brief uit Venetie. Een Got-
terdainmerung-opvoering in Treviso —
Cae 61, Nr. 1.
Anonym* Zum Musikunterricht an den
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ChoDinalsLehrer — NMZ25, Nr.7.
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Brandenburg (Berlin) 1903, Nr. 45 [nach
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Mitteilungen der »Interaationalen MuaikgesellschafU. 265
Mitteilungen der „Internationalen Musikgesellsohaft".
Ortegruppen.
Berlin.
In der Januar-Sitzung (20. 1. 1904) hielt Herr Basile de Korganov, Vize-
Prasident der Sektion Tiflis der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft, einen Vor-
trag: Sur la musique du Caucase. Nach kurzem ethnographisch-historischem Uberblick
charakterisierte Redner die Musik der verschiedenen Yolkerstamme (Armenier, Geor-
gier, Lesgier, Kurden, Kachetiner, Gurier) und wies den Forscher und Musiker auf
diese noch immer — indeG wie lange noch — flieCenden Quellen musikalischer Ori-
ginalitat hin. Der fesselnde Yortrag wurde illustriert duroh eine Anzahl ebenso
charakteristi8cher wie reizvoller musikalischer Beispiele ; er wird in einer der nachsten
Nummern der »Zeitschrift< als* selbst&ndiger Artikel ersoheinen.
In dem mosikalischen Teil des Abends spendeten in dankenswertester Weise:
Konzertaangerin Fraulein Marie Lindow and Herr Organist Walter Fischer Lieder
fur Gesang und Harmonium, Herr Wilhehn Ey lau (Violine) unter giitiger Mitwirkung
von Fran Anna Pfannenstiel (Klavier) verschiedene Yiolin-Kompositionen.
Ernst Buting.
Frankfort am Main,
Einen ehemalige Frankfurter Kunstverhaltnisse besonders kennzeichnenden Yor-
trag brachte die Mitgliederversammlung vom 23. November. Herr Carl Sufi sprach
uber O. B. Telemanris mmikcdischen Nachlafi m Frankfurt am Mam. Unserer Stadt
gait zum groCen Teil das Schaffen und Wirken des einstigen Bivalen des groGen Jo-
hann Sebastian Bach, eines Meisters, den allerdings das raachtige Genie des Thomas-
kantors fur seine Zukunfb und somit auch fur unsere Gegenwert in den Hintergrund
drangte. Urn so dankenswerter ersohien der Yortrag des Redners, der die G^stalt
von Bach's Zeitgenossen wieder aua der Yergessenheit erstehen lieG. Der Yortragende
entwarf ein ebenso fesselndes wie lehrreiches Bild von dem kiinstlerischen Treiben
unserer Ahnen und Mitburger su Beginn dee 18. Jahrhunderts, beleuchtete die kiinst-
lerische Tendenz der Yorlaufer und Zeitgenossen Bach's und Handel's und wies auf
die Sch&tze hin, die — zum groGen Teil fur Frankfurt geschafifen — hier noch der
Auferstehung harren.
Es wurde der Wunsch ausgesprochen, daG die Ausiuhrungen des Bedners der
Offentlichkeit zuganglich werden und zugute kommen. DaG Perlen alterer Satzkunst
der Musik wiedergewonnen werden konnen, bewiesen Gesangsvortrage von Arien
Telemann'8 und seines nachsten Nachfolgers Eonig durch Fraulein M. Wittichen aus
Marburg, die, vom Redner am Klavier begleitet, diese Eompositionen mit schoner
Stimme und Schule ganz vortrefiflich und stilvoll zu Otehor brachte.
Anton Urspruch.
Leipsig.
Zur Yorbereitung auf die erste Auffiihrung von Franz Liszt's Symphonic zu
Dante's > Diana commedia< im Gewandhause hielt Herr Prof. Dr. A. Priifer am
31. Jan. vor den Mitgliedern der Ortsgruppe einen Yortrag uber das Werk und seinen
Schopfer, indem er Zeit und Grunde der Entstehuug des N'aheren erl'auterte, das Ver-
haltnit des Musikers sum Dichter, der Kom position sum Gedicht beleuchtete und
schlieBKch eine Analyse der Symphonie gab. Herr Prof. E. Eckert trug einzelne
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266 Mitteilungen der »Internationalen MusikgesellschafU.
Partien auf dem Klavier vor, wahrend Herr Kantor Borchers mit dem Petri-
Kirchenchor das abscblieBende Magnifikat zu Gehor brachte und damit den gelungenen
Vortrag in dankenswerter Weise nnterstiitzte. A* Schering.
Neue Mitglieder.
Neumayer, Friedrich, Rechtsanwalt, Kai-
serslauiern (Pfalz).
Riemann, Wilhelm in Wanne i. W.
Bose, Algernon, S., London, S. W. Authors
Club. 3 Whitehall Court.
Schmitz, Franz Xaver, Musiklehrer in
Priim, BachstraBe 10.
Anderungen der MitgliedeivListe.
Philipp, J., Profe88eur au Conservatoire,
Pari 8, jetzt 54 rue la Bruyere.
Prod'homme, J. G. Paris, jetz 102^* rue
Lepic.
Soheepers, J. J« Kapellan in Oldenzaal,
jetzt in Oude rekela, Holland.
Ulrich, Bernhard, stud. phil. Leipzig, jetzt
Elisenstr. 32 L
Unsern Hitgliedern
zur Nachricht, da6 dem Auftrag der Redaktionskemnission gem&6
Herr Dr. Alfred HeuB, Leipzig, Salomonstr. 11
die Redaktion der Zeitschrift der IMG.,
Herr Dr. Max Seiffert, Berlin W, Gobenstr. 28
die Redaktion der SammelbKnde der IMG. fiber nommen hat
Gefl. Zngehriften and Sendungen werden an diese nenen Adressen erbeten.
Inhalt des gleichzeitig erscheinenden
Sammelbandes.
Friedrich Ludwig (Potsdam). Studien iiber die Geschichte der mehrstimmigen
Musik ira Mittelalter. II. Die 50 Beispiele Coussemaker's aus der Handschrift
von Montpellier.
Hermann M filler (Paderborn). Aub schlesischen Visitationsberichten.
Carl Mennicke (Leipzig). Johann Adolph Hasse. Eine biographische Skizze.
0. Fischer (Prag). Zum musikalischen Standpunkte des Nordischen Dichterkreises.
Ernst Rychnovsky (Prag). Ludwig Spohr und Friedrich Rochlitz. Ihre Be-
ziehungen nach uugedruckten Briefen.
Charles Maclean (London). Berlioz and England.
0. G. Sonneck (Washington). Nordamerikanische Musikbibliotheken. Einige Winke
fiir Studienreisende.
Ausgegeben Ende Februar 1904*
Fiir die Redaktion verantirortlich : Dr. Alfred HeuB, Leipzig, Salomonstrafie 11.
Druck und Verl&g von Breitkopf&Hartelln Leipzig, Nurnbergcr Strafie 36.
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ZEITSCHRIFT
DER
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 7. FQnfter Jahrgang. 1904.
Enoheint mpnathck Fiir Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kostenfrei,
ffir Nichtmitglieder 10 Jf. Anzeigen 25 # fur die 2ge€paltene PetitEeile. Beilagen 16 uT.
„Euryanthe" in neuer Einrichtung.1)
Am 19. Januar dieses Jahres wurde in der Wiener Hofoper die
»Euryanthe« aufgefiihrt. Zu dieser Auffiihrung wurde ein Textbuch
herausgegeben, welches folgenden Titel fiihrt: »Euryanthe, groBe roman-
tische Oper in drei Aufziigen von Helmine v. Chezy. Musik von Karl
Maria v. Weber. Neue Einrichtung fiir das k. k. Hofoperntheater in
Wien«. Derjenige, der die neue Einrichtung vorgenommen hat, ist nicht
genannt, aber wohl bekannt. Sie riihrt von dem Direktor der Wiener
Hofoper Gustav Mahler her. Es bedarf jedoch nicht einer personlichen
Legitimierung, urn die Eignung zu dieser Einrichtung abzuleiten, denn sie
spricht fiir sich. Wir wollen also auch die Person des Bearbeiters ganz
auBer Acht lassen.
»Euryanthe«, das Schmerzenskind Weber's, das ihm so viel Kummer,
Sorge und Pein in den letzten Jahren seines Lebens machte, hatte das
sonderbare Greschick, sich nur an einigen wenigen Biihnen am Repertoire
erhalten zu konnen; auch an diesen tauchte die Oper periodisch unter, urn
dann wieder hervorgezogen zu werden. Die sieghafte Kraft der Musik
brachte dies zuwege. Wir kennen diese herrliche Tonsprache. Sie ist seit
den achtzig Jahren, da sie in Wien zum erstenmale von Weber aufgefiihrt
wurde, nicht gealtert. Ihr schwerer Lebenskampf ist daher nicht hervor-
gerufen durch eigene Schwache, sondern — wie bekannt — durch
das Textbuch. Die Verfechter desselben konnten wenig zu seiner Ver-
teidigung vorbringen und selbst Jaehns, der pietatvolle, griindliche Weber-
forscher, findet das Gedicht »unzusammenhangend, unklar, unsymmetrisch«.
Wenn nun wirklich die Mangel desselben in der neuen Bearbeitung
1) Dieser Aufsatz war fur das Februarheft bestimmt, muCte aber wegen postalischer
Verspatung der Korrektur zuruckgestellt werden. Die Redaktion.
z d. I. M. v.
Diffized by G00gk
268
Ghiido Adler, »Euryanthe« in neuer Einrichtung.
behoben sein konnten, so ware damit eine rettende Tat vollbracht. "Cnd
ich glaube, es ist geschehn. Das Grundiibel wurde an der Wurzel gepackt
und dabei wnrden keine einschneidenden Anderungen vorgenommen; es
ist kein Verlust musikalischer Schonheiten zu beklagen, das Ganze ist
gefestet bei geringen Anderungen. Diese sind zum Teil aus der ersten
Fassung heriibergenommen und sollen noch naher bezeichnet werden.
Die kleinen Striche sind viel riicksichtsvoller gemacht, als solche an man-
cher Buhne vorgenommen werden.
Wenn diese Anderungen vom Standpunkt der einheitlichen Zusammen-
fassung der Oper betrachtet werden, so ergibt sich folgendea: Erstens
wurde das Gespenst aus der Oper verjagt. Die immer unverstandliche,
mysteriose Geschichte von Emma und Udo ist mit einem chirurgischen
Eingriff — einem Kaiserschnitt vergleichbar — entfernt. Dieselbe gehorte
auch nicht in die Seele der Handlung, sondern war als dramatisches Motiv
eingelegt, das jedoch den Gang der Handlung nur belastet und verdunkelt.
Die herrliche Musik hierzu, das Largo in H-moll, sollte schon in der
Ouvertiire dieses Geheimnis verkiinden. Zu ihrer vermeintlichen Verdeut-
lichung fiel Weber auf den Einfall, wahrend der Ouvertiire den Vorhang
heben zu lassen und ein Gruftbild zu zeigen. Diese Musik bleibt uns in
der neuen Einrichtung erhalten, wahrend wir den dramatischen Spuk,
der damit getrieben wird, gerne missen. Dieses H-moll-Thema birgt nun-
mehr ein Geheimnis, das nicht auBerhalb der Oper liegt, sondern in ihr.
Adolar gibt Euryanthe als Unterpfand der Liebe einen Ring, der ein
kostbares Familienstuck ist. Aus ihm hatte Adolars Schwester das Gift
gesogen, als sie nach dem Tode ihres Gatten das Leben nicht mehr
ertragen konnte. Nunmehr liegt das Schwergewicht nicht auf dieser
Erinnerung, sondern Motiv und Ring sind gleicherweise die Symbole der
Liebe und der Verschwiegenheit, des geheimnisvollen Vertrauens. So
ist die Schiirzung des Knotens eine natiirliche und das Motiv wird in
poetischer Umdeutung verwertet. In dem mir vorliegenden Klavierauszug
mit Text (Volksausgabe Breitkopf und Hartel Nr. 114) wurde die Stelle
von Seite 37 System 3 bis Seite 39, System 1, 3. Takt, folgendermaBen
geandert:
Euryanthe.
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JOUUU»l
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So treu hast du mit mir ge-wacht ?
in dunk -ler Graft, in stil-ler
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Gnido Adler, »Eoryanthe< in neuer Einrichtung.
269
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Eglantine.
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Nacht? Was sto-rest du der To - ten Ruh'?
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Duryanthe.
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Ich fle-he dort fur Emma's Frieden, derSchwesterA-dolars, ihr Gatte fiel in
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K — fi — f
blut'-ger Schlacht, in grimmenSchmerzlegt sie an sich die Frev-ler-hand,
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Eglantine.
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(pp) Sprichwei-ter
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aus ei-nemEing, mit Gift ge-fullt, aog sie den Tod.
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MA^Vfft M*», .» bau^^ Tr^rm^njrwtctde fab mir stein A - do
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Un - ter - pf*nd iei -ner Lie
be den on - heil - vol - len
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Und wo rer-wmhrtt du ihn?
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Ihn beg' icb bier an mei-nem
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Guido Adler, »Euryanthe« in neuer Einrichtung. 271
Eglantine (sich rergessend).
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/" Ge-wicht'ge Kun-de!
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Her-zen, in Treu-en wahr' ich ihn so Tag als Nacht.
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Dieses Thema wird auch am SchluB der Oper den Worten Adolar's
untergelegt, die er an Euryanthe richtet statt jener Ansprache Adolar's,
die immer unverstandlich blieb: »Ich ahne Emma! Selig ist sie jetzt, der
Unschuld Tr&ne hat den Ring benetzt, Treu' bot dem Morder Rettung
an fur Mord, ewig vereint mit Udo weilt sie dort . . . « Von Seite 166
System 2, Takt 7 lautet jetzt die Stelle:
Adolar.
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Ge-liebte! kannst du mirverzeih'n? Der Unschuld Trtinen deinem Feinde
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weih'n?
Lieb' bot dem Mor
der Lie - be an fur Leid und
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272
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Guido Adler, »Euryanthe« in neuer Einrichtung
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Tod,
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mein reu - ig Herz sei e - wig dir ge
weiht!
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IsS^im
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Hieran schlieBt sich der fiihrende Gedanke der ganzen Oper als Kro-
nung des Werkes »Ich bau auf Gott und meine Euryanth'«, in der Fas-
sung vom ersten Akt, Klavierauszug Seite 27, System 1, Takt 7. So sind
Anfang und Ende der Oper miteinander verbunden. Adolar klagt sich
in den obigen Worten (vgl. das letzte Notenbeispiel) aJs Morder seiner
Euryanthe an und nur die gottliche Vorsehung beschutzte das treue, un-
schuldvolle Weib. Folgerichtig ist in der Neueinrichtung die Geschichte
mit der Schlange weggefallen. Euryanthe wird von Adolar in der Wild-
nis zuriickgelassen, ihrem Geschick iiberlassen, ohne daB der Edelmut
Euryanthens, sich fur Adolar der giftigen Schlange entgegenzustellen,
sich betatigen kann. Niemand wird dem Heimfall der Szene Nr. 16 eine
Trane nachweinen. Seite 120, System 4 wird an Stelle der Kampfmusik
folgender SchluB hinzugefiigt:
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dim.
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Guido Adler, >Euryanthe< in neuer Einrichtung. 273
Die darauffolgende Szene und Kavatine Nr. 17 schlieBt sich in a-moll
an. Zu diesen wichtigen Anderungen reiht sich noch der Wegfall des
vermeintlichen Todes Euryanthens. Sie sinkt nicht dahin, als der Ktaig
sie zuruckfuhren will, sondern dem Ruf »Zu ihm, zu ihm!«, der sich
an die Nr. 19, Klavierauszug Seite 134 anschlieBt, folgt die Ausfiihrung.
Sinnig ist in ihren Abgang die Erinnerung an das von ihr nicht gewahrte
Geheimnis eingefiigt. Die Anweisung des neuen Textbuches lautet:
> Euryanthe, wie von einem plotzlichen Schauder gepackt, zogert und
wankt einen Augenblick; als der Konig sie mit freundlicher Geberde
ermuntert, faBt sie sich sogleich und schlieBt sich, von ihm unterstiitzt,
in leidenschaftlicher Hast den andern an«. Die triibe Riickerinnerung
wird von dem verhangnisvollen Motiv begleitet.
Was sonst noch an Anderungen vorgenommen wird, tritt dem gegen-
iiber zuriick. Zwei Stellen, die von Weber gestrichen wurden, gelangen
wieder zu ihrem Rechte. So die Stelle in der dritten Szene des
ersten Aktes im Duett der Euryanthe und Eglantine, Klavierauszug
Seite 34, System 4, die im Anhang des Klavierauszuges auf Seite 170,
171 abgedruckt ist. Euryanthe erzahlt da von der Werbung Adolars
und der Trennung ; Eglantine schleicht sich in ihr Vertrauen ein. Ferner
ist in der ersten Szene des dritten Aktes, Seite 117, System 3, Takt 3
bis Seite 119, System 1, Takt 3, jene Fassung wieder hergestellt, welche
im Original steht und auf Seite 173 des Klavierauszuges abgedruckt
ist. Der Dialog zwischen Euryanthe und Adolar ist da weiter ausgefiihrt;
sie fleht urn Gehor und findet nur taube Ohren. Adolar schenkt ihren
Beteuerungen keinen Glauben. D4r Komponist, entmutigt und schwankend
gemacht, hatte diese Kiirzungen vorgenommen in der Meinung, dadurch
die Oper zu kraftigen, in der Absicht, die Dauer der Oper, die damals
zu lange schien, abzukurzen. Wir sind heute an langere Opern gewohnt
und werden diese Auseinandersetzungen gem hinnehmen, um so mehr,
da sie dazu beitragen, den Gang der Handlung zu klaren.
Um ein moglichst vollstandiges Bild der neuen Einrichtung zu geben,
seien folgende Anderungen und Striche angefuhrt:
Seite 43/4 letzter resp. erster Takt lauten jetzt die Worte Eglantinens: »Im
Schlafe schleich ich mich an deine Seite, der Ring sei mein ! Zum Zeug-
nis wider dich.<
Seite 71, System 7 fg. lauten die Worte Eglantinens: »In meiner Hand ist
der YerhaCten Schicksal. Ich halte dich, du, unter Schauern errung'nes
Unterpfand der siiBen Rache, den mutig ich der Schlafenden entwand.
Verhangnisvoller Ring, bezeuge du . . . «. Seite 73,' System 3/4
letzter resp. die drei ersten Takte sagt Lysiart: »Vertrau mir diesen
Ring I Und elend sollst du deine Feindin sehn . . .«
Seite 131, System 4, Takte 1 und 2 sagt der Konig: »Nun sei genug, im
Tann hier laGt uns ruhn.<
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274 Guido Adler, >Euryanthe< in neuer Einrichtung.
Seite 161, System 4, Takte 4 und 5 ruft Eglantine: »Ich war's, die heim-
lich ihn der Schlafenden entwandte.*
Seite 162, System 3 lauten die Worte des Konigs: »Blick urn dich, teurer
Held! Die Sonne lacht dir neu!« Das folgende von Seite 162, letztes
System bis Seite 164, System 5, Takt 2 ist gestrichen.
Die iibrigen Striche sind, wie folgt:
Seite 49, System 5, Takt 7 bis Seite 52, 1. Takt (inklusive).
Seite 106, Takt 3 bis Seite 113, System 4, Takt 2.
Seite 114, System 3, Takt 2 bis Seite 115, Takt 2 (inklusive).
Seite 134, Nr. 20 bis Seite 136, vorletzter Takt.
Seite 139 wird an Stelle der Jammerrufe des Chores und seiner Trauer ob
des >Zusammensinkens< der Euryanthe ein kurzes Nachspiel eingelegt.
Seite 142, System 1, Takt 1 bis System 3, Takt 4.
Ebenso in Nr. 24, Seite 152, letztes System, Takt 4 bis Seite 155 letzter
Takt (inklusive).
Endlich im Finale die Stelle von Seite 159, System 4 letzter Takt (die
Worte der vorangehenden drei Takte lauten nunmehr: »mein K5nig,
rette, strafe!*) bis Seite 160, System 2, Takt 3.
Wenn wir uns nun die Frage vorlegen, ob durch diese Anderungen
alle Mangel des Operntextes behoben sind, so lautet die Antwort ver-
8chieden je nach den Anspriichen, welche wir an ein romantisches Sujet
stellen. Wir miissen in jeder romantischen Oper einen Zusatz zur Essenz
des Stoffes uns gef alien lassen, der dem guten Glauben des Horers tiber-
antwortet ist. Das Geheimnis voile, das Wunderbare der Romantik ist
nicht selten mit einer gewissen Unwahrscheinlichkeit verbunden, besonders
wenn die Vorgange den Gesetzen der Natur und des Seelenlebens nicht
vollkommen entsprechen. In der » Euryanthe* ist ein solcher uner-
griindlicher Fleck das Schweigen Euryanthens gegeniiber Adolar liber
den Hergang, wieso der Ring ihr abhanden gekommen ist Die altere
Fassung, in welcher Euryanthe in der Wildnis um Gehor fleht, das
ihr Adolar nicht gewahrt, sondern sie gleichsam ungehort verstoBt, ist
in der neuen Bearbeitung wieder auf genommen ; allein auch da wird der
Rationalist sagen, sie hatte wohl in der langen Wanderung Gelegenheit
gehabt, ihm eine Aufklarung zu geben. Somit hatte das Stuck schon
fruher schlieBen konnen. Es ist dies beilaufig ebenso, als wenn man
in Wagner's » Tristan und Isolde* von Brangane erwarten wiirde, sie
solle das Geheimnis des Liebestrankes fruher liiften; es wiirde dann
wohl der TodesstoB entfallen und damit der ganze dritte Akt Wer
wollte das Kunstwerk in dieser Weise verstummelt sehen? So tief tragisch
begriindet ist die Sache allerdings in der Euryanthe nicht. Wir miissen
das Ratsel ihres Schweigens hinnehmen und konnen es uns in irgend
einer Weise deuten. Der Vernunftgrunde diirfte es nicht ermangeln;
allein da eine Anderung vorzunehmen, ist wohl kein Bearbeiter berechtigt
Die Oper fallt und steigt mit dieser dunkeln, unaufgeklarten Verschwiegen-
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Fr. Niecks, Pianoforte four-hand Compositions. 275
heit. Vielleicht liegt diese in der tiefen Liebe Euryanthens, die dem
Geliebten gegeniiber zogert, den schnoden Verdacht im richtigen Zeit-
punkt aufzuhellen, willig mit ihm in die Verbannung zieht, da sie sein
Geheimnis nicht bewahrt hat. Nur im Momente der drohenden Tren-
nung Ton Adolar will sie ihm den Hergang erklaren, wird aber nunmehr
von Adolar unglaubig zuruckgestoBen. Die Liebe war es, die ihr
Schweigen auferlegt hatte. Sagt doch Tristan: »Des Schweigens Herrin
heiBt mich schweigen: faB ich, was sie verschwieg, verschweig ich, was
sie nicht faBt.« Ich will damit keine Deutung zu diesem Batsel gegeben
haben. Ich mochte nur auf eine der vielen Moglichkeiten einer Deutung
hingewiesen haben. Wenn wir von diesem vermeintlichen Mangel absehen,
so sind in der Tat alle Mangel behoben, die uns den GenuB des Werkes
triiben konnten. Das empfangliche Wiener Publikum, das bei der ersten
Auffiihrung etwas skeptisch schien, hat seine Anerkennung nicht ver-
sagt. Die zweite Auffuhrung fand vor vollem Hause statt, ein in den
Annalen der Wiener Hofoper bei einer Euryanthe- Auffuhrung noch nicht
dagewesener Fall. So ist zu hoffen, daB nunmehr dieses Werk dauernd
am Repertoire erhalten bleibe. Die andern deutschen Theater werden
sich wohl diese »neue Einrichtung* der »Euryanthe« nicht entgehen
lassen, um einem Werke gerecht zu werden, welches zu den besten der
deutschen Opernliteratur gehort. Hiermit soil die historische Stellung
dieses Werkes allerdings nicht kritisch erortert sein. Wir konnen uns
an demselben erfreuen, ohne sein Verhaltnis zu dem musikalischen Drama
der nachfolgenden Zeit in Betracht zu ziehen.
Wien. Ouido Adler.
Pianoforte four-hand Compositions.
Compared with the age of the keyboard instruments, four-hand (a quatre
mains] playing is very young. Less than a century and a half embraces its
whole history. Before 1765 we hear nothing of two performers on one in-
strument, although the playing of two performers on two, and even of more
performers on more harpsichords, was common enough. The earlier J. S. Bach,
for instance, wrote concertos for two, three, and four harpsichords, and the
still earlier Couperin (le Grand) an Allemande for two (in the second book
of his Pieces, the first of the ninth Order). Can it really be that it took
so long to make the discovery of a device that seems to us so simple and
obvious ? Perhaps the small compass, and consequent narrowness of the key-
board, was an obstacle in the way. But then the usual compass of five
octaves (now it is seven and more) did not begin to be extended till about
the end of the 18 th century, when the first stage of the popularity of piano-
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276 Fr. Niecks, Pianoforte four-hand Compositions.
forte duet playing was already past. However speculation is of no avail.
We had better be satisfied with ascertained facts. From April 1764 to July
1765, Leopold Mozart was in London for the purpose of exhibiting his child-
ren as infant prodigies — Maria Ann being then 14, and Wolfgang, who
became the great Mozart, 8 years old. From advertisements we learn that
the children often played duets on one instrument, and a letter of the father
contains the following words: "In London, Wolfgang composed his first piece
for four hands. Till then nobody had written a four-hand sonata." Here
we have a definite statement, one made by a well-informed and honest man.
And this statement is supported by the negative fact that no duets of this
kind of an earlier date are known to exist. For the older contemporaries
of Mozart that wrote duets wrote them subsequently to 1765; indeed were
incited thereto by his example. As Mozart's early works of this kind are
lost, the earliest existing duets are those of older contemporaries. Of these
were first in the field the English historian Charles Burney (1726 — 1814),
who published two sets of "Duets for two Performers on one Pianoforte"
(1777 and 1778), and Johann Christian Bach, the London Bach (1735— 82 ,
the last-born of Johann Sebastian's sons, who followed close on the heels of
Burney. J. C. Bach was intimate with the Mozarts and fond of the boy.
Seated at the clavier, he and little Wolfgang on his knees would improvise
sonatas and fugues — one of them beginning, the other falling in, the first
resuming, the second continuing, and so on. Of J. C. Bach we have one
four-hand sonata in print and seven in manuscript. The brother's example
may have induced Johann Christoph Friedrich Bach (1732 — 95), the Bucke-
burg Bach, Johann Sebastian's third son, to compose the sonata published
a few years ago.
By the year 1783, four-hand pianoforte duets had become popular, as we
can gather from a notice of Haydn's UH maestro e lo Scolare, variazioni a
quattro mani," in Cramer's "Magazin der Musik" of that year, where we
read : "To the fashionable pieces belong now-a-days those for two performers
on one pianoforte. . . . Many more or less known and celebrated masters
have composed such."
Among the early composers of four-hand duets were, besides those al-
ready named: — Johann Jakob Kiiffner (1713 — 1786); Joseph Haydn
(1732—1809); Christian H. Muller (1734—82); E. W. Wolf (1735— 92 ;
J. G. Albrechtsberger (1736—1809): F. W. Rust (1739—1796); J. B. Wan-
hal (1739-1813); L. Ko&eluch (1748—1813); Abb6 F. X. Sterkel (1750
—1817); Muzio Clementi (1752 — 1832); F. A. Hoffmeister (1754 — 1812 *,
D. G. Turk (1756—1813); Ignaz Pleyel (1757—1831); Abb6 J. Gelineck
(1758—1825); Louis Adam (1758—1848); J. L. Dussek (1760—1812): G.
F. Pollini (1763—1847); Daniel Steibelt (1765—1823).
The music of most of these composers is no longer either played or re-
membered. And even in the case of excellent masters like Clementi and
Dussek, whose two-hand music receives still some little attention, the four-
hand music has fallen into almost entire neglect. Haydn's contribution UD
Maestro e lo Scolare'' (1778) is neither quantitatively nor qualitatively con-
siderable enough to make him notable in this connection. In giving an
outline sketch of the history of the four-hand pianoforte literature, one may
therefore, after noting in passing the boy Mozart and the two Bach 8 —
Burney and others being negligible quantities — at once proceed to the
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Edgar Istel, Hans Pfitzner's Oper »Die Rose vom Liebesgarten«. 277
nature Mozart, who is really the first great master that occupied himself
seriously and to excellent purpose in this way. We have of him five sona-
tas, a set of variations, a fugue, an Adagio and Allegro, and a fantasia,
compositions written in the years 1780 — 91. The master that has next to
be mentioned is Mozart's pupil J. N. Hummel (1778 — 1837), who, if he had
written nothing else than the brilliant Grande Sonate in A flat major, would
deserve a place of honour, but there are also another sonata, a notturno,
and more. Beethoven has written little for four hands, and nothing of im-
portance — a useful and pleasing pupil's sonata, two sets of variations, and
three marches. Of Weber (1786 — 1826) we have twice six pieces of his
youth, Op. 3 and 10, and the charming characteristic Huit Pieoes, Op. 60,
with which Romanticism enters the domain of four-hand literature. And
then we come to the greatest, the most voluminous and most poetic, of the
composers of pianoforte, duets among the great masters — Franz Schubert.
Indeed we may say that from him dates the efflorescence of this branch of
musical literature. Among his works, which are too many to be mentioned
in detail, there are sonatas, overtures, divertissements, a fantasia, a large
number of wonderful marches, &c, &c. Another leading romanticist, Robert
Schumann (1810 — 56), although a less voluminous contributor, has greatly
enriched the literature by four books of pieces full of exquisite beauty in
colour, feeling, and humour — Bilder aus Osten, Op. 66, Zwolf Clavierstucke,
Op. 85, Ballscenen, Op. 109, and Kinderball, Op. 130. Henceforth the pro-
ducers of good four-hand pianoforte music become so numerous that one
must confine one's self to the bare mention of a few of them — Moscheles,
Reinecke, Raff, Volkmann, Brahms, Rubinstein, A. Jensen, Dvorak, NicodS,
H. Hofmann, and Moszkowski.
In the above slight sketch only original four-hand compositions have
been taken into account. It is unnecessary to point out that the larger bulk
of the four-hand literature of the 19th century consists of all sorts of in-
strumental and vocal music.
Edinburgh. Fr. Nieoks.
Hans Pfitzner's Oper „Die Rose vom Liebesgarten".1)
Erstauffuhrung im Munchener Hoftheater am 21. Febr. 1904.
Es war genau vor zehn Jahren, als am Stadttheater zu Mainz ein junger
Kapellmeister wirkte, d. h. Possen- und Operettenmusik leitete und sich kiimmer-
lich mit Hilfe einiger Privatstunden durchschlug. Hier und da horte man,
dafi dieser junge Kapellmeister auch komponiere, ja sogar ein groCes Buhnen-
werk verfafit habe, — doch wer mochte sich um derlei kiimmern, wer beachtete
die unscheinbare, kleine Gestalt des nervosen, bleichen Musikers, dem die
Spuren seines Martyriums so deutlich ins Antlitz gepragt waren? Endlich
1) Dieser Aufsatz unseres Munchener Mitarbeiters Dr. Edgar Istel ist teilweise und
mit Ausnahme des Schlusses der Munchener Kunstzeitschrift >Die Freistatt* mit
Erlaubnis des Verlags genannter Zeitschrift entnommen. D. Red.
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278 Edgar Istel, Hans Pfitzner's Oper >Die Rose vom Liebesgarten*.
gelang es, ein Bruchstiick aus Pfitzner's »Armen Heinrich« im Symphonie-
konzert zur AuffUhrung zu bringen: Allgemeines Staunen, dafi ein so grofies,
reiches Talent bisher im Verborgenen bliihen konnte. Das Verlangen, das
ganze Werk auf die Biihne zu bringen, wuchs machtig. Emil Steinbach,
der erste Dirigent, tat sein Moglichstes, Humperdinck, im benachbarten
Frankfurt einflufireich, machte weitere Kreise aufmerksam, der Landgraf
und spater auch der Grofiherzog von Hessen fingen an, sich fur Pfitzner
zu interessieren , und endlich kam es zur ErstauffUhrung in Mainz, ganz
gegen Schlufi der Saison 1893/94, aber ohne dafi der Theaterdirektor die
notigen Proben fur das unendlich schwere StUck bewilligt hatte. H&tten
nicht Sanger und Orchester aus MitgefUhl ein iibriges getan — die Auf-
fuhrung, so ungeniigend sie noch ausfiel, ware iiberhaupt nicht zustande ge-
kommen. Aber Pfitzner's Leidenskelch war noch nicht geleert. Wie unendlich
der Komponist gelitten und gedarbt hat, kann der Verfasser dieser Zeilen
bezeugen, der dies alles aus n achat er Nahe mit erlebte, ohne helfen zu konnen.
Es folgte auf der Mainzer Biihne Ibsens »Fest auf Solhaug* mit Pfitzner's
Musik 1895, so wie ein Konzert mit eignen Kompositionen, in dem Heinricli
Kiefer, der treffliche, jetzt hier lebende Cellist, zusammen mit Kwast, dem
nunmehrigen Schwiegervater Pfitzner's, die Cellosonate Op. 1 spielte. So war
allm&hlich einiges Interesse fur Pfitzner erregt, Tagespresse und Fachzeitungen
berichteten tiber den »Armen Heinrich«, mehrere Biihnen (darunter Frankfurt,
Darmstadt, Prag, Berlin) gaben das Werk, und Pfitzner gait von nun an
als einer der eigenartigsten Komponisten der jungeren Generation. Und das
mit Recht: denn wenn der »Arme Heinrich*, der jene schaurige Sage vom
grausamen Opfer des zarten Magdeleins fur den aussatzigen Bitter behandelte,
mit glutvollen Farben alle Schrecken der Seelenpein Heinrichs orchestral
schilderte und man diese musikalische Sprache fast fur identisch mit Pfitzner's
eigener Ausdrucksweise halten mochte, so iiberrascht er in seinem neuen —
schon 1898 — 1901 komponierten, aber bisher erst 1902 in Elberfeld und vor
ganz wenigen Wochen in Mannheim aufgefuhrten — Werk *Die Rose vom
Liebesgarten« *) durch Wohllaut und Frische in einem Mafle, dafi man seine
Anpassungsfahigkeit an diese neue, ganz anders geartete Welt nur be-
wundern kann.
>Der Hiiter vom Liebesgarten< betitelt sich ein Bild Hans Thoma's, das
einen gewappneten Wachter, der den Eingang zu einem paradiesischen Gefilde
voll seliger Menschen beschirmt, darstellt, hinausblickend nach der leiden-
und schmerzenreichen Erde. Diesen Becken und seinen Konflikt mit den
dusteren Machten, den en er zu verfallen droht, hat der Dichter, James (Jrun,
zum Helden des Werkes, dessen weitverzweigte Handlung wiederzuerzahlen
wir uns er spar en wollen, gemacht. Eine seltsam-phantastische Geschichte,
deren Sinn nicht immer recht einleuchtet (»in bun ten Bildern wenig Klarheit*
und deren dramatische Fiihrung allzuoft stockt, entrollt sich vor unsern Angen
in prachtig gedachten aber unendlich schwer kiinstlerisch auf der Biihne zn
verwirklichenden Bildern. Dafi Pfitzner, der seinem Freunde Grun, dem
Verfasser der Dichtung vom »Armen Heinrich* treu geblieben, hier einen
guten Griflf getan hat, wird niemand, der ihm wohl will, behaupten konnen:
die herrlichste Musik des Komponisten vermag nie und nimmer den Mangel
an wahrhaft lebendiger, unsre Anteilnahme in jedem Augenblick er weekender
1) Bruchstiicke daraus lernte das Miinchener Publikum bereits im vorigen Winter
anl'aBlich des von Pfitzner geleiteten Orchesterkonzertes bei Kaim kennen.
Edgar Istel, Hans Pfitzner's Oper >Die Rose vom Liebesgarten«. 279
HandluDg zu erseizen. Dazu kommt noch der oft aufiallige Wagnerianismus
der Sprache und einiger Gestalten und Nam en, sodaB es schon der ganzen
Bodenstandigkeit einer echten Musikernatur, wie Pfitzner es ist, bedurfte,
urn seine Eigenart zu wahren. Und daB diese Fartitur in einem MaBe, wie
es in den letzten zwanzig Jahren der Operngeschichte nicht allzuoft erlebt
wurde, ihre eigenste individuelle Sprache redet, das mufi wohl selbst der
musikalische Laie gewahr werden. Eine Ftille von Wohllaut und Farben-
pracht, die alien Zauber der lenzbegllickten Natur vor uns ausbreitet, ent-
stromt seinem Orchester, das, stets maBvoll, die melodische Linie der Sing-
stimme selten stort, und andrerseits: welches Pandamonium vermag Pfitzner
zu entfesseln, wenn es gilt, das Hohngelachter hollischer Geister, die Schauer
unterirdischer Kliifte zu schildern. Wohin wir lauschen, uberall geniale Ztige,
die oft mit den einfachsten, ja primitiven Mitteln, dann aher wieder mit
einem unerhorten Klangraffinement gegeben sind. Merkwurdig, daB gerade
eine der meisterhaftesten Partien, die Einleitung zum zweiten Akt, die das
dumpfe eintonige Tropfen im finstern Hollenreiche schildert und zugleich
zum Ausdruck banger Spannung des Helden und seiner Geliehten, spater
zar Stimme der Verzweiflung Minneleide's wird, wie gerade diese Einleitung
auf ein vielleicht begreif liches , aher einem ernsten Kunstwerk gegenilber
unentschuldbares, weil in Heiterkeit ausartendes MiBverstehen ttiefi. Freilich,
als sich der Yorhang erhob, da war wohl jedem Horer klar, was jene selt-
samen, ahgerissenen Harfen- und Flotentone mit ihrer Violinpizzikatobegleitung
und dem finstern Tubagang hedeuten sollen. Auf weitere Einzelheiten ein-
zagehen, kann ich mir wohl versagen; wer mit polyphon erzogenem Ohr
begabt ist, der wird des erlesensten musikalischen Genusses kein Ende fin den.
DaB aber Pfitzner auch den heute so seltenen Mut zur melodischen und
harmonischen Einfachheit zu hahen vermag, das beweisen eine Reihe von
EinzelzUgen, die in ihrer Frische und Volkstiimlichkeit wahrhaft wohltuend
bertihren.
Pfitzner ist einer der ganz wenigen lebenden Komponisten, die wirklich
eine eigene Sprache reden, und daB diese eigene, neue und ungewohnte
Sprache manchen zunachst hefremdet, ist gewiB. Dies sollte eben ein An-
sporn sein zu intensiver Beschaftiguug mit dem Kunstwerke, nicht aber zu
lieblosem Aburteilen nach einigen jedermann leicht in die Augen fallen den
Schwaehen. Denn daB die »Rose vom Liebesgarten « keine ErfUllung, sondern
nur die VerheiBung eines vollendeten Kunstwerkes bedeutet, das zu leugnen
vermochte nur blinder Unverstand und Gotzendienerei. DaB jedoch Pfitzner,
sobald er mit dem ebenburtigen Dichter sich zu paaren vermag, ein ganz
groBes Kunstwerk schaffen konnte, das muB jedem, der sich mit dieser tief-
griindigen KUnstlernatur naher vertraut gemacht hat, als zweifellose GewiB-
beit erscheinen.
Die Oper hatte ein en schon en, warmen Erfolg, der freilich durch eine
mehrmals einsetzende Opposition nicht unbestritten war, zum SchluB aber
einmutig wurde, so daB nach manigfachen, den Darstellern, dem Dirigenten
und dem Regisseur geltenden Hervorrufen der letztere namens des abwesenden
Komponisten danken konnte. Es sind nicht die schlechtesten Werke der
Opernliteratur, die bei ihrer Erstauffuhrung geteilte Meinungen hervorriefen,
und daB Pfitzner's >Rose vom Liebesgarten* nicht jedem beliebigen Horer
gleich verstandlich ist, das eben beweist gerade ihren wahren Gehalt.
In der Tat haben die nachfolgenden, in jeder Beziehung der Premiere
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280 A. HeuG, E. Hirschberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh
ktinstlerisch iiberlegenen Auffuhrungen noch manchen unglaubigen Saulus zum
Paulus gemacbt. Dafi aber ein Kritiker, der docb ein solch kompliziertes
Werk nicht ohne weiteres aburteilen sollte, schlankweg seine MeinuDg mit
ein paar Witzchen verbramt, zum besten gibt, ohne wenigstens — einge-
standenermafien — auch nur den Versucb gemacht zu baben, den Klavier-
auszug kennen zu lernen — dieser Fall und seine Folgen sollten noch viel
Staub aufwirbeln. Dr. Rudolf Louis, der bekannte Tonkunstler, wendet Bich
in einer »Hans Pfitzner's ,Rose vom Liebesgarten', eine StreitschrifU *j
betitelten Broschiire energisch gegen die Art, wie Baron Meni, der Referent
der >Allgemeinen Zeitung«, den Kiinstler und sein Werk mit ein paar chevale-
resken Redensarten abzufertigen beliebt, und der sachliche Ernst, fern von
aller Personlichkeit, und die Warme des Tons, den Dr. Louis hier anschlagt„
machen die Lektiire dieser kleinen wertvollen Schrift zu einem hohen GrenuU.
Gleichzeitig erschien eine Broschiire von Paul Xikolaus Cofimann, >Hans
Pfitzner«2;, die Leben und Werdegang des Komponisten schildert, aber gleich
der Louis'schen Broschiire, weit tiber den Einzelfall hinausgehend , einen
gehaltvollen Beitrag zu dem Kapitel » Kiinstler und Welt* bietet.
Edgar Istel.
Eugen Hirschberg: Die franzosischen Encyklopadisten und
die franzosische Oper im 18. Jahrhundert.
10. Beiheft der Internationalen Musikgesellschaft.
Es ist mancherlei, was die Behandlung dieses Stoffes gerade fur unsere
Zeit ungemein interessant und zugleich sehr lebrreich macht, und schon aus
diesem Grunde wiirde sich eine ausfiihrlichere Besprechung dieser Arbeit recht-
fertigen, abgeseben davon, dafi diese Zeitscbrift wissenschaftlichen Werken
iiber Musik, wie auch den verschiedenen Ausgaben der Denkmaler der Ton-
kunst ihre besondere Aufmerksamkeit schenken will. Das fur unsere Zeit
Wichtige sind vor allem die allgemeinen Gesichtspunkte, und zwar besonders
eine Gegenuberstellung des Verhaltnisses der geistigen Fiihrer einer ^Nation
zur Musik von damals und heute. Es ist heutzutage undenkbar, dafi, mag
ein noch so groBer Streit um die Musik entbrennen, an diesem unsere ersten
Geister, dafi die Philosophen teilnahnaen und die Kampfesweise wesentlich be-
stimmen hiilfen, wie es bei der Stellung der franzCsischen Encyklopadisten znr
Musik tatsachlich der Fall ist. Und zwar schreibt sich diese Sachlage nicht
etwa daher, dafi die franzfisischen Musiker nicht imstande gewesen w&ren,
einen Karapf, der um ihre Kunst entsprang, nicht auch auf literarischem Wege
auszufechten. Gerade diejenigen Musiker, um die sich der Kampf am sch&rfsten
drehte, Rameau und Gluck, in gewisser Beziehung auch Gr6try, waren Astbe-
tiker und Polemiker genug, um das, was sie in ihren Werken ktinstlerisch
aufstellten, auch in Worten klarzulegen und zu verteidigen, was sie ja auch
in vorzuglicher Weise taten. Welcher Art nun auch die Auteilnahme der
1) Seyfried & Co., Miinchen.
2) Georg Miiller, Miinchen und Leipzig.
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A. HeuC, E. Hirochberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh. 281
Encyklopadisten war, ob fOrdernd oder hindernd, klarend oder verwirrend,
sie zeigt vor allem, welches ungemeine Interesse man der Musik schenkte,
wie sie zeitweise der Mittelpunkt des ganzen Denkens sein konnte. Ein
Blick auf unsere Zeit wurde ein ganz anderes Bild ergeben, selbst bei
ganz ahnlicben musikalischen Verhaltnissen. Man versuche heutzutage die
Vertreter der Wissenschaften an einem groEen musikalischen Streite, der
sich urn Prinzipien der Musik dreht, teilnehmen zu lassen; sie wurden nicht
mittun ktfnnen, ohne Zweifel ziemlich vollstandig versagen. Schon den
Kampfen und der Opernr evolution Richard Wagner's hielten sie sich ziem-
lich fern und standen ihr teilweise recht kuhl gegentiber, und den Grand
mussen wir unbedingt zum grCfiten Teil in der Entfremdung der Vertreter
der Wissenschaften gegeniiber der Musik suchen. In solchen Zeiten ist des-
halb ein Blick auf Perioden, in denen die Musik im Geistesleben eine ganz
andere Rolle spielte, was bei Wendepunkten der Musik einer Nation besonders
zum Ausdruck kommen mu£, von nicht unerheblicber Wichtigkeit, und inso-
fern kann eine Arbeit liber derartige Zeiten und Verhaltnisse von aktueller
Bedeutung sein. Diesen wichtigen Bezug auf unsere Zeit hat vorliegende
Arbeit aufler Acht gelassen; doch ist dies zuletzt Nebensache. Wichtiger
ist die Frage, ob die Musik, speziell die Oper, auch vor dem Auftreten
der Encyklopadisten eine derartige Rolle in Frankreich spielte, daJJ sie das
flffentliche Interesse erregte. Diese Frage interessiert nicht nur, sondern ist
auch hier von entschiedener Wichtigkeit. Wie sich in vorliegender Arbeit
diese Frage darstellt, ktfnnte man meinen, dafi das allgemeine Interesse erst
durch die Encyklopadisten erweckt worden und geradezu plfltzlich aufge-
treten sei. AuBer der bekannten Schrift von Baguenet >Paralleles des Ita-
liens et Francais en ce qui regarde la Musique et les Operas* (Paris 1702)
(S. 7) und ihrer Entgegnung von Freneuse de la Vieuville »Comparaison de la
musique italienne et de la musique franchise « (1705) (woher diese der Ver-
fasser kennt, davon wird spate r die Rede sein), von welchen die erstere den
fruhesten Angriff auf die franzSsiscbe Oper macht und den ersten Hieb gegen
die franzOsische Musik fubrt, wird uns nicht im mindesten die Stellung klar
gemacht, in welcher die tfffentliche Meinung zur franztfsischen Musik bis zum
Auftreten der Encyklopadisten stand. Dies ware die erste Aufgabe der Arbeit
gewesen, eine absolut notwendige Vorarbeit, ohne die sich nicht ergeben kann,
wie die Encyklopadisten in die ganze Angelegenheit mit eingriffen. Die Lite-
ratur fiber die franzflsische Oper ist gerade von dieser Zeit (erste Halfte des
18. Jahrhunderts) noch keineswegs durchgearbeitet worden, und dafi dies ein
vermutlicher Grand ist, warum auch Verfasser dieser neuesten Arbeit uber
das Thema des Verhaltnisses der franzOsischen Encyklopadisten zur franzdsischen
Oper diese ganze Zeit vor dem Eingreifen der Encyklopadisten ignorierte, dies
werden wir spater sehen.
Was ferner eine Behandlung dieses Stoffes fur alle Zeiten interessant
macht, betriflFt die Frage, wieweit der positive Wert und die Grenzen der
Laienkritik gehen. Hierfur liefern die franzOsiscben Encyklopadisten ein
klassisches Beispiel. Denn als musikalische Dilettanten wird man mehr oder
minder alle, auch Rousseau, bezeichnen mussen, da keiner von ihnen die Musik
derart fachm&nnisch betrieben hatte und sie beherrschte, um in speziellen
Fachfragen seinen ganzen Mann stellen zu kOnnen. Das Eingreifen in musi-
kalische Angelegenheiten von derart geistvollen Leuten erregt dafur aber um
so allgemeineres Interesse, und dies wird wohl auch ein Grand gewesen sein,
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282 A. HeuB, E. Hirschberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh.
warum dieses Thema in neuerer Zeit zu wiederholten Malen in Spezialarbeiten
behandelt worden ist1). Die Behandlung der Frage scheint keine beson-
deren Scbwierigkeiten zu bieten, eben weil man es zu einem guten Teile
mit dem Urteil musikaiischer Laien, allermindestens nicbt Fachleuten, zu ton
bat. Dies ist aber ein Trugschlufl. Um fiber den ganzen Gegenstand ins
klare zu kommen , muB man unbedingt die Forderung erbeben, dafi ein Beur-
teiler i»- der Musik besser beschlagen ist als die Encyklopadisten, und dafi er
vor allem die franzflsische Opernliteratur von Lully bis auf Gluck und
daruber binaus genau kennt, ferner uberhaupt die Gescbichte der Oper be-
ne rrscht; er muB, um es kurz zu sagen, bistorischen Sinn und Verstandnis,
der den Encyklopadisten durcbaus abgeht, mitbringen. Und bier komme ich
denn auf vorliegende Arbeit im Speziellen zu sprechen.
Der Verfasser teilt seine Arbeit in zwei grofie Teile ein, wovon der erste
Abscbnitt die franztfsische Oper im 18. Jahrhundert, der zweite die En-
cyklopadisten bebandelt. Die Literatur iiber die franzCsische Oper ist nicht
gerade klein; jedenfalls la£t sich der ungef&hre Gang ibrer Entwicklung
von Perrin und Cambert bis auf Gluck und Piccini, die als letzte Pfeiler
bier fur uns in Betracht kommen, obne weiteres Quellenstudium angeben,
wenn man weiter nichts bezweckt, als scbon Bekanntes zu wiederholen.
Ein eigentlicbes Quellenstudium wiirde dabei allerdings mancbes der herr-
scbenden Ansicbt fiber Lully und besonders aucb Rameau Entgegengesetzte
und Neue zutage fCrdern und solcher Art der Musikwissenschaft einen be-
deutenden Dienst erweisen. Hiervon ist denn nun in vorliegender Arbeit
nicbt die Rede; was der Verfasser fiber die franzCsische Oper und deren
Hauptvertreter sagt, scbeint kaum an irgend einer Stelle auf Quellenstudium
zu beruben. Hierfiber laBt sicb indessen scbwer rechten, besser und tLber-
zeugender aber daruber, welcbe einschlBgige Literatur der Verfasser besonders
benutzt bat. Obne den geringsten Hinweis zu macben, folgt der Verfasser
in seiner Darstellung der franzfisiscben Oper keinem andern als Otto John,
der im ersten Bande seiner Mozart-Biograpbie ebenfalls versucht bat, ein Bild der
franzCsischen Oper bis zu Gluck zu entwerfen. Es wird mir nichts fibrig bleiben,
als diesen scbweren Vorwurf mit einigen Beispielen zu belegen, die zugleich
zeigen kOnnen, in welch' unerlaubter (nacb dem Gesetz der literarischen Ehr-
lichkeit) Weise der Verfasser seine Vorlage benutzt bat. Die Gefolgschaft er-
streckt sicb namlicb nicbt nur auf die allgemeine Cbarakteristik, sondern auch
auf Einzelbeiten , auf cbarakteristiscbe Beiwfirter, ja ganze, entweder direkt
abgeschriebene oder im Wortlaut etwas umge&nderte Satze. Die Benutzung
Jahn's setzt ungef&hr mit Seite 5 ein und reicbt fast bis zum Scblusse des
Kapitels. Ich gebe im folgenden einige Beispiele, an denen sicb diese Art
der Benutzung Jabns direkt nacbweisen laBt, es dem Einzelnen nberlassend,
die allgemeine Cbereinstimmung selbst nacbzuprufen. Auf S. 493 I sagt
Jabn fiber Lully's Opern: Bei Hirscbberg beiBt es S. 5:
Man fand sie (Lullys Musik) einformig, Es konnte nicbt ausbleiben , daO man
8chwerfallig, langweilig, und ver- die Lullyschen Opern mit der Zeit ein-
fflich sie mit dem Psalmodieren (plain-chant) formig und langweilig zufinden und mit
aer kirchlichen Gesange. dem rsalmodieren (plain chant) zu ver-
gleichen begann.
1) Jules Carlez: Grimm et la musique de son temps 1872. Ad. Jullien: La mu-
sique et les philosophes au 18e siecle 1873. A. Jansen: Rousseau als Musiker 1884
und Pougin: J.- J. Rousseau musicien 1901.
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A. HeuB, E. Hirschberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh. 283
Die Erwfthnung der Schriften von Raguenet und von Freneose de la
Yieuville, ferner das Zitat Grimm's aug der Correspondance litfc. yon Hasse ist
ebenfalls auf Jahn zuruckzufuhren. Anmerkangen 4 und 7 auf der gleichen
Seite.
Oder fiber Rameau.
Jahn S. 494. Hirschberg S. 8.
J. Ph. Rameau kam aas der Frovinz Lullys EinfluC war so bedeutend, daC
als ein anerkannter Musiker 1721 nach es J. Fh. Rameau, der als anerkaunter
Paris. Es gelang ihm nur durch die zahe Musiker 1721 aus der Provinz nach
Energie seines Cnarakters fur Paris gekommen war, erst nach Uber-
seine Opern einen Platz neben den windung der grofiten Schwierigkeiten ge-
Lully8chen zu gewinnen. Er fand, als er la ng, seiner lyrischen Tragodie >Hippo!yte
1733 zuer8t Hippolyte et Aricie auffuhrte, et Aricie* 1733 neben Lully's Opern
den heftigsten Widerspruch von Seiten der Geltung zu verschaffen und erst 1737 mit
A nh anger Lullys, der mcht sobald ermiidete ; seinem Meisterwerk > Castor et Pollux <
indea gelang es ihm seit dem entschiedenen als 54jahriger Mann, allgemeine Aner-
Erfolg seines anerkannten Meisterwerks kennung zu finden.
Castor et Pollux 1737 die Herrschaft auf der
Buhne, wenn gleich nicht ttber Lully, doch
neben ihm vollstandig zu erringen.
In aesthatisch kritischer Hinsicht halte man die Urteile zusammen:
Jahn S. 494 und 495. Hirschberg S. 10.
Rameau8 Oper war eine mit selbstandiger Waren so R.s Opern eigentlich nur die
ErfindungundKunstbildungunternommene Fortbildung der Lully schen, keine
Ausbildung der Lullyschen, keine Umge- Umstaltung ihres Prinzips.
staltung ihres Prinzips. Oder: In ahn- das Orchester und die
licher Weise sind den Choren die Fesseln Chore, wenn er sie auch von denFes-
des bio Den Generalbasses abgenomraen, seln des bloCen Generalbasses be-
die Stimmen bewegen sich frei und aus- freit und die rhytmische und melodische
drucksvoll. Bewegung freier gestaltet hat, mit zu
•Die harmoni8che Behandlung ist reichen harmonischen Effekten in der
reicher und mannigfal tiger sondern Begleitung zu belasten.
wird sogar gesucht una iiberladen.
Oder: Das Orchester ist zu eigentiim- , besonders was die Klang-
lichen Effekten benutzt, sowohl durch die farben der Instrumente und die Ver-
verschiedenen Klangfarben der Instrumente, w e n d u n g des Orchesters zu musikalischen
als durch selbstandlge Motive, welche be- Motiven und mancherlei Detail-
sonders auch zu mancherlei Detailmalerei malerei betrifft.
verwendet werden.
Hier steht, wie man sieht, Jahn iiberall nicht nur sichtbar, sondern auch
greifbar vor uns; indem sein Urteil, das teilweise durchaus einer Revision
bedarf, kritiklos ubernommen worden ist.
Interessant ist, wie der Verfasser Anmerkungen von Jahn benutzt Er nimmt
manche ohne weiteres in seinen Haupttezt auf, aber samtlich ohne Angabe,
woher sie entlehnt sind, so auf Seite 12, die ganz von Jahn (S. 496) inspiriert
ist, die Anmerkungen 11 und 12, welch' letztere sich folgendermafien aus-
nimmt:
Jahn S. 496, 497. Hirschberg S. 12, 13
Auch das Pariser Orchester mit seinem Das diskret akkompagnierende
horbar taktierenden Direktor (dazu die Orchester, das nur vom Klavier aus
Anmerkung: la der italienischen Oper dirigiert wurde, wurde dem Pariser
wurde nur vom Klavier aus dirigiert, Orchester ruhmend gegentibergestellt,
wahrend in der franzosischen der Takt mit dessen Dirigent es nach damaliger Sitte
einem Stabe fortw'ahrend laut geschlagen noch liebte, mit seinem Stabe fort-
wurde. Vgl. Gr^try, M6m. I, p. §9 ff.) wird wahrend den Takt aufzuschlagen.
dem diskret akkompagnierenaen Orchester
der Italiener jyegenuber als eine Gesell-
schaft musikali3cn wenig gebildeter Leute
bezeichnet;
Z. d. II. V. DigitizcglbyV^i
284 A. HeuB, E. Hirschberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrb.
Es wiirde viel zu weit ftlbren, wollte ich hier alles auftuhren, in welcher
Art Verfasser sich an sein Vorbild angelebnt bat. Denn es ist kaum eine
Seite in diesem Abscbnitt zu finden, auf welcher sicb nicht Jahn's Urteil oder
ganze Satze von ibm aufdrangen. Dies gescbiebt sogar bei ganz allgemein
asthetischen Fragen, uber die man gegenwartig so ziemlich einbellig ins klare
gekommen ist, und uber die man, ist man der Meinung fruberer ZeiteD, sich
allermindestens ausweisen muB. tfber die Stellung der Dichtung und Musik
in der Oper hOrt man heutzutage kaum mehr streiten. Der Wagner'sche Satz,
daB Musik nur Mittel sein solle, ist neuerdings wieder Gemeingut ge-
worden. Bekanntlich hat auch Gluck diesen Fundamentalsatz der Opernfisthetik
mit groBen Erfolge wieder befolgt, und daran in erster Linie seine Opernreform
geknupft. Dieses Prinzip griff Jahn von dem Standpunkte, den ihm Mozart's
Opern und vielleicht auch seine Wagner-Gegnerschaft eingegeben hatten, an.
Mit beinahe den gleichen Worten tut dies aber auch der Verfasser unserer
Arbeit, und da es sich in diesem Falle auch urn die Selbstandigkeit eigenen
Denkens und Urteilens handelt, so muB die Stelle angegeben werden.
Jahn S. 512. Hirschberg S. 30.
Da nach seiner (Glucks) Ansicht die Was man ihm (Gluck) zum Vorwurf
Musik den Worten des Dichters dienen machen kann, ist daB die Musik
soil, so folgt er mit seinem scharf charakte- dem breiten Dialog der Dichtung als
risierenden Rezitativ dem breiten Dialog Dienerin in jeder Wendung folgen
in jeder Wendung seiner rhetoriscb au£ solle.
geputzten Darstellung.
Gluck's Prinzip wird ohne weiteres falsch genannt, und zwar kehrt diese
Auffassung bei Behandlung Grimm's wieder, der »verlangt — und das ist urn
so wichtiger zu konstatieren, als Gluck falschlich das entgegengesetzte Prin-
zip aufstellt — daB in der Oper sich der Dichter dem Komponisten unter-
ordnen mttsse.« (S. 62) Das ware iibrigens eine der Fragen gewesen, deren
Behandlung unbedingt zum Thema gehflrt hatte : wie stellen sich die Encyklo-
padisten das Verhaltnis der Oper zum Drama vor? Der Verfasser gibt hieruber
nur ganz nebenbei Auskunft, da er vom Wert dieser Frage gar nicht durch-
drungen ist. Das zeigt sich uberall, wo Verfasser darauf zu sprechen kommt,
auch bei der Inhaltsangabe des Dedikationsschreibens Glucks zur Oper Alceste,
die Verfasser wahrscheinlich auch nur aus zweiter Hand kennt (woher ist mir
unbekannt geblieben; teilweise ist Jahn S. 5 OS benutztj, da er ganz wichtige
Ausfuhrungen Gluck's auslaBt und andere, die bei Gluck gar nicht stehen, an-
fuhrt. Von, »das Orchester solle nicht bloB dazu dienen, die Stimme der
Sanger notwendig zu tragen, sondern auch die inneren Bewegungen zu schildern
und die Situation zu malen* stent bei Gluck auch nicht ein Wort. Welchen
Wert hingegen Gluck auf die >Erzielung einer edlen Einfachheit*, dann auf
das Textbuch legt, worin eigentlich der Kernpunkt von seiner Reform liegt,
davon steht hier aber nichts.
Nicht unwesentlich zur Charakteristik der Arbeit ist es, wie der Verfasser
sich gelegentlich selbst widerspricht. Auf S. 2 1 bei Behandlung Gr^try's wird
gesagt, daB »Gr6try — entgegen Grimm's Forderung nach einem guten Rezi-
tativ — dieses einfach beseitigte und durch den gesprochenen Diolag ersetzte.*
Diese Behauptung entbehrt erstens der Richtigkeit, indem die Opera comique
von jeher gesprochenen Dialog gehabt hatte, dann widerspricht sich der Ver-
fasser selbst des Scharfsten, indem er einige Seiten vorher (S. 16) ganz richtig
ausgefiihrt hatte, daB sich in der auBeren Form die komische Oper von der
Opera seria dadurch unterschied, »daB der Dialog gesprochen wurde, wahrend
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A. HeuB, E. Hirschberg: Die Encyklopadisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh. 285
in letzterer derselbe durchg&ngig musikalisch rezitiert wurde«, wie es auch
Jahn S. 503 sagt, und wie es auch auf S. 64 der Arbeit zu lesen ist, welche
Stelle wieder von Jahn S. 499 (Anmerkungen 22 und 24) inspiriert scheint.
DaB aber Gretry den gesprochenen Dialog eingefuhrt habe, davon sagt Jahn
selbstverst&ndlich nichts. Aber es ist sogar mtfglich, die Entstehung dieses
Irrtums nachzuweisen. Jahn sagt namlich, daB die komische Oper statt des
Rezitativs den gesprochenen Dialog »angenommen hatte*, (S. 503) wobei er
naturlich meinte, von Anfang an, von der Entstehung der komischen Oper
an. Er sagte dies aber gerade bei Besprechung Gretry's, und diese nicht
geniigend genaue Ausdrucksweise reichte hin, um bei dem Arbeitssystem des
Verfassers diesen Irrtum zu erzeugen. Wo bequeme Vorlagen fehlen, spielt
die Unkenntnis der Opernliteratur dem Verfasser oft Able Streiche. Kann
der Verfasser eine einzige Oper von Monteverdi, Cavalli oder Cesti (es sind
diese Zeitgenossen Lully's genannt) namhaft machen, welche den dramatischen
Ausdruck »zuweilen unter der Masse von Koloraturen fast erstickte*, oder
wer hat jemals behauptet, daB die franztfsische Ouverturenform >von den Ita-
lienern uberkommen* sei? (S. 6.)
So mufi fiber den ganzen Teil der Arbeit, der die franzSsische Oper be-
bandelt, der Stab gebrochen werden, und dies deshalb, weil sie fast durchaus
im AnschluB an Jahn gemacht worden ist und nichts wesentlich Neues bringt.
Das scheinbar Neue, Zitate aus den Werken der Encyklopadisten, schreibt
sich teils aus nachgesehenen Hinweisen Jahn's her, dann auch, weil dem Ver-
fasser aus seinem zweiten Teile, die franztfsischen Encyklopadisten, viele Zitate
zur Hand lagen. Auf diesen Hauptteil mussen wir ebenfalls einen Blick
werfen, wobei vom Anfang gesagt sein soil, daB die h&filiche Arbeit des Nach-
weisens der Quellen, die der Verfasser fur seine Darstellung in unerlaubter
Weise benutzte, nochmals vorgenommen werden mufi. Aber es bleibt kein
andrer Weg ubrig, da nur diese Art der Darstellung vollauf tlberzeugend wirkt.
Wir k5nnen hier gleich mit dem Vorwort des Verfassers beginnen, in
welchem er einige Angaben iiber die Schriffcen, welche die franzSsischen Encyklo-
padisten behandeln, macht und teilweise auch kritisiert. S. VH wird die Schrift
von Jullien: La musique et les philosophes au XVlil. siecle, genannt, » welche
in unsystematischer Weise an besonders markante Zitate aus den Werken der
Philosophen feuilletonistische Bemerkungen iiber ihr Verhalten zur Musik
knupft*. Diese Schrift, die mit dieser schlechten Zensur bedacht wird, liegt
nun der ganzen Darstellung der Encyklopadisten zu Grande, und zwar in einer
Weise, die der Benutzung von Jahn's » Mozart « stark gleicht, ja sie teilweise
noch an Originaltreue ubertrifft. Auch die Zitate aus Schriften der Encyklo-
padisten stammen zu einem grofien Teile aus diesem Buche, sodafi die Arbeit
auch als blofie Materialsammlung wenig Neues bietet. Da der Verfasser auf
S. 94 sagt, daB er sich in dem Kapitel: »Cazotte, Laugier und Abbe" de
Mably* auf »Daten und Ausfuhrung der Broschfire von Jullien stutze*, also
die Benutzung seiner Vorlage offen zugibt, so muB der Beweis erbracht
werden, daB der Verfasser auch fur die andern Kapitel durch den Mund seines
Vorarbeiters spricht.
Fiir genanntes Kapitel wird aber die Vorlage so sehr benutzt, daB viele
Stellen eine direkte Cbersetzung sind und nirgends auch nur das geringste
Neue bringen; da mutet denn mehr als eigentumlich an, wenn der Verfasser
am Schlusse des Kapitels sagt (S. 97); >Wir haben diesen nicht so bekannten
Gegner Rousseau's (Laugier) etwas ausfuhrlicher behandelt, weil er der einzige
Digiti^i*y Google
286 A. HeuB, E. Hirschberg: Die Encyklop'adisten u. d. franzosische Oper im 18. Jahrh.
war* etc., was ja durchaus das Verdienst von Jullien ist. Fur das Kapitel
> Rousseau* wird dann ferner das Buch voq A. Pougin »J. J. Rousseau
musicien« herangezogen und reichlich benutzt. Zum Nachweis der uner-
laubten Benutzung der genannten Schriften seien einige Proben mitgeteilt,
die ins Ungezahlte vermehrt werden ktfnnen. Z. B. gerade in dem Kapitel
fiber Grimm:
Jullien S. 8. Hirscbberg S. 50.
Grimm, comme Rousseau, ne jugeait Fur Grimm, wie fur Rousseau war das
la musique que d'apres rimpression plus ou Ohr in musikalischen Dingen das allein
moins vive qu'il ressentait et ne prenait Entscheidende, das Wohlgeiallen, das sie
pour guide que son oreille. S. 9 D va durch den Wohllaut de« Gehorten empfan-
sans dire qu'a Texemple de Rousseau, den Nach dem Beispiel Rousseau's
Grimm estimait qu'on pouvait parler schrieb auch Grimm sich das Recht zu, iiber
musique sans en rien savoir. Musikzu sprechen,.phne sie wisseoschaftlich
iTolgt ein Zitat, (welch1 schlechte Ubersetzung von savoir;
gemeint ist selbstverstandlich, daB Gr. und
K. in der Musik keine Fachmusiker waren
betrieben zu haben. Folgt das gleicbe Zitat
wie bei Jullien, wie auch das folgende Zitat
gleich darauf bei Jullien (S. 9} stent.
Oder im Kapitel liber Rousseau, in dem der Absatz auf S. 67 einen Auszug
aus Jullien (S. 13) gibt, und bei welchem das Anfuhren des Zitats den klarsten
Beweis liefert, daB es von Jullien stammt, weil es die gleichen Satze (nach:
bonne foi) auslaBt. Hierauf heifit es:
JuUien S. 15. Hirschberg S. 67.
II faut, pour etre juste, reconnaitre Es ist nicht zu bestreiten, daB Rousseau
que Rousseau avait un vif sentiment de sein ganzes Leben lang von einer wahren
la musique et qu' elle avait sur lui un Leidenschaft fur die Kunst der Musik be-
puissant empire, mais, bien qu' il se targuat seelt und sein musikalisches Gefuhl aufs
du titre de philosophe, il la jugeait uni- feinste ausgebildet war . . . . , S. 68. Trotz
quement d'apres ses sensations et mettait dieserphilosophischenBeffrundungstammen
toute sa science du raisonnement, . . . . , R.'s musikahsche Urteile stets aus den
au service de la musique qui le ravissait Empfindungen , die zufallig gehorte Musik
le plus a un moment donne; il faisait ainsi in mm zuriicklieG, Das Lustgefuhl
de la raison rhumble servante de Toreille. des Gehors war fur ihn das Entscheidende. —
Das vorhergehende Zitat aus der »Lettre sur la musique* steht ebenfalls
bei Jullien (S. 14), w&hrend der folgende Abschnitt einen Auszug aus Pougin
gibt, wogegen man nicht so sehr viel einwenden kftnnte, wenn nicht bei der
Aufzahlung der Rousseau'schen Musikschriften, die mit einigen (wohl flucntigen)
Auslassungen Pougin S. 47 entnommen ist, Stellen wie
Pougin S. 47. Hirschberg S. 69.
sans compter peut etre aussi son im- 5. mit mehreren Kapiteln in seinem
portant Essai sur 1 origine des langues, qui hervorragenden >E. s. Tong. d. l.«, welches
semble dater de la meme epoque , mais aus derselben Epoche zu stammen scheint,
qui, ainsi que les deux precedents, ne fut wenn es auch, wie die vorhergehenden
publie que beaucoup plus tard, dans Schriften, erst viel sp'ater in die Auagabe
I1 edition de ses oeuves completes. seiner ceuvres completes aufgenommen
vrurde.
darlegen wurden, wie vollstandig abhangig man von seiner Vorlage ist. Es
hat keinen weiteren Zweck, hier Stelle ftlr Stelle zu zitieren, da die Kritik
einen gewaltigen Umfang annehmen wurde und es keine h&filichere Arbeit
gibt, als auf diese Weise gegen eine Arbeit verfahren zu muesen. Der
genaue Nachweis, daB der grofite Teil dieser Scbrift von Vorlagen so durcb-
aus abhangig ist, daB von einer ehrlichen, einigermaBen eelbstandigen Arbeit
keine Rede ist, kann selbstverstandlich jederzeit angetreten werden. DaB Ver-
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Musikberichte. 287
fasser einiges neue Material aus Schriften der Encyklopadisten bringt, soil,
wie bereits gesagt, genie anerkannt werden; mangelhaft ist aber in dieser
Beziehung besonders die Durcharbeitung. Verfasser sichtet nicht, bat sicb
nicht den geringsten Plan gemacht, nacb welchem die Schriften der Encyklo-
padisten dnrcbzuarbeiten waren, wiederholt sicb oft (was Rousseau z. B. fiber
die Melodie sagt, findet sich an verscbiedenen Stellen, z. B. S. 75 and S. 78 <,
er behandelt immer wieder Dinge, die mit dem Thema »Die Oper und die
Encyklopadisten* nicht das Geringste zu tun haben, so die rein theoretisch-
mnsikalischen Fragen, wie fiber Harmoniesysteme u. dgl. In welcher Art die
Schriften der Encyklopadisten zu behandeln w&ren, das vermag in ausgezeich-
neter Weise der Aufsatz Hermann Kretxschmar's »Die Correspondence litteraire
als musikgeschichtliche Quelle < im eben erschienenen Jahrbuch der Musik-
bibliothek Peters fur 1903 zu zeigen, der mich infolgedessen der Miihe ent-
hebt, noch naher auf diese Arbeit einzugehen und darzutun, was man alles
Ton einer Spezialarbeit wie der des Verfassers erwarten kann und darf. Doch
dieses ware selbstverstandlich kein Grand , warum diese Schrift als selb-
standige Arbeit nicht anerkannt werden kann: es ist die literarisch unehrliche
Art und Weise, wie vom Verfasser Vorarbeiter benutzt wurden. Gegen diese
mufl unter jeden Umstanden Einspruch erhoben werden, und aus diesem
Grande schreiben sich auch in erster Linie diese Zeilen her.
Alfred Heufi.
Musikberiohte.
Berlin. Oper. Am Neujahrstage wurde die 200. Auffuhrung der ,Mignon' von
A. Thomas festlich begangen ; die auBere Ausstattung war fast zuprachtig, der musikalische
Teil hatte besser sein konnen. Der Wiesbadener Kapellmeister Prof. Schlar, der
dirigierte, kann sich mit onseren standigen Kapellmeistern nicht messen; er gefallt
sich in krassen Gegensatzen und liebt besonders das Blech und die groBe Trommel.
Infolge der aus Sicherheitsruck&ichten fttr das Personal erfolgten zeitweitigen SchlieOung
des Opernhauses (vom 16. Jan. ab) und Verlegung der Vorstellungen nach dem nicht
alle Tage freien Neuen Operntheater muBten die versprochenen Neueinstudierungen
and Novitaten verschoben werden. Die Wiedereroffhung des Opernhauses konnte erst
am 1. Marz erfolgen. Bald darauf erlebte Saint-SaeW »Samson und Dalilac die 60. Auf-
fuhrung innerhalb 3 Jahren, wurde die langst versprochene Neueinstudierung des
> Lohengrin* zur Tatsache; diese brachte nicht nur eine uberaus prachtige aufiere
Ausstattung, sondern war wieder einmal eine musikalische Tat unserers KM. Dr Muck;
ob es freilich richtig war, die Striche in den Finalis des 2. und 3. Akts wiederaufzu-
machen, mochte ich bezweifeln, da durch Wiedereinfuguug der musikalisch schonen
Enaemblestellen der Gang der Handlung aufgehalten wird.
Das Theater des Westens hielt im Januar mit seinen Novitaten zuriick,
offenbar urn das Ensemble durch Vorflihrung alterer bekannter Opera zu festigen.
Als ein Zugstuck erwies sich Ofifenbachs ,Schone Helena', die in der prachtigen Neu-
ausstattung bereits 30 Wiederholungen erlebt hat, obwohl die Besetzung nicht hervor-
ragend war; im 3. Akt war eine groCe Ballettpantomine »Das Urteil des Paris* von
Direktor Alois Prasch eingeschoben , zu der S. Landecker die Musik nach Offenbach-
und Wagnermotiven (welch ein Frevel!) zusammengestellt hatte. Bei der Neuein-
studierung von Nicolais ,Lustigen Weibern' uberragte der Falstaff des Herrn Stammer
bei weiten das Ensemble, in dem ubrigens fast taglich neue Krafte auftreten. Die
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288 Musikberichte.
Urauffiihrung von Oskar Straus einaktiger Oper »Colombine« (13. Febr.)T
deren Text nach Erich Korns gleichnamiger Bajazzade von Arthur Pserhofer bearbeitet
ist, brachte eine Entt'auschung : selbst das Colombinenlied war schwach; die Stellen
aber, wo der bekannte Uberbrettlkomponist, pathetisch oder gar tragisch wurde, ver-
fehlten vollig ihre Wirkung. Trotz vorziiglicher "Wiedergabe der Hauptrollen durch
Lina Doninger und Hans Geissler ist dieses Werkchen doch bald vom Repertoir ver-
schwunden. Nicht viel besser ist es der einaktigen, mehr als 40 Jahre alten Operette
>Die Tante schlaft* von Henri Caspers ergangen, obwohl Lina Doninger darin als
Kammerzofe Hervorragendes leistete. Marschners ,Templer', der unserer Hofbuhne
seit melir als 20 Jahren ferngeblieben ist, erlebte unter Hans Pfitzner eine verhaltnis-
m'aBig gute Auffuhrung ; noch groBere Striche waren dem oft schleppenden Gang der
Handlung fdrderlich gewesen. Juan Luria war ein tiichtiger Templer, brav Herr
Geissler als Richard, famos Stammer als Tuck; lebhaft interressierte Roxy King als
Rebecca. — Kleists Lustspiel ,Der zerbrochene Krug' ist von Heinrich Lee zu einer
volkstiimlichen komischen Oper in 3 Akten, von denen die 2 ersten die aus Kleist
sich ergebende Vorgeschichte enthalten, mit einigen Veranderungen hergerichtet, bzw.
auseinandergezogen worden; naturlich hat — gleichgiltig ob der Gang der Handlung
darunter leidet oder nicht — jede Figur ihre Arie oder ihr Couplet erhalten; sogar
der Gerichtsrat Walter macht nach seiner nachtlichen Ankunfb im Gasthaus seinen
Gefiihlen iiber die Friihlingsnacht in einer l'angeren Arie Luft! Wichtige Punkte der
Handlung, vor allem die den dritten Akt fUllende Gerichtsszene sind dem Dialog uber-
wiesen, der am besten ist, wenn er sich wortlich an Kleist anschlieBt. Im allgemeinen
ist das Libretto kein Meisterwerk. doch bietet es einige hiibsche Ensembleszenen. Die
Musik zu dieser Oper, die am 17. M'arz mit 'auBerlich starkem, aber sicberlich nicht
nachhaltigen Erfolg in Szene ging, riihrt von Georg Jarno her, einem geschickten
Instrumentator, fur den volkstumlich mit sentimental- vulgar identisch zu sein scheint !
Er hat, nicht bloB in der Operettenliteratur, fleiBig Umschau gehalten; die Stellen.
die nicht nach beruhmten Mustern gearbeitet sind, sind zu zahlen. Czibulka's Stephanie-
Gavotte wird bei dem Besuch des Dorfrichters in Evchens Kammer zu neuem Leben
erweckt. Die potpourriartige Ouvertiire ist viel zu lang, das Orchestervorspiel vor
dem 3. Akt langweilig und uberflussig. Am gelungensten ist wohl der Walzer Evchens
im 2. Akt und das Terzett zwischen Eva, ihrem Brautigam und ihrer Mutter;
charakteristisch das Couplet des Dorfschreibers (im 3. Akt), dessen Text fur eine
Volksoper aber reichlich frivol ist. Der neue Lortzing, den wir brauchen, ist Herr
Jarno sicher nicht. Die Oper war von Kapellmeister Max Roth gut einstudiert; Lina
Doninger feierte als Eva Triumphe, wahrend Stammer als Dorfrichter nicht ganz auf
der Hohe stand. W. Altmann.
Bern. Da unsere Opernbiihne einige Jahre lang ganz feiern muBte, so gibt ihre
erste Tatigkeit im neuen Hause (s. Heft 3, S. 131} ein anschauliches Bild iiber die
Lebensbedingungen, unter die in einer Stadt mittlerer GroBe ein Institut dieser Art
sich gestellt sieht. Es ist von vornherein klar, daB die Buhne zun'achst mehr dem
Geschmack des Publikums zu folgen, als solchen zu bilden oder in groBerem MaBstab
zu beeinflussen hatte. Eine geschickte und gebildete Direktion wird gleich danach
trachten, beides zu vereinigen, um iiber augenblickliche Erfolge hinaus eine Grundlage
fur ihre sp'atere Wirksamkeit zu gewinnen. Aber die Aufhahmefahigkeit des Publi-
kums wirkt wie ein ehernes Gesetz. Darum konnte auch hier jedes Werk nur in einer
kleinen Reihe von drei oder vier Vorstellungen , selten mehr, erscheinen, womit es
zusammenh'angt, daB die Menge der aufgefuhrten Werke entsprechend groB war. Da
fallt es nun auf, wie wenig neuere Schopfungen ein Operninstitut, wenn ihm nicht
groBstadtische oder residenzliche Hilfsquellen zu Gebote stehen, zu bieten vermag.
Rechnen wir von der Wagner'schen Muse Tannh'auser und Lohengrin noch zu den
'alteren Werken (die Walkure ist erst in Vorbereitung), so ist mit der unvermeidlichen
Cavalleria nebst Pagliacci und Humperdinck's Hansel und Gretel, wozu sich das
Melodram Konigskinder gesellte, eigentlich alles neuere genannt; nur Hoffmann's Er-
z'ahlungen, die ja jetzt die Runde auf alien Biihnen machen, sind noch beizufiigen.
Die Griinde fur diese Beschrankung sind ja nicht bloB lokaler und auch nicht bloB
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Musikberichte. 289
finanzieller Nator. Sie kommt aber keineswegs ausschlieBlich oder auch nur vor-
wiegend den Werken der klassischen Periode zugut. Einige andere Gruppen erfreuerv
sich dauernder Sympathien. Wir nennen die altere groBe franzosische Oper (JUdin,
Hugenotten , Margarete , deren Art den beutigen , mehr fur das Dramatische ge-
schulten Darstellern besonders gut liegt; wir nennen ferner die Gruppe Lortzing-
Xicolai, die der dankbarsten Aufnabme immer nocb sicher ist. Eine dritte Gruppe, die
Operette, hat man nacb einigen nicbt erfolglosen Versucben mit Recbt, d. b. zugunsten
einer sebr notwendigen Konzentrierung, bei Seite gelegt, und denkt sie fortan ganz
der Sommerbiibne zu uberlassen. Wenig sind die Italiener zu Worte gekommen, in
der zweiten Saisonhalfte nur mit Rossini's Barbier, dessen rezitierender Teil eines
wiirdigeren Gewandes auf deutscben Bubnen dringend bediirftig ware. Die deutscbe
Oper der klassischen und fruhromantischen Periode blieb auf Zauberflote, Don Juan,
Fidelio und Freischiitz beschrankt, was freilich von dem idealen Standpunkte einer
mehr intensiven Kunstpflege vollig genug ware. Bei der Zauberflote, auf deren
Szenierung besonderer FleiB verwendet wurde, ist das Ideal insofern erreicht
worden, als es nach einer stets vollbesuchten Serie gelang, das Werk durch eine
Sonntag8nacbmittags-Auffuhrung in die Reihe der Klassikervorstellungen mit hinein-
zubringen, was zu Stadt und Land freudig anerkannt und mit einem
ausverkauften Hauae belohnt wurde. Der Versuch h'atte noch einige Male gewagt
werden diirfen ; aber, wie icb glaube, liegt die Schwierigkeit dariii, daB fur den Sonn-
tag Abend dann je ein besonders zugkraftiges Stiick der Schauspielsparte bereit
sein miisste, wenn nicbt doch ein Minderertrag eintreten sollte. Mit Mozart's Don
Juan sind wir noch lange nicht soweit, daB er als klassisches Stuck den breiten Volks-
schichten als Bildungsmittel zugefiihrt werden diirfte; die Grunde sind allgemeiner
Natur und sattsam bekannt. Nach den Munchener Erfolgen sollte man aber nicht so
resigniert der Verdeutschungsfrage gegeniiberstehen, wie der Herausgeber des Buches
in der Reclam'schen Sammlung, C. F. Wittmann, der (S. 12 dort) meint: >die Ge-
sangslehrer und Konservatorien batten keine Zeit, literarhistorische Studien und Prii-
fungen neuer tJbersetzungen zu machen.c Vielleicht haben diese auch > keine Zeit<
mehr, ihren Schulern die Regeln iiber die notwendigen Verzierungen, iiber die
sympathischen Noten, das appoggiamento usw. beizubringen , die man vor 30 bis
50 Jahren auch in deutschen Landen noch ganz gut kannte, wie una z. B. Ferd.
Siebers Lehrbuch der Gesangskunst beweist Die hiesigen Sanger, sonst ganz
tuchtig gebildete Krafte, wissen groBenteils nicht einmal im Seccorezitativ diese Regeln
anzuwenden. Eine in der Tagespresse aufgetauchte Einzelfrage, ob der Donner im
ersten Finale berechtigt sei, habe ich in einem Aufsatz im hiesigen >Bund« benutzt,
um das Interesse des Publikums fur die Fragen der Szenierung und Verdeutschung
des Meisterwerks wieder einmal rege zu machen. A. Thiirlings.1).
Genf. Im letzten Bericht sind einige Druckfehler zu korrigieren ; es muB heiBen
>Barblan« und eine Zeile weiter »Otto Wend«, auf Zeile 12 und 11 (von unten ge-
leaen) »geschulmeistertc. >Traduttose-traditose« korrigiert sich von selbst in »Traduttore
traditore«.
Seit dem letzten Bericht ist nun manches zu berichten. Die Abonnements-
konzerte wurden am 20. M'arz beendigt. Das vierte Konzert brachte uns einen
berrlichen Beethoven -Abend mit Auffiihrung der neunten Symphonic. Herr Prof.
Lauber hat das Yerdienst, das Verstandnis fur diese Riesenpartitur im Publikum ge-
weckt zu haben durch einen Vortrag iiber Gkschichte, Bau und Asthetik der neunten
i) In dem sehr interessanten Aufsatz beantwortet der Verfasser die Frage durch-
aus bejahend. Er sttitzt sich insbesondere auf die Worte der Gegner Don Juans:
Odi il tuon della vendetta! Hor den Donner der Rache! »Die Art nun, wie Mozart
in mehrfacher Wiederholung gerade das Wort >Odi« mit scharfem Akzent an die
Spitze stellt, und wie nachher, wo Juan eine trotzige Haltung annimmt, das: Odi il
tuon! ganz fur sich allein ihm entgegengeschleudert wird: Horch, horch, wie's donnert!
weist doch zu deutlich auf ein wirkliches Gtewitter hin und 1'aBt die Beschrankung auf
bio C bildliche Ausdeutung kaum mehr zu.< Die Redaktion.
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290 Musikberichte.
Symphonic. — Vor etwa 20 Jahren hatte Hugo von Senger das Werk unter ziem-
lich erschwerenden Umstanden zur Ausfiihrung gebracht; diesmal, unter Willy Reh-
berg, ging alles gut yon statten, soweit dies bei immer noch zu kurzer Vorbereitungs-
zeit eben moglich war.
Das fiinfte Konzert war den Romantikern Schumann und Mendelssohn ge-
widmet.
Der russischen und skandinayischen Schule gait das sechste Konzert mit
Rimsky-Korssakoffs Symphonic »Antar«, Liedern von Tschaikowsky, gesungen von Frau
Ida Ekman, einer authentischen Finnlanderin und Glazounows Thema mit Variationen,
der 6. Symphonic entnommen. Einc gate Schulerin Leschetitzki's, Frl. Marcelle
Charrey aus Genf, spielte Grieg's Amoll-Konzert ; zum Schlufi kam eine gauze
Reihe schwedischer Lieder-Komponisten zu Wort.
Das siebente Abonnementskonzert, und damit wollen wir heute schHeOen.
gait der neufranzosischen Schule, die in unserer halbfranzosischen Stadt viele Sympa-
thien genie&t. Es gab da zunachst Henri Duparc's »Lenore«, eine symphomsche
Dichtung, in der man von der Entftthrung Leonorens durch ihren toten Brautigam
unterrichtet wird (naeh Bfirgers Ballade). Von dem sear chromatisch gesinnten, scharf-
geistigen Tonspekulanten Vincent d'Indy erklangen Fragmente aus der neuesten Oper
».L'Etranger«. Von Henri Rabaud, Schiiler Massenets, konnte man eine 'Ecloga nach
Virgiline' »Bucolica« bewundern. Der Geiger Oliveira (Valerio Franchetti) trag das
famose Konzert von Lalo vor, sowie die Havanaise von Saint-Saens >la joyeuseMarche*
von Chabrier, eines der erlesensten Stiicke franzosischer Schule, beschloO den Abend.
C. H. Richter.
Karlsruhe* Zur Pflege der Musikgeschiehte. [Bachkonzert. Vortrag uber
Gluck]. Bin wirklichcs Verdienst unserca fruheren GenerahnusikdirektorB Mottl war
sain begeistertes Eintrcten fur Bach. Er erhob in einem Vortrag den Ruf : >mehr
Bach!< und funrte in einer Anzahl von Kircbenkonzerten fast ausschlieBlich Werke des
AHmeisters vor. Erziehen soUte diese hohe Kunst zur Freude an allem Hoehsteheaden
und Tieftinnigen, ablenken vom Oberflachlichen, und so aueh klarend wirken zum
Verstandnis der Werke der Gegenwart, zur Unterscheidung zwischen dem, was ernst.
gehaltvoll und bedeutend, und dem, was seichte Tagesware ist Diese Bhnichtung
hat nach Mottl's Weggang Hofkapellmeister Gorter fortgefuhrt. und so batten wir
vor kurzem die 7. > Auftuhrung kirchlicher Musik mit besonderer Beriickeichtigung der
Werke von Johann Seb. Bach*. Es sind ja unerschopfliche Sch'atae, die noch zu
heben sind — wer kennt wohl alle 286 Kirchenkantaten? — und ist auoh nicht alles
gleichwertig, so ist doch auch kein Werk darunter, das nicht glanzende Perlen auf-
wiese. Den Beginn machte Nr. 62 der Breitkopfschen Ausgabe >Nun komm, der
Heiden HeUandc, ein in alien Teilen ganz vollendetes Werk; der erste Chor sucht
in ganz unglaublicher, nur einem Bach moglicher Kunst die gauze Tiefe des gottfcchen
Geheimni88es una zu offenbaren; die frische Tenorarie in G gibt der Freude fiber
dieses Wunder lebhaften Ausdruck, ebenso bewunderungswurdig ist die BaOarie in D,
»Streite, siege, starker Held* ! Besondere Beachtung verdient es, wie wenig hier die
Koloratur aufierlicher Schmuck ist, sondern wie naturlich sie dem freudigen Kraft-
gefuhl entquillt. Es folgte die Kantate (Nr. 57 Br.) >Selig ist der Mann*, ein Dialog
zwischen Jesus und der Seele. Nach dem wunderbaren Bibelwort, das die Einleitung
bildet, folgt ein Text von der weichen, spielenden Art der Herrenhuter Dichtung jener
Zeit, die auch in die religiosen Stoffe das unwahre, saftlose Liebesgetandel des damaligen
Modegeschmacks hineintragt. Und nun kommt Bach daruber, hebt, adelt, verklart, wie
una das ja in den Passionen auch so deutlich hervortritt, das Geringe, Kraftlose, ja Un-
wahre und schafft Werke, deren tfberlegenheit gegentiber der gleichzeitigen Dichtkunst
ganz unermeGlich ist. Die einleitende BaCarie mit ihren ausdrucksvollen, langgezogenen
Noten, die Sopranarie >ich wiinsche mir den Tod* schlagen tiefbewegliche Tone an,
w'ahrend in den folgenden Worten Jesu Trost und Zuversicht gespendet wird und,
nachdem die Seele diesen Trost in sich auf- und angenommen, der Schlufichor, trotz-
dem die Freude eine verhaltene ist, doch von der siegesgewissen Melodie >Lobe den
Herren* getragen wird. Den SchluB bildete Kantate Nr. 28, »Gottlob, nun geht das
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Musikberichte. 291
Jahr zu Ende«, beginnend mit einer einfach-lieblichen, lebhaft fortschreitenden Sopran-
arie, woranf ein figurierter Choral von vollendetster Kunst und tiefer Wirkung folgt.
In einem Duett zwischen Alt und Tenor benntzt der Tondichter die Koloratur, urn
die wichtigsten Worte nachdrucklich hervorznheben. — Freilich kann man nicht ver-
schweigen, daB manches nicht sehr sanglich ist, und darum unsern heutigen, raeist in
der Technik dee Gesanges nicht lange und griindlich genug ausgebildeten Sangern
sobwere Aufgaben stellt. — Zwischen die drei Bach'schen Eantaten war Palestrina's
>Stabat Mater* (mit Benutzung der Vortragsbezeichnung usw. von Wagner). >Wie
anders wirkt dies Zeichen auf mich ein*, und doch: alles wahrhaft GroBe ist sich
wesensverwandt und lafit sich darum auch zusammen bringen. Yerdienstlich sind auch
bei dieeen Konzerten die Erlauterungen, die den Programmen beigegeben sind; wie
wenige Besucher sind in der Lage, aus den Quellen zu schopfen, einen Spitta oder
Bitter nachschlagen zu konnen! —
In gleicher Weise verdienstlich fur Kenntnis und Wiirdigung der bedeutendsten
Erscheinungen frfiherer Musikperioden war der Vortrag, den Professor Ordenstein,
Direktor des hiesigen Konservatoriums, in der »Yereinigung fur heimatliche Kunst-
pflege« fiber » Gluck, den Reformator der Oper*, hielt. Er bildete die Fortsetzung
eines im vorigen Jahre an gleicher Stelle fiber die »Entstehung der Oper< gehal-
tenen. Dort hatte der Vortragende fiber Entwicklungen auBerhalb des deutschen
Vaterlandes berichten mfissen; aber es gait, die Entstehung einer Kunstgattung
darzulegen, die, wenn auoh nicht in Deutschland erwachsen, doch hier ihre groBte
Vertiefung und wfirdigste Ausgestaltung gefunden hat, so daB seit Wagner ja
die 0pemkompo8ition aller Lander von Deutschland aus beeinfluBt worden ist. Im
cKesjahrigen Vortrag wurde zuerst ein Bild gegeben von dem Verfall, in den die urn
das Jahr 1600 zu Florenz geschaffene Kunstform geriet, wie sie, losgelost von allem
volkstumlichen und mit dem Leben zusammenhangenden organischen Bilden, immer
mehr zur hofischen Luxuskunst herabsank, die ihren Zweck nicht mehr im Ausdruck
menschlichen Fuhlens, sondern nur noch in der Entfaltung auBerlichen Prunkes und
leerer Gesangsvirtuositat sah.1) Die Sanger und Sangerinnen mit ihren Bedfirfnissen
naoh personlichen Erfolgen wurden fur die immer mehr zu schablonenhafter Massen-
produktion herabsinkenden Opernhervorbrmgungen die mafigebenden Hauptpersonen,
nach deren Wfinschen Textdichter und Komponist ihr Werk einzurichten hatten. Aus
der, diesem Verhaltniese entspringenden Anspruchslosigkeit in bezug auf den innern
Wert der Dichtung und der Olusik erklart es sich, daB selbst Xomponisten von mittlerer
Begabung, wie der Dresdener Hofkapellmeister Adolf Hasse2) neben einer ungeheuren
Ansahl anderer Kompositionen fiber 100 Opern schreiben konnte. Aus einer Gegen-
uberstellung der sozialen und kfinstlerischen Existenz J. S. Bach's und seines oben
genannten Zeitgenossen Hasse, ergab sich die betrfibende Tatsache, daB in Deutsch-
land unter den Nachwirkungen des 30jahrigen Krieges, der den Zusammenhang aller
nationalen Kultur zerschnitten hatte, die italienische Oper und ihre Vertreter sich der
groBten materiellen Forderung erfreuten, walirend deutsche Musik und ihre groBten
Meister nur mit mfihsamster Anstrengung kaum ihr Leben fristen konnten. Die
Analyse einer Oper von Alessandro Scarlatti und die Wiedergabe von Urteilen
W. A. Sehlegel's und aus Sulzer's Theorie der schonen Kfinste fiber die vorgluckische
Oper vervollstandigten das Bild, welches der Vortragende von ihrer Beschaffenheit
entworfen hatte. — Die folgenden Darlegungen waren den Umgestaltungen gewidmet,
welche die alte Operaform durch Gluck erfuhr. Dieser hatte zwar als Komponist im
hergebrachten italienischen Stile begonnen, sich aber allmahlich zur Aufstellung eines
ganz neuen Kunstideals emporgerungen, das er im Verein mit seinem Textdichter
1) Diesen Standpunkt kann die heutige Wissenschaft in diesem Umfange nicht
mehr anerkennen. Die Partituren der Leonardo Leo, L. Vinci, Trajetta, Hasse zeigen,
daB diese Zeit der Oper mit Unrecht in die so schiefe Stellung gerfickt worden ist, in
der sie gemeinhin stent. Anmerk. der Red.
2) Ein Kirastler von mittlerer Begabung war Hasse nicht; was naturliche Ver-
anlagung zur Musik betrifft, darf man ihn ruhig neben Gluck stellen, Anmerk. der Red.
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292 Musikberichte.
Raniero von Calzabigi zum ersten Male in » Orpheus* verwirklichte und dem er in den
Vorreden zu seinen Opern »Alceste« und » Paris und Helena« auch eine theoretische
Darstellung gab. Aus tlrteilen Wielandt's und Herder's wies der Vortragende die
gewaltigen, von Gluck's Reformen hervorgebrachten Wirkungen auf die ersten Geister
der Nation nach, denen allerdings auch stark e Anfeindungen von seiten auch tiichtiger
Musiker, wie Forkel und Agricola, entgegenstanden. Auf Grand der Forschungen
von Gustave Desnoiresterres l) wurden alsdann die Pariser Musikverhaltnisse vor Gluck's
Ankunft, das Leben und der Charakter Piccini's und der Verlauf des bekannten erbitterten
Streites zwischen Gluckisten und Piccinisten, der bekanntlich mit dem vollstandigen
Siege des deutschen Meisters iiber den Neapolitaner endete, dargelegt. Besonders
interessant waren die Mitteilungen iiber das eigentiimlich schwankende Verhaltnis von
Maria Antoinette zu diesem Kampf der Geister. Wohl begiinstigte sie ihren Lands-
mann und ehemaligen Lehrer nachdriicklich ; aber eigentlich war ihre Neigung weit
mehr der italienischen Richtung zugewendet, wie spater auch Sacchini und Salieri (vergl.
das interessante Buch von Ad. Jullien, la cour et l'opera sous Louis XVI.;. Ebenso
merkwiirdig ist die Tatsache, daG Piccini selbst, der von der Gegenpartei auf den
Schild gehoben und gegen Gluck so hitzig verteidigt wurde, personlich eine selbst- und
neidlose Hochachtung vor dem groBen Rivalen hatte, ja sogar viel von ihm annahm. —
Der gehalt voile, mit einer Fiille farbiger und lebensvoller Details ausgestattete Vortrag
wurde aufs gliicklichste illustriert durch die Gesangsvortrage von Frau Lydia Hollm
und Herrn Fritz Haas vom hiesigen Konservatorium. Die Sangerin trug mehrere
Partien aus der fast unbekannt gebliebenen Oper > Paris und Helena* vor, die der
Xomponist selbst sehr hoch stellte. Wirklich sind die einzelnen Alien sehr schon
und verdienten, in hohem MaBe zum Konzertgebrauch hervorgezogen zu werden. Frau
Hollm gab dann in zwei Arien aus Piccini's >Dido« und >Alessandro nelle Indie*
charakteristische Beispiele der Kunst des bel canto, w'ahrend Herr Fritz Haas in dem
bekannten Einleitungsgesang des Agamemnon aus der aulischen Iphigenie, wie in der
Arie des Thoas aus der taurischen besonders markante Proben des neuen, wahrhaft
dramatischen Stils vorfuhrte. So schied man dankbar fur wissenschaftliche Anregung
und kunstlerischen GenuB. C. E. Goos.
Munchen. Das Ereignis der letzten Konzertwoche bildete die Erstauffuhrung der
Mahler'schen D-moll-Symphonie (Nr. 3) in Stavenhagen's drittem >modernen Abend*.
Seit die sanft entschlummerte »Gesellschafb fiir moderne Tonkunst* (uraprunglich
»Hugo Wolf-Verein«), den vielgepriesenen und -geschmahten Wiener Hofoperndirektor
Gustav Mahler personlich zur Direktion seiner C-moll-Symphonie hierher zitierte, hat
auch das hiesige Publikum ein unleugbares Interesse fur ihn bekundet, das sich gleichfalls
bei der ebenfalls vom Komponisten geleiteten Auffuhrung der G-dur-Symphonie bei
Kaim dokumentierte. Auch in der D-moll-Symphonie, die mit ihren sechs Satzen ihre
Sch western um Haupteslange iiberragt, nnden wir wieder jene Ingredienzen, ohne
welche das Mahler'sche Symphonierezept anscheinend nicht denkbar ist|: etwa Himmel-
stiirmerei, ein wenig Sentimentalitat, ein Gedicht aus >des Knaben Wunderhornc und
— ein Menuett. Und auch hier wieder stieg uns die Frage auf, warum all das so
sein muB: aus Notwendigkeit oder aus Origin alitatssucht? MuB Mahler so wie er
kann, oder will er es nur so? Mich diinkt, seine Kunst ist nicht der Ausdruck eines
echten, urspriinglichen Kiinstlers, der in heiligem Schaffensdrang gebiert, sondern da
fabriziert eben ein groBer Technikus ein Homunkulus-Kunstwerk mit ungeheurem
Raffinement in der Retorte. Aber wie er's macht, ist bewundernswert. Da ist kein
Effekt, der nicht so herauskame, wie er beabsichtigt war — und das will was bedeu-
ten ; schreibt doch selbst ein Richard StrauB bisweilen Augenmusik, tauscht sich doch
anscheinend selbst dieser gewaltige Orchesterherrscher iiber die reale "Wirkung hier
und da. Das gewaltige Konnen Mahler's werden eben selbst seine verbissensten
Gegner (und er scheint es nur mit solchen oder weihrauchhimmelnden Korybanten a la
^odnagel und Konsorten zu tun zu haben) nicht leugnen konnen. Und deahalb darf
man Stavenhagen, der das Werk wahrhaft glanzend mit Einsetzung seiner ganzen
1) Vergl. dessen Buch » Gluck et Piccini*.
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Vorlesungen iiber Musik. 293
Personlichkeit interpretierte, nur dankbar sein fur die Vermittlung dieser neuen Be-
kanntschaft. Der Lehrerinnenchor und Frl. Harry v. d. Harst .aus Leipzig
als Solistin setzten ebenfalls ihr bestes Konnen ein und der reiche Beifall zum Schluft
bewies wieder, wie sehr man die kiihne Initiative, den Bann des Gewohnten durch
Veranstaltung moderner Orchesterkonzerte zu brechen, zu wiirdigen weiC. E. Istel.
Wiesbaden. Heinrich Spangenberg's einaktige Oper »Korsische HochzeiU errang
bei ihrer Urauffuhrung am hiesigen Hoftheater einen starken, unbestrittenen Erfolg.
Das Textbuch, von J. Hoch nach einer Novelle Konrad Telmanns verfaBt, ist von
starker dramatischer Wirkung. Die Musik Spangenberg's ist, zomal in den lyriscben
Partien, wie dem Liebesduett zwischen Tobia und Angiolina, von grofier melodischer
Schonheit. Aber aucb echt dramatische Akzente stehen dem Komponisten zu Gebote,
<ier bei den Jung-Italienern wohl manches gelernt hat. In den meisterhaft gearbeiteten
Choren und in den T'anzen ist durch Verwendung mehrerer aus italienischen Volks-
liedern entnommenen Motive das Lokalkolorit in dezenter Weise angedeutet. Unter
Prof. Schlar's groBziigiger Leitung boten die Herren Winkel Tobia, Henke (Walter]
and Frl. Triebel Angiolina) sehr anzuerkennende Leistungen. L. Meinecke.
Vorlesungen fiber Musik.
Berlin. Prof. Dr. Krebs hielt am 24. Marz einen Vortrag iiber J. S. Bach und
die Matthaus-Passion zur Vorbereitung fur die Volksauffiihrung des Werkes unter
Leitung des Kgl. Musikdirektors 0. Mengewein,
In der Lessing-Hochschule gab Dr. Georg Munzer je Montags vom 25. Januar
bis 14. Marz in acht Vortrag en eine >Anleitung und Einfuhrung zum Verstandnis
klassischer und moderner Tonwerke.c
Bern. Am 25. Februar hielt Herr Privatdozent C. Hess in der Hochschulaula
einen offentlichen Vortrag iiber die Choralbehandlung in den Werken J oh. Seb.
Bach's. Fiir das Sommersemester hat er auOer Vorlesungen iiber Harmonielehre und
Kontrapunkt auch Analyse einiger Hauptwerke der Musik und kirchenmusikalische
1'bongen angekiindigt. Professor Thiirlings wird sein liturgisch-musikwissenschaftliohes
Seminar fortsetzen.
Kopenhagen. Dr. WilL Behrend halt in diesen Monaten im Matthison-Hansen'schen
Musikkonservatorium sechs Vortrage iiber Klassiker der deutschen Musik: Haydn,
Mozart, Beethoven.
Rom. Im deutschen Kiinstlerverein in Rom hielt anlafilich einer Gedenkfeier fiir
P. Tschaikowsky am 30. Januar Dr. Frdr. Spiro, einen Vortrag: »Tschaikowsky,s
Stellung im internationalen [Musikleben <, der in der nachsten Nummer
dieser Zeitschrift zum Abdruck gelangen wird. Dem Vortrage folgte die Wieder-
gabe von Tschaikowsky's Klaviertrio: Dem Andenken eines grofien Kunstlers, gespielt
von Frau Assia Spiro (Violine\ Herrn Prof. Val. Miiller (Cello) und Herrn Dr. F. Spiro
vKlavier).
Yorlesnngen ttber Musik an Hochschulen im Sommersemester 1904.
Basel. Dr. Nef: Geschichte des Liedes, 2 St. Ubungen: Erklarung ausgewahlter
Chorgesange, 1 St.
Berlin. Prof. Dr. Friedlander: Allgemeine Musikgeschichte , 2 St.; Beethoven,
1 St. ; Ubungen, 2 St. — Prof. Dr. Fleischer : Musikgeschichte des Mittelalters, 1 St. ;
Musil^eschichte des 18. und 19. Jahrhunderts, 1 St.: Ubungen 2 St.: — Dr. Wolf:
Musikgeschichte Italiens im 16. Jahrhundert, 2 St. ; Repititorium der Musikgeschichte,
2 St.; Ubungen zur evangelischen Choralkunde, 1 St.
Bonn. Prof. Wolff: Geschichte der Oper HI. (19. Jahrhundert), 2 St.
Breslau. Prof. Dr. Bohn: Uber Beethoven's Sinfonien II. Teil.
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294 Notizen.
Darnstadt. Dr. W. Nagel: Die Entwicklung der Oper; Beethoven's Sinfonien.
Gieltal. Universitatsmusiklehrer Trautmann: Das deutsche Lied und seine Ent-
wicklung.
Greifswald. Reinbrecht: Geschichte der Musik des 19. Jahrhunderts.
Halle. Dr. Abert: Geschichte der Klaviermusik and ihrer Formen.
Heidelberg. Prof. Dr. Wolfram: Die klassische Sinfonie and ihre Fortsetzung.
Ktfniggberg. Musikdirektor Brode: Allgemeine Musikgeschichte, 1 St.
Leipzig. Prof. Dr. Kretzschmar: Geschichte des Oratoriums, 3 St. TJbungen.
2 St. — Proi. Dr. Riemann: Musikgeschichte im UmriC. Allgemeine Mnaiklehre. —
Prof. Dr. Prufer: Zur Yorbereitung aof die Festspiele in Bayrenth: Der Ring des
Nibelungen, Tannhauser, Parsifal. Lekture von Wagners Oper und Drama {UL Teil .
Marburg. Musikdirektor Jenner: Uber deutsche Instrumentalmusik nach Beet-
hoven, 1 St.
Posei. (Kgl. Akademie). Musikdirektor Prof. Hennig: Einfuhrung in das Wesen
der Musik, 1 St.
Rostock. Prof. Dr. Thierfelder: Geschichte der Sonate und Analyse der Beet-
hoven'schen Klaviersonaten, 1 St.
Strafiburg. Prof. Dr. Jacobsthal: Oddos dialogus de musica, 2 St.
Tttbingen. Prof. Dr. Kaufmann: J. S. Bach's Leben und Werke, 1 St
Wiei. Prof. Dr. Adler: Richard Wagner, 2 St. Erklaren und Bestimmen von
Kunstwerken. — Prof. Dr. Dietz: Die Ouverture von Lully bis Richard Wagner.
Dr. Wallaschek: Musik zur Zeit der franzosischen Encyklopadisten.
Notizen.
Breslan. Der Bohn'sche Gesangverein brachte in seinem 95. und 96. seiner >Hi sto-
rischen Konzerte* Werke, welche >Die Zigeuner in der Musik* behandelten.
Darunter kamen besonders auch Kanzonen aus dem 16. Jahrhundert (aus: Canzonen
villanesche al modo Napolitano a 3 voci Libro I. Venetiis 1645) und Stucke aus dem
FitzwilHam Virginal-Book, dann Original-ZigeunersttLcke aus dem 16. 17. 18. Jahr-
hundert zu Gehor. Ferner waren J. PL Rameau (L'Egyptienne aus: Nouv. Suites
de Pieces de Clavecin) Rinaldo di Capua (Zigeunerchor aus *La Bohemienne« 1753)
Leonardo Leo (aus ?La Zingarella* 1731) J. Haydn (Allegretto alia Zingarese), R G.
Lowe (aus dem Oratorium: Johannes Huss), Beethoven, Weber, Marschner, Reiseiger,
Donizetti, Balfe und Komponisten bis auf unsere Zeit vertreten. Den Konserten gingen
einleitende Vortrage voraus.
Cork. — This country was once inhabited, ace. to Ptolemy, by the Coriondi, Vodii
Velabori, and Uterni; whatever these names may mean. To us, it is the extreme
south of the ancient Desmond or South Monster (V, 246} ; originally the home of the
MacCarthys; next of the Fitzgeralds and Barry b; the last Fitzgerald Earl of Desmond
waa deprived of lands and title in 1583; then a number of Englishmen; then the
Boyles. — Cork city, on the Lee, with harbour Queenstown, is (but for the modern
Belfast) the second capital of Ireland; first founded by the monk St. Fin Barre about
622; beginning with 1000 a Danish city. Within it is the Shandon quarter (seandun,
the old fort), once seat of the Barrys; on this was the song "Bells of Shandon". by
Father Francis Mahony, S. J., pseudonym "Father Prout", (1804—1866), who helped
to make Fraser's Magazine. Close to the city is Blarney Castle (bladh ey = flowery
island, and cf. French "baliverne") , built by Cormack MacCarthy about 1450; the
strongest castle in Ireland, with walls 18 feet thick; these contain many exterior
overhanging galleries thrown out on corbels, with gaps in the floor between the corbel?
for pouring missiles on a storming enemy; the "blarney stone" is the sill of one of
such gaps, difficult to get at, and so with its magic of giving, when kissed, the power
of flattering speech. The woods round gave the song "Groves of Blarney" of Richard
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Notizen. 295
Alfred Milliken (1767-1816) of Cork; translated by Father Prout into Latin, Greek,
French and Italian. Farther away N. W. is Mallow (magh ealla, the plain of the river
Eallaj, once a fashionable spa; the oldest seat of the Desmonds; this gave the song
"Rakes of Mallow". — Cork has hitherto scarcely woken to modern music, whence
all the more credit to the the thoroughly up-to-date Lacy Chamber-music Concerts,
Three of these just concluded: pianoforte Mme. Grossi, violin Grosai, violoncello Palmer,
vocalist St. John Lacy. The latter (1862—) may call himself a clarsair of the present
day. James Lyman Molloy (1837 — ) founded 30 to 40 years ago a unique style of
Irish melody, with the native attraction, yet quite his own; a slender vein no doubt,
hut beautiful as far as it went. This song-style has been superseded in public favour
by the more robust songs of the Parry and Stanford school, and (unworthily) by the
vastly more decadent songs of — half a hundred other names. F. St. John Lacy's
numerous songs are after the manner of Molloy, with an added modern attribute.
They have a distinct lilt and charm. He sings to his own accompaniment, clarsair
fashion. The persistent power lying in the Irish vein of melody is very remarkable.
L. has been at the R. A. M. (1886—1888), and has composed orchestral and chamber
music. M. S. D.
Dresden. In der 44. Auffuhrung des Mozart -Vereins (9. Marz, Extrakonzerb)
wirkte die Barth'sche Madrigalvereinigung aus Berlin mit. Vorgetragen wurden
Gesange von HaBler, Isaac, le Maistre, Gastoldi, Donati, Sartorius, Mozart (God is
our Refuge 1765, erstes Chorwerk, fur London komponiert). Ferner kam von Mozart
die Musik zum Gebler'schen Drama »Thamos, Konig in Agypten< zur Auffuhrung.
Heidelberg. In der 34. Schulerauffuhrung des Konservatoriums gelangte Handel's
Concerto grosso Nr. 2 F-dur mit Cembalobegleitung zur AufTuhrung, was deshalb no-
tiert wird, weil noch lange nicht in alien Konservatorien ein stilgem'aCes Akkompagne-
ment bei dieser Art von Musik anzutreffen ist.
Leipzig. In der Lutherkirche gelangte als Passionsgottesdienst die fruher Schiitz
zugeschriebene Markus-Passion unter dem Kantor B. F. Bichter, desgleichen in der
Peterskirche die Schutz'sche Matthaus-Passion unter dem Kantor Borchers zur Auf-
fuhrung. Im nachsten Leipziger Bericht soil daruber n'aher berichtet werden. Zur
vorlaufigen Notiz nur soviel, daC die Rezitative und Chore in ihrer Originalgestalt,
namlich vollstandig unbegleitet, vorgetragen wurden, was versucht und erprobt zu
haben, das Verdienst von Kantor Bichter ist.
London Three lectures have been given this season at the Royal Institution
by J. A. Fuller Maitland on " British Folk- Song". The following is an abstract.
The general object was "to make clear the processes of what is called the scientific
analysis of folk-melodies, to show how it is that experts are able say that any particular
melody belongs to such and such a period of tima or to such aud such a portion of
the earth's surface". It might be taken as an accepted fact that in Scotland, Ireland,
"ales, Cornwall, and Brittany there exists, or existed, a race of people quite different in
language, customs, and many physical attributes from the other natives of the countries
mentioned or from the dominant raee in each. Among the most distinctive ideas common
to this raee, which seemed governed by some mysterious Impulse towards the west, was that
of the bard or minstrel, who sang narrative songs to some kind of harp. One of tike chief
characteristics of Celtic music, the Pentatonic scale, probably came from the limitations of
this primitive harp. The history of the Pentatonic scale in China threw light on its antiquity.
It could not he guessed whether Chinese or Japanese music had any influence upon that
"f the Celtic race; hut it was incontestable that the Pentatonic scale existed in many
Celtic tunes, although it was doubtful whether any European nation had an instrument
capable of producing only the Pentatonic scale. Each successive note of that scale could
be taken as the keynote or final, and by taking each successively it was possible to obtain
various effects of what was called tonality. Examples of the purely Pentatonic scale were
not very common in Celtic folk-songs, owing probably to the difficulty for rustic singers
«t preserving the intervals of a scale whose characteristics were not fixed on any Instrument.
The Scotch tunes in this scale were more numerous than those which could be assigned to
either Ireland or England; but in this context and elsewhere, the audience were warned
of the danger of building theories as to tunes upon the words with which they happened
to be associated. Ballad-singers had apparently a certain number of tunes to which they
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296 Notizen.
adapted words, which sometimes fitted the air, but more often had to he accommodated to
it as best they might As time went on singers of tunes in the Pentatonic scale, to the
accompaniment perhaps of a five-stringed harp, would naturally be tempted to bridge over
its large intervals by putting in a passing-note. The result was many songs in a quasi-
Pentatonic scale, having one intercalated note, about which there was often an interesting
uncertainty of pitch, until the intervals became fixed by tradition, and intercalated notes
usurped an importance in the tune they did not always possess. Another distinctly Celtic
characteristic in tones was the "rhyme-structure" of the melody, of which numerous examples
were given. The first lecture concluded by showing that the reiteration of three notes at
the end was not in reality an exclusive characteristic of Irish tunes, and that "the hideous
little ornament that used to be called the "Scotch snap" was in no way peculiar to the
Scotch .
"Modal" influences found in the old songs were illustrated vocally. In Dorian, two
examples from Bourgault-Ducoudray's collection of Breton folk-songs — "Adieux a lajeunesst**.
and a romantic song known as "Mona". Then a Highland tune (one collected by the
lecturer) Dorian in character, though the final was not in the mode. As an English example,
"Then Bold Pedlar", taken from the Folk-Song Journal. Both these were examples of the
suitability of the Dorian mode to vigorous as well as plaintive narrative songs. Though
these two tunes were certainly not later than 1600, the words were of the 18 th century.
Another English example "Bristol Town". Of the Phrygian mode, the white scale between
the two E's, individualized by the semitone before and above the final, it was difficult to
find strict examples. bThe Green Bed" and a Breton tune, which omitted the Phrygian
close from the F natural to the final, showed influence of the mode. The Lydian mode
F with a B natural) was still more difficult to illustrate perfectly, though its character was
strongly suggested in a song chosen from the Petrie collection. The Mixolydian mode G
with F natural), characterised by the flat seventh, was frequently used in Irish music, and
illustrated by Stanford's song "Fond Ghloe", while in older music it was found in a tune
set to the much more modern words of "Napoleon's farewell to Paris." In the two last
named modes one got nearer to the character of modern music, and in the Aeolian there
was a close resemblance to our A minor, with which the mode was identical in the descend-
ing scale. ^This mode was illustrated by "La douce Annette", a Breton song, and by a
Welsh setting of the Psalm "By the waters of Babylon". The latter was the only Welsh
tune known for certain to be earlier than the 18 th century. Passing over the Locrian
mode, between the two B's in which the fifth made tritone, there was reached the Ionian
mode, theoretically identical with our C major scale, and illustrated in the old, Surrey song
"Venus and Adonis".
It was with the commencement of the 17 tk century, contemporaneously with the rise
of opera and the demand of Italian composers for new methods of expression, that the
modes began to fall into disuse and the new music to take their place, in general music.
The transition could be followed in England in the work of Orlando Gibbons, whose music
underwent a change from the old to the new methods about the year 1620. The gradual
revolution was helped by the use of musics ficta. By the time of Purcell the modes
were forgotten and obsolete. Since then the Ionian, Lydian, and Mixolydian were more
or less represented in our major scale, while the characteristics of the other three modes,
the Aeolian, Dorian, and Phrygian, were to some extent united in the minor scale. The
great distinction between the two systems was that in the modal music there was an im-
pression of only vague tonality, while in every modern tune there were unconscious re-
ferences to the keynote — in other words, that feeling for tonality which is one of the
chief merits of the tonic-solfa system. The leading note, for example, suggested a rise to
the tonic, and the third had always a distinct character of its own, felt in its relation to
the tonic chord. In spite of the beautiful use that might be made of the third in moderation,
its excessive employment was apt to become cloying. Two songs, "Once I loved a maiden
fair" and "Farewell, Manchester" were characterized by the use of the third, and one felt
that its fourfold repetition in the former song, though not excessive, was quite sufficient.
The cloying sweetness of many of the melodies of Donizetti and Bellini was owing to their
constant recourse to the third. As another example of the constant reference to the keynote,
or to a chord, in the melodies of modern masters, reference was made to the second sub-
ject of the first movement of Beethoven's Violin Concerto. This could not be felt as *
naked scale in the air, but only in its implication of the tonic-chord. Another great difference
between the modal and scale music lay in the constant repetitions of a phrase, either
literally or in a new place in the scale, which occurred in the later songs. These repetitions
were not found in songs earlier than the 17 th century. The date 1468 had been confidently
assigned to "Men of Harlech"; but the lecturer was convinced that the repetitions contained
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Notizen. 297
in this song, as in "Ye Banks and Braes", "God save the King", or "The Bailiff a Daughter
of Islington", pointed to a much later date. The germ of antiquity might be there, but
the song, as we knew it, was in modem form. Another sign of relative modernity in
melody was the successive use of the notes of a chord, as in the opening of Beethoven's
Erolca symphony. "Good morrow, Gossip John" wa3 an obvious example taken from that
store-house of beautiful melody "The Beggar's Opera". The same tune was often to be
found in different forms in several songs. The signs above-mentioned of modern music,
and the presence of the accidentals first introduced in musica Acta, to be afterwards regularly
adopted in scale music, would guide one in determining the relative dates of the different
versions of the same tune. The tune „Gilderoy" was taken as an example. After giving
some modern Scottish, Irish, and Shropshire versions the lecturer came finally to the best
form of the tune found in an old London song — a grimly humorous ballad, which gave
an elaborate account of the parable of Dives and Lazarus. He was confident that this was
the oldest version of the tune, though it was seldom that folk-songs were preserved in a
more primitive form in London than in the country.
Examples were then given of the use of one set of words for many tunes. "Cold
blows the wind", words based on the same story as the Lenore legend and that of Dvorak's
Spectre's Bride, had been set to four different tunes. A still more fruitful illustration was
afforded by the old words known as "The Sprig of Thyme" or "The Seeds of Love".
Thirteen versions — .pentatonic, modal, or modern — were given illustrating gradual changes,
such as the introduction of ornament or the transformation of a regular Celtic skirl in the
first tune to a distinct melodic phrase of the modern chord type. One of these tunes was
also set to "The Bailiff's Daughter of Islington". As an example of the long narrative
songs so familiar throughout England, the lecturer chose "The Undaunted Female", which
was analogous in its musical scansion to the rhymed structure of "In Memoriam", the first
phrase corresponding with the fourth and the second with the third. This English song
contained the repetition of three notes at the end of the verse so often claimed as the
exclusive property of Irish music.
The collection of folk-songs was an occupation — not to say a sport — of the greatest
fascination, and increased in importance with the danger of the old tunes dying out. The
country people were shy of singing the old tunes in the presence of their children,
who thought more of the modern part-songs taught them at the Board school. The
offers of prizes for the best folk-song in vocal competitions bad not so far proved a very
successful means of old material. The Folk-Song Society had published four volumes,
while a fifth was now in course of preparation. The society never reprinted a tune that
had been published before, unless a variant was discovered. The songs should be taken
down exactly as they were sung, and with no accompaniment. Many collectors however
had fallen victims of the desire to make a clever arrangement or to alter the tunes so as
to make them sound pretty. Stevenson had dealt recklessly with the old Iiish music. In
treating the older tunes it was necessary to understand the correct manner of harmonizing
modal music. Brahms arrangements of German folk-songs were models for all time. For
concert use, alterations in the harmony in some of the verses according to the sense of
the words had been justified by success in arrangements 'made by Stanford and some others.
It would, of course, be absurd to claim that no old tune should be introduced into the
works of the present day with modern harmonies — a use of old material which had so
often been attended with conspicuous success in such works as Mackenzie's "Scottish
Rhapsodies".
A s6 20 prixe is given annually [II, 212) for a chamber-music composition, by Mr.
Lesley Alexander, an amateur musician, member of the Musical Association. This
year's prize, for quintett, flute, oboe, clarinet, born and bassoon, has been gained by
Fritz Kauffmann of Magdeburg. — Next competition is for quartett, pianoforte, violin,
viola and violoncello. Latest date 18th January 1905. Examiners, Edward German
and Hamish Mc Cunn. Referee, Sir Alexander Mackenzie. Particulars from Dr. Yorke
Trotter, London Organ School, 22 Prince's Street, Cavendish Square, London, "W.
E. G. R.
Warschan. Am 16. Februar wurde das Musikdrama >Marya< von Henry c
Melcer-Szczarinski aufgefuhrt. Der Verfasser, von dem schon in unserer Zeit-
schrift (V, 1, 27/28) die Rede war, ist Professor des Klavierspiels am Wiener Konser-
vatorinm. Sein Werk ist tats'achlich das erste musikalische Drama Polens, das im
Sinne der "Wagner'schen Ideen geschrieben ist. Die Warschauer Kritik lobt besonders die
thematische Arbeit, die kunstvolle Behandlung des Orchesters und der Leitmotive,
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298 Kritische BUcherschau.
besonders aber die groBartige dramatische Kraft, welche von alien Theatereffekten frei
bleibt. Das Sujet des Tondramas ist der Dichtung Antons Malczeweki 's 1798 — 1826 ,
des groBen polnischen Byronisten entnommen. — In einer der hiesigen Buchhandlungen
erscheint in kurzer Zeit der erste Band des polnischen »Musiklexikons« von Adolf
Chybinski-Krakau, eines Schiilers von Sandberger. Das ganze Werk wirdSBande
umfassen nnd ist in seiner Gattung uberhaupt das erste in der polnischen Musik-
literatur. Die »neudeutsche< Richtung, die polnische mid russische Musik linden be-
sondere Beriicksichtigung.
Winterthur. Das Musikkollegium Winterthur (gegriindet 1629) feierte sein
275jahriges Bestehen in drci Festkonzerten am 13. und 14. Marz, in den nnter anderm
der Eingangschor aus der 190. Kantate Bach's: Singet dem Herrn, der erste Teil tod
Haydn's Schopfung, die 9. Sinfonie Beethoven's, Tod und Verklarung von StrauG
unter der Leitung von Dr. E. Radecke zur Auffuhrung gelangten. Das Winterthurer
Musikkollegium ist das einzige Konzertinstitut, das noch den Namen > collegium musicum<
aufweist.
Kritische Bflcherschan
der neu-erschienenen BUcher und Schriften liber Musik.
Hervey, Arthur. French Muaic. Be- Meyerbeer, and the fascination of Auber.
ing vol. H of the "Music in the *»}. 8U(* warmth and conviction that,
v°vth n . „ 0 . T , reading him, even the superior person will
XIX™ Oentury Series. London, not blush ^ remember that we once en-
Grant Richards. 1903. Small Crown joyed Masaniello and Les Huguenots.
8vo. Cloth. 5 sh. net. ! Granting the immense superiority of a ge-
i neration imbued with the opinions of Schu-
A book which deals with any parti- ; mann and Wagner, the music which could
cular period in the development of music I delight such spirits as Balzac and Georges
in a truly historical spirit — with due re- Sand cannot have been so puerile and
gard for the proportions of each movement meretricious as ultra-Teutonic criticism has
it includes, with sufficient sympathy to give . taught us to believe. It was a power, at
warmth and vitality to the treatment, while I any rate, in its day ; for, as Arthur Hervey
at the same time personal feeling is sub- > reminds us, Meyerbeer ^instead of frigh-
ordinated to the truth — is as rare as it ! tening the masses away, attracted thenir,
is valuable. When to these essential qua- I and thus made his art a source of joy and
lities of good criticism the author adds profit to the public. But, as the author
charm and an admirable perspicuity of himself remarks, "human imbecility is
style the review of his book should be eternal", and in nothing does it show it-
written in golden ink. Arthur Hervey's j self more characteristically than in our in-
book deserves this unique distinction. The ability to grasp two ideas at once. In the
chief value of this volume lies in the compre- matter of taste the public is like a dog that
hensive resume" of the musical movement invariably drops one bone in its effort to
in France during the first half of the XlXth | pick upanother. When we decided to live
century. We can never dismiss with con- ; up to Wagner we thought it wiser to dis-
tempt any striking manifestation of genius | embarrass ourselves of all previous ideals,
without losing something by our short- : We have paid the penalty Dy being "pre-
sightedness. \ et this is precisely our danger cious" ever since. In Russia the influence
with regard to one of the most interesting I of French and Italian opera lingered, and
periods in musical history ; the golden age I reappeared in unexpected places. Tachsi-
of Grand Opera in France. The French ! kovsky owned to the frankest affection for
mind is essentially dramatic, and all the | Rossini, while Serov — in spite of hi*
best music France has produced — and is I Wagnerian cult — owes his most popular
producing — has the stage for its ultimate ! operas to Meyerbeer's methods. The author
foal. To repudiate the earlier period ol writes of Gounod with affectionate insight
Vench opera is to wrong the national and sympathy, and fills us with pity for the
spirit itself. The author describes the palmy lovers of to-day, and to-morrow, who will
days of Grand Opera, the triumpns of never again be moved by the tenderness
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Kritische Biichcrschau.
2m
and mysticism of Gounod's love-scenes be-
cause of the violence and obsession of
"Tristan and Isolde". The influence of
Wagner, long-resisted, but all the stronger
when the reaction had once set in, is traced
in the chapter devoted to the new Lyrical
Drama. "Berlioz", "Bizet and the Renais-
cance", "Saint- Saens and Contemporaries"
and "Cesar Franck and his followers" are
the headings of some of the most interesting
chapters in the book. Speaking of Berlioz,
the author lays stress on the fact that his
influence, although wide-spread, has been
indirect. It is to the modern Russian
School that we must look for the most
direct traces of his influence. That the
composers of this school so entirely escaped
the influence of Wagner, is probably the
reason of their having passed more clc
tlosely
under that of Liszt and Berlioz. Glinka
had a profound knowledge of the French
master's scores, and his friendship with
Berlioz inspired the idea of a series of
Orchestral Fantasias of which he accom-
plished three : " Jota Aragonese", "A Night
in Madrid" and "Komarmskaya". — The
chapter devoted to Cesar Franck and his
disciples offers a brief but effective analysis
of the work of this unique composer, who
is as isolated from the accepted types of
French genius as Berlioz himself. InFranck,
as in Eigar, there is something curiously
mediaeval in the deep mysticism and ro-
manticism which seems to underly both
natures. But Franck is even less mundane,
and lacks entirely that element of realism
which — in spite of his leaning to oratorio
— binds the English composer to contem-
porary humanity. — The chief impression
derived from Arthur Hervey's book is that
of a strong and healthy national conscious-
ness which prevails in French music, and
continues to find its natural and legitimate
expression in opera. France has not equalled
Germany, or perhaps Italy, in original,
creative genius; but the has a distinctive
manner, and an utterance all her own.
French style and taste are forces so posi-
tive, and so powerful in action, that they
have stamped themselves upon almost all
those foreign geniuses — with the exception
of Chopin — who have made Paris their
adopted home. Lulli from Italy, Meyerbeer
| from Germany, brought their alien traditions
to Paris. But, in the end, it was'the French
capital which possessed them, and converted
' them into the ministers of her own tastes
and requirements. If only because it brings
home to us the continous vitality of French
national music, the present volume renders
a great service to musical history. It is
brought up to the very close of the ilXth
century and includes a notice of Cbarpen-
tier's Louise, produced in 1899. B. X.
Karpath, L., DerKobold von Siegfried
Wagner. No. 103 der Opemfuhrer
aus dem Verlage Hermann Seemann
Nachfolger, Berlin und Leipzig.
M —,50.
Louis, R. Hans Pfitzner's »Die Rose
vom Liebesgarten«. Eine Streit-
\ echrift. Druck und Kommissions-
verlag C. A. Heyfried & Comp.
Munchen 1904. Jl —,26.
Siehe dariiber den SchluB des Berichtes
; uber Pfitzner's Oper von Dr. Edgar Istel.
Musiknummer der >Lustigen Blat-
i terc (Dr. Eyaler & Co. Berlin.)
Die humori8tisch-8atirische Musiknuw-
mer bringt neben manchen Gelungenen auch
mancbes schon oft in dieser oder jener Form
Dagewesene; roanches ist unfein und hat
mit feiner Satire nichts mehr zu tun. Viele
1 Gebiete, die in der heutigen Musik zur
Satire herausfordern, sind ganz unbebaut
geblieben. Ein musikalischer Satiriker fehlt
| uns immer noch.
Schneider, A. Die Lehre der Akustik
| und Harmonic ubertragen auf das
praktische Gebiet. Ein Hand- und
j Studienbuch fur Kunstfreunde, Mu-
siker, Saiten- und Instrumenten-
fabrikanten. (Abhandlung des mathe-
raatischen Problems fiir Geigenbau
und Streichinstrumente im Allge-
I meinen.) Zweite, vemaehrte und ver-
' besserte Auflage, im Helbstveriage
des Verfassers , Dresden , Moltke-
platz 9. 163 S. 8°. Jl 10,—.
Besprechung von Musikalien.
Booh, J. S., Matthaus-Passion. No. 3
der Chorwerke von Eulenburg's klei-
nen Partitur-Ausgaben. Herausge-
z. d. 1. M. v.
geben von Georg Schumann. Ji§%
Eleg. geb. (mit Bach's Bild) jH 9,—.
Leipzig, Ernst Eulenburg. •
Digits by G00gle
300
Besprechung vou Musikalicn.
Gerade noch vor TorschluB trifft als
schonstes Ostergeschenk Bach's Matth'aus-
Passion in der bekannten, so uberaus ver-
dienstlichen Taschenausgabe Eulenburg's
ein. Die Ausgabe ist ein genauer Abdruck
von dem der Bach-Gesellschaft und zwar
in jeder Beziehung, in bezug auf Schlussel,
Bezifferung etc. Dies ist teilweise^ aufs
warmste zu begriiBen, teilweise stellen sich
doch einige entschiedene Bedenken ein.
Der Vorteil liegt darin, daB das groBe
Publikum, dem die Ausgabe der Bach-
Gesellschaft immer noch sehr fremd ist und
es auch bleiben wird, dadurch das richtige
auBere Bild von diesem Werk wie ttber-
haupt von der Musik dieser Zeit erh'alt.
Die erste Ausgabe von Bach's Werk, die
A. B. Marx im Jahre 1830 besorgte, lieB
bekanntlich samtliche Generalbezifferun-
gen weg und trug dadurch sehr viel dazu
bei, daB man die Aussetzung des Basses in
Auffuhrungen weglieB. Durch diese neue
Ausgabe, die gerade fur das groBe Publi-
kum, fur die Borer der Passion bestimmt
ist, ist jeder in Stand gesetzt, sich von dem
"Werke das richtige auBere Bild zu machen.
Aber gerade deshalb, weil sich die Aus-
gabe an das Publikum wendet, ware eine
verbindung von Original und beutigem
Musikgebr'auchen am Platze gewesen. Nicht
derart, daB der bezifferte BaB ausgesetzt
worden ware ^dies hatte auch die Hand-
lichkeit der Ausgabe beeintr'achtigt, die ja
auch keine Bearbeitung desWerKes geben
will), aber in bezug auf die Schlussel hatte
man unserer Zeit, dem musiktreibenden
Dilettantenstande wohl einige Konzessionen
machen konnen, indem man die alten
Schlussel durch die heute gebrauchlichen
ersetzt hatte. Selbst die »Denkm'aler der
Tonkunstc befolgen dieses Prinzip, und an
deren System anzukniipfen, ware fur diese
Ausgabe sicher von groBem Vorteil gewesen.
Dem Werke, das sich so in jeder Beziehung an
das Original halt, fehlt auch die Nummern-
bezeichnung und, was bei der Ausgabe der
Bach-Gesellschaft der Fall ist, ein Inhalts-
vcrzeichnis. Dies ist deshalb zu bedauern,
weil die Orientierung dadurch erschwert
wird; die Nummerneinteilung, wie sie in
s'amtlichen mir bekannten Klavierauszugen
anzutreffen ist, ware hierzu besonders for-
derlich gewesen. Worauf sich demnach
die Herausgabe Georg Schumann's bezieht
ist mir nicht klar geworden. Indes, freueri
wir uns, daB dieses gewaltige Werk in der
Originalfassung jedem leicht zug'anglieh ,ist,
freuen wir uns doppelt dariiber, daB es
trotz der Ausst'ande, die zu machen waren,
nicht in einer fragwiirdigen Ausgabe, wie
z. B. der R. Franz's geboten wird. Bei
ferneren Ausgaben groBer beriihmter Werke
aus dieser Epoche wie z. B. Handel's
Messias) wird der Verlag aber gut tun,
gerade denjenigen, fur die die Ausgaben
bestimmt sind, im eigensten Interesse etwas
mehr entgegen zu kommen. — Der Stich
1'aBt, wie bei den iibrigen Ausgaben, an
Scharfe und Deutlichkeit nichta zu wiinschen
iibrig. A. H.
Courvoisier, W., Sechs Lieder fur
eine tiefe Stimme op. 1; sieben Lie-
der fur eine Singstimme op. 2. Ber-
lin, Ries & Erler.
Courvoisier ist ein junger Baseler Kom-
ponist. Da hat uns das Land Gottfried
Keller's wieder einmal ein schones Talent
beschert. Es erscheint mir nicht gleich-
giiltig, daB dieser Komponist ein Schwei-
zer ist; bei unseren fur den jungen deut-
schen Musiker immer mehr maBgeblich
werdendenGroBstadtverhaltnissen droht der
Sinn fur Natiirlichkeit und Herzlichkeit,
wie ihn die vorliegenden Lieder zeigen, ein
seltener Besitz zu werden. — Die zweite
Bliiteperiode der Liedkomposition im 19.
Jahrhundert brachte wie die erste im 16. SS-
kulum eine reiche Entwicklung mit einer
Fulle von Formen, Typen und Spezialitaten,
sie erschloB zahllose verschiedene Moglich-
keiten. An was soil sich ein junger auf-
strebender Tonsetzer halten? An die Ge-
samtstimmung des Dichters oder an das
Detail, oder an Beides? Soil er Strophen-
lieder schreiben ^oder ffar Doppelstrophen
wie gelegentlich R. Iranz) oder dureh-
komponieren? Soil er eine strengere Form
anerkennen oder frei verfahren? Cour-
voisier experimentiert nicht, sondern geht
mit sicherem Schritt einen der vielen mog-
lichenWege. Erist >modern€, dennerzeigt
sich bestrebt, zunachst einmal den Gedanken
des Dichters zu folgen, ohne ABA; er ist
aber auch >nicht modern*, denn er malt
nur sparsam (Op. 2 No. 1) und im Detail
fast gar nicht. Wo er zur Reprise greift,
w'achst sie entweder berechtigtermaBen aus
dem Text (Op. 1, No. 1, Op. 2, No. 3) oder
sie wird nur angedeutet (Op. 1, No. 3). Nur
Op. 1, No. 5 bildet eine grundlose Ausnahme
von dieser selbstgestellten Regel. DaB
Courvoisier Brahms, Wagner und StraoB
gut kennt, merkt man ffelegentlich wohl;
aber das nimmt ihm nicnts. Besonders in
den beiden No. 4 von Op. 1 und 2 leben
eigenartigeStimmungen. Uberallaber klingt
; diese Musik warm und natiirlich. Beson-
| dere Erw'ahnung verdient auch heutzutage
die durchaus sachgem'aBe Behandlung der
Singstimme. Moge der Komponist dabei
bleiben. Unter seinen Poeten haben wir
mit Vergniigen Leuthold begejrnet. Als
Vorbild in der Kunst, den Dichter noch
mehr zu objektivieren, empfehlen wir dem
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Zeitschriftenschau.
301
vielversprechenden jungen Kiins tier ein ge-
naueres, doch nicht unkritisches Studium
der Wolf schen Lieder.
Ernst Ludwig, GroBherzog von
Hessen u. b. Rhein. Zwei Ge-
dichte von Olaf (Ich mochte dichten
und singen — Die dunklen Cypres-
sen); zwei Lieder (Ich trag' eine
Wunderblume — Ich haV eine
singende Seele) f. e. Singst. u. Piano ;
Erinnerungen an Ilinskoe, Fantasien
und Skizzen fur Klavier.
Feinsinnige, natiirlich empfundene Ema-
nationen eines vornehmen Geistes. Die
Klavier8tiicke neigen mehr Chopins, die
Lieder, unter denen namentlich »Die dunk-
len Cvpressen* durch Intensitat und Wahr-
heitdesAusdrucks bestechen, Wagners Ton-
sprache zu. Der Verlag hat die Kompo-
sitionen kostbar ausgestattet. W. N.
Zeitschriftenschau.
Verzeichnis der Abkurzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Aldrioh, Richard. » Parsifal* in New York
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Generalintendantur der Konigl. Schau-
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Kritik, ein Fach des musikalischen
Unterrichts? — NZfM 71, Nr. 6.
Das musikalische Auffiihrungsrecht —
M 3, Nr. 11.
Anonym. Subsidized music abroad. Glea-
nings from a white paper — MT 46.
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Berlioz, and two new Operas (Events
in Paris) — MT 45, Nr. 732.
Wagner and his artistic forbears.
Vortrag von H. Thompson) Musical
Standard Febr. 6.
Some needed Definitions. (Forts.)
Musical Standard. Feb.
Gli scenari per l'opera >L'oro del
Reno* di R. Wagner al teatro alia Scala
in Milano (illustr.) MuM 69, Nr. 2.
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Wesley's Wilderness. — ibid.
G.A. Heinze [ (1820-1904) — Cae
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Gottfried Mann + (1868— 1904). — ibid.
Pyrame et Thisbe. Musikdrama in
zwei Akten von Ed. Trdmisot — S 62,
Nr. 19/20.
Helene. Poeme lyrique in einem
Akt und vier Bildern. Von Saint-Saens.
ibid. Nr. 19/20.
Fr. Liszt, Lettres in^dites a Alfred
Jaell — RM 4, Nr. 2 u. 4.
Les maitres d'autrefois. ibid. Nr. 3.
Les droits d'auteur en Allemagne —
GM 60, Nr. 4.
Anonym. La reconstruction de la scene de
TOpera de Vienne — ibid.
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Allemagne. — ibid. Nr. 6/6.
»Parsifal« a New- York — ibid.
Verdi et la politique — ibid. Nr. 7.
Nachklange vom New-Yorker •Parsi-
fal* — AMZ 31, Nr. 6.
Arend, Max. Pietro Raimondi, der groBte
Kontrapunktiker des 19. Jahrhunderts —
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et ses effets opinions) — KM 4. Nr. 3.
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Blech, Leo. Zu Richard Heubergers
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Sebastien Bach: Johann Kuhnau suite
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Cametti, Alb. Un Giubileo Artistico
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Cammarano, S. II libretto del »Trova-
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L'Ouest- Artiste (Nantes) ^suite'
22*
302
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StrauB' >Feuersnot« und S. Wagner's
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Niecks. Programme Music — MT 733.
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Mitteilungen der „Internationalen Musikgesellsohaft".
Ortsgruppen.
Leipzig.
Am 14. Februar sprach der zweite Vorsitzende unserer Ortsgruppe, Herr Prof.
Dr. Albert Koster, uber das lyrische Drama mi 18. Juhrhundcrt, insbesondere iiber
dasMelodrama der Rousseau-Benda'schen Zeit. Redner leitete die Entstehung dieser
eigentiimlichen Kunstform ab aus der Vorliebe des Theaterpublikums, seine Lieblinge
in Oper und Schauspiel gelegentlich auch abgelost vom groBen dramatischen Ganzen,
in solistischen Paradenummern zu bewundern, also in Monologen, wie sie sich trotz
Gottscheds Einspruch l'angst im deutschen Drama behaupteten. Den AnstoB zur Kul-
tivierung des Monodramas gab J.- J. Rousseau's bekannte lyrische Szene »Pygmalion«.
Unterschiedlich von dem, was heute als Melodrama bezeichnet wird, mischte man je-
doch nicht beliebig Ton und Wort, sondern verlegte die gesprochene Rede in die
Pausen, sodaB der Musik ein weiter Spielraum gewahrt blieb. Der in Deutscblands
schongeistigen Kreisen erwachende Enthusiasmus fur bedeutende Tragodinnen und
ihre Kunst lieB eine lange Reihe Melodramen entstehen. Am beliebtesten wurden
antike Heroinengestalten , Ariadne, Medea, Helena, in denen u. a. auch Ram-
lers Schulerin, Mile. Brandes und die beriihmte Mine. Seiler auftraten. Aber auch
Bardentum, orientalische Stoffe, schlieBlich auch Lotte und Werther wurden zur Ver-
arbeitung herangezogen. Die Technik des Aufbaus blieb naturlich beschr'ankt. Den
Mangel an treibender Handlung suchte man mit Hilfe von Scheindialogen, visionaren
Episoden, Echoanrufungen und Dekorationswechsel zu decken. In alien Fallen aber
fiel der Musik eine hohe und wichtige Aufgabe zu: die psychischen und 'auBeren Ge-
achehnisse mit moglichster Deutlichkeit zu begleiten. Und da die deutschen Melo-
dramen nicht nur Stimmungsmonologe waren, wie die Mehrzahl der franzosischen, so
nahm die Musik hier eine doppelt wichtige Stellung ein.
Am Schlusse seiner fesselnden und geistvollen Ausfuhrungen gab der Redner
Proben aus Reichardts *Cephalus und Procris* und Bendas * Ariadne*, die er sich
selbst feinsinnig am Flugel begleitete. Seine Darbietungen wurden mit reicbem Bei-
fall von Seiten des zahlreich erschienenen Publikums aufgenommen.
Der nachste Vortrag fand am 13. M'arz statt. Er gestaltete sich zu einer histo-
rischen Kammermusikauffiihrung. Der erste Vorsitzende der Ortsgruppe, Herr Prof.
Dr. Priifer, hatte in dankenswerter Weise das Amt ubernommen, die einzelnen
praktischen Darbietungen mit einfiihrenden Erl'auterungen zu begleiten. Von den
Herren Hasse (Klavier), Konzertmeister Sebald (Violine) und Dr. Bruckner (Violon-
cello) wurde zunachst eine Sonate in Amoll (op. 2 Nr. 4) von dalVAbaco vorgetragen.
Von der Benutzung eines Cembalo, das Herr Paul de Witt der Ortsgruppe in liebens-
wiirdiger Weise zur Verfugung gestellt hatte, wurde im letzten Augenblick aus prak-
tischen Grunden Abstand genommen. Das Adagio war vom Unterzeichneten in der
Violin- und Cellostimme auf Grund 'alterer Verzierungsdokumente mit italienischem
Ornamentwerk ausgeschmiickt worden, sodaB das Ganze, tonschon wiedergegeben, einen
deutlichen Begriff alter Kammermusik gab. Herr Fritz Dreher iibernahm den Vor-
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806
Mitteilungen der »Internationalen Musikgesellschaftc
trag mehrerer Lieder von Hcinrich Albert, Adam Krieger und Sperontes (aus der
»singenden Muse an der PleiBe* , die, zum Teil humoristisch angelegt, zu lebhaftem
Beifall herausforderten. Namentlich Kriegers lebendiges »Halt ein, halt ein! Ich bin
schon tot!« ziindete infolge seines schwungvollen, vom Streichquintett ausgehlhrten
Ritornells. Nachdem die Herren Hasse und Seebald den ersten Satz der Back'scheu
Fmoll-Sonate mit schonem Gelingen vorgetragen, vereinigten sie sich mit den Herren
Dr. Schering, A. Nef (Violine , Dr. Heuss (Viola), Dr. Bruckner (Violoncell,
zur Wiedergabe einer Gdur-Symphonie des Mannheimer Tonsetzers Franz Xarer
Hichter, deren klassischer Aufbau und reizvolle Melodik geeignet waren, den Uber-
gang in der Entwickelung der Symphonie von der Mannheimer Schule zur Symphonic
Haydns deutlich zu veranschaulichen.
An dieser Stelle sei nochmals den mitwirkenden Herren, namentlich Herrn stud,
phil. Hasse, der sich der erneuten Ausarbeitung der GreneralbaGstimmen unterzogen,
der Dank der Ortsgruppe ausgesprochen. — Das »Sachsenzimmer€ des Deutschen
Buchgewerbehau8es erwies sich als auBerordentlich geeignet fur Kammermusikauf-
fuhrungen kleineren»Stils. A. Schering.
London.
At the Musical Association : — (a) On Tuesday 8th December 1903, being within
3 days of the birth-centenary, Mr. T. S. Wotton lectured on "Hector Berlioz as Mu-
sician*', Dr. F. (x. Shinn in the chair; discussion by Chairman and Messrs. W. W.
Cobbett, T. L. Southgate, F. Gilbert Webb, and Christopher Welch, (b) On Tuesday
19th January 1904 Mr. John W. Warman lectured on "The Hydraulicon of the An-
cients*', and exhibited a rough working reproduction-model of his own construction;
Dr. W. H. Cummings in the chair; discussion by Chairman, and Miss Kathleen Schle-
singer. c) On Tuesday 9th February 1904 Mrs. Newmarch lectured on uThe Deve-
lopment of National Opera in Russia", 4th paper; the previous were Preliminary and
Glinka 10th January 1900 , Dargomijsky, Moussorgsky and Serov (11th February 1902 .
Borodin and Cui 10th February 1903 ; the present was on Tschaikoffsky; illustrations
by Miss Grainger Kerr tcontralto, and Mr. Robert Maitland (baritone); Dr. Charles
Maclean in the chair; discussion by Chairman, and Messrs. John Pollen, T. L. South-
gate, and F. Gilbert Webb, (d; On Tuesday 8th March 1904 Mr. Edward J. Dent
lectured on "Alessandro Scarlatti"; illustrations by Miss Holbrook soprano); Mr. A.
H. D. Prendergast in the chair; discussion by Chairman, by Sir Hubert Parry, and
by Mr. T. L. Southgate. j. Percy Baker, Secretary.
Neue Mitglieder.
Bibliotheque publique Direktor V. Au-
bert), Genf.
Bruckner. Fritz. Dr. phil, Leipzig-Goblis,
Lange StraGe 28.
Friedlander, Max, Dr., Professor der
Musikgeschi elite an der UniversitatT
Berlin W., KurfUrstendamm 233.
Schneider, Max, Leipzig, Johannisplatz 1.
Anderungen der Mitglieder- Liste.
Abert, Dr. Hermann, Privatdozcnt, Halle
a. S., jetzt Kichard WagnerstraCe 20.
Ettler, Carl, stud, phil., Leipzig, jetzt
Kohlgartenstr. 10.
Graff, Theodor, friiher Berlin jetzt Leipzig,
HumboldtstraBe 25 HI.
Istel, Dr. Edgar, Munchen, jetzt Schon-
feldstraGe 28 II.
Lowtzky, Hermann Leipzig, jetzt Wet tiner-
straGe 21 II 1.
Seminar, Konigl., Rochlitz, jetzt Seniinar-
oberlehrer Thalmann.
Stoehl, C. F., lngenieur van den Water-
staat. friiher Malang [Java , jetzt Padang
Jnsel Sumatra.
lusgegeben Ende Marz 1904.
Fur die Redaktien verantwortlich : Dr. Alfred HeuJJ, Leipzig, Salomonstra&e 11.
Druck und Verity von Itreitkopf & U artel in Leipzig, Nuroberger StraBe 36.
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ZEITSCHRIFT %%>
DEB
INTEMATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft S. Fflnfter Jahrgang. 1904.
Erscheint monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen Musikgeaellschaft kottenfrei,
fiir Nichtmitglieder 10 A. Anzeigen 25 ^ fur die 2gespaltene Petitzeile. Beilagen 15 Jf.
Tschaikowsky's Stellung im internationalen Mnsikleben.
Vortrag, gehalten im deutschen Ktinstlerverein zu Rom von
Friedrich Spiro. *)
In diesen Tagen soil wiederholentlich die Frage aufgeworfen worden sein,
wie denn der deutsche Ktinstlerverein in Rom dazn komme, gerade Tschaikowsky
zu feiern. Daranf liefie sich sehr einfach ant wort en, daB jeder groBe Kiinstler
es uberall und jederzeit verdient, gefeiert zn werden; es hat aber noch einen
besonderen Grund. Etwa zehn Jahre sind verflossen, seitdem Peter Tschai-
kowsky ans dem Leben schied, plotzlich, in vollster Manneskraft, nnter ge-
heimnisvoll tragischen TJmstanden ; dafi er auf der Hohe seiner Produktions-
fahigkeit angelangt war, zeigt die pathetische Symphonie, die er eben vollendet
hatte, die erst nach seinem Tode erschien und vielleicht wie kein anderes
Werk seinen Ruhm verbreitet und befestigt hat. In diesen zehn Jahren liegt
ein gutes Stiickchen Musikgeschichte ; was sie interessant macht, jst nicht
zum geringsten Teile die Entwicklung der Studien, die man allenthalben den
AVerken Tschaikowsky's angedeihen laBt; um sie aber recht zu begreifen, muB
man in der Zeit etwas weiter zuriickgehen. Man erwarte dabei keineswegs
den bei solchen Gelegenheiten tiblichen offiziellen Panegyrikus; ein solcher
ware hier ebensowenig am Platze wie etwa eine auBerliche Biographie des
Xunstlers. Die personlichen Hauptzuge seines "Wesens, reiche Bildung und
eine durch tiefes Empfindungsleben getragene Liebenswtirdigkeit , sprechen
sich deutlich genug in seinen Werken aus; ein Hymnus auf diese in ihrer
Gesamtheit ware aber um so weniger angebracht, da sie keineswegs alle
auf gleicher Hohe stehen. Gerade wer sie kennt und unbefangen wtirdigt,
wird betonen, daB sie viel Gleichgtiltiges enthalten, weil ihr Schopfer sich
nicht immer die Ruhe zu griindlicher, vertiefender Arbeit gonnte, sondern
— ein Zug, den er mit manchen der AllergroBten vor ihm, z. B. Schubert,
gemein hat — sich haufig seiner unendlich reich quellenden Phantasie mit
kindlicher Naivitat hingab, so daB er sich von dem Strome der melodischen
Erfindung mehr tragen lieB, als daB er ihn selber beherrscht hatte. Arbeit
1) Verschiedene der in diesem Vortrag ausgesprochenen Ansichten werden vielleicht
einiges Befiremden hervorrufen. Die Redaktion sieht aber keinen Grund ein, diese in
irgendwekher Weise zu beschranken, indem sie dem Leser genugend Selbstandigkeit
zutraut, gegebenen Falles selbst Stellung zu nehmen.
Z. d. I. II. V. Digilggd by C
308 Fr. Spiro, Tschaikowsky's Stellung im internationalen Musikleben.
aber und namentlich strenge Selbstkritik, ist auch fur den Begabtesten un-
erlafilich; die Geschichte zeigt, daC lediglich aus der Yereinigung von natiir-
licher Inspiration and intensiver Ausnutzung der geoffenbarten Schatze das
dauernde Kunstwerk entsteht. Diese Yereinigung hat Tschaikowsky nor in
einer, allerdings stattlichen Anzahl von Ausnahmefallen erreicbt; aber nach
diesen, nicht nach dem Durchschnitt seiner Arbeiten soil man seinen Geist
einschatzen, und fur den Fall, dafi der eine oder andere mit den samtlichen
Werken des Ktinstlers — es sind ihrer iiber zweihundert — nicht genau ver-
traut sein sollte, seien hier diejenigen genannt, auf die sich das nach-
folgende Urteil grundet. Es sind, auBer vielen Liedern und Duetten,
die drei letzten Sinfonien]
das groBe Trio, yon dem gleich ausfiihrlicher die Rede sein wird;
die Ouverturen » Borneo und Julia* und >2&Z2« ;
das Marchen vom Sckneekind\
die Opern Jolanthe, Mazeppa, Onegin und Pique-Dame;
das Streiqhquartett in D-dur mit dem gedampften B-dur-Satz;
das Klavierkonxert in B-moll und die Violinserenade in derselben Tonart ;
Die Klavier8oli Op. 2, 5, 10 und namentlich 72 No. 5\
einige Orchesterdichtungen, unter denen die nachgelassene *der Woj-
wode* einen besonderen Platz einnimmt.
In ailen diesen Stucken diirfte der Komponist vor dem Yorwurfe geschutzt
sein, da£ die Leichtigkeit des Schaffens ihn zum Leichtsinn verleitet habe;
bei manchen anderen wird das Urteil der Nachwelt wohl noch eine "Weile
schwanken. Die Mit welt hat sich ziemlich lange besonnen, bis sie auch nur
jenen Hauptwerken naher trat. Dies lag jedoch nicht an deren herben Ztigen
(unbequeme Spielbarkeit, Ubertreibungen in der Instrumentation u. dgl.), die
vielmehr durch eine grofie Menge auch ftuCerlich bestechender Eigenschaften
reichlich aufgewogen und iiberstrahlt werden; es lag auch nicht an der ge-
wohnheitsm&fiigen Tragheit der Menge oder an der nicht minder oft ge-
riigten Bosheit und Borniertheit der Organe, welche zwischen ihr und den
Kiinstlern zu vermitteln berufen waren, sondern es lag an den Musikver-
haltnissen im allgemeinen und an ihrer eigentiimlichen Spaltung. Werfen
wir auf diese einen Blick.
Es war in der zweiten Halfte der siebziger Jahre des abgelaufenen Jahr-
hunderts. Das internationale Musikleben wurde schon damals von Deutsch-
land aus reguliert, und wer sich Balm brechen wollte, muCte in Deutschland
durchdringen. In Deutschland aber tobte der sogar jetzt noch nicht v5Uig
verstummte Parteikampf, der um die Mitte des Jahrhunderts ausgebrochen
und seither mit so beispielloser, allerdings durch die Bedeutung des Objektes
wohl gerechtfertigter Erbitterung gefiihrt worden war. In Bayreuth thronte
einsam Richard Wagner, beschaftigt mit dem >einzigen« Parsifal, dem
"Wunder ohne Riickgrat, und mit einer Schriftstellerei, in der sich sein TJn-
mut iiber das allgemeine Musizieren deutlich genug aussprach; gleichzeitig
arbeitete noch immer der unermudliche Franz Liszt, aber er war nur noch
ein Schatten seiner selbst. Die Noten, die er noch massenweise niederschriebT
konnten selbst seinen warmsten Verehrern nur wehmtttiges Mitleid entlocken,
wS-hrend die grandiosen Werke aus der Bliitezeit seiner Yollkraft nach wie vor
lediglich von einer kleinen Gtemeinde verstanden und bewundert wurden. Denn
auf der anderen Seite hatte sich eine Partei gebildet, welche dem Fortschritte
und der individuellen Entwicklung der Musik mit zahem Doktrinarismus ent-
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Fr. Spiro, Tschaikowsky's Stellung im internationalen Murikleben, 309
gegenarbeitete, die Partei des Akademikertums und der klassizistischen Schul-
arbeit; hier hielt man es fUr unerlaubt, daB ein Musiker auch fur andere Dinge
als die konventionellen Regeln Sinn haben oder gar sich zuweilen etwas den k en
sollte; man nahm beim Komponieren als Ausgangs- and Zielpankt die Form,
und da die >Klassiker« durch Werke, die man bequem als Sinfonie, Quartett,
Motette etc. analysieren konnte, beruhmt geworden waren, so komponierte
man nach einem aus ihren miBverstandenen Werken bequem destillierten
Bezept ebenfalls Sinfonien. Kammermusiken, Motetten etc. mit jener Pseudo-
gediegenheit, die uns schon so hSufig den gerechten Hohn des Auslandes
zugezogen hat. Aber diese Richtung triumphierte; den Musikhandwerkern
jeden Schlages paBte sie vortrefflich in ihren durch keinerlei hohere Intuition
getrubten Kram, die Klavierlehrer importierten sie in alle Familien, die
deutsche Jungfrau genoB in zahllosen deutschen Liedern die Befriedigung
ihres deutschen Oemtites, und der »Gebildete« fand in urkraftigem Behagen,
ohne unbequeme Aufregung oder Inanspruchnahme seiner geistigen Mitarbeit,
einen recht adftquaten Ausdruck fur seine konzertliebende Gesinnungs-
tiichtigkeit. Der Reichsstil des ausgehenden 19. Jahrhunderts war ge-
funden; hatte Hans Sachsen's unsterblicher David ihn gekannt, er wiirde ihn
vielleicht bezeichnet haben als die >Mietkasernen- und Bierbauchweise«. —
DaB dabei die Kunst an chronischer An&mie verkommen muBte, war einem
jeden klar, der das "Wesen dieses Handwerkes durchschaute und * die ver-
heerende geisttotende Wirkung des Klassizismus aus anderen Perioden der
Weltgeschichte kannte; aber die wenigen Stimmen verhallten ungehort in
dem Larmen des allgemeinen burgerlichen Sonntag-Nachmittag-Wohlgefuhles.
Selbst iiber die Alpen drang ein Hauch der Seuche und erzeugte jene typischen
Philistermusiken, durch die man sich, in Ermangelung eines besseren, den
Anschein der Gelehrsamkeit gibt; aber zum Gliick blieb er auf die Kon-
servatorien beschr&nkt, und vom buon senso italiano ist zu hoffen, daB diese
Krankheit, zweifellos die bSseste Barbareninvasion, die je den schonen Boden
des Siidens verwiistet hat, bald ganz uberwunden sein wird, wahrend sie sich
in germanischen Lftndern noch eine Weile halten diirfte.
Da ging ein belebender Hauch von RuAland aus. Es wftre ja auch seltsam
ge wesen, wenn diejenige Nation, die im 19. Jahrhundert die gewaltigsten Fort-
schritte gemacht, die frischesten Impulse bewahrt und auf alien Gebieten des
Geisteslebens , von der Poesie bis herab zur Politik, den morschen Westen
Europas so we it uberholt hatte, die zudem ein lebhaftes Temperament und
einen unvergleichlichen, selbst von Neapel nicht erreichten Volksliederschatz
ihr eigen nannte, in der Kunstmusik hatte zurUckbleiben sollen. Langst
schon hatten sich die begabteren unter den slavischen Volkern an der musi-
kalischen Entwicklung des Jahrhunderts beteiligt ; an ihrer Spitze marschierten
naturgemaB die Bussen, seitdem Michael Glinka, immer im Anschlufi an
deutsche Traditionen, ihnen die Nationaloper gegeben hatte. Es ist be-
zeichnend, daB dieser selbe Mann, der seine Sujets fast ausschlieBlich dem
nationalen Vorstellungskreise pntnahm und fur sie fast uberall den gluck-
lichsten Ausdruck fand, einmal bei einer offentlichen Auffuhrung der Neunten
Symphonie vor dem Orchester niedergekniet ist; so hat auch sp&ter die
russische Musik um so mehr Lebenskraft bewahrt, je enger sie, bei aller Aus-
nutzung der einheimischen Hilfsquellen, den AnschluB an die Machte wahrte,
den en sie ihre Entstehung dankte. Wahrend der romantischen Periode Europas
trat sie naturgemaB hinter anderen Erscheinungen zuriick, ohne doch jemals
Digifcgj by CjOOglC
310 Fr. Spiro, Tschaikowsky's Stellung im internationalen Musikleben.
ganz zu verschwinden ; aber vollig sieghaft trat sie nun hervor, als die beiden
bis dahin fuhrenden und scbeinbar yon der Natur zur Fiihrung bestimmten
Nationen, die italienische und die deutsche, das Heft aus Handen liefien, die
eine widerwillig aus Erschbpfung — denn die modernen italienischen Theater-
scbreier wird kein kiinstleriscb empnndender Mensch ernst nehmen — , die
andere freiwillig in nationalistiscber Beschranktheit. Denn diejenige Musik,
die die Welt beherrscben will, muB selbst ein Weltkind, muB, gleichviel wo
sie entstehe, ibrem Charakter nacb international sein ; tragt sie ibre nationalen
Eigentiimlichkeiten in allzu greifbarer Form an der Stirn, so verurteilt sie
damit sicb selbst zu einem begrenzten, ja mesquinen Wirkungskreise , und
hochstens durcb Modestrdmungen kann sie eine vorubergehende Scheinuni-
versalitat erringen, wie um 1700 die franzosische, urn 1800 die italieniscbe,
um 1900 die spezifiscb deutscbe Oper. Aucb die russiscbe Musik krankte
lange Zeit an der in diesem Jugendstadium nur allzu begreiflicben Betonung
des nationalen Elementes; erst Tschaikowsky hat siob, und aucb nur in seinen
hochsten Momenten, von ibr frei gemacht Wobl batte so mancher seiner
Landsleute eine reicbe Begabung mitgebracbt; ja das, was man gemeiniglicb
Talent nennt, fand sich bei ibnen mebr als irgendwo sonst. Aber selbst
die Tiichtigsten unter ibnen betonten nicbt nur in der Wahl ibrer Stoffe,
sondern aucb in ibrer musikaliscben Ausdrucksweise das Rusaentum mit einer
Absichtlichkeit, die zuweilen aufdringiicb erscbeinen muBte, und die ihren
schnellen Erfolg ebenso erklart wie den niobt minder scbnellen Ruckgchlag;
es ist vollkommen begreiflicb, wenn ein so bedeutender und zugleicb kapri-
zioser Kritiker wie Hans v. Billow die russiscbe Musik erst massenweise
propagierte, um sie dann pldtzlich en bloc mit den beftigsten Worten zu
verurteilen. In ibm steckte freilicb neben allem Esprit aucb eine arge Doeie
von Scbulmeistertum, die ibn verhinderte, Tscbaikowsky zu versteben und
auf den gebubrenden Ausnabmeplatz zu stellen ; das Charakteristiscbe fur Tscbai-
kowsky ist ja, dafl er keiner >Bicbtung<, namentlicb keiner >Scbule«t ein-
seitig angebdrt, sondern es verstanden bat, unbeirrt durcb die berrscbenden
Sekten seinen eigenen Weg zu geben. Ja man kann sagen, dafi die beiden
damals, wenigstens auf dem Gebiete des sinfoniscben Stiles dominierenden
Hauptricbtungen , die sicb sonst so scbroff widersprachen , in ibm sicb
gekreuzt und in eigentumlicber Weise fur einen Augenblick verscbmolzen
baben. Pie eine war die rein musik al is cbe, die nacb den Zeiten der
Klassiker durcb Mendelssohn's gescbmeidiges Talent groOen EinfluB ge-
wonnen batte und spater in ihren Ausartungen zu der eben gescbilderten
sklavischen Nacbabmungberuhmter Muster fubrte ; die andere war die poetische,
welcbe ttber den ererbten Formelkram binwegscbritt, die Musik nur als freies
Ausdrucksmittel b5berer Ideen betracbtete, in Bomantik scbwelgte und ibre
geistvollsten Vertreter in den feurigen Tonmalern Liszt und Berlioz fand.
Tscbaikowsky, reicber als alle die Genannten an lebensyoller melodischer
Empfindung und inniger "Warme des Gemutes, dabei den Roman tikern an
Passion und den Klassizisten an Gescbicklichkeit gleich, zudem getragen von
einem kecken Jugendiibermute, der gelegentlich vor Tollkuhnbeiten und selbst
vor Brutalitaten keineswegs zuruckscbreckte, lieB beide Stromungen auf sich
einwirken, obne sich doch der einen oder anderen nacbhaltig hinzugeben ; er
war Fachmann genug um die Wahrheit des Goethe'schen Spruches »jede Form,
sie kommt von oben* voll zu erkennen, und doch zugleich denkender Menscb
genug um einzusehen, daft die Musik vor allem eine Sprache ist, und da£
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Fr. Spiro, Tschaikowsky's Stellang im internationalen Musikleben. 311
nur der sprechen darf, der wirklich etwas Positives und Empfundenes zu
sagen hat. Nattirlich hat er die Versohmelzung erst allm&hlich erreicht; nooh
seine dritte Sinfonie ist ein braves, flottes, tttchtig instrumentiertes Musik-
stiick, das ebenso gut von irgend einem anderen Russen herriihren konnte;
die vierte und fUnfte dagegen zeigen bereits in mehreren S&tzen das Vor-
herrschen bestimmter Seelenzustande, ja konkreter Bilder und poetischer Vor-
stellungen; die seohste endlich, der Schwanengesang, auf dem Boden der
Sinfonieform erwachsen und doch von ihr so verschieden, mit ihrem lang-
8am verhallenden, dumpf resignierten Schlusse nach dem jubelnden Triumph-
marsch — sie ist durchgehends inspiriert von Ideen, ja von Gedanken, die
der Komponist gelegentlich sogar ausgesproohen hat, ohne sie doch in der
kleinlichen Weise echter Programmmusiker seiner Partitur vordrucken zu lassen.
Er hatte ein Heldeuleben im Sinne und dachte an dessen einzelne Phasen;
aber er verzichtet darauf, den Gedankengang seines Hdrers durch das be-
engende Mittel eines Programmes zu beeinfluBen, ja er setzt nioht einmal das
Wort » Heldeuleben* auf den Titel, das immerhin eine Weisung fur den
Horer enthielte, woran er zu denken hatte: >pathetische Sinfonie « genngt,
im iibrigen mogen die Tdne fur sich selbst reden. Es ist dies ein Zeichen
der so seltenen und hohen Gabe kiinstlerischer Diskretion.
Hat er sich so von den Auswtichsen der Illustrationsmusik fern gehalten,
so ist es naturlich, daB er dem gewaltigsten Vertreter des neuromantischen
Geistes, Richard Wagner, ebenfalls fremd geblieben ist. Er hat seinen Wider-
spruch in ruhiger Weise, sehr verschieden von dem agitatorischen Tone
seiner kleinen deutschen Kollegen, ausgesprochen ; er hat dabei wiederum
seinen edlen Charakter und seine kunstlerische Diskretion bewanrt; aber es
war und blieb doch ein Widerspruch. Wie man ttber diesen auch denken
mag, fur Tschaikowsky wie fur die Kunst ist er ein Segen gewesen. Denn
hier heifit es Parbe bekennen, Freund oder Feind sein, und diejenigen
jiingeren Komponisten, die den Widerspruch nicht erhoben, waren der ver-
nichtenden Macht des Wagner'schen Einflusses rettungslos verfallen. Sie haben
bis auf diesen Tag zwar endlose Reihen von Leitmotiven, Sprachgesang-
Rezitativen, szenischen Knalleffekten , instrumentalen Kombinationen und
harmonischen TJngeheuerlichkeiten , aber auch nicht die Spur eines Kunst-
werkes geschaffen ; sie haben, gleichviel woher sie stammten, dem Teutonismus
zu Ehren, aber kein Stuck guter Musik zustande gebracht. Fur unseren
RuBsen dagegen, fur diesen Fanatiker der ausgelassenen Wildheit und tiefen
Melancholie, ist es charakteristisch , daB er, der wirklich die Meister des
europaischen Westens und Sttdens unparteiisch studiert hatte, an die Spitze
aller Dramatiker nicht Wagner, auch nicht Gluck, den vielgelobten und wenig
gespielten, sondern Mozart stellte. Fur ihn empfand er noch als reifer Mann
die hingebendste Liebe und reinste Bewunderungj nicht nur theoretische
Au8spriiche, auch Arbeiten aller Art zeugen von dem Enthusiasmus, ja der
Schwarmerei, mit der er sich dem Sonnengenius zu Fiifien warf. Hat er
doch mitten in einer seiner Opern ein Schaferspiel produziert, dessen Dar-
atellerinnen sich in einem der gelungensten Duette aller Zeiten auf mozartisch
auszudrtlcken haben ; ein andermal komponierte er fur populare Konzerte eine
Orchestersuite » Moxartiana* , deren Adagio das von lichten Harfenklangen
wundersam verklarte >Ave verum corpus* und deren Finale die lustigen
Klaviervariationen fiber das Thema »TJnser dummer PObel« bilden; umgekehrt
ubertrug er in groBem MaBstabe Mozartisches Orchester fUrs Pianoforte, indem
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312 Fr* Spiro, Tsohaikowsky'B Stellung im internationalen Musikleben.
er sich der zeitraubenden und einee so fruchtbaren Geistes eigentlich un-
wiirdigen Arbeit unterzog, einen vollst&ndigen und moglichst genauen Klavier-
auszug des Don Giovanni herzustellen. So lebte er im Kultus der erhabenen
Reinheit, der idealen Harmonic, welche alle Krafte zueinander in die voll-
kommenen Proportionen setzt, und die bo geeinten in den Dienst der kristall-
hell leuchtenden Melodie stellt. Melodisch ist Tschaikowsky's Schaffen immer
gewesen, und vieDeicht hat die iibernationale Melodik Mozart's — denn keine
Kunst ist so wie die Mozart'sche gelautert und frei von alien peinlichen Erden-
resten — ihn aus einem russischen zu einem internationalen Kiinstler ge-
macht: sicherlich hat die in jeder Hinsicht aufierordentliche Melodie, welche
den ersten Seitensatz der pathetischen Sinfonie bildet, ihm so viele Herzen
gewonnen, da£ von ihrer Verbreitung an seine Popularitat datiert und viele
dieses Werk fur sein bestes halten. Dem darf man widersprechen. Dem
unbefangenen scharfen Blick offenbart die pathetische Sinfonie manche
Schwachen, wahrend es ein Werk gibt, das von Anfang bis zu Ende auf
derjenigen Hohe stent, die die pathetische Sinfonie nur an ihren Blute-
stellen erreicht. Es ist das Trio fur Violine, Cello und Klavier, dem zum
Schlusse wohl eine nahere Betrachtung geschenkt werden darf.
Man hat es das beste Trio genannt, das seit dem Jahre 1828 komponiert
worden sei; das will nicht viel besagen, denn seit Schubert's Tode ist eben
kein temperament- und charaktervolles Trio mehr geschrieben worden. Man
hat auch von der schonen Disposition der Themen, von ihrer groBen Zahl
und Schftnheit, von der vorztiglichen , gleichmafiigen und ausgiebigen Be-
handlung der drei Instrumente gesprochen ; das bedeutet ebenfalls nicht viel,
denn es betrifft nur rein musikalische Eigenschaften des Stiickes. Viel
wesentlicher ist sein eigenartiger, lebendiger Inhalt. Es tragt die TJber-
schrift »dem Andenkm eines grofien KunsOers*. Dies klingt zunachst nur
wie eine einfache Widmung, und in der Tat hat der Komponist auch hier
jede Beeinflussung des Horers und seiner Gedankenrichtung von vornherein
vermieden; bei naherem Zusehen jedoch bemerkt man, dafl jene Worte
keineswegs blo£ den buchstablichen Sinn haben, wie man sonst ein Geistes-
produkt, bis herab zum Salonstiick, etwa einer geliebten oder verehrten
Person dediziert, sondern daB sie gewissermafien ein Programm in sich
schlieBen, die Yorstellung >Kunstlerleben«, mit alien Ideen, die ein solches
anregen kann. Welcher Kiinstler hier gemeint ist, kommt dabei nicht in
Betracht, und wohlweislich hat Tschaikowsky den Namen des trefflichen
Nikolaus Rubinstein der Neugierde des Publikums vorenthalten ; nicht auf
die einzelne Person, sondern auf das generelle Wesen kommt es an. Dem-
gemaB entwickelt sich die Komposition von der momentanen zur allgemeinen
Empnndung. Der erste Satz, eine selbstSndige Einheit, dem sich jedoch der
zweite in engster Unmittelbarkeit zu einer noch grofieren Einheit anschlieCt,
nennt sich Elegie; aber nur das Hauptthema, das seine beiden Teile um-
rahmt, verdient im eigentlichen Sinne einen solchen Namen. Dieses Thema,
das mit all seiner Klage so kiihn vom Violoncello intoniert, so stolz von
der Geige beantwortet wird, um sich dann im ruhig schreitenden Tutti zu
imponierender , aber seine ganze Kraft noch keineswegs erschopfender Fulle
zu entfalteu, teilt una die Empnndung mit, von welcher der Komponist aus-
geht und zu welcher wir mit ihm durch alle anderen Phasen dee Seelen-
lebens immer wieder zuriickkehren. Aber nicht lange kann die Phantasie bei
so triiber Vorstellung beharren; sie drangt mit elementarer Gewalt nach
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Fr. Spiro, Tschaikowsky'a Stellung im internationalen Musikleben. 313
oben, zum Licht, und wie mit erschiittemdem Rack relfit sie sich los, am
sieh in eine Plat von Leben za sttirzen, in eine Fiille jener Ziige, die fur
den echten Kunstler charakteristisch sind: Heroismus, Erotik, Jubel und
Innigkeit, begeisterte Wonne, stttrmisches Drangen, Kampf und Hoffinung,
Gliickseligkeit und tiefe Resignation. Aber jedesmal, wenn ein Hbhepunkt
erreicht scheint, tritt finster und bestimmt die Elegie wieder in ihre Rechte;
sie zeigt, dafi alle vorgefuhrten Bilder nur durch die Erinnerung getragen
werden, die wiederum von der schmerzlichen Grundstimmung dominiert wird;
zugleich gibt sie auBerlich durch ihr Verbaltnis in den anderen reichen und
reich durchgefuhrten Themen dem Satze seine fest gefugte Form. So ent-
steht hier wie nachher die Form aus dem Inhalte; das Resultat ist ein or-
ganisches Gebilde, das. sich seinen historischen Vorgangern ungezwungen an-
schlieBt. Vollige Uberraschungen bringt nun der zweite Satz. AuBerlich
gibt er sich als das denkbar Beschr&nkteste, namlich ein Thema mit
Variationen; aber man denke ja nicht an das alte, nur von den groBten
Meistern zuweilen durchbrochene, dafiir aber neuer dings um so eifriger wieder
gebrauchte Schema, bei dem auf einem moglichst harmlosen Objekt unab-
lassig zur Entfaltung mechanischer Kunste herumgebohrt wird, bis es vor
Erechopfung nicht weiter kann. Hier ist schon das Thema ausgiebig, melodisch
und hell, wie bei den Goldberg* schen Variationen Bach's; seine ruhige Ge-
schlossenheit macht es so recht zum Yariieren geeignet, und die Variationen
selbst geben ihm jedesmal nicht ein neues Gewand, sondern eine neue Ge-
stalt. Doch auch hier wollen wir uns bei den Aufierlichkeiten nicht auf-
halten, sondern schnell an den Inhalt gehen, zumal hier der Komponist eine
eigenartige Aufgabe eigenartig lost und dabei unwillkurlich den Inter-
nationalismus wahre Triumphe feiern lafit. Hat er im ersten Satze seinem
subjektiven Empfinden iiber den groCen Musiker Raum gegeben, so zeigt er
hier gewissermaBen objektiv den Kiinstler am "Werke, d. h. er fuhrt in einer
Eeihe bunter Bilder dasjenige vor, was bei allem menschlichen Empfinden
doch schliefilich die Hauptsache am Musiker ist, namlich das Musizieren:
*wie mem Musik macht*, so konnte man diesen Satz fuglich betiteln, und
man sieht, welch passende Verwendung hier die Variationenform erhalt.
Zunachst scheint es rein musikalisch herzugehen ; das Thema ist ein Lied —
wenn man will, ein Quartett — , dem Klavier allein anvertraut, das hier
offenbar edlere Stimmen, Gesang oder wenigstens Holzblaser, andeuten soil.
Nun folgen in strikter Reihe Violinsolo, Cellosolo, Klaviersolo; zwar spielen
iiberall alle drei Instrumente selbstandig mit, aber doch bilden sie einst-
weilen nur scheinbare Trios, wie das Thema nur ein scheinbares Klavier-
stuck war. Jetzt aber folgt das wirkliche Trio, die Cis-moll- Variation, in
der alle drei sich liebevoll melodisch umschlingen und so aus dem Thema
neue Themen hervorzaubern ; auch wiirde gegen diese Stimmfuhrung selbst der
strengste Kontrapunktist nichts einwenden konnen. Fortan bleibt es nicht
bei den rein musikalischen Aufgaben, auch nicht beim Schwelgen in Gesang;
es beginnt die phantastische Schilderung, und in launigem Wechsel fuhrt
uns der Kiinstler von Prospekt zu Prospekt, von Land zu Land. Ganz
plotzlich erklingen hell spielen de Moskauer Glockchen: charakteristisch ist
ja fur die russischen Kirchen und namentlich fiir die bunte, mit Kirohen
formlich iibers&te alte Zarenstadt, die Fiille ihrer Glocken, von der alle
Gloriosen und Pomposen des Rheines weit umfassenden Kaiserglocke, in der
zwanzig Personen friihstUcken konnen, bis zu dem Gewimmel zierlichster
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314 Fr. Spiro, Tscbaikowsky's Stellung im internationalen Musikleben.
Carillons, deren munteres Geton ein rechtes Sinnbild ist fur die Vereinigung
unbefangener Liebenswiirdigkeit und aufrichtiger Frommigkeit im Herzen des
Moskowiten. Hat una so der Komponist einen Blick in seine Yaterstadt
tun lassen, so fubrt er uns mit einem genialen Druck — ein em Ton! — in
die freundlichsten Gegenden deutscher Zunge: der deutsche Nationaltanz,
der Walzer, wird mit einem Schwung and Feuer, einer Eleganz, Elastizitat and
Begeisterang vorgefuhrt, wie man sie sonst eben nur am Osterreicher
kennt; — aber auch das nordische Gegenbild fehlt nicht: in die armlicbe
Studierstube des biederen Kantoralgreises versetzt uns niohts Oeringeres als
eine strong gefubrte dreistimmige Fuge. Sie ist weder sehr scbon noch hoch
bedeutend : aber mit ihrer konsequent durchgefuhrten Korrektheit und ihrem
in knappsten Rabmen gezwangten Aufgebot von EngfUhrungen, TTmkehrungen,
VergroBerungen und Orgelpunkten zeigt sie eine solch kostliche Originalit&t,
daB ihr humoristiscbes "Wesen — nur so ist sie zu verstehen — wohl
niemand entgehen wird, zumal nocb ein flottes Tempo zu Hilfe kommt
und das Haupterfordernis des Scberzes erfullt ist: die Kiirze. Desto ernster
siebt es im aufiersten Nordwesten unseres Erdteiles aus: ossianische
Stimmungen, scbwermiitige Klage, monotoner Frauengesang, gedampfte In-
strumente und nebelbaftes Aolsbarfengelispel ; es bednrffce eines genialen
Man 6 vers, um uns von bier nach gespannter Erwartung — zum brausendsten
slaviscben Tanze zu fubren. Energiscbes Losfabren, scbarf akzentuierte
Mazurkarbytbmen, grelle Kontraste von bocb und tief, dunkel und bell, wucbtig
und leicbt, ziigellos und zuriickbaltend , dazwiscben perlende Klavierkadenzen
und bange Fermaten: man konnte glauben, Cbopin vor sicb zu baben,
wenn nicbt scblieBlioh alles mit einer luftigen Leicbtigkeit verfloge, die dem
scbwermtitigen Polen versagt geblieben ist. Wieder bleibt das erstaante
Obr atemlos lauscbend an einem scbwebenden Tone baften; und was sicb
nun eroffhet, ist nur der Wirkung vergleicbbar , die ein besonders ver-
fubreriscb gelungenes Bild der Laterna magica dem unverwdbnten Aage
des Kindes darbietet. Eine gen i ale Kennerin auBerte ktirzlich treffend: das
Tbema, das bisher slavisch war, bier wird es italieniscb. Und in der Tat:
wir werden in die bliibendsten Momente der verflossenen italieniscben Oper
gefiibrt. Der Stiden, bier wabrlicb treffender gescbildert als in den kon-
ventionellen Serenaden, Capricci und Karnevalnopsereien , erscbeint uns in
der wurdigen Fracbt seiner ganzen gltibenden Sinnlichkeit; es ist eine nacht-
licbe Gartenszene mit Mondschein und lauscbigen Bosquets , Under Luft and
siiBem Nacbengescbaukel auf kosenden Wellen, ein schmeicbleriscbes Liebes-
duett mit innigem Werben, seliger Bfrngebung und wolltistig ersterbenden
Seufzern. Das Cello wird zur Harfe, zum fernber klingenden Waldborn,
die Geige und das Klavier zum scbmelzenden Sopran und unwidersteblicben
Tenor; willig gibt sich die Seele gefangen und scbeint im tief binschwindenden
dreifacben Ecbo der letzten Kantilene selber vergeben zu soil en. Da wird
sie mit jabem Scblage emporgeriittelt : gewaltsam gebt es binaus in den
Kampf des Lebens, und die ScbluBvariation, die inn scbildert, zugleich der
tibergang zum Scblusse des ganzen Werkes, eroffnet mit einer Vehemenz,
die bei aller tbematisoben und geistigen Selbstandigkeit doch an den ent-
sprecbenden Moment in Schumann's sinfonisohen Etuden erinnert —
gewiB das bocbste Lob, das man ihr spenden kann. In begeistertem Drangen
gebt es b6ber und bober, scbon scbeint der Augenblick des Triumpbes zu
naben, da tritt vollig unerwartet, aber ebenso vollig Uberzengend, weil
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Fr. Spiro, Tschaikowsky's Stellung im internationalen Musikleben. 315
innerlioh motiviert, eine furchtbare Wendung ein: mit ehernem Schritt, uner-
bittlich wie das Schicksal, tritt die Elegie wieder in die Erscheinung, halt
einen Augenblick an, wie um A tern zu bolen fur einen letzten schweren
Gang, and rei£t dann, diesmal unter aufierstem Aufgebot ihrer vollen Kraft,
unuberwindlich alles mit sich fort.
Aufierlich betrachtet, ist dieser SchluB im wesentlichen nor eine dyna-
mische Verstarkung des ersten Hauptthemas, das damit alle Stadien vom Zar-
testen bis zum Inteneivsten durchlaufen hat und, am Ziele angelangt, passend
auf den AnfaDg zuriickgreift Aber vor dem geistigen Auge 5ffnet sich ein
Bild von ergreifender Tragik: ein Leichenzug, oder vielmehr eine Trauer-
prozession von ungeheuren Dimensionen, mit Glockengel&ut nnd Kanonen-
donner, mit Orgelklang and zahlloser Trompeten G-esohmetter; es ist die
Trauer eines ganzen Volkes, in dessen Charakter ein gates Teil orientalischer,
asiatischer GrdBe liegt. Dieser mongolische Zug im Wesen der Grofl-
russen, in ihrer Oeschichte wohlbegriindet und von einem ihrer geistvollsten
Kenner, Helmut v. Moltke, fein beobachtet, spricht sioh ja in den bedeutendsten
Zugen ihres Lebens aus: in ihrer Religion and ihrer Auffassung des Monarchen-
tums, ihrer Welt- and Lebensanschauung, ihren Baaten and nioht zam
wenigsten in ihrer Masik. Hier tritt er gleiohsam leibhaftig aof uns zu;
und Tschaikowsky hatte ihn bequem benutzen konnen, um einen >effekt-
vollen* AbsohluB vu erzielen. Er hat auf diesen billigen Erfolg wie auf
das ubliche triumphierende Finale verzichtet. Der tragische Gedanke ist
das Bleibende im bunten Wechsel der Erscheinungen ; die riesenhafben Massen
zerstreuen, verlieren sich; die krampfhafte Anspannung aller KjSfte l&fit
nach, lost sich auf, und tiber den letzten verzweiflungsvoll zusammen-
brechenden TrUmmern der Elegie verrSchelt in endloser Feme der letzte
Glockensohlag. Das Trio schliefit in dumpfem Yerhallen wie die pathetische
Sinfonie. —
Ist solch ein enormes Aufgebot von Trauer nicht selbst fur einen edlen
Mann, far einen >grofien Kunstler* etwas zu viel? Gewifi. Was ist fur
uns Nikolaus Rubinstein? Ein guter Mensch, ein Wohltater yieler anderer
Mensehen, ein tiich tiger aber lSngst verschollener Pianist, der Bruder eines
phanomenalen Musikers. Wer ihn gekannt hat, wird sein Andenken ehren;
Tschaikowsky's Schopfung jedoch steht zu seiner Bedeutung in keinem Ver-
haltnis. Wohl aber hat Tschaikowsky sich selbst damit ein Denkmal gesetzt,
das wahrlich berufen erscheint, Erz und Stein zu iiberdauern. Man hat mit
Recht gesagt, dafi Mozart, ohne es zu ahnen, sein reifstes Werk, sein
Requiem sich sebst geschrieben habe. Ahnlich dttrfen wir von Mozart's
rassischem Apostel denken. Wir wollen zwar nicht das Beispiel des geist-
reichen aber schrullenhaften Hans v. Billow befolgen, der nach einer Auf-
fuhrung yon Beethoven's heroischer Symphonie deren Widmung an Buon-
aparte einfach annullierte, um das Werk seinerseits Bismarck zu dedizieren;
wohl aber durfen wir das Andenken, das sich in Tschaikowsky's Trio
verewigt, ihm selber weihen, ihn mit dem Monumente feiern, das er in
seiner reifsten Stunde geschaffen hat. Und so ist es denn auch wohl in der
Ordnung, da£ in Rom, der Hauptstadt des internationalen Lebens, der
deutsche Ktinstlerverein dieses Lorbeerblatt am Grabe des russischen Kunstlers
niederlegt, der der Tonkunst fttr eine Weile wiedergegeben hat, was sie im
Zeitalter der beginnenden Musikan archie schon fur immer verloren zu haben
schien: Architektur und Poesie.
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316 Ernest Newman. An Impressionist Critic.
An Impressionist Critic.
One encouraging feature of modern criticism is that it is undertaken by
men proficient not in one art or literature only but in several; and of cri-
tics of this type Arthur Symons is one of the best examples. In his latest
book, as its title indicates (see Bftcherschau), he deals with a number of
aesthetic questions arising out of acting, song, poetry, and musical perform-
ance. He is always straightforward, always gives us the impression of being
greatly set on arriving at truth, and, as a rule, of having spared no trouble
to reach the goal. In his preface he says, "I am gradually working my way
towards the concrete expression of a theory, or system of aesthetics, of all
the arts. In my book on The Symbolist Movement in Literature
I made a first attempt to deal in this way with literature .... The present
volume deals mainly with the stage, and, secondarily, with music; it is to
be followed by a volume called Studies in the Seven Arts, in which
music will be dealt with in greater detail, side by side with painting, sculp-
ture, architecture, handicraft, dancing, and the various arts of the stage."
With a scheme like this ahead of one, it is well to practice a most rigorous
self-discipline; and I venture to suggest thai Arthur Symons needs this most
in the department of music. No man can have aesthetic perceptions of equal
range and equal delicacy in all the arts. Symons seems to me to have most
aptitude for literature and painting; his passion for music is, in comparison,
a by-product. With him the external eye and ear are more reliable than
the internal; he understands pictorial psychology as a whole better than
musical psychology as a whole, and he probes more deeply and more accu-
rately into the player than into the composer. At the outset of his scheme
I think he ought to work his way out of and beyond some of the paradoxes
of his opening essay. He would place all arts on the same level, at the same
time that he would greatly enlarge the scope of the term "art". But it is
not sufficient to say that the playing of a Chopin nocturne by Pachmann
(not the nocturne itself, but Pachmann's interpretation of it) is "as beautiful,
in its own way" as , say the "Monna Lisa" or Bach's B minor mass, or
"Tristan". It is a paradox without profit. "In each case the beauty is
different ; but, once we have really attained beauty, there can be no question
of superiority". This is dangerous ground. One wants a careful oUscrimiii-
ation between the sensuous and the intellectual sides of each art, before
one can dispose of the problem so easily as this. It seems to me that Symons
arrives at this position because he is just a little biassed towards sensuous
pleasure in art; and he must beware of founding an aesthetic theory on his
own temperament. When he says "art has to do only with the creation of
beauty, whether it be in words, or sounds, or colour, or outline, or rhyth-
mical movement; and the man who writes music is no more truly an artist
than the man who plays that music, the poet who composes rhythm in words
no more truly an artist than the dancer who composes rhythms with the body;
and the one is no more to be preferred to the other than the painter is to
be preferred to the sculptor or the musician to the poet" — he simply gives
judgment without having called any evidence. It may be that Letty Lind is
the peer of Beethoven, but one would like the proposition to be proved more
satisfactorily.
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Willi. Altmann, Josef Eebicek. 317
It is on the side of music, as I have said, that Symons needs to be very
watchful of himself. He is inclined to jump at conclusions and to take the
state of his nerves at a given moment for a verdict of the intellect. He
tries to lay bare the psychology of Tschaikovsky from the one or two things
of his they give at the average concert. He hears Strauss's "Don Juan"
once, and decides off-hand that "Of one thing I am certain; he is not an
overwhelming genius"; this after a confessedly limited acquaintance with
Strauss's music! Then he hears the Meiningen orchestra play "Don Juan",
— it is the third time he has heard the work. Apparently not knowing
that many people dispute the ability of that orchestra to play any music so
intelligently as that of Brahms, he takes their rendering of "Don Juan" as
gospel truth. UI realised finally the whole strain, pretence and emptiness of
the thing". Well and good; but later on they play the "Tristan prelude,
and he now finds them unsatisfactory. "Here the notes .... were given
their just expression; but the something more, the vast heave and throb of
the music, was not there. It was a classical rendering of what is certainly
not classical music". Now if he did not know his "Tristan", — say if he
had been writing his article thirty years ago .... he would almost certainly
have made the same mistake over it as he has made over "Don Juan". He
would have accepted the bad Meiningen rendering as the real thing, and on
the strength of this condemned the music. But knowing the "Tristan" pre*
lnde, when he hears an unintelligent performance of it he realises that it is
not the composer who is at fault but the orchestra; not knowing "Don Juan"
very well, and starting out with a temperamental bias against music like
that of Strauss, he seizes gleefully upon the bad performance, accepts it
unquestioningly, and uses it as a stick with which to beat the composer. I
call attention to this point because, in the interest of Arthur Symons's com-
ing theory of the arts, it is imperative that he should not rely so much,
in his discussion of music, on first impressions, and on the mere effect given
to a work by a particular player or a particular orchestra. Music demands
the most careful study if one is to be positive about it. You can get a
very fair idea of a drama from a performance of it, or of a picture by
spending ten minutes with it; but a big modern musical composition re-
quires hour after hour of patient study of the score, in addition to the
hearing of it on the orchestra. At present it seems to me that it is on the
musical side that Arthur Symons's general aesthetic scheme is likely to be
weakest. He has a quick and reliable eye for external effects — perhaps
the best articles in his volume are those on acting; but — I throw the
suggestion out in all friendliness, with the sole desire to strengthen his
hands — he would do well to watch the personal equation more suspiciously
in matters musical.
Birmingham. Ernest Newman.
Josef Rebicek,
(f 25. Marz 1904.)
Die Berechtigung, eines praktischen Musikers anlafilich seines kurz nach
Yollendung seines 60. Lebensjahres erfolgten Todes in unserer Zeitschrift zu
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318 Wilh. Altmann, Josef Bebicek.
gedenken, leiten wir aus dem Umstande her, dafi sein Wirken international
gewesen ist, dafi er fUr die Verbreitung deutscher Musik im Auslande ebenso
gewirkt hat wie fur die EinfUhrung hervorragender aufierdeutscher Tonwerke
in Deutsohland.
Josef Bebicek, der am 7. Februar 1844 zu Prag geboren ist, beauchte
daselbst das Bealgymnasium und Konservatorium, woselbst er vor allem im
Geigenspiel ausgebildet wurde. Gelegentlich eines Konzerts horte ihn Franz
Liszt; ihm gefiel das Spiel des jungen Kttnstlers so gut, dafi er ihn sofort
als Kammermusiker fttr die grofiherzogliche Kapelle zu Weimar engagierte.
In dieser Stellung bot sich ihm vorzugsweise Gelegenheit, ein treuer An-
hanger der damals erst noch kleinen Wagnergemeinde zu werden. Nicht
lange freilich blieb Bebicek in Weimar. Bereits 1862 folgte er dem sehr
ehrenvollen Bufe als erster Konzertmeister an das eben vollendete konigl.
Nationaltheater in Prag; hier fiel ihm auch 1865 nach dem Tode seines
ausgezeichneten Lehrers Mildner eine Violinprofessur am Konservatorium
zu. Seine hervorragenden Leistungen waren Wilhelm Jahn, der auf Hebung
des nunmehr preuflischen Hoftheaters in Wiesbaden bedacht war, nicht
unbekannt geblieben ; er berief Bebicek 1868 als ersten Konzertmeister und
Ubertrug ihm allmahlich auch, als er seine Dirigentenbegabung erkannt hatte,
die Leitung einer Anzahl Opern. In Anerkennung dieser T&tigkeit, neben
der auch eine reiche Wirksamkeit als Kammermusikspieler nicht vergessen
werden darf, wurde Bebicek 1875 zum KSnigl. Musikdirektor ernannt.
Sein Buf als Opernleiter trug ihm dann 1881 die Stelle eines Operndirektors
und ersten Kapellmeisters am Kaiserl. Theater in Warschau ein. .
Hier bot sich seinem Streben ein auBerst dankbares Feld; hier gelang
es ihm, der kaum der Landessprache machtig war, die dauernde Gunst seiner
Vorgesetzten und des Publikums zu gewinnen; diesem bot er als Novitaten
u. a. »Tannhauser«, »Lohengrin « , » Figaros Hochzeit*, »Sommernachtstraum«.
Auch begrundete er die seitdem in Warschau nicht mehr eingeschlafenen
Sinfoniekonzerte, in denen er auch Beethoven's dort noch unbekannte
>neunte« zur Auffuhrung brachte.
1891 folgte Bebicek einem sehr ehrenvollen Bufe nach Budapest als
erster Kapellmeister der Konigl. Oper. Hier fiihrte er > Siegfried* und die
»Gotterdammerung« als Neuheiten auf und ermoglichte damit die erste Ge-
s am t auffuhrung des »Nibelungen-Binges« in aufierdeutscher Sprache; nicht
vergessen sei ihm auch, dafi er den »Barbier von Bagdad* von Cornelius,
dieses Kleinod der deutschen Opernliteratur, den Budapestern darbot. Allein
nur zwei Jahre blieb Bebicek in der ungarischen Hauptstadt. Es zog ihn
wieder nach dem lieblichen Wiesbaden zuruck, wo er von dem Intendanten
Herrn Georg von Hiilsen lebhaft gewilnscht wurde. Hier leitete er 1894
die Eroffnungsvorstellung in dem glanzenden Neubau. Allein die Muhselig-
keiten und der unausbleibliche Arger des Theaterdienstes, den Bichard Wag-
ner so treffend geschildert hat, bewogen Bebicek am 1. Oktober 1897 den
Posten eines standigen Dirigenten des beriihmten Berliner Philharmonischen
Orchesters, das in den Sommermonaten in dem hollandischen Weltbad Scheve-
ningen konzertiert, zu Ubernehmen.
Auf diesem durchaus nicht leichten Posten hat sich Bebicek immer mil
grofiten Ehren behauptet ; beim Orchester wie beim Publikum und der Presee
in gleicher Weise beliebt (was sich besonders bei der Feier seines 40jahrigen
Kunstlerjubilaums gezeigt hat) schwang er bei den Solistenkonzerten mit er-
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Hugo Leichtentritt, >Das trunkne Lied«. 319
staunlicher Umsioht und einer oft verbliiffenden Kaltbliitigkeit angesichts
vorkommender Ged&chtnisfehler der oft minderwertigen Konzertgeber den
Taktstock und war sehr erfolgreich bemtiht, das Niveau der popularen Konzertex
zu denen ihm nur ganz ausnahmsweise eine Probe gestattet war, durcb tadel-
lose Ausfuhrung und gediegene Programme dem der groflen Philharmonischen
Konzerte gleichzustellen. Mit besonderem Eifer pflegte er u. a. die Werke
seines grofien Landsmannes Smetana, hervorragend war er aucb als Wagner-,
Tschaikowsky- und Brahms -Dirigent. Sein Bestreben, sich junger holl&n-
discher Talente anzunehmen, ist durch Verleihung des Offizierskreuzes des
Oranien-Nassau-Ordens gebiibrend anerkannt worden.
Aucb als Komponist ist Eebicek vorteilhaft bekannt geworden; er war
kein Vielscbreiber und zeigte sicb mebr von Schumann beeinflufit als von
Wagner-Liszt. Zwei Konzertouvertiiren und namentlich seiner Festouverttire
begegne icb in Konzerten sehr gern. Sein bestes "Werk ist unstreitig seine
Sinfonie in H-moll, welche mit Recht auch grofie Verbreitung gefunden bat
und bei den gar zu seltenen Berliner Auffuhrungen immer besondere An-
ziehungskraft ausiibt. Aucb in seinen G-eigenkompositionen erkennen wir
immer den feinsinnigen und feingebildeten Musiker. Endlicb werden Kam-
mermusikfreunde die dreisatzige Sonate Rebicek's ftir Violine und Pianoforte
(Berlin, Bote & Bock) gern spielen und boren. Sie ist ein getreues Abbild
seines ungemein liebenswUrdigen und freundlichen Wesens.
Bereits im Sommer 1903 war der trefflicbe Kiinstler, dessen geistige
Friscbe mir schier unerscbopflicb scbien, von einem rbeumatiscben Leiden
geplagt; kurz vor dem Jabresscblufi notigte ibn diese erneut und heftiger
auftretende Krankheit zu einem, wie allgemein angenommen wurde, zeitweili-
gen Ausspannen ; aber bald war es ihm Naherstehenden kein Geheimnis, dafi
er nicht mehr die Hoffnung hatte, seinen anstrengenden Posten wieder iiber-
nehmen zu konnen. An seinem 60. Geburtstage fuhlte er sich zu angegriffen,
um die GlUckwUnsche seiner Freunde im Krankenbett anzunehmen; er lie 14
ihnen eroffnen, daB er seine Dirigentenstellung niedergelegt habe und nur
noch seiner Gesundheit leben wolle. Koch schien die Hoffnung auf Genesung
nicht ausgeschlossen, da trat eine Lungenentziindung hinzu, die dem Leben
des kraftigen Mannes ein friihzeitiges Ende setzte.
In den Annalen der Berliner Musikgeschichte wird sein Name stets mit
Ehren genannt werden.
Friedenau-Berlin. Wilh. Altmann.
„Das trunk'ne Lied"
aus dem Zarathustra von Friedrich Nietzsche fur Soli, gem. Chor und Orchester
komponiert von Oskar Fried, op. 11.
Die Erstauffuhrung des genannten Werkes im Wagnerverems-Konxert zu
Berlin (am 15. April 1904) unter Dr. Carl Muck's Leitung machte weiteren
Kreisen zum ersten Male den Namen des Komponist en bekannt. Die ganz
auBerordentliche Bedeutsamkeit seines Werkes laBt es mir angemessen er-
scheinen , auch an dieser Stelle kurz dartiber zu berichten. Den Text bilden
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320 Hugo Leichtentritt, »Das truhkne Lied«.
ausgewahlte Partien aus dem »trunknen Liede.«: Er ist £Ur den Durch-
schnittshorer schwer verst&ndlich, um so mehr als bei dem fur die musikalische
Behandlung notigen Zusammendrangen manche Zwischenglieder fortblieben,
die der mit der Dichtung Vertraute vielleicht entbehren kann, schwerlicb aber
ein weniger vorgebildeter Zuhorer. Aber das Gedicht raft laut nach Musik.
Was der Text ausdriickt: Die Gebeimnisse der Nacht, das schaurige Dunkel,
das beklemmende AngstgefUhl, das schlieBliche Uberwinden des »Weh's«, die
Sehnsucht nacb Lust: »Lust tiefer nocb als Herzeleid: Weh, spricbt: Ver-
geh ! Doch alle Lust will Ewigkeit , will tiefe , tiefe Ewigkeit* , dies alles
kommt der Musik entgegen. Und der Musiker hat es vers tan den, seinen
Dicbter so zu interpretieren, daB fur viele der Sinn des Gedichtes erst durch
seine Musik klar wird. Fried zeigt sicb als ein Musiker, der in jeder Be-
ziehung die komplizierte Technik des modernen Tonsatzes voll beherrscht.
Wohin man auch sehen mag, sei es auf die farbenreiche, leuchtende,
feinfiihlige Art der Harmonik, auf den Schmelz, die Glut und Fttlle seines
Orchesters, die edle und angemessene Form, die warme Melodik, — uberall
steht ein Konner von iiberraschenden Fahigkeiten vor uns. Dazu kommt
seine absolute Herrscbaft ttber die schwierigsten kontrapunktischen Formen : eine
achtstimmige Doppelfuge, Kanons der verscbiedensten Art flieBen wie selbst-
verstandlich dahin, und Uberall packender Ausdruck auch in diesen gebun-
denen Formen. Das tiefsinnige kanonische Duett: »Du "Weinstock, was
preisest du mich?« sei als ein Beispiel angefuhrt. Ganz neue Aufgaben
werden bisweilen dem Chor gestellt; sie verlangen eine ganz eigene Vortrags-
weise, die den Chorvereinigungen gewohnlichen Schlages seltsam genug er-
scheinen mag. Da gibt es Stellen, wo in einem Chaos wild durcheinander
tonender Stimmen jede Stimme wie in rasender Erregtheit hinausgeschrien
werden muBte, andere Stellen dagegen mtiBten wie ein Stammeln unter den
Schauern des Mysteriums klingen, wie die Stelle: *E$ naht, es naht die
Stunde, achf ach!* iibrigens einer der eigenartigsten Einfalle des Werkes,
von seltsamstem, unbeimlich dainonischem Ausdruck. Es gibt bei Bach in
der Matth&us- und Johannes-Passion Chore, die eine ahnliche dramatische
Belebtheit aufweisen. Aber was hier an Ekstase der Menge verlangt wird.
geht noch dariiber hinaus. Der Chor als personifizierte Masse wird hier in
lebendigen Dialog mit der Solostimme des Sprechers, des AnfUhrers gesetzt.
Breite, epische Entfaltung des Chors tritt eigentlich nur am SchluB auf, in
der achtstimmigen Doppelfuge: >0 Mensch gib Acht, was sprickt die tiefe
Mitternacht? * und den sich anschlieBenden Abschnitten. In der Mitte er-
scheint als Buhepunkt eine ungemein schone, satte lyrische Episode, das
Alt-Solo: » Stipe Lexer ■, ich liebe deimn Ton.* Wollte man alle die geist-
vollen Einzelzlige wiirdigen, dann gehorte eine eingehende Abhandlung dazu.
Progressiven Musikern, insbesondere Dirigenten von erstklassigen Choren sei
das Studium des im Verlage von Hainauer, Breslau erschienenen Klavier-
auszuges empfohlen. Sie werden ihre Muhe — eine Muhe ist es — sicher-
lich belohnt finden durch die Bekanntschaft mit einem der stSrksten unter
den j linger en Komponisten. Er ist noch kein ganz fertiger; seine Ausgangs-
punkte, Bach und Wagner, sind noch sichtbar. Bei weitem Uberwiegend
ist jedoch schon jetzt der Eindruck einer ganz eigengearteten, urkraftigen
Personlichkeit. Nach den imponierenden Proben von Ktinstlerschaft , die
Fried abgelegt hat, wird in Zukunft sein Name den Musikverstandigeu wohl
bald vertraut werden. Hugo Leiohtentritt.
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G. Scrinzi, The Janko Keyboard and Simplification. 321
The Janko Keyboard and Simplification.
The Jan k 6 keyboard (Zeitschriffc for FelmMCFjr 1904) raises a question
which must sooner or later command the attention of all musicians, the
simplification of pianoforte-technique. The unique qualification of the piano-
forte as the only instrument capable of rendering, without association with
other instruments, every kind of music, endows any attempt at modifying
its mechanism with a peculiar interest.
No one but a pianoforte virtuoso who is at the same time a pianoforte-
teacher realizes the amazing vastness of pianoforte-technique. If a general
survey of it would be out of place here, a table of scales and arpeggios
which constitute the very elements of playing may convey a sense of the
importance of an invention, which claims to abolish inequality of finger-
ing, and thereby do away with the now imperious necessity of practising
technical passages in different tonalities. The following detailed lists
of scales and arpeggios include only such as are admittedly indispensable to
the average player: —
Scales.
36 diatonic (one major, one melodic minor and one
harmonic minor for each key) in octaves . ...
ag > • o8d ; in similar motion
36 » in 6th8
24 diatonic in 8** j
24 > in 3d8 | in contrary motion (the melodic minor being unused)
24 » in 6th8 I
2 chromatic in 8es (legato & brilliant fingering) |
2 » in major & minor 3d* > similar motion
2 » > 6th8 J
1 chromatic in 8M |
2 » in major & minor 3ds > contrary motion
2 > » 6th8 I
36 diatonic in double 8M staccato
36 » legato (admitting only one fingering of several
which are possible)
2 chromatic in double 8eB (legato & staccato)
24 diatonic in double 3d8 (admitting only one fingering of two which are
possible in many cases)
2 chromatic in double 3d8 (Czerny's & Chopin's fingering)
24 diatonic in double 6th8
1 chromatic in double 6ths
24 diatonic in 3d8 & 6th8
2 chromatic in 3d8 & 6th8 (Czerny's & Chopin's fingering)
1 chromatic in chords of the diminished 7th.
343 Total.
322 Musikberichte.
Arpeggios.
72 on major & minor common chords and their inversions
48 on dominant 7th8 and their inversions »
12 on diminished 7ihs (the inversions of the diminished 7th in each key
being enharmonically coincident with the root posi-
tions of diminished 7ths in other keys)
To these must be added as requiring special technical training:
24 arpeggios on major and minor common chords of the form
^0 jjf jft
24 arpeggios of the form
■# — #■
*&■
180 Total.
These 523 different technical formulae the fingers must be prepared to
execute with almost unconscious ease; to say nothing of other mechanical
capabilities, such as flexibility of hands, certainty in skips, and speed, which
are no special feature of pianoforte-playing, and which on the other hand
no phase in the evolution of the instrument could do away with.
But again, whereas a player of any other instrument would by such
mechanical devices be thoroughly fitted for the higher studies of style, not
so the pianist, who is now confronted with the peculiarities arising from the
polyphonic nature of the pianoforte. The conditio sine qua non of
pianoforte polyphony is that each finger in each hand must be capable of
striking a key with any degree of power and any quality of touch, while
the other fingers strike other keys with any other degree of power and any
other quality of touch. The difference in power and touch between the
individual fingers is an achievement of comparatively few pianists, while it
should be the common acquirement of all players.
The Jank6 keyboard seems to be a most effective step towards a de-
sirable system of technique. By reducing to a minimum the purely mechanical
work, the time and energy hitherto spent on it would be directed to the
acquirement of those qualities of touch and style which are the very essence
of artistic playing.
Bombay. G* Sorinzi.
Mufflkberiohte.
Berlin. Die Sinfoniekonzerte der Egl. Eapelle unter Weingartner warden nacb
langer Pause am 9. Marz wieder aufgenommen. Der Umbau des Opernhauses (eine Folge
dee Chicagoer Theaterbrandes) hatte eine fast dreimonatliche Unterbrechung notig ge-
raacht. Weingartner brachte als Novitat Hugo Wolf's >Penthesilea«. Man
Musikberichte. 323
lemte das gliihende leidenschaftliche Jugendwerk des Meisters bei dieser Gelegenheit
zum erstenmal kennen. Der Versuch, den "Willy Benda einige Wochen vorher unter-
nommen hatte, die Penthesilea zu interpretieren, war so miBgliickt, daC yon dieser
Yorfuhrung ein rechter Eindruck nicht zu gewinnen war. Eine Anzahl auswartiger
Dirigenten zeigten sich an der Spitze des philharmonischen Orchesters. Yon diesen
fuhrte Herr Ferdinand Neisser aus Wasa in Finnland neben bekannten Werken
einige wertvolle Novitaten finnlandischer Komponisten vor: Sibelius' >Finlandia«
und Jarneielt's: >Ouvertnre marziale«, dazwischen einige kleinere Stucke eigener
Komposition.
Von Eammermasik wurden wir tiberschwemmt. Viel neues warde nicht gebraoht.
Schumann-Halir-Dechert spielten ein neues Klavierquartett von Robert Kahn (Cmoll
op. 41) zum erstenmal : eins der besten Kahn'schen Werke, besonders in der ersten
Halfte gut gelungen. Das Schnabel - Trio machte mit einer Cello -Sonate von
Rachmaninoff bekannt, die als tiichtiges Werk bezeichnet wird; das Woldemar-Meyer
Quartett brachte ein Klavierquintett (op. 45) von G. Martucci zur ersten Auffuhrung,
das auch auf ansehnlicher Hohe steht. (Klavier: Herr Attilio Brugnoli aus Rom.)
Eine Anzahl auswartiger Kammermusikvereinigungen erschienen auch auf dem Plan.
Vor alien ist das Brusseler Streichquartett zu nennen. Es machte sich verdient durch
eine vollendete Auffuhrung von Cesar Franck's Klavierquintett, das fur Berlin noch
Novitat war. Yon alien Novitaten gebe ich ihm den Preis aber auch absolut: ein sehr
bedeutendes Werk.
Das Hollander-Quartett machte mit einem andern franzosischen Kammermusik-
werk bekannt, einem Streichquartett op. 19 von Lalo. Steht es auch hinter Franck's
Werk weit zuriick, so ist es dennoch eins der besten Kammermusikstucke, die aus
Frankreich zu uns gedrungen sind. GroBen Beifall errang Philipp Scharwenka's
Violinsonate op. 110. Sie wurde in einer Woche zweimal gespielt (von Frau Saenger-
Sethe und Moritz Mayer-Maler und von den Herren Zajic und Forster). Das »Moskauer
Trio* konnte den Yergleich mit den erstklassigen Triovereinigungen, die sich hier oft
zeigen, nicht ganz aushalten. Die Pianisten waren Legion. Angefuhrt wird einzig das
vom iiblichen Schema Abweichende. Risler spielte neue Stucke von GabrielFaure, —
ich habe sie nicht gehort, sie sollen sehr exzentrisch sein, >moderne< Musik, zu der das
Publikum den Kopf schuttelt. Attilio Brugnoli spielte Stucke von Sgambati, darunter
ein Praludium mit Fuge, in der als Cantus firm us der Hymnus S. Giovanni Baptista
wirksame Yerwendung findet. Herr Mark Gunzburg spielte >neue und selten aufge-
fuhrte Klavierkompositionen«, darunter Yariationen und Fuge uber Chopin's Cmoll
Praludium von Busoni, Sonaten von Sjogren op. 35 und Reubke. Ein solches Ein-
treten fur unbekannte Werte sei besonders anerkennend vermerkt. Es ist verdienst-
lich, auch wenn die aufgefuhrten Kompositionen nicht als ganz vollgiltig angesehen
werden kdnnen.
Die Sanger lieBen wenig neues von Bedeutung horen. Ganz miCgluckt war der
Versuch von Frl. Beatrice Meho durch sogenannte »singende Bilder* das Wagner'sche
Prinzip vom Zusammenwirken der Kiinste auf die musikalische Lyrik zu ubertragen.
Durch den theatralischen Aufputz wurde nur Vergroberung, nicht Verfeinerung erzielt.
Zum Teil starke Wirkung hinterlieB ein Dehm el- Abend; Dehmel selbst rezitierte,
Conrad Ansorge saB am Klavier. Eine Anzahl Gesange von Ansorge, Zemlinskiu. a.
wxirde vorgetragen.
Mit alter Musik waren wir recht sp'arlich bedacht. Einige Sangerinnen brachten
altitalienische Arien, — es sind immer dieselben funf oder sechs Stucke. Ein paar
Pianisten, auch Risler, Pauer spielten etliche Stucke von C o u p e r i n und Scarlatti. Der
englische Pianist Leonard Borwick brachte selten gespielte Stucke von Bach, Leo,
auch Couperin und Scarlatti aufs beste zur Geltung. Frau Cornelia Schmitt-Csanyi
aus Dresden sang eine wenig bekannte Solo-Kantate von Bach: »Jauchzet Gott in
alien Landen*; ein Streichquintett, eine obligate Trompete, und das Cembalo von
Heiro Alfred Sittard gespielt) bildeten den begleitenden Instrumentalkorper. Leider
war die Auffuhrung nicht genugend abgerundet. Besonders am Klavier hatte viel
mehr geschehen konnen. "Wie man in alteren "Werken akkompagnieren soil, ist leider
z. d. I. M. v. V Z24 V
324 Musikberichte.
den meisten praktischen Musikern noch durchaus unbekannt. Sie beschranken sich
meistens auf ein sehr reserviertes akkordisches Begleiten, und wenn nun einmal gar die
zweistimmige Skizze des Komponisten — Sopran und BaB — vorliegt, dann ist es
noch schlimmer; der Buchstabe wird andachtig respektiert, und man hort einen diinnen
zweistimmigen Satz, der manchmal nicht nur langweilig, sondern auch grotesk wirkt.
Nun zu den Organisten. Es ist erfreulich, daD man dem Namen Max Reger auf
ihren Programmen jetzt haufiger begegnet. So wurden nur in den letzten Wochen,
von ihm gespielt: 4 Stiioke aus op. 69 (von Herrn Walter Fischer), die Passacaglia
aus op. 63 (von Herrn Carl Heyse aus Dresden, die Choral-Phantasie op. 27. »Ein feste
Burg ist unser Gott« (von Herrn Edwin Krafft). die Kantate : »Vom Himmel hoch«. Aber
auch in den Konzertsalen gewinnt Reger mehr Boden. Die Chaconne fur Violine solo
(aus op. 42) wurde mehrere mal gehort (gespielt von den Herren Schnirlen und Ruth-
strom), auch eine ganze Sonate fur Violinsolo, ferner eine Anzahl Lieder und Be-
arbeitungen von Volksliedern fUr Mannerchor. Man kann jetzt nicht mehr tiber Reger
zur Tagesordnung ubergehen, wie dies noch vor einem Jahr hier der Fall war. Ein
anderer Komponist, der in diesem Winter auffallend begiinstigt wurde, ist der Russe
Glazounow. Ich horte von ihm ein Streichquartett (vom Brussler Quartett gespielt;,
ein Praludium und Fuge fur Klavier, eine Klaviersonate, Variationen fur Klavier und
andere Klavierstiicke ; auch eine Orchestersuite »Moyen-Agl« kam in einem phil-
harmonischen Konzert zur Auffuhrung. Allerdings bin ich tiber die Musik Glazounows
nicht sehr erfreut, weil dahinter meiner Schatzung nach keine starke Personlichkeit
steckt.
Der Kopenhagener Cacilienverein, ein Chor von ungefahr 60 ausgesuch-
ten Stiromen, gab am 4. Ap^l ein Konzert, das zu den vornehmsten Darbietungen der
Saison zu rechnen ist. Ahnliche Vollendung im a cappella-Gesange habe ich noch
nicht gehort. An virtuosem Schliff der Abtonung im Ensemble, an Prazision und
Reinheit leistet Herr Frederik Rung mit seinem Chor Erstaunliches. Am meisten
interessierten mich eine Anzahl alter Ges'ange, italienische Madrigal e von Leoni,
Pizzoni, Conversi, Villanellen von Gastoldi u. a. Es war sonst meine Uber-
zeugung, dafi die meisten madrigalartigen Gesange von wenig Stimmen. solistisch ge-
sungen, besser zur Geltung kommen, als chormafiig vorgetragen, und dies trifft in
der Tat zu, wenn man hort, wie fur gewohnlich alte Gesangamusik an Feinheit der
Linie im Chor einbiiCt. Hier jedoch storte die Menge.der Sanger nicht im geringsten.
Conversi' s »Solay soletta to me ne vo cantando* war an Feinheit der AusfUhrung
ein Virtuosenstuck ersten Ranges. Leoni's: *Dimmi, Clori gmtil, percht rum ami?<
fur dreistimmigen Chor und zwei hohe Sopransolostimmen, Nachtigallenstimmen , die
einander antworten, ist ein reizender musikalischer Scherz. Auch geistliche Stttcke von
Palestrina und ein Requiem von Anerio wurden mit groCer Feinheit gesungen;
allerdings glaube ich, daB an GroCe der Empfindung, an Volumen im Klang gerade
bei den Stiicken von Palestrina noch mehr h'atte gegeben werden konnen.
H. Leichtentritt.
Kopenhagen. Mit unsrer kgl. Oper ist es immerfort traurig bestellt, nur ganz kurz-
dauernd erweckte sie die Aufmerksamkeit des mehr ausgesuchten Publikums, namlich
durch die Siegfried-Auffuhrungen, in welchen Herr Liebau aus Berlin den Mime
sang. Nachher war wochen-, ja monatelang nichts Neues oder Altes von Interesse
los — endlich anfangs April kam die erste Neuheit dieser Saison! Eugen d' Alberts
Einakter: Kain. Dieses Musikdrama hatte einen sehr geringen Erfolg; man fand die
Musik wenig perBonlich ausgepr'agt und ohne festen sicheren Stil und den Text mehr
philosophisch-weitschweifig als dramatisch; man fiihlte sich enttauscht und frug sich,
warum hat die Operndirektion eben diese in keiner Hinsicht hervorragende Kleinig-
keit gew'ahlt, wahrend so viele moderne Sachen von groCer Bedeutung uns jahrelang
unbekannt geblieben sind? Bei der zweiten Vorstellung war das Haus sehr karglich
besucht. Die friiher besprochene (Heft 5 6), in Aussicht gestellte Einstudierung der
Gotterd'ammerung ist (um Kains wegen?) leider aufgegeben!
Aus dem Konzertsaal sei folgendes berichtet, indem Untergeordnetes iibersprungen
wird. Viel Aufsehen erregte die finnische Sangerin Maikki Jarnefelt, die mit
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Musikberichte. 325
Stimme und Temperament reich begabt und von ihrem Mann, dem bekannten Kom-
ponisten Armas J am e felt reizend begleitet, vor vollen Hausern sang. Bedeutend
hinter Frau Jarnefelt steht die norwegische, in Ohristiania hochgeschatzte Sangerin
Frau Cally Monrad, die jedoch nicht ohne Talent ist, gate Ausbildang genossen
and recht gefallen hat.
Von instromentalen Neoheiten kamen nor wenige vor; die groBte and interessanteste
mag eine Sinfonie von Taneiew sein, die aber doch mehr au&erlich als innerlich be-
fhedigte. Sie kam in einem Kapellkonzert von J oh an n Svendsen vor in einer etwas
ongleichlichen Gesellschaft mit einem HandeTschen Tripelkonzert (2 Violinen und
Cello, Saint- Saens: Roaet d'Omphale, und >Shakespeare-Ouverture« von Kohlau:
Die Bedentung — oder sagen wir die Kunst — des Programmzusammensetzens ist
unserem Dirigenten nicht klar. Dies lieGe sich vielleicht in einem besondera Kapitel
(durch viele Beispiele) erlaatern. — Bei einem >Palais-K.onzert« fuhrte Joachim
Andersen auch als Neuigkeit, die »Karneval8symphonie« von Dittersdorf vor;
diese Suite — denn eine Sinfonie ist sie ja keineswegs — von alten Tanzstiicken hat
viel Reiz. Der Cacilienverein hatte ein gemischtes, reichlich weltliches Programm
and prasentierte bei einem Extra-Konzert die Madrigalchore, die nachher in Berlin
dem Verein viel Ehre einbrachten. — Der Musikverein brachte a. a. Gade's »Erl-
konigstochter*, bei dem letzten Konzert einen Auszug aus Berlioz' » Requiem*. —
Eammermusikwerke fiihrten die Quartette Hoeberg und Marke auf, einen klaasischen
Sonatenabend gaben die Herren Glass und Hue berg zusammen; endlich hat sich eine
neue Vereinigung von Blasern unter Leitung des Kapellmusikus Brondums gebildet;
sie fuhrte mit Erfolg Werke von Thuille und Klughardt — beide neu fur Kopen-
hagen — auf. W. Behrend.
Paris. Les grands concerts, l'Orfeo de Monteverdi a la Schola can-
to rum. La maison musicale etant pour ainsi dire terminer, des que les grands
concerts ont ferme leurs portes, il est possible de se rendre un compte a peu pres
exacts des ev^nements music aux qui se sont produits a Paris depuis six mois environ.
La Soci^te des Concerts du Conservatoire a execute" deux oeuvres importantes et
qu'on entend bien rarement a Paris : les Saisons de Haydn, et la Passion de Bach.
EUe a inscrit a son repertoire, qui n'admet que rarement, on le sait les oeuvres nio-
dernes, TApprenti sorcier de P. Dukas, ainsi que des fragments des Indes ga-
lantes de Rameau, dont la partition vient d'etre r^cemment reconstitute.
Aux Concerts-Lamoureux, M. Camille Chevillard a fait entendre les cinq dernieres
Symphonies de Mozart, le cycle entier des Symphonies de Schumann, dont il a donne
dernierement Le Paradis et la Peri; plusieurs Symphonies de Beethoven, de Franck
de Vincent d'Indy; les Suites en si et en re* de Bach; le Larghetto du Quin-
tette en la de Mozart, execute par tous les instruments a cordes de l'orchestre: et
comme oeuvres modernes ou nouvelles, TApprenti sorcier, de M. Dukas, Not re-
Dame de la Mer, de M. Theodore Dubois; les premieres auditions des Po ernes
mari times de M. Georges Hue, les Variations symphoniques de M. Rhene
Baton, pour piano et orchestre; Quatre-vingt-treize, ouverture, de M. J. Casadesus
lal« Symphoniede Borodine. Comme toujours, M. Chevillard a fait une large place
aux fragments de "Wagner et de Berlioz; de ce dernier, il a donne\ a Toccasion du cente-
naire, deux auditions de la Damnation de Faust, et de nombreux fragments des
Troyens, de Rom6o et Juliette, des ouvertures etc. Au concert du 24 Janvier,
Mme Mottl chanta une grande scene de Gunlod, l'opera de Peter Cornelius inconnu
en France, comme d'ailleurs toute la musique de ce compositeur, du Mozart et du
Schubert. Le 31 Janvier, M. Hugo Heermann ex&iuta le Concerto pour violon de
Beethoven; le 27 mars, Mme My sz-Gmeiner chanta la Vie et Tamourd'une femme.
Le meme jour avait lieu aux Concerts-Lamoureux, la premiere audition de la
Quatrieme Symphonic de Brahms.
Aux Concerts- Colonne, la majeure partie de la saison a et£ consacree a la glori-
fication de Berlioz. Les theatres de France tenaient tous, sans exception, leurs portes
obstinement fermees devant les ceuvres sceniques de Berlioz, les concerts seuls ont
celebre le centenaire glorieux de sa naissance. Avec les Concerts du Conservatoire,
2^byGoogle
326 Musikberichte.
qui executerent intlgralement Borneo et Juliette, avec les Concerts -Lamoureux,
lee Concerts-Colonne comprirent dans leurs programme de la saison passee, la plupart
des ceuvres du maitre: les ouvertures des Francs- Juges, du Roi Lear; de Ben-
venuto Cellini, du Carnaval romain; la Symphonic fantastique, celle de
Romeo et Juliette, la Damnation de Faust, l'Enfance du Christ, le Re-
quiem. Mais Berlioz n'a pas fait negliger Beethoven, dont M. Colonne a dirige* plu-
8ieur8 fois la Symphonic avec choeurs, ni Brahms, dont, pour la deuxieme fois,
il a fait entendre en quatre semaines, les quatre Symphonies. H a eu Theureuse in-
spiration de donner la Cantate pour la Fete de Paques de Bach. L'un des
dernier concerts a £te* en grande partie consacre a Richard Wagner (M. Van Dyck
et Mme Litvinne y pretaient leur concours).
On sait que M. Colonne s'est adjoint cet hiver M. Pierne\ Le jeune compositeur
a, du premier coup, montre" une grande autorite* sur les executants qu'il avait a dinger;
Rom 60 et Juliette a valu a M. Pierne* un triomphe bien merited Pendant son
voyage d'Amerique, M. Colonne in vita aussi M. von Schuch de Dresde a venir con-
duire l'orchestre du Chatelet; M. von Schuch n'6tait pas encore venu a Paris, il n'y
6tait guere connu avant cette premiere apparition; Taccueil chaleureux qu'il a recu,
a la tete de l'orchestre-Colonne, Tengagera sans doute a y revenir au cours d'une
saison prochaine.
Les concerts de la Schola Cantorum (anciens Chanteurs de Saint-Gervais
sont particulierement inte'ressants pour l'histoire de la musique. Us oomprennent de-
puis plusieurs annees dans leur repertoire un grand nombre de Cantates de Bach,
et son oeuvre de piano, auquel s'est consacree Mile Blanche Selva. D'autre part,
la Schola fait une place tres large a des manifestations d'un art trop longtemps
oublie, aux ceuvres de 1'ancienne Ecole francaise: Rameau, Charpentier, Clerambanlt.
les vieux auteurs de cantates, telles que TOrphe'e de ce dernier, qui est un petit
chef-d'oeuvre, les clavecinistes et organistes, Champion de Chambonnieres, les Couperin,
et les auteurs qui emvirent pour les instruments aujourd'hui disparus aveo le clavecin:
violes de gambe, viole d'amour etc. La Schola a fait oeuvre d'art et d'erudition en
meme temps, en executant, le 25 fe*vrier dernier, trois madrigaux dramatiques d'Orario
Vecchi et de Banchieri et, pour la premiere fois depuis trois siecles, l'Orfeo de
Monteverdi. Cette oeuvre capitale dans l'histoire de la musique fut, on le sait repre-
sentee 1607 a l'Academie des Invaghiti, a Florence, puis au theatre du due Vincent
ler de Gonzague. Lorsqu'il ecrivit l'Orfeo, >bien que Monteverdi eut deja quarante
ans, ecrit M. Romain Rolland, e'eiait la premiere fois qu'il s'essayait au theatre; et,
depuis, jusqu'a sa mort, e'est-a-dire pendant trente-cinq ans, il ne cessa de se per-
fectionner et de changer sa maniere . . . Dans l'Orfeo, il est plus timide et moins
affranchi encore des scrupules litteraires des Peri et des Caccini. Et pourtant deja,
quelle plus grande liberte. Ce qui frappe le plus en lui, e'est moins la passion que
la vie en general, l'extreme mobility de cette musique, sa curiosite d'effets musicaux,
sa recherche du mouvement et de la variete" avant tout. Telle est l'impression qu'il
fit de son temps, et qu'un de ses ennemis, Artusi, exprime ainsi: >On en tend un me-
lange de sons, une diversite de voix, une rumeur d'harmonie insupportable aux sens.
Celui-ci chante un mouvement rapide, celui-la un mouvement lent; Tun prononce une
syllabe d'une facon, l'autre d'une autre; Tun s'en va a Taigu, et l'autre tombe an
grave; et pour comble, un troisieme n'est ni grave ni aigu; tel chante au diapason
harmonique, tel a Tarithme'tique. Malgre* toute la bonne volonte du monde, comment
voulez-vous que l'esprit se reconnaisse dans ce tourbillon depressions !«
•Monteverdi, pour suit M. Romain Rolland, s'appliquait a trouver une expression
musicale precise des sentiments humains; et pour cela il etudiait de preference non
pas la voix, comme les Florentins, qui etaient avant tout des chanteurs, mais les in-
struments. H s^vertuait jour en nuit, dit Artusi, a £couter et a chercher des effets
sur les instruments.* — On reconnait la le coloriste vemtien. Les Florentins s'ai-
tachaient a proscrire les instruments de leur opera. La Rapprexentatione di Anma
et di Corpo, d'Emilio de Cavalieri, a pour tout orchestre une lyre, un theorbe, un clavi-
cembalo et un petit orgue. Monteverdi emploie dans l'Orfeo trente- six instruments:
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Musikberichte. 327
deux gravicembale, deux contrabassi de viola, dix viole da brazzo, une
arpa doppia, deux violini piccoli alia francese, deux chitarroni, deux or-
gani di legno, deux bassi di gamba, quatre trombini, un regale, deux cor-
netti, trois trombe sordini, un flautino alia vigesima secunda, un clarino.
Et non seulement il les emploie simultan6ment avec les bois, cherchant souvent a
caracteri&er un personnage, par une instrumentation representative du caractere, mais
il emploie cet orchestra a part. A presque chaque page d'Orfeo, il y a une ritour-
nelle instrumentale qui est une sorte de petit morceau, ou Monteverdi essaie de curieux
effets de colons. Cet orchestre nombreux manque sans doute d*homogen&t6, de centre
de gravitg; il tombe souvent a droite ou a gauche, dans le grave ou dans l'aigu, et
Monteverdi lui-meme, dans ses ceuvres suivantes, r&luira consid&ablement le nombre
des instruments, cherchant avant tout a donner plus d'unite* et de cohesion a son
orchestre. Mais nulle part, autant que dans l'Orfeo, ne se montre son esprit de
curiosite passionnees dans l'&ude des timbres de l'orchestre et de leurs ressources
expressives.*
> Monteverdi avait une id£e tres nette du pouvoir psychologique de la musique.
II la considere comme une langue intime, qui doit traduire les sentiments du person-
nage plus que ses paroles. < EUe doit tenir compte, dit-il, du passe* et de l'avenir du
heros, c'est-a-dire de son » caractere general*. Elle doit peindre le caractere, et son
but est le drame. »I1 a moins souci de lire et d'etudier Boece, dit aigrement son
ennemi Artusi, que d'enseigner a ses acteurs a chanter leurs cantilenes avec des con-
torsions de tout le corps, qui s'accordent avec le chant; a la fin, il se laissent aller,
de fagon qu'ils semblent mourir, et c'est la la perfection de sa musique. «
>A tous ces traits, on sent le grand pr6curseur des puissants dramaturges lyri-
ques du XVlile siecle, surtoutde Gluck; et cette analogic, qui s'affirme curieusement
j usque dans le choix des sujets (Orphee, Alceste, Armide) est d'autant plus frap-
pante qu'on Studie d'avantage les Merits et les ceuvres de Monteverdi. Ge ne sont pas
des ressemblances purement exteneurs et fortuites; il y a une parente intime entre
les primitifs italiens de l'opera dans la premiere du motie du XVJLLe siecle, et les grands
classique allemands (Gluck, Mozart) de la second motie* XVHJ> siecle. Chacun sait com-
bien ils etaient mourris de l'esprit italien; et cet esprit ne fut pas sans influence sur
la revolution dramatique, a laquelle Titalien Calzabigi, le poete d'OrphSe et d' Al-
ceste, n'eut peut-etre pas moins de part que Gluck lui-meme. « (La Tribune de
Saint-Gervais, ler mars 1904.) >Monteverde, dit de son cote* notre enidit con-
frere, M. L. de La Laurencie, Monteverde jouait de la viole et possedait, en outre,
la technique de la plupart des instruments en usage de son temps. Aussi, Tinstrumen-
tation de l'Orfeo presente-t-elle le plus grand interet. C'est ainsi que chaque per-
sonnage s'accompagne d'un groupe d'instruments determines et caracteristiques: Or-
phee et Euridice apparaissent au son d'instruments doux tel que les orgues, les luths,
parfois les clavecins et les violes, tandis que Pluton possede un cortege de trom-
bones. Des indications multipliers sur la partition prescrivent les changements que
doit subir Finstrumentation, suivant que tel ou tel personnage entre en scene, ou
selon le developpement de Taction dramatique. Par exemple, des qu'Orphee descent
aux Enfers, les trombones et les cornets retentissent, tracant comme un decor sonore
du lieu, et soutiennent gravement le choeur des Esprits du troisieme acte. De meme
encore, chacune des cinque strophes dont se compose i'air d' Orphee comporte une in-
strumentation distincte. Au oinquieme acte, la venue d'Apollon s'entoure des dedi-
cates harmonies des cordes, des orgues, des clavecins et de la harpe, et, au sein de
cette atmosphere sereine, sur l'aile de vocalises ascendantes, le dieu de la musique
entraine le poete infortune* vers le ciel consolateur. (Ibidem, 15 fevrier.)
M. Vincent d'Indy, a qui Ton doit la curieuse reconstitution de Toeuvre de Monte-
verdi, a du remplacer les instruments anciens par leurs equivalents modernes, et Tor-
chestre adopte par lui se compose ainsi: deux petites flutes, deux hautbois, deux
trompettes (en re" et en ut), cinque trombones, une premiere harpe (luth de Pleyel exe-
cute pour les Meister singer), une deuxieme harpe (harpe chromatique de M.Lyon
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328 Musikberichte.
remplacant le chitarrone), un orgue a deux claviers (run avec les jeux de fond,
de 8, l'autre avec jeux d'anches doux), un quintette a cordes et un clavecin.
La selection de TOrfeo executee avec cet orchestre, a la Schola Gantorum,
le 25 fiSvrier et le 2 mars derniers, comprenait: l'ouverture, le prologue et des frag-
ments des deuxieme, troisieme, et quatrieme actes.
Cette reconstitution de l'Orfeo, qui interesse au plus haut point rhistoire de
T Opera a eu le grand succes qu'elle meritait, et des deux auditions qui en ont ete*
donnees compteront parmi les plus interessantes seances de la Schola Gantorum,
au cours de la saison qui finit. J.-G. Prod'homme.
Prag. Die in Prag seit einiger Zeit be9tehende Urania, ein Verein zur Veran-
staltung von Projektionsvortragen, hat die von ihr propagierte Art der Vortrage nun
auch auf das musikalische Gebiet ubertragen und damit bereits groGe Erfolge erzielt
Das Publikum drangt sich zu den Abenden, an denen es offenbar lebhaftes Gefallen
findet. Allerdings hat das ganze Milieu auch viel Anziehendes an sich, das gegenuber
der sonst iiblichen niichternen Art der Vortrage sehr zu seinen Gunsten spricht Die
Vortrage zerfallen, um sie nur kurz zu charakterisieren, in zwei Abteilungen. Die
erate, ich mochte sagen die theoretische, bringt einen durch Lichtbilder unterstutzten
Vortrag, die zweite, die praktische, sogenannte musikalische Wustrationen. In die
Vortrage werden n'amlich an geeigneten Stellen Lichtbilder eingeschoben, in einen
Vortrag fiber den Lebensgang Richard Wagner's zum Beispiel Bilder, die hierher ge-
horen, also Portrats Wagners aus verschiedenen Lebensabschnitten, Portrats seiner
Angehorigen, seiner Freunde und Feinde usw. Mag sein, daG durch reiches Bilder-
material die Aufmerksamkeit des Horers vom gesprochenen Wort abgelenkt und zu
dem rein ^uGerlichen an der Sache hingelenkt werden kann. Immerhin darf man in
der Einfuhrung dieses neuen Moments in den Vortrag eine kraftige psychologische
Hilfe fiir den Horer erblicken, die ihn ohne die sonst schon nach einer Stunde not-
wendiger Weise eintretende Ermiidung und darum mit groGerer Frische dem Gedanken-
gang des Redners folgen 1'aGt. Und das ist gewiG ein nicht zu unterschatzender
Vorteil. In der zweiten Abteilung werden einschlagige Kompositionen gesungen und
gespielt, die der Vortragende iiberdies durch verbindende Worte erlautert. Da trifft es
sich, daG es gerade solche sind, die man nie oder doch nur auGerst selten zu horen bekommt,
wie aus dem Nachfolgenden klar hervorgeht. In einer auf vier Abende berechneten
in timen Richard Wagner-Feier sprach Dr. Richard Batka in Vortragen, die in der
oben skizzierten Art gehalten waren, iiber Carl Maria von Weber, zweimal uber Richard
Wagner und am letzten Abend uber den EinfluG Wagner's auf die Liedkomposition.
Gesungen wurden von Weber »die Zeit«, »Roslein am Wege<. »Heimlicher Liebe
Peine, >wenn Kindlein suGen Schlummers Ruh«, der >Reigen< >der kleine Fritz an
seine jungen Freunde<, >mein Schatzerl is hiibsch*, die Duette »Abschied« und
>MaiHed«, die Chore >Schwertliede und »Lutzow's wilde Jagd«. Von Wagner
>Mignonne«, >schlaf ein holdes Kind«, das Lied vom Tannenbaum, die >Erwartung«,
>die beiden Grenadiere«, »der Engel«, >Schmerzen«, »Stehe still*, »Traume«, die voll-
standige Gralserzahlung aus Lohengrin, die Chore »an Webers Grab*, der Wahl-
spruch der Luzerner Feuerwehr, »der GruG seiner Treuen* und das Kraftlied. Von
Theodor Streicher, dem jiingsten Charakterkopf unter den deutschen Liedkomponisten,
>hier liegt ein Spielmann begraben«, >Weinsiippchen«, >Kuckuck«, »hat gesagt —
bleibts nicht dabei«, das >Erntelied«, >Schildwache Nachtlied* und das »Weinschroter-
lied«. Von Gustav Mahler »ich ging mit Lust durch einen griinen Wald<, >um
8chlimme Kinder artig zu mac hen «, >starke Einbildungskraft« und >aus, aus«. Von
Martin Pluddemann die prachtvollen Balladen >Lord William und schon Margret<
und »Niel8-Finn«. Gespielt wurden von Weber Rondo brillant, von Wagner das
Menuett aus der B-dur Sonate, Ankunft bei den schwarzen Schwanen, Polonaise in
D-dur, das Albumblatt fur Violine, Josef Reiters >im Mondschein auf Waldeswegen*
und die Humoreske »8eltsames Erlebnis*. Wie man sieht, war das Programm mannig-
faltig und lehrreich und es ware sehr zu wunschen, daG der gute Kern der Sache
auch anderwart8 erprobt wiirde. E. Rychnovski.
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Vorlesungen iiber Musik: — Nachrichten von Lehranstalten usw. — Notizen. 329
Vorlesungen fiber Musik.
In Kopenhagen hielt Dr. W. Behrend im Konservatorium von Louis Glass neu-
lich einen durch Klaviervortrage illustrierten Vortrag iiber Franx Schubert.
Vorlesungen fiber Musik an Hoehsehnlen im Sommersemester 1904.
MQnehen. Prof. Dr. A. Sandberger: beurlaubt. — Dr. Kroyer: Geschichte der
Musik im Mittelalter, 2 St. — Dr. Frh. v. d. Pfordten: Lyrische Poesie und Ton-
kunst vom Altertum bis zur Gegenwart, 2 St.
Koln. Handels-Hochsohule: Dr. G. Tischer: Das Kunstwerk Richard Wagner's
(als Vorbereitung fur die Bayreuther Festspiele\ 1 St.
Nachrichten von Lehranstalten and Vereinen.
Prof. Dr. Hermann Kretzschmar in Leipzig ist als ordentlicher Professor fur
Musik wissenschaft an die Universitat Berlin berufen worden.
Notizen.
Amsterdam. 30. Auffuhrung von Anton Averkamp's >Klein-Koor a capella* 1. April
1904: Orlando di Lasso: Missa pro defunctis (1589). Marcant. Ingegneri: Respon-
sorien. Palestrina: Improperien. Alph. Diepenbrock: Stabat mater.
Basel. Die Schutz'sche Matthaus-Passion wurde hier aufgefuhrt.
Berlin. ZurErbauung eines Festhauses sind auf dem Nollendorfplatze jetzt die
ersten vorbereitenden Schritte geschehen. Dort soil ein der Bedeutung der Reichs-
hauptstadt entsprechend groCer Musik- und Festsaal, der einem 800 Personen
starken Chor und einer Zuhorerschaft von 4000 bis 4600 Personen ausreicbenden Raum
bietet, errichtet werden. Insbesondere sollen hier die Meisterwerke der Oratorienmusik
zu niedrigen Preisen den weitesten Schichten der Bevolkerung zuganglich gemacht
werden. Ein Ehrenkomitee, dem unter anderen Engelbert Humperdinck, Dr. Leopold
Schmidt, Siegfried Ochs, Direktor Felix Schmidt, Dr. Richard St rauD angehoren,
steht dem Unternehmen als Beirat zur Priifung der Projekte und der Organisation
zur Seite.
Joseph Joachim-Stiftung. Anl'aOlich des funfzigjahrigen Kunstlerjubilaums
von Joseph Joachim ist eine Stiftung errichtet worden, deren Zweck ist: un-
bemittelten Schulern der in Deutschland vom Staate oder von Stadtgemeinden er-
richteten oder unterstiitztenmusikalischenBildungsanstalten ohne Unterschied des Alters,
des Geschlechts, der Religion und der Staatsangehorigkeit Pramien in Gestalt von
Streichin8trumenten (Geigen und Vioioncelli) oder in Geld zu gewahren. Bewerbungs-
fahig ist nur derjenige, der mindestens ein halbes Jahr einer der genannten Anstalten
angehort hat, und, da es sich in diesem Jahr um Verleihung von Instrumenten handelt,
seine Ausbildung als Geiger beziehungsweise ViolonceUist erfahren hat. Bewerber
haben ihre Gesuche bis zum 1. Juni d. J. an das Kurotorium, Charlottenburg,
FasanenstraGe 1, einzureichen.
Dessau. Am 15. April gelangte die einaktige Oper >Uthal< (Paris 17. Mai 1806)
von N. Me'hul auf dem herzogl. Hoftheater (musikalische Leitung: Mikorey) zur Auf-
fuhrnng. Der Text ist Ossian entnommen. Charakteristisch ist die Instrumentierung
ohne Violinen zur Erzielung eines diisteren Kolorits.
Frankfurt. Die 40. Tonkiimtler-Vcrsammiung wird in Frankfurt vom 28. Mai bis
1. Juni abgehalten. Zur Auffuhrung gelangen folgende Werke: R. StrauD: Sinfonia
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330 Notizen.
domestica (Erstauffuhrung in Europa), S. von Hausegger; "Wieland der Schmied, sin-
fonische Diohtung und Sieben Lieder der Liebe nach Worten von Lenau, fur Tenor und
Orchester, J. L. Nicode\ Gloria, ein Sturm- und Sonnenlied fur Orcbester und SehluB-
cbor. Kammermusik : Thuille, Violinsonate, Reger, Streichquartett, W. Lamps,
Suite fiir Blasinstrumente, Dirk S chafer, Klavierquintett, Scheinpflug, Gesange.
Festoper: Der BimdsckuJi von W. BauGnern.
Genf. Das von Madame hydra Torrigi-Heiroth in Genf gegrundete und geleitete
Conservatoire Populaire bietet 250 Schiilern Aufnahme, die durch 11 Lehrkrafte in
Gesang, Klavier, Violine, Mandoline und Guitarre unterrichtet werden. Gegenwartig
sind alle 250 Platze besetzt. Das Institut nimmt in der Reihe der Privatkonservatorien
eine ganz eigenartige Stellung insofern ein, als es seinen Schulern und Schiilerinnen
den Unterricht umsonst gewahrt. Madame Torrigi-Heiroth, die die Geaangs-
klasse des Volkskonservatoriums selbst leitet, widmet dem Institut ibre Arbeit ohne
jedes materielle Interesse.
Kttlll. Das 81. Niederrheinischc Musikfest findet in Koln an Pfingsten vom 22. bis
24. Mai statt. Programm: Die Apostel, Oratorium von E. Elgar (erste Auftuhrung in
Deutschland), 7. Sinfonie von Beethoven, Brandenburgisches Konzert Nr. 3 und der
zufriedengestellte Aolus von Bach. Klavierkonzert Es-dur von Beethoven. 4. Sin-
fonie und Triumphlied von Brahms, Sanktus von M. Bruch, Hezenlied von
Schillings, Taillefer von R. StrauG, SchluBszene aus den Meistersingern.
In Kopenhagen ist ein Dtmischer Tonkiinstlerverein gegriindet worden.
Leipzig. Das zweite von der Neuen Bachgesellschaft veranstaltete Bachfesi
findet am 1. bis 3. Oktober d. J. in Leipzig statt. Die kiinstlerische Leitung hat
Hermann Kretzschmar iibernommen. Es finden statt ein Kammermusikabend, ein
Orchesterkonzert und ein Kirchenkonzert, ferner die Sonnabend-Motette, ein Sonntag-
Abendgottesdienst wie zu Bach's Zeiten in der Thomaskirche und eine Vortragssitzung
mit Diskussion. Zur Aufflihrung gelangen nicht allein Werke von Bach, sondern auch
eine ganze Reihe solcher von Vorlaufern und Zeitgenossen Bach's, namlich imKammer-
musikabend: Kuhnau, »Der von David vermitteU der Musik curirie Saul*, Sonate
fur Klavier, H. Albert, drei Arien, F. Biber, Sonate fttr Violine solo, A. Krieger,
drei Arien, S. Bach, Flotensonate, Sperontes, drei Lieder, S. Bach, Sonate fur
Violine mit Klavier, im Orchesterkonzert: H. Stolzel, Concerto grosso fur vier
Orchester, R. Keiser, drei Arien aus *Inganno fedele*, Chr. Graupner, Konzert
fur Flote, G. F. Handel, Szene aus +Rinaldo*% S. Bach, Suite fiir Orchester Nr. 4
in D, A. Hasse, Szene aus *Arminio<, S. Bach, Konzert fur drei Klaviere, im
Kirchenkonzert: F. Tunder, Nisi dominus, Dialogo fur zwei Soprane und BaB,
J. Pachelbel, Praludium Nr. 24 fur Orgel, D. Buxtehude, *Herr ich lasse dich
nicht<j funfstimmige Abendmusik, Rud. Ahle, Sinfonie aus der Weihnachtskantate
fur Orchester, Chr. Bernhard, Dialog: >Wahrlich ich sage euch* fiir BaGsolo und Chor,
S. Bach, Adagio aus dem Doppelkonzert fiir zwei Violinen, und >Herr gehe nicht im
Gericht*, Kantate fur Soli, Chor, Orchester und Orgel.
Der Riedelverein feiert im Mai d. J. sein 50jahriges Jubilaum in zwei groCen
Konzerten. Im ersten Konzert (8. Mai) gelangen a cappella Chore von HaGler,Schiitz,
Bach, Brahms, Draeseke u. a., im zweiten (9. Mai) Liszt's Christus zur AufTuh-
rung. Bei dieser Gelegenheit veroflfentlicht Dr. Albert Gohler eine DenkschrifL. Die-
selbe enthalt u. a. die Programme und die Geschichte des Vereins, die Lebensbeechrei-
bung Rie del's, die Programme der akademischen Konzerte von Prof. Dr. H. Kretzsch-
mar, die Bilder Riedel's Kretzschmar^ Gohler's. Die Schrift kommt nicht in
den Handel, ist aber gegen Einsendung von 3,30 jH durch Postanweisung von Herrn
Carl Knoll, Leipzig, MozartstraDe 15, I, gebunden, portofrei zu beziehen.
Theodor Steingraber, der in Musikerkreisen durch die von ihm begriindete
Edition Steingraber weitbekannte Leipziger Musikverleger, ist im Alter von 75 Jahren
gestorben. Er war selbst der Herausgeber und Bearbeiter einer Anzahl der gangbarsten
Werke seines Verlages. So stammt die unter dem Pseudonym G. Da mm erschienene
Klavierschule von ihm.
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Notizen. 331
London. — Regarding the article on the Jcmkd Keyboard in another column, and
the original article (V, 166), the following resume" of the subject may be of service. —
Heinrich Joseph Vincent (1819—) recte "Winzenhorlein, a Bavarian singer and com-
poser settled at Vienna, from time to time by newspaper writing and pamphlets ad-
vocated a new "chromatio keyboard", that is to say a- pair of terraced manuals (as on
the organ but more closely terraced), making up the 12-note semitonal octave be-
tween them and alternating. Paul von Janko (1856—), a Hungarian, son of the ma-
nager of Count Esterhazy's estates, a musical and mathematical student at Vienna
and Berlin, since 1892 living at Constantinople, put Winzenhorlein^ idea into practice
in 1882, with many developments (see Paul von Janko's "Eine neue Claviatur", Wetzler,
Vienna, 1886). — The defects of an ordinary pianoforte or organ keyboard are these: -7-
a It disagrees fundamentally with the anatomy of the human hand; fingers by nature
radiate and do not act close together; fingers are unequally long and do not act
in an even row; the short thumb, and this is very important, lies under and
not beside the fingers, b) The thumb has a difficulty in passing from white to
black keys, c) Black keys are irregular in sequence, and require different finger-
ings for different scales or tonalities, d) The keyboard is so wide that the 2 hands
tend to leave considerable gaps of sound between them, which can only be filled in
by arpeggio or sostinente pedal, and these are not always applicable, e) The atten-
tion necessarily given to the black keys takes the mind away from the essential iden-
tity of all tonalities. — Such are the fundamental physiological and mechanical diffi-
culties. The Jank6 keyboard claims to meet all of them. This has, not 2, but 6
closely terraced manuals, one above the other. The two lower manuals make the
12-note semitonal octave between them; 6 and 6, not 5 and 7; so that each manual
per se proceeds by whole tones. Manual I (the lowest) is c - d - e - fjf - g# - aty,
in each octave; Manual II is c$-d$-f-g-a-b, in each octave. Then Ma-
nuals III and V duplicate Manual I; and Manuals IV and VI duplicate Manual II;
to facilitate fingering. To each set of corresponding keys in the above-named scheme
there is only one lever between key and "action". The keys in II, IV and VT lie
half a key's breadth to the side as compared with I, HI and V; and "sharps" are
distinguished to the eye by black bands. The width of the keys is 6/7 ths of the or-
dinary, making 120 millimetres to the octave instead of 166. The keys are very short.
The keyboard slants downwards towards the performer. As a rule the thumb takes
the 2 lower manuals, the other fingers take the other manuals. — The advantages
claimed are: — a) Owing to narrowness of the keys, 10 ths and 11 ths in four-note
or even five-note chords are quite easy, b) Owing to narrowness of the whole
keyboard, the body is steadier, c) The absence of "black keys" makes a surer attack.
(1 All scales are fingered alike, and indeed at will, e) There are obvious
special effects, e. g. glissando in Srds, 6 ths, 8ves &c. f) Though specially arranged
music has been written for the instrument (e. g. the Etudes of Hans Schmitt), all
ordinary music can equally be played on it. g) The new keyboard can easily be
learnt. — Such a Jank6 keyboard was exhibited in June 1888 at the Portman Rooms,
London; but a great defect then was the heavy touch of the 4 upper manuals, due
to the connecting leverages (radiating from keys to action). The Berlin pianoforte-
maker Wilhelm Menzel has remedied this defect Karl Storck has written on
the subject in "Deutsche Zeitung", and the Menzel-lever has been explained in "Deutsche
Instramentenbau-Zeitung" of 7 February 1904. "Wooden radiating leverage has now
replaced the former inelastic and noisy ditto in iron, aluminium &c. The lever is in
6 lengths, elbowed 4 times like limb of elongating tongs; the pieces being of pine,
with the hard parts in beech, and the whole being coated with a stiffening of cellu-
loid. The maker undertakes to apply the mechanism to any existing pianoforte, organ,
or harmonium. Its exhibition in London would be appreciated. — As pointed out
by Storck, though small contributions have latterly been made by such cases as Tausig
(hand-distribution), Rubinstein (octave- work), Busoni, D' Albert, Reger, &c. (harmonic
grasp), yet in point of fact technique-development for the existing keyboard ended
with Liszt This was prophesied by "Weitzmann in 1863, and has proved true. Further
development must be that of the keyboard itself.
332 Notizen.
Reference can be made to Sammelbande IV, 225, "PurcelFs Musik for tfie Fune-
ral of Mary IP\ by W. Barclay Squire. For a performance of Shadwell's uLiber-
tine", presumably in 1692, Purcell wrote music including 19 bars in march style in
C minor. This music recorded in a MS. of the "Libertine" written by Croft (1677 to
1727); see Brit. Musenm Add. MS. 5333. The same March, along with a "Canzona"
not otherwise extant, was found by Taphouse of Oxford, in a set of 4 MS. vols, of
Purcell music contained in Oriel College library, with headings showing that these
pieces were played in Westminster Abbey at the Funeral of Queen Mary H on
5 th March 1695. The pieces were printed and published for the first time in the
above-named Sammelbande article. — As shown in the article the music was in 4 parts
for mixed trumpets (or discant trombones) and ordinary trombones. Regarding the
expression "flatt mournful trumpets" used in the MSS., it was pointed out by W. H.
Cummings at Zeitschrift IV, 443, that this merely meant instruments playing in a
minor key. — On 22nd March 1904 at the Duke of Cambridge's Funeral in
Westminster Abbey ;a rare event as distinguished from mere memorial services, the
opening music was these pieces, repeated thus in the same place after an interval and
oblivion of 209 years. Conductor, Sir Frederick Bridge. The bass part was
doublet in the 8ve below in most of the bars, by a bass trombone. The silent bars
were observed as shown at Sammelbande IV, 228. As pointed ont in the "World"
of 29th March 1904, this should now be a 5th added to the familiar repertoire of the
Handel, Beethoven, Chopin, and Mendelssohn funeral marches. The simple and solemn
music made a great impression in the vast Abbey.
Ltittich. Hier wird demn'achst ein Qrctry-Mitseum im Geburtshause des Komponisten
eroffnet werden. Das Museum wird Manuskripte, Autographen, Schriften ttber Gretry,
Portrats usw. enthalten, die der Direktor desLutticher Konservatoriums, Herr Radoux.
zu8ammengebracht hat. Die Stadt 1'aBt das Haus wieder in den Zustand bringen, in
dem es sich im 18. Jahrhundert befunden hat.
Mainz* Unter Prof. Volbach gelangten durch die Liedertafel und auswartige
Solisten funf Kantaten von S. Bach zur Auffuhrung.
MetZ. Hier ist zum erstenmal die Matth'aus-Passion von J. Bach zur Auf-
fuhrung gelaugt, unseres Wissens auBer in Paris die erste Auffuhrung im franzosischen
Sprachgebiete. Das Werk wurde begeistert aufgenommen.
Oedinburg. Der Oedinburger Musikverein feierte sein 75jahriges Bestehen in den
Tagen vom 17. bis 23. April unter Leitung von Dr. Eug. Ressow. Das Programm
weist u. a. folgende Nummern auf: Liszt, Orgelfantasie BACH; S. Bach, Kantate
>0 Ewigkeit«, Baldy, zwei altungarische Chore a cappella; E. Bossi, Orgelkonzert :
Goldmark (der der Schule des Musikvereins angehorte), Ouverture zu Sakuntala und
Violinkonzert, Zichy, Tongem'alde, »die Musik*, Beethoven, 9. Sinfonie.
Paris. Frl. Hortense Parent, die hochverdiente Leiterin einer zur KJavierlehr-
tatigkeit vorbereitenden Schule (gegriindet 1882) gab vom 13. —20. M'arz im Saale
Pleyel fiinf Schiilerkonzerte, die nicht weniger als 360 Programmnummern aufwiesen.
Wir hatten friiher einmal Gelegenheit, einem Teil solcher Schulerproduktionen beizu-
wohnen, und der gute Eindruck, den wir davon empfingen, war der Grund, daB wir uns
des naheren mit den Prinzipien beschaftigten, welche Frl. Parent zu diesem pada-
gogischen und auch auBern Erfolg verholfen haben.
Frl. Parent selbst gibt folgende Grundsatze ihrer Methode an: Da die allgemeinen
Schulstudien von den Schiilern immer mehr Zeit beanspruchen und somit fur die
Musik weniger Zeit ubrig bleibt, so muB die Methode inhaltreicher werden, damit
das Maximum des Fortschrittes im Minimum des Zeitaufwandes erreicht werden kann,
Alle Lektionen des Lehrers miissen dahin gehen, dem Schiller die groBte Selbstandigkeit
zu geben, so daB der Lehrer selbst nach und nach entbehrlich wird.
Die Prinzipien der speziellen Klavierstudien sind nun folgende:
1. Langsames, starkes und bruchstuckweises Uben, damit Eiarheit und Sicherheit
erzielt werden..
2. Angriflf der Taste durch Bewegung des Vorderarms, verbunden mit derjenigen
der Fingergelenke. Dadurch wird Gewandtheit und Kraft erreicht.
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Notizen. 333
3. Entwicklung des musikalischen Gedachtnisses.
4. Transpositionsstudien in alien Tonarten. urn die musikalische Intelligenz und
gleichzeitig den Finger mechanisch zu bilden.
5. Die Betonung, die Basis der musikalischen Deklamation, wird von der ersten
Lektion an gelehrt.
6. Korrektes Spiel ist zur Basis aller musikalischen Studien zu machen, und zwar
nicht ein korrektes Spiel, welches das endliche Resultat vieler Verbesserungen von seiten
des Lehrers ware, sondern das sofortige Bichtigspielen des Schulers, nach einem
speziellen Mittel, welches Frl. Parent anwendet und einfach »genaues Lesenc nennt
Es besteht darin, den Schuler einen musikalischen Text gleich ohne Fehler lesen
zu lassen, wie er auch einen literarischen Text ohne Fehler lesen wurde. Eine Folge
dieses korrekten Spieles von der ersten Lektion an und ohne besondere Hulfe des
Lehrers, ist das Aufhoren alles mechanischen Eintrichterns.
In den didaktischen Schriften des Frl. H. Parent sind diese Prinzipien und person-
lichen Beobachtungen des Nahern erortert.
Das Studium eines jeden Zweiges der technischen Arbeit wird ausschlieftlich ver-
mittels Exerzitien (Fingerubungen) gemacht; denn die einfache und unabhangige Form
der Fingerubung gestattet viel besser als die Form der eigentlichen >Etude«, jede
Schwierigkeit a parte, in alien Einzelheiten vorzunehmen und zu bewaltigen. Das
hindert nicht, dafi dieser auf Exerzitien beschrankte Pianokursus vereinbar ist mit den
Etudensammlungen der verschiedensten Autoren.
Alle diese Exerzitien sind Original. Jede Formel ist wie eine Inkarnation der
technischen Total- oder Teilschwierigkeit, um deren Bewaltigung es sich handelt. Die
gauze Struktnr des Exerzitiums ist derart, daB die Schwierigkeit darin ganz eingefaBt
ist und einen festen Korper mit ihr bildet.
Jedes Werk umfaCt die eingehende Analyse eines Zweiges der Arbeit und ist,
obwohl nur ein Teil des Ganzen, in sich doch vollstandig. Alle Werke sind unter
sich durch die Einheit des Planes verbunden, angeordnet in demselben Geist und aus-
gefuhrt nach denselben Grunds'atzen. C. H. fUchter.
Paris. Les 21 et 22 mars dernier, a eu lieu a THotel des Ventes de Paris une
vente de livres anciens dont plusieurs sont susceptibles d'interesser les historiens de la
musique. Nous croyons utile d'en extraire les numeros suivants:
13. Bertin. Le Jugement de Paris, pastorale hSroique de Mr. Bertin, maitre de
clavecin de Leurs Altesses Royales Mesdemoiselles d' Orleans; representee pour la
premiere fois par l'Academie Boyale de Musique, le mardy vingt-unieme jour de juin
1718. Paris, de l'lmprimerie de J. B. Christophe Ballard, 1718, in-4 oblong.
14. Bisson (Loys). Premier Livre (second, tiers et quart) des Recueils de Chansons
a quatre parties, les plus excellentes qu'on a pu choisir tant au Livre des Trophees,
quen plusieurs autres par cy-devant imprimees. Veiies et corrigees par Loys Bisson.
A Paris, de Timprimerie de Nicolas Duchemin, 1661, 1667. Quatre parties
en un volume, in-8 oblong, musique notee.
Bassus. Le premier et le quatrieme livres sont dates de 1567. le second et le
troisieme, de 1561.
Arcadelt: Comment mes yeux de mes ennuys. Est-il douleur cruelle. En lieu
du bien. Le bien que j'ay. La Diane que je sers. Pour heur en amour. Souvent
amour. Amourt aidans. Sa grande beaute. Ta privaute. Tant que mon oeil, etc.
Cert on: De son cceur et du mien. Entendez-vous. Le dur travail. Un moins aymant.
Elle voyant. Le jour qu' Amour., etc. Claud in: Amour voyant. O combien
aimates. Or sus Amour, etc. De Villiers: Force d' amour. Rien n'est plus cher, etc.
Jannequin: Laissez celaLas on pent juger. Ou mettra-t-on, etc. Mail lard: Si a la
prommesse. Du mal que j'ay. Amour se doit. Ce noble cueur, etc. Sandrin: Si
j'ay du bien. Si mon travail. II ne se trouve, Douce m6moire. De qui plustost.
Ce qui est plus. Pleurez mes yeux. Puis que de vous, etc. Chansons de Bour-
guignon, Clement, Gardanne, Morel, Ploihiot, Jannequin, Jacotin,
Godard, Berchen, Gombert, Lupi second, Boyvin, Cadeac, De laFond,etc.
38. Destouches. Les Stratagemes de V Amour, ballet en musique par Monsieur
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334 Notizen.
Destouches, Surintendant de la Musique du Boy et Inspecteur general en rAcademie
Royale de Musique; represente pour la premiere fois, par la meme Academie, le mardy
19e jour de mars 1726. Paris, de l'imprimerie de J.-B. Christophe Ballard
1726, in-4, oblong.
52. Gabrielli. Canto di Andrea Gabrielli, organista delle illustrissima 8. di Ye-
netia in S. Marco il secondo libro di madrigali a cinque voci, insieme doi a sei et
uno a otte. Novamente con ogni diligentio ristapato, a cinque voci. In Venetia,
appreBso li Figliuoli di Antonio Gardano, 1572, 5 parties en un volume,
in-4, oblong.
55. GervaiB. Hypermnestre, tragedie mise en musique par M. Gervais, Indendant
de la Musique de Son Altesse Royale, Monseigneur le Due d' Orleans, Regent du Roy-
aume, representee pour la premiere fois par 1' Academie Royale de Musique, le mardy
3enovembre 1716, Paris, de Timprimerie de J.-B. Christophe Ballard, 1716,
in-4, oblong.
84. Las so (Orlando di) illustrissimi Bavariae ducis Alberti chori magistri liber
mottetaru, trium vocum, quae cum vivae voci, turn omnis generis instruments musicis
commodissime applicari possunt. Summa diligentia compositae . . . nusque denuo in
lucem editae. Discantus. Monachii excudebat Adamus Berg. MDLXXVII,
in-4, oblong de 22 ff.
85. Lassus (Orlande de). Christliche Gesang Teutsche Psahnen auszgrund der
Music auff drey Stimmen zusingen mit sonderlichem fleiss componiert und alien
Liebhabern diser loblichen Kunst zu Christlichem gefallem in Druck verfertigt:
durch den Weitberumbten »Musicum Jacobum Reinertum*, Weingartischen Capel-
meiBtern vor zeit gewessnen Discipul und Junger dess furtrefilichen furstlichen Bei-
riBchen Musici Orlandi di Lasso. Discantus. Gedruckt zu Dilingen durch
Johannem Mayer, 1589, in-4, oblong, de 2 ff. prel. pour le titre et la dedicace et
15 ff. chiffres.
m. Monte (Philippe de). Sonets de P. de Ron sard, mis en musique a 5, 6, et
7 parties par M. Phil, de Monte, maistre de chapel! e de l'Empereur. A Paris, par
Adrian le Roy et Robert Bail art, 1575, in-4, oblong de 20ff. chiffres, plus 1 £
pour la marque de Tecliteur. Partie de tenor.
120. La Borde (de). Choix de chansons mises en musique par M. de la Borde,
premier valet de chambre ordinaire du Roi, ornees d'estampes par J.-M Moreao,
d£diees a Mme la Dauphine, Pa|richez de Lormel, 1773, 4 vol. gr. in-8, front et
fig. de Moreau, Le Barbier, Le Bouteux et Saint-Quentin.
J. G. Prod'homme.
Prag. Von einem Liebhaber-Chor und Soli wurde hier am 26. April Carissimfs
>Jephta* unter Leitung von FranzSpilka aufgefuhrt, Professeur an A. Mike's Musik-
anstalt, eingerichtet nach der Methode Max Battke-Berlin. Das Werk hinterliefi bei
den zahlreichen Horern einen m'achtigen Eindruck.
Regen8bnrg. Der Hofgeistliche, Herr Hermann B'auerle in Regensburg, sandte
una einen Aufruf inbetreff seiner in moderner Notation herausgegebenen Pale-
8trinaausgaben, der wegen seines wichtigen Zweckes, wenn auch im Auszuge, hier zum
Abdruck gelangt.
Aufruf an alle strebsamen Dirigenten besserer Kirchenchore und Freunde alt-
klassischer Kirchenmusik, eriassen mit belobender Billigung Sr. Heiligkeit des
Papstes Pius X.
>Pale8trina muC popul'arer werden*, d. h. zuganglicher und dadurch ver-
breiteter (und mit ihm auch andere Meister altklassischer Richtung). — Diesen Ge-
danken als Grundton kraffcig anschlagend, begann der Unterzeichnete 1903 aus eigenster
Initiative, leichtere bis mittelschwere Kompositionen (zunachst 10 Messen von Palestrina
in der leichter ubersichtlichen moderaen Notation (auf nur 2 Liniensystemen} heraus-
zugeben. Gleich im ersten Jahre sind nunmehr 700 Bande (a 10 Messen = 700 Messen-
partituren) und 4800 Stimmen bestellt worden. Dieser auCerordentliche Erfolg, der
mit Recht als spontaner Ausbruch geradezu begeisterter Zustimmung betrachtet werden
darf, ermutigte den Unterzeichneten, dem Messenband einen Motettenband an die
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Notizen. 335
Seite zu stellen, enthaltend samtliche 62 Motetten, welche Palestrina fur Sopran, Alt,
Tenor und BaC komponiert hat. Innerhalb eines Monates meldeten rich 400 Sub-
skribenten, so dafi auch dieses Unternehmen mehr als gesichert war.
Kaum war dieser 2. Band gedruckt, da erhielt mein (ohne Besprechung mit irgend
jemand) begonnenes Restaurierungsprojekt eine ungeahnte Protektion dureh das
Motu proprio Sr. Heiligkeit des Papstes Pius X. vom 22. Not. 1903 uber Kirchen-
musik, in welchem es u. a. heiBt: >Die klassische Polyphonie schlieBt sich auf das
innigste an das oberste Vorbild und Muster einer jeden Kirchenmusik (d. h. an den
gregorianischen Choral} an. Auch sie muB bei kirchlichen Feierlichkeiten wieder
mehr zur G-eltung kommen.c
Soil nun in puncto » Pal estrinas tile diese papstliche Verordnung in ihrer ganzen
Tragweite in absehbarer Zeit wirksamer und in schnellerem Tempo durchgefuhrt
werden, so gilt es vor allem, den nach moderner Unterrichtsmethode vorgebildeten
aufstrebenden Dirigenten sowohl als deren fleiBigen Choren ausgiebiges erstklassisches
Material, eben in modernem G-ewande zu bieten.
Sehr gerne und in uberzeugtem Gehorsam stellt hiermit der Unterzeichnete sein
Unternehmen in den Dienst der papstlichen Verordnung, indem er mit mo-
dernen zeitgem'dBen Mitteln das zu erreichen, resp. nachzuholen sucht, was andere
nachahmende Meister in ihren eigenen Produkten l'angst vorgesehen haben, wodurch
sie {nicht am letzten) eigentlich schneller bekannt und eher popularer geworden sind,
als ihr gemeinsames Vorbild: Palestrina. Dieses Mittel (die moderne Notation unter
Entfernung der sog. alten Schlussel aus Stimmen und Partitur) und vollends
die Beduzierung auf 2 Liniensysteme (bei 4stg. Kompositionen) , d. h. der Klaviersatz
soil nun auch dem » Meister der Meister « (und zwar in groBerem MaBstab als bisher)
nicht mehr l'dnger yorenthalten werden. War Palestrina bisher vorzugsweise nur
durch »Paradenummern< bekannt geworden, deren Auffiihrung Monopol allererster
Chore war und — blieb, so sollen durch meine Bestrebungen vor allem die ein-
facheren, leichteren Werke altklassischen Stiles fur 4 gemischte Stimmen unter
Choren besserer Qualitat verbreitet werden und dadurch Werke mehr weltlichen,
ubertrieben sentimentalen Charakters aus dem Gotteshause verschwinden.
Zur wirksameren Erreichung dieses Zieles soil nunmehr der 1. Band zerlegt
werden und jede der 10 Messen (auch in Partitur) separat bezogen werden konnen.
Urn gleichzeitig etwa an die Wand gemalte MiBstande von vornherein auszuschlieBen
oder wenigstens zu dezimieren, wurden diese 10 Messen unterdessen mit Vortrags-
zeichen und Tempoangaben — eine neue Phase auf diesem Gebiet — versehen,
naherhin die Missa >Acterna Christi munera* (von jedem beBseren Chor zu bew'al-
tigen), Brevis, »Dies sanctificatus*, >£mendemus«, >Jesu nostra redemption <Iste con-
fessor«, >Lauda Sion«, >Sine nomine* I und II, »Veni sponsa Christie. Aus dem
Bande 4stimmiger Motetten werden 30 Nummern (in 12 Heften) ebenfalls mit Vor-
tragszeichen versehen erscheinen. Ein zweiter Messenband soil weitere 10 bis dato
in praxi ganz unbekannte, recht liturgief'ahige, nicht schwere, daher der Restau-
rierung sehr wiirdige 4stge. Messen dem gottesdienstlichen Gebrauche erschlieCen,
wofur sie doch von Palestrina bestimmt waren.
Die weitere Verbreitung meines nicht auf Palestrina beschrankten, sondern auch
auf Restaurierung anderer Altklassiker (Vittoria, Orlando) berechneten Unternehmens
lege ich in das Verstandnis und Interesse der aktiven Exerzitanten und Freunde einer
wahrhafb heiligen Musik.
Regensburg, Ostern 1904. Hermann Bauerle,
Fur8tlich Thurn und Taxis'scher Hofgeistlicher.
In Regensburg findet zu Pfingsten d. J. am 22. bis 24. Mai, das xweite bayrische
Musikfest unter Leitung von Richard StrauB statt. Am ersten Tage gelangen
Bruckner's IX. Sinfonie mit dem Tedeum und Beethoven's Eroica, am zweiten
Tage die Graner Messe von Liszt«, >Vorspiel und Liebestod* aus Tristan und >Tod
und Verklarung« von R. StrauB und am dritten Tage Kammermusikwerke zur Auf-
fiihrung.
336
Kritische Bucherschau.
Warschan. In der n'achsten Saison verspricht uns die Oper folgende Premieren:
»Meistersinger von Nurnberg* (in der polnischen Ubersetzung von Alexander
Bandrowski; der Ubersetzer wird die Rolle Walthere iibernehmen\ > Kb nig von Lahora«
von Massenet, >Zaza« von Leoncavallo, »Andreas Chenier* von Giordano,
»Judithe« von Sserow, »Philenis« von Roman v. Statkowski 'mit dem L Preise in
London 1903 ausgezeichnet) und >Konrad Wallenrod* (= »Aldonac) von Ladislaus
Zelenski.
Wieil. Das Johann StrauB-Denkmal-Komitee in Wien unter derPrasi-
dentin Prinzessin Rosa Croy-Sternberg hat einen iiberaus warm gehaltenen Aufruf ver-
offentlicht, in dem es auffordert, dem Meister Johann StrauB, >dem Zweiten seines
Namens, der Bedeutung nach aber dem Ersten in der glorreichen Dynastie der Walzer-
Konigec, ein Denkmal zu errichten. Das Komi tee ist international.
Kritische Bttcherschau
der neu-erschienenen Biicher und Schriften iiber Musik.
Gregerio Fidel Serrano y Aguado.
Explication complata de la Miisica
polif6nica de los siglos XYI y XYII.
Madrid, Ducazcal. 1904.
Hasse, Max, Peter Cornelius und der
Barbier von Bagdad. Die Kritik
zweier Partituren. Peter Cornelius
gegen Felix Mottl und Hermann Levi.
Leipzig, Breitkopf undHartel. Ji 4, — .
In dieser hochbedeutsamen Publikation
weist der Verfasser an der Hand der bis-
her unzuganglichen Originalpartitur de9
»Barbier«, aus der er auoh faksimilierte
Beispiele in groCer Anzahl bringt, nach,
m welchem Eisner nicht geahnten MaBe
sich Mottl in seiner 1881 verfaBten, heute
auf den Btthnen alleinherrschenden Bear-
beitong sich stilwidrige Eigenm'achtigkeiten
erlaubte. Das Resumee seiner Austtihrun-
gen lautet: »Diese revidierte und umge-
arbeitete Partitur hat nichts mit dem JNa-
men Peter Cornelius zu schaffen. Etwas
total Fremdes, g'anzlich Unbekanntes und
vollig Unberechtigtes hat sich mit ihr zwi-
schen uns und uiren Schopfer gedrangt,
ihre Werte vollst'andig vernichtet. Die
Umwertung der Werte aber miBglUckte.
Fiir die Partitur des Bearbeiters sollte auf
deutschen Biihnen und in deutschen Kon-
zerts'alen, in denen man heutzutage mehr
wie je den Grundsatz absoluter Stilreinheit
hochh'alt, in aller Zukunft kein Raum mehr
sein. Felix Mottl mit allem Recht einer
der gefeiertesten unter den deutschen
Dirigenten, wird, wenn er als erfolgreicher
Pionier deutscher Kunst vom Westen zu-
riickkehrt, eine der ersten Dirigenten stellen
einnehmen. Eine seiner Taten sei, die Ori-
ffinalpartitur des ,Barbiers von Bagdad' wie-
der in ihre historischen Ehrenrechte einm-
I setzen. Dieses Opfer — wenn es eins ist —
i wird vieles, wenn nicht alles, wieder gut
; machen, was Jahre hindurch an dem Werke
und dem Namen des Dichterkomponisten
unbewuBt gesiindij^t wurde.«
Inzwischen wird das Weimarer Corne-
I liusfest (im Mai oder Juni) Gelegenheit
I geben , dieses Werk sowie auch den von
Levi ahnlich iiberarbeiteten »Cid« in der
Originalgestalt kennen zu lernen.
Edgar Istel.
1 Louis, Rudolf. Hektor Berlioz. Breit-
kopf & Hiirtel. ,41 3, - .
• Ein geistvolles, sehr gehaltvolles Buch,
! trotz der Aussetzungen, die unten gemacht
' werden sollen. Das JBuch gibt keine eigent-
liche Biographie, verwertet aber das Bio-
graphische, das der Verfasser uberaus grund-
Ech kennt, in ^anz ausgezeichneter, inner-
licher Weise, mdem es sozusagen immer
nur als Mittel zum Zweck, namlich den
Berlioz'schen Genius zu erklaren, heran-
gezogen wird, was dem "Werke eben den
innerlichen Charakter gibt. Der Verfasser
sucht Berlioz ganz aus seinem Charakter.
aus seiner Zeit usw. zu erklaren. »Ursprnng,
die Romantik und deren Charakter, Frauen
und Liebe, der SchrifUteller und Bekenner«,
erhalten deshalb eine ausfiihrliche Dar-
stellung, und gerade diese Kapitel gehoren
auch zum Besten. Unter den musikalischen
Einflussen, die besonders auf Berlioz's In-
strumentierweise, aeine Massenwirkungen,
die Bevorzugung des Blechs wirkten. ver*
miBt man ungern die Simon 1/ayrVhe
Richtung, auf deren Bedeutung gerade
wegen inrer starken Verwendunff der Blas-
instrumente von Kretzschmar (Funrer durch
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Besprechung von Musikalien.
337
den Konzertsaal I, S. 269) schon langstens
hingewiesen worden ist. Die historische
Seite ist in dem trefflichen Buche tiber-
haupt die schw'achste, oder vielmehr die
einag schwache, wenn der Verfasser diese
auch absichtlich nicht betont haben will.
Auf Richard "Warner als Historiker zu
bauen, fallt in aen allermeisten Fallen
durchaus negativ aus. DaB aucb ein
Schrift8teller wie Louis Warner's Ansicht
von der Entstehung der Sinfonie aus dem
Tanz teilt (S. 36;, zeigt, wie ernst Wagner
in dieser Beziehung immer noch genommen
wird, ferner, wie wenig musikhistorisches
Wissen immer nocb anzutreffen ist. Dies
tut dem eigentlichen Gehalt des Buches
zwar keinen Abbruch, es muGte aber an
dieser Stelle angemerkt werden. Genauer
kann auf das Buch nicht eingegangen wer- 1
den, da es eines von denen ist , die unge- 1
mein anregend, in Fragen, die alt sind und j
doch nie ganz ffelost werden, wie iiber den !
Charakter des TOassischen, Romantischen I
und ihrer Kunstler , oft auch zum Wider- j
spruch herausfordern. Zur Erkenntnis des i
ganzen Berlioz'schen Wesens tragt das Buch |
nnzweifelhaft Vieles bei. A. H.
Symons, Arthur. Plays, Acting and
| Music. London, Duckworth and Co.
I 1903. Demy 8vo. pp. 196. 5/. nett.
I Author (1865 — ) is well known as a
poet, author, journalist, and musical and
dramatic critic. Book noticed in another
column "An Impressionist Critic*.
Die Anstalt fur musikalisches Auffuh-
rungsrecht in Berlin. Zur Aufkla-
rungundRiohtigstellung. Heraus-
gegeben vom Verein der deutschen
Musikalienhiindler zu Leipzig. Leip-
zig , deutsches Buchgewerbehaus.
Ji —,50.
Die Broschure enthalt eine Entgeg-
nung auf die von der Genossenschaft deut-
scher Tonsetzer (Anstalt fur musikalisches
Auffuhrungsrecht in Berlin erlassene Denk-
schrift, deren Unrichtigkeiten sie iiberzeu-
gend berichtigt. Die Schrift ist zur Erken-
nung der Verh'altnisse in dieser so ein-
schneidenden Frage unentbehrlich.
Besprechung von Musikalien.
Werke aus dem Verlage Breitkopf und
Hartel.
1} Collegium musicum. Nr. 7. S ta-
rn itz, Orchestertrio Edur. op. 5.
Nr. 3 (Biemann). Pianoforte .// 3, — .
Streicnstimmen je « // — ,60.
2) Hftndel. Concerto grosso. Nr. 12
(Seiffert). Partitur Ji 3,— .
3 , Mozart. Drei deutsche Tanze. Werk
605. Fiir Ellavier zu zwei Handen
(P. Rehfeld). .// 1,— .
4) Liszt. Ce qu'on entend sur la
montagne. Fiir Klavier zu zwei
Handen (A. Stradal). ,// 3,— .
5J Schein. SuiteNr. 22. AusdemBan-
chettomusicale(Priifer). Part. tW 1, — .
Nr. 1 ist in den Denkmalern der Ton-
kunst in Bayern erschienen. Es handelt
sich bei diesen Separatausgaben bekannt-
lich darum, diese alten Werke auch dem
SoOeren Publikum zoganglich zu machen.
ie Trios von Stamitz verdienen dies ent-
schieden mehr als die Sinfonien der Mann-
heimer Komponisten, deren Wert man ja
nicht uberschatzen moge. Die Bearbeitung
von Biemann ist wohl oft zu wenig akkordisch,
steht zu sehr auf kontrapunktischen Boden,
und nahert sich derart uem modernen Trio.
Nr. 2 gehbrt zu Handel's op. 6 und ist im
30. Bande der Handerschen Werke zu £n-
den, als Konzert Nr. 1. Die vortreff-
liche Bearbeitung Seiffert's geht iiber
Chrysander hinaus, indem dieser (siehe
das Vorwort zum 30. Bande' das Concer-
tino als nur aus den zwei Soloviolinen und
dem Violoncello zusammensetzt, wahrend
Seififert hierzu noch das Concertino-Cem-
balo verlangt. Die Bezifferungen iiber der
Violoncellostimme, die nach Chrysander,
dem Violincellisten die Harmomen be-
zeichnen sollten, erhalten dadurch ihre
eigentliche Bedeutung. Seiffert stiitzt
sich fiir diese Abweichun^ auf Co-
relli's Praxis, »die Handel einfach iiber-
nommen hate. Dennoch kennen die Klavier-
partien auch ohne Schwierigkeiten von
einem Spieler gespielt werden. Die Be-
arbeitung wird sicher das ihre beitragen,
daC diese ganz herrlichen Konzerte, die in
mancher Beziehung iiber den Bach'schen
stehen, d. h. eben etwas ganz anderes sind
ofter gespielt werden. — Die Mozart1 schen
Tanze sind nette Gelegenheitskompositionen
338
Besprechung von Musikalien.
und verdanken ihr ofteres Erscheinen im
Konzertsaai in erster Linie der >Schlitten-
fahrt c. Stradal's Bearbeit ung der Liszt-
schen Tondichtung ist vorzuglich, so
geschickt ffemacht, daB die Spielschwierig-
keiten nicht einmal so groD sind. Die
Schein'sche Suite (aus dem ersten Bande
der Gesamtausgabe) ist eine Padouana fur
vier Krumhorner, ein handfestes, feierliches
Stuck, das seiner ganzen Anlage wie Be-
setzuDg nach am besten ins Freie paBt.
A. H.
Klavierpadagogische Werke.
Esohmann - Dumur , C. Nouvelle
edition des Preludes et Exercices
(dans tous les tons majeurs et
mineurs) de M. Clementi. Leipzig,
Ernst Eulenburg, 1,80 Jl.
Diese Neuausgabe hat vor allem den
Vorzug, daB sie meines Wissens wirklich
etwas neues bringt, indem sie den soge-
nannten symmetrischen Fingersatz der Ton-
leitern, welcher auf der Symmetric der
Tasten und Fingerlage beruht, praktisch
anwendet. Anschlags- und Vortragsbe-
zeichnungen miissen freilich stellenweise
vermiBt werden. Besonders bei den kano-
nischen Ubungen konnte durch genauere
derartige Angaben auf moglichste Selb-
standigkeit der H'ande im Anschlag und
Ausdruck hingewirkt werden. Auch die
Fixierung der Stimmung einzelner Stucke
ware wunschenswert, da der Schiiler nicht
oft genug auf den Zusammenhang zwischen
Technik und Vortrag aufmerksam gemacht
werden kann.
Katholicky-Soff6, Marie. Die Ton-
leitern in Doppelgriffen. Brtinn,
Karl Winiker.
Schon gleich der Titel unbedacht!
— Warum nicht Tonleitern und Arpeggien
in Doppelgriffen, da doch solche auch in
dem Hefte enthalten sind ? ! Warum wieder
jede Tonleiter mit ihrem Fingersatze durch
zwei Oktaven abdrucken und warum jeden
Dreiklang in seinen drei, jeden Septim-
akkord in seinen vier Lagen ausschreiben,
wenn doch in jeder Lage iiir die Oktav-
yerdoppelung derselbe Fingersatz bleibt?!
Ubrigens fehlen die melodischen Moll-Ton-
leitern in Doppelterzen und Doppelsexten
und fur die Dur- und Molldreiklange ist
der Fingersatz nicht genau genug prazi-
siert. Und so noch einiges, kurz : die Idee
der Zusammenstellung des ganzen Materials
fur Doppelgriffspiel ist lobenswert, konnte
aber gedrangter, — methodischer und da-
rum nutzbringender sein. J. Pembaur, jr.
Pales trina. Selection from the works
of. Transcribed by Eleanor C. Gre-
gory. H. Frowde, London, Edin-
burgh, Glasgow, and New York. 8vo.
The numbers issued so far are: —
1) uO Domine Jeau Christe", 4 pp., 4d. 2) uLi-
tania Domini", 8 pp., 8d. 3) u veni Sancte
Spiritus", 4 pp., 4d. 4) "Missa Confitebor
Tibi Domine", 68 pp., 2/6. 6) ^Parce
mihi Domine", 14 pp. 1/. 6} "O beata et
gloriosa Trinitas", 16 pp., 1/. 7) "Christe
Kedemptor Omnium", 8 pp., 8d. 8) „Magni-
ficat and Nunc Dimittis", 23 pp , ly. —
The especial feature of this new and inter-
esting selection from Paleatrina's church
music is that the works contained in it are
printed in modern clefs, and provided with
marks of expression and English adaptations
as well as the original Latin words. It is
only since the publication of Messrs. Breit-
kopf and Harters complete edition that even
musicians are becoming gradually acquainted
with the great mass of Palestrina's music
and the impetus given to the study of his
works by the recent Papal uMotu Proprio"
should cause this excellent selection to be
welcome both to Anglicans and to Roman.
Catholics, especially as Miss Gregory has
chosen for her first numbers compositions
which have not previously been issued in
a popular form. The adaptation of the
Latin text to English words must have been
a matter of no small difficulty. In some
of the motets it would have been better to
have printed the music to be sung to the
English words in smaller notes, instead of
retaining the original as is done in the
Litania Domini, where, for instance, the
three consecutive minim and two breve A
flats required by the syllables of the Latin
"miserere nobis" should have been represent-
ed for the English "upon us" by a minim,
a long and a breve. But the adaptations
are generally very successfully done, and
that of the hymn "Christe Redemptor"
deserves high praise. The marking also
shows a thorough appreciation of the effect
to be produced by Palestrina's music when
sung with proper expression and attention
to light and snade. In one or two cases
Miss" Gregory has omitted to supply time-
signatures, a point which could easily be
corrected in niture issues. The difficult?
presented in adapting so much of Palestri-
na's music for use by modern choirs owin?
to extreme range of the voices for which
he wrote has evidently caused the editor
to select so many works for eight ox «x
parts ; but this should not discourage choir-
masters from introducing these composition*
into the church service, as excellent result*
can be obtained when these double-choir
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Besprechung von Musikalien.
339
motets are sung by a comparatively small
body of yoices. llie inequality of Palestri-
na's music, a feature which is not surprising
considering the immense amount that he
produced, is not absent from this selection ;
but on the whole Miss Gregory's choice has
fallen upon very fine examples, and it is
especially fortunate that she has placed such
splendid works as the mass "Confitebor
Tibi" and the "Magnificat and Nunc Di-
mittis" within the reach of choirs to whom
the complete Leipzig edition is necessarily
a sealed book. W. Barclay Squire.
Zanella, Ainilcare. Fantasia e Grande
Fugato Sinfonica a 4 soggetti per
Orchestra e Pianoforte. Op. 25.
Turin, Capra.
Der Komponist nennt selbst das Or-
chester yor dem Klavier, und so ist seine
Komposition auch mehr ein Orchesterstuck
mit obligatem Klavier, als ein Klavierstiick
mit Orchesterbegleitung. Die kontra-
punktische Zeichnung ist auch an den
polyphonsten Stellen klar, die Orchester-
farbe, wenn auch nicht originell, so doch
abwechslungsreich und stimmungsvoll, die
Aufgabe des Pianisten modern und doch
nicht allzu schwierig. Die Phantasie h'atte
der Komponist besser Pr'aludium genannt,
da sie weder form ell noch ihrem musi-
kalischen oder seelischen Inhalte nach
diesen Titel verdient. Die vier Themen
der Fuge sind zwar nicht gerade neu, heben
sich aber doch ganz charakteristisch von-
einander ab. In A-moll, calmo e religioso,
dem Leben abgewandt, beginnt die Fuge,
dann kommen Verlockung und Ent-
tauschung, Trost und Sehnsucht und
glaubensvolles, mutiges Ringen. Die ersten
Time des Klaviers m dem von Posaunen
und Horn, dann von geteilten Celli vor-
getragenen E-dursatze blinken wie Tau-
perlen in der Morgenrote. Und nun er-
nebt sich das giocoso zu neuem Leben:
die Themen trennen sich, suchen und
linden sich, umarmen sich, ubersturzen
sich in der Begeisterung und erheben sich
endlich, nachdem sie sich in dem dunkleren
F-dur gefestigt, in dem strahlenden A-dur
zu lebensvoller, doppelter GroBe.
J. Pembaur, jr.
Stiicke ftir Violoncello und Klavier.
Halvorsen, Mosaique No. 4. Chant
de »Veslemoy« (Jacques van Lier).
Jl 1,— .
Sin ding, Legende op. 46. (Jacques
van Lier). Jf 2,50.
Nolek, Aug., Salon- Album op. 43.
Jt 3,50.
Z. d. I. M. V.
— Legende (im Volkston) op. 60.
Jt 1,75.
— Konzert-Mazurka op. 86. Jt 2,50.
— Gnomenreigen op. 90. Jt 2, — .
Kopenhagen und Leipzig, Wilhelm
Hansen.
Fiir Solisten ist von der vorgelegten
Violoncellmusik namentlich das erste zu
empfehlen, trotzdem es ursprunglich fur
Violine gesetzt ist. Die gescnlossene Form
ist dafiir wichtig; schmerzlicher Ausdruck
1'aGt sich hier leicht und auch ohne Sor-
dine erreichen. Sinding's Legende gehort
in die feinere Hausmusik, verlangt aber
einen guten Partner. Die Transkription
1'aCt sich nicht beurteilen, da die Angabe
der Originalfassung fehlt. Nolck's Musik
ist wohl nur fur den Dilettanten bestimmt.
Ein frischer Zug, eine siiCe, aber auch sen-
timentale Melodik — man fragt sich, ob
derlei Sachen, in Massen produziert, nicht
am Ende den Geschmack der Dilettanten
verderben? Pizzicati, Fuhrung der Cello-
stimme mit dem KlavierbaG, keine Durch-
arbeitung: keinGewinn fur unsereLiteratur.
Die auCere Ausstattung ist geschmackvoll.
F. B.
Pini, Henriques. Ensemblespiel ftir
Violine und Klavier op. 22. Heft 1
und 2 a Jl 2,50. Kopenhagen und
Leipzig, "Wilhelm Hansen.
Die Stiicke sind alle sehr leicht und
teils fiir den ersten Unterricht berechnet;
einige Stiicke auf den leeren Saiten fehlen
deshalb auch nicht. Man kann die Samm-
lung (etwa 10 Stuck) wegen ihrer gesunden
Musik empfehlen.
Muller-Reuter, Th. Op. 25. Im
Ballsaal. Tanze und Stiicke im
Salonstil fiir das Klavier zu vier
Handen. Krefeld, F. Schuckart-
0. Rettke.
>Im Salonstil « heiCt es auf dem Titel.
Es ist nie recht bestimmt worden, was das
fiir ein Stil sei; denn > Salonstil « ist mit
>Kammer8til« nicht zu verwechseln. Diese
Tanze und Stiicke: Polonaise, Menuett,
Zwiegesprach, Walzer, L'andlicher Tanz auf
dem Kostiimfest und Polka nach rheinischer
Art sind frische Erfindungen eleganter
Schreibart (stilus familiaris, choraicus);
manchmal streift die Harmonisation sogar
an den stilus symphoniacus. Im Grunde
hat jede dieser Kompositionen ihren eige-
nen Stil, wenn auch ein roter Faden durch
alle l'auft, und dieser ist es, von dem man
sagen kann, »le stile c'est Phomme«. Dieser
rote Faden ist Muller-Reuter's : gute Haus-
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340
Zeitschriftenschau.
Sauer, Emil. Franzosische Serenade
und Menuett (im alten Stil), zwei
KlavierstUcke.
Zwei nette, wohlklingende and harm-
lose Kleinigkeiten fur den Salon oder alsZu-
gabenummern, deren Selbstandigkeit durch
den ungemein starken Grieg'schen EinfluB
nahezu ganzlich verwischt wird. W. N.
Grey, C. J., Morceaux originaux pour
Orgue. Nr. 14. Marche Nuptiale.
Mainz, B. Schott's Sonne.
Der imposante, wirkungsvolle Marsch
scheint durehans von dem bekannten
Mendelssohn's aus dem Sommernachtstraum
inspiriert zu sein. Selbst'andigen Wert kann
man ihm deshalb nicht zuscnreiben.
Sohytte, L., Petites Suites faciles
pour Piano, Violin et ViolonceDo.
Nr. 1 Fantaisies. Nr. 2 Reveries.
Nr. 3 Souvenirs. Nr. 4. Serenade.
Op. 132. a M 3,—. Kopenhagen
und Leipzig, Wilhelm Hansen.
Die Stiicke Bind samtlich sehr anregend,
flott geschrieben und gut musikalisch. Es
fallt dem Komponisten immer etwas ein,
und nur selten verfallt er ins gewohnliche
Musikmachen. Ein poetischer Zug wohnt
den meisten inne ; ganz reizend ist z. B. der
Duettgesang in der Traumerei zwischen Cello
und Geige. Der Inhalt ist sehr mannig-
faltig ; die Stiicke haben neben dem Zweck
einer guten Unterhaltungsmusik entschieden
auch einen padagogischen.
Zeitschriftenschau.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Abate, Nino. La nota giusta (A proposito
della >Butterflyc) — NM 9, Nr. 98.
Anonyma. L'autobiografia di un operaio
tedesco — Minerva. Rom. 27/12. 03.
Die Camera acustica — Prometheus
737.
Danse et me'decine — I. de M£decine
17/1.
Ettore Berlioz - Minerva Rom.20/12.03.
Les Droits d'auteur en Allemagne —
GM 24/1.
Manuel, Garcia. Daily Telegraph,
March 16 th.
StrauB leads the Philharmonic —
MO 46, Nr. 13.
The Cant of cristicism — Mc 9, Nr. 6.
Pius X. und die Kirchenmusik — C 21,
Nr. 3.
The musical copyright bill — Mo 9,
Nr. 6.
The easter hymn — an early Wes-
leyan version — MT Nr. 734.
Das Volkslied der Briten. — NMZ 26,
Nr. 13.
Edward Mac Dowell. A biographical
sketch — MT 734.
Der Bachpreis oder Beethoven's Me-
tronom. (Satire) — S 62, Nr. 26. (1. April-
Nummer.)
StrauB' »sinfonia domestica« — MC
26, Nr. 12.
The Elgar festival — MT Nr. 734.
Referat uber einen Vortrag von Mr.
Edward J. Dent iiber >Alessandro Scar-
latti* — MT Nr. 734.
L'Athenee de Lausanne — La mu-
sique Suisse 3, Nr. 62.
Ernst Boehe — La musique Suisse 3,
Nr. 62.
De Tinterpr&ation des oeuvres de
Chopin — La m. en Suisse 3, Nr. 63.
Manuel Garcia — NMP 13, Nr. 7/a
Un prologue musical en l'honneur de
Napoleon I. — MM 16, 6.
De herstelling van het beierwerk van
de hoofd Kerk te Mechelen — Cae 61, 4.
San Gregorio Magno MuM 69, 4.
Ein Kircnenmusiker. An die Adre^se
des Herrn Dom-Kapellmeisters ... in
Wien. (Fordert die Bekanntmachung des
Programmes der Kirchenmusik in Tages-
blattern) — GR 3, 4.
La question des droits d'auteur —
GM 60, 14.
Zur Tanti&menfrage — SH44, 14 /la
MWB 36, 16.
Stimmstocksteg neuer Form fur Pia-
ninos und Flugel — Zfl 24, 19.
Neuerung an Fliigeln. Mechaniken
nach dem System Herz-Erard — Zfl
24, 20.
Satzungen und Prufungsordnung det
musikpadagogischen Verbandes — ILL
27, 8.
Drei Beethovenbriefe — NMZ 25. 14
Digitized by VjOOQIC
Zwtacluriftenschaa.
841
Charpentier, G., compositeur de ma-
nque — Echo des orchestras 1.
L'expression passionnee dans la mu-
sique de M. Leronx (notes snr la Reine
Fiammette) — RM 15/1.
Die Gregoriusfeier. Wirkungen des
Motu proprio — GR 3, 4.
Der K&mpf urn die Tantiemen —
NMZ 25, 12.
Manuel Garcia — MMR 34, 400.
La Pasqua nella poesia e nella musica
- MuM 59, 4.
Altenburg, W. Saxophone und neue saxo-
phonartige Instrumente — Zfl 24, 20.
Arcoleo, G. L'humorisme dans l'Art mo-
derne (tibersetzt von Alba Aprils) — R.
d'Europe 1.
Arend, M. Gottfried Weber und die nick-
warts schauende Musikwissenschaft —
MWB 35, 14/16.
Arend-Raachid, M. Tonbildung oder
Treffubung — BfHK 8, 7.
Bauer, M. Hugo Wolf's Briefe an Hugo
Faisst — NZfM. 71, Nr. 14.
Beckmann, G. und Sermuakie, J. Noch
einmal die Choralzwischenspiele —
MSfG 9, 4.
Bertini, Paolo. Un omaggio a C. J.
Gounod -NM9, Nr. 98.
Berendt, Max (+). Ein Beitrag zur Dra-
maturgic des Lohengrin — Mk 3, 14.
Besamertny, M. Professor Richard Barth
- NMZ 25, 12.
Bouyer, R. Petites notes sans portee
quelques mots de preface pour la resur-
rection de Mozart — M 24/1.
Bough ton, R. The prostitution of music
- Mc 9, Nr. 5/6.
Bour, J. Choralstudien — C 21, Nr. 3.
Brandea, Fr. Die Bohcme Scenen von
G. Puccini — S 62, Nr. 23/24.
Braungart, R. Konzcrtprogramme —
NZfM 71, Nr. 16.
Brauser, E. Beitrag zur Motivlehre —
MWB 36, 16.
Brautigam, L. Paul Scheinpflug — MWB
35, 17.
Brunnetiere, F. Hervieu, Melodrame ou
tragedie? A propros du dedale — R.
des deux mondes 15/1.
Burgess, H. Th. The art of music ma-
king — MO 27, Nr. 319.
C., H. Antoinette Sterling — NMZ 25, 14.
C. La Fille de Roland — RM 4, 7.
Capellen, C. Die Einbeitjjchkeit usw. der
Schlusselzeichcn ohnc Anderungcn am
Noten- und Liniensystem — Mk 3, 13.
Caaaon, Th. Organ design — Mo 9, Nr. 6.
Cloaaon, E. Le Geigenwerk au Musee du
Conservatoire de Bruxelles — GM 50,
14/16.
Cope, E. On the canons of organ buil-
ding — MO 27, Nr. 319,
Crotsched, Dotted. A visit to Boston —
MT Nr. 734.
Danhauser. L'enseignement du chant
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Dent, J. The Library of Fortunato Sau-
tini — MMR 34, 400.
Dixon, G. The York Minster organ —
MO 27, Nr. 319.
Brckmann, F. Die patriotischen leader
Schottlands. Ein geschichtlicher Uber-
blick — MK 3, 14.
Eiaenmann, A. Zur Instrumentenkunde.
(DieEntwicklungsgesohichte desKlaviers)
— NMZ 25, Nr. 13.
Ertel, P. Zivil- contra Militarmusiker —
DMZ 35, 17.
Escbini, G. Miserie del palcoscenico —
NM 9, Nr. 98.
Ferrerio, A. Le origine del melodramma
— NM 9, Nr. 98, 99.
Finn, John. Eminent flautists — MO 27.
Nr. 319.
Frimmel, Th. v. Ein Bildnis Vieuxtemps
von Einsle - NMP 13, Nr. 6.
Fraenkel, R. Chant populaire et musi-
que menuet — Akademiai Ertesito 10.
Green, P. B. Jewish influences on church
song — Mc 9, Nr. 6.
Grunsky, K. Bachs Kantaten. Eine An-
regung — Mk 3, 14.
Philipp Wolfrum — BfHK 8, 7.
H. Julius Gunther + — SMT 24, 7.
Haberl, F. X. Das dreiCigste Semester
der Kirchenmusikschule in Regensburg
- MS 37, Nr. 2.
Hallays, A. Chausson: le roi Arthus —
La Revue de Paris 1/2.
Hebert, M. L'ecole francaise de musique
contemporaine. Notes prises a une con-
ference faite par M Laloy — GM 50, 14.
Hellouin, F. Le premier journal musical
francais — CMu 7, 8.
Hildebrand, 0. Die Anwendung des elek-
trischen Schwachstromes beiiu Bau von
Kirchen- und Konzertorgeln — GR 3, 4.
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Mitteilungen der >Internationalen Musikgesellschaft*.
Buohhtadler-Kataloge.
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Komponisten).
Breitkopf & Hartel. Leipzig. >Die
grofien Meister*. Verzeichnis der Ge-
samtau8gaben in Banden, Heften und
einzelnen Nummern. 346, IV S. 8 mit
Bildnissen und teilweise biographischen
Notizen. brosch. — Mitteilungen der
Musikalienhandlung Nr. 76, Januar 1904,
Seite 2963—3000. — Nr. 77, Marz 1904,
Seite 3001—3048. — »Hausmusik€. Ver-
zeichnis von Orchester- u. Gesangswerken
in vereinfachten Besetzungen. — Carl
Reinecke. Verzeichnis seiner im Druck
erschienencn Originalwerke. — Jean Si-
belius. Verzeichnis seiner bisher im
Druck erschienenen Kompositionen.
Harold & Co. 201a, Shaftesbury Avenue,
London W.C. Catalog, Nr. 16 (1904) of
Music and musical literature (Ancient
and Modern) Second hand.
List & Franoke. Leipzig, Talstr. 2. Aa-
tiquariatskatalo? Nr. 360. (Erganzung
des Katalogs No. 363 ) Musikliteratur,
Musikalien, Theater und Tanz, Auto-
graphen von Musikern und Biihnen-
kiinstlern. Zum Teil aus dem Nachlasse
des Professore Vincenzo Rosati.
Schmidt, C. F. Heilbronn a./N. Mittei-
lungen Nr. 10. Werke fiir kleinere Or-
chester- Vereinigungen sowie zur Pflegc
der Hausmusik in den verschiedensten
Instrumental-Besetzungen.
Mitteilungen der ,Jnternationalen Musikgesellschaft".
Ortsgruppen.
Paris.
Les membre8 de la S. I. M. de Paris et des regions avoisinantes se sont reunis
le 28 mars et ont decide de se constituer en section parisienne de France. Ont etc
nommes: President Mr. L. Dauriac; Secretaire Mr. Prod'homme; Tresorier Mr. Eoor-
cheville.
Wien.
Am 14. Dezember 1903 Bprach Herr Dr. Karl Weigl iiber >Em. Al. F orate r
und seine Beziehungen zu Beethoven*.
Der Vortragende gab eine Darstellung von Forster's Lebenslauf und seines per-
sonlichen und kiinstlerischen Verhaltnisses zu Beethoven und zeigte seine Entwicklung
als Komponist mit Hilfe einiger Formanalysen aus Forster's Streichquartetten und
Klavierwerken.
Am 6. Februar 1904 sprach Fraulein Dr. Elsa Bienenfeld iiber »Das Quodlibet
des XVI. Jahrhunderts*.
An Stelle der mehrstimmig gesetzten Volkslieder trat urn die Mitte des Jahr-
hunderts das GeseUschaftslied und mit diesem das Quodlibet Diese nur hoheren
Zwecken dienende Vokalmusik scheint sowohl bei Franzosen, Italienern, Spamern
als auch vorzugsweise bei den Deutschen beliebt gewesen zu sein. Als letzter Aus-
l'aufer dieser Kunstgattung erscheint die letzte Variation iiber zwei Volksmelodien in
Bach's Goldberg- VaricUioncn und die Verbindung der drei Orchester mit je einem
verschiedenen Thema im Maskenball von Mozart's Don Juan. Das Quodlibet des
16. Jahrhunderts zeigt drei Typen. Es wurden entweder mehrere vollstandig ver-
schiedene Melodien zu einander gesungen, oder es wurde in alien Stimmen derselbe
Text, aber zusammengesetzt aus kurzen Bruchstucken einer ganzen Reihe von Melo-
dien gesungen, oder es setzte sich schlieBlich jede Stimme selbstandig aus lauter ab-
gerissenen Brocken zusammen. Ein vom Regenschori, Herrn Dr. Cerin, geleiteteter
Chor fiihrte Beispiele dieser drei Typen aus der Quodlibetsammlung des Wiener »Sckul-
mcisters Wolfgang Schmcltzl*, die 1644 erschienen, vor.
Am 12. Marz 1904 sprach Herr Hof- und Domorganist Anton Seydler aus
Graz iiber »Harmonische Elemente in der einstimmigen Musikc.
Der Vortragende entwickelte in seiner Darstellung folgenden Gedankengang:
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Mitteilungen der »Internationalen MusikgesellschafU.
345
Gerade so wie wir heutzutage jeder Melodie, auch der unbegleiteten , eine bestimmte
Harmonie zugrunde legen, so sind alle jene Gesange, welche, wie' die leider nor
sparlich vorhandenen Uberreste der alten Griechen oder die in iiberreicher Hiille vor-
liegenden herrHchen Melodien des gregorianischen Chorales, einer Harmonie in unserm
Sinne entbehren, in ihrem Aufbaue doch nach einer inneren Logik entstanden, deren
treibendes Moment die Klangverwandtschaft, also ein harmonisches Moment ist. Ohne
dieses gibt es keine sinngemaCe Musik. So sehr anch unser Ohr sich im Laufe der
Zeiten entwickelt hat, so lag doch von allemAnfange an unserm musikalischen Emp-
finden das Auffassen zweier Tonschnitte als ein Naturgesetz zugrunde, erstens das
Hinstreben nach gewissen Zieltonen, Tetraohorde der Griechen, deren Endtone als fest
und unverruckbar galten, Kadenzschnitt in unserm Sinne, z. B. I. Stufe zur IV., V. zur
L und zweitens das Weitergreifen von der Naturharmonie eines Tones aus auf dessen
Klangbestandteile, Terz- und Quinttone; man kann erstere als melodische, letztere als
harmonische Schnitte auffassen. Nun zeigte der Vortragende das Vorhandensein der-
artiger Schnitte an einer afrikanischen Melodie, am Seikilos-Liede und der Pindcur-
Ode der Griechen und an einigen Choralmelodien. SchlieBlich besprach er noch die
Tonleitern der Griechen und die Kirchentone des Mittelalters , welche sich in ihren
typisohen Tonschnitten deutlich entweder im Dur- oder Mollsinne deuten lassen. Auch
auf die bekannte Auf fassung von der dualen Entwioklung unseres Dur- und Moll-
systems weist bereits die altgriechische Tonnaturlehre hin, indem die dorische Ton-
leiter, die Umkehrung unserer Durtonleiter entweder mit der Hypate als SchluCton
unsrer heutigen Molltonleiter mit erniedrigter zweiter Stufe oder mit der Mese als
SchluCton einer Molltonleiter mit dem Schlusse auf der Dominante entspricht.
Oswald Roller .
Nene Mitglieder.
Flatau, Dr. Nurnberg, ZeltnerstraBe 7.
Laurencie, L. de la, Paris, 10 Rue Ed-
xnond Valentin.
Legrand, Charles, Paris, 46 avenue Kleber,
Ijeichtentritt, Dr. Hugo, Berlin W.,
Winterfeldtstrafie 26a.
Marnold, Jean, Paris, 28 rue Pigalle.
Pirro, AndrS, Paris, 31 rue Vanneau.
Quittard, Henri, Paris, 20 rue Gabrielle.
University Library, Princeton (New Yer-
sey) U. S. A.
Anderungen der Mitglieder-Liste.
TJlrioh, Bernhard, cand. philos., friiher Leipzig, jetzt Berlin W. 8, Eronenstr. 71 IV r.
Den heutigen Heft liegt ein Verzeichnto des Musikverlags M. P. Belaieff
in Leipzig bei
Inhalt des gleichzeitig erscheinenden
Sammelbandes.
Frederick Niecks (Edinburgh). General Culture and Musicians.
O. Abraham und Erich M. v. Hornbostel. Phonographierte indische Melodien.
Adolph Sandberger (Milnchen). Roland Lassus1 Beziehungen zur italienischen
Liters tur.
Ludwig Schiedermair (Miinchen). Die Anfange der Miinchener Oper.
Carl Mennicke (Leipzig). Zur Biographie Joh. Adolph Hasse's. (Nachtrag.)
O. Fischer (Prag). Zum musikalischen Standpunkte des nordischen Dichterkreises.
(Nachtrag.)
Max Seiffert (Berlin). Joh. Pachelbel's »Musikalische Sterbensgedankenc.
Insgegeben Ende April 1904.
Fur die Redaktlon verantwortlioh : Dr. Alfred Heufi, Leipzig, Salomonstrafie 11.
Druck und Verlaf vonBreitkopf&Hartelin Leipzig, NQraberger StraBe 36.
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Publikationen der Internationalen Mnsikgesellschaft.
Beihefte.
Zu unseren beiden offiziellen Publikationsorganen ist seit Jahresfrist ein
drittes, sozusagen nicht-offizielles getreten, zu dessen Bezug die Mitglieder
nicht verpflichtet sind und welches in zwanglosen Heften erscheint. Diese
Beihefte der Internationalen Musikgesellschaft
haben den Zweck, die »Sammelbande« zu entlasten. Wie in der »Zeitr
schrift* nur Aufsatze von hochstens einem Druckbogen L&nge aufgenom-
men werden konnen, so hat sich fur die >Sammelbande« das Prinzip als
zweckmaBig herausgestellt, nur Abhandlungen von hochstens fiinf Druck-
bogen Umfang aufzunehmen. Um aber den diesen Umfang iibersteigenden
Arbeiten von Wert ebenfalls Platz zu schaffen, sollen die » Beihefte*
dienen. Das schon vor Auftreten der Internationalen Musikgesellschaft
unter dem Titel » Sammlung musikwissenschaftlicher Abhandlungen
von deutschen Hochschulen* begiiindete Unternehmen ist in den »fiei-
heften* aufgegangen. Den Mitgfiedern der Internationalen Musikgesell-
schaft steht es frei, ob sie die Beihefte, die selbstandige neue Porschungen
enthalten, beziehen wollen. Diese Beihefte, die durch samtliche ange-
sehene Buchhandlungen des In- und Auslandes oder unmittelbar von der
Verlagshandlung Breitkopf & Hartel bezogen werden konnen, werden je
nach Umfang zu maBigen Preisen portofrei an die subskribierenden Mit-
glieder geliefert. Die bisher erschienenen Hefte der ersten Reihe der
Sammlung musikwissenschaftlicher Arbeiten werden unter denselben
Bedingungen den Mitgliedern abgegeben.
Die Centralgeschaftsstelle der Internationalen Musikgesellschaft,
Beihefte der Internationalen Mnsikgesellschaft.
I. Edgar Ist el, Jean Jacques Rousseau als Komponist seiner lyrischen Szene
Pygmalion. Preis Jf 1.60.
II. Johannes Wolf, Musica Practica Bartolomei Rami de Pareia. Preis Jf 4. — .
III. Oswald Korte, Laute und Lautenmusik bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts.
Unter besonderer Beriicksichtigung der deutschen Lautentabulatur. Preis Jf 6.—.
IV. Theodor Kroyer, Die Anfange der Chromatik im italienischen Madrigal des
XVI. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte des Madrigals. Preis Jf 6.-—.
V. Karl Nef , Zur Geschichte der deutschen Instrumentalmusik in der zweiten Halfte
des 17. Jahrhunderts. Miteinem Anhange: Notenbeispiele in Auswahl. Preis JfS. — .
VI. Walter Niemann, Ober die abweichende Bedeutung der Ligaturen in der
Mensuraltheorie der Zeit vor Johannes de Garlandia. Ein Beitrag zur Geschichte
der altfranzdsischen Tonschule des 12. Jahrhunderts. Preis Jf 6. — .
VII. Max Kuhn, Die Verzierungs-Kunst in der Gesangs-Musik des 16. und
17.. Jahrhunderts (1635/1650). Preis Jf 4.— .
VIH. Hermann Schroder, Die symmetrische Umkehrung in der Musik. Ein Beitrag
zur Harmonie- und Kompositionslehre mit Hinweis auf die hier technisch
notwendige Wiedereinfuhrung antiker Tonarten im Style modemer Harmonik
Preis Mb.—.
IX. Arno Werner, Geschichte der Kantorei-Gesellschaften im Gebiete des ehe-
maligen Kurfurstentums Sachsen. Preis 3. — .
X. Eugen Hirschberg, Die Encyklopadisten und die franzosische Oper im
18. Jahrhundert. Preis M 3.—.
Friiher sind als Hefte der
> Sammlung musikwissenschaftlicher Arbeiten von deutschen Hochschulen« erschienen:
LEduard Bernoulli, Die Choralnotenschrift bei Hymnen und Sequenzen.
Preis A 9.—.
EL. H e r m ann A b ert , Die Lehre vom Ethos in der griechischen Musik. Preis Jf 4. — .
HI. Heinrich Rietsch, Die Tonkunst in der zweiten Halfte des neunzehnten
Jahrhunderts. Preis Jf 4. — .
IV. Richard Hohenemser, Welche Einflusse hatte die Wiederbelebung der 'alteren
Musik im 19. Jahrhundert auf die deutschen Komponisten? Preis Jf 4. — .
• - r-
ZEITSCHRIFT
DER
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 9. Fttnfter Jahrgang. 1904.
Erscheint monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kortenfrei,
fiir Nichtmitglieder 10 Jt. Anzeigen 26 Sp fur die 2geepaltene Petitzeile. Beilagen 15 Jt.
Amtlicher Teil.
Erster Kongrefi
der
Internationalen Musikgesellschaft.
Hierdurch werden die Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft
fur Freiteg, den 30. September und Sonnabend, den 1. Oktober 1904
zu einem internationalen KongreB in der Gutenberghalle zu Leipzig
[Deutsches Buchgewerbehaus, DolzstraBe Nr. 1) eingeladen.
Tagesordnung:
1. Bericht iiber die erfolgten Arbeiten zur Reorganisation der Inter-
nationalen Musikgesellschaft.
2. Bestatigung der vom Presidium im Februar 1904 angenommenen
neuen Satzungen, eventuell Griindung einer neuen Gesellschaft auf
Grund dieser Satzungen.
3. Vortrage und Debatten.
Donnerstag, den 29. September nachmittags 3 Uhr wird eine Sitzung
des Vorstandes stattfinden.
Etwaige Antrage sind rechtzeitig beim unterzeichneten Vorsitzenden
anzumelden.
Bis zum 28. September haben die Mitglieder des Presidiums, so wie
die Delegierten derjenigen Ortsgruppen, die mindestens 7 vollbereclitigte
Mitglieder zahlen, sich bei den Schatzmeistern der Gesellschaft zur Teil-
nahme anzumelden. Das gleiche gilt flir die Delegierten von je 7 auBer-
halb von Ort.sgruppen stehenden Mitgliedern der Internationalen Musik-
gesellschaft (§ 8 der Satzungen).
2Ld. I. M. V. Dieted by (
348 Ernst Rychnovsky, Anton Dvorak.
Tiber die Vortrage wird den Mitgliedern seinerzeit nahere Mitteilung
zugehen. Anmeldungen zu Vortragen sind an den mitunterzeichneten
Schriftfuhrer zu richten. Wunsche wegen Wohnung und wegen Aus-
kiinften, betr. die auBere Gestaltung des Musikkongresses, mogen den
mitunterzeichneten Schatzmeistern mitgeteilt werden.
Der unterzeichnete Vorstand hofft, diiB dieser nach fiinfjahrigem Be-
stand der Internationalen Musikgesellschaft erstmalig stattfindende inter-
nationale KongreB die ZweckmaBigkeit der neuen Organisation bewahren
und die Arbeiten der Gesellschaft in ruhige, naturgemaBe Bahnen lei-
ten werde.
Die neue Bachgesellschaft wird den Mitgliedern der Internationalen
Musikgesellschaft die Teilnahme an ihrem vom 1. bis zum 3. Oktober
stattfindenden Bachfeste in Leipzig vermitteln. Das Bachfest wird in drei
Konzerten Werke Joh. Seb. Bach's und seiner Zeitgenossen bieten und
zwar ein Kammermusikkonzert, ein Orchesterkonzert und ein Kirchen-
konzert. Es wird eingeleitet werden durch die von alters her ubliche
Sonnabends-Motette in der Thomaskirche zu Leipzig und einen am Sonntag
abend stattfindenden Gottesdienst, bei welchem die Liturgie genau wie
zu Bach's Zeiten ausgefiihrt wird. Vortrage iiber Bach'sche Musik mit
Diskussionen werden das Fest abschlieBen.
Vorlaufige Anmeldungen zur Teilnahme an dem internationalen Musik-
kongresse sind an die mitunterzeichneten Schatzmeister zu richten.
Berlin und Leipzig, Mai 1904.
Fur das Presidium der Internationalen Musikgesesellschaft:
Prof. Dr. Hermann Kretzschmar in Berlin, Yorsitzender.
Dr. Max Seiffert in Berlin, Schriftfuhrer.
Breitkopf & H&rtel in Leipzig, Schatzmeister.
Anton DvoMk.
f 1. Mai 1904.
Anton Dvorak, der grofUe Sinfoniker der Tschechen, ein groBer Kompo-
nist uberhaupt, ist nicht mehr. Mitten aus einem arbeitsreichen Leben, mitten
atls Planen und Entwiirfen hat ihn plotzlich der Tod gerissen. An seiner
Bahre trauert nicht nur das tschechische Volk, dem Dvorak infolge einer
besonderen Verkettung von LTmstanden der erfolgreichste Pionier tschechischer
Musik war ; an seiner Bahre trauern die Musikvolker Uberhaupt, die in Dvorak
unstreitig eines der groBten absolut musikalischen Genies verlieren, die es je
gegeben hat.
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Ernst Rychnov8ky, Anton Dvorak. 349
Reich an merkwtirdigen Wandlungen aller Art ist DvoraVs Lebensgang.
Am 8. September 1841 erblickte er in einem Dorfe bei Muhlhausen in Boh-
men als der Sohn eines ehrsamen Fleischhauers das Licht der Welt. Auch
der kleine Anton sollte einmal das vaterliche Gewerbe betreiben, und nur
darauf war die Bildung gerichtet, welche die Eltern dem Sohn angedeihen
liefien. Die ganz auBergewohnliche musikalische Begabung zeigte aich aber
bald. Volksschullehrer unterrichteten ihn im Violin- und Klavierspiel, auch
die Anfange des Orgelspiels und der Lehre vom GeneralbaB hat er ihnen zu
danken. Erst 1857, also erst als Jtingling von 16 Jahren, nachdem alle
Schwierigkeiten seiner Umsattlung uberwunden waren, kam er nach Prag in
die Orgelschule, um hier eine grundliche musikalische Ausbildung zu empfangen.
Aber die Sorge urns tagliche Brot brachte es mit sich, dafl der junge Musiker
far seine geistige Ausbildung keine Zeit finden konnte. Stunden geben, im
Theaterorchester die Bratsche, in der Kirche die Orgel spielen, alles das
niuBte er tun, um sein Leben zu fristen ; und doch ging es ihm recht knapp,
denn wie schlecht solche Posten besoldet werden, weiB jeder. Diese Ver-
nachlassigung der literarischen Ausbildung ist das tragische Moment in Dvorak's
spaterer KUnstlerlaufbahn. IJberall dort, wo die Musik mit den Schwester-
kiinsten in Verbindung tritt, versagte Dvorak's asthetisches Empfinden. Das
sehen wir auf dem Gebiet der sinfonischen Dichtungen Dvorak's ebenso-
gut wie auf dem Gebiete der Oper, will sagen des Musikdramas. Und die
Unzulanglichkeit der geistigen Ausbildung verschuldet auch die geringe Wider-
standskraft gegen kiinstlerische Stromungen, macht aus dem Anhanger Sme-
tana's einen Konservativen der Wiener Richtung, aus dem Konservativen
einen Programmmusiker und aus dem Komponisten, etwa des Dimitrij, einen
Musikdramatiker.
Die ersten Erfolge erzielte Dvorak in Prag mit seinem »Hymnus«, der
1873 unter der Leitung Karl Bend el's aufgefuhrt wurde. Mit einem Schlage
war Dvorak eine Prager LokalgroBe, und die Auffuhrung seiner Es-dur
Sinfonie, die Drucklegung des a-moll Quartetts waren die nachste, unmittel-
bare Folge. Als der getreue Anhanger Friedrich Smetana's komponierte
Dvorak im nationalen Sinne; verschiedene Chore, die > Mdhrisclien Zwiegesange*,
die »SlaviseJien Tanze* gehoren hierher. In dieser Zeit entstehen aber auch
das beruhmte Stabat mater und die ersten Opernversuche. Die uber einen
deutschen Text komponierte Oper * Alfred* ist nirgends aufgefuhrt worden.
Mehr Erfolg hatte die — spiiter umgearbeitete — Oper *Konig und, Kiihler*
und die Oper * Wanda.* Aber erst die komischen Bauernopern »Harte Kopfe*
und *Der Bauer ein ScJielm* schlugen durch und haben sich bis zum heutigen
Tag im Spielplan des tschechischen Theaters erhalten.
Um sich der hemmenden Fesseln seiner niederdriickenden Tagesbeschaf-
tigung zu entledigen, hatte er den glucklichen Einfall, sich beim Ministerium
fur Kultus und Unten-icht um die Verleihung eines Kunstlerstipendiums zu
bewerben, das aber bisher in der Regel nur an Maler und Bildhauer verliehen
worden war. Entschlossen reichte er einige Kompositionen ein, die Herbeck
giinstig begutachtete, so daB Dvorak das begehrte Stipendium erhielt. Wohl
konnte er sich jetzt ausschlielilich der Komposition widmen, aber erst als 1877
Johannes Brahms sich seiner annahm, ihm seinen eigenen Verleger — Sim-
rock in Berlin — verschaffte, der sofort die Slavischen Tanze und die Mah-
rischen Zwiegesange in Yerlag nahm, begann Dvorak in die groCe Offent-
lichkeit zu dringen. Ehlert in Berlin war der erste, der auf Dvorak's
Kompositionen des Simrock'schen Yerlags mit den Worten hinw^by(
26*
350 Ernst Rychnovsky, Anton Dvorak.
»Hier ist endlich einmal wieder ein ganzes, und zwar ein ganz naturliches Talent.
Ich halte die ,Slavischen Tanze' fur ein Werk, das die Runde durch die Welt machen
wird. Eine himmlische Natttrlichkeit flutet durch diese Musik, daher sie ganz popular
ist. Keine Spur von Gemachtem oder Ergrlibeltem in ihr. Wir haben es bier mit
vollendet kunstlerischen Arbeiten zu tun, nicht mit einem Pasticcio, das aus nationalen
Ankl'angen zufallig zusammengetragen ist. Wie immer bei groCer angelegten Talenteu,
hat der Humor in Dvorak's Musik seinen Lowenanteil. Er schreibt so lustige, origi-
nelle Basse, daB einem ordentlichen Musiker das Herz im Leibe lacht. Die Duette zu
sehr htibschen mahrischen Volksliedern sind ebenfalls von erquicklicher Frische.*
Taubert flihrte in einer der Sinfonie-Soireen der Koniglichen Kapelle
die dritte Rhapsodie auf, Joachim das Streichsextett. So waren es also
deutsche Meister, die die Propaganda fur den bohmischen Meister eroffneten
und ihm den dornenvollen Pfad in die Welt gebahnt haben. Mit untrug-
lichem Scharfblick erkannte Brahms die eminente Begabung Dvorak's fur die
» absolute* Musik, besonders die Sinfonie und die Kammermusik, und er-
munterte ihn auf dem mit soviel Aussicht auf Erfolg betretenen Wege fort-
zuschreiten. So kam Dvorak, der bisherige Smetanist, als wertvoller Bundes-
genosse ins Lager der Wiener Konservativen, von denen Brahms und Hans-
lick, dieser als der Fechter mit der Feder, nun auf Dvorak's Schaffen den
groflten EinfluB ausiibten. Tatsachlich stammen aus dieser zweiten Periode
seiner kunstlerischen Entwicklung seine bedeutendsten und unverganglichsten
Schopfungen. Die altbekannten, historischen Formen fullte Dvorak mit natio-
nalem Inhalt, mit nationalem Geist aus. DaB er sich der alten Formen be-
diente und nicht neue suchte, war fur ihn ein nicht zu unterschatzender
Vorteil, denn diese kannte das musikalische Publikum bereits und brauchte
darum die Aufmerksamkeit nur auf den reizvollen, neuen und eigenartigen
Inhalt zu lenken. Das war das Geheimnis des Dvofak'schen Erfolges. Dazu
kam aber noch, daB seine musikalischen Gedanken durchaus orchestral waren
und sich in einem nach eigener Fac,on zugeschnittenem Gewande prase ntierten.
Waren sie auch nicht danach angetan, psychologischen Problenien bis auf
den Grund nachzugehen, so fesselten sie doch immer durch Individuality
durch Volkstumlichkeit und Naivitat, durch oft sogar brutales Temperament,
Dvohik drtickt sich immer eigenartig aus, manchmal etwas gesucht und bizarr,
manchmal, wenn er vollstandig im Banne der konservativen Richtung stent,
matter und ist dann in der Wahl der Mitt el zuriickhaltender als gerade not-
wendig ist. Aber wo sein rassiges Blut ihm wild durch die Adern rollt, wo
sein ungeziigeltes Temperament mit ihm durchzugehen droht, da findet er auf
seiner Palette Farben, die zwar nicht immer mit besonderem Geschmack auf-
getragen sind, in ihrer Gesamtwirkung aber leuchten, ja blenden. Der groflten
Wertschatzung erfreut sich meiner Ansicht die dritte Sinfonie [d-moll], ein
Werk voll reizender melodischer Einfalle und rhythmischer Pikanterien. Eine
einzige Abweichung von der iiberkommenen Form erlaubt sich Dvorak in ihr : er
vermeidet die Wiederholung des ersten Teils im Sonatensatz. Wie die Sin-
fonien halten sich auch die Ouverturen Dvorak's formell an das, was wir die
Schablone nennen.
Die groCten und nachhaltigsten Erfolge, die Dvorak bis zum Ende der
achtziger Jahre errang, spielen sich aber nicht auf dem Kontinent, sondern
in England ab. Dort dirigierte er 1884 in London sein Stabat mater nnter
^eradezu seltener Begeisterung und Anteilnahme der englischen musikalischen
Kreise. Auch fand er dort in Xovello einen neuen Verleger. Fur England
komponierte er einige seiner geistlichen Werke wie die »Heiligc Ludmilla*.
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Ernst Rychnovsky, Anton Dvorak. 351
Neben England fand Amerika an Dvorak's Tonwerken das lebhafteste Gefallen,
und New- York beruft den Meister 1892 zum Direktor des Konservatoriums.
Schon das Jahr zuvor hatte ibn aus AnlaB seines funfzigsten Geburtstags
die Universitat Cambridge durch die Verleihung des Titels eines Doktors der
Musik geehrt und die Prager tschechische Universitat zum Ehrendoktor der
Philosophie ernannt.
Mit der IJbersiedlung in die neue Welt geht auch eine griindliche Ver-
anderung in der ganzen kiinstleriscben Haltung Dvorak's vor sich: die dritte
Periode beginnt. Der Ozean trennt ibn nicht bloB raumlich von seiner
Heimat, er entzieht ihn aucb dem EinfluB seiner ihn stark beeinflussenden
konservativen Gonner. Dvorak wendet sich einer neuen Richtung zu: Berlioz,
Liszt, Wagner, die er bisher ignorierte, werden jetzt seine Vorbilder.
Schon seine drei Ouvertiiren >/;* der Nature, *KarrvevaU und *OtJiello< grei-
fen in das Gebiet der programmatischen Musik iiber, aber erst mit den sin-
fonischen Dichtungen »Das goldene Spinnrad* , »Die Mittagshexe*, »Der
Wassermann* hat sich der IJbergang vollzogen. Bei alien Schonheiten der
Musik, bei aller Fiille der rein musikalischen Einfalle, bei aller echt Dvoi ak'-
schen Ausdrucksweise bemerken wir aber, daB Dvorak als sinfonischer Dichter
aicht tiber dem Stoffe, sondern unfrei in dessen Banne steht. Das war das
Unvollkommene, nicht Ausgeglichene in seiner kunstlerischen Persoulichkeit,
das war der Fluch der Einseitigkeit, dem er infolge seiner mangelhaften
Jugenderziehung erlag. Statt daB er seinen Stoff als etwas Einheitlrches
aufgefaBt hatte, als das, was die Grundstimmung erregt, die bis zur Losung
der Spannung ausgebaut werden miiBte, folgte er sklavisch den einzelnen Vers-
zeilen und komponierte statt eines Gedichtes Strophen. Darum sind seine
sinfonischen Dichtungen musikalische Kaleidoskope, die dem staunenden Auge
in raschem Fluge Wunder der Fantasie zeigen, die aber kein durchaus ein-
heitliches Kunstwerk darstellen. Gegeniiber den Sinfonien bedeuten sie einen
Fortschritt nur in der Technik; Dvorak hat in ihnen Klangwirkungen er-
sonnen, die wirklich frappieren.
Fnd wie Dvorak's Krafte in den sinfonischen Dichtungen sich nicht recht
frei entfalten konnten, ebensowenig konnten sie dort ausreichen, wo die
Grundbedingungen zum Teil noch bedeutend schwerer erfullt werden konnten,
auf musikdramatischem Feld, das Dvorak zur selben Zeit zu bebauen begann,
als er sich von der absoluten Musik abkehrte und sinfonischer Dichter wurde.
Dvohlk fehlt der dramatische Blick, der Blick fur die Szene. *Der Tenfel
vnd die Kathe*} *Russalka* und sein letztes Biihnenwerk »Armida< sind Zeugen
hierfur. Die Nichtiibereinstimmung zwischen dem Ausdruck der Musik und
der Stimmung auf der Biihne zogen diesen Werken den festen Boden unter
den FiiBen fort, und das zu einer Zeit, als die von Wagner fur das Musik-
drama aufgestellten Prinzipien auch den tschechischen Komponisten in Fleisch
uud Blut iibergegangen waren. Aber mogen auch die Opern Dvorak's auf
das tschechische Theater beschrankt bleiben, wo sie vielleicht jetzt unter dem
unmittelbaren Eindrucke des erlittenen Verlustes eine Zeitlang haufiger auf
dem Spielplan erscheinen werden als bisher. — Gemeingut der musikalischen
Welt sind seine Sinfonien und Kammermusikwerke, und das werden sie ge-
wifi auch dann noch sein, wenn seine Opern schon der Archivstaub decken wird.
Prag. Ernst Rychnovsky.
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352 Elsa Bienenfeld, Uber die kirchenmusikalischen Verhaltnisse in Wien.
tJber die kirchenmusikalischen Verhaltnisse in Wien.
Literatur (mit spezieller Riicksicht auf die Wiener Verhaltnisse):
Mantuani, Prof. Josef Bohm. [Twardowski] Unsere Kirchenmusik von heute. [Hans-
leitner] Die Kunstmusik in der Domkirche St. Stephan. Schneerich, Die Frage der
Reform der kathol. Kirchenmusik.
Papst Pius X. hat im Januar dieses Jahres ein Motu proprio er-
lassen, durch welches die Kirchenmusik im Sinne der ursprunglichen
liturgischen Gesetze restauriert werden soil. Dieses Motu proprio will
in erster Stelle den gregorianischen Choral in den kirchenmusikalischen
Gottesdienst wieder einfuhren und ihm jene Bedeutung und Wichtigkeit wieder
verleihen, die er im Laufe der letzten Jahrhunderte fast vollig verloren hat.
Das bezieht sich hauptsachlich auf die in der letzten Zeit von vielen Kirchen
vernachlassigte , und von den Cacilianern mit allem Nachdruck verlangte
Restitution der Wechselgesange.
Bekanntlich zerfallen die kirchlichen Gesange in feststehende Ge-
sange und in Wechselgesange. Die feststehenden Gesange sind die
vier Glieder der Messe: Kyrie, Sanctus, Benedictus und Agnus, die mit dem
nur fur bestimmte Sonn- und Feiertage vorgeschriebenen Gloria und Credo
zusammen das Ordinarium bilden. Ihr Text bleibt immer derselbe. In
ihrer musikalischen Ausgestaltung sind sie nicht an den gregorianischen Can-
tus firmus gebunden; die frei erfundene Melodie ist erlaubt, aber nicht ge-
boten. Anders steht es mit den Wechselgesangen. Jeder Tag im Jahre
feiert das Fest eines bestimmten Heiligen, fiir den als Gedenkfeier bestimmte,
dem Tag eigentiimliche, daher stets wechselnde Gesange vorgeschrieben sind.
Dies sind Introitus, Graduate, Offertoritwi, Comm-unio. Sie bilden zusammen
mit dem Ordinarium das Offizium. Texte und Melodien dieser Wechsel-
gesange sind im Graduale durch bestimmte gregorianische Melodien vor-
geschrieben. Sie durfen nur nach diesen und sollen choraliter gesungen wer-
den, das heiGt einstimmig vom Chor, nicht taktisch gegliedert und ohne
Instrumentalbegleitung. Die Reihenfolge und Ordnung des Offizium wurde
1597 vom Kardinal von Medici in der sogenannten Mediciier Ausgabe ge-
regelt.
Zwei Stromungen kampfeu nun miteinander. Die einen, voran der 1867
von Witt in Regensburg gegrilndete Cacilienverein, halten an dieser gegebe-
nen Ordnung und der Feier jedes einzelnen Tages durch die entsprechenden
Wechselgesange fest, und zwar dadurch, dafi die im Graduale bestimmten
Gesange tatsachlich choraliter gesungen werden. Die vorgeschriebenen Melo-
dien sind gregorian isch, daher in den Kirchentonarten. Die letzte Konse-
quenz davon ist, daB die frei komponierten Messenteile in gleichem Stile
gehalten sein miissen, um die Einheitlichkeit aufrecht zu halten. Daher werden
von ihnen diatonische Messen moglichst ohne lnstrumentalmusik bevorzugt.
In den Vordergrund treten die Messen der Klassiker des Vokalsatzes im
16. Jahrhundert, Palestrina, Orl. Lassus, Gabrieli, Gallus, an zweiter
Stelle die modernen Messen der Cacilianer Witt, Rheinberger, Filke.
Rinck, Halber u. a. m.
Das ist der Standpunkt der strengen und bewuCten Liturgiker; dab in
strebt die neuerliche Reform der Kirchenmusik. Indessen vertritt der Papst
im Motu proprio die Ansicht, »daB die Kirche den Fortschritt der Kiinste
Elsa Bienenfeld, Tiber die kirchenmusikalischen Verh'altnisse in Wien. 353
iinmer anerkannt und gefordert hat«, freilich nur in den Grenzen der litur-
giscben Gesetze. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die moderne Musik zu-
lassig, und es ist daher gestattet, daB auch das nationale Element in der
Kirchenmusik seinen Ausdruck findet; damit ist auch die Verwendung von
Instrument en — in beschranktem MaBe — erlaubt. Bedingung ist aber, daB
diese Musik nichts Weltliches enthalte und sich die musikalische Komposition
der liturgischen Form des Textes unterordne.
In der weitaus grofiten Mehrzahl der Kirchen sind aber die Wechsel-
gesange aus dem Chor heute vollstandig verschwunden. Der Priester singt
sie halblaut am Altar und scheint dadurch den Chor vom Absingen des
Chorals zu entheben. Das ist eine Sitte, deren groCe Ausbreitung im Zu-
sammenhang steht mit einer durch die historische Entwicklung bedingten Be-
einflussung der Kirchenmusik. Als mit dem Zeitalter der Renaissance die Oper
entstanden war, drangen die Elemente des neuen Stils in die Kirche, und
zwar auch aufierlich. Denn dieselben italienischen Sanger, die an deutschen
und osterreichischen Furstenhofen am Haus- und Hoftheater angestellt waren,
wurden zur Mitwirkung fur den Kirchendienst verpflichtet. Dadurch kam
der konzertante Stil in die Kirche und es wurde auf jene Teile des Offi-
zium, die unabhangig vom gregorianischen Choral frei komponiert werden
durffcen, das Hauptgewicht gelegt. Die Wechselgesange wurden von den
Sangern ganz iibersehen, man war sich ihrer Bedeutung nicht mehr bewuBt,
und sie blieben nur als ttberrest einer alten liturgischen Vorschrift im Gebet
des Priesters iibrig.
Dadurch wurde aber andererseits die moderne Tonalitat in ihrer freiesten
Harmonisierung moglich. Es war dies die Zeit, wo auch die osterreichischen
Klassiker einsetzten, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert. In der
Messe treten in jeder Beziehung freiere Formen auf, und zwar wird soweit
gegangen, dafi selbst der Text verandert, erweitert, wiederholt, verkurzt wird.
I)ie Cacilianer werfen den Messen der Klassiker, und namentlich denen Mozart's
— abgesehen von dieser Vernachlassigung der liturgischen Vorschrift — vor, daB
bei ihnen das weltliche Element, schon in der Themenbildung, in der Har-
nionisierung, im formalen Aufbau und namentlich in der Instrumentation zu
stark hervortrete. Das mag vom Standpunkte der Liturgik wohl richtig sein;
aber der Musiker kann dem nur entgegensetzen, dafi, schon abgesehen von
der musikalischen Schonheit und Gedankentiefe der Messen unserer Klassiker,
jede Zeit ihre besonderen Ausdrucksformen und Mittel hat, die nicht allein
den schaffenden Kiinstler bestimmen, sondern auch die Perzeptionsfahigkeit
des Horers beeinflussen. Derselbe Empfindungsinhalt wird in verschiedenen
Zeiten in einer anderen Form erscheinen konnen und miissen.
Als Epigonen unserer Klassiker trat nun eine grofie Zahl von oster-
reichischen Kirchenkomponisten auf, die zwar die von den Klassikern geschaf-
fene freiere Form beibehielten, ihr aber in vielen Fallen nicht deren Inner-
lichkeit und Bedeutung zu geben vermochten. Dazu zahl en Preindl,
Gransbacher, Fiihrer, Assmayer, Schiedermayer, Kemptner, Rotter,
und als bedeutendster unter ihnen Eybler. Weil sie sich von den liturgischen
Vorschriften oft stark emanzipiert haben, werden ihre Messen von den Ca-
ts ilianern scharf angegriffen.
In den Kirchen Wiens sind diese beiden antagonistischen Richtungen in
alien moglichen Ubergangsformen vertreten. Da die Chorregenten einer
Kontrolle nicht unterstehen, ist ein einheitliches System nicht durchzuflihren.
354 Elsa Bienenfeld, Uber die kirchenmusikalischen Verh'altnisse in Wien.
Allerdings hat im Jahre 1894 die Wiener Diozese die Instruktion erteilt,
daB Inspektoren eingesetzt werden sollen, urn die genaue Befolgung der
liturgischen Gebote zu Uberwachen. Diese MaBregel wurde indessen nie
wirklich ausgefuhrt. In den kirchenmusikalischen Verhaltnissen Wiens herr-
schen daher groBe Widersprttche ; das kommt auch mit daher, daB ein groBer
Teil der Chorregenten uber die richtige Anwendung des groBen und kompli-
zierten Apparates der musikalischen Liturgik sich nicht voUstandig klar ist.
Am besten erhellt dies daraus, daB unter den 153 Kirch en Wiens an kaum
zehn die liturgisch vorgeschriebenen Wechselgesange ausgefuhrt werden.
Die Vertreter der Cacilianer in Wien sind Weihbischof Dr. Marschall,
Dr. Mantuani, Domprediger Michele , Dr. Karl Schnabel, Dr. Karl
Hausleitner. Sie streben die moglichste Einschrankung der Instrumental-
musik an, empfehlen die groBen osterreichischen Meister von Haydn bis
Bruckner fur die Kirchenmusik nicht bedingungslos, und suchen den auf
gregorianischer Grundlage aufgebauten musikalischen Gottesdienst wieder zu
restaurieren. Ihnen stehen die allerdings nicht organisierten Konservativen
gegeniiber, die das Programm des Bischofs Ernst M tiller von Linz (1887'
befolgen. Beibehaltung der osterreichischen Meister und zwar nicht nur der
Klassiker, Fortbestand der Instrumentalmusik, dabei aber Beriicksichtigung
der strengen liturgischen Forderungen, insbesondere die Pflege des Chorals.
Ihre Vertreter sind Pr'alat Karl Seidl, Kanonikus Kurz, Dr. Schneerich
und Dr. Kiihnert.
In der Praxis gibt es aber wohl in Wien eine ganze Reihe von Kirchen, die
uberhaupt kein bestimmtes Programm befolgen und auch die liturgischen
Vorschriften nicht berucksichtigen.
An der Spitze der Wiener Kirchen steht die Hofburgkapelle, ein
altes weltberiihmtes Institut. Ihre Entwicklung und Geschichte ist aus
Koch el's Monographic genugsam bekannt. Sie ist die einzige Kirche in
Wien, in der noch nach einem von Maria Theresia erlassenen Edikt
Frauen vom Chor ausgeschlossen sind. An ihrer Stelle werden Sangerknaben
in dem Lowenburg'schen Konvikt ausgebildet. Bekannt ist, daB schon Schubert
hier Sangerknabe war. Fiir das Orchester der Hofkapelle werden Mitglieder
des philharmonischen Orchesters, zu Chorsangern und Solisten Mitglieder der
Hofoper auf Lebenszeit ernannt. Nach dem neuesten Sparsystem aber 8oll
die Hofkapelle auf den Aussterbeetat gesetzt werden und die Musiker nur
von Fall zu Fall von Mitgliedern der Hofoper ersetzt, uberhaupt das Ver-
m5gen eingezogen werden. Die Hofkapelle hat glanzende AufRihrungen ver-
anstaltet. Seinerzeit waren Herbeck, Josef Hellmesberger, Hans
Richter ihre Dirigenten gewesen. Heute stehen als Leiter dem Institut
die Kapellmeister Bohm und L'uze vor. Sie pflegen ausschlieBlich die
konservative Richtung und fiihren namentlich die osterreichischen Klassiker
auf. Beruhmt sind die jahrlich einmal stattfindenden Auffuhrungen de?
IMozart'schen Requiems und der Messe in C von Beethoven.
Im Gegensatz zur Hofkapelle ist die Domkirche zu St. Stephan
cacilianisch. Auch hier wird ein Knabenchor gehalten, der in einem Konvikt
beim Domkapellmeister untergebracht ist. Der Chor besteht aus 9 Knaben
und 8 Mannern; verstarkt wird er gewohnlich durch 12 Frauenstimmen.
18 Streicher werden standig gehalten, Bltiser nach Bedarf beigezogen. — An
der Stephanskirche bestand im 15. — 16. Jahrhundert die groBte Kantorei der
Stadt Wien. Der Sangerknaben chor von St. Stephan wurde noch am Ende
Elsa Bienenfeld, Uber die kirchenmusikalischen Verhaltnisse in Wien. 355
des 18. Jahrhunderts zu Auffuhrungen in der Hofkapelle und in den
verschiedensten Kirchen Wiens, bei den Jesuiten, Schotten, Dominikanern,
Paulanern, Augustinern u. a. m. ausgeborgt. Damals waren auch beide
Haydn, Joseph und Michael als Sangerknaben hier angestellt. Ausfuhrlich
berichtet fiber diese Zeit Pohl in der Biographie Haydn's.
Der heutige Leiter der Stephanskapelle ist Kapellmeister Weirich; er
bevorzugt neben den Messen des 16. Jahrhunderts die Kompositionen der
Regensburger Schule: Filke, Stehle, Brosig, Mitterer. Graduate und
Offertorium laflt er nach eigenen Kompositionen auffuhren.
AuBer bei St. Stephan werden Auffuhrungen nach ciicilianischen Grund-
satzen nur noch in den Kirchen zu St. Michael, in der Dominikaner-
kirche, der Votivkirche, in der Alt-Lerchenfelderkirche, derRedemp-
toristenkirche in Hernals, und der Breitenfelderkirchen veranstaltet.
Aber auch hier merkt man verschiedene Abstufungen. An der Michaeler-
kirche wahlt Dr. Cerin, der auf die treue AusfUhrung der liturgisch- musi-
kalischen Vorschriften groBtes Gewicht legt, nur Messen aus dem cacilianischen
Repertoire, verwendet aber dabei Instrumentalmusik ; dasselbe gilt von der
Kirchenmusik der Votivkirche, in der namentlich neuere auslandische Kompo-
nisten bevorzugt werden, wie Bud. Glickh u. a. Strong cacilianisch ohne
Instrumentalmusik sind die Auffuhrungen in der Alt-Lerchenfelder Pfarr-
kirche und in der Dominikanerkirche , in der Kapellmeister Habel eine
vorziigliche Vokalmusik leitet.
Der konservativen Bichtung schlieBen sich die Kirchen zu St. Peter, zu
den Schotten, AmHof, Piaristen zu St. Anna, St. Karl, St. Florian
und die Gersthofer Pfarrkirche an. In den Statuten des Kirchenmusik-
vereins der Peterskirche ist ausdrucklich darauf hingewiesen, daB das Programm
mit besonderer Beriicksichtigung der osterreichischen Meister gewahlt werden
soil. Zu diesem Zweck wurden fur die Kirchen zu St. Peter, am Hof und fur
die Piaristenkirche die Texte in den Messen der Klassiker erganzt und
richtig gestellt. Das Bepertoire der Peterskirche umfaBt Werke fast aller
osterreichischen Komponisten von Fux bis Bruckner. Auch die Kirche
am Hof hat klassisches Programm, an erster Stelle Mozart und Schubert.
Fur den Chor werden hier Stipendiaten gehalten, zum groflten Teil Studenten
der Wiener Universitat, die gegen ein Stipendium, das ihnen von der Statt-
halterei aus dem Fonds des zu Ende des vorigen Jahrhunderts aufgehobenen
Jesuitenklosters verliehen wird, die Verpflichtung ubernehmen im Chor mit-
zusingen. Der Prasentant fur diesen Stadtkonviktfond ist Kapellmeister
Bohm.
Unter den Vorstadtkirchen ist die St. Karls kirche, geleitet vom Kapell-
meister Boschetti, wegen ihres vorzuglichen Chores, des besten in Wien,
beruhmt. Neben ihr ist die Piaristenkirche zu nennen, in der Kapell-
meister Fiihrich mit einem guten Chor ganz ausgezeichnete Auffuhrungen,
speziell von Schubertmessen, veranstaltet. In der ebenfalls konservativ ge-
ftihrten Pfarrkirche in Gersthof hat Dr. Waas wahrend der Charwoche,
nach langer, mehr als lOjahriger TJnterbrechung, heuer wieder 2 Oratorien,
*die, 7 Worte CJiristi am Kreuz* von Schiitz und von Haydn zur Auffiihrung
gebracht. Nach einem ErlaB des Fiirsterzbischofs Griischa waren namlich
bis dahin diese dramatischen Darstellungen " in der Wiener Kirche verboten,
vornehmlich deshalb, um den Anschein von konzertanten Auffuhrungen zu
vermeiden.
Google
356 Elsa Bienenfeld, Uber die kirchenmusikalischen Verhaltnisse in Wien.
Zu den Kirchen, die konservativ gefUhrt werden, in den en aber sehr
wenig Wert auf die liturgischen Vorschriften gelegt wird, ja dieselben fast
ganz umgangen werden, gehoren auch unter vielen anderen die Benediktiner
Schottenkirche und die Augustiner Kirche. Die letztere namentlich
wird wegen ihres minder wertigen Programmes und der vielen Soli stark an-
gefeindet.
Die Chorvereinigungen fur die Auffuhrungen setzen sich zum groBeren
Teil aus Dilettanten zusammen. In einigen Kirchen sind die Musik-
auffuhrungen durch reiche Stiftungen gesichert, in der Mehrzahl der Falle
tragt aber ein Kirchenmusikverein die Kosten der Erhaltung von Chor,
Orchester und Orgel. In den Vorstadten Wiens hat fast jede Pfarre ihren
Kirchenmusikverein, dem die Pfarrgemeinde die Mittel fur die Bestreitung
der Kosten beisteuert. Obmann ist gewohnlich der Pfarrer, Stellvertreter
ein moglichst angesehener Burger der Pfarre. Der alteste Kirchenmusikverein
ist der von St. Karl; er wurde 1830 gegrundet. Die Wahl des Programms
ist fast immer ausschlieBlich dem Ermessen des Chorregenten iiberlassen, der
auch fur die Zusammenstellung des Chores Sorge zu tragen hat.
Ein eigener Sangerknabenchor wird nur an zwei Kirchen, der Hofburg-
kapelle und der Stephanskirche gehalten. Im Motu proprio spricht der Papst
den Wunsch aus, daB wenigstens in den Hauptkirchen wieder Sangerschulen
errichtet werden sollen. Jn der am 22. Marz d. J. von der Leo-Gesellschaft
abgehaltenen Versammlung, in der das Referat uber das Motu proprio des
Papstes erstattet wurde, kam man aber uberein, daB eine derartige Ein-
richtung in Wien undurchfuhrbar sei, weil die Schulknaben zu wenig Zeit
hatten, und die Erhaltung solcher Kantoreischulen mit zu groBen Kosten
verbunden wiire. Auch der Vorschlag des Papstes, die Frau vom Kirchen-
chor zu entfernen, ist eine MaBregel, die fur Wien weder notwendig noch
erwiinscht erscheint. Denn weder herrschen hier am Kirchenchor derartig
schlechte Verhaltnisse, die in Italien den Papst zu dieser Vorschrift ge-
zwungen haben mochten. noch ware es moglich, mit einem Knabenchor jenen
innigen und feierlichen Klangreiz hervorzubringen , den der Wiener auch in
der Kirche nicht missen kann.
Die in der erwahnten Versammlung der Leogesellschaft diskutierte Frage
zur Beform der Kirchenmusik in Wien konzentrierte sich in der Porderung,
daC die Chorregenten neben ihrer musikalischen auch eine umfassende
liturgische Vorbildung erhalten sollten, die sie erst in den Stand setzen
konnte, ihre Aufgabe in liturgisch-musikalischer Hinsicht sinngemaB zu
Ibsen. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, daB am Konservatoriitm der
(jesellscliaft dzr Musikfreundc und in niichster Zeit auch im MusUdtistorischtn
Lustitut da- Universitat ein Kursus uber katholische Liturgik gelesen wird.
Im groBen und ganzen sind dies die Bestrebungen und Strbmungen, die
in der Wiener Kirchenmusik zum Ausdruck kommen. Ob sie den Boden
sehaffen fur eine neue Blute der Kirchenmusik, bleibt abzuwarten; denn
schlieBlich hiingt die eigentliche Heform der Kiixhenmusik da von ab, ob
einer kommt, der aus dem Geist unserer Zeit heraus im Sinne der Kirche
Xeues und GroBes schafft.
Fur die inir ^iitigst eileilten Informationen spreche ich den Herren
Kapellmeistern Bohm und Dr. Cerin, Herrn Custos Dr. Schneerich und Dom-
kapellmeister Weirich meinen verbindlichsten Dank aus.
Wien. Elsa Bienenfeld.
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Hugo Leichtentritt, Neue Beitrage zur Chopin-Literatur. 357
Neue Beitrage zur Chopin-Literatur.
Vor einiger Zeit war in diesen Spalten liber neue Beitrage zur Chopin-
Literatur (Heft 5/6, S. 219) berichtet worden. Es handelte sich damals um
die von Karlowicz zum ersten Male herausgegebenen Briefe und Schrift-
stiicke aus Chopin's NachlaJi, die auf manche Episoden in Chopin's Leben
helleres Licht werfen und zur besseren Kenntnis der Personlichkeit nicht
wenig beitragen. Sie beziehen sich alle auf die zweite Halfte von Chopin's
Leben, die Zeit von seinem Eintreffen in Paris bis zu seinem Tode, etwa
1832 — 1849. Aber auch tiber die erste Lebenshalfte sind wir jetzt durch
eine bedeutsame Publikation ungleich besser unterrichtet als es bis dahin der
Fall gewesen war. In Warschau erschien vor kurzem (1904) der erste Band
einer ausfuhrlichen Chopin-Biographie von Ferdinand Hoesick (Verlag
Hoesick): Chopin, Zycie i tw6rczosc (Chopin's Leben und Werke), um-
fassend die Jugendzeit 1810 — 1831. Die Fiille des hier zusammengetragenen
Stoffes — das Buch enthalt Uber 900 Seiten, -- die zahlreichen neuen Mit-
teilungen, die vielen Berichtigungen von Irrtumern frtiherer Biographen machen
es wtinschenswert, daC uber den Tnhalt des Werkes auch weiteren Kreisen
Mitteilung gemacht werde, zumal da das Buch im polnischen Original wohl
nur wenigen zuganglich ist, und eine Ubersetzung nicht existiert. Dem
eigentlichen biographischen Bericht geht eine umfangreiche Einleitung voran,
in der sich der Yerfasser rait den friiheren Biographen kritisch auseinandersetzt,
aber auch, vorgreifend, schon aus Chopin's spaterenLebensjahren manche wichtige
Tatsachen berichtigt. Es gait bis jetzt allgemein Niecks' bekanntes Buch
als das vorzliglichste biographische "Werk, durch das die fruheren Biographien
uberholt worden waren. Nun droht Niecks ein gleiches Schicksal. Hoesick?
der in Warschau an der Quelle safl, gelang es, eine Menge unbekannter
Dokumente uber Chopin aufzufinden. Er stellte eingehende Nachforschungen
an uber die AVarschauer Musikverhitltnisse zu Anfang des 19. Jahrhunderts,
studierte das Milieu nach alien Richtungen hin aufs eingehendste, und unter-
richtete sich Uber alle Personlichkeiten , die mit Chopin in Beziehungen
standen. Die Resultate seiner Studien sind derartige, daB durch sie alle
fruheren Biographien vollstang uberholt sind, soweit die Darstellung bis jetzt
reicht. Es sei ira folgenden versucht, die wichtigsten neuen Tatsachen und
Berichtigungen hier anzufiihren. Freilich ist daran zu erinnern, daB nicht
alles hier mitgeteilte von Hoesick selbst zum erstenmal berichtet wurde. Es
gibt eine umfangreiche polnische Chopin-Literatur, bestehend aus kleineren,
verstreuten Aufsatzen, in denen einzelne Punkte der Biographie behandelt
sind und viele neue Details sich finden. Das Yerzeichnis der gesamteu
neueren Beitrage in polnischer Sprache — samtlich in Deutschland kaum be-
kannt — gibt Hoesick am Ende seines Vorwortes. Er hat nun die Resultate
aUer dieser Nachforschungen vereinigt und durch eigenes ueues Material
erganzt.
DaB Cliopin ein Jahr jiiiiger ist als Niecks annahm, daC er nicht am
1. Marz 1809, sondern erst am 22. Februar 1810 geboren wurde, kann jetzt
nach den mitgeteilten amtlichen Dokumenten als durchaus sicher gelten. Es
batten ttbrigens schon vor Jahren Kleczynski (»Chopins groBere Werke«,
Leipzig, Breitkopf & Hartel), dann auch Karlowicz in der genannten Brief-
sammlung die Tatsache mitgeteilt. TTnrichtig ist die friihere Annahme,
358 Hugo Leichtentritt, Neue Beitr'age zur Chopin-Literatur.
Chopin das dritte Kind seiner Eltern war; seine Schwester Isabella war
jiinger als er. Auch daB der Zogling von Chopin's Vater, Graf Friedrick
Skarbek, der Pate des kleinen Chopin war, ist nicht richtig. In dem Tauf-
dokument ist ein ganz anderer Name angegeben. TJber Chopin's Schuljahre
ini Lyceum sind wir jetzt genau unterrichtet. Die Lehrplane, Unterrichts-
gegenstande der einzelnen Klassen sind mitgeteilt, und aus ihnen ist zu er-
sehen, daB Chopin tiichtige Gymnasialstudien gemacht hat, daB er sowohl
alte wie neue Sprachen, Naturwissenschaften, Mathematik eifrig betrieben hat.
Chopin's Schuljahre setzte Karasowski und nach ihm Niecks auf die Jahre 1824
—1827, wahrend sie in Wahrheit in die Jahre 1823—1826 fielen. Es ist jetzt
festgestellt, daB Chopin von 1826—1829 Eisner's Schiller im Konservatorium
war und dort samtliche theoretischen Facher griindlichst absolvierte. Eisner
fiihrte ein Journal iiber alle seine Schuler, und in diesem ist Chopin's Name
mehnnals genannt. Niecks weiB Bestimmtes iiber den Unterricht bei Eisner
kaum anzugeben. Eine Episode, die alien friiheren Biographen entgangen war,
berichtet Hoesick, namlich das Verhaltnis des jungen Chopin zu der Koni-
tesse Alexandrine de Moriolles, der »Mariolka«, die manchmal in seinen
Briefen erwahnt ist. Das der Komtesse gewidmete Hondo op. 5 ist eine
Huldigung an die Geliebte. Die vielen Irrtiimer der fruhern Biographen sind
zum groBen Teil darauf zuruckzufuhren, daB die Quellen unzuverlassig warea.
Niecks schopfte aus Karasowski's Buch viel Stoff. Hoesick weist nun nach, daB
Karasowski nicht nur viele fehlerhafte Angaben machte, wie man ja schon lange
wuBte, sondern auch in seiner Mitteilung und Ubersetzung der Chopin schen
Briefe sich viele Freiheiten erlaubt, AnstoBiges auslaBt, der Chopin'schen
Ausdrucksweise durch sorgfaltiges Glatten oft ihr charakteristisches Geprage
nimmt, manches falsch liest, falsche Daten hinzusetzt und ahnliches, also oft
nur mit groBer Vorsicht zu benutzen ist, auch da, wo Niecks ihn als ganz
zuverlassig betrachtet hatte. Uber das Warschauer Musikleben in den
zwanziger Jahren bringt Hoesick iiberaus reiches Material, berichtet, was fur
Opera in jedem Jahre gegeben wurden, was fur Konzerte stattfanden, teilt
Programme von Auffiihrungen mit usw., so daB man ein ganz klares Bild
von der Umgebung Chopin's bekommt, wie von dem regen geistigen Leben, das
in jenen Jahren in Warschau pulsierte. Besonders hervorgehoben wird Chopin's
Zusammenhang mit der drangenden literarischen Bewegung, eine Tatsache, die
noch nirgends genugend betont worden war. Insbesondere ist das eigentumliche
Doppelgangerverhaltnis zu dem Dichter Slowacki von groBtem Interesse.
Die beiden waren fast gleichzeitig geboren, starben kurz nacheinander, sahen
sich wie Zwillingsbriider ahnlich, hatten ganz ahnliche Lebensschicksale, liebten
dieselbe Frau und haben auch in ihren Werken Beriihrungspunkte auf-
falliger Art. Es wird hier gezeigt, wie der Grund zu der Chopin'schen
Roman tik in dem Warschauer Literatenkreis gelegt wurde, dem Chopin
auBerlich und innerlich nahe stand, viel naher als den jungen Musikern
seiner Nation. Auch im spatern Leben hielt Chopin diese Beziehungen auf-
recht, verkehrte in Paris mit Mickiewicz, horte dessen Yortrage uber slavische
Literatur im College de France und wurde Mitglied des polnischen Klnbs.
Die 16 polnischen Lieder verdanken ihr Entstehen wohl hauptsachlich dem
Yerkehr mit den Literaten. Man kann sie jetzt mit ziemlicher Sicher-
heit annahernd datieren ; die meisten sind Gelegenheitskompositionen noch
aus der Warschauer Zeit, einige stammen aus Wien. Auch iiber die Ent-
stehungszeit einer Anzahl anderer Kompositionen werden neue, wichtige Mit-
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Hugo Leichtentritt, Xcue Beitrage zur Chopin-Literatur. 359
teilungen gemacht. So erscheint es jetzt als ziemlich sicher, was bisher nicht
bekannt war, daB eine Anzahl bedeutender Werke schon in Warschau ent-
standen oder wenigstens konzipiert worden ist. Man nahm bis jetzt an, daB
Chopin 1831, vor seiner Ankunft in Paris, die meisten Konzertstiicke mit
Orchester, das Trio, eine Anzahl Polonaisen, Walzer, Mazurkas fertig hatte.
Es sind aber diesen noch hinzuzufugen ein groBer Teil der Etiiden aus op. 30,
vielleicht auch schon aus op. 25, die Nocturnes op. 9, die beiden ersten des
op. 15, Mazurkas aus op. 6 und 17, die Grande Valse brillante op. 18, so-
gar die G-moll-Ballade und das H-moll-Scherzo. Von den meisten dieser
Kompositionen glaubte man bisher, daB sie in Paris entstanden waren. Es ist
meiner Ansicht nach freilich anzunehmen, daB Chopin an diesen Werken
seiner Gewohnheit gemaC nachtraglich noch feilte — er hatte lange Zeit dazu,
denn die meisten wurden erst einige Jahre spater in Paris gedruckt. Yon dem
Stuttgarter Aufenthalt war bisher nicht viel bekannt. Man wuBte nur, daB die
c- moll-Etude dort geschrieben wurde. Jetzt erfahrt man, das auBerdem das
inachtige d-moU-Pr£lude, op. 28 Nr. 24, und das a-moll-Prelude op. 28 Nr. 2
dort entstanden sind. Gerade diese Werke sind fur die Psychologic Chopin's
von groBter Bedeutung. Sie sind geschrieben unter dem niederschmetternden
Eindruck, den die Nachricht von der Einnahme Warschaus durch die Russen
auf ihn machte. Es gibt ein treffliches kleines Buch von Tarnowski iiber
Chopin, das in Deutschland kaum bekannt ist und auch niemals benutzt
worden ist. Darin sind Tagebuchblatter von Chopin mitgeteilt, die, gerade
in den Stuttgarter Tagen geschrieben, von der Gluhhitze der Erregung Kunde
geben, in der er sich dam als befand. Diese auBerst interessanten Blatter sind
auch bei Hoesick zitiert. Aus Chopin's spateren Jahren sind bedeutsaine neue
Mitteilungen gemacht iiber sein Verltfbnis mit Maria Wodzinska i. J. 1835,
eben jener Maria, die auch Slowacki liebte. Die Geschichte dieser merkwurdigen
Begebenheit ist im wesentlichen jetzt so ziemlich geklart, wenn zu dem,
was Hoesick mitteilt, noch das hinzugenommen wird, was wir aus der von
Karlowicz veroffentlichten neuen Briefsammlung wissen. Die f-moll-Ettide
(op. 25 Nr. 2), der f-moll-Walzer, die cis-moll-Nocturne op. 27 Nr. 1 sind
diejenigen Kompositionen, deren Entstehen auf die Zeit der Liebe zu Maria
Wodzinska zuriickzufuhren ist. Unbekannt durfte ferner, wenigstens in
Deutschland sein, daB Chopin gelegentlich polnische Volksmelodien verwen-
dete, auch da wo man sie nicht vermuten wurde; so finden sich z. B. im
Mittelsatz des h-moll-Scherzo Motive eines polnischen Weihnachtliedes ver-
arbeitet, ijhnliches triflft man auch in Etiiden an. Hoesick verweist mit mehr
Xachdruck als andre vor ihm auf den eminent nationalen Charakter von
Werken wie die F-moll-Phantasie, die Polonaise-Phantasie, die Balladen, die
B-moll-8onate, die Scherzi u. a. In einem sehr bemerkenswerten Abschnitte
weist er auf die vielen Parallelen zwischen diesen Werken und den Dich-
tungen der polnischen Roinantiker Mickiewicz, Siowacki u. a. hin. Bekannt
sind die verschiedenen Legenden, die iiber die letzten Lebenstage und den
Tod Chopin's im Umlauf waren. Xiecks hat versucht unter ihnen aufzu-
raumen. Aber auch hier konnte er nicht an den Kern gelangen, da seine
Gewahrsmanner, besonders Gavard unzuverlassig waren, wie sich jetzt heraus-
stellt. Hoesick erziihlt die Begebenheiten schlicht so, wie sie eine Chopin
nahestehende Augenzeugin niedergeschrieben hatte, namlich Chopin's Nichte,
die mit ihrer Mutter, Chopin's Schwester Luise in den letzten Monaten
immerwahrend um Chopin war.
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360 Charles Maclean, Three Recent English Productions.
Es ergibt sich schon aus dieser tiuchtigen Uberschau fiber Hoesick's Werk,
wie wertvoll seine Beitrage zur Kenntnis des Menschen und Ktinstlers Chopin
sind. Jeder, der sich mit der Chopin'schen Biograpbie beschaftigt, wird das
Buch unentbehrlich finden. Leider ist es schwer zu benutzen. Ganz abge-
sehen davon, dafl die Kenntnis der polnischen Sprache unter den Mufiik-
beflissenen auBerhalb der eigentlich polnischen Landstriche kaum verbreitet
ist, ist die ubermafiige Breite der Darstellung hinderlich. Sie zeugt gewifl
vom eindringensten Forschungseifer, dem auch das Kleinste nicht nnwichtig
erscheint. AUein es hatte da weniger wichtiges wohl eingeschrankt werden
konnen. Dazu gehort meines Erachtens z. B. ein Kapitel von ca. 100 Seiten
fiber Chopin's Bekannte und Jugendfreunde. GrewiB erfahren wir darin viele
wertvolle Einzelheiten, vieles aber in den biographischen Mitteilungen fiber
diese zum groBen Teil ganz unbekannten, langst verschoUenen Personlich-
keiten tragt kanm dazu bei, ein klareres Bild von Chopin zu entwerfeu.
Alles was dahinzielt, ist in einer quellenmaBigen eingehenden Biographie
natfirlich sehr erwfinscht. Man darf dem zweiten Teil des Werkes mit
groBen Erwartungen entgegensehen.
Berlin. Hugo Leiohtentritt.
Three Recent English Productions.
*"Oh that I had in the wilderness a lodging-place of wayfaring men ; that
1 might leave my people, and go from them!" So the son of Hilkiah, and
so one may feel when a vertigo of wrongheadedness (as it seems) seizes those
with whom one ordinarily dwells in the tents of amenity. Donald Francin
Tovey, having shown his mettle for some years with music of the chamber
class (see page 250 of this year s Journal), has yielded to the sacred hunger
of ambition and produced a pianoforte concerto. Ambition is often the
parent of virtues, and in this case there is a fine work. AVhat is more
important, it is a stone belonging to the foundations of English art, and
not to one of its upper and at present somewhat precarious top-stories. Yet
on the appearance of this work in St. James's Hall, with every advantage
of execution, and accompanied by wide-spread hearty applause, the press with
one or two notable exceptions began a veritable festival of imprecation, a
Dirae of Teos, a service of commination. In one quarter he was plainly
advised to stop writing music, which is truly reading a verdict in terms of
the hangman. Writers perforce influence one another. When the tree is
down many hatchets are forthcoming. Now it must be admitted that Tovey
has been imprudent. Grove's extraordinary literary ability, combining fancy
with a rare lucidity, created for this country the concert-commentary; but
the method has since been abused. Doctrinaire matter, stone-slinging at
harmless bystanders, hyper-subtleties, backward and forward writing, digres-
sions, &c, — such are the vices of the style. It then becomes matter in
the wrong place. It may be doubted whether the Platonic dialogues would
have been at all acceptable at Olympia. Tovey has offended the critics with
concert-commentaries which sinned in the above direction, and in length re-
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Charles Maclean, Three Recent English Productions. 361
quired not so much the pruning-knife as the billhook. But then this has
nothing to do with his music. His musical style has been said to follow
Brahms. Thirty years ago everything modernly emotional was called "Wag-
nerian". A harmonic device, say a dominant 7th with flat 5th, may very
occasionally recall Brahms ; but, to tell the truth, this young man's style seems
rather to have bathed in the fount of Beethoven's late works. If that is
the greatest music as yet written, he can scarcely be blamed for thus trying
to impregnate himself. Space forbids much technical discussion. Tovey's
contrastings are better than his themes, and his tonality-workings are better
than his contrastings; his grasp of tonality is his bed-rock. In rhythm he
has a very healthy contempt of 4-bar banalities; he opens his concerto (in
A-major) with 3 + 4 + 3 | 3 + 3 | 3 + 4 + 3, and at recapitulation the
first 10 become 9 ; his rondo theme is 13 + 5 + 4. His harmony is, as
already indicated, very unaffected ; he is fond of major and minor tonic thirds
alternating. The orchestration is extremely creditable. Altogether the slow
movement is beautiful, and worthy of many a more celebrated writer; the
minor opening theme, a quasi-binary, melts away at the end into wanderings
and ultimately arrives at the dominant minor, then the hearer is startled
with the "Walhalla" chord (an unusually bright scarlet for this writer), and
the renewal of theme is very brief; this construction is well carried out.
The Hondo has an excellent and original march-theme beginning on the
tonic flat 7th and ending with a short feminine cadence in the 13th bar,
and the working of the movement leaves nothing to be desired. The first
movement cannot be so much commended. The community between the
opening Tutti and the first Solo is too scanty. The 2nd subject is not
striking, and is introduced almost painfully early in the first Tutti. The
themes in this movement are pure and good, but they are too many and
not distinguished. Tovey follows his conscience (those thousand witnesses);
he represents within his limits a palingensis of the classical ; in a shifty world
he goes back to first principles; he chooses divine ashes before earthly meal;
he does excellent service when he lays a stone on foundation courses where,
as above said, such are needed. But the more genial critics have warned
him in effect, for his own sake to be less haggardly intellectual, to yield
more to emotion. And in this he would only follow the best of the present
[English masters. Without being ungracious one may repeat the advice.
Ulysses was tied to the mast against temptation, not of the senses, but of
intellectual ecstasy. That was what the Siren bird-souls offered him. "For
we know all things whatsoever in Troy's wide land had birth. And we know
all things that shall be upon the fruitful earth". "Uns ist alles bekannt,
was ihr Argeier und Troer Durch der Gotter Verhangnis in Trojas Fluten
geduldet: Alles, was irgend geschieht auf der lebenschenkenden Erde!"
Turning from Tovey's music to that of Frederick Bridge is leaving a
strong but sometimes drumly stream for a sparkling mountain torrent.
Englishmen are by nature, and when not too much poisoned by town life,
robustly cheerful. The maypole has flourished here alongside of the cloister.
Robin Hood to some means even more than Shakespeare. A charming writer
has just said that uHerrick,s roses and lilies grew in his Devonshire garden
and not in the inkstand". Bridge's music represents this phase of the Eng-
lish character. His "Callirrhoe" (produced at Birmingham Festival 1888,
Hbretto W. Barclay Squire), has now appeared for the first time in London
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362 Charles Maclean, Three Recent English Productions.
at the Albert Hall, being received by the audience with great acclamation.
The press have treated it friendly and cordially. Two quarrels only have
been shot from the cross-bow. From one quarter, that the style is Mendels-
sohnian. This adjective is always even less penetrative and more absurd
than " Wagnerian". Here it is inapplicable. Granted that there have been
bushels of works (mostly oratorios) slavishly following our 2 great visitors,
Handel and Mendelssohn; there has also always been a thin vein of English
individuality running on from Purcell to Sullivan. To this a work like
"Callirrhoe" justly belongs, and it has nothing whatever to do with Mendels-
sohn. The second shaft is that the style is 20 years old. Those who are
for ever seeking a new thing stunt themselves against catholicity. The
question is not how old music is, but what it is worth. Bridge's music is
his own, and is of a class which delights large multitudes. Every bar of
"Callirrhoe" is effective, whether for solo or chorus. The facility of his
orchestra-handling will have surprised many. The "Processional March**,
no. 11, is pure refreshing stuff, a pomp which might well have been heard
in the sacred isle of Delos.
The third work under notice is "The Apostles" of Edward Elgar, lately
brought to London. Let it be said at once that this is Elgar at his highest,
and that having advanced, in sacred mystic music at least, from merit to
merit, he has ended with his best. Nor is it now necessary to make the
least disquisition on the fact that he is one whom nature has made at one
bound a splendid musician. The sole question here is as to his general
style, and its value. It is the more necessary to sift that because, to quote
the Psalmist this time, "He that blesseth his friend with a loud voice rising
early in the morning, it shall be counted a curse to him". Which might be
varied by the German, "Liebe deinen Nachbar, reiB aber den Zaun nicht
em". There has been some very loud and aggressive matutinal shouting by
friends and admirers just lately in London, and if buckets in a well stand
for party-spirit a great deal too many have been pulling at one bucket. The
brilliant "Referee" of 20th March 1904 said of the 3-night "Elgar Festival"
at Covent Garden, "three Festival programmes of equal versatility, melodic
invention, and nobility of design could easily be selected from the works oi
Sir Alexander Mackenzie or Sir Hubert Parry". Nor was it exhausting the
list. Elgar's curse is the Seian horse of easy fertility, whence perfectly
undiscriminative inequality. If a composer begins with commonplace, and
is led to summits by a rpibg avayibyiov, one may draw a veil, for some
other composers have done the same. But when the commonplace and the
elevated are concurrent, it is one's duty to condemn, and supply the conscience
in which the composer is deficient. Elgar shrouded in the mantle of religious
phantasy has much power. His secular music is still, to say no worse of it,
poor stuff, "For all the world like cutler's poetry Upon a knife, love me and
leave me not". However as to this work itself, "The Apostles". The scheme
of the oratorio was given at page 84 of this year's Journal. To those who
believe in the doctrine, •* follow the words", no example finer. To those who
ask for backbone, little or none, though perhaps more than in "Gerontius"1.
It is useless to quote Wagner, even Wagner in the concert-room ; to be blunt,
Elgar has not Wagner's beauty. The fact is that judgment has here drunk
the merus Thyonianus. Nietzsche in his "Geburt der Tragodie" has said,
•*Das lndividuum mit alien seinen Grenzen und MaCen ging hier in der
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Alfred HeuB, Der Biedel-Verein zu Leipzig. 363
Selbstvergessenheit der dionysischen Zustande unter, und vergaB die apol-
linischen Satzungen". Now our stronger and wiser men are still with Apollo,
but Elgar has turned to Dionysus. The Greeks loved wine, but then they
loved it only in small cups, and with water, the rain of Zeus. They scorned
the untempered goblets of the Thracians, and reflected that "wine has no
rudder". Even among the Bacchae there was one who sung: —
"But a better land is there
Where Olympus cleaves the air,
The high still dell, where the Muses dwell,
Fairest of all things fair.
Oh there is Grace, and there is the Heart's Desire,
And peace to adore thee, thou Spirit of guiding Fire."
Elgars style is an English product, and in that entitled to commendation.
The present writer believes that it is an ill-balanced and unhealthy product.
London. Charles Maclean.
Der Kiedel-Verein zu Leipzig.
1854-1904.
Die in voriger Nummer (S. 330) angezeigte Denkschrift zur Feier des
funfzigjahrigen Bestehens des Biedel-Vereins, herausgegeben von Dr. Albert
Gohler, gibt die Veranlassung, auch an dieser Stelle dieses Vereins zu ge-
Jenken und zwar deshalb, weil er in der zweiten Halfte des verflossenen
fahrhunderts eine ganz bedeutende musikgeschichtliche Mission erftillte, die
treit fiber die Grenzen Leipzigs hinausreicht und im gewissen Sinne inter-
lational genannt werden muB. An dem eminenten Aufschwunge, den die
Pflege alter Meister in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts nahm, hat
ler Biedel-Verein den innigsten Anteil, indem er, von dem weitblickenden
£iedel gegriindet, sich als Aufgabe die Pflege der geistlichen Chormusik des
.6. und 17. Jahrhunderts his zur Gegenwart stellte, ein Unternehmen, das
im diese Zeit in ganz Deutschland einzig dastand. Der Herausgeber der
denkschrift konnte auch nichts Besseres tun, als samtliche Programme des
tiedel-Vereins abzudrucken, deren Studium sozusagen einen praktischen musik-
ri ssenschaftlichen Kursus ausmacht. Diese Programme reden Bucher? denn
ie Menge alter Meister und ihrer Werke ist ganz auBerordentlich. Es gentigt,
renn als Beispiel angegeben wird, daB Heinrich Schiitz seine kunstlerische
Yiederbelebung dem Biedel-Verein verdankt, daB Bach's Hohe Messe hier
ire erste Auffuhrung seit der Yeroffentlichung durch die Bach-Gesellschaft
rlebte. Ebenso begeistert trat der Verein auch fur moderne Meister ein,
nd dieses Prinzip, die Kunst aller Zeiten zu pflegen, gab dem Yerein seine
.nsnahmsstellung unter den deutschen Chorvereinen. Man wird in 50 Jahren,
pud wir iiber den Zeitraum von 1850 — 1900 noch klarer sehen, das Yer- 1
Z.d.I.M.V. Di^edby^OOgle
364 Alfred HeuG, Der Riedel-Verein zu Leipzig.
dienst Biedel's noch hoher einschatzen, nicht der Person, sondern des Prinzip
wegen, namlich, daft echtes musikgeschichtliches Erfassen der Musik der beste
Weg ist, auch die Gegenwart richtig einzuschatzen. AVahrend die Wagnerianer
in der Vergotterung ihres Meisters beinahe alles um sich vergessen, wahrend
die eine Partei Liszt, die andere Brahms, wieder eine andere Bruckner usw.
ausspielte und sie sich Schlachten lieferten, sah der Biedel-Yerein diesen
Parteikampfen ruhig zu, indem er all diese Meister zu Ehren brachte, Liszt
so gut wie Brahms, Berlioz und Bruckner. Man kann aber nicht scharf
genug betonen, woher sich ein derartig weiter und freier Gesichtskreis schreibt.
namlich aus dem vergleichenden Studium der Meisterwerke frtiherer Zeiten
und Volker, das ermoglichte, auch in die Gegenwart mit ganz andern Augen
zu blicken, frei von dem Parteigetriebe einer kurzsichtigen Menge. Und
vielleicht mehr als je darf auch die Musikwissenschaft die Konsequenzen aus
dem Prinzip des Biedel-Vereins ziehen, daft sie eben auch nur dann von
aktiver, praktischer Bedeutung fur das Musikleben ist, wenn sie eine niog-
lichst enge Verbindung mit der Gegenwart aufrecht erhalt und gerade da
eingreift, wo die Tagesschriftstellerei versagt.
Es soil hier die Geschichte des Biedel-Vereins nicht erzahlt werden, da
man diese in der ruhig geschriebenen, von aller Schonrederei fernen Denk-
schrift nachlesen kann, es sollte einzig an das Prinzip erinnert werden, das?
halt man im Konzertleben allenthalben ITmschau, noch sehr wenig in die
Praxis umgesetzt worden ist. Leipzig hatte das Glttck, von dem ausgezeich-
neten Nachfolger Biedel's, Hermann Kretzschmar, der, nebenbei gesagt.
in der Chorliteratur ganz neue Gebiete erschloB, wie besonders Meister der
neapolitanischen Schule, das Prinzip Biedel's auch auf das Gebiet der In-
strumental musik iibertragen zu sehen. In den von ihm gegriindeten Akn-
demischm Orchester-Konzerten (1890 — 95), deren Programme uberaus dankens-
wert der Denkschrift ebenfalls beigegeben sind, wurde zum erstenmal die
Entwicklung der Instrumentalmusik von Gabrieli bis auf die modernste Zeit
vorgefuhrt. Es ist hier nicht der Ort, iiber die Verdienste Kretzschmar's in
dieser oder jener Art zu reden, es muBte aber an dies ganz eigen- und
einzigartige Unternehmen erinnert werden, da es teils zu wenig bekannt ist
teils ganz anders ausgebeutet werden sollte und konnte. Was konnten unsrt
Konzerte bieten, welcher Segen wiirde der Musik ferwachsen, wenn diese?
System, das, kurz gesagt, in der Musik einen machtigen Kulturfaktor erblickt.
allgemeiner befolgt wiirde! In diesem Sinne hatte der jetzige Leiter de^
Biedel-Vereins, Dr. Georg Gbhler, vollstandig Becht, wenn er in seiner
Ansprache beim Eestaktus das Prinzip des Biedel-Vereins in dem gegen-
wartigen musikalischen Geschaftssystem »unzeitgemaB< nannte. Diese Zeit-
schrift kennt auch keinen hoheren Zweck, als fiir ein derartig weitblickendrs
und echt kiinstlerisches Prinzip, wie es der Biedel-Verein seit 50 Jaliren
vertritt, einzustehen, und aus diesem Grunde schreiben sich diese Zeilen her.
Leipzig. Alfred Heufl.
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A. Sobering, Georg Muffat. 365
Georg Muffat,
,,Aasserlesene mit Ernst uiid Lust Gemcngte Instrnmental-Mnsic" 1701.
JahrgangXI, Zweiter Teil der »Denkmaler der Tonkunst in Osterreich«.
Nebst einem Anhange: Auswahl aus »Armonico Tribute) «, 1682.
Herausgegeben von Dr. Erwin Luntz.
Deni Schaffen Georg Muf fat's ist bereits in fruheren Banden der
osterreichischen Denkmaler der Tonkunst ein breiter Platz eingeraumt worden.
Die Jahrgange 1894/95 bieten seine beiden Florilegien in Neuausgabe.
Als Orchesterkomponist ware Muffat damit eigentlich ausreichend charakterisiert
gewesen und man hatte sich mit diesen Proben seiner instrumentalen Kunst
begniigen konnen. Was der vorliegende Band bringt, ist nur in wenigem
geeignet, sein scharf geschnittenes Kunstlerprofil in wesentlich neue Be-
leuchtung zu riicken. Der zur Yerwendung kommende Instrumentalapparat
und gewisse Einzelformen der Florilegien kehren in der »Instrumental-Music«
von 1701 wieder und die Prinzipien der Satzkunst sind ebenfalls dieselben
geblieben. Die Berechtigung dieses dritten Muffatbandes mochte also ledig-
lich darin beruhen, daB mit ihm einzelne interessante Dokumente aus der
;Fugend des instrumentalen Konzertstils der Yergessenheit entrissen werden.
Der rein musikaliscbe Wert der Stiicke ist gewiB kein geringer — dafur
btirgt scbon der Name des Autors — aber weder so selten nocb so iiberaus
eigenartig, als daB er den historischen zu tibertreffen vermochte. Fur ein
nochmaliges Anschneiden des Themas Muffat — sofern es den Orchester-
komponisten angeht — diirfte schwerlich allgemeines Bedtirfnis vorliegen,
und statt des in Aussicbt genommenen vierten Bandes, der die Fortsetzung
bilden soil, ware vielleicbt eine KoUektion Instrumentalstiicke von Meistern
wie Schmelzer, B-eutter, Tuma, Zelenka mancbem willkommener.
Georg Muffat ist eine interessante Erscheinung, ohne Zweifel. Wie dieser
begabte Passauer Kapellmeister sicb auslandischem , d. h. franzosischem und
italienischem Musikempfinden anpassen und ibm in seiuen Kompositionen
unverfalschten Ausdruck leihen konnte, bat in der Musikgescbichte des
18. Jahrhunderts wohl nur noch ein iihnlicbes Beispiel: im Schaffen J. A.
Hasse's. Die » Auperlesene mit Ernst wnd Lust gemcngte Instrumental-Music*,
1701 zu Passau gedruckt, zeigt den musikalischen Kosmopoliten in Muffat
insofera stark ausgepriigt, »weilen sie« — um mit seinen eigenen Worten
zu reden — »nicht allein die muntere, und auB dem Lullianischen Brunn
geschbpffte Lieblichkeit in den Ballet-Arien, unverletzt, sondern auch etliche
tiefFsinnig auBgesuchte Affecten der Italianischen Manier, unterschiedlich-
schertzige Einfall der Kunst, und auff mancherley mit sonderbarem FleiB
eingemiscbte Abwechslungen defi groBen Chors mit dem einfachen besetzten
Tertzetl in sich halt*. Diese Abwechslung eines groBen Chors mit dem ein-
frich besetzten > Tertzetl*, mit andern Worten das Concerto grosso, befand
sich. um 1700 als Kunstform noch stark im Bilden und konnte erst auf eine
^reringe Literatur zuriickblicken . Muffat griff als einer der ersten Deutschen
den neuen Konzertstil von italienischen Meistern auf in seiner 1682 in Rom
entstandenen Sonatensammlung »Armonico Tribute*. Die Mehrzahl der hier
zur Yeroffentlichung kommenden »Concerti* sind nichts andres als Um-
arbeitungen dieser fruheren Sonaten. Muffat aber war keineswegs der aller-
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366 A.Schering. Georg Muffat.
erste iiberhaupt, der mit dem Concerto-grosso-Begriff operierte. Derselbe
existierte schon vor 1680 und wurde von bekannten und bedeutenden Meistera
mit Geschick verwendet, wie Referent in seiner unter der Presse befindlichen
• Geschichte des Instrumentalkonzerts* nachgewiesen. Ebenda wurde der aus
Muffat's Yorrede sich ergebende, trotz seiner Tragweite vom Herausgeber
nicht beachtete SchluB gezogen, daB allem Anscheine nach eine Reihe der
Corelli'schen Konzerte bereits vor ihrem Publikationsjahr (1712) ent-
standen, Corelli jedenfalls 1682, als Muffat ihn in Rom besuchte, in der
Concerto-grosso-Komposition schon so viel Erfahrung auf Grund eigner Ver-
suche besaB, daC er dem Deutschen allerhand »nutzliche observationen disen
Stylum betreffend* auf den Weg geben konnte. Muffat erzahlt umstandlich
(Vorrede, S. 8), daC er damals solche Concerti grossi des »kunstreichen Herra
Archangelo Corelli* »mit groBer Anzahl Instrumentisten « in Rom gehort, ja
seine eignen Versuche darin in dessen AVohnung zum Erklingen gebracht
habe. Zum Prahlen aufgelegt wie ofters, laBt er bald darauf sein eigenes
Verdienst nicht unerwahnt: »gleichwie schon langstens in meiner zu Ruck-
kunft auB Frankreich, ich der Erste die Lullianische Ballet-Arth, also habe
ich diser der Orten annoch unbekanten Harmani einige Probstuck[als] der Erste
in Teutschland gebracht*. Wie rasch er Schule machte bei seinen Lands-
leuten zeigen die Arbeiten J. C. Fischer's, B. A. Auffschnaiter's und J. A. S'.
Muffat's Konzerte — es sind durchweg Suiten mit einleitenden Sinfonien
— stehen denn auch, was die Handhabung des Konzertstils anlangt, nicht
weit von den Corelli'schen , so sehr sie sich inhaltlich von ihnen entfernen.
Beide Meister schrieben unter dem gewaltigen Eindrucke der venetianischen
Oper, speziell deren Sinfonien. Die untruglichen Wahrzeichen dieser: ge-
wichtige Einleitungsakkorde, plotzliche Allegrointermezzi mit Fanfarenmotiven
und spannenden Fermaten1), kehren sowohl bei Corelli (vgl. die Konzerte Nr. 1,
2, 5, 7) wie bei Muffat immer wieder. Der »Armonico tributo« bietet
geradezu eine Musterkarte venezianischer Sinfonietypen, wie man sich au>
beigegebenen Proben im vorliegenden Denkmalsbande uberzeugen kann. Die
Abhangigkeit streift bisweilen ans Kopieren gewisser bertthmter Yorlagen,
z. B. Cavalli's, in den Satzen auf S. 122 und 131. Es ging Muffat wie
Rosenmuller, der ebenfalls nicht umhin konnte, in seinen Kammersonaten
von 1670 der venetianischen Sinfonie ein tiefes Kompliment zu machen.
Gegen 1700 aber, als Muffat die Umarbeitung der Sonaten zu Konzerten
vornahm, hatte sich das venetianische Opernideal schon einigermaBen ver-
lluchtigt. Man merkt den Bearbeitungen geradezu an, wie sie versucheu,
dem veranderten Zeitgeschmack Rechnung zu tragen. Der nicht mehr leben>-
kraftige Stil von 1682 wird so viel als moglich vertuscht. Die dem I\r. Konzert
entsprechende altere Sonate Nr. 2 zeigt beispielsweise im dritten Satze noch
drei venetianische Tempowechsel, die im gleichen Konzertsatze zugunsten
einer ruhigeren Entfaltung des Tonstroms gestrichen sind. Aus demselberi
Grunde ist das Pausen- und Fermatenwesen der ersten Sonate im fuiiffen
Konzert gefallen und in fortlaufende Konstruktion aufgelost, Veranderungen.
die wohl nicht nur, wie der Herausgeber ganz allgemein annimmt, auf
Rechnung der hoheren Gewandtheit in der Kompositionstechnik zu setzen sind.
DaB groCere operative Eingriffe in die Struktur der Satze sich bei der
1 Siehe dazu A. HeuB1 griindliche Studien iiber die venezianischen Opernsinfouien,
Jahrg. IV. Heft 3 der Sammelbande der IMG.
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A. Sobering, Georg Muffat. 367
Konzertbearbeitung notig machten, ist selbstverstandlich. Das Formprinzip
aber: die Suitenanlage, ging auf die Konzerte iiber. Sie ist viel breiter im
Groflen, viel komplizierter im Kleinen wie die der Corelli'schen. Den ge-
wandten Lullyscbiiler, der ausdrucklich betont, die franzosische Lieblichkeit
der Balletarien >unverletzt« beibehalten zu haben, verleugnet sie nirgends.
Franzosisch ist auch die Erlaubnis, statt des Streicbkonzertinos unter Ilm-
standen ein Blastrio von zwei Oboen und Fagott zu verwenden. Darin einen
besondern >koloristischen Zug« des Meisters zu erblicken, heiCt zu weit
geben. Solcbe Substitution en sind bereits in der alteren Kanzonenperiode
Ublich und erklaren sicb einfach aus dem Musikbetriebe einer Zeit, die nocb
keine streng disziplinierten Privatorchester fur Gelegenheitsmusiken zur Ver-
fugung batte. Dem Concerto grosso die Oboe ak obligaten Bestandteil zu-
gefuhrt zu haben, scheint Albinoni's Verdienst zu sein. Will man Probeu
einer durcb Blasinstrumente, namentlicb Trompeten, gehobenen musikalischen
Koloristik aus Muffat 's Zeit, so wird man vor allem die Arbeiten der
bologneser Kircbenschule mit dem Cazzati, Bononcini, Perti, Torelli,
Gabrielli in Betracht zu ziehen haben. IJberhaupt dttrfte eine Publikation
bedeutsamer italienischer Instrumentalkompositionen aus dem *Ende des
17. Jahrbunderts — es kamen neben Bassani und Legrenzi die beiden Yitali,
der altere Bononcini, vielleicht auch Colombi und Albergati als Haupt-
repriisentanten in Frage *) — am besten belehren, iiber welche Mannigfaltig-
keit des Ausdrucks und der Mittel der Italiener jener Zeit verfugte, im
Gegensatz etwa zu Muffat, der trotz mancher »Genieziige« , trotz fleifiiger
Arbeit und reicher Fantasie seine italienischen Vorbilder keineswegs iiberall
erreicht. Das liegt hauptsachlich an dem oft schwerfalligen Satzaufbau, der die
leichte italienische Mache gerade in Kammerstucken nun einmal nicht aus-
zustechen vermag. Man konnte zum Vergleich etwa G. B. Vital i's » Varie
Sonate alia Franceses op. 11, Modena 1684 heranziehen, Tanzsatze in Ge-
stalt von Ballets , Correnten , Gavotten , Introduktionen , Shnlich jenen und
fur sechs Instrumente (drei Violinen, zwei Violen und BaB) geschrieben. Ihre
Faktur ist zwar kurzer, leichtfertiger wie die der Muffat'schen, aber das in-
nere Leben, die Melodik, der Beichtum an rhythmischen und harmonischen
Pointen ungleich grofier und anziehender. Und wie wenig Muffat sich den
italienischen Violinstil anzueignen wuBte, vielmehr den ungelenken franzo-
sischen beibehielt, lehrt ein Blick auf Stticke wie Albergati' s *Concerti
rarii da Camera* op. 8 (1702), wo ein schwungvoller, stets vornehmer Violin-
satz auch den kleinsten Balletformen hoheren Reiz verleiht.
Es liegt keineswegs in meiner Absicht, den Deutschen Muffat etwa gegen
die Italiener auszuspielen. Er wiirde zugleich mit andern deutschen Meistern
dabei in vielen Punkten den KUrzern ziehen. Schafften sie doch alle nach
den innern Gesetzen ihrer Natur und wollen danach beurteilt sein. Immer-
hin sind solche V ergleiche , mit MaB unternommen , lehrreich und bewahren
am besten vor IJberschatzung. Muffat' s Konzerte sind die Manifestationen
eines selbstbewuAten, hochbegabten Mannes, der die Technik meisterlich hand-
habt und keinen Augenblick vergiBt, daB Musik nicht ein bloBes Spiel mit
Tonen, sondern Ausdruck der Affekte ist. In dieser Hinsicht bieten sie
nicht nur dem mit historischem Blicke Herantretenden, sondern auch dem fur
1 Wasielewski's Notenbeilagen zu ^Die Violine im 17. Jahrhundertc, aus
denen noch immer die Hauptkenntnisse iiber die Instrumentalmusik des 17^Jahrhun-
derts jjeschopft werden. geniigen neuerer Forschung zur Orient ierung nicht mehr. _
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368 Musikberichte.
die Praxis nach wertvollen alteren Sachen Ausschauenden reiches Material.
Dirigenten von Kammerniusikvereinen sollten sich ihrer annehmen, vor der
Auffuhrung aber nieht versaumen, sicb Muffat's Vorrede mit allerlei wichtigen
Bemerkungen iiber Besetzung und Ensemblespiel anzusehen, damit die Zu-
horer aucb wirklich, wie der Autor verlangt, »in einer continuirlicben Auff-
mercksambkeit auffgehalten« werden.
Die neue Publikation, auBerlich wieder ein Muster der Notenstechkunst,
bat durcb Dr. Erwin Luntz eine sacbkundige und umsicbtige Redaktion
erfahren. Der auf Grund reichlicher Bezifferung ausgesetzte Cembalopart
batte freilicb einer freiern, belebtern Fassung bedurft, namentlicb an Stellen,
wo der BaB in balben Noten scbreitet und die Gefabr des Stockens der Be-
wegung nabe liegt.
Leipzig. A. Sohering.
Musikberiohte.
Leipzig. Einige Konzerte, die teils letztbin stattgefunden haben, gehoren in das
Interessefeld dieser Zeitschrift, weshalb iiber sie berichtet wird. Es sind die Fest-
konzerte des Riedd-Vereins (Dir. Dr. Gohler) und die Konzerte des Bach-Yertins
(Dir. Karl Straube). In seinem ersten Konzert brachte der Riedel-Verein, getreu dem
Prinzip seines Grunders, Riedel, altere geiatliche a cappella Gesange zum Vortrag. so
H. L. Hasler's wuchtigen Cboralsatz >Ein feste Burgc, und eine wenig gekannte Solo-
kantate fur Sopran mit Streichinstrumenten und Continuo von FranzTunder [1614 — 67j
»Ach Herr laC deine lieben Engelehu (Denkmaler deutscher Tonkunst, Band IEL . die
wohl in erster Linie durch den selbsfandigen Anteil der Instruments interessiert, der
zeigt, dafi man auch in Deutschland um die Mitte des 17. Jabrbunderts ganz charak-
teristische instrumentale Bilder zu schaffen wuGte. In der Behandlung des Textes tritt
die im Anfang des 17. Jahrhunderts auf kommende Kadenzmanie, die dem Reime nach-
geht und biernacb skandiert, starker zutage als man sie bei anderen Komponisten
um diese Zeit antrifft. Aus dem 17. Jahrhundert gab es ferner eine Allemande aus
einer Suite des Banchetto musicale von J. H. Schein (1. Band der Gesamtausgabe
von A. Priifer), die in einfacher Streicbquartettbesetzung gespielt wurde. Gobler bat
Schein selbst fur sicb, wenn er Streichbesetzung w'ahlt, der schreibt, dafi die Stuck©
*auff allerley Instrunienten, bevoraus auff Violm xu gebrauchen* seien. Wir wissen
aber, daB diese Zeit die Besetzung ganz den jeweiligen Lokalverbaltnissen anpaCte.
Wenn Schein die Streichbesetzung empiiehlt, so dachte er unbedingt an ein Spiel im
Zimmer, das seinen Wunsch ohne weiteres begreiflich macbt. Da an einen Gebrauch
dieser Tanzstiicke in der Kirche zu Schein's Zeit selbstverstandlich nicht zu denken
ist, so sind wir in dem Falle, durchaus selbst'andig verfahren zu miissen und die Be-
setzung einer Lokalit'at anzupassen, an die Schein bei diesen Stucken selbst nicht
dachte. Fiir ein Spiel dieser Stiicke in der Kirche, wozu die Paduanen und Alleman-
den sich ohne weiteres eignen, da sie nichts » modern < Weltliches an sich haben, wird
man weitaus besser die Besetzung wahlen, die damals uns noch lange spater fiir das
Spiel im Fr eien Ublich war, namlich Blasinstrumente, und die in der Kirche von wunder-
bar feierlicher Wirkung ist. Verwerfen mochte ich jedenfalls einfache Streich-
besetzung, da hier ein aufdringliches subjektives Spiel, besonders der ersten Stimme in
den seltensten Fallen zu vermeiden ist. Da die langsamen Satze aus Suiten dieser
Zeit ganz vortrefflich in die Kirche passen, wird ein Anschneiden der wichtigen Be-
setzungsfrage nicht unwillkommen sein. Die iibrigen Vortrage, unter denen Bach s
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Musikberichte. 369
Motette, »Singet dem Herrnc, Mendelssohn's Psalm 43 und die Fest- und Ge-
denkspriiche op. 103 von Brahms hervorzuheben sind, fordern an dieser Stelle zu keiner
Besprechung heraus. Das zweite Festkonzert brachte eine wahrhaft glanzende, wunder-
bare Auffiihrung von Liszt's Kolossalwerk »Christus«.
Der Bachverein fiihrte, seit er nnter der neuen Leitung, dem ausgezeichneten
Thomasorganisten Karl Straube steht, in drei Konzerten lauter Bacb'sche Werke vor,
woran er vorlaufig ganz gut tut. Hat er einige fundamental Werke, wie die Johannes-
passion, die hier ganz unbekannt geworden ist, durch oftere Auffuhrungen dem Publikum
ins Herz gesungen, so wird es gut sein, wenn der Verein als bestes Reagenzmittel zu
Bach'schem Wesen auch Handel, und zwar dessen kleinere Kompositionen, beriicksichtigt.
Im ersten Konzert kamen die Kirchenkantaten »Wer nur den lieben Gott 1'aBt
walten«, »Wachet, betet«, die aus der Weimarer und der ersten Leipziger Zeit
stammen, ferner die 8olokantate »Jesus schlaft, was soil ich hoffen* fur Alt,
Tenor und BaB zum Vortrag. Wie der Riedel- Verein, so hat auch der jetzige Bach-
Verein mit der stilgemaBen Besetzung von Werken dieser Epoche Ernst gemacht, so
daB das OetrandJiatis das einzige hiesige groBe Institut ist, das mit dem iiblichen modernen
Apparat musiziert und den Werken in dieser Art Gewalt antut. Zur Diskussion
mochte ich aber eine Frage vorlegen, die der Vortrag der Chorale unter Straube hier
aufjgeworfen hat. Die Chorale werden namlich nicht im gewohnlichen , langsamen
Tempo vorgetragen, sondern je nach dem, was sie aussagen, schneller oder langsamer.
Und zwar erstreckt sich diese Auf fassung soweit, daB die Fermaten ubergangen werden,
am den musikalischen und textlichen Zusammenhang nicht zu unterbrechen. Zur Recht-
fertigung dieser Vortragsweise laBt sich wohl in erster Linie anfuhren, daB Bach durch
seine kunstvolle, ausdrucksvolle Choralbehandlung die Chorale ganz in die Kunstsph'are
erhoben hat, weshalb man auch zu diesem durchaus freien, individuellen Vortrag sich
gedrungen fuhlen kann, und insofern verdient diese kunstlerische Behandlung sicherlich
Xachahmung. Vielleicht auBern sich aber auch andere Ansichten, die im Interesse
der Sache laut werden. Das dritte Konzert des Bach-Vereins ist das sogenannte
tHauskoMzert*, in dem weltliche Werke zur Auffiihrung gelangeu, dieses Mai die h- moll
Suite mit obligator Soloflote, das zweite Brandenb urgische Konzert (F-dur) in
der Bearbeitung Kretzschmar's und die Sopran-Solokantate »Weichet nur be-
trubte Sc hat ten*. Das Konzert zu besuchen, war Referent leider verhindert.
A. HeuB.
Lemberg. Die letzte ganz schwache Saison wurde in der Oper mit Thomas'
> Hamlet c (Dr. K. Zawilowski) geendet. In der Philharmonic spielte das Milit'arorchester
zwei Satze aus der Sinfonie und eine sinfonische Dichtung des Konservatoriumsdirek-
tors Mieczyslaw Soltys. Auch Bach's Matth'aus-Passion wurde unter seiner Leitung,
allerdings bedauernswert schlecht aufgetuhrt. Dr. Zawilowski sang mit Erfolg
Lieder von Schubert, Schumann, Brahms und einiger polnischen Komponisten (Karlo-
wicz, Gall, Niewiadomski). — Jetzt waltet die Gassenkonigin-Operette, welche den
Lembergern mehr zur Uberzeugung spricht als die Konzerte eines Dohnanyi oder J.
Friedman n. . Adolf Chybinski.
London 1). — Since the notes given in the January Zeitschrift, what may be called
the Christmas to Easter musical season has occurred and passed. — At an early
-Popular" Concert (new Kruse series, see IV, 553 and V, 141), Stanford's new
string quintet was played for the first time. It is a work in the composer's most
lucid vein, and he has not attained lucidity at the expense of fulness of content or
Holidity of structure. The quintet is certainly Irish in feeling, but is not, like his
Irish Rhapsodies, based on traditional tunes; nor do its themes reproduce slavishly
the mere externals of Celtic music. However the spirit is there, and the quintet is
worth careful study, if only because of the way in which this end is achieved, and be-
cause it is a concrete proof of the worthlessness of a great deal of the fashionable
talk about "local colour". Of the four movements, the slow movement was at a first
hearing the most impressive. — The exhibition of several mechanical pianoforte-
1) Der Bericht muBte wegen Raummangel zuriickgestellt werden. Die Red.
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370 Musikberichte.
players has brought into relief the pros and cons of the subject. Just as in the
common phrase some animals can do everything but talk, so the Pianola (or what-
ever it be styled) can do everything but change its tone-colour. It is human, because
it sounds like a pianoforte played by a human player; it is inhuman, because of the
changelessness of the quality of tone throughout all the variations of power. Another
still more vital problem to be solved by inventors is how to make a melody stand
out against the accompaniment. It is obvious that at present any two notes sounded
simultaneously on a piano worked by a mechanism must be of equal power, so that when
a melody is accompanied by a chord of three notes the accompaniment is three times
as loud as the melody. Here again the Pianola is very inhuman for the least intelligent
player makes the melody prominent somehow, and a player who knows enough and
feels enough to make the differences of time and force that a Pianola can make would
certainly not fail in this elementary respect. This combination of perfection and limi-
tation is almost uncanny — it is as if Jekyll and Hyde were playing at once,
jointly and severally; the one a very cultivated musician, the other quite unmusical.
These remarks do not lose sight of the fact, scarcely yet explained yet for which
experts will vouch, that somehow no two people playing the same Pianola attached
to the same pianoforte will make it sound precisely the same. It is also an indispu-
table claim for the instrument that in the household it makes music of all kinds acces-
sible to many who otherwise could gain no acquaintance with it.
At one of the Queen's Hall SjTnphony Concerts (HI, 325, 333, 493) Eugen D'Albert
played Liszt's E flat concerto as only he can play it. We have heard perfor-
mances dazzling with hard brilliancy of technique, performances glowing with tempera-
mental flames — flames that shot up brightly and flames which burned sullenly with
much smoke — and performances which showed complete intellectual apprehension
of the component parts of the concerto and gave a very clear exposition of them. But a
performance uniting all these qualities is a rare thing, and D1 Albert afforded his hearers
the highest kind of artistic pleasure, which comes only when all three essentials of
a great performance are duly combined and exercised on worthy material. It will
seem to many people a rash and stupid thing to say that Liszt's Concerto is worthy.
Ever since Hanslick sneered at "the triangle concerto" it has been called many hard
names ; but it has retained the affections of pianists and of audiences. At any rate
it is not a mere copy of something else; it is very bold in its innovations in structure
and it has left its mark on musical history in that way. When it was first produced
the Concerto was generally supposed to have a programme — and it is still generally
thought to have one — but it has never been disclosed. When Liszt was asked, he
hummed the notes of the first theme to the words -Das versteht Ihr alle nicht —
Ha,, ha". D' Albert must have converted many persons to a belief in Liszt. Nor
must the share of Henry J. Wood in his triumph be forgotten, for the band played
the accompaniment magnificently.
At a Richter Concert, Hans Richter played Richard StrauB's "Also sprach
Zarathustra". That he is not an ardent Straussian is an open secret, but he is too
great an artist not to throw himself heart and soul into everything that he under*
takes, and it is scarcely a paradox to say that for those to whom the work is strange
his reading is a better commentary than the composer's own interpretation* As
to Nietzsche's philosophy, — though it seems to be a system of revolt, and
though there would appear to be nothing further removed from the ordinary
man of today than the Over-man who has recoined the whole moral currency
and whose soul dances in gold-emerald ecstasy, having passed beyond good and evil:
yet on the other hand the result of it all would seem to be a justification, nay a glori-
fication, of the most rigid caste system, resting on might and denying rights to all
beneath. The Overmen are all equal, and form a republic among themselves; but
they are tyrants to all the rest of the world, and the essence of their being is a healthy
primordial contempt. StrauB did not attempt, as some people still persist in sayiwr
that he did, to set Nietzsche's system to music. He did however mean to represent
in each of the sections of the tone poem the various stages through which a man, a>
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Musikberichte. 371
typical of the race, passed before arriving at Nietzsche's standpoint. And then he goes
further. The main musical thought in the whole is the constant opposition between
one theme which represents the insoluble riddle of Nature and Being and another
which represents man's fruitless efforts to solve it. Even at the end, after man has
got to the standpoint of the Over-man, the conflict in the music continues and the
riddle remains unsolved. When StrauB conducts the work he passes over many of the
details of the score, but insists on this contrast from first to last relentlessly. With
him all the themes become sharp and angular; he flings them, so to speak, at she
hearer till they sting like hailstones. He makes the fugue subject representing Science
precise and formal, and its development very clear; and he makes the great climax
when the middle theme suddenly interrupts the supernatural dance of the soul terribly
dramatic. But in other places he insists on the serpentine grace of his themes, and
he makes the "dance of the soul", by keeping all the figures veiled and undecided in
rhythm, an uncanny, fantastic, elusive thing, With Bichter it is all very different.
The savage contempt of it is toned down, the details are clearer; Science becomes a
consoling but a mysterious thing, the dance is less dithyrambic and the feet of the
dancer come nearer to solid earth, and the agonising intensity of the perpetual con-
flict is softened. And there is one passage where Bichter gives to the music a majesty
which it lacked under the composer, and that is the opening, where we are asked to
imagine the philosopher contemplating the spectacle of a sunrise in the mountains. In
comparing the two renderings, one is almost tempted to say of the composer that he
builded better than he knew. Thus Bichter's interpretation is easier to follow on a
first hearing and less likely to terrify the timid; and more amiable, if that word is
allowable in such a connection. It also gives one a higher idea of the purely technical
skill of the composer, which is nowhere more extraordinary than here.
At another Queen's Hall Symphony Concert Mme. Kirkby Lunn sang 4 new
songs by Percy Pitt (III, 333), which are all settings of modern French texts. I
do not say poems, because one of them (from the Chansons de Bilitis of Louys) is
prose. Percy Pitt has a fondness for the vague , elusive moods of the newer school
of French poetry, and it is a thing for which he is much to be praised that he avoids
the common fault of British song-writers, whose literary horizon is seemingly limited
to mid- Victorian verse. But it is not everybody who would find inspiration for songs
in the poem that he has chosen. Verlaine's "Silence", in which the poet compares
himself to a cradle rocked in a vault by a unseen hand, for instance, would hardly
seem to most British musicians fruitful of musical ideas. Still less would they find
in his "Mandoline" anything to inspire their muse. In that poem Verlaine speaks
with the delicate weariness of the very blase man of the trite love-makings of the
serenaders of a southern night; and Albert Samain's "Souvenir" is a welter of far-
fetched similes in melodious verse. But in a truly modern spirit Pitt has stripped off
all the extraneous matter to use Wagner's phrase, seen in all of them the expression
of a mood which is a fit subject for music. His vehicle of expression is above all
the orchestra: and as studies in orchestral colour the songs are all of great interest
and of considerable beauty. I would point to the exceedingly clever use of the harp
with its repeated pulsations in the first, and to the mysterious effects of the soft chords
in the brass in the second, which are very expressive. To reproduce Silence in music
would seem to be the height of paradox; but still it can be done. In the third
^Mandoline" the suggestion of atmosphere without any use of the trite pizzicati into
which the mere mention of the mandoline betrays the average song-writer, is extre-
mely* subtle, and the last is full of glowing colour. These songs require to be heard
more than once; but they made a considerable impression, and the singer was several
times recalled.
At another Bichter Concert, a great success fell to Artur Schnabel, a young
pianist, who played Brahms's B flat concerto. He is a pupil of Leschetitzky, but he
has none of the usual Leschetitzkian ferocities. Indeed he is remarkable for a sanity
which seems to be beyond his years. It has been said by German critics that he
never was young, and the same has been said of Brahms ; and such intellectual kinship
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372 Musikberichte.
explains why he is such an exceptionally fine interpreter of Brahms. One has rarely
heard Brahms playing in which the peculiar technique seemed to be so purely a natural
vehicle for the expression of the musical ideas; and seldom where the difficulties have
been conquered with more consummate ease. It was in the finale that Schnabel was
at his best, and here a peculiarity of his technique made itself apparent, which is
worth attention, and seems to show that among younger pianists a reaction is impend-
ing. It is not brilliancy in the accepted sense that is his chief aim, or quasi-
orchestral effects, but rather limpid clearness and absolute finish. It is not variety of
glowing colour, so much as the discovery of subtle contrasts, that he wants. This
reminds one of what people in the fifties used to write about the difference between
Liszt and Thalberg; there are some still living who preferred Thalberg and predicted
a return to his methods. Schnabel is certainly one of the rising young players of
the day, for whatever he does is musikalisch. It is a great defect of the English
language that this word is untranslatable in such a connection. To say that any-
body's playing is musical means nothing. To say that it is musicianly is a terrible
accusation, for it suggests the academic who writhes in ecstasy over a canon at roveseio,
or still more the extremely able youth who thinks that he has wrested his secret from
Brahms when he bestrews scoring paper with masses of chords very low down in the
wood wind, plenty of cross-rhythms and phrases beginning before their predecessors
have left off, or when he has created a theme of four notes and accompanies it with
augmented and diminished inversions of itself. What we want is a word which implies
a combination of knowledge and intellect with temperament.
The Bohemian quartet played Bohemian music at a Broadwood Concert
TV, 549). Smetana's Quartet "Aus meinem Leben" is of course purely Czechish; but
in Dvorak's Quintet we have the Negro seen through Czechish spectacles or heard
through Czechich ears. This Quintet, which had apparently not been played in Lon-
don before, undoubtedly made a great impression; but how far that impression was
due to the wonderful unanimity, the deep tenderness, and the volcanic energy of the
playing, it is hard to say. It is an unequal work; for some of the themes certainly
go as far in the direction of banality as it is safe to go in chamber music which calls
itself serious. This is specially the case in the finale; but its coda is a piece of finely
spirited and masculine writing. The Scherzo is not without suggestions of the all-
pervading Cake Walk; but its Trio is a very heartfelt melody, which Nedbal played
on his viola quite divinely.
On 12th March 1904 Liszt's "Dante Symphony" was played at a Queen's
Hall] Symphony Concert. This was given in London by Wilhelm Ganz in 1882, by
Richter in 1890, and once by Walter Bache; and that is all that London has ever
heard of it. The most aged of all the errors into which people fall in talking of
Liszt is that he is an imitator of Wagner — the truth being that there is a great
deal of indebtedness on Wagner's side. To take two concrete instances only, there
is a great deal of Parsifal in the B minor piano Sonata of Liszt, which was composed
in the fifties , and still more of it in the Magnificat which forms the close of the
Dante Symphony. That of course does not alter the fact that Wagner did a great
deal more than Liszt could do with the ideas which were common to both. Another
error — or rather class of errors — equally venerable, is that whereby many quite
honest people feel themselves impelled to judge a symphonic poem as if it were a
symphony. It is a concrete proof of the disadvantages under which a writer on music
labours, as compared with his brethren whose subject is painting, or architecture, or
the drama, that he has so often to clear the ground of misconceptions like this. ' The
elementary distinctions, such as those between a group of portraits and a landscape,
between the Parthenon and Westminster Abbey, and (unless one is dealing with the
complexities of the various forms of musical comedy) between the various kinds of
drama, may be assumed to be known. With music however one has to explain that
a symphonic poem is not a symphony, and that to judge the one by the rules appli-
cable to the other is as sensible as to complain that the poems of Verlaine do not
conform to rules deduced from the deathless verse of Racine. It is necessary to point
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Mu8ikberichte. 373
out once more than in a symphony the development is conditioned by nothing bnt
the music itself; in a symphonic poem the subject has also to be considered. And
although Liszt over fifty years ago carefully pointed out that both have to be kept
in view, many professors are earning livelihoods, supposed to be honest, by telling
successive generations of pupils that in a symphonic poem there are no purely musical
considerations. The formula for the precise relation between the two halves of the
double principle of design has not yet been found — perhaps it never will be found
— and possibly the truth is that each case must have its own formula; but to say
that therefore there is no design, and it simply does not matter what you do, is ab-
surd. The road to the Temple of Fame is thick with the decaying leaves of elaborate
scores written in that belief. To write a good symphonic poem a man must be both
a good poet and a good symphonist. With regard to Liszt's Dante symphony another
special error has to be dispelled. He did not strive to illustrate the whole of Dante's
uDivina Oommedia". To say that he did is of course a very convenient amusement
for the makers of cheap epigram — much more convenient than an attempt to under-
stand what he did try to do. It would be as wise to pretend that Rembrandt wanted
to tell the whole family history of Jan Six when he painted his portrait, and then to
condemn him for having failed. What Liszt did try to do was — to use Wagner's
words — to get at the concrete content of human feeling in Dante and translate that
into music. And if human feeling is not a fitting subject for music, then what is
left to it? Liszt represents the torments of the dwellers in Inferno and the contrition
of those in Purgatory. That the state of those in Paradise is too abstract, too super-
human, too far removed from any possible experience, he realised — probably in
consequence of Wagner's expostulations — and made the work end with a Magnificat
founded on the old "Crux Fidelis" of which many composers are so fond) represent-
ing the souls of the blessed hymning the praises of the Deity. If that is not allowed
as a subject for music, then three-quarters of our most cherished treasures of oratorio
must be jettisoned. But the very people who protest most loudly that Liszt tried the
impossible are just those who would cling most closely to those treasures. Such are
the fatal consequences of refusing to think.
The performance of "Tod und Verklarung"ata Philharmonic Concert showed
that Frederick Cowen is a real conductor who deserves more than merely conventional
words of praise. The analytical programme of this concert told the audience that it
was not necessary for us to trouble ourselves about the subject the composer had in
his mind, and that the music had best be analysed from the purely musical point of
view. As there were probably over a thousand teachers in the hall, and as probably
each one of them has by now conveyed this view, without criticising it, to about a
dozen pupils, the mischief done by the preaching of such false doctrine is very great.
The theory inculcated, of course, is that StrauB tried to write a symphony and failed
dismally. It is true that "Tod und VerkTarung" would hardly be good as a movement
of a symphony; but then it never tried to be any such thing. It is really time to
give up teaching that every symphonic poem is a symphony gone wrong. As however
it is only about sixty years ago that the essential differences between the two were
made quite clear by Liszt in his essay on Berlioz, perhaps I am a little too impatient.
There is another thing. It is stated that "Tod und Verkl'arung" is based on a set of
verses attributed to Alexander Bitter. Now StrauB is the last man to write a sym-
phonic poem based on a programme supplied by somebody else — such a thing would
be entirely contrary to all his ideas of art — and that makes this question more im-
portant than it would at first seem to be. The facts are of course that StrauB tried
to illustrate in "Tod und Verklarung" a sort of scenario invented by himself, and
that Alexander Bitter wrote the verses after he saw the score. Alfred Kalisch.
Mnnchen. Hier hat sich unter reger Beteiligung aller interessierten Kreise eine
Ortsgruppe des *Allgemeinm deutscken Musikvereins* konstituiert, die sich gleich in
den ersten Wochen ihrer T'atigkeit eifrig in neuen Veranstaltungen zeigte. Ein Max
Beger -Abend machte uns mit einer Beihe hier noch nicht gehorter Werke dieses so
fruchtbaren und immer interessanten Tondichters bekannt; groBen Eindruck erzielten
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374 Nachrichten von Lehranstalten und Yereinen.
besonders die Orgelkompositionen. Einige >schlichte Liederc waren ebenfalls erfreulich.
wahrend ich nicht anstehe, die zu Gehor gebrachte Klarinettensonate als das odeste
und empfindungsloseste Werk zu bezeichnen , das ich seit langem kennen gelemt. Ein
alteres vom Hosl-Quartett erstmalig gespieltes Streichquartett in A-dur hingegen gibt
sich in jeder Hinsicbt frischer. Des weiteren bot die Ortsgruppe noch einen fesselnden
Vortrag Roach's iiber die Berliner Tantiemenanstalt und eine Bach-Beethoven-
Matinee Lamond'3. Letzterer Kiinstler gab uns im Verein mit dem genialen Cellisten
Kiefer und dem treff lichen Geiger Kilian einen Hans Pfitzner- Abend, der zum
ersten Male das bisher nur einmal vor Jahren in Berlin gespielte Trio op. 8 brachte,
ein Werk, das in seiner Unmittelbarkeit, trotz seines koniplizierten Baues, die Horer
sofort enthusiasmierte. An alter Musik bot der Chorschulverein unter Domkapell-
meister Wohrle zwei funfstimmige Madrigale von Monteverdi, vier dreistimmige
deutsche Lieder von J. H. Schein (aus den »Waldliederlein«), sowie vier altitalienische
Mouodien von S. de Luca, Raffaelo Rontani, Giulio Caccini und Andrea
Falconieri; nainentlich des letzteren graziose Villanella »Vexxorette e core pupilctte*
gefiel sehr.
Eine eigenartige Veranstaltung gab der stets auf auBergewohnliches bedachte
>Orchestervereint mit der szenischen Auf fuhrung des »Pygmalum* von Rousseau
nach der von mir erstmalig herausgegebenen Berliner Partitur. Ich hatte das Werk
eigens datlir etwas retouchirt, im wesentlichen mich jedoch auf Ausgestaltung der
Mittelstimmen unter Weglassung des Cembalo sowie Zusatz von zwei Fagotten beschrankt.
Die von dem bekannten Architekten Prof. E. Seidl geleitete Inszenierung ging auf
gleichzeitige Illustrationen zu dem Werke, von Moreau le Jeune gestochen, zuriick.
Als Ubersetzung lieB ich eine gleichzeitige, 1788 publizierte, in Goethe'scher Formen-
schonheit sich bewegende Ubertragung des Wiener Dichters Gottlieb von Leon benutzen.
Da ich meine Studien iiber das Werk in dem ersten Beiheft der IMG. . J. J. Rousseau
als Komponist seiner lyrischen Szene Pygmalion) ausfiihrlich mit Notenbeispielen nieder-
gelegt habe, kann ich wohl an dieser Stelle auf weitere historische Ausfuhrungen
verzichten. Das Werk wurde zweimal gegeben und fand vielen Beifall. Leider muBte
man die urspriingliche Idee, den »Devin du village* an den gleichen Abenden zu
geben, fallen lassen, und so ging nur die liebliche Ouverture dieses Singspiels vor-
aus. Einige kleine Konzertwerke beschlossen die anregenden Abende, die auch weitere
Kreise mit dem Gedanken an ausgiebigere musikhistorische Bildung vertraut machten.
Edgar Istel.
Wiesbaden. Victor von Woikowsky-Biedau's Tondrama »Helga* fend bei
seiner Uraufluhrung am hiesigen Hoftheater freundlichen Beifall. Obwohl auf den
Pfaden Wagner's wandelnd, bietet der Komponist, der auch seinen der germanischen
Sage entlehnten Text selbst mit viel Geschick verfaCt hat, doch so viel Eigenes und
zeigt vor allem so viel Sinn fiir dramatischen Aufbau, daC man von dem Werk als
Ganzes, trotz einiger L*angen? einen gUnstigen Eindruck erhalt. Ludwig Meinecke.
Naohriohten von Lehranstalten and Vereinen.
Dresden. Vor 50 Jahren, im Friihjahr 1854, wurde der Tonkiinstlervereic
zu Dresden gegrSndet, und zur Erinnerung daran haben in diesen Tagen eine Reihe
von festlichen Veranstaltungen stattgefunden. Im Auftrage des Gesamtvorstandes hat
der Hi8toriker Otto Schmid eine Festschrift verfaCt, der die folgenden Angaben
iiber die Veranlassung zur Griindung entnommen worden sind. Im M'arz jenes Jahres
hielt sich Robert Volkmann in Dresden auf und lieB sich bei Richard Pohl von
einem erst kurz vorher gebildeten Quartettverein sein A-moll-Quartett op. 9 und sein
B-moll-Trio op. 5 vorspielen. Die Anwesenden wurden von diesen Werken derartig
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Nachrichten von Lehranstalten imd Vereinen. 375
gepackt, daB sie beschlossen, einen Verein zu griinden, »in dem die Instrumental werke
fur Kammermusik aller, auch der neuesten Zeit, Pflege und AusfUhrung finden sollten.<
In diesem Programme lag trotz der wenigen Worte, die es enthielt, die Kritik der da-
maligen kunstlerischen Verhaltnisse der Residenz. Es bestanden zwei Quartettver-
einigungen der Konzertmeister Franz Schubert und Karl Lipinski, die jedoch nur
Quartette, und auch ausschlieBlich nur klassische, zum Vortrag brachten. Durch die
Erweiterung dieser engen Grenzen konnte ein neues Leben beginnen, konnte der ganze
Reichtum der Vergangenheit und der Gegenwart erschlossen werden. Die groBen
Fuhrer des Vereins, der den Namen Tonkiinstlerverein erhielt, waren die be-
kannten Musikgelehrten, die zugleich auch als austibende Musiker Tiichtiges leisteten,
Julius Kiihlmann und nach ihm Moritz Fiirstenau. Sie verschafften durch
ibre rastlose Tatigkeit, durch die gediegenen, von weitem Blick zeugenden Programme
und durch die Sorgfalt, die sie auf deren Auffiihrung verwenden lieBen, dem Verein
eine angesehene Stellung im Musikleben Dresdens. Lange Jahre hindurch, von 1889
bis 1903, war Friedrich Griitzmacher erster Vorsitzender gewesen, und jetzt ist
es der als Mensch und Kunstler gleichbedeutende Friedrich Bockmann, der bei
der jetzigen Feier zum Koniglichen Professor ernannt worden ist. Der Yerein zahlte
am SchluB des 49. Vereinsjahres 273 ordentliche, 19 ausw'artige, 416 auBerordentliche
und 18 Ehren-Mitglieder.
Das Festkonzert fand am 22. April statt, und das Programm wies folgende Num-
mern auf: Jubelouverture von Weber und Meistersinger-Vorspiel von Wagner;
den beiden Meistern, die einst manche Freude, aber auch manches Leid in Dresdens
Man era gekostet haben, Blaser-Serenade von Richard StrauB — um der Gegen-
wart gerecht zu werden — Lieder von Beethoven und Schumann und das Tripel-
konzert in D-moll von Bach, um das Klavier, diesen wesentlichen Faktor der Kammer-
musik, geniigend zur Geltung kommen zu lassen. Die Ausfuhrenden waren die Konigliche
Kapelle unter Leitung des Herrn von Schuch — den Blaserchor dirigierte Herr
Hofkapellmeister Hag en — , die drei Pianisten Roth,Scholz, Sherwood, Kammer-
s'anger Scheidemantel und Herr Reichert, der die Begleitung der Lieder tiber-
nommen hatte.
Am 24. desselben Monats fand ein groBer Festaktus statt, bei welchem die neuen
Ehren-Mitglieder verlesen und eine Anzahl Adressen uberreicht wurden. Am folgenden
Abend fanden die Feierlichkeiten ihren AbschluB in einem Festbankett und Ball.
£. ReuB.
Kopenhagen. Der neulich gegriindete danische Tonkiinstlerverein ist in fiinf
Gruppen organisiert: A. Komponisten, B. Instrumentalisten, C. Sanger, D. Musik-
padagogen, E. Musikschriftsteller. Vorstand der letzten Gruppe, die zwolf IVIitglieder
zahlt 'darunter Dr. Hammerich, Ravn, Thrane, Hetsch usw.), ist Dr. W. Behrend.
Wicn. Eine » Vereinigung schaffender Tonkiinstier in Wien* hat sich hier anfangs
Mai gebildet, die den Zweck hat, >das unmittelbare Verhaltnis zwischen den schaffen-
den Tonkunstlern und dem Publikum zu schaffen, der Musik der Gegenwart in Wien
eine standige Pflegestatte zu bereiten, das Publikum in fortlaufender Kenntnis iiber
den jeweiligen Stand des musikalischen Schaffens zu haltenc. Allgemein geklagt
wird n'amlich in Wien iiber den Mangel an bedeutenden Kovit'aten, an der Interesse-
losigkeit des Publikums diesen gegeniiber, eine Erscheinung, die in krassem Wider-
spruch zu Wiens tonangebender musikalischer Vergangenheit steht. Dem sucht die
neue Vereinigung entgegen zu steuern, die es sich dabei zum Grundsatz gemacht hat,
bei der Auswahl der aufzufdhrenden Werke keine Stilgattung. keine >Richtung« zu
bevorzugen. An der Spitze steht Alex. v. Zemlinsky. Das Ehrenprasidium hat
Direktor G. Mahler ubernommen. Ungefahr 20 Tonkiinstier sind der Vereinigung.
die als Mitglieder nur Komponisten aufnimmt, beigetreten. Fur das nachste Jahr
sind drei Orchester- und drei Kammermusik- und Liederabende in Aussicht genommen.
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376 Notizen.
Notizen.
Anton Dvorak's Debut als Komponist. Die Redaktion entnimmt
dieses Erlebnis des jiingst verstorbenen grofiten bohmischen Komponisten einem Auf-
satze H. Krigar's iiber diesen Komponisten im Jahrgang 1880 des musikalischen
Wochenblattes, urn es vor Vergessenheit zu bewahren. >Der junge, 12j'ahrige Dvorak
war, wie bekannt, von seinem Vater nach Zlotic zu seinem Onkel geschickt worden,
wo ihn der Organist Liehmann im Orgelspiel und in der Theorie unterwies.
Dieser, ein gewandter und sehr strenger Heir, verachtete, trotz seiner kirchliclien
Stellung, keineswegs die weltliche Musik, liefi seiner iippig wuchernden Fantasie in
Marschen und Polkas, die er eigenhandig in Partitur setzte, freien Lauf. Der Schuler.
der hierdurch den ersten Einblick in die geheimnisvolle Welt der Instrumentation er-
fulir, saG mit Verwunderung vor den vielen Liniensystemen seines Meisters und — muBte
die Stimmen ausschreiben. Sehr begreiflich war es, daB der strebende Schuler sich
selbst einmal in einer instrumentierten Polka versuchen wollte. Zu einem Besuche
in Miihlhausen hatte er die Koraposition, von deren Existenz sein Lehrer nichts wissen
durfte, wohlversteckt roitgenommen, um seinen Vater am bevorstehenden Kirchweih-
feste dam it zu uberraschen. Die Stimmen wurden aufgelegt, die Polka begann, aber
scheufilich war der Zusammenklang des Orchesters. Die Musikanten waren auBer sich,
der Vater bestiirzt, der Sohn ratios. Nach einer Weile entdeckten die Trompeter,
daC der junge Streber die Trompeten in F auch wirklich in F-dur geschrieben, wo
sie natiirlich B-dur erklangen. Der Schaden wurde alsbald redressiert und die Polka
zur allgemeinen Freude restituiert. Merkwiirdig jedoch bleibt hier der Umstand, da£
er die schwierigere Transposition der Klarinette richtig aufgefaftt hattet.
Jean Marie Leclair. Durchaus uberzeugend, weil auf Grund des Taufregisters.
bestimmt de la Laurencie Geburtsort und Geburtsjahr des beriihrnten franzosischen
Violinkomponisten, die in s'amtlichen Lexicis falsch angegeben sind, in einem Aufsatz
des Courier musical (16. Mai 1904). Wir teilen das Resultat der Forschung mit:
1. Der Vater von J. M. Leclair, Antoine Leclair, war Posamentier (maitre passe-
mentier) in Lyon und nicht Musiker unter Ludwig XIV, wie bis dahin angenommen
wurde.
2. Jean Marie Leclair ist in Lyon (nicht Paris am 10. Mai 1697 geboren.
Leipzig. In den Tagen vom 30. Mai bis 4. Juni gelangt in dem Auktionsinstitut
von C. G. Boerner in Leipzig die wertvolle Bibliothek des verstorbenen
Hofrat Prof. Jos. Kurschner-Eisenach offentlich zur Versteigerung. Der nahe
an 3000 Nummern auf iiber 200 Seiten verzeichnende, mit einer Anzahl IUustrationen
geschmiickte Katalog der mit rastlosem, zielbewuDten SammelfleiB zusammengetragenen
Bibliothek bietet namentlich Spezialisten auf dem Gebiete der Literatur- und Theater-
geschichte des 18. Jahrhunderts viel des Interessanten und Seltenen. Eine 226 Bande
zahlende Wagner-Bibliothek soil als Ganzes unter den Hammer kommen, AuBerdem
enthalt die Wagner-Abteilung noch Briefe usw. von Wagner und als wertvollstes
Stuck die autographe Klavierpartitur des »Liebesmahls der Aposiel*.
Am 1. Mai starb der hervorragende Anatom Ludwig His, der fur die musikalische
Welt durch seine Untersuchungen an dem Sch'adel J. S. Bach's (1896; Bedeutung er-
langt hat. Auf Grund der Forschungen hat der Leipziger Bildhauer Seflftier Bach's
Antlitz zu rekonstruieren versucht.
Lobenstein i. S. Heinrich Albert, dem eigentlichen Schopfer des modernen*
deutschen begleiteten Sololiedes, dessen Arien seit kurzem im XII. und XHL Bande
der Denkmaler deutscher Tonkunst vorliegen, wird zu seinem 300. Geburtstage (8. Juli
d. J.; an seinem Vaterhause eine Gedenktafel errichtet werden.
London. — The accredited Leicester correspondent of the uTimes,, reported on
16 May 1904, that a MS. full score of Wagner's "Ride Britannia" overture, autograph-
signed, had been there found.
Wagner -went to Kunigsberg August 1836, and while theatre-conductor there wrote
fc'Rule Britannia" overture. The "Neue Zeitschrift fur Musik" of March 1837 records its
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Notizen. 377
performance there under W. Performed again under W. at Riga 19 March 1838. Wagner
spent 8 days in London in September 1839 en route from Pillau to Paris (the "Flying
Dutchman" voyage), but as a wholly unknown and insignificant person. In the 28-page
notice on Wagner by Ed. Dannreuther in Grove's Dictionary, the best English record, is
the remark under Chronological Lists, "Score was sent to the London .Philharmonic Society
in 1840 (apparently lost)". Unless then he confided it to some one when in London, he
sent it from Paris. — Evan William Thomas (1814—1892), a native of Leicester, was
a violinist of some ambition, called himself pupil of Spagnoletti, conducted at the Leicester
Theatre, was principal first violin in 1850 of Liverpool Philharmonic, gave shilling Saturday
concerts in Liverpool 1854, brought out a violin-concerto 1863, acquired much music, bad
domestic troubles, retired to Dinas Dinnle, Merionethshire, N. Wales, and died in a Welsh
workhouse 4th October 1892. Before his death his music-stock was sold from his house,
Hnmberstone Road, Leicester, to a viola-player, George Taffley; who in turn sold it to
a musician Cyrus Bertie Gamble, 17 Hal ford Street, Leicester. "Recently" the latter,
turning over concertos composed by Thomas, found among them the above-named score, of
41 pages. "On thick creamy-coloured paper, of very good quality, but with rather a rough
surface, and the musical lines have been drawn by hand. There is no cover, and over the
first line of the first page there is simply the title Rule Britannia Overture. In the
word Britannia there seems to have been a slight error in the spelling, for the nn's are
very close together, and one of them is more thickly written. The overture has parts for
the serpent and ophiclelde, and atone place introduces the air of Rule Britannia scored
for 4 French horns. It has a finale scored for a full military band in addition to the
31 instruments. The ink has become somewhat yellow with age, but the manuscript, which
is fastened together by 6trong string, is in an excellent state of preservation". On the last
page there is written in the margin Richard Wagner, den 15. Marzl837, Konigs-
berg in Preufien. Some passages have the character of "Tannhauser". — How this came
to Thomas is not ascertained. Not stated how long ago the discovery was made, or why not
before announced. Uenry J. Wood and others pronounce it genuine. According to Ashton
Ellis's book, there is a sketch at Bayreuth.
The first Concert under the new "Patron's Fund" to benefit young English com-
posers, took place on 20 May 1904 at St. James's Hall.
A patron, Mr. S. Ernest Palmer has given 41 20,000 to the Council of the Royal
College of Music, the income to be devoted to bringing out works of British subjects under
40 years of age, helping British-subject executants to get a hearing, and providing Travelling
Scholarships. The Trust "though primarily applicable for the benefit of past and present
pupils of the Royal College of Music could be extended to any other British subjects, whether
educated at any of the music-schools or privately". The Council called for works orchestral
or orchestrally accompanied from the several music-schools, and 42 were sent in and judged
by a joint committee from Royal Academy (Principal, Sir Alexander Mackenzie] and Royal
College (Director, Sir Hubert Parry,. The Committee after reporting individually met for
discussion, and chose 14 works for trial rehearsal. Of these 8 were performed as above, all
"first performances"; 4 from Royal Academy, 3 from Royal College, 1 from Guildhall School;
with following results : — (a) By far the best work, Variations on Swedish Air {with fiat 7th)
by Wm. Y. Hurlstone; masterly treatment, great variety of variation without accentricity,
every now and then long swinging melodies ; work spoilt as whole by suddenly breaking out
after Var. 14 into imitations of "Till Eulenspiegel" and "Heldenleben", and unnecessary
prolongations; but for this a really fine and homogeneous work, (b) Second best, Vocal
Seen a, "Grettir's Departure", by Paul Corder (son of Frederick Corder, Deputy Principal
of the B. A. M.); beautifully written, but a reflection from "Tristan", (c) Gustav von
Hoist's Suite begins with a number according to Gold mark, hat a good Valse and Carnaval,
and a poor Scene de Nuit; in some portions an irresistible e'lau, and gave impression that
here will be a comic-opera writer, (d) Frank Bridge's Symphonic Poem was a good
specimen of the "symphonic poem" order, and singularly empty as to having any music in
it. (e) OtheT compositions were by A. von Ahn Carse, York Bowen, and Henry Geehl.
(f B. J. Dale, T. F. DunhlU, R. Vaughan Williams, and Haydn Wood were mentioned as
held over to another time. — The event exceeded all expectation as to what it brought forth.
Das diamantne Jubilaum von Joachim's erstem Auftreten in England (1844 —1904,
wurde am 16. Mai in der Queens Hall uberaus festlich begangen. Sir C. Hubert
Parry verlas die Adresse, die Lord Balfour In dem Orchesterkonzert beteiligte sich
Joachim als Solist wie Dirigent mit Kompositionen von Schumann, Brahms und von
378 Kritische Biicherschau.
sich. Was Joachim England bedeutet, zeigen am schonsten ein paar Zeilen ans einem
von R. Bridges fur diesen AnlaG verfaGten Gedichte:
Tboo that hast been in England many a year
The interpreter who left us nought to seek,
Hacking Beethoven's in most passion speak,
Bringing the soul of great Sebastian near.
Oschatz i. S. Am 15. Mai wurde eine Gedenktafel fiir Magister C. G. Hering —
1766—1853; Komponist von volkstumlichen Kinderliedern, wie >Morgen, Kinder, wirds
was geben*, >Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Galopp« u. a. m. — und K. E. He-
ring — 1807—79, Komponist einiger bekannter Mannerchore — eingeweiht.
Prag. Im NachlaG Dvorak's befinden sich drei Sinfonien, so daG eventuell der
musikalischen "Welt ein enormes Erbe bevorsteht.
Warschau. Die hiesige Philharmonie hat schon das Frogramm ihrer groGen phil-
harmonischen Konzerte veroffentlicht. Zur Auffuhrung gelangen unter der Leitung
von Mlynarsky folgende Werke: Bach fSinfoniesatz), Beethoven's Pastoralsinfonie,
Bruckner, neunte Sinfonie mit >Te Deum<, Verdi's » Requiem*, Liszt's »Die hi.
Elisabeth*, Tschaikowsky's »Manfred«-Musik, J. S. Converse's (Amerika) »Pans
Feier« und >Parsifal< (!!!) Wagner's auf der Estrade (mit Litvinne, Schmedes,
Kaschmann und Dr. K. Zawilowski). Wir verlieren keine Hoffnung, daG die Erben
Wagner's einen energischen Protest dagegen erheben werden, und daG viele ehrliche
Kunstler sich dazu gesellen werden, wie es seinerzeit anlaGlich der Amsterdamer
•Parsifal «-Konzertauffuhrung der Fall war. Merkwiirdig ist es, daG auch Siegfried
Wagner in der Warschauer Philharmonie die Werke von seinem GroGvater Liszt
>Mazeppa«, »Tasso«, >Preludes*), von seinem Vater die Vorspiele zn >Hollander<,
>Gotterdammerung« und >Tannhauser«) und seine eigenen Vorspiele zu »Baren-
h'auter«, >Herzog Wildfang* und »Kobold« dirigieren soil. Das wird aUerdings
fur die Qualit'at der Bayreuther Ideen und Traditionen entscheidend sein. Richard
StrauG wird seine >Sinfonia domestica* dirigieren. J. Paderewski wird sich auch
als Sinfoniker mit der Sinfonie H-moll vorstellen. — Folgende Ktinstler werden auf-
treten: Emil Sauer, J. Paderewski (F-moll Konzert von Chopin), Mark Hambourg,
J. Sliwiriski (B-moll Konzert von Tschaikowsky), R. Pugno, Kubelik, Barcewicz, Ysaye,
Landi, Heridee d'Arclee.
Der bekannte polnische Komponist Mieczysiaw Karlowicz arbeitet an einer sin-
fonischen Dichtung »Zuriickkehrende Wellen*.
Wien. Der Klavierprofessor des hiesigen Konservatoriums Henryk Melcer-
Szczawiriski, welcher vor einiger Zeit in Warschau einen durchschlagenden Erfolg
mit seinem polnischen Musikdrama »Marya« davontrug, arbeitet an dem Musikdrama
>Protesilu8 und Laodamia*, dem als Sujet das Drama des groGten jetzigen polnischen
Dramaturgen Stanislaw Wyspiailski zugrunde liegt.
Kritische Bflcherschau
der neu-erschienenen Biicher und Schriften iiber Musik.
Barth , Richard. Johannes Brahms Programmmusik einig sind , und wenn sie
und seine Musik. Hamburg, Otto ^er ^selben sind, mit den gleichen
,r.n TT1 +nr\A i Argumenten kommen wie vor 50 Jahren.
MeiBners Verlag. 1904. Wenn man gich auf den ^^ primitiven
DasBUchlein ist begeistert geschrieben, , Standpunkt schwingen konnte, daG man auf
aber im ganzen recht unbedeutend, und diese und jene Art >gut« oder »schlecht«
kommt iiber den Ton, der bei popularen i musizieren kann, dann waren wir schon
Yortragen iiblich ist, kaum hinaus. Inter- ziemlich weit. Die recht hubschen, aber
essant sind solche Schriften immer da- nirgendsin dieTiefegehendenBemerkungen
durch. weil sie zeigen, daG sich die Menschen iiber Werke von Brahms wimmeln in echt
immer noch nicht iiber das Wesen der modernerWeise von iibertriebenen Epitheta:
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J
Kritische Bucherschau.
379
Das Violinkonzert, ein Riesenwerk, das
deutsche Requiem wird neben Bach's
Matthaus-Passion und Beethoven's Missa
solemnis gestellt, Brahms ein Genie von
beinahe erdruckender Grofte usw. Wie
man Brahms kennt, wttrde er sich selbst
gegen derlei Urteile wenden. A. H.
Musik und Musikinstrumente im
Alton Testament von Dr. Hugo
GreCmann, GieBen, Ricker 1903.
(1. Heft des II. Bandes der »Reli-
gionsgeschichtlichen Versuche and
Vorarbeiten* von Dieterich und
Wiinsch.)
Uber Musik und Musikinstrumente des
Altertum8 ist von je mehr Unsinniges, als
Vernunftiges verbreitet worden. Sogar in
unserem XX. Jahrhundert werden in einem
sechsbandigen Werk ungeheuerliche Dinge
hieruber zum besten gegeben. Der Grund
liejjt teik in der Unzuverlassigkeit der
meisten Quellen, teils in dem Mangel an
musikwissenschaftlicher oder philologischer
Bildong seitens der gewohnlich kompila-
torisoh vorgehenden Verfasser. Bis ins
Abentenerliche versteigen sich meist die
kritiklo8en Ausleger der Nachrichten uber
die Musik der Blebraer. Das Verdienst
Greftmann's besteht darin, daG er nur wenig
gibt, in dieser Beschrankung aber die bisher
bekannten Nachrichten mit dem groftten
>Mi£trauen« aammelt und sichtet und da-
durch mehr gibt, als manche ausfuhrliche
Schrift.
Ln ersten Abschnitt behandelt der
Verf. die Musik der alten Hebraer, wobei
er naturlich von den notwendigerweise will-
kurlichen Ausdriicken unserer Bibeliiber-
setzung absieht und sich strong an die
Qriginalsprache halt. Wir erhalten einen
Uberblick iiber die Personifikationsfrage in
den Uranfanjjen der Musik (Jubal), uber
die Laienmusiker und spateren Berufsmu-
siker, Kultmusik und Zunftmusik, Musik im
Dienste der Zauberei, Heilkunst, Gottes-
verehrung, Damonenvertreibung, Prophetie,
wobei sehr wertvolle Parallelen mit anderen
Kultur- und Naturvolkern gezogen werden.
Der zweite Abschnitt behandelt die
Musikinstrumente. Gestutzt auf mittel-
alterliche Quellen hat man versucht, bis zu
36 hebraische Musikinstrumente zu be-
scbreiben, von denen aber uber die H'alftc
im Alten Testament uberhaupt gar nicht
vorkommen. Der Verf. print den sach-
licben und etvmologischen Ursprunff der
Namen nach alien Richtungen, wobei sich
oft Beziehungen zum Material herausstellen,
aus dem das Instrument urspriinglich vor-
fertigt wurde. A. Die Saiteninstrumente.
Z. d. L M. V.
1. Nebel, gr. vapka usw., lat nablium.
Die Bedeutung des Wortes als >Schlauch«
wird eingehend erortert (wobei naturlich
die verlockende Beziehung zum Schlauch
des Dudelsacks ignoriert werden muBte);
uber Form und Besaitung bestehen nur
Vermutungen, als Saitenzanl wird 10 und
12 genannt. 2. Kinnor, gr. xiyyvQa, mit
Beziehungen auf das Lotosholz, aus dem
wohl auch Saiteninstrumente angefertigt
wurden, sowie auf die Stadt Kinaroth und
den Helden Kivvvqas. 3. Sabka, gr. <r«/4-
pvxf]. Der semitische Ursprung des Wortes
wird bezweifelt, eine Beziehung zum Stamme
sand im rotlichen Sandelholz gesucht; Uber
das Musikalische ist nur bekannt, daft der
Name zugleich mit i/zaAi^iorund <Tr/icpaiW«
^enannt wird (Buch Daniel). .. B. B las-
ins trum en te. Unter der Uberschrift:
1. Die Flcite, werden genannt die aus
»hohlem Rohr« bestehende »Flote« Chalil,
die wahrscheinlich sehr erre^end wirkende
und z. B. im Gottesdienst senr selten vor-
kommende Ugab, und schlieftlich masch-
rokitha, allem Anschein nach gleich der
ovQiyZ, Panspfeife. (Die Anmerkung, daft
in ovQtyg, (pogpiyt, aaXmy^ usw. das Suf-
fix das >Gedrehte« ausdrucke, befremdet,
denn wieso haben die Panspfeife und die
gerade aaXmyl; [» romische TubaJ etwas
ffedrehtes?). In diesem Abschnitt nun, wie
ubrigens in der ganzen Abhandlung, ist
dem Verfasser derselbe Irrtum untergelaufen,
der bis vor kurzem fast iiberall inbezug auf
dieantiken >Holzblasinstrumente« herrschte;
er spricht fortwahrend von »F16ten«,
»Donpelfloten« usw., wahrend fastalle die
von inm so benannten Instrumente zweifel-
los nahe Verwandte der avXoi waren, und
diese sind nach den uberzeugenden For-
schungen von Gtevaert, Mahillon, Howard
und neuerdings Riemann unbedingt keine
Floten, sondern Instrumente mit Zungen
oder Rohrblatt gewesen. Floten, d. h. In-
strumente, die ohne Vermittlung von Zungen
irgendwelcher Art angeblasen werden, smd
mit Ausnahme der Pansflote oder -pfeife
und den groften egvptischen sebi (die nach
i der Anblaseart sehr schwach geklungen
haben miissen) im gesamten Altertum nicht
; sicher nachzuweisen. Ob der IlXuyiavXog
, oder die von Gevaert noch angenommenen
, J&nzel-avQiyyee wirklich Quer- resp. Schna-
belfloten waren, ist sehr zwefielhaft ffeworden.
! Eine nicht restaurierte Darstellung von
Floten aus dem Altertum (immer mit
1 Ausnahme jener einen egyptischen Art)
ist uberhaupt nicht auf uns gekommen.
Vor allem sollte man den sinnlosen Aus-
druck Doppelflote ein fur allemal ver-
abschieden, auch diese Auloi waren Instru-
mente mit einfachem oder doppeltem Rohr-
blatt, man sollte deshalb den Ausdruck
380
Bespreohung yon Musikalien.
»Aulos« endgiiltig in unsere Sprache ein-
fiihren, wie unzahlige andere, modern nicht
erschopfend wiederzugebende Namen fur
antike Begriffe. 2. Die Trompeten.
Besprochen wird: schofar (Widderhorn),
chazozrah (vielleicht eine engmensurierte,
kurze Trompete), und jubal (wohl tiefere
Trompete). Die Bemerkung, dafi die Alpen-
horner aus ausgebohrtenjungenTannen-
b'aumen bestanden, ist dahin zu modifizieren,
dafi diese nicht ausgebohrt, sondern langs-
weise halbiert, einzeln ausgehohlt und dann
wieder zusammengeleimt oder -gebunden
wurden, wie es heute noch die Hirten im
Thuringerwalde macben. C. Die Sch lag-
instrument e. Es werden genannt als
Namen flir Zimbaln, Kastagnetten, Glock-
chen usw. zelzelim, menaaneim, me-
zilthajim, ferner fiir Handpauke toph
(ein Name, der noch im Spanischen Adufe
steckt), und wohl mit Ringen verzierte
Schiittelinstrumente schalischim.
Man sieht, die rein musikalische Aus-
beute ist gering, doch diirfte das kleine
Werk in seiner vorsichtigen Zusammen-
fassung wohl der beste Wegweiser fiir Alle
sein, (Be sich mit dieser Frage beschaftigen
wollen. Hoffentlich bringen vergleichende
Forschungen und Ausgrabungen allmahlich
etwas Licht in diese Materie; ein ahnliches
strong wissenschaftliches Werk iiber egyp-
tische Instrumente wiirde ubrigens auch
einem entschiedenen Bediirfnisse entgegen-
kommen. Aloys Obrist.
Neuere Wagner-Literatur.
Levy, Gustav, Richard Wagner's
Lebensgang in tabellarischer Dar-
stellung. Berlin, Harmonie -Ver-
lag. 1904.
Ob diese Art der Darstellung, eines
»Katechismus« von Wagner's aufierem
Leben, einem wirklichen Bediirfnis ent-
spricht, mochte ich nicht entscheiden.
Selbstandigen Wert kann man einer Arbeit,
bei der einzig Flei fi und Gewissenhaftig-
keit mitspielen — denn auf selbstandige
Forschung macht das Buchlein keinen An-
spruch — wohl auch nicht zuschreiben.
Wer rasch das vielbewegte Leben des
Meisters mit ein paar markanten, einem
Wagnerianer aber gut bekannten Warner-
schen Ausspriichen sich vorfuhren will, der
wird an der Schrift ein gutes Repetitorium
nnden konnen. Charakteristisch ist, da£
uber Minna Planer keine Geburtsdaten ge-
macht sind ; man nimmt das Jahr 1815 doch *
als ziemlich sicher an.
Materna, Hedwig. R. Wagner's
Frauengestalten. Verlag der Frauen-
Rundschau , Berlin und Leipzig.
M 2.—.
Es ware psychologisch nicht uninter-
essant, das Urteil von Fraaen uber Hel-
dinnen ihres Geschlechts zu horen; denn
iiber manches mufiten sie Enthullongen
machen konnen, die dem Manne neu und
vielleicht wertvoll sein konnten. Es trifft
dies aber in den meisten Fallen nicht zu, wo-
ran wohl die angeborene Unselbstandigkeit
weiblichen Denkens der Grand sein wird.
In dieser Charakteristik von Frauengestalten
findet man zwar hier und dort Stellen, die
1 nur von einer Frau geschrieben sein konnen
| (so S. 56), aber gerade besonders wertroll
sind sie nicht und mehr fur die Verfasserin
interessant als fur die Personen der Kunst-
werke, indem die Dame weniger die Gestalten
selbstandig als Weib durchfuhlt, sondern
| sie im Geiste Wagner's , besser Chamber-
: Iain's, der sehr oft durchblickt, nachfuhlt
Die Verfasserin, die Wagnersangerin in
Mainz ist, verfugt iiber unverkennbare
Intelligenz, hat Chamberlain, wie eben be-
merkt, mit Nutzen gelesen, lafit die Hand-
lung von > Tristan and Isolde* nach dem
Genufi des >Liebestranke8«, den sie richtig
erklart, erschopft sein, bringt aber besonders
iiber Eva und Senta manches fur Buhnen-
sangerinnen niitzliche Wort, and so gehort
das Werkchen noch lange nicht nun
Ubelsten, was uns die unvermindert an-
schwellende Wagner -Literator beschert
hat. A. H.
Soleniere, Eugene de. Le fils de
l'Stoile. Drame musical de Catolle
Mend6s et A. Camille Erlanger.
fitude et analyse thSmatique de Is
Partition. Paris, Librairie Fisch-
bacher.
Besprechung von Musikalien.
Bearbeitungen fiir Pianoforte zu
zwei Handen von Aug. Stradal.
C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig.
1. Berlioz, H. Irrlichtertanz, Sylphen-
tanz, Hollenfahrt aus Fausts Ver-
dammung. a Jt 1,50.
Diese Stiicke im Klaviervortrag ge-
niefibar zu machen, erfordert virtuose Tech-
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Besprechung von Musikalien.
381
nik and Niiancierun^akunst. Die sprode
Melodik des geistreichen, aber bizarren
Franzosen vermag ohne den Orchesterauf-
putz nicht zu erwarmen. Zur Orientierung
- uber die Eigenart des Bahnbrechers der
modernen Orchestration sind Stradals Uber-
tragungen recbt brauchbar.
2. Lisst, F. Rosen wander , Ge witter
und Sturm (Heilige Elisabeth),
Wonder, Einzug in Jerusalem
(Christus), a uT 1,50.
Schon mehr hat Stradal aus Liszt's Par-
tituren fur dasKlavier herausgeholt; nament-
lich die zarten lyrischen Momente kommen
gut zur Geltung. Die neuartigen harmo-
nischen und modulatorischen Wendungen
beleben die in der Hauptsache homophone
Musik and geben ihr einen sinnlichen iflang-
reiz, der die tieferen Wirkungen wirklich
polyphoner Kunst ersetzen muB. Die Perle
der vier Stticke ist das >Rosenwunder«, in
dem etwas von der mystischen Schonheit
des >Parsifal< lebt ; mit allem Raffinement
Liszt'scher Klavierkunst ist das Andante
religioso ausgestaltet. Yon gleich fesseln-
der Schonheit ist das Andante im » Ein-
zug in Jerusalem*.
3. Baoh, Joh. Seb. Praludium und
Puge fur die Orgel, E-moll (Jf 2.—)
und G-dur (Jf 1.60).
Das sieghaft, machtvoll und maie-
st&tiscb einherschreitende Praludium der
>Springbrunnenfuge« in E-moll wirkt eben-
so herrlich wie die ernste, tiefsinnige Fuge
selbst, die wie ein monumentaler Pracht-
bau musikalischer Gotik aufragt, als leuch-
tendes Denkmal der wunderbaren kontra-
punktischen Kunst ihres Schopfers. In
wirk8amem Gegensatze zu dieser >philo-
sophischen* Fuge steht das quellfriscn da-
hinrauschende Praludium in G-dur mit der
sinnig-heitern Fuge, deren neckischesThema
in der ungezwungenen, wie von selbst sich
ergebenden Durchfuhrung in prachtigen
Steigerungen hervortritt.
4. Krebs, J. L. Grofle Phantasie
und Fuge fur die Orgel. G-dur
{Jf 2.-)-
Was von Bach formal zu lernen war,
hat sein Lieblingsschuler Krebs ganz ge-
wiG gelernt. Da6 im ceistigen Gehalt ein
betrachtlicher Abstana zwischen Meister
und Jtinger besteht, gibt wohl jeder Bach-
kenner zu. Die »GroCe Phantasie « mutet
schon ganz modern an; die Fuge ist der
Typua Krebs'scher Schreibart: mehr gl'an-
zend als tief, von kristallheller Klarheit
und Durchsichtigkeit, ein Musterstiick zum
Studium. Mendelssohn, der an Bach ge-
8chulte, gewandte Kontrapunktiker, kunnte
sie ge8chrieben haben, nur da6 der alte
Meister mit seinem kraftvolleren Empfin-
den neben dem jungen steht wie der Mann
neben dem Weibe.
Szantd, Theodor. Praludium und
Fuge fur die Orgel von J. S. Bach
(Jt 2. — ). Vier Orgel -Choral vor-
spiele von J. S. Bach [M 2. — ).
C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig.
Szanto's Klavierubertragungen stehen
gleichartig neben den gediegenen Arbeiten
StradaTs. Auch er weil3 den Vollklang der
Orgel pr'achtig wiederzugeben ; schon nach
den ersten Takten erkennt man, daC diese
Ubertragungen auCerordentlich spielbar und
wirkungsvoll sind. Vor Dezimengangen
und schwierigen Bindungen darf der Spieler
aUerdings ebensowenig wie bei Stradal
zuruck8chrecken , auch nicht vor den Ok-
taven der linken, die den Vollton des Pedals
markieren. H. M.
Lortzing, A. Ali Pascha von
Janina, Oper in einem Akt. (Nach
der urschriftlichen Partitur im Be-
sitz des Herrn Dr. Erich Prieger
in Bonn, bearbeitet von Georg
Richard Kruse.) Leipzig, Bartholf
Senff.
An dieses Werk kann ein moderner
MaCstab nicht angelegt werden. Der Ver-
lag hat auch andre Griinde gehabt, das
erste Werk Lortzing's ;mit 23 Jahren ge-
schrieben) zu drucken. Wir ersehen daraus,
daC Lortzing in seinen Vorziigen und
Fehlern schon hier so ziemlich fertig ist,
im Gegensatz zu andern Meistern der
Buhne. Georg Richard Kruse gibt ein
Vorwort, worm er Uber Schicksale, Bear-
beitung und Neuauffiihrung dieser Oper
genaue Rechenschaft gibt. Das ist unge-
mein dankenswert, zumal er verspricht, die
noch drei ungedruckten Opern und Ora-
torien zu veroffentlichen. Seiner Meinung,
daC sich vorliegendes Werk zur Auffuhrung
eigne, kann zugestimmt werden. Kritisch
ist hier weiter nichts zu tun. als auf die
bereits erschienenen und noch erscheinen-
den Publikationen Kr use's Uber Lortzing
hinzuweisen, indem er mit Objektivitat uber
Lortzing zu urteilen weiC. Das Auffuhrungs-
recht dieser Bearbeitung mu(3 erworben
werden. F. B.
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382
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Circulaire van . . . den bisschop van
Namen over de Kerkenmusiek. ibid.
Orgel und Chorgesang im Gottesdienst
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Some Words on words (> Color in mu-
sicc). — MC 26, 16.
Some editorial preludes, comment and
quotation on current musical matters
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Music for the people — MC 26, 16.
Mort d'Antoine Dvorak — MM 16, 9.
Ocean Grove (Aufsatz behandelt die
musikalischen Verhaltnisae dieser Stadt
— MC 26, 16.
Bits about Biilow — MC 26, 17.
L'Anacrusa en la musica moderns R.
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Le fils de lMtoile, Oper von Erlanger
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M. Massenet — MM 16, 9.
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S'angerfest — Schweizer. Z. f. Gesang u.
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Mitteilongen der „Internationalen MusikgeseUsohaft".
Ortegruppen.
's-Gravenhage.
Unter dem Vorsitz und in den schonen neuen Museumsraumen des Herrn D. F.
Scheurleer fand am 10. Mai die statutenmaCige Generalversammlung der Vereeniging
roor Noord-Nederlands Muxiekgeschiedenis statt.
Der Sekret'ar, Herr Prof. Dr. H. C. Rogge, erstattetc zun'achst den Bericht iiber
die Tatigkeit des Vereins im Jahre 1903. Es wurde publiziert: 1. Een duyisch Musyck
Boeeky nach der Ausgabe von 1572 in Partitur gebracht von F. van Duyse; fort-
gesetzt sodann 2. die Tijdschrift mit Beitragen von Ensched^ undMunnich; 3. die
Beitrage zum Repertorium der Niederlandichcn MusiklUeratar von Scheurleer. Unter
den Ankaufen fur die Bibliothek durften besonders einige Briefe von Hollandern
wegen der darin enthaltenen Schilderung der musikalischen Zustande zu Anfang des
19. Jahrhunderts interessieren.
Nach erfolgtem Kassenbericht seitens des Schatzmeisters Herrn E. van Hall
wandte sich die Besprechung den laufenden und spater geplanten Arbeiten zu. U. a.
wurde beschlossen, demnachst die Subskription auf die neue Gesamtausgabe der Werke
Jac. Obrecht's zu eroffnen und im folgenden Jahre den ersten Band erscheinen zu
laasen.
Fernerhin hatte die Versammlung zu der Neuordnung der I. M. G. Stellung
zu nehmen. Es wurde einstimmig der BeschluB gefaBt, die Legalit'at der Leipziger
Beschlusse vom 6. Dezember 1903 und die daraus resultierende Neuordnung der I. M. G.
anzuerkennen.
Schlieftlich wurden einige Neuwahlen vollzogen: vom Vorstand kooptiert wurden
die Herren F. van Duyse (Gent) und J. Rontgen (Amsterdam), als Mitglieder erwahlt
die Herren J. Kessels (Tilburg), J. Godefroy (Steenwijk], J. Schoonderbeek (Naarden),
J. vanRossem (Utrecht;, M. Maarschalkerweerd ^Utrecht;, Professor Dr. H. Kretzschmar
Berlin), H. van Eyken (Berlin), Dr. F. L. Limbert (Kesselstadt), Kapellmeister F. Rung
(Kopenhagen), Dr. C. Navratil ^Prag). Max SeiflferL^T
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386 Mitteilungen der > International en MusikgesellschafU.
Leipzig.
Am 24. April sprach Prof. Dr. A. B art h- Leipzig liber die Bildung der
menschlichen Stimme und ihres Klanges beim Singen nnd Sprechen
vom physikaliBch-physiologischen Standpunkte betrachtet. Hedner
fiihrte folgendes aus: Die Fahigkeit zur Stimmbildung ist zwar angeboren, aber die
Stimme entwickelt sich erst auf dem Wege durch das Ohr. Ohne Gehor keine Sprache,
kein Ton, kein Gesang. Wer nicht schon von Jugend an den richtigen Klang der
Stimme gefunden, oder seine Stimmbildung vernachlassigt hat, kann ihn in spaterem
Alter lernen, und zwar zun'achst durch die Bildung des Gehors. Zu empfehlen ist ein
Lehrer, der selbst im richtigen Klang sprechen und singen und den Scbuler damit zur
Nachahmung veranlassen kann, der womoglich auch die verschiedenen unerwunschten
Tone zum Abschrecken hervorzubringen vermag. Ein guter Sanger oder Redner soil
uberhaupt seiner Stimme ganz verschiedene Klangfarbe geben konnen, um damit
eventuell verschiedene Effekte zu erreichen. Welchen Klang er fiir den edlen halt,
ist seinem asthetischen Empfinden iiberlassen. Sehr viel zur Bildung des richtigen
Stimmklangs tragt die Bekanntschaft mit der physiologischen Einstellung des Stimm-
apparats bei. Die Korperteile, von denen die Bildung der Stimme und ihr Klang ab-
h'angt, lassen sich in zwei Gruppen teilen : die eine ist bei jedem einzelnen Individuum
konstant, vor allem durch den Willen nicht zu beeinflussen, die andre dagegen vom
Willen abhangig und wird gebildet durch das sog. Ansatzrohr: Rachen — Mund —
Nase. Durch Verengerung, vollstandigen AbschluC oder Erweiterung einzelner dieser
Teile werden die verschiedenen Klangarten der Stimme bedingt: kehliger, gaumiger.
kloBiger, nasaler, anasaler, heller, gedeckter und normal voller abgerundeter Ton mit
ausgeglichener Bachen-, Mund-, Nasenresonanz. Gerade die letztere Einstellung ist
diejenige, wo am wenigsten fiir das Singen uberfliissige Muskelgruppen angespannt
werden. Die Vokale bilden Resonanzerscheinungen ausschlieClich der Mundhohle. —
Physikalische und physiologische Vorfuhrungen erl'auterten die einzelnen Punkte des
anziehenden Vortrags, der demn'achst im Druck erscheinen wird.
Vorher gedachte Herr Prof. Dr. Prufer des aus Leipzig und damit aus der
hiesigen Ortsgruppe scheidenden Prof. Dr. Hermann Kretzschmar und seiner segens-
reichen, von Leipzig nie genug gewiirdigten Tatigkeit als Dirigent, Dozent, Schrift-
steller und Gelehrter. Moge ihm, dem allseitig Gesch'atzten und Verehrten — so
schloB der Vortragende — auch im neuen Wirkungskreise als ordentlicher Professor
an der Universitat Berlin ein nachhaltiges Schaffen zum Heile der deutschen Musik-
wissenschaft beschieden sein! Arnold Schering.
Neue Mitglieder.
Dorr, W., Professor am Konservatorium,
Wien I, Annagasse 18.
Hirsch, Paul, Frankfurt a. M., Westend-
straCe 52.
Knapp, Eugen, stud. phil. et mus., Char-
lottenburg, HerdastraCe 1.
Stein, Richard Heinrich, Komponist und
Musikschriftsteller, CharlottenbuTg, Obi-
mer-StraCe 16 II.
Thalberg, Dr. Oskar, Wien IX, Porzellan-
gasse 60.
Kgl. Universitats-Bibliothek Halle t/S.
Anderongen der Mitglieder-Liste.
Hartog, Professor Jacques, Amsterdam,
jetzt Weesperzijde 9.
Kretaschmar, Dr. Hermann, Ordentl. Pro-
fessor an der Universitat zu Berlin, f ruber
OetzBch b/Leipzig, jetzt Schlachtensee bei
Berlin, DianastraBe Villa Clara.
Sohiedermair. Dr. Ludwig, friiher Leipag.
jetzt Berlin NW., AlbrechtstraBe 23 L
Ausgegeben Ende Mai 1904*
Fiir die Redaktlon verantwortlich : Dr. Alfred Heufl, Leipzig, Salomonstr&fie 11.
Druck und Verlag vonBreitkopf&Hartelin Leipzig, Niirnberger Strafie 36.
ZEITSCHRIFT
DER
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 10. FQnfter Jahrgang. 1904.
Erscheint monatlich. Fiir Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kostenfrei,
fur Nichtmitglieder 10 M. Anzeigen 26 djf fur die 2 gespaltene Petitzeile. Beilagen 15 M.
Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert.
Vor etlichen Jahren verbanden sich in Holland eine Anzahl Historiker,
um in einer Reihe schon ausgestatteter Monographieen das Amsterdam des
17. Jahrhunderts nach den verschiedenen Seiten des sozialen und kiinstle-
rischen Lebens darzustellen. Eine groBe Reihe von Reproduktionen nieder-
landischer Gemalde, Holzschnitte, Titelblatter und Druckproben des 17. Jahr-
hunderts wurde benutzt, um das Dargestellte zu veranschaulichen. In diesem
Rahmen hat uns nun D. F. Scheurleer, der Vorsitzende der Veremiging
war Noordr-Nederlcmds Muziekgeschiedenis ein Bild des Amsterdaraer Musik-
Jebens jener Zeit gegeben1).
Losgelost von der Person engeschichte, doch ohne sie angstlich zu meiden,
zeigt uns die Darstellung die Gestalten und Wandlungen der offentlichen
und hauslichen Musikpflege. Notendruck und Instrumentenbau sind Gegen-
stand besonderer Kapitel. Eine einleitende Ubersicht nimmt ihren, Ausgang
von den gewaltigen TTmwalzungen, die auf musikalischem Gebiete die Wende
des 16. zum 17. Jahrhundert begleitet haben, und knupft daran die ge-
schichtlichen Voraussetzungen fur das Auftreten Sweeli nek's, dessen Wirkung
auf die folgenden Generationen nach Umfang und Grenzen gekennzeichnet wird.
Mit Recht ist in in dieser Weise Sweelinck an die Spitze des "Werkes
gestellt. Die Entwicklung seiner ktinstlerischen Personlichkeit, in der Altes
and Neues, Einheimisches und Fremdes sich mannigfaltig und fruchtbar
iurchdringen, beruht auf einer Zusammenfassung aller der tonkunstlerischen
El entente, die flir das beginnende 17. Jahrhundert in den Niederlanden
jharakteristisch sind. In ihm lebt noch die Tradition der mit Lassus ab-
reschlossenen Epoche; aber zugleich gewinnen durch ihn die Kunstmittel der
leuen -Zeit, die chromatische Durchsetzung des Tonsystems, die junge Orgel-
;unst Merulo's, die Klaviertechnik und die Freistimmigkeit der englischen
^irginalisten, Heimatrecht auf niederlandischem Boden. Und Amsterdam hat
rirklichen Anteil an der Grofle dieses Mannes: hier ist seine Heimat, hier
mpfangt er die Mittel zum Studium in Venedig, hier wird der Achtzehn-
ihrige als Nachfolger seines Vaters Organist der Alten Kirche, hier wirkt
r 41 «Tahre, bis ihm bei seinem Tode sein hochbegabter Sohn Dirk im Amte
►lgt. jVIerkwtirdig ist nur, daB es ihm offenbar nicht gelang, fur sein eige-
1 Amsterdam in de 17 de eeuw. llet muxicklevcn. Door D. F. Scheurleer. 's Graven-
ige (W. P. van Stockum db xoon).
Z' a- X-M' V* Di|Sed by G00gk
388 Richard Munnich, Das Musikleben Amsterdam* im 17. Jahrhundert.
nes Vaterland in der Weise Traditionen zu begriinden, wie er es fur Deutsch-
land tat. Scheidt, Scheidemann und den anderen norddeutschen Organisten
lassen sich Ebenbiirtige in den Niederlanden nicht zur Seite stellen ; Noordt's
Tabulaturbuch, ohne Zweifel ein wertvolles Zeugnis seiner heimischen Nach-
wirkung, ist anscheinend doch nur ein letzter Auslaufer der dortigen Schule.
»Die deutsche ging kraftvoll ihren Weg bergauf, der der hollandischen be-
ginnt sich im Sande zu verlieren* (Seiffert). Fremde Elemente gewannen
tJberhand, welsche Weisen drangen ein, die moderne Tonalitat begann die
alten Lieder zu korrumpieren. Das Jahrhundert, das mit Sweelinck's Glanz
so grofi begonnen hatte, sah bei seinem Ausgange die niederlandische Ton-
kunst in Yerfall.
Ein Werk, das das Amsterdamer Musikleben im 17. Jahrhundert be-
schreibt, kann den Ahnherrn der norddeutschen Orgelkunst naturgemaB nur
streifen. Trotzdem erhalten wir Einblicke in seine Tatigkeit an der Alten
Kirche. Vor allem ist eins zu bemerken: das, was wir heute als selbstver-
standliche Hauptfunktion des Organisten betrachten, die Begleitung des
Gemeindegesanges, hat Sweelinck niemals ausgeubt. Der Geist
der reformierten Kirche empfand auch die suggestive Gewalt des Orgelklanges
als ein auBerliches Mittel, von der katholischen Klirche bestimmt, urn die
Massen zu blenden. In den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts schurte
die Geistlichkeit auf ihren Synoden eine heftige Bewegung, die in letzter
Instanz auf nichts geringeres ausging als Entfernung der Orgeln aus der
Kirche1). Aber dahin kam es denn doch nicht. Ein solcher Schritt hatte
in die Kompetenzsph'are der stadtischen Regierungen gehort, und diese wider-
setzten sich energisch dem puritanischen Begehren; schwieg die Orgel auch
wahrend des Gottesdienstes, so durfte sie doch vorher und nachher ertonen.
Allmahlich, im Laufe der Jahrzehnte, beruhigten sich auch die Geister: gegen
Mitte des 17. Jahrhunderts fuhrte man hier und dort sogar die verponte
Orgelbegleitung ein, und die Delfter Synode von 1638 erklarte das geradezu
fur eine gleichgiiltige Sache. Amsterdam folgte erst 1680 nach.
Uber das Spiel vor und nach dem Gottesdienst weiB man nur wenig.
Jedenfalls pflegte der Organist nach der Predigt iiber die gesungenen Psal-
men zu improvisieren. Der Verfasser weist darauf hin, welche schone Ge-
legenheit sich hier Sweelinck bot, seine eminente, an den Englandern ge-
schulte Yariationstechnik zur Geltung zu bringen. Aber damit nicht genog.
Amsterdam besaB, wie zahlreiche niederlandische Stadte, richtige KircheD-
konzerte. Die Nachrichten dariiber gehoren allerdings, gerade soweit sie
Amsterdam angehen, iiberwiegend der zweiten Hal ft e des 17. Jahrhunderts,
also der Zeit nach Sweelinck's Tode an; aber fur Dirk Sweelinck's Zeit, der
bis 1552 den Posten seines Vaters inne hatte, sind die Kirchenkonzerte nach-
weisbar, und in Leiden wurden sie bereits 1593 vom Magistrat eingefuhrt.
Man darf getrost mit Scheurleer vermuten, daB Amsterdam, im Besitze eincs
Organisten vom Range des groBen Jan Pieterszn, noch wahrend dessen
Amtszeit dem Beispiele Leidens folgte — vorausgesetzt, daB es nicht schon
1) Granz ahnlich waren im 16. Jahrhundert die Verhaltnisse in der deutschen re-
formierten Schweiz, wo man soweit gegangen war, Gesang und Orgel vom Ctottesdienst
auszuschlieGen. Gegen Ende des Jahrhunderts, also gerade, als in Holland diese Be-
wegung einsetzte, war in der Schweiz diese antimusikalische Stromung wieder nr
Ruhe gekommen. Vgl. Karl Nef, Die collegia musica in der deutschen reformiertei
Schweiz.
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J
Richard Miinnich. Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert. 389
vorangegangen war. Entstanden sind diese Konzerte auf merkwiirdige "Weise.
Die Kirche, die auBerhalb des Gottesdienstes durchaus nicht als gewcihte
Statte gait, wurde gern von der Obrigkeit fur profane Zwecke und von den
Burgern als allabendlicher Treffpunkt benutzt, an dem man in Gesprachen
mit seinesgleichen Unterhaltung und Erholung nnden konnte. Eine Abbil-
dung zeigt uns so die Neue Kirche: Manner und Frauen, Eltern mit Kin-
dern gehen umher oder bilden kleine Gruppen, einige sitzen auf den Bank-
reihen, andere bewundern den Kirchenschmuck. AUes behalt dabei vergnugt
den Hut auf dem Kopfe, und hochst weltlich springt eben noch ein Hund
zur Kirche herein. Es lag nahe, diese unterhaltenden Kirchenpromenaden
durch Orgelspiel noch unterhaltender zu machen. Zunachst mogen wohl-
habende Kaufherren oder dergleichen den Organisten durch Geld und gute
Worte dafur gewonnen haben, wie es ja auch an anderen Orten geschah.
In Liibeck entstanden auf derartige Weise die beriihmten »Abendmusiken«,
in Holland, als ihr dortiges Seitensttick, die Kirchenkonzerte. Zur Orgel
kamen gelegentlich auch andere Instnimente und Gesang. Sweelinck
konnte hier seiner Vaterstadt zeigen, daB sie ihn nicht erfolglos in die Fremde
geschickt hatte, und wir konnen uns vorstellen, wie seine Landsleute auf-
horchten, als sie zum erstenmal seine groBe dorische Fantasie mit der reichen
Chromatik und dergleichen von Gnind auf neue und grandiose Musik horten.
Der Ernst des Kiinstlers ging aber natiirlich auch auf die Horer iiber, und
so wurde aus den promenierenden Gruppen eine andachtig lauschende und,
wie wenigstens fur Dirk Sweelinck's Zeit bezeugt ist, dichtgedrangte Ge-
meinde. Virtuosentum und verweltlichter Geschmack brachten allerdings im
Anfange des 18. Jahrhunderts die Kirchenkonzerte in Verfall.
.Aber es gab auch minder feierliche Statten, an denen der Amsterdamer
Burger, wenn er mochte, seine musikalische Neigung befriedigen konnte. Das
waren die sogenannten >Musikherbergen«, — Wirtshauser, in denen M'ann-
lein und Weiblein frohlich bei "Wein und Bier und manch leckerem Bissen
den Spielleuten zuhoren konnten, die der Herbergswirt eigens zu diesem
Zwecke in Dienst hatte. Hier erklangen kraftig » Viola, Bafl und Geigen«.
Auch Blaser waren dabei, und lustige Lieder wurden gespielt und gesungen.
Die meisten dieser Hauser standen in etwas ublem Geruch; von einigen aber
horen wir, daB sie sogar »herrliche Musik* boten. Gaste, die sich auf ein Instru-
ment verstanden, mischten sich bisweilen unter die Spieler oder gaben ein
Solostuckchen zum besten, und in einem Falle heiBt es sogar, daB dies eine
feststehende Gastepflicht war, von der man sich freilich mit einer >Kanne
Bottel-Bier« oder einer Flasche "Wein loskaufen konnte; vermutlich wurde
das nicht einmal ungern gesehen. Eine Abbildung, die Reproduktion eines
Stichs aus dem Jahre 1613, fuhrt uns tibrigens mitten in eine solche Musik-
berberge hinein. Der Raum ist durch Kerzen auf hohen Leuchtern erhellt.
An dem reichgedeckten Tische sitzen einige zartliche Parchen ; eins hat sich
zum Tanze erhoben, zu dem Klavier und Viola ertonen. Auch diese Ver-
binduog von Musikherberge und Tanzraum entspricht den historischen Ver-
baltnissen; es scheint aber, daB fur die Musik dabei haufig recht wenig und
Pur die Moral nichts Gutes herauskam.
Eine bessere Gelegenheit, Musik zu horen, wenn auch nicht so intim, fand
nan im Theater. Den englischen Komodiantentruppen, die im Anfange des
Jahrhunderts auf dem Kontinent erschienen, war die Musik keine Neben-
tache. Lauten und Zithern, Violen und Pfeifeninstrumente fiihrten sie bei
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390 Richard Munnich, Das Muliklehen Amsterdams im 17. Jahrhundert.
sich, und von einer bestimmten Truppe horen wir sogar, daB die 19 Scbau-
spieler, die ihr angehorten, von 16 Musikanten begleitet waren! Das war
natiirlich nicht nur wegen der in ihren Stucken gesungenen Lieder, sondern
urn eine stattliche und bei der Entwicklungsstufe der damaligen englischen
Tonkunst gewiB wirksame Zwischenaktsmusik zu bieten.
Natiirlich hatten aber auch die Niederlander selbst Schauspiele jeder Gat-
tung mit Musik. Sie hatten sogar richtige Liederspiele mit einheimischen
und gelegentlich auch englischen Weisen. Es ist jedoch begreiflich, daB man
im Verlaufe des 17. Jahrhunderts dartiber hinausstrebte ; es stellte sich all-
mahlich eiu Verlangen nach dem Besitz einer wirklich dramatischen Musik
ein, dessen man sich natiirlich nur durch die Schopfung einer einhenni-
schen, also niederdeutschen Oper versichern konnte. Dazu aber vermochte
man zum mindesten nicht schnell zu gelangen. Jan Hermanszn Krul,
dessen groBes Verdienst die Begriindung der Amsterdamschen Musykkcmur
(Mai 1634) ist, gehort mit seinem Musylcspel van Juliana en Claudiaen noch
nicht der Geschichte der wirklichen Oper an, und wiirde ihr auch dann nicht
angehflren, wenn uns die dazu gehorige Musik erhalten ware. Die neue
Gattung, die kaum noch in ihrem eigenen Heimatlande in ein Stadium der
Reife getreten war, brauchte Zeit, um sich auszubreiten, und hatte, als Xrul
in Amsterdam sein Haus weihte, noch nicht einmal in Wien FuB gefafit.
Wie weit muBte man also noch entfernt sein von einer stehenden nationalen
Oper! In Paris und Hamburg verging bis dahin noch reichlich mehr als
ein Menschenalter, und es bedurfte auch dann noch der gliicklichsten Be-
gabungen und energischsten Krafte.
Uber die Opernbewegung in Amsterdam, ihren Anfang und Ausgang, uber
Dichter und Musiker und den Streit der Meinungen unterrichtet Scheurlee*r "s
Werk den Leser in eingehender Weise. Die erste niederlandische Oper, die
er anfiihrt, ist De triomfeerende Min (1678 — 80), gedichtet von Dirk Buysero,
komponiert von C. Hacquart. Das Werk war zur Feier des Friedens von
Nymwegen bestimmt. Eine echte Festoper: dramatisch gegenstandslos, mytho-
logisch aufgeputzt, ein dankbares Stuck fiir den Dekorationsmaler, Maschineii-
leiter und Ballettmeister. Hacquarts Musik ist in einer Art Klavierauszut;
uberliefert, der die reinen Instrumentalstucke leider nicht enthalt. Franzo-
sische und italienische Einfliisse driicken im iibrigen dieser Musik den Stempel
auf. Von einer Wirkung auf das Publikum laBt sich garnichts sagen ; denn
die Gegner der Operngattung wuBten es durchzusetzen, daB sie uberhaupt
keine Auffiihrung erlangte. Gleichfalls eine in Dichtung und Musik nieder-
landische Oper — oder besser gesagt ein Singspiel — war De Yrijadjc van
Chris en Roosje. Als Textdichter glaubt man mit Sicherheit Buysero an-
geben zu konnen; die verloren gegangene Musik ist von Servaas de Koninsr.
Einen Contredatts und das SchluBballett des Werkes teilt der Yerfasser aus
einer Tanz- und Ariensammlung des 18. Jahrhunderts mit. Es sind keine
schlechten Proben; der Kontre klingt etwas an die diminuierte Instrumental-
form der Melodie »Vivat Bachus* aus Mozart's »Entfuhrung< an. Auf-
geftihrt wird Buysero's Dichtung, die 1688 erschien, noch heute, aber mit
einer neueren Musik, deren Ursprung unbekannt ist. Noch andere Werke
dieser Gattung werden uns namhaft gemacht. Nur eins von diesen sei bier
erwahnt: der Roelant, ein »TrauerspieU von Thomas Arendsz (1686). Es
ist eine niederlandische Fmdichtung des Quinault'schen Buches zu LuDy s
Musik, eine Umdichtung mit geradezu naiv rationalistischer Tendenz, in der
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Richard Munnich, Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert. 391
alle Zauberei und Wunderbarlichkeit durch sehr einleuchtende, aber auch
recht nuchtern wirkende Ursachen ersetzt wird. Die Musik von Lully be-
hielt man bei, in den Arien wenigstens (und doch wohl auch in den Choren?),
die deshalb mit peinlicher Sorgfalt den ursprunglichen VersmaBen angepaBt
wurden. Die Rezitative aber ersetzte man anscheinend durch gesprochenen
Dialog. Aus guten Griinden, — denn dieser Gesangsstil war den hollandi-
schen Sangern fremd, und er lieB sich nicht einfach iiber Nacht erlernen.
Arendsz' Bestreben, die Opernkunst durch Vorfiihrung von Meisterwerken
der Nationen, bei denen sie bereits bltihte, auch in Holland beliebt zu machen,
blieb nicht ohne Nachfolge. Aber das Ziel wurde nicht erreicht. Auch die
italienischen und franzosischen Opera vorstellungen, mit denen es in den
achtziger Jahren gastierende Truppen versuchten, fiihrten zu nichts Dauern-
dem. Was war die Ursache ? SchloB die Art der musikalischen Veranlagung
des hollandischen Volkes vielleicht die rechte Empfanglichkeit fiir die Oper
aus? War man gar zu empfindlich gegen gewisse Schwachen der Dichtungen,
gegen sittlich verletzende Handlungen und Ausdrucke ? War der Mangel an
Sangern schuld? Oder war die niederdeutsche Mundart, wie manche meinten,
nicht geeignet? Der Verfasser verweist auf Hamburg und seinen Ratsherrn
Gerhard Schott: ware der rechte Mann zur rechten Zeit am rechten Platz
gewesen, so waren die Opera versuche in Amsterdam nicht gescheitert!
Zu all diesen offentlichen Musikauffuhrungen in Kirchen, Herbergen und
Theatern kam aber noch das Spiel der Stadtmusikanten, zu denen, genau
genommen, freilich auch die Organisten gehorten. Ihnen am nachsten im
Range standen die Glockenspieler, deren Tatigkeit auf eine musikalisch kunst-
reiche Weise geschah. Der Verfasser bringt uns Zeugnisse von Zeitgenossen
bei. die dies belegen, und fast verzuckte poetische Ergiisse von namhaften
Dichtern. Auf geringerer Stufe standen die Stadttrompeter und die andereu
Spielleute, die sich auch fiir private Festlichkeiten gegen Entgelt zur Ver-
fugung stellten. Nimmt man dies alles zusammen, so ergibt sich ein Musik-
reichtum, der der Nachwelt alien Respekt vor dem Amsterdam des 17. Jahr-
hunderts abnotigt!
Aber auch die Musikpflege im Hause war so ausgedehnt, daB der Ver-
fasser ihr ein umfangliches Kapitel widmen kann. Sie beruhte natiirlich nicht
nur auf der durchs ganze Volk verbreiteten Liebe zur Tonkunst, sondern
auch auf aorgfaltiger musikalischer Erziehung. Die Magistrate der stadtischen
Hepubliken waren so einsichtig, dafur Sorge zu tragen, daB auch die Schule
in dieser Hinsicht ihre Pflicht tat, und nur als ein Zufall ist es wohl zu
betrachten, daB uns gerade aus Amsterdam jede Nachricht dariiber fehlt. Zur
Unterstiitzung der praktischen Lehre gab es dort wie uberall eine Literatur
von sehr verschiedenem Wert. Ein bedeutendes Buch muB David Mostart's
* Kurxe Unteiweisung* gewesen sein, die zwar 1598, also noch im 16. Jahr-
hundert erschien, aber gewiB wenigstens im Anfange des siebzehnten in Ge-
brauch war. Sie ist leider verschwunden ; doch steht es fest, daB sie in so
manchem Punkte ihrer Zeit vorauseilte. Ein gereimtes Lehrbuch existiert
von Valcooch, eine >Isagoge Musicae*, die die Hilfsdisziplinen wie Tonsystem,
dotation u. dergl. behandelt, von Jacques Vredeman. J. A. Ban, der in
Haarlem Priester war, gab Beitrage zur Asthetik, auch Vorschlage zu einer
iollandischen Musikterminologie und machte theoretische und praktische Ver-
suche zur Frage der reinen Stimmung des Klaviers. Das Gebiet der Musik-
wrissenschaft, in das er auf diese Weise hiniibergriff, blieb ja damals
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392 Richard Munnich, Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert.
Iiberhaupt nicht ungepflegt in Holland; der Verfasser erinnert an Meibom
und den Philosophen Descartes. Den groBten Lehrer der Musik besaB
Amsterdam natiirlich in Jan Pieterszn Sweelinck. Alles verschwindet neben
seiner einsamen GroBe. Ein Gliick ist es, daB seine Kompositionsregeln
uns ubermittelt sind, die ihn als selbstandigen Schiller Zarlino's zeigen.
Hatten wir auch noch sein Nieuw Chyterboek, so besaBen wir von den zahl-
reichen Anweisungen fur Instrumentenspiel, die damals erschienen, gewiB eine
der bedeutendsten und interessantesten.
Tiber die Pflege der Musik im geschlossenen Kreise, im Familien- und
Gesellschaftsleben einer Nation oder auch nur einer stadtischen Gemeinde
Genaues zu berichten, wird fur den Historiker immer einige Schwierigkeiten
haben. Die zuverlassigsten, namlich die archivalischen Quellen versagen
hier, Tagebiicher und Briefe sind oft schwer zu erlangen und meist wenig
ergiebig; Abbildungen von Hauskonzerten u. dergl. geben nur ganz allge-
meine Vorstellungen und sind in der Kegel hochstens fiir die Instrunienten-
kunde von Wert. Um so erfreulicher ist es, daB der Verfasser uns gerade
iiber diesen Punkt gut zu unterrichten weiB. Wir erfahren vieles iiber die
Personlichkeiten, die dem Muiderhring angehorten oder nahe standen, jenem
vornehmen literarischen Kreise Amsterdams, der sich zum >Philosophieren?
Scherzen, Bankettieren < um den SchloBherrn von Muiden, den Dichter Hooft,
scharte. Manner wie Constantin Huygens und der gelehrte Kaspar Barlaeu»
gehorten zu diesem Kreis. Aber auch Liebe und Verstandnis fur Musik
vereinte die Mitglieder. Sweelinck war unter ihnen ; auch der schon genannU
Priester Ban stand ihnen nahe. Besonders unter den Frauen des Kreises
scheint gute musikalische Bildung verbreitet gewesen zu sein; der Verfasser
nennt uns die Namen vieler, die vor allem als Sangerinnen das Entzucken
der Manner des Kreises erregten und manchen poetischen Lobspruch ernteten.
Natiirlich hatte Holland aber auch collegia musica. Wir wissen ja, daP
Jan Tollius, der freilich ins 16. Jahrhundert gehort, in einem solchen col-
legium musicum zu Amsterdam seine Madrigale auffuhrte. Man hat bekannt-
lich vermutet, daB wir in den acht Musenfreunden, denen das zweite Buch
von Sweelinck's Psalmen gewidmet ist, eine jungere Generation desselben
Kollegiums wiederfinden. Dann wiirde sich ergeben, daB auch schwierige
mehrstimmige Musik, wenigstens in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahr-
hunderts, von den Dilettanten Amsterdams noch geiibt wurde. Bald kam e*
freilich anders : als das Jahrhundert zu Ende ging, war die Pflege der a cappella-
Musik so gut wie untergegangen.
Aber der volkstumliche einstimmige Gesang blieb um so mehr in Flor.
Die Liederbucher, die zwischen 1600 und 1700 in Holland erschienen, sind
schier zahllos, und Amsterdam hat betrachtlichen Anteil daran. Die ihm am
unmittelbarsten angehorenden, d. h. dort entstandenen und vorzugsweise ge-
sungenen, sind in einer Ubersicht, ftir die der Verfasser nicht einmal Voll-
zahligkeit beanspruchen will, bereits lunfzehn. Dazu kommen aber in noch
weit groBerer Zahl allgemein hollandische, die in Amsterdam herausgegeben !
wurden. Ftir die Musik begnugte man sich meist damit, auf bereitB gang- !
bare Melodien zu verweisen ; aber an Ausnahmen, wie sie der von Vredenma j
musikalisch redigierte Friesche Lusthof (1621) bildet, fehlte es nicht. Dich-
terisch zeigt sich schon frtihe ein Eindringen des KunstmaBigen, musikalisch
ein ZufluB von England. Als den Hohepunkt des hollandischen Liedes
wahrend dieses Jahrhunderts bezeichnet Scheurleer Hooft's anonym erschie-
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Richard Munnich, Das Muaikleben Amsterdams im 17. Jabrhundert. 393
nene Emblemata amatoria. Friihe beginnt der Verfall: das Fremde, das Un-
bedeutende und das Unsittliche nebmen iiberhand. Von den alten Melodien
bleiben zwar viele noch im Umlauf; aber sie biiBen, wie der Verfasser an
Beispielen zeigt, durcb Umgestaltung im Sinne der modernen Harmonik und
Rhythmik an IJrsprunglicbkeit, Frische und Kraft ein. Aucb die Volks-
tumlichkeit der Stiicke wird immer fragwtirdiger: Airs aus franzosischen Opern
und Melodien mit Koloraturen macben sich breit. Aber massenbaft bleibt
die Zabl der Sammlungen nocb immer.
Die Instrumentalmusik begann aucb in Holland wie z B. in Italien:
fehlende Vokalstimmen wurden durcb Instrumente ersetzt. Om te singen of te
spelen heiBt es dementsprechend auf hollandiscben Titelblattern, wo die ita-
lienischen Da cantare e suonare scbreiben. Es ist selbstverstandlich, dafl das
Jahrbundert, in dem Sweelinck lebte, dem Klavier ein grofieres Ansehen
zugestand, und zumal in seiner Vaterstadt werden namentlich Beine meister-
haften Liedvariationen gewiC auch im hauslichen Kreise nicht selten gespielt
worden sein. Da die Spuren seiner etwaigen Nachfolger auf hollandischem
Boden mit Ausnahme van Noordt's so gut wie ausgeloscht sind, muB es
doppelt interessieren, die Namen der auslandischen Klaviermeister zu erfahren,
die man in Amsterdam kannte und spielte; Roger's Kataloge, des Musik-
druckers und Verlegers, der Amsterdam zu einem der Zentren des interna-
tionalen Musikhandels machte, geben uns Kunde, wie es gegen Ende
des Jahrhunderts damit stand: von den beruhmtesten Deutschen waren Fro-
berger und Kerll, von den Italienern Pasquini, von den Franzosen d'Anglebert,
le Begue und Marcband in Holland beliebt. Gern spielte man auch Arran-
gements, z. B. von Werken Corellis und Bassani's. Die Kammermusik
raumte aucb in Holland, wie in damaliger Zeit allerorten, den Holzblas-
bstrumenten, Oboe und Flote, einen hoberen Bang und eine selbstandigere
Verwendung ein. Die Violinliteratur entlehnte man den Italienern: Marini,
Corelli, Vivaldi; fiir die Gambe, die ein Lieblingsinstrument der Damen
war, besaB Amsterdam seinen eigenen Meister in Jobann Schenk. Das
verbreitetste Instrument in den hoheren Gesellschaftsschichten aber war
wahrend des 17. Jahrhunderts naturlich noch die Laute. Anweisungen in
Tabulaturbiichern mit Kompositionen und Arrangements erschienen in Menge,
so daB z. B. Nicolas VaUet es fur notig befand, sein Lautenbuch (1617)
mit einer Bitte um Entschuldigung einzufuhren. Gegen Ende des Jahr-
hunderts aber ist das Schicksal der Laute unwiderruflich besiegelt: das
Klavier ist an seine Stelle getreten.
Wir sehen: es ergeben sich hier dieselben Verhaltnisse wie anderswo.
Eine tlbersicht iiber das Instrumentenkapitel und den Abschnitt vom Noten-
druck in Scheurleer's Buch fuhrt in der Hauptsache zu dem gleichen
Besultat. Deutlich wird der Aufschwung, den der hollandische Musikdruck,
wenn auch langsam, im Laufe der Zeit nahm, nicht nur durcb den Text,
sondern noch mehr durch die beigegebenen Druckproben gekennzeichnet.
Es ist ein gewaltiger Fortschritt von den diinnen, zitternden Typen in Jacob
Jjbrantsz Bos' Psalmenbuch (1614) bis zu den kraftiger Noten der schonen
Musikdrucke Roger's (ca. 1700), iiber dessen vielseitige und geschickte
Herausgebertatigkeit wir so manches horen.
Auch die Konstruktion der Musikinstrumente wird eingehend besprochen.
Der Verfasser stiitzt sich auf alte Exemplare, authentiscbe Gemalde und
Quellenschriften wie Michael Praetorius' Organ ographie. Dann geht er auf
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394 Richard Munnich, Das Musikleben Amsterdams im 17. Jahrhundert.
die Leistungen Amsterdams fur den Ins t rumen tenbau ein : im Klavierbau
stand es hinter Antwerpen zuriick, wahrend es im Geigenbau schon im
17. Jahrhundert die vornehmste Stelle in Holland einnahm. Uber kunstvolle
auBere Ausstattung, iiber Kuriosa des Klavierbaues und dergleichen erhalten
wir n ah ere Auskunft. Von der Guitarre horen wir, daB sie ein machtiger
Nebenbuhler der Laute und — vielleicht aus Griinden der geringeren Kostr
spieligkeit, — im Volke noch weiter verbreitet war als diese. Auch uber
die Orgeln der verschiedenen Kirchen wird uns berichtet. Die groBe Orgel
der Alten Kirche hatte zu Sweelinck's Zeit zwar noch nicht den spateren
Umfang, sicher aber ein vorziigliches Werk; denn ihr Klang wird von
gleichzeitigen Dichtern aufs hochste gespriesen. Ubrigens wurde der AuBen-
schein dabei nicht vernachliissigt : Malern wie Bronkhorst fiel die Aufgabe
zu, die Fliigel der Orgeltiiren zu schmiicken. — Da zu den eindrucksvollsten
musikalischen Instrumenten im damaligen Amsterdam auch das Glockenspiel
gehorte, gibt uns der Verfasser iiber dessen Konstruktion Bericht; das
Hauptprinzip dabei war die Verbindung verschieden abgestimmter Glocken
mit einer Klaviatur, die durch FuBtreten oder auch auf me'chanische Weise
in Bewegung gesetzt werden konnte.
Es ist ein reiches Bild, das in Scheurleer's Werk aufgerollt wird. Aber
seine literarischen Quellen sind auch der wissenschaftlichen Literatur dreier
Jahrhunderte entlehnt, Werken niederlandischer, hochdeutscher, lateinischer,
franzosischer und italienischer Sprache ; in einem Anhange sind diese bromien
zusammengestellt. Vieles, was er mitteilt, geht auch auf arg verstreute
Quellen zuriick: Listen von Organisten, Glockenspielern, Instrumentenbauern
u. dergl., Vertrage zwischen Spielleuten, zwischen Lehrern und Schulern,
Angaben iiber die soziale Stellung von Musikern und sonstige Verhaltnisse.
Selbst ein Auktionskatalog kommt einmal zum Vorschein ! Das alles war nur
moglich auf der Grundlage einer umfassenden und intensiven Yorarbeit in
Einzelheiten : die Vereeniging voor Noord-Nederlands MuzickgescJiiedems hat
das Verdienst, seit Jahren fur die Erforschung ihrer heimatlichen Musik-
gesphichte die energischste Arbeit geleistet zu haben. Hoffen wir aber auch,
daB sie in nicht allzulanger Zeit durch feste staatliche Einrichtungen, vor
allem durch die Ausbildung musikwissenschaftlicher Fachleute auf hoUandischen
Universitaten unterstutzt werde, — ein Ziel, das freilich durch die Zulassung
eines TJbersetzers kompendioser Geschichtswerke als Universitatsdozent noch
nicht in nahe Aussicht geriickt ist.
Wir konnen von Scheurleer's verdienstvollem Buche nicht scheiden, ohne
noch einmal der Abbildungen zu gedenken, an denen es so reich ist. Sie
sind — dies sei nachdriicklichst hervorgehoben — nicht »Buchschmuck« im
gewohnlichen Sinne, sondern historische Dokumente von wissenschaftlichem
Wert. Moge auch diese Beigabe des schonen Werkes, zu der des Verfassers
eigene Sammlung vieles beigetragen hat, allenthalben richtig eingeschatzt
werden!
Berlin. Richard Munnich.
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T. S. Wotton. Stray Notes on Berlioz. 395
Stray Notes on Berlioz,
Perhaps of all the great composers Berlioz was the most unfortunate in
his early musical surroundings. Up to the age of 18 he had heard no music
of a higher class than Pleyel's quartets, rendered by amateurs; and he had
never heard an orchestra! Until more than 6 years after his arrival in Paris,
when the concerts of the Conservatoire were started, there was no symphonic
music of any importance to be heard. At the first of these concerts on
9th March 1828 Beethoven's "Eroica" (the first of his symphonies to be
heard in Paris) formed part of the programme; it cannot have been a mere
coincidence that towards the end of that year Berlioz set about writing a
symphony of his own. Of Bach, Handel and Haydn, nothing or practically
nothing was known in Paris at that time. Of Mozart, "the greatest musi-
cian of the world" as Berlioz called him, only a mutilated version of "Don
Giovanni", and an equally perverted one of "Zauberflote" ; while Weber fared
as badly with a distorted arrangement of "Der Freischiitz". It is true, that
at the Opera, Berlioz was able to hear the masterpieces of his idol, G-luck,
and "La Vestale" and "Olympie" by Spontini, another of his favorites; but
the majority of the works presented were either by Rossini and his imitators,
or by composers whose operas if not their names are now forgotten. Cheru-
bim is omitted from this list, because during the period none of his works
were given at the Opera; and, occupied with his duties as Head of the
Conservatoire, he produced few new compositions of any description. It is
not suggested that there was no good music produced in Paris during those
nine years, for such works as "Guillaume Tell", "Masaniello" and "La Dame
Blanche" are all masterpieces in their way; but their way was not the way
of Berlioz, who, while not absolutely Teutonic in his ideas, was far removed
from the elegancies of the French and Italian schools of that time.
When Berlioz succeeded in getting the coveted distinction of Prix de
Home and went to Italy for 15 months, music, from his point of view, was
absolutely non-existent; as he said of Bizet thirty years afterwards, "he
made the journey to Rome, and returned without having forgotten music".
Donizetti, Pacini and Bellini may have their excellencies, but it is difficult
to think of them in connection whit the author of the "Fantastic". Beet-
hoven, Gluck and Weber were completely unknown, while Mozart, who had
been dead forty years, had been heard of as a "young man of promise",
and Berlioz's one oasis in the musical Sahara was Mendelssohn. But his
time in Italy was not entirely wasted! Without doubt he learnt there those
effects of "atmosphere" (to use the language of the painter), which we find
in so many of his numbers. Well-known instances of these are in the slow
movement of the "Fantastic", and in the first Scene and in Faust's Invo-
cation to Nature in "The Damnation of Faust". His Roman experiences
too inspired the magnificent scene of the Carnival in "Cellini", although as
a matter of fact he does not appear to have been much impressed by the
fun, when he witnessed the real thing. The "Harold" symphonv also depicts
scenes familiar to him from his wanderings in the Abruzzi.
When Schumann calls attention to certain chords of Berlioz which he
considered weak, he at the same time admits having only the pianoforte
score before him; clearly realising that orchestral harmony such as that -of
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396 T. S. Wotton, Stray Notes on Berlioz.
Berlioz is not quite the same as pianoforte harmony or that of the text-
books, which is founded on the idea that all the parts have the same
strength and the same tone-quality.
Many of his opponents, laying stress on the fact that he only seriously
commenced studying comparatively late in life , and on the principle that he
did not know because he could not know, have denied him any powers of
harmony and counterpoint whatsoever. Berlioz did know harmony and
counterpoint, but it was in a great measure the harmony and counterpoint
of Paris at the commencement of the last century. He never completely
shook off the influence of his two masters, — Lesueur with his love for
Greek modes, and Reicha who declared that his contrapuntal ability arose
from his fondness for mathematics.
Edmond Hippeau in his "Berlioz Intime", says of Berlioz as a critic,
"that he never pleaded his own cause in the press; never spoke of his
own works; never profited by his entrenched position to seek advertisement,
reclame, or even discussion; never replied to a criticism; never even hin-
dered his partisans from disfiguring his doctrine by attributing to him
theories which were not his own."
Among his ideas which have been most persistently misunderstood by-
even his partizans must be placed his ideas on fugue. Friends and foe?
have alike declared that he hated fugue. Bis attitude on the subject was
simply this. Without having any great admiration for the fugue-form per
se, he certainly had no objection to the fugue or fugato as a means of
expression. What he did dislike, as being often totally opposed to religious
sentiment, was the use of quick fugues in sacred compositions, and above
all quick fugues on the words Amen or Kyrie Eleison. Of these he
says: — "If, instead of shouting a-a-a-men for two hundred bars, the
choir, singing in French, took it into their heads to express their wishes by
vocalising allegro furioso on the syllables ain-si [or as it would be in
English, so-so-so-so-be-be-it!j with an accompaniment of trombones and
loud thumps on the kettle-drums is there anyone capable of appre-
ciating musical expression, who would not Bay, this is a realistic chorus
of drunken peasants throwing mugs at one another's heads, or some impious
caricature of all religious sentiment?" On the other hand, he has nothing
whatever to say against the use of slow fugues in sacred works. He
praises a slow fugue of Lesueur's, and goes so far -as to declare that the
fugue-form was the most fitted to express the meaning of the words, Quis
enarrabit coelorum gloriam? and to the Abbe Girod, the author of a
work on religious music, he very clearly explains: — "Without doubt, it
would be possible to write a beautiful fugue of a religious nature to express
the pious wish Amen. But it would have to be slow, full of contrition,
and very short, for however well the sense of a word may be expressed,
that word cannot be repeated a great number of times without its becoming
ridiculous. Instead of this reticence, this striving after expression, all the
fugues on the word Amen are quick, violent and turbulent."
Berlioz's irregularity of form arose from even a stronger reason than of a
childhood and boyhood nurtured on the flute, guitar, and Pleyel's quartets*.
To this Schumann has given us the clue, when, in pointing out that the
second half of Berlioz's phrases rarely corresponds to the first half, he attri-
butes the fact to the exuberance of the Southern temperament. Musical
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T. S. Wotton, Stray Notes on Berlioz. 397
form, as we understand it, is essentially a product of German thought and
feeling, and therefore must always remain more or less foreign to a member
of a Latin race. There is a parallel to this in the kindred art of poetry,
inasmuch as certain forms of verse only attain their fullest perfection in
certain languages; or in other words, since language is inseparably connected
with thought, — certain peoples think best and most naturally in cer-
tain forms.
That Berlioz invariably had a programme in his mind was certainly not
the case, although some are apt to imagine that every bar is intended to
convey a definite meaning. From a foot-note in the score of the Romeo
and Juliet symphony it is clear that he realised the limitations of music;
that it is useless to attempt to convey any definite meaning by the aid of
music alone; that while it can illustrate some scene or idea, with which the
listener is familiar, it cannot depict something unknown to the audience.
This note is attached to the number illustrating the death of the lovers,
according to Garrick's version of the tragedy, and Berlioz directs that the
whole number should be omitted, unless the symphony be played before an
audience well acquainted with Garrick's denouement, that is to say, he
hastens to add, it should be omitted 99 times out of 100. As the Invocation,
which forms part of it, is one of the most beautiful things he ever wrote,
this wholesale cutting seems too drastic a proceeding; but the note is of
interest, since it expresses his attitude towards programme music. This is
again set forth in the preface to the "Fantastic", where he directs that the
programme should be distributed to the audience, but that this is only a
sine qua non when the symphony is followed by "Lelio", which continues
the same idea, and which was intended to be given in a theatre. In the
event of the symphony being played separately (and this was before the
days of analytical programme-books), it is merely necessary to supply the
audience with the titles of the several movements, as the author hopes
the symphony contains sufficient musical interest apart from all
dramatic intention. This golden axiom, that a musical composition
should be interesting in itself, has been put into other words since, if it
has not always been acted up to; and it is as well to recollect that Berlioz,
who is sometimes supposed to be seven-eighths orchestral, and wholly pro-
gramme, should have been the first to enunciate it. If one carefully
examines the headings of his various orchestral works, it is astonishing how
vague they usually are, in most cases merely a bare title, — a title which
might appropriately apply to a dozen different movements by a dozen diffe-
rent composers. That he chose his themes as "more expressive of emotion
than portraiture" is evident from the fact, that he often utilised themes
taken from earlier and discarded works, which doubtless illustrated the same
kind of emotion, though a different situation. Thus, the idee fixe, the
melody which runs trough the "Fantastic", and which represents the Belo-
ved One, had been previously used in "Erminia", one of his unsuccessful
attempts to gain the Prix de Rome; two themes from "Rob-Roy" were
introduced into the "Harold"; one of the melodies in "Cleopatra" became
the Miranda theme in the "Fantasia on the Tempest" (Lelio), while another
afterwards formed part of the love-duet in "Cellini" ; and so on. At the
risk of shocking those critics who deny that he ever worked from the purely
musical point of view, I would suggest that often the programme was found
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398 T. S. Wotton, Stray Notes on Berlioz.
for the music, instead of vice versa. It was so in the case of the themes
I have just quoted, which he treasured up because they satisfied him musi-
cally, and it certainly was so in the case of his dream symphony, which
was quite irrespective of any programme. This would apparently have simply
been "Symphony No. 5 in A minor*' ; and even had it been eventually
labelled, it proves that sometimes at any rate the programme was an after-
thought.
It was only after many attempts that the vast majority of great com-
posers taught themselves to be original. Berlioz on the contrary commenced
by being original. His very first work for orchestra, the "Francs Juges"
overture, owes practically nothing to anything that had gone before; one
may approve of it or not, but there can be no doubt as to its being ori-
ginal. Paradoxically, his last work, "The Trojans", betrays the influence
of a preceding composer perhaps more than any other of his compositions;
although the opera is pure Berlioz, and often Berlioz at his best, still,
possibly on account of the classic nature of the subject, the influence of
Gluck is apparent.
Naturally he learnt much from other composers, especially Beethoven
and Weber, but of all his predecessors Lesueur exercised the greatest in-
fluence over him. Not directly, for there is little in the author of "Les
Bardes" to suggest the future composer of the "Fantastic", beyond certain
resemblances of harmony, and a fondness for the harp, — there are twelve
in Lesueur's masterpiece! We trace the older master's influence rather in
the direction of his ideas on programme-music N and what is more noteworthy,
his ideas on musical expression by means of tone-colour.
Although his successors have studied his orchestration with profit, it has
never been absolutely imitated. This is doubtless because it is so difficult
to gather the effect of any of his scores from the mere perusal; there appears
to be no equation between the written notes and the sounded ones. As
Saint-Saens says:- "If there be one quality, which one cannot deny his
works, which even his bitterest enemies have never contested, it is the
splendour, the wonderful colouring of his instrumentation. When, in
studying him, one endeavours to understand his methods, one proceeds from
one surprise to another. Those who have read his scores without having
heard them, can form no idea of them; the instruments appear to be
arranged in a manner contrary to common sense; it seems that that cannot
sound well, and yet it sounds marvellously. If there be, here and there,
some obscurities in his style, there are none in the orchestra; it is inundated
with a light, which sparkles as in the facets of a diamond. In that Berlioz
was guided by some mysterious instinct, and his methods escape analysis
because he had none." This mysterious instinct was probably the power of
hearing with his mind's ear in a higher degree than any other composer
before or since, and for that reason we never find in his scores those mis-
calculated effects, which we occasionally find in even the greatest masters.
Although his scores taken as a whole may "appear to be arranged in a
manner contrary to common sense", this cannot be said of his separate
parts, which are written with a profound knowledge of each individual in-
strument, of its limitations and capabilities.
Wagner has pointed out Beethoven's unhappy position as regards instru-
mentation, in that he sought to convey ideas of which neither Haydn nor
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Hans Pohl, Das Tonkiinstlerfest in Frankfurt am Main. 399
Mozart had dreamt, and yet only possessed their means with which to
express those ideas. Berlioz, who asked more of the orchestra than even
Beethoven, was in a similar plight ; and his position was aggravated because,
unlike his great predecessor, he had views of the promised land of improved
instruments.
Berlioz is often reproached with the size of his orchestras, but as a
matter of fact his reticence as regards his orchestral materials is very
striking; and it is this reticence, which gives his orchestration such extra-
ordinary variety. In all his songs, in the middle movements of his sym-
phonies, in his "Childhood of Christ", and in number after number of his
other works he appears to absolutely delight in writing for an incomplete
orchestra. Mark how careful he is to prepare the effect of any characteristic
tone-colour by not makipg use of it for some time previously; how, for
instance, the forsaken effect of the cor anglais in Marguerite's Romance in
Faust is enhanced, because we have not heard the instrument for a long
time; how the effect of his trombones is often so superb, because they are
treated as important members of the orchestral commonwealth, and not
merely dragged in to make the instrumentation sound, or occasionally only
look "rich and full*'. In the French edition of "The Damnation of Faust"
the trombones are used in 460 bars against the 640 in which they are used
in the "Elijah"; it is true that the latter work is some 400 bars longer,
but even then the proportion is more than one-sixth, against Berlioz's less
than one-eighth. In the face of all this reticence, it is surprising that
Berlioz's "colossal means" and "extravagant demands" are so often dinned
into our ears.
Wallington. T. S. Wotton.
Das Tonkiinstlerfest in Frankfurt am Main,
(27. Mai— 1. Juni 1904.)
Zum ersten Male seit fiinfundvierzig Jahren fiel die "Wahl der festlichen
Jahresversammlung des *Allgemeinen Dentschen Musikvereins* auf die in
den letzten Jahrzehnten auch musikalisch immer bedeutungsvollere schone
Mainstadt, wohin der Verein seine Mitglieder (jetzt 930) und viele Freunde
der Kunst diesmal entboten hatte. Es war eine heiCe Schlacht der Tone,
die da tagelang in und um Frankfurt gekampft wurde. Ebenso eingehende
als anstrengende Vorbereitungen waren notig, um dem ganzen Bilde dasjenige
Relief zu geben, das es hinsichtlich der allgemeinen iiuBerst gelungenen Aus-
fuhrung erhielt, und an die Leistungsfahigkeit der Mitwirkenden und Zu-
horenden wurden allseitig Anforderungen gestellt, die man — nun erfahrungs-
gemaft — fur die Folge eigentlich nicht gut wird iiberbieten konnen. Hans
Btilow, der geistvolle Spotter, meinte einst, auch dieMusik-Tonkunstlerfeste u. A.
wurden spater unrettbar den beiden Damonen unserer hastenden Zeit verfallen :
dem bbsen Geist der lieben Reichlichkeit und dem Geschwindigkeitsteufel, die
unser heutiges Musikleben oft so merkwiirdig und gewili nicht im gunstigsten
Sinne beeinflussen. "Wer nach einer in jeder Beziehung nervenabspannen-
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400 Hans Pohl, Das Tonkunstlerfest in Frankfurt am Main.
den Saison — und in dieser Lage waren wohl die meisten Teilnehmer des
Festes — die langen Haupt- und vielen Yorproben und die Auffuhrungen in
Heidelberg und Mannheim eingehend mitmachte, der konnte einen Eindruck
unseres heutigen musikalischen Webens und Wirkens erhalten, wie er
interessanter, aber aucb charakteristischer wohl kaum gewonnen werden kann.
Kamen doch 36 Kompositionen aller Art und aller Ausdehnung hier zumeist
zum ersten Male zu Gehor! Dem iiber die allgemeinen musikalischen Yer-
haltnisse orientierten Leser wird wohl nichts neues gesagt werden, wenn zu-
gestanden werden muB, daB auch diesmal, mit wenigen und daher doppelt
wohltuend auffallenden Ausnahmen, der eigentliche Typus eines originellen
Schaffens auf kompositorischem Gebiete recht bedenklich fehlte. Zwei vollig
ineinandergreifende Momente sind es, von denen sich die Schaffenden jetzt
zumeist leiten lassen : Die krankhafte Nachahmung groBer Yorbilder, die mit
ausgesprochenem Gliick einen gewissen Stil gefunden haben, und jenes, sonst
gewiB sehr anerkennenswerte >Sich in Stimmung ausleben«, das von dem
modernen Ausdruck in den Schwesterkiinsten, der Dichtkunst und Malerei
ubernommen wurde. Kommt es aber nach Ablosung aller AuBerlichkeiten
auf den Kern einer rein absoluten Kunst an, auf jenes naive, unbewuBte
und induktiv-originelle Musizieren, wie es z. B. Dvorak, um einen der letzten
anzufiihren, oft so eigentiimlich war, so wird die Ausbeute von flinf zu funf
Jahren immer kleiner und geringwertiger, was sich momentan wohl getreulich
buchen und bedauern, aber leider in keiner Weise irgendwie andern laBt.
Yielleicht hat Richard StrauB, der mit Recht auch diesmal so hoch
Gefeierte, dessen »Sinfonia domes tic a« (op. 53) das Hauptinteresse des
ganzen Festes bildete, den Weg zur Einsicht und Riickkehr gewiesen.
Pragnant in den Themen, reich in der bluhenden Orchestersprache und doch
so ungemein klar, einfach und durchsichtig tritt uns das Werk entgegen,
das StrauB im vorigen Jahre auf der Insel Wight entwarf, am Silvestertag
in Charlottenburg vollendete und — »da Kinder noch die einzigen und
richtigen Genies, voll Naivitat und unbewuBter Originalitat sind« — mit den
herzlichen Worten »Meiner lieben Frau und unserem .Tungen« seiner Familie
widmete. Die den vier Teilen der klassischen Sonatenform entsprechende,
in einem Satz geschriebene Sinfonie schildert die traute Hauslichkeit, treue
Liebe zu Weib und Kind, dessen groBe Freuden und kleine Unarten ge-
treulich gezeichnet werden, verbindet in der genial konzipierten >Liebesszene«
reiche Erfindung mit aller Farbenpracht eines herrlich klingenden Orchesters
und schliefit tatenfroh und schaffensfreudig mit dem riistigen Sich ruhren
und regen des Mannes ab. Die »Domestica«, nach dem etwas auBerlichen
>Taillefer« ein kolossaler Fortschritt in dem Schaffen des kuhnen Neueres,
enthalt in alien vier Satzen eine Fiille musikalisch berilckend schoner Momente.
Nur ein StrauB, dieser Erfinder und Konner, konnte z. B. dieses Scherzo
mit dem Gegensatz des kleinen Wiegenliedes, die schon hervorgehobene
Liebesszene und die grandiose Doppelfuge mit den folgenden Lyrismen und
sich immer lebensvoller drangenden Steigerungen zum Schlusse des Werkes
schreiben! Da die Sinfonie in diesem Winter ihre Rundreise durch die groBen
Konzertsale an tritt, wird man sie ja allerorten kennen lernen. Nach der
StrauB'schen >Domestica« fuhren wir als musikalisch gedankenreichste
Schopfung gleich die Sinfonie »Gloria!« (Ein Sturm- und Sonnenlied),
op. 34 fur groBes Orchester, Orgel und SchluBchor von Jean Louis Nicode
in Dresden an. Das ohne jede Pause zwei Stunden dauernde Werk, das den
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Hans Pohl, Das Tonkiinstlerfest in Frankfurt am Main. 401
stets das Hochste anstrebenden Komponisten fast drei Jahre beschaftigte,
bringt das Wollen und Wagen eines ideal gesinnten Tondichters zum Aus-
druck, der hier wirklich >um das Hochste* ringt und streitet (V. Teil),
schliefilich aber im Kampfe mit des Lebens Ntichternheit tiberwunden wird
und seine letzte Zuflucht bei der nie trtigenden Natur nimmt. Alle Fehler,
die die Schopfung Nicode's enthalt, ergeben sich aus den oft uferlosen Langen,
denen das Bemuhen um den Ausdruck einer musikalischen Freilichtmalerei
keine Rettung bringt. So werden die »stillste Stunde«, ein Moment, der
uns alles Gltick der Erde vorzaubern sollte, langstielig, und die Szene »Ein
Mondfest im Teich« mit seinem Froschequaken recht absurd. Diesen un-
wirksamen Stellen stehen aber solche von seltener Sch5nheit entgegen. So
die prachtigen, reiche thematische Arbeit aufweisenden Steigerungen des
ersten Teils und die geistvollen Scherzi des zweiten, die sich kraftvoll auf-
bauende Einleitung der Kampfszene und der ironische Humor, der dort
beredt aus dem Orchester spricht. Auch die scharfen Kontraste zwischen
der Orgel und dem schneidigen Militarmarsch bis zu dem in rhythmischer
Verlangerung und in vollem Orchesterglanz gebrachten markanten Schick-
salsmotiv, und die Stimmung des zart ausklingenden Finales gehoren zu den
wirklich genialen Eingebungen des Komponisten, dessen Werk — entschliefit
er sich zu einschneidenden KUrzungen — seinen Weg schon machen wird.
Neben NicodS, der oft und sturmisch gerufen wurde, fand den verdient
grofiten Erfolg noch die sinfonische Phantasie >Schwermut-Entruckung-
Vision* op. 7 von Volkmar Andreae in Zurich. Die Anregung zu der
Dr. Hegar gewidmeten Komposition. in der es der junge schweizerische
Tondichter sichtlich sehr ernst mit seiner Kunst meint, gab die stimmungs-
volle Dichtung von Walter Schadelin, dessen Muse hier einen schonen und
oft von grofier Eigenart zeugenden orchestralen Ausdruck gefunden. Wohl
guckt auch da gelegentlich StraulJ aus der Partitur heraus, aber das Ganze
fesselt und i n teres si ert doch, und man gewinnt den Eindruck, hier einem
Kiinstler zu begegnen, von dem spater noch viel Schones zu erwarteu ist.
Eine wahre Perle der Partitur birgt das prachtige Tenorsolo, mit dem der
Hohepunkt der sich musikalisch trefflich entwickelnden Orchesterphantasie
erreicht wird. Lebhafte Ovationen wurden S. v. Hausegger nach seiner
von ihm geleiteten sinfonischen Dichtung >Wieland der Schmied* dar-
gebracht, einem Werke, das zwar an Erfindung und Gestaltungskraft ziem-
lich gegen den Barbarossa und die Dionysische Phantasie zuriicksteht und
gelegentlich, wie am Schlusse, auch etwas aufierlich klingt, dafur aber in
Hausegger einen vorziiglichen Melodiker erkennen liiGt, der in dieser Hin-
sicht vielfach wieder Schoneres geboten, als in seinen beiden fruheren Werken.
Der allseitige Dank und die Anerkennung, die man gerade Hausegger zollte,
der sich der uberaus anstrengenden musikalischen Yorbereitung des Festes
mit peinlichster Umsicht und Sorgfalt unterzogen hatte und durch ein kurzes
Kranksein sogar von einem Teil des Festes ferngehalten wurde, war dem
selbstlosen »Festdirigenten« wohl zu gonnen. — Was die Chorkompositionen
betrifft, so wird sich neben Heinrich Zollner's ganz ansprechendem
>Hymnus derLiebe* op. 50, der ebenso gesunde als gute melodische Ge-
danken enthalt und ein dankbares Baritonsolo birgt, besonders der >To ten-
tan z« (Goethe) von Wilhelm Berger-Meiningen vorteilhaft einfuhren,
der ohne alle schrullenhaften Effekte in knappen Formen eine sehr wirkungs-
volle und eindrucksreiche Musik geschrieben, die auf dem Gebiete der jetzt
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402 Hans Pohl, Das Tonkunstlerfest in Frankfurt am Main.
ohnehin recht arnien Chorliteratur mit Freuden begriiflt werden darf. Fiir
den Chor nicht so dankbar, weil nicht so lebendig erfaflt und auch ge-
legentlich an Einfallen etwas armer, ist die »Totenklage« (aus Schiller's
»Braut von Messina «) von Georg Schumann, der uns hier mit einer wohl
aufierordentlich gediegen geschriebenen, aber keineswegs irgendwie auffallen-
den Arbeit bekannt gemacht hat.
Auf so manches, was wir noch auf dem Gebiete der Orchesterkompositionr
der Kammermusik, der Klavier- und Liedliteratur h5rten, passen die Wortey
die einst der alte Goethe tiber ihm neue und ihm keine besonderen An-
regungen gebende Werke geschrieben: »Es werden jetzt Produktionen mog-
lich, die Null sind ohne schlecht zu sein. Null, weil sie keinen Gehalt
haben; nicht schlecht, weil eine allgemeine Form guter Muster den Ver-
fassern vorschwebt«. Bruno Walter's »Sinfonischer Phantasie* fehlen
Einfall und Selbstandigkeit, wenn auch jenes auf StrauB und noch mehr
Mahler basierende Opus 1 manches Gute enthalt. Auch die Tondichtung
»Johannisnacht« von August Reuss enthalt mehr Aphoristik und Klein-
malerei als logische Gliederung und richtige Durchfuhrung der in den An-
satzen stecken bleibenden Gedanken. Wir haben von dem Munchener
Komponisten schon besseres gehort. Vielen Beifall hatte Hans Pfitzner's
Ballade »Die Heinzelmannchenc (Kopisch), eine Haufung von bis auf
die auCerste Spitze getriebener Effekte und Tonmalereien im Orchester. Von
der Mannheimer Auffuhrung der Oper »Die Rose vom Liebesgarten <
unter Hof kapellmeister Kachler's Leitung horten wir das relativ Beste.
Uber das Werk selbst ist auch an dieser Stelle ausftthrlich geschrieben
worden. Ob E. N. von Reznicek, dem wir nach seiner » Donna Dianas
die Griibeleien in den vier Gesangen mit Orchester »B,uhm und Ewigkeit*
nicht recht glauben konnen, wohl so bald wieder Nietzsche komponieren
wird? Wir glauben es nicht. GewiC enthalten die Gesange, mit den en sich
der treffliche Tristansiinger E. Eorchhammer die erdenklichste Miihe gal),
manches Schon e und bekunden im Orchester die Beherrschung vollkommener
Situationstechnik, allein von einem Erschopfen des gedanklichen und Wort-
inhalts war das Ganze doch viel zu weit entfernt. Es gibt nun einmal
Dinge, die sich nicht in Musik setzen lassen. Als eine besonders im zweiten
Satz ganz tiichtige Arbeit erwies sich das Konzert fiir zwei Violinen
und Orchester, op. 9 von Hermann Zilcher, dessen Schreibart, ebenso
wie Schattmann's Rhapsodie fur Bariton und Orchester »An Schwager
Kronos* nur eine starkere personliche Note tragen mufite.
Auf dem Felde der Kammermusik zeigte das eigenartigste Geprage Max
Reger in seiner Violinsonate in C-dur op. 72, deren beide Innensatze, ein
herbe gefarbtes Scherzo-Prestissimo und ein melodisch breit ausgefilhrtes
»Largo«, das musikalisch Schonste des sich sonst in gar zu ruheloser Har-
mon ik verlierenden Werkes bergen. DaB Reger, ein Kiinstler von selten
sensitivem Empfinden, mit seinem ganzen Herzblut an der Wiedergabe seines
Werkes beteiligt war, zeigte die feinsinnig-anregende Ausfuhrung des Klavier-
parts. Mancher Klaviervirtuose von Beruf hatte sich punkto >Begleitung«
da viel abgucken konnen. Im Gegensatz zu der Reger' schen Sonate gibt
die Violinsonate in E-moll op. 30 von Ludwig Thuille keine schwer-
verstandlichen Ratsel auf. Das > Adagio « ist in seinen Themen schon
empfunden und originell harmonisiert, und birgt ebenso echt liedmafiig ge-
dachte Kantilenen wie das frische Klavier quintett op. 5 des jungen
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Hans Pohl, Das Tonkunatlerfest in Frankfurt am Main. 403
Amsterdamer Dirk Schafer, dessen Melodik ein wenig von Saint-Saens
beeinfluBt erscheint. Gute Musik im guten Sinne des Wortes bietet die
15stimmige Serenade fur Blasinstrumente von Walter Lampe, der,
dem Beispiel von Straufi, ThuiUe und d'Indy folgend, dieser jetzt leider so
kiimmerlich bedachten Literatur in dem graziftsen ersten und dritten Satz
eine willkommene Bereicherung bot. Jenes ausgesprochene »Sich in Stimmung
auslebenc trat una in den Stimmungsbildern aus Niedersacbsen »"Worps-
wede< op. 5 von Paul Scheinpflug-Bremen entgegen. Die fruhlings-
atmende Einleitung und der im Yolkston gebaltene prachtige dritte Teil sind
von unendlicb feiner und fast zu intimer Wirkung. Der abschliefiende
>Herbstfruhgangc mit seinen scbon in der Dicbtung liegenden Steigerungen
raft nacb den belebenderen Orchesterfarben, die die Baritonstimme, Solo-
violin e7 engliscb Horn und Klavier nicbt zu ersetzen imstande sind. Aucb
verliert sicb hier Scbeinpflug in einformigen Langen und Harten, die zu dem
gewollten Stimmungsausdruck in keinem recbten Verbal tnis steben. Nicbt
aUzugrofi war die Ausbeute in der Lied- und Klavierliteratur. Becbt gut
empfanden ist das meiste in dem kleinen Zyklus »Herbst« von Muller-
Reuter, der sich nur in den Hlustrationen der Kontraste eines Leichen-
znges und des vorbeisausenden Blitzzuges an eine merkwurdige Aufgabe ge-
wagt; ganz biibscb waren auch die Lieder von Hans Sommer, "Wilhelm
Hob de- Hamburg (besonders »Im Lenze«) und dem als trefflicber Tenorist
ancb diesmal das Beste leistenden LudwigHess, dessen frisches >Im Trabe*
(aus op. 8) nacbstens wobl ofter gesungen werden diirfte. Die von Fraulein
Vera Maurina gespielten Klavierkompositionen von Hugo Kaun, E. Heuser
und Felix vom Ratb bewegen sich alle in der gleichen Tonart des Ausdrucks.
Von Wolfrum's »Alten Liedern in neuen Weisen*, op. 34 muBte das
an das scbone Weihnachtsmysterium erinnernde >Der Maria Geburt* am
beaten gef alien.
Eine ungleicb wertvoUere Gabe bot uns aber Dr. Wolfrum, der un-
erscbrockene Fubrer des blubenden Musiklebens der scb5nen Neckarstadt, in
dem groBen Konzert in Heidelberg, wobin die Stadt und der Diligent die
Mitglieder des AUgem. Deutscb. Musikvereins zu Gaste geladen batten. Den
ersten Teil des sebr stark besucbten Konzerts bildete die einstiindige sin-
foniscbe Dichtung »Das Leben ein Traum« von Friedricb Klose-
Karlsrube, dessen Marcbenspiels »Hsebill« und aucb dieses Werkes sicb scbon
friiber Mottl angenommen batte. Gemafi der Vorscbrift des Komponisten
blieben die Ausiibenden dem Auge des Hdrers verborgen und der Konzertraum
wurde verdunkelt1). Der erste und beste Satz mit seinen weniger gesucbten,
sicb aber sonst viel an Wagner anlebnenden Gedanken und der erste Teil
des zweiten bergen viel Scbones und Vielversprecbendes, das uns deutlicb
offenbart, was Klose eigentlicb leisten konnte, wenn er sich so gabe, wie es
ihm urns Herz ist und was ihm sein Talent gestattet. Docb der weitere
Verlauf mit seiner ermiidend langen Prosastelle (Deklamation : Kammersanger
Gerhauser) und dem bier schon gar unangebracbten Melodram, und die iiber-
haupt immer pessimistischer und weniger sagende Entwicklung der weiteren
Gedanken fallen immer mebr und mebr ab. Ungleicb interessanter war
daflir die Auffubrung des schon in Heidelberg und Hamburg zu Gehor ge-
bracbten sinfoniscben Dramas »Dicbterscbicksal« (La vie du poete) in
1) Uber die Reformen im Konzert saal: vergleiche: >Daa Heidelberger Musikfest«
von Hans Pohl. Zeitschr. d. IMG. V. 3.
UI.M. V. Digitiz3aby G00gle
404 Hans Pohl, Das Tonkiinstlerfest in Frankfurt am Main.
drei Akten und vier Bildern von Gustave Charpentier, dem modernsten
der modern en Programmusiker. In starker Beriihrung mit dem ahnlichen
Berliozentwurf erzahlt uns Charpentier von dem ersten Erwachen der schaffen-
den Kraft, den truben Zweifeln, die jeden Kiinstler beschleichen ; er fuhrt
uns in das ubersinnliche Land der Traume mit den unsichtbar klingenden
Stimmen und auch zu dem tollen Feste in dem Bohemienviertel auf Mont-
martre, und glorifiziert in der Szene (Le poete la fille) das Ideal, das er
dort gefunden. AUes von impressionistischer Farbenwirkung und in einem
Ton gehalten, den das Wort und die programmatische Angabe ebenso deut-
lich als realistisch erklaren. Die Bilder des ersten Aktes schliefien mit einem
glanzenden Finale, das uns mit klangvollem Aufgebot des ganzen Apparats
in das Land der Traume fuhrt. Voll lyrisch weicher Stimmungsmalerei ist
die >Zaubernacht«, der poetisch schSnste Teil des von gluhender Phantasie
zeugenden Werkes eines offensichtlich groBen Talents. Musikalisch packend
in der Kontrapunktik der drei Orchester ist das Montmartre-Fest, eine schon
der Entstehung des Dramas nach hochinteressante Vorstudie zur > Louise*.
Der Schlufi dieser Szene bringt aber in dem Moment, da der Dichter unter
dem »Bire canaille*, Schmachten und Seufzen der Geliebten stirbt, soviel
groteske Widerwartigkeiten und Hafilichkeiten, daC man sich verwundert
fragen muB, ob das alles im Konzertsaal uberhaupt noch moglich sein konne.
Die Auffuhrung unter Dr. Wolfrum's Leitung war einfach mustergttltig, be-
sonders dem Chor gebuhrt die hochste Anerkennung. Die Dresdener Hof-
opernsangerin Fraulein Minnie Nast sang ihre schwierige Solopartie mit
bestem Gelingen, was von Kammersanger Gerhauser hinsichtlich der Durch-
fiihrung seiner Aufgabe leider nicht behauptet werden kann.
Das Tonkiinstlerfest selbst leitete die Frankfurter Oper mit einer an
sich ausgezeichneten Auffuhrung des Musikdramas »Der Bundschuhc yon
Waldemar BauBnern-Kbln ein, dem Otto Erler-Dresden hinsichtlich der
oft sehr guten Sprache und der szenischen Bilder ein Textbuch geliefert
hatte, das sich allerdings fur ein Schauspiel tausendmal mehr eignet, als fur
die musikalische Verarbeitung. Mit Ausnahme von ganz wenigen Licht-
punkten, die sich aus dem Fehlen zahlreicher und grdfierer Frauenpartien
erklaren, hallen die meisten Yorgange, die sich am Osterfest 1525 gelegent-
lich des schrecklichen Dramas des Bauernkrieges abspielen, nur von wildem
Larm und Kriegsgeschrei wieder. »Die Entwicklung nach wahrer Bealistik*,
die der Komponist in einer vorhergehenden Mitteilung besonders betonen zu
miissen glaubte, und das »Wesen des Dramas* hat der Komponist leider
nicht zu erfassen verstanden, und so fehlen denn dem ganzen Work, das
technisch und musikalisch einen ungemein grofien Apparat erfordert, der
richtige Kontrast, die belebenden Lichter und Farben, und vor allem die
dramatische Seele und die Starke des musikalisch en Ein falls. GewiB enfc-
halten manche Momente gute Eingebungen, die sich namentlich in den leider
nur zu kleinen Lyrismen des zweiten Akts vorfinden, aber das Gesamtbild
wirkt zu wenig eindrucksvoll und flaut mit den langen Szenen des dritten
Akls vollig ab. Auf eine eingehendere Besprechung dieses Biihnenwerkes,
das in der neuzeitlichen Produktion wirklich nichts Typisches enthalt, glauben
wir verzichten zu konnen. Die beste Aufnahme fand der zweite Akt, dessen
SchluBszene Frau Greef-Andriessen und der Chor retteten, wie auch beziig-
lich der vorzuglichen Aufftihrung Kapellmeister Dr. Kunwald, Oberregisseur
Krahmer und die Herren Dr. Proll und Forchhammer (in den Partien der
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Edgar Istel, Die Cornelins-Feier in Weimar. 405
beiden Graf en von Helfenstein) mit aller Anerkennung zu nennen sind.
Neben den Solisten des Festes (soweit sie nicht schon erwahnt): den treff-
lichen Geigern Heermann und Marteau, Fr&ulein Nast-Dresden, Breitenfeld,
Forchhammer und Sistermans als Vokalsolisten , dem Quartett Heermann,
Rebner, Kuchler und Hugo Becker; Hofmusiker Gland-Meiningen und den
Blasern des Theaterorchesters gebuhrt besonders dem Frankfurter Opern-
(MuseumB-)Orch ester rtickhaltloses Lob. Das treffliche Ensemble hat
kiinstlerisch das Schonste geleistet, und zu dem vollen Gelingen des Festes
gut zur Halfte beigetragen.
Frankfurt am Main. Hans Pohl.
Die Cornelius- Feier in Weimar.
(9. und 10. Juni 1904.)
Es war am 15. Dezember 1858, da sank die Hochburg neudeutscher
Musik, die Franz Liszt, der edle Beschiitzer aller Grofien und Verkannten,
errichtet hatte, dahin an den geheimen B&nken elender Gegner, die ihm offen
entgegenzutreten nicht wagen durften. So mufite denn die TJrauffuhrung des
>Barbier von Bagdad « von Peter Cornelius, des liebenswurdigen, Kescheidenen
Jungers seines groBen Meisters, des feinsinnigen Dichterkomponisten , den
Vorwand zu einem unerhorten Theaterskandal abgeben: eine bestellte, wohl-
organisierte Opposition brachte das lebensvolle Werk zu Fall, und Liszt,
erbittert fiber die seinem Schiitzling angetane Schmach, legte den Taktstock
fur immer nieder. Auf ewig begraben schien das Meisterstuck musikalisch-
komischer Feinkunst, und sein Schdpfer, in Wien bald dem bittersten Elend
preisgegeben, wurde in Bahnen gedr&ngt, die seiner humorvollen Eigenart
weit weniger entsprachen.
Spat, sehr spat erst entsann man sich des kostlichen Werkes. Felix
Mottl war es, der, entzuckt von dem ihm durch Standthartner tibermittelten
Klavierauszug, Ende der 70 er Jahre als Jiingling den festen EntschluB
faBte, dem Werke zum Sieg zu verhelfen, und bald sollte ihm die neu-
gewonnene Karlsruher Stellung Gelegenheit zur Ausfiihrung dieses Vorsatzes
gew^hren. In der Tat beginnt mit diesem Eingreifen Mottl's, das nicht
hoch genug eingeschatzt werden kann, die "Wendung im Schicksal der Corne-
lianischen Werke. Jetzt erst erhielt der Name Cornelius in der musi-
kalischen Welt eine Stellung, die ihm lange, viel zu lange vorenthalten
worden war. Aber selbst tiber das Grab hinaus waltete ein schmerzliches
Verhangnis. Mottl, ganz und gar im sinnbestrickenden Zauber der Wagner-
schen Farbengebung befangen, hatte bei aller Liebe fur Cornelius keinen
Sinn fur den keuschen Reiz dieses intimen musikalischen Lustspiels, ihm
(und auch Liszt, auf dessen Anregung Mottl's Bearbeitung zuriickzufuhren
ist) deuchte die Instrumentation, die tatsachlich manche durch mangelnde
Orchesterpraxis hervorgerufene Ungeschicklichkeiten enthalt, zu einfach, und
so hiillte er das Werk in das Prunkgewand des Wagner' schen Orchesters.
Das war im Jahre 1881 , zu einer Zeit , wo der Genius des Bayreuther
Meisters ubermachtig alles in seinen Bann zwang. Heute indes haben wir
D$ftz*ed by G00gle
406 Edgar Istel, Die Cornelius-Eeier in Weimar.
gliicklicherweise — zum Teil auch durch intensiveres Studium der musik-
geschichtlichen Entwicklung — den Sinn fur Einfachheit wieder gewonnen , wir
sind in musikalisohen Dingen viel toleranter geworden und erkennen jeder
echten Personlichkeit das Becht eines individuellen 8 tils zn. DaB aber
Mottl eine heute nicbt mehr gutzuheiBende Stilmischung mit der Barbier-
bearbeitnng vollflihrte, daB er aus einem in seiner anspruobslosen Feinbeit
entzilckenden Genrebildchen ein pompftses Alfrescogemalde machte, dieser
Vorwurf kann ibm leider nicht erspart bleiben.
Das Weimarer Fest hat nun, zum ersten Male seit jenem verhangnis-
vollen Dezembertag, die bis jetzt fast verschollen gewesene Originalpartitur *),
einer Anregung Max Hasse's folgend, wieder ins tonende Leben zuriick-
gerufen und damit eine alte, aber nicbt verjahrte Ebrenscbnld abgetragen;
auch der »Cid« , Cornelius' zweites, ernstes Biihnenwerk, 1865 zum
ersten Male in "Weimar aufgefuhrt, kam genau in der Originalgestalt , ohne
Hermann Levi's Bearbeitung, wieder zur Auffiihrung. Fragen wir uns nun,
was das fur beide Werke bedeute , so miissen wir sagen , da£ tatsachlich der
>Barbier< eine so radikale, allerdings aber auch glanzende Neuinstrumentierung,
wie sie ibm Mottl verlieh, entbehren kann; ja, die Feinbeit der Komik in
der Dicbtung kommt in der zarten Originalinstrumentation weit besser zur
G-eltung als bei Mottl, der freilicb witziger instrumentiert. Allein genau in
der Urform, wie man das Werk in Weimar auffuhrte, balte icb es nicbt
fiir lebensfahig. Denn erstens werden uns selbst die begeistertsten Cornelius-
puristen nicbt einreden konnen, daB gewisse Stellen (namentlich im zweiteu
Akte) >klingen«. Hier blieb ersicbtlicb das Konnen des jungen Meisters
nocb binter seinem Wollen zurlick — und Cornelius selbst batte kurz vor
seinem Tode auch die feste Absicht, den »Barbier« umzuarbeiten. Es werden
also alle einsicbtigen Dirigenten zweifellos zu Betouohen schreiten miissen, wenn
man es nicht vorzieht, von einer anerkannten Autoritat gleich von vornherein
diese (sehr diskret auszuffthrenden) Betouchen machen zu lassen. Andern-
falls setzt man sich der sicheren Gefahr aus, daB jeder Taktschlager einer
Opernschmiere an diesem Meisterwerk auf eigene Faust herumpfuscbt , was
viel, viel schlimmer ware als eine Auffiihrung nach der wenn auch etwas
iibertrieben, aber doch meisterhaft instrumentierten Mottl'schen Partitur.
Diese hat Ubrigens fiir groBe Theater unleugbare Vorteile, wahrend intime
Baume (wie das Weimarer Hausj gerade mit der Originalpartitur auBerst
gliicklich fahren. Aber es gilt noch einen zweiten Punkt zu berucksichtigen.
Mottl, der groBe Biihnenpraktiker , hat eine Beihe von auBerst geschickten
Kiirzungen vorgenommen, die dem Werk bei der lebendigen Auffiihrung nur
zum Vorteil gereichen. Diese Striche miissen zum allergroBten Teile bei-
behalten werden, wenn anders das Werk nicht einen erheblichen Teil seiner
dramatischen Kraft einbiiBen soil. Das gleiche gilt fur den >Cid«, doch
halte ich hier iiberhaupt ein Abweichen von der Levi'schen, auBerst diskreten
und stets stilvollen Bearbeitung fiir gefahrlich: den Beweis hat die Weimarer
Auffiihrung des Werkes geliefert2). Aber all diese kleinen Schwachen der
beiden Opern, leicht zu beseitigen durch routinierte Dirigenten, werden
1) Mit ihr auch die urspriingliche, sehr einfache H-moll-Ouverture, die Oornehus
spater durch eine viel wirkungsvollere in D-dur ersetzte.
2) An dieser Stelle sei der hervorragenden Wiedergabe beider Werke unter Hof-
kapellmeister Krzyzanowski riihmend gedacht. Fast unubertreffliche Leistungen boten
Frau Krzyzanowski-Doxat ah Chimene und Herr Gmiir als >Barbier€.
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Alfred HeuB, Heinrich Albert. 407
tausendfach wett gemacht durch die bluhende Fulle der melodischen und
harmonischen Erfindung, sowie der dichterischen Schonheit. Welch eigen-
standiger Kttnstler Cornelius gewesen, der sich als einziges Talent neben
dem groBen Genie Wagner's selbstandig zu behaupten vermochte, ja, in
seinem »Barbier« dem Meister sogar stilistisch auf musikaHsch-komischem
Gebiet voranschritt , — das zeigte sich wieder so recht bei diesem Fest.
Und wenn nach dem >Barbier« viertelstundenlanger , geradezn unerhorter
Beifall denselben Saal durchbrauste , der einst von dem Zischen einer elenden
Clique erfullt war, so muBte man, als schliefilich der Sohn des Meisters tief-
bewegt zum Dank erschien, mit Wehmut daran denken, daB es dem Schopfer
dieser herrlichen Werke nie vergonnt war, zu auBerer Anerkennung bei Leb-
zeiten zu gelangen. Nur seine Freundin, Frau v. Milde, Cornelius' an-
gebetete Rosa, die er so herrlich in Reim und Ton gefeiert, sie, seine erste
Margiana, hatte noch die Genugtuung, den spa ten Erfolg des Werkes mit-
zuerleben, und es mag ihr wohl gar eigen zu Mute gewesen sein, als sie
des Paul Heyse'schen Prologs Worte vernahm:
So lebe fort, und hier auf dieser Blihne,
Wo Deiner Gaben Wert man einst verkannt,
Sei Dir der Kranz geweiht, der immergriine,
Den Dir die Nach welt, die gerechte, wand.
Munchen. Edgar 1st el.
Heinrich Albert.
»Arien.c
Denkmaler deutscher Tonkunst. Erste Folge. Zwolfter and dreizehnter Band. Heraus-
gegeben von Eduard Bernoulli. Mit Einleitang von Hermann Kretzscfcmar.
Breitkopf und Hartel, Leipzig, 1904.
Am 8. Juli kehrt zum 300sten Male der Geburtstag eines deutschen Meisters wie-
der, der eine Kunstgattung begrunden half, die in der heutigen musikalischen Praxis
nicht nur am meisten gepflegt wird, sondern auch die — bei der allgemein zngegebe-
nen, jedenfalls allgemein gefuhlten gegenw'artigen musikalischen Stockung — selbstan-
digste und charaktervollste Produktion aafweist, der 300. Geburtstag Heinrich Albert's,
des eigentlichen Begriinders des deutschen begleiteten Sololiedes. Als solcher h'atte
Albert das Anrecht, in Deutschland allgemein gefeiert zu werden. Denn das Lied ist
mit der immerhin internationalen Suite die originalste oder vielmehr die einzige ori-
ginale deutsche Schopfung auf dem Gebiete der weltlichen Musik, indem Deutschland die
anderenMusikgattungen,Oper, Oratorium,Sinfonie,Konzert usw. vom Ausland ubernahm ;
das zeigt sich alles schon rein auCerlich — vielleicht aber auch erst recht innerlich —
darin, daB auBer dem Namen >Lied« keine einzige Musikform einen echt deutschen
Namen tragt, wahrend wieder umgekehrt kein romanisches Yolk etwas aufweisen
konnte, was mit >Lied« genau iibereinstimmen wiirde, es sei denn als Folge des
deutschen Liedes. Zwar ist auch das deutsche Sololied unter dem EinfluB der italie-
nischen Monodie entstanden, eine Begleiterscheinung derselben, aber wie die Deutschen
diese neue Gattung anfaBten, zeigt deutlich, daB sie sehr bald auf eigenen FiiBen stan-
den und sich von auBen, in erster Linie von Italien, nur indirekt beeinflussen lieBen,
was sich aus verschiedenen Grunden herschreibt. Einmal wirkte die Sprache mit, die
verbot, daB man sich so ohne weiteres in den EinfluB des Aualandes begab, ein Bollwerk,
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408 Alfred HeuB, Heinrich Albert.
das der Instrumentalmusik fehlte, weshalb denn auch Deutschland die groBen Instru-
mentalformen durchaus vom Ausland bezog, indem die deutsche Suite nie zu groBen
Formen gelangte. Ferner muB als wesentlicher Faktor gelten, daB die Pfleger des
deutschen Liedes in erster Lime* kleine Leute waren, die mit der italienischen Produktion
nicht in Fiihlung standen, wie dies bei den groOen Meistern dieser Zeit der Fall
war. Albert ist wohl unstreitig derjenige deutsche Liedkomponist seiner Zeit, der am
meisten mit der italienischen Kunst Verbindung hatte, und seine Bedeutung schreibt
sich nicht am wenigsten daher. >Als fur ficrrliche und geistreiche Compositiones aus
Italien [welches bUlich die Muticr der edler Musik xu nennen) xu uns gelangen, sehe
ich offtermals mit hochster Venmnderung an*, gesteht Albert in der Vorrede zum
sechsten Teil seiner >Arien« selbst, wo er auch von seinem Vetter1) Heinrich Schutz
bench tet, der ihm Kompositione.n zum Studium anvertraut hatte und *der seme hohe
Wissenscliaft aus dahero, besonders von dem furtrefflichen Johann Gabrieli geholet*.
Was aber dem deutschen Sololied im 17. Jahrhundert sein Geprage gibt, ist sein Ent-
stehen in den fteihen der deutschen Studentenschaft, es ist, wie Kretzschmar einmal
iiberaus treffend und fein bemerkt, ein »Studentenkind«. Auch Albert verdankte seine
ersten Anregungen seinen Studentenjahren, sagt er doch in der Vorrede zum zweiten
Teil, daB die meisten Melodien in seinen Studentenjahren >verfertiget« worden seien.
Und ohne die deutsche Studentenschaft ware der erste Klassiker des deutschen Liedes,
AdamKrieger, gar nicht denkbar. Der 8. Juli ware somit der schonste Ehrentag der
deutschen Studentenschaft, denn mit nichts, oder hochstens mit der Pflege der Instru-
mentalmusik in den hauptsachlich von Studenten begriindeten collegia musica haben
die Studenten tiefer nicht nur in die Musik, sondern auch in die Kulturgeschichte des
deutschen Volkes eingegriffen als mit dem deutschen Sololied. Schwerlich sind sich
die heutigen deutschen Studenten ihrer fruheren hohen kiinstlerischen und kulturellen
Mission bewuBt, und der 8. Juli d. J. wird wohl so ziemlich sang- und klanglos
vorbeigehen. 1st doch der musikgeschichtliche Sinn auch an Universitaten erst im Er-
wachen begriflfen, so daB es gerade hierin noch ungemein zu tun gibt. Ob einmal
die 300. Wiederkehr des Todestags Albert's die deutschen Studenten »geriistetc iinden
wird? "Wir wollen es hoffen.
Albert's Arien, die jetzt im Neudruck vorliegen, erfordern eine Menge von
Spezialuntersuchungen. In der prachtigen, lebensvollen Einleitung Kretzschmar's, die
fur Literarhistoriker ebenso wichtig ist wie fur Kultur- und Musikhistoriker, werden
solche auch nach verschiedenen Seiten hin angeregt. Albert ist zwar weder in der
Musik- noch Literaturgeschichte ein homo novus, ist sogar seit Winterfeld eine urn-
strittene GrbBe, und absichtlich betont^ die Einleitung, daB erst die Neuausgabe Albert
zur allgemeinen Geltung bringen werde. Hier ist es vor allem notwendig, daB Stim-
men iiber Albert laut werden, denn Albert gehort absolut nicht zu jenen Meistern,
die sich heute leicht innerlich erschlieBen; man wird sich tiber seine musikgeschicht-
liche Bedeutung eher einigen, als tiber seine spezifische Bedeutung als Eomponist.
Der nicht historisch Geschulte und mit der Liedproduktion des 17. Jahrhunderts nicht
gut Vertraute wird auch gut daran tun, mit seinem Urteil tiber Albert sehr vorsichtig
zu sein. Nahme jemand ohne wei teres die Lieder des schon genannten Adam Krieger,
eines der kraftvollsten und geschmeidigsten Liedertalente, die es uberhaupt gab, zum
Vergleich mit denen Albert's zur Hand, er wtirde das richtige Verhaltnis zu Albert
nicht finden konnen. Wohl erst wer sich auBer mit Krieger auch mit den anderen
Liederkomponisten besch'aftigt hat, wird von diesem doppelten Standpunkt aus Albert
annahernd richtig einschatzen konnen. Von den Fragen, die sioh da erheben, scheint
mir eine der wichtigsten und zugleich interessantesten die Formfrage. Sie gehort
zu den »exakten« Fragen, aber die Resultate, die mit ihrer Inangriffnahme gelost
werden konnen, greifen so in das Innere tiber, daB sie bedeutenden Wert erhalten.
Wie bildet sich die Liedform des 17. Jahrhunderts aus? Als vorlaunges Endziel muB
man hierin Adam Krieger ansehen; wieder 20 Jahre spater hat sich das Liedideal der
1) Schutz ist nicht der Onkel Albert's, sondern die beiden Ktinstler Bind, wie die
Einleitung der Ausgabe nachweist, Geaehwisterkinder.
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Alfred HeuB, Heinrich Albert. 409
Krieger'schen Periode auch in formeller Beziehung wieder verruckt. Bei Albert ist
-das ebenso Interessante wie Wichtige, daC noch die verschiedensten Liedstilarten mit-
•einander kampfen, welche in der Einleitung klar gekennzeichnet sind. Herausgreifen
muB man diejenige, welche >Schule< machte. In letzter Instanz geht sie auf die
Beriicksichtigung des Reimes zuriick, die in Verbindung mit ganz bedeutenden
instrumentalen Einfliissen immer klarer ein Formprinzip herausbildet, das in Volks-
liedern des 15. und 16. Jahrhunderts zu finden, in den kunstvollen mehrstimmigen
Oesangen der zweiten Halfte des 16. und am Anfange des 17. Jahrhunderts immer
weniger zu treffen ist. Bei Schein trifft man es nur vereinzelt. Der neue Stil, die
Monodie, die im Grunde genommen eine ganz ungemeine Popularisierung der Musik
iiberhaupt bringt, greift # darauf wieder stark zuriick. Monteverdi's Scherxi musical i
aind wohl die ersten AuCerungen hierin. Sie haben auch in Albert's Arien den
klarsten Niederschlag gefunden. Sliicke wie Nr. 23 des ersten. Nr. 10 und besonders
Nr. 11 des dritten Teils sind beinahe direkte Kopien von MonteverdTschen Scherzi.
Sogar in Einzelheiten, der Dreistimmigkeit, der leichten, kunstlosen Stimmenfuhrung,
dem Hhythmus, bei Nr. 11 dem dreistimmigen Ritornell stimmen sie iiberein. Auch
in diesen Liedern liegt das »Konstruktionsgesetz« (Einleitung S. XIX), dem spater
Krieger seine klassischen Formen verdankt, wo es dann allerdings in einer Freiheit
und Mannigfaltigkeit auftritt, die man erst voll erkennen wird, wenn Krieger's Arien
im Neudruck vorliegen. Mit der Nutzanwendung dieses Gesetzes gelangt man zu den
interessantesten Ergebnissen, und zugleich hilft sie die Liedtechnik des deutschen
Liedes im 17. Jahrhundert ergriinden, wofur hier allerdings kein Raum ist. Albert
ist deshalb wichtig, weil sich bei ihm die spater allgemein eingebiirgerte Liedtechnik
in den verschiedensten Starkegraden zeigt. Teilweise stellt er sie bereits auf die
Spitze und wird schablonenhaft. Man vergleiche das 19. Lied des ersten Teils; hier
ist das ganze Lied nach dem Schema der beiden ersten Verse aufgebaut, so daB es
sehr niichtern wirkt. Ob eventuell der Text den AnlaB hierzu gegeben hat, muB un-
^ntschieden bleiben. Wie kiinstlerisch frei aber Albert auch mit diesem Gesetz urn-
gehen konnte, dafur liefert das allererste Lied ein schones Beispiel, namlich in betreff
der Betonung, die ebenfalls ein sehr interessantes und vielfach miBverstandenes
Xapitei in dem Lied des 17. Jahrhunderts ist. Man mu6 hierzu die kleineren Lied-
komponisten kennen, um Albert richtig einzusch'atzen. Ein solcher hatte den dritten
Vers, der mit dem zweiten in Ubereinstimmung gebracht worden ist, folgendermaCen
beantwortet :
2. Vers.
gi-7z@ir.j-^--zgz^z^B££J
E
So lan-ge wir im Le - ben sein!
3. Vers.
3n «^ *m
±
~^SJ.
X:
Viel-leichtbrichtjetzt der Tod her -ein;
Albert beantwortet aber:
i
m.
Viel-leicht bricht jetzt der Tod her - ein;
Worauf es Albert ankam, sieht man ohne weiteres; das wichtige >Tod herein*
cnuGte gedehnt werden, daher die Freiheit, die er sich, ohne das Gesetz aufzuheben,
erlaubt. Derartige Feinheiten in der Deklamation finden sich h'aufig, es muB nur noch
gesagt werden, daG wir mit den Taktstrichen nicht in moderner Weise umgehen diirfen
(Einleitung S. XIX), weil sich dadurch erst die richtige Art der Betonung erschlieGt.
Indes, auf dies und vieles andere kann hier nicht naher eingegangen werden.
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410 Musikberichte.
Nur noch einige Worte iiber Albert als Komponisten im allgem einen. Albert ist
in seinem Ausdruck nicht besonders vielseitig, insbesondere ist er in seinen AuBerungen
der Freude ziemlicb beschrankt. Man bekommt hier einen MaBstab in die Hand, wenn
man ihn mit Krieger vergleicht. Ein so feines Differenzierungsvermogen, ein Be-
herrschen des Frohlichen und Traurigen in den verschiedensten Abstufungen wie bei
diesem Liedmeister trifft man bei Albert nicht. Hochste Lust und tiefste Trauer, das
>Himmelhochjauchzend, zum Tode betrubtc, ist ihm nicht gegeben. Noch ofiters ist
sein Ausdruck noch nicht scharfer prazisiert, so daB erst ein sehr uberlegter Vortrag
solchen Liedern den richtigen Ausdruck verschaffen kann. So fallt es deshalb auch gar
nicht besonders auf, daB das 1. Lied mit dem 13. des ersten Teils beinahe identisch
ist, dort aber einen ausgesprochen geistlich-ernsten, hier einen weltlich-frohlichen Text
tragt ; denn die Parodie (Nachahmung) ist durchaus ernsthafb gemeint. Was aber Albert
in reichem MaBe besitzt, iBt Gefuhlsinnigkeit. Die schonsten Proben bieten die hau-
figen Vorjahrs- und 'ahnliche Liedlein. Eine kraftige Melancholie gibt vielen Liedern
wieder ein ganz eigenartiges Geprage; sie liegt, trotz der ernsten Zeit, weniger in
dieser selbst, als in Albert wie auch den Texten, die nirgends burschikose Frohlich-
keit ausstromen. Ausgesprochene Trinklieder fehlen z. B. beinahe ganz, indem I. 19
und 25 eine Ausnahme bilden und musikalisch keinen pragnanten Ton aufweisen. Der
klassische Verherrlicher des Trankes in "Wort und Ton sollte erst koinmen, Adam
Krieger.
Es ware unrecht, wiirde auch hier nicht auf die mehrstimmig gesetzten Liederf
die zu einem groBen Teile Bearbeitungen einstimmiger sind, hinge wiesen werden. Sie
zeigen vor allem, daB Albert trotz seiner Versicherung, »nicht von Jugend auf in
dieser Kunst erxogen, noch einige Qedanken ge/tabt, hievon Profession %u machen*, ein
Meister des mehrstimmigen Satzes ist, in dessen Behandlung er einer frttheren Zeit
ganz die H'ande reicht, daB man sich in manchen Gesangen kaum des Gedankens er-
wehren kann, Albert archaisiere absichtlich. Man kann als passendste Beispiele
Nr. 2 und 4 des funften Teils anfiihren, die nur Dreiklange verwenden. Insbesondere
Kirchenchore werden in Albert's Arien sehr viel Passendes finden.
Die Ausgabe ist sorgfaltig von Ed. Bernoulli besorgt worden ; zu bedauern bieibt,
daB die Texte nicht hinter die betreffenden Lieder gesetzt sind, sondern separat. Za
der Einleitung Kretzschmar's ist noch nachzuholen, daB sie auch eine wertvolle Bio-
graphie mit manchen neuen Ergebnissen bringt. Die Aussetzung der Continuostimme
stammt von Ferd. Thieriot; waren die von Albert in der Vorrede zum zweiten Teil
der Arien gegebenen kurzen aber scharfen GeneralbaBbemerkungen starker beriick-
sichtigt worden, so wiirde der damaligen Sitte des GeneralbaBspiels vielfach besser ent-
sprochen worden sein.
Leipzig. Alfred Heufl.
Musikberichte.
Dresden. Im Koniglichen Opernhause wurde bis zu Beginn der Ferien noch
riistig weiter gearbeitet. Seine erste hiesige Auffuhrung erlebte >Das Gliick«
— ein Tonmarchen in einem Akt von Theodor Kirschner mit der Musik von
Rudolph von Prochazka. Das Gliick kommt in der Gestalt einer reizenden Fee
auf der Flucht vor der Gier der Menschen zu Winfried dem Einsiedler, der zunachst
erschrocken vor der verfiihrerischen Erscheinung zuriickweicht, sich dann aber duroh
ihre riihrende Klage bereit finden laBt, ihr zu helfen. Er 1'aBt sie Monchskleidung an-
legen, und nun jagt die wilde Menge am — Gliick vorbei. Zum Dank verwandelt die
Fee den Wald in einen blutenreichen Hain und verheiBt ihrem Better Macht, Sch'atze
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Musikberichte. 411
and Tugend, Doch will er nicht noch einmal erleben, was l'angst hinter ihm liegt,
und wtinscht sich — das Allerbeste. Das soil ihm zuteil werden, wenn er sie kiiOt.
Vor dieser Siinde flieht er davon. Doch treibt ihn die Unruhe zuriick, und er raubt
der schlafenden Fee den Kufi. der ihm nun das Allerbeste bringt — den Tod.
Diese stimmungsvolle Dichtung ist wohl bUhnenf ahig und verlangt auch nach musi-
kalischer UnterstQtzung. Auch hat der Komponist an vielen Stellen die richtigen Tone
in geschickter Weise getroffen; aber es ist ihm zu viel Musik entschlUpft. Er h'atte
dem gesprochenen Wort mehr Spielraum lassen sollen. Humperdinck's »Dornroschen«
ware hier ein richtiges Vorbild gewesen. — Die Auffuhrung mit Frau Wit tig als
»das Gliickc und Herrn Perron als »Winfried« gelang unter der sicberen Leitung
des Hofkapellmeisters Ha gen recht gut.
Einige Tage spater zogen »die Italiener* in das Konigliche Opernhaus ein. Das
war ein merkwurdiger Vorgang, die echte, legitime Geburt einer merkwurdigen Re-
klame. Es wurde >Rigoletto« gegeben, und ein >Direttore d1 Orchestra: Maestro
Arturo Vigna* schlug und stampfte den Takt. Dieser Kapellmeister hat vor einiger
Zeit in Berlin Aufsehen erregt und wurde von dort aus als eine Besonderheit ange-
prie8en. Eine solche besitzt er; denn so wutet kein anderer Dirigent am Pult herum.
Fur sein Auftreten im hiesigen Opernhause h'atte man ihm nur vorher einen guten
Rat geben sollen: nach jeder Richtung hin etwas mehr Hochachtung vor der Konig-
lichen Kapelle zu empfinden und zu zeigen ; denn eine Korperschaft von dieser kiinst-
lerischen Bedeutung verdient nicht wie eine Schiilerklasse behandelt zu werden. AuBer
ihm ersohienen noch vier ltaliener an jenem Abend: Euriso Caruso, der eine sym-
pathische Stimme besitzt, mit seinen Mitteln sehr gut Haus zu halten versteht und
verstandnisvoll phrasiert, Regina Tinkert, Ernesto Tignataro und Vittorio
Arimondi. — Die letzteren drei Mitwirkenden haben nur bewiesen. daB es mit dem
Italienischsingen in Italien heute nicht besser und auch gerade nicht schlechter bestellt
ist als in Deutschland selbst. Die hiesigen Krafte, wenigstens die sonst diese Rollen
wiederzugeben haben, stehen turmhoch iiber jenen G'asten.
Die Auffuhrung der » Norma*, die etwa 14 Tage spater stattfand, bewies, daB
Herr Ernst von Schuch eine italienische Partitur genau so gut kennt wie Maestro
Vigna und sie ebenso warmbliitig zum Erklingen zu bringen versteht. ohne daB er
dabei in die ubertriebenen h'aBlichen und storenden Bewegungen seines italienischen
Kollegen gerat. E. ReuG.
Krakan. Die letzte Saison begann und endete mit je zwei Orchesterabenden.
Die zwei ersten (Oktober 1903) waren von der > Warschauer Philharmonie* unter der
Leitung des Herrn Emil Mlynarski veranstaltet, der sich als sorgf altiger und routi-
nierter Dirigent erwies, leider aber ohne Stilkenntnis — Beethoven ist ihm ein Buch
mit sieben Siegeln — und Temperament. Begeistern kann er jedenfalls nicht. Da-
gegen ist sein Orchester gl'anzend; das darf R. StrauB, A. Nikisch, E. Grieg, E. Co-
lonne, L. Mancinelli, V. d'Indy best'atigen. Gespielt wurden Werke von Beethoven
(VII), Berlioz (»Rakoczy«), Wagner (>Tannhauserc-Ouverture), Liszt (E-dur-Polonaise),
Saint Saens (Serenade), Tschaikowski (Suite op. 43) und Richard StrauB (>Tod und
Verkl'arungc — zum erstenmal in Krakau). Die polnische Musik war mit der kost-
lichen Ouvertiire »Winterm*archen« von Stanislaw Moniuszko (1820 — 1872, dem
Schopfer der polnischen Oper und dem besten polnischen Liederkomponisten), ferner
mit Werken von Noskowski, 2elertski, Paderewski und GroGmann. Eine Novitat
von Siegmund Noskowski (geb. 1846 in Warschau) hieB >Aus dem Lebenc
(sinfonische Variationen; und fand Beifall. Noskowski ist ohne Zweifel der meist-
genannte polnische Komponist der Gegenwart. Dem erlauternden Programme nach
sollen sie eine Entwicklung der Menschheit oder richtiger der menschlichen Gefiihle
und Instinkte darstellen (aurea aetas, Idyllenstimmungen, Unruhen und bange Ahnungen,
Zwietracht und Kampf, Tragisches Ende, Elegische Stimmung, Hoffnung auf bessere
Zukunft). Psychologisch scheint mir das Werk nicht einwandfrei durchgefuhrt zu sein.
Die Variationen stellen Momente oder Charaktere dar (cf. Elgar's > Enigma* oder
StrauB' »Don Quixote*). Eine Entwicklung, eine Handlung, ein ProzeB diirfen wohl nur
in einer sinfonischen Dichtung, Ouvertiire oder mindcstens in einer Sinfonie dargestellt
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412 Musikberichte.
werden. Dagegen zeigt das Werk in bezug auf die Instrumentation, thematische Arbeit
und eklatante Harmonik sehr viel Konnen. Stilistische Einheit gibt es fretfich darin
nioht, aber im ganzen ist das Werk wert, im Ausland bekannt zu werden. — Die zwei
letzten Orchesterkonzerte arrangierte die *Ccch%8che Phtiharmonie* aus Prag unter
GK Adler's Schuler Dr. Vilem Zemanek. Unter seiner einsichtsvolien und durchaus
energischen Leitung wurden gespielt: Beethoven's V., Berlioz's >Benvenuto Cellini*,
Dvorak's II., Tschaikowski's VI. Sinfonie, Wagner's »Siegfriedidyll« und > Is oldens
Liebestod*, zuletzt R. StrauB' >Tod und Verklarungc. Beethoven und Berlioz wurden
entzlickend geleitet. Berlioz war besonders willkommen, da er in Krakau fast un be-
kannt ist und sein schopferisches Talent in offentlichen Vortragen eines Herrn in letzter
Zeit stark heruntergezogen wurde. — Ferner spielte (im M'arzj das Konservatoriums-
orchester unter der Leitung des Herrn Viktor Barabasz Werke von Wagner (»Meister-
einger«-Vorspiel;, Handel, Volkmann, Mendelssohn und Noskowski. Auch die Pro-
duktionen des Chores der *Musikyesellschaft< sind immer beachtenswert. Viel
schwacher sind die Abende der Krakauer Liedertafel >Lutnia*. — Der Konservatoriums-
direktor Ladislaus Zeleriski veranstaltete, wie alljahrlich einen Kompositionaabend.
Immer werden dieselben Sachen von Herrn Zelenski wiederholt. Diesmal horten wir
eine Novit'at (sogar zweimal!) namlioh ein Klavierkonzert. Er hat dieselben Merk-
male, welche alle Kompositionen Zeleiiski's tragen, und von denen wir schon in unse-
rer >Zeitschrift« (IV, 12 und V, lj schrieben. Wir mtissen nur hinzufugen, daB wir die
Idee nicht gliicklich finden, einen Satz mit einem Walzer (deus ex machinal) zu enden;
kurzere Kadenz, weniger Sequenzen und noch weniger Arabesken und Fiorituren
konnten dem Werke nur zur besseren Aufnahme helfen. Einige Male gab es im Stadt-
theater Opernvorstellungen, in denen die Konservatoriumszoglinge sangen.
Adolf Chybinski.
Leipzig. Sehr lehrreich war in den letzten Wochen ein im Neuen Theater ver-
anstalteter Weber-Zyklus. DaB 6olohe Zyklen ihren positiven Wert haben, ist
allgemein bekannt und die Theaterdirektoren stellen sich im ganzen auch nicht schlecht
dabei. Da zudem im Schauspiel sich gegenwartig ein immer starkerer Zug zu den
klassischen Meistern konstatieren laBt, so ist es nicht uninteressant, denselben Zug-
auch in der Vorliebe fur altere Opern anzutreffen. Ein Mozart-Zyklus war neben hier
nicht sehr seltenen Lortzing-Zyklen ebenfalls schon in Szene gegangen, und so sind
wir hier mit derartigen Veranstaltungen bereits ans Ende gelangt, da Gluck's Werke
hier seit langem gar nicht mehr auf dem Repertoire stehen, fiir eine Universitatsstadt
von der Bedeutung Leipzigs eigentiich ein unwiirdiger Zustand. Von Weber gab es
die Musik zu Preziosa, die Opern >Die drei Pintosc, >Euryanthe«, »Oberon« und
>Freischutz< in dieser Reihenfolge. Diese ist durchaus willkurlich; ware man nach
inneren Griinden verfahren, so h'atte unbedingt die Euryanthe am Schluase stehen
miissen, denn in dramatischer Hinsicht bedeutet der Oberon sicher keinen Fortschritt,
und der Ausgangspunkt fiir die moderne Zeit ist ganz unbedingt die Euryanthe. Diese
iiihrte man zudem in der Bearbeitung Mahler's auf, von der in ausgezeichneter Weise
in der Zeitschrift V, 5/6 die Rede war. DaB das Werk gewinnt, ist ganz unzweifel-
haft, ebenso daB sich der Text der ungliickseligen v. Chezy nie ganz retten l'aBt. Selbst
wenn man sich am Dramatischen, fur das die Frauen, wie die ganze Literaturgeschichte
zeigt, absolut keine Veranlagung zeigen, auch an den Theaterfiguren von schwarzem
Bosewicht und weiBem Engel nicht b to Ben will, so bleibt doch an dem Text noch
eoviel hangen, daB man zu keinem ruhigen Cenusse kommt. Mozart, der viel kritischer
war als man gewohnlich annimmt, hatte diesen Text als zu albern zuriickgewiesen.
Von den ubrigen Werken interessierten in erster Linie die drei Pintos, die in C. v. Weber
und Mahler bekanntlich die vortrefflichen Bearbeiter der Weber'schen Entwurfe ge-
funden haben. Weniger bekannt durfte sein, daB, wie Mendel berichtet, auch Weber's
Freund Meyerbeer eine Bearbeitung im Sinne hatte. Eigentiimlich, daB man diese
ausgezeichnete komische Oper, wohl die beste Studentenoper, die wir (mit Ausnahme
von >Hoffmann's Erz"ahlungen«) besitzen, nicht haufiger hort. AuBer bei dem ganz
schwachen, aber kurzen zweiten Akt, kommt man bei flottem Spiel nicht aus der Span-
nung heraus. Musikalische Treffer besitzt besonders der erste Akt einen nach dem
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Musikberichte. 413
anderen; Stucke wie die Kater-Romanze, das >Ei ei«-Terzett und manches andere sind
in ihrer Art in der deutschen komischen Oper Unika. Das Werk hatte, zu Weber's Leb-
zeiten erschienen, Schule machen konnen, und es stand e dann vielleicht etwas besser um
die deutsche komische Oper. 1st doch die Kunstgeschichte noch immer von Zufaliig-
keiten abhangig gewesen! Schade, daC hier >Abu Hassan < und >Silvana« nicht auf
dem Repertoire sind; sie hatten Weber's Bild vervollstandigt. Durch Weber's ganze
Musik geht ein jiinglinghafter Zug, mehr oder weniger iiberhaupt das Charakteristische
<ler deutschen Romantik. Sollte dies nicht der Grand sein, warum wir uns, trotzdem
man auf die Romantik als etwas durcbaus ttberwundenes zuriickblickt, immer wieder
angezogen fUhlen? — Die Vorstellungen waren teilweise sehr frisch, teilweise, wie der
Oberon, recbt mittelmaCig. A. Heufi.
Lemberg. Die beste OpernnovitSt war » Louise* von Char pent ier, die vom
Publikum sehr gut aufgenommen, von der kompakten Kritik als >Machwerk< verurteit
wurde. Adolf Chybinski.
Mttnehen. »Das Vaterunser«, eine neue Oper, deren Dichtung von Possart, und
deren Musik vom hiesigen Hofkapellmeister Rohr berriihrt, erlebte hier ihre Urauf-
fiihrung und hatte dank starker dramatischer Effekte, naraentlich in den Schlufiszenen,
einen warmen Erfolg. Rohr's Musik halt sich mit Gliick von der Wagnerschablone
frei und verrat eher jungfranzosische Einflusse, ist aber in ihrem instrumentalen Teil
stark uberladen. Frl. Morena, die die Hanptrolle sang, hatte einen schweren Stand,
ftihrte jedoch ihre Partie vortrefllich durch. E. I.
Paris. H serait bien temeraire d'essayer de porter un jugement d'ensemble sur la
foule des concerts de musique de chambre, recitals, matinees et soirees musicales
diverseB donn£es & Paris cet hiver, autant que difficile de vouloir les denombrer avec
exactitude; il serait tout aussi imprudent de conclure de ce que, chaque jour, dans les
cinq ou six salles disponibles de Paris, il se donne parfois jusqu'a une dizaine de
concerts, que les Parisiens aiment jusqu'a la passion la musique de chambre, de qua-
lite et d'auteurs les plus divers qu'on propose a son appreciation depuis le mois de
decembre jusqu'au mois de juin. Oar dans ces centaines de seances musicales qui
s'echelonnent durant six mois de l'annee, interessantes pour la plupart, le bon et le
mauvais,le mediocre et le pire se coudoient pele-mele, et ne font en somme qu'entre-
tenir le mauvais gout de la grande partie du public dont l'education musicale reste
encore a faire, et qui ne va souvent au concert que pour passer quelques instants a
contempler un virtuose-acrobate ou entendre une chanteuse celebre au theatre — ou
autrement.
II est indSniable cependant que les artistes, en grand nombre, sont attires de
partout & Paris, depuis trois ou quatre ans, qu'ils y viennent chercher une conse-
cration qu'ils jugent indispensables a leurs talents. On doit constater aussi que, si la
grande majority reste assez indiff£rente a la vraie musique, il se cr£e cependant une
minorite, toujours plus nombreuse, qui voit avec plaisir Paris devenir une ville musi-
cale, dans le meilleur sens du mot, et peut enfin entendre les grands virtuoses que
toute l'Europe et l'Ame>ique applaudissent. Ce r^sultat est du en grande partie, je
crois, a la « Societe* philharmonique* ; c'est grace a elle que, depuis trois ans, Paris a en-
tendu les grands Quatuors de Bologne, de Londres, de Budapest, de Dresde, et l'in-
comparable Joachim, de Berlin, les Kreisler, les Thomson, le Trio de Rotterdam, le
Trio Schnabel, les pianistes Eugen d'Albert, Feruccio Busoni, Harold, Bauer, Joseph
Hofmann, Mmes Camille Landi, Wedekind, M. Frohlich, et tant d'autres dej& connus
ici, mais qui n'avaient eu rarement Toccasion de prendre le chemin de Paris. Tous
ces grands artistes, qu'on ne connaissait naguere que par oui-dire, contribuent par leur
presence a developper la curiosity, encore peu eveillee, pour la musique de chambre,
dont le gout se repand ainsi petit a petit, de maniere empirique, il est vrai, car la
multitude et la confusion des programmes, plus favorables au virtuose qu'a ses auditeurs
peu avertis, ne voUt guere sans inconvenients pour l'dducation musicale, que d'ailleurs
peu d'artistes cherchent a developper.
Depuis trois mois environ que j'ai eu l'occasion dc parler des concerts de musique
de chambre, je ne puis done que citer comme au hasard un certain nombre de ces
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414 Musikberichte.
seances. Voici, a deux reprises, celles donnees par Mme Roger-Miclos et M. Charles
Battaille, Tune consacree entierement a Schumann, l'autre, plus eclectique; les Concerts
de la «Chanterie», diriges par Mme Marie Mockel, dans lesquels on entend interpreter
par un excellent quatuor vocal, d'anciennes oeuvres franchises du XVT« siecle, des duos
et autres pieces chorales de Haydn, Schubert, et d'auteurs plus modernes; la s^rie de
conferences- concerts donnees par M. Landormy, sur VJUstoire de la Sonate pour piano
et violon; les curieuses reconstitutions de nos vieux maftres, par la « Socie"te des Instru-
ments anciens», les recitals de Marcian Thalberg [sonates et concertos de Beethoven.
Schumann. Chopin et Lizst), d'Emile Sauer (dont un consacre entierement a Chopin), de
Dezso Szigeti; de MM. Arthur de Greef et Lucien Capet, interpre^ant les dix sonates
pour piano et violon; de Beethoven; de Marie Pantbes; de M. J. Morpain; de M. Jo-
seph Wieniawski; de M. Lazare Levy; de M. Fernand Lemaire, enhn les quatre seances
de M. Edouard Risler, avec Mme Mysz-Gmeiner, avec Torchestre Chevillard (les trois
derniers concertos de Beethoven), MM. Joseph Thibaud et Delmas, de l'Opera. Au petit
theatre de la Bodiniere, M. Engel et Mile Bathori ont fait entendre, en une dizaine
de seances, un grand nombre d'oeuvres de nos compositeurs modernes, Gabriel
Faure, Reynaldo Hahn, E. Chausson, G. Fabre, Paul et Lucien Hillmacher, Claude De-
bussy, Alfred Bruneau, R. Pugno, etc. H y a eu encore les concerts toujours tres suivis
de MM. Pugno et Ysaye, et, tout rSceniment, les recitals de violon de Jean Kubelik,
dans les vastes salles du Chatelet et du Trocadero. Dans cette derniere salle egale-
ment, Mile Isadora Duncan a danse plusieurs fois ses danses idylles et ses interpreta-
tions de Beethoven. C'est la aussi que M. Gustave Charpentier a produit pour la
premiere fois les eleves de son Conservatoire populaire ou l'education musicale est
donnee aux jeunes ouvrieres parisiennes: le resultat de ce premier exercice public a
ete des plus satisfaisants et fait bien augurer de l'avenir de cette institution, due
toute entiere a Tinitiative du jeune compositeur.
Les concerts de la Society nationale sont toujours interessants parce qu'ils con-
tiennent a cote d'oeuvres executees a cette Societe depuis sa fondation (en 1871) des
compositions inedites. Celles-ci ne sont pas toutes de premier ordre, helas! et le voisinage
d'omvres telles que le Prelude, Choral et fugue de Cesar Franck, ou le Premier Qua-
tuor de M. Vincent d'Indy, voire meme Tagreable Serenade de Namouna de Lalo,
n'est pas sans leur causer quelque tort; mais de jeunes compositeurs comme Mau-
rice Ravel, Jean Hure, Alb6ric Magnard, donnent plus que des promesses. II y a
cependant, parmi les auteurs de la Societe nationale, une facheuse tendance a em-
prunter des textes a des poetes tels que Leconte de Lisle, Paul Verlaine ou autres
plus « decadents > encore, dont les vers se suffisent a eux-memes et n'ont aucun be-
soin de musique, qui sont meme rebelles a tout commentaire musical. A cet egard.
le Sheheraxade de M. Ravel, ecrit sur un poeme de M. Tristan Kliugsor, est une
erreur manifeste, car les paroles chantees n'ajoutent absolument rien a une partition
tres remarquable par elle-meme.
Pour terminer, je citerai encore Taudition de tous les Quatuors de Beethoven par
le Quatuor Parent, les concerts de la «Trompette>, diriges par M. Alary, ceux de
Mme Marthe Dron, de Mile Blanche Selva avec Mme Diot violon] ; de la Societe des
Instruments a vent; de Mmes Marie Gamier, de 1' Opera- Comique et Landowaka
(piano), de MM. d' Albert, Gabrilovitch, du Quatuor tcheque, du Quatuor Capet, etc.
Au Conservatoire, en attendant les concours de fin d'ann^e, les eleves ont donne
leur « exercice public >; le programme comprenait: Touverture de Fidelio, la Mort
d'Ophelie et la marche pour Hamlet, de Berlioz, un Largo et gigue, de Bach, P allegro
du quatuor en sol mmeur, de Mozart, et la Symphonie-cantate de Mendelssohn. Cet
exercice a etc* g£n£ralement juge insuffisant; cela provient, sans aucun doute, de ce
qu'on attache pas assez d'importance a une manifestation trop peu frequente (il n'y
a qu1un seul exercice par an).
Quant aux deux theatres subventionnes, ils se sont bomes aux premieres representa-
tions de: le Fits de VEtoile, opera de MM. Catulle Mendes et Camille Erlanger {a l'Opera) ,
le Cor fleuri, d'Ephraim Mikhael, MM. F. Herold et Fernand Halphen, et le Jongleur
de Notre-Dame, « mystere » de MM. Maurice Lena et Massenet (a TOpera-Comique .
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Vorlesungen tiber Musik. — Nachrichten von Lehranstalten und Vereinen. 415
A oe dernier theatre a eu lieu le 28 mai, une reprise de l'Alceste de Glack, qu'on
n'avait pas entendu a Paris depuis la reprise qu'en fit TOpera en 1866. Mme Litvinne
remplisaait le role principal.
En province, certaines villes montrent une louable emulation musicale. La Societe
Saint-Cecile de Bordeaux a execute VEnfanee du Christ de Berlioz, a Tours, l'oratorio
de M. Massenet, Marie- Magdeleine a ete chante pour la premiere fois ces dernieres
semaines; a Saint-Quentin, le Wattenstein de M. Vincent d'Indy, l'ouverture des
Meistersinger ont ete l'objet egalement de premieres auditions. A Toulouse, M. Croc£-
Spinelli a dirige* la Cantate de Fredegonde avec laquelle il remporta le prix de Rome
en 1897. A Dijon, M. Landormy a fait des conferences-concerts, comme a Paris. A
Angers, Nancy, Lille, Roubaix, Tourcoing, Marseille, Lyon etc., qui
possedent, comme on Bait, d'importantes ressources musicales, les societes symphoniques
se consacrent, selon la coutume, a la musique classique, parmi laquelle se glissent, de
temps a autre, quelques ceuvres mod ernes. Les memes virtuosos qu'a Paris s'y font
entendre avec succes, contribuant a les maintenir sensiblement au niveau de la capitale.
Les theatres lyriques, malheureusement, ne suivent pas toujours cette progression, et,
comme je l'ai deja souvent constate, leurs affiches ne se renouvellent pas souvent.
Neanmoins, et d'une fac,on generate, on peut affirmer que la decentralisation artistique
a'est encore accentuee au cours de la saison qui se termine, et rien ne fait pr£aager
qu'il ne doive pas en etre de meme l'annee prochaine. J.-G. Prod'homme.
Vorlesungen uber Musik.
Dr. Arnold Schering hielt am 12. Mai in der Musiksektion des allgemeinen
deutschen Lehrerinnenvereins (Leipzig) einen Vortrag uber *Das deutsche Kinderlied
und seine Pflege*.
In dem Universitatskursus in Breslau (18.— 30. Juni) hielt Dr. G. Munzer acht
Vorlesungen uber das Thema >Vom Volkslied bis xum Musikdrama*, mit fortlaufenden
Proben am Klavier, namlich:
Die A8thettk des Volkslieds. Seine Wichtigkeit fQr die >hohe Kunst«. Die Variation.
Orofiere Liedformen; die Arie. Der dreiteilige Tanz; Scherzo, Menuett, Mazurka, Polonaise.
Das Rondo. Die Sonate und die Sinfonie. Das moderne Musikdrama.
Prof. Dr. A. Priifer sprach im Richard "Wagner- Verein zu Halle uber » Wagner-
Ehrung und Qegenimrt*.
Direktor Knetsch in Stettin (Riemann-Konsenatorium) hielt drei Vortrage Uber
das Thema: >Wie horen icir Musik*.
Bei der Jahresversammlung des Kantoren- und Organistenvereins von Zwickau
und Chemnitz hielt am 26. Mai Organist Stein aus Werdau einen Vortrag uber
>Die Orgel als Begleit instrument des Oemeindegesanges in ihrer geschiehtlichen Ent-
mcklung*.
Naohriohten von Lehranstalten und Vereinen.
Prag. Der allgemeine Deutsche Durerbund hat in Osterreich einen Bruder be-
kommen. In Prag ist vor kurzem ein >Diirerbumd in Osterreich* gegriindet worden,
dessen Hauptaufgabe in der Pflege des asthetischen Lebens bestehen soil. Die Arbeiten
auf den versohiedenen moglichen Gebieten verrichtet der Bund in Sektionen. Unter
den bereits ins Leben getretenen ist heute schon die alteste die Sektion fur Musik,
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416 Notizen.
die mit der Veranstaltung eines sogenannten Hausmusikabends ihre Tatigkeit auf-
genommen hat und in der Herbstsaison in weiteren vier Hausmusikabenden auf dem
mit entschiedenem Gliick betretenen Wege weiter fortscbreiten will. Hausmusik soli
alles das sein, was im offentlichen Konzertbetrieb keine Pflege findet, einerlei ob aus
diesem oder jenem Grande, ob wegen des Fehlens des virtuosen Elements oder wegen
mangelnder >Dankbarkeit« fur den Ausiibenden. Dnrch die ausscblieBliche Bevor-
zugung solcher Stief kinder der Musik will man die durch Virtuosen und Veranstalter
schablonisierten Konzerte erg'anzen. DaO der Stoff in absehbarer Zeit nicht ausgehen
wird, leucbtet ein. Schon der erste Hausmusikabend brachte eine ganze Menge guter,
ja beater Musik, und die kunstlerische Qualitat des Abends hatte augenblicklich zur
Folge, dafi sich sofort eine groCe Anzabl von JHusikliebhabern zum Eintritt in die
Sektion meldete. Da der moderne Zug in der Musikpflege darauf hinauslauft, da&
jedes Programm eine Idee verkorpere und nicht bio 6 die Aufeinanderfolge einiger fiir
den Sanger oder Spieler dankbarer Stiicke sei, so war gewissermaCen als Musterbeispiel
das im ersten Hausmusikabend absolvierte Programm vom historischen Gesichts-
punkt beherrscht. Angefangen wurde mit einem Marsch yon Liszt iiber einen uralten
Choral »adeste fidelesc. Der Choral gibt die Weihe, der Marscbrhythmus der Be-
arbeitung die festlich frohe Kraft. Altes vereinigt sich hier mit Modernem und die
symboli8che Bedeutung macht das Stiick auBerdem zu einer ganz vorzuglich geeigneten
Einleitungsnummer. Ein paar altdeutsche Lieder (Ave Maria und »es steht eine LindT
in jenem Tal«, bearbeitet von Pliiddemann) deuteten an, daC diese, so viele Perlen
aufweisende Literatur in der Hausmusik nicht vergessen werden darf. Darauf folgten
die typischen Vertreter der italienischen und deutschen Musik aus der vorkla&sischen
Zeit, Corelli (Pr'aludium und Sarabanda) und Bach (ein Praludium* und Fuge, das
Adagio aus dem E-dur-Violinkonzert) und, mit Aufterachtlassung der klassischen Meister
in der zweiten Abteilung, Schubert mit einer Violinsonate und den Yariationen fur
vier Hande, zum SchluB ein Walzer und ein ungarischer Tanz von Brahms. Dazwischen
waren, um Abwechslung zu schaffen, Lieder von Robert Franz und Jensen eingestreutr
ferner ein Duett von Cornelius, der bekannte alte Liebesspruch >ich bin dein«, und
eine Ballade von Pliiddemann. Da das Programm des ersten Hausmusikabends selbst
fur sich spricht, ist ein weiterer Kommentar uberflussig. Ernst Rychnovsky.
Das Hiemann-Konservatorium in Stettin (Direktor Berthold Knetsch) veranstaltete
in den Monaten April -Juni funf Vortr'age iiber das Thema: * Qesckichtliche Enixoick-
lung der Violinsonate von ihren ersten Anfimgen an bis heute*, mit historischen und
asthetiBchen Erlauterungen seitens des Direktors Knetsch. Zum Vortrage kamen:
Sonaten von Biber (C-moll), Corelli (op. 6 Nr. 11), Abaco (op. 1 Nr. 7), Bach (A-dur),
Handel (A-dur), Tartini (G-moll), Leclair (G-dur), Nardini (G-dur), Haydn (F-dur)r
Mozart (G-dur), Beethoven (Es-dur), Schumann (D-moll), Gade (op. 69), Brahms (op. 78),
Franck (A-dur), Sinding (op. 27), Reger (op. 41).
Wtirzbnrg. Die Kgl. Musikschttle feiert am 12. Juli ihr lOOjahriges Bestehen.
Sie ist die 'alteste Anstalt dieser Art in Deutschland. Gegriindet wurde sie vom Hof-
musiker Franz Joseph Frohlich, dem im Jahre 1801 die Leitung des > Collegium
musicum academicum Wirceburgense* ubertragen wurde, als >Akademisches Musik-
institute im Jahre 1804. Des naheren vgl. den historischen Aufsatz Hermann
Ritter's in den > Signaler. Sh. Zeitschriftenschau.
Notizen.
Amsterdam. An der Soiree, veranstaltet von Anton Ave rk amp am 22. Junir
gelangte an alterer Musik zur Auffuhrung: Claude le Jeune, 0 occhi manza mia,
O. di Lasso, Quand mon mari fur gemischten Chor, und das Kammerduett: Fronda
leggiera von Handel.
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Notizen. 417
Berlin. Die EnthUllung des Haydn- Moxart- Beethoven- Denkmals von Prof. Dr.
R. Siemering and dessen Sohne W. Siemering) im Tiergarten fand am 18. Juni statt.
— Der bekannte Klavierpadagoge Prof. A. Loschhorn feierte am 27. Juni seinen
85. Geburtstag.
Bern. Am 25. und 26. Juni fand die V. Tagung der schiceixerischcn Tonkumtler
statt Die drei Festkonzerte brachten in erster Linie neue Werke von zeitgenossischen
schweizerischen Tonkunstlern.
In Chnr (Schweiz) wurde bei der Feier des 100 j'ahrigen Bestehens der biindnerischen
Kantonsschide ein Festspiel mit der Musik Otto Barblan's Dicbtung von Buhlerj
aufgeiuhrt.
Detmold. Hier fand die Enthiillung des Lortxing-Denkmales statt. Lortzing be-
sitzt zwei Denkmaler (Pyrmont), bald wird Berlin nachfolgen, so daO einzig Leipzig,
Lortzing's kiinstleriscbe Heimat, nocb kein Denkmal dieses Meisters aufweist.
Dvorak and Hans v. BHlow. Aus dem NachlaG Anton Dvorak's veroffentlicht die
Prager Politik eine Reihe von Briefen, unter denen das nacbfolgende (aus Hamburg,
25. Nov. 1887 datierte) charakteristiscbe Schreiben hier wiedergegeben sei: »Hoch-
geehrter Meister! Eine Widmung von Ihnen — dem nachst Brahms gottbegna-
detsten Tondichter der Gegenwart — das ist eine hohere Auszeichnung, als
irgendwelches GroBkreuz seitens irgendwelches Fiirsten. Mit meinem herzlichsten
Danke nehme ich diese Ehre an. Ihr in aufrichtiger Hochachtung ergebener Bewun-
derer Hans v. Bulow*.
Johann Adam Hiller starb vor 100 Jahren am 16. Juni in Leipzig, wo er als
Komponiet (besonders der Singspiele »Lottchen am Hofe«, >Dorfbarbierc, »Grab de9
Mufti*, >die Jagd«, >die kleine Ahrenleserin«, >der lustige Schuster*, »die verwandel-
ten Weiber* und einige andere], nicht minder wichtig tals Vorlaufer der deutschen
Liedkomponisten J. A. P. Schulz, Reichardt, Zumsteeg und Zelter, als Dirigent der
1781 ins Gewandhaus verlegten >Liebhaberkonzerte*, als Lehrer und Schriftsteller
(»W6chentliche Nachrichten, die Musik betreffend*) wirkte.
Leipzig. In voller Riistigkeit feierte unter starker Anteilnahme der ganzen Stadt
Carl Reinecke am 23. Juni seinen 80. Geburtstag. Im Gewandhaus fand ein Konzert.
das lauter Werke des Meisters brachte, statt, in der Oper feierte man ihn mit seiner
neueinstudierten komischen Oper >Der Gouverneur von Tours*. Auch als Schriftsteller
hat Reinecke seine entschiedene Bedeutung. Seine Schrift >Zur Wiederbelebiuig der
Moxarf schen Klavierkonxerte* ist fur die Musikwissenschafl sehr wesentlich.
London. — In the popular "Contemporary Review" for May 1904, Ernest Newman
has a 13-page biographical and critical article on Hugo Wolf. N. seems to have found
his metier in this class of biography, not too close in time or locality so as to be of hazy
logic -outline, and not too distant in both so as to be antiquarian. Space, only for
one quotation: — "The evolution from the regular to the irregular sentence is as
perfectly natural a one in music as in poetry, accounting as well for the change from
Mozart to Straufi or Wolf as for the change from Popean neatness to the blank verse
of Shelley, Wordsworth, and Keats".
The following extracts from Cummingtfs "Handel" (see Bucherscbau) merit record : —
(a) Introduction, (b) anecdote about Costa, (c) on the "Messiah", (d) the Cannons organ,
(e) the "Harmonious Blacksmith".
- (a) "He is the father of us all (Haydn). Handel knows better than any one of us all
what is capable of producing a great effect; when he chooses he can strike like a thunder-
holt (Mozart). He was the greatest composer that ever lived; I would uncover my head and
kneel before his tomb (Beethoven). The foregoing testimonies to the genius of Handel are
the expressed convictions of three great musicians, men worthy to rank with Handel him-
self. They spoke with knowledge and authority, and it is a significant fact that the popular
voice has always been in accord with the judgment of the experts. In many respects Han-
del is unrivalled as a composer. This is thown by his inexhaustible melodic inspiration,
his dramatic recitative, his contrapuntal skill, his versatility, and bis indefatigable industry.
His known works include 22 oratorios, 40 sacred compositions with English and Latin words,
72 operas and serenatas, numerous suites for the harpsichord, and many con«*eitos for in—
418 Notizen.
struments, organ and orchestra. The German Handel Society's publications extend to
97 vol am e3, and even yet there is much unpublished. Handel's exceptional genius is well
exemplified in his choruses, where he produces grand effects without apparent effort, and
in this respect he remains unequalled."
(b) "Costa told me that the first time he visited England he attended a Birmingham
festival and heard Braham sing Deeper and deeper still. When he finished the words
1 can no more, an audible sob thrilled through the audience, and Costa, not understanding
English, inquired of a compatriot what was the matter. The words I can no more were
translated to him, and he immediately said, speaking of Braham, Poor fellow! 1
thought so."
(c) "Some persons have criticised the Sinfony as unworthy the great and solemn vocal
music which it precedes. Exception has been taken especially to the fugue, and it is
noteworthy that on a few occasions of performance the composer himself omitted the fugue,
and proceeded directly from the twenty-four bars of Grave to the opening recitative. Be
that as it may, the tender wailing of the first movement and the stern pitilessness of the
following fugue appear to be a most fitting preparation for the varied emotions depicted in
the sacred story which follows." .... "Although the score in the composer's autograph,
and also those by his amanuensis, John Christopher Smith, only give parts for the stringed
orchestia with trumpets and drums, there is no doubt that Handel added oboes and bassoons
to enhance the effect. He presented manuscript parts for those instruments to the Found-
ling Hospital, which still exist. Probably, he also sustained some portions of the harmony
on the organ."
(d) Handel composed his first oratorio "Esther" in 1720 when Chapel-master to the
Duke of Chandos at his palace called "Cannons", in the parish of Whitchurch, Bucks. One
Julius Plumer, son of a Vice Chancellor, in early 19th century, put a brass plate on the
organ of the parish church of St. Lawrence, Whitohurch, saying: — "Handel was Or-
ganist of this Church from the year 1718 to 1721, and composed his oratorio Esther on
this Organ". So repeated by Schoelcher and many others. Apart from the inveterate
amateur silliness of composing on an organ, Handel had nothing to do with this church,
only with the Duke's private chapel near by. Extract from Daniel Defoe's Journey through
England (1724) shows 2 buildings separate. Handel's real Cannons organ (by Jordan) was
after the death of the extravagant Duke bought and taken to Trinity Church, Gosport, Hants,
in 1748, at cost of M 342, and is there now. (Abstract.)
(e) The 'Musical Magazine1 of Feb. 1835 (likewise 'Times' reprinting) said that Air
contained in Air and Variations in E in Clavecin Suite V (page 36 of German Handel
Society), and called in England 'Harmonious Blacksmith', was heard by Handel sung by
a blacksmith. One Rich. Clark, a London cathedral singer (1780—1856) identified this with
Wm. Powell blacksmith and parish clerk at Whitchurch. "So much for Action; now let us
turn to facts. Handel's tune on p. 57 of his suites he simply calls an 'air'. In June, 1720,
the date of publication, he resided in London. The chapel at Cannons was opened, as we
have already shown, on August 29. About the year 1800, Lintern, a well known publisher
in Bath, printed the air with the variations composed by Handel, and to distinguish it
called it the 'Harmonious Blacksmith1, because he wished to associate the piece with the
memory of his father, who had been a blacksmith and a great admirer of Handel's music
particularly this 'air*. This account was vouched for by a well-known resident musician in
Bath, Mr. Windsor. Lin tern's artistic business card lies before me, and reads, 'Lin tern's
Music and Musical Instrument Warehouse, Abbey Churchyard, Bath1. It is endorsed apparently
in Windsor's writing: 'Lintern gave the name Harmonious Blacksmith to Handel's air1.
Probably the same Julius Plumer who was responsible for the erroneous brass plate on the
organ, having met with Lintern's publication, invented the romance which led so mauy
worthy people astray".
Regarding Herbert Spencer's ^Autobiography (see Bucherschau, and IV, 223, 242;
V, 103) Blackwood's Magazine for May 1904 has long article, from which this extract: —
"There is no sensation and but moderate interest in his Autobiography which has been
recently published. It is evident in every page of this work that Herbert Speneer was
always more earnestly devoted to the study of philosophy than the observation of men. He
appears to have had but a fragmentary knowledge even of himself. It is not that he de-
liberately suppresses the truth; but the candour which alone gives a value to an autobio-
graphy was alien to his temperament. In his astounding vanity he regards Herbert Spencer
as a public character ; and he has fashioned, so to say, a plain and serviceable statue, which
might be appropriately placed at a street corner in Derby [his native place]. In other words,
the book reveals no intimacies of character; it is merely a meritorious, frock-coated present-
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Notizen. 419
ment of an industrious and sometimes indiscreet philosopher. . . . Though he devoted the
greater part of his life to writing, he was in no sense a man of letters. Indeed we might
go so far as to say that literature was distasteful to him. ... He is never tired of telling
us that he is so indolent hy nature that he never reads the whole of a book, that he is '
content to turn over the pages of a magazine article. . . . But Herbeit Spencer was not
satisfied with abstinence; bis vanity always provided him with a dogmatic criticism of the
books he had not read. Homer is the classic occasion for his misguided judgment. He
admits that he read no more than six books of the Iliad in a translation, and this is how
it struck him: — 'Passing over its tedious enumeration of details in dresses and arms, of
chariots and horses, of blows given and received, Ailing page after page — saying nothing
of the boyish practice of repeating descriptive names, such as well-greaved Greeks, long-
haired Achaeans, horse-breaking Trojans, and so forth (epithets which, when relevant
to the issue, are injurious); passing over too the many absurdities, such as giving the
genealogy of a horse while in the midst of a battle; and not objecting that the subject-
matter appeals continually to brutal passions and the instincts of the savage; it suffices to
say that to me the ceaseless repetition of battles and speeches is intolerable'. For mingled
arrogance and ineptitude it would be difficult to surpass this pronouncement, and we solace
ourselves with the conviction that Homer's 'boyish' repetitions will outlive a thousand
Syntheses [Synthetic Philosophies]. ... To our appreciation of Herbert Spencer his Auto*
biography will add but little. While on the one hand it is too pompous for sincerity, on
the other it does but emphasise the narrowness of his outlook, — his fantastic vanity, and
his amazing lack of humour."
In correction (V, 361), Bridges Cattirrho'e was not done recently first time in
London. Ebenezer Prout produced it 20 Jan. 1890 at Borough of Hackney Choral
Association. — On 24 June 1904 Elgar was knighted, and will be known as Sir Ed-
ward Elgar. For musical knighthood see V, 426. Living mus. knights now are: —
Bridge, Elgar, Mackenzie, Manns, Martin, Parratt, Stanford. Parry is Baronet.
Mttnchen. Ehrung fur Joseph Rheinberger. Ein Komitee, unter dem Vor-
sitze des Freiherrn v. Per fa 11, erl'aBt einen Aufruf an die zahlreichen Schiiler und
Verehrer Rheinberger1 s zur Stiftung einer wtirdig ausgestatteten Gedenktafel fur
das ehemalige Wohnhaus des Kunstlers. Beitrage nehmen die Kgl. Hofmusikintendanz
in Miinchen und Herr Komponist H. W. Hartmann (Miinchen, Ludwigstr. 13) entgegen.
In der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Miinchen machte das Mitglied der
philo8.-histor. Klasse, Prof. Dr. Sandberger, Mitteilung iiber eine Messe in C-moll,
angeblich von Mozart. Zu diesem "Werke, dessen Partitur bereits bekannt war, wurden
unl'angst bei Inventarisationsarbeiten fur die bayrischen Denkm'aler in Augsburg gleich-
falls mit > Mozart* bezeichnete Stimmen aufgefunden. Hierdurch wurde eine neue und
griindliche Untersuchung des Werkes veranlafit, dessen Unechtheit mit inneren und
'auBeren Griinden belegt wird. Die Arbeit wird in den Sitzungsberichten der Kgl.
Akademie erach einen.
Paris. Un grand Concours musical. On se souvient, dans le monde musical,
du concours organise il y a quelques annexe, par M. Sonzogno, concours a Tissue du-
quel l'opera de Mascagni, Cavalleria rusticana, fut couronne. Cette annee meme,
un autre concours, du a Tinitiative du grand editeur italien, a fait connaitre rceuvre
d1un jeune compositeur francais, M. Gabriel Dupont, la Cabrera.
S'inspirent de ces exemples, notre collegue de PIMG., M. Astruc, qui vient de
fonder rlcemment la «Soci6te musieale*, organise un concours patronne par la «Soci6te
des grandes auditions >, dont la presidents est Mme de Greffiihle, par Henry Deutsch
(de la Meurthe), et le prince de Monaco. Une somme de cent mille francs sera attribute
aux partitions primees (ope'ra, opera-comique, symphonie, ballet et operette). Le comite
d'organisation determinera ult^rieurement les conditions definitives de ces differents
concours; mais, nous croyons d'ores et deja savoir que ceux concernant la musique
chantee seront reserves aux compositeurs francais, tandis que les concours de symphonie
et de ballet seront, sans doute, internationaux.
Quoique le jury ne soit pas encore de'finitivement constituS, les personnalites les
plus marquantes du monde musical et theatral sont des a present acquises; on cite
entreautres; MM. Camille Saint-Saens, Massenet, Th. Dubois, Ch. Lenepveu, membres
de rinstitut; Vincent d'Indy, Ch. M. Widor, Paul Dukas, P. Gailhard, directeur de
z- d. l m.v. )itizgiby Google
420 Kritische Biicherschau.
V Opera, Carre, directeur de rOpSra-Comique, Henry Marcel, directeur des Beaux- Arts,
Gapoul, Henri Cain, Xavier Leronx, Jean Richepin, Catulle Mendes, Victorien Sardou,
Georges Ohnet, Jules Claretie, directeur de la Comedie-Francaise, Alfred Bruneau,
A. Messager, L. de Fourcaud, G. Marty, G. Salvayre, Reynaldo Hahn, Andre Gedalge,
Ch. Lecocq, Louis Ganne, Gastons Serpette, Louis Varney, Paul Tafianel, Camille
Chevillard, Luigini, Pierre Lalo, Robert de Flers, Lucien Fugere, Delmas, etc.
Une innovation tres importante, et qui sera certainement fort appreciee des com-
positeurs et librettistes reside en ceci que les auteurs resteront proprietaires de leurs
oeuvres, concurremment avec l'editeur (la Soctete musicale), et toucheront un tantieme
sur les partitions livrets, morceaux detaches, la location et la vente des materials de
theatre et d'orchestre, en France et a PStranger. Cette innovation est une veritable
revolution dans 1' edition musicale et ne sera pas la moindre originality de ces concours
qui, dans leur ensemble, englobent toutes les branches de la composition musicale.
Ajoutons, pour temminer, qu'il sera sans doute institue, en outre, un concours en
faveur des musicographes de langue frangaise. J.-G. Prod'homme.
Parma. Claudio Merulo-Feier. Der 300ste Todestag Merulo's (gest. 4. Mai
1604) ist durch die Initiative Prof. G. Gasperini's am 21. und 22. Juni feierlich
begangen worden. Eingeleitet wurde die Feier vormittags mit einer 8-stimmigen Messe,
abends fand ein groCes Orgelkonzert statt. Am 22. Juni war ein historisches Konzert
mit italienischer Musik (Direktion A. Z an ell a), wahrend Prof. Gasperini an der Uni-
versitat eine Gedachtnisrede hielt.
Regensbnrg. AnTaBlich des 77. bayrtsehen Musikfestes gelangte durch den Dom-
chor Orlando di Lasso's Messe >Qual donna* zum Vortrag.
Wien. Der Wiener Evangelische Smgverein (gegr. 1818 von And. Streicher) brachte
in vergangener Saison a cappella - S'atze von F. Anerio, Pr'atorius, Eccard, Stobaeus,
S. Bach, Schiitz, Hasler, Lully, Handel, Dowland, Bennet, Morley zum Vortrag.
Wamhau. AuGer den »groBen philharmonischen Konzerten* wurden vom Direk-
tor der Philharmonic die Kompositionsabende der polnischen Komponisten Siegmund
Noskowski (Warschau), Henryk Melcer-Szczawiiiski ("Wien}, Ladislaus £e-
lenski (Krakau), Ignaz Paderewski (Morges-Schweiz), Siegmund Stojowski (Paris),
Felix Nowowiejski (Berlin) u. a. festgestellt. Alle werden ihre Werke selbst leiten
(auBer Paderewski und Stojowski); Melcer, Stojowski und Paderewski werden ihre
Klavierwerke selbst vortragen.
Kritische Bflcherschau
von neu-erschienenen Biicher und Schriften uber Musik.
dimming 8, W. H. Handel. In "Mi- I here as frontispiece. Excellent survey of
niature Series of Musicians". Lon- ! th* "Messiah" at pp. 42-55. The Will
don, G. Bell, 1904. pp. 72, Crown
12mo. 1/ — net.
Everything in brief about Life which
one wishes currently to know. Good compact
style by one entirely provided with his
materials (IH, 368, 455; IV, 29). There is
always a human touch in this author's
writings. The "Gloria Patri" for double
orchestra and double chorus composed in
Rome about 1706 was performed at Crystal
Palace Handel Festival 1891 from C.'s un-
and 4 codicils with autograph signatures,
at end. See aNotizen", London, for some
extract matter. C. M.
German, Edward. The Just So Song
Book. Being the Songs from Kip-
ling's "Just So Stories" set to mu-
sic. London, Macmillan & Co., 1903.
fol. 6/—.
Kipling's verses can hardly be said to
crave for musical expression and the words
ique manuscript. Francis Kyte's original of several of those in the present collection
1742 portrait (HI, 3691 is in his possesion ; \ will possibly seem rather incomprehensible
tier mcompr<
Googk
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Kritische Bucherschau.
421
apart from the stories from which they are
taken. But if they were to be set to music
at all, they could not have fallen into better
hands than Edward German's. Each of the
twelve songs in the present volume is in-
teresting; the accompaniments are remark-
ably clever, and German is not one of those
composers who is afraid of writing simple
and pretty tunes. The book as a whole is
worthy of the composer of "Merrie Eng-
land^ and to say this is no small praise.
W. B. S.
Kirohenmu8ikali8obe8 Jahrbuch
1903. 18. Jahrgang. Herausgegeben
von F. X. Haberl. Regensburg,
Friedrich Pustet. IV und 196 Sei-
ten und Musikbeilage.
Das wichtigste Ereignis des verflosse-
nen Jahres auf dem Gebiete der katholi-
schen Kirchenmusik, nicht nur fur dioKreise,
die sie praktisch pflegen, sondern auch fur
die weiteren, fur die sie ein Gegenstand
rein wissenschaftlicher Forschung ist, bildet
bekanntlich eine Beihe von Erlassen des
jetzigen, offenbar fur Musik lebhaft interes-
sierten Papstes Pius X., die sich mit der
Kirchenmusik, speziell mit dem Gregoria-
uischen Gesang Deschaftigen. Ihren Aus-
gang nabmen sie von dem umfangreichen
Molu proprio, erlassen am Tage der h. C'a-
cilia (22. November; 1903 (Jahrbuch S. 185 ff.)
und ihren vorlauhgen AbschluC fanden sie
in dem Motu proprio vom 25. April 1904,
in dem der Papst, gestiitzt auf die Ver-
handlungen des Musikkongresses, der ge-
legentlich der Zentenarfeier zu Ehren Gre-
gors des Groften vom 6. bis 14. April 1904
in Bom stattfand, eine Kommission zur
Ausarbeituny einer authentischen Ausgabe
des Gregonanischen Gesanges einsetzt.
Liegen deren Arbeiten nicht vollendet vor
und erfiillen sie die Hoffnungen, die man
allem Anschein nach zu setzen berechtigt
ist, so werden sie voraussichtlich neben
ihrem groBen praktischen Wert fur die
katholische Ejrche auch fur die Musik-
wissenschaft ahnlich fundamentale Bedeu-
tung haben, wie sie bisher, um nur Werke
von Mitgliedern dieser Kommission zu nen-
nen, Pothier's Liber Gradualu, die Patio-
graphic Musicale unter Mocquereau's Lei-
tung und P. "Wagner's Studien iiber den
Qregorianischen Gesang gehabt haben. Der
Papst erkannte damit an, daC die bisher
durch p'apstliche Autoritat und die Biten-
kongregation empfohlenen, im Verlage von
Pustet in Begensburg erschienenen Aus-
gaben des Antiphonars und Graduals, denen
nicht der alte echte Gregorianische Gesang
zugrunde lag, sondern die Form seiner ent-
wicklungsreichen Geschichte, die man seit
etwademAusgange des 16. Jahrhunderts fur
die beste oder wenigstens praktisch brauch-
barste hielt, nicht die Vorziige besitzen, die
bisher von offizieller Seiteihnenzugesprochen
wurden. Zu ihren treuesten Anh'angern ge-
hurte in Deutscbland der allgemeine Ga-
cilienverein, darunter auch die Hauptmit-
arbeiter des kirchenmusikalischen Jahrbuchs,
die unermiidlich fur den Wert der Pustet-
schen Ausgaben stritten und auch in rein
wissenschaftlichen Kontraversen den hochst
anfechtbaren Standpunkt der Yerquickung
wissenschaftlicher Fragen mit solchen prak-
tischer Art, Kirchendisziplin usw. einnah-
men, bis ihnen jetzt ihre Hauptstiitze, die
offizielle Anerkennung, genommen ist und
ihr jetziger Standpunkt fiir die Zukunft auf
diesem Gebiet nun weder wissenschaftlich
noch praktisch von Bedeutung ist. So muCte
auch im vorliegenden Jahrbucn der Verfasser
einer vor dem 22. November 1903 geschrie-
benen und gedruckten >Kanonischen WUr-
digtmg der neuesten Choraldekrcte* (S. 52 bis
66), J. Bogaerts, seine eigenen Ansichten,
durch die Ereignisse uberholt, Schritt fUr
Schritt, wenn auch verklausuliert, zuriick-
nehmen in zwei Erklarungen vom 3. und
12. Januar 1904 (S. 192 ff. und S. 194 f.),
und zu einer neuen, die alte Diskussion iiber
B. Molitor's *Nachtridenlinische Choral-
reform* ermudend fortsetzenden, bei allem
Umfang aber wie ihre Vorgangerinnen ver-
ungluckten Kritik des Jesuiten We i d i n g e r :
*Zur Choralfrage, erne ruhige Antwort auf
eine unruhige Gegenkritik* (S. 162—184),
muB der Herausgeber selbst die Erklarung
abgeben (S. 184), daC bei der durch die
p'apstlichen Dekrete so veranderten Situa-
tion diese Fragen besser jetzt mehr in den
Hintergrund treten, ein Vorschlag, aus dem •
ein Ruckschlufi auf den geringen inneren
Gehalt solctier Ausfiihrungen nur zu nahe
liegt. Auf diesem Gebiet ist das Kirchen-
musikalische Jahrbuch eben jetzt ganz in
das Hintertreffen geraten; ob es in der
Folge seinen jetzigen Standpunkt einer Re-
vision unterziehen wird, um dann tatiger
auch an der Forderung dieser Fragen teil-
nehmen zu konnen, wird die Zukunft lehren;
der Herausgeber stellt das Erscheinen des
nachsten Jahrbuchs, entgegen der fruheren
Gewohnheit, bereits fur den August in Aus-
sicht.
Sind hier die Leistungen der Haupt-
mitarbeiter des Jahrbuchs also ganz in den
Schatten gestellt durch die frische Forscher-
t'atigkeit besonders der franzosischen Bene-
diktiner, so bleibt ihnen ungemindert der
Ruhm, die mehrstimmige katholische Kir-
chenmusik, besonders aus der klassischen
Periode, treu gepflegt und die Forschung
iiber diese Zeit auf das Nachhaltigste ge-
fdrdert zu haben. Allbekannt sina beson-
31*
422
Kriti8che Bucherschau.
ders die Verdienste des Herausgebers des
Jahrbuchs, des Direktors der Kirchenmusik-
schule in Re^cnsburg, Dr. Franz Xaver
Haberl, der diesmal eine bibliogiaphische
Studie iiber Felice Anerio (S. 28—52)
beisteuert, die auBer dem neu aufgefundenen
Todesdatum des Meisters (28. Sept. 1614)
besonders ausfuhrliche bibliographische
Nachweisc und ein alphabetisches Textan-
fangsverzeichnis s'amtlicher Werke F. Ane-
rio's mit dem Beisatz des Fundortes bringt.
Ebenfalls dem Verst'andnis dieser hohen
Kunst vokaler Mehrstimmigkeit dient der
erste Teil der Abhandlung » ftbcr Textuntcr-
lapp und Texibchandlung in kirchlichcn
\ okaltccrkcn* von Jakob Q u a d f 1 i e g, Schul-
rektor in Elberfeld, die diese wegen der
bekannten Sorglosigkeit der alten Drucke
fur die klassische Epoche so schwierigen
Fra^en wieder einmal ausfuhrlich und syste-
matisch zu behandeln unternimmt und im
nachsten Jahrbuch zum AbschluB kommen
soil (S. 94 — 138), und der Abdruck eines
Kapitels aus der Kompositionslehre des
schwabischen Benediktiners Meinrad
Spiess von 1746, in welchem die Lehrsatze
iiber den Kontrapunkt mit der ausfiihr-
lichen Analyse eines instruktiven vierstim-
migen Offertoriums abgeschlossen werden
S. 67 — 81). Das Andenken eines anderen
bedeutenden Katholiken der Aufklarungs-
zeit, des schlesischen P'adagogen J oh. lg-
natz von Felbiger, erneuert die Wieder-
gabe des Abschnitts »Vom Singen* aus
seinem 1768 zuerst erschienenen padago-
ffischen Hauptwerk von K. "Walter (S. 138
bis 144). Erbffhet wird das Jahrbuch durch
einen Auszug aus den elf von Coussemaker
im 4. Bande seiner Scriptores abgedruck-
ten Schriften von Tinctoris, mit dem der
uncrmudliche Veteran der deutschen katho-
lischen Musikhistoriker, der 80jahrige Met-
tener Benediktiner Utto Kornmuller seine
durch viele Jahrgange sich hinziehenden
Au8ziige aus den > alten Musiktheoretikern*
von neuem f ortsetzt (S. 1 — 28;.
SchlieBlich behandelt ein wertvoller
Aufsatz von Dr. Max Seiffert den bohmi-
schen Komponisten Franz Joh. Haber-
mann (1706—83), speziell Handera Ver-
haltnis zu diesem seinem ebenfalls italienisch
geschulten Zeitgenossen (S. 81 — 94). Neun
Stellen aus den sechs Messen seiner Philo-
mela pia von 1747 finden sich in Handel's
letztem groBeren oratorischen Werk, dem
Jephtha, eine weitere in dem ebenfalls erst
1751 beendeten Orgelkonzert op. 7 Nr. 3
benutzt. Die geplante Herausgabe von
Habermann's Messen in den Supplementen
zur H'andel-Ausgabe verhinderte Chrysan-
der's Tod ; nun teilt Seiffert hier wenigstens
diese zehn Stellen mit, die beim Vergleich
mit Chrysander's Partiturausgabe und Fak-
simileedition des Autographs des Jephtha
den Umfang der Anregung Handel's durch
den jiingeren Kunstgenossen klarlegen und
so cinstweilen fur das Fehlen einer Neuaus-
gabe der ganzen Messen Ersatz bieten.
Wie tdljahrlich enthalt das Jahrbuch
ferner im zweiten Teil Besprechungen
;S. 145—162) und eine Musikbeilage, zwei
Kompositioncn von F. Anerio und sechs
vierstimmige Motetten von Luca Marenzio,
bearbeitet von M. Haller. F. Ludwig.
D. M. Luther's deutsohe Messo und
Ordnung des Gottesdienstes in ihren
liturgischen und musikalischen Be-
standteilen nach der Wittenberger
Origin alausgabe von 1526 erlautert
aus dem System des gregorianischen
Gesanges von f Justus AVilh. Lyra
mit prinzipiellen Erorterungen iiber
liturgische Melodien und Psalmodien,
so wie mrt musikalischen Beilagen.
Herausgegeben von Dr. theol. Max
Herold, Dekan und Kirchenrat in
Neustadt a. A. Giitersloh, L. Ber-
telsmann 1904. VIII und 192 Seiten.
Luther's »deutsche Mease < enthalt be-
kanntlich zu den einzelnen litur^schen
Texten auch die wahrscheinlich von Xuther
selbst erfundenen oder wenigstens redigier-
ten Gesangsweisen, die freilich in den
meisten Ausgaben von Luther's Werken
fehlen (abgedruckt in der Musikbeilage zum
22. Band der Erlanger Ausgabe von 1854).
Sie fuBen durchaus auf dem Boden des
liturgischen Tonsystems der katholischen
Kirche, so originell und den neuen Zwecken,
denen sie dienen sollten, ang-epaBt sie auch
im einzelnen sind. Sie sina after auch der
Gegenstand musikalischer Betrachtung und
Forschung gewesen, zuletzt von Joh. Wolf
in den Sammelbanden HI, 647 ff. Im vor-
liegenden Werk tritt nun eine ganz aus-
! fiihrliche Darstellung ihrer Bedeutung, ihrer
Beziehungen zum alteren Tonsystem, ihrer
Fortsetzung in spateren Agenden und ihrer
harmon\8chen Begleitung (mit Beispieleu
an die Offentlichkeit, die bereits 1861 ab^
geschlossen, vom Verfasser, der 1882 starb.
aber nie dem Druck ubergeben, erst jetzt,
iiber 40 Jahre nach der Niederschrift, er-
scheint. Aus dem NachlaB ediert von dem
bekannten Herausgeber der >Siona<, wurde
sie, im wesentlichen unverimdert, nur mit
einem kurzen Nachwort versehen, das die
wichtigste Literatur iiber diese Frage bis
I zur Gegenwart anfiigt. Es ist bekannt,
welche oedeutenden Kesultate seither die
Forschung auf alien hier in Betracht kom-
, menden Gebieten (besonders iiber den gre-
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Kritische Biicherschau.
423
gorianischen Gesang und die Geschichte der
protestantischen Liturgie des 16. Jahrhun-
derts aufzuweisen hat, und welche Fort-
schritte im liturgischen Leben der prote-
stantischen Kirche, dem Lyra in zweiter
Linie dienen will, seither gemacht sind ; so
kann es nicht "Wunder nehmen, da6 vieles
in den historischen Deduktionen, die der
Verfasser von den alten Griechen an bis
auf Bach ausspinnt, und in den Erbrterungen
uber den gregorianischen Gesang, die sich
vielfach, wie wir heute wissen, auf wen iff
lautere Quellen stiitzen, veraltet ist una
manche Abschnitte bei der Herausgabe eine
starke Kiirzung vertragen batten. Aber es
bleibt besonders in den musikalischen Aus-
fuhrungen des feinsinnigen Verfassers —
der ja als Komponist in vielen Melodien,
»Der Mai ist gekommen* an der Spitze,
fortlebt — genug des Wertvollen und Ver-
dienstlichen ubrig, das auch heute noch als
willkommene Bereicherung unserer Kennt-
nisse anzusehen ist; und was speziell das
historische Hauptthema, n'amlich die Er-
l'auterung der Gesange aus dem System
des Gregorianischen Gesanges, angeht, so
muB auch heute das Urteil lauten, daC die
hier vorliegende Darstellung trotz vielfacher
Verbesseningsbedurftigkeit im Detail sich
in den richtigen Balinen bewegt und die
hier vorhandenen Zusamm enhance dermusi-
kalischen Anschauung und Entwicklunpr klar
vor Augen treten 1'aCt. GroBere Abscnnitte
des Werks erschienen bereits seit 1902 in
der »Siona«; zur Ausgabe zu vergleichen
Mnd auch Herold's Bemerkungen ebendort
1<J04, S. 88 ff. F. Ludwig.
Myerscough, S. S. The First Prin-
ciples of Harmony. Part I. Browne
& Nolan, Dublin; Weekes & Co.,
London, 1904. Crown 8vo. VIII
4- 102 pp. 2/—.
This is a remarkable, and if we con-
sider the age of the author, a wonderful
book. S. S. Myerscough has barely started
on his teaching career, when he presents
us with a book which for originality of
thought and boldness of conviction stands
prominent amongst English publications of
the time. In many respects his ideas re-
semble those of Riemann s. Thus, what he
calls a harmonic '"impression" is identical
with Riemann's tonal ''function". The close
connection of harmony with metre too is
an idea which Riemann has particularly
elaborated. The undersigned has no doubt
that in prosecuting his independent research
the young author will more and more
approximate to Riemann's system. In the
meantime this little booklet will be a help
to many a teacher towards teaching har-
mony in a more musical way than here-
tofore. H. Bewerunge.
Spencer, Herbert. An Autobiography.
London, Williams & Norgate, 1904.
2 vols. pp. 1098, Demy 8vo.
Spencer was b. 27 April 1820, d.
8 December 1903. This autobiography was
ready and kept in type; then pub. after
■ death by executors, Auberon Herbert, H.
Charlton Bastian, and David Duncan. See
s Notizen, London, which expresses the opinion
■ of the present reviewer. C. M.
| Steele, Robert. The Earliest English
! Music Printing. London, printed
| for the Bibliographical Society at
Chiswick Press. December, 1903.
| pp. XI + 108. Quarto.
| A description and bibliography of
English printed music to the close of the
i 16th century. — In England the subject
| of music-printing has been so much neglected
that the author had almost untrodden ground
for the researches which form the subject
of the latest illustrated monograph of the
j Bibliographical Society. From the first
! introduction of music-type into England
in the 1495 edition of Higden's "Polychro-
nicon", printed at Westminster by Wynkyn
de Worde, down to the year 1600, minute
descriptions are given of over 200 books
containing printed music. The labour such
a work must have involved fills one with
admiration for the author's industry. He
has not been contented with careful collations
and minute copying of title-pages, but he
has applied to the typographically uninter-
esting productions of the English 16th cen-
tury printers the methods of research which
have hitherto mostly been confined to in-
cunabula, with the result that he is able
to differentiate between a number of types
that were hitherto hardly distinguishable.
From the point of view of the musical
historian, the book is valuable for the light
it throws upon the slow development of
music in England. The crushing influence
of the Reformation, which seems to have
successfully stamped out all traces of the
earlier English schools of Dunstable, Power,
Hothby and Fairfax, — to mention only
four of the most prominent names of the
14th and early 15th centuries — is apparent
in the complete absence of early printed
ecclesiastical music, and it is^not till the
later years of Elizabeth that the sudden
appearance of the great English madrigal
writers gives evidence of any real musical
activity. Not less remarkable is the number
and variety of the vernacular Psalters dis-
Digitized by
Google
424
Besprechung von Musikalien.
closed by this monograph. Except during
the temporary revival of the old liturgy
which followed the accession of Mary,
the whole musical activity of the church in
England seems to have been directed to
Psalm-singing. With the solitary exceptions
of Merbecke's "Booke of Common rraier
Noted" (1550), and Day's "Certaine Notes"
(1660), the Anglican Church has nothing to
show which may be compared to the Ger-
man Liturgies of the Lutheran Reformers.
Indeed, it is evident that it was from Ge-
neva rather than from Germany that the
Elizabethan church drew its musical inspi-
ration, and Psalm-singing on the Calvinist
models was clearly the most popular form
of sacred music in England in the 16th
century. — As a first attempt to break new
ground this book is probably not quite
complete, though a careful examination ot
its contents reveals singularly few omissions.
It is one of the merits of such a work that
it draws fresh information from unlikely
quarters, and it is to be hoped that a second
edition will give details of many of the
books that the author has been unable to
trace and which he prints in lists of
"Ghosts" and of uSome Titles from Au-
thentic Sources". A few slight misprints
— such as "Attaingant" for "Attaingnant"
— should also be corrected; and it would
be interesting to continue the bibliography
for at least twenty years later, so as to
include complete sets of the printed works
of such men as Byrd, Dowland, Wilbye,
Weelkes and Gibbons. The value of the
book is much increased by the numerous
excellent facsimiles which it contains.
W. Barclay Squire.
Wyatt, E. G. P. St. Gregory and
the Gregorian Music. Pub. for the
Plain song and Mediaeval Music
Society, 1904. pp. 40; Demy 8vo.
The Hon. Treasurer of the Society has
made an admirable combination of the mo-
dern literature concerning the great Pope.
the 1300th anniversary of whose death has
been celebrated this year, and the chant
that bears his name. The historical evi-
dence for St. Gregory's connection with the
Gregorian Chant is quoted in full, brief
comments on the import of each testimony
beiug appended. To these testimonies must
now be added that of the Venerable Bede.
which Prof. Wagner has unearthed Gre-
gorianische Rundschau, March 1904, p. 35\
Bede calls Bishop Putta, who died in 688,
"maxime modulandi in ecclesia more Ro-
manorum, quern a discipulis b. Papae Gre-
gorii didicerat, peritum". Next, the internal
evidence in favour of Gregory's authorship
is reviewed, and the extent and nature of
his work examined. Four portraits of the
Pope, with short explanations enhance the
value of the little book. H. Bewerunge.
Besprechung von Musikalien.
Pierluigi da Palestrina. Samtliche
52 vierstimmige (Sp., Alt , Tr., BB.)
Motetten in modern er Notation
herausgegeben von H. Bauer le.
Leipzig, Breitkopf & Hartel. 1904.
Von Bauerle's Palest rina-Ausgaben ist
in dieser Zeitschrift schon ofters die Rede !
gewesen (Ztschr. IV S. 741 . und in letzter
Nummer (S. 334) lieGen wir Herrn Bauerle
selbst das Wort ergreifen; was die Aus- ]
gaben bezwecken. ist also jedem bekannt.
Die vorliegenden Motetten, denen eine aus-
fiihrliche, zitatenreiche Einleitung voraus-
geht. erschienen bereits in zweiter Auflage.
Sie sind nicht mit Vortragszeichen ver- j
sehen, einer Auswahl von 30 Motetten in i
Separatausgaben, die noch dieses Jahr er- ,
scheint, sollen aber solche beigegeben werden,
was bei dem gegenw'artigen Stand der Ver-
haltnisse, der Un selbst a ndigkeit der Musiker
alter Musik gegeniiber, bei solch popularen
Ausgaben entschiedon zu wiinschen ist. Ein
zweiter Messenband 4stg.> ist ebenfalls
in Vorbereitung.
Sitt, Hans. Konzert (a-moll) fur Brat-
sche mit Orchester- oder Klavier-
begleitung. op. 8. Leipzig, Ernst
Eulenburg. Fur Bratsche und Piano-
forte. ,// 5. — .
Das Konzert ist bei der wenig reich-
haltigen Bratschen-Literatur warm zu be-
griiBen. Durchaus musikalisch, wenn auch
weder in dieser oder jener Seite originell,
von melodischem Flufi und sehr tUch tiger
Durchfuhrung , angenehm spielbar, ver-
laugnet es den Padagogen und den pada-
gogischen Zweck nirgends eigentlich. Das
Thema des SchluBsatzes erinnert noch so
recht an eine verblichene Virtuosenzeit.
Tanejeff, Sergei Iw. Op. 14 Quintett
fur 2 Violinen, Viola und 2 Violon-
cello. M. P. Belaieff, Leipzig.
Stimmen Jl 8.50.
Wieder ein ganz hervorragendes Werk
dieses bei aller Eigenart im einzelnen doch
auf dem Boden der deutscheu Klassiker
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Zeitschriftenschau.
425
fuGenden Russen, der uns schon fiinf sehr
beachtenswerte Streichquartette geschenkt
hat and nun die ziemlich diirftige Streich-
quintettliteratur entschieden bereichert. Er
beherracht die musikalischen Ausdrucks-
formen in groBartiger Weise und besitzt
eine reiche Phantasie, versteht sich auch
famos auf Klangeffekte aller Art; seine
Gesangrsthemen erscheinen ganz besonders
gluckhch erfunden. Einen spezifiscb russi-
schen Charakter tragt besonders das Scherzo.
Ein langsamer Satz fehlt. Das Finale be-
steht nach dem Vorgange Tschaikowsky's,
der in letzter Zeit besonders darin einen
sehr glucklichen Nachfolger in Paul Juon
gefunden hat, in einer Keihe zu beinahe
ganz selbstandigen Tonstiicken sich aus-
wachsender Variationen, die das ohnedies
etwas breit angelegte Werk vielleicht etwas
zu langatmig erscheinen lassen. Es stellt
ubrigens an die Ausfuhrenden keine zu
hohen Anspriiche. W. A.
Volbaoh, Fritz. »Raffael«, drei Stim- ;
mungsbilder, angeregt durch RafFael- 1
ache Gemalde, fur Chor, Orchester
und Orgel, op. 26. Mainz, B. Schott's
Sonne. Klavierauszug. I. Madonna
di Foligno. II. Madonna del Gran-
duca. III. Madonna di San Sisto.
Volbach gehort zu derselben Gruppe
der Wagnerianer wie Paul Umlauft, an
dessen edle Melodik man im zweiten Stim-
mungsbild erinnert wird. OfFenbar hat
Wagner's » Parsifal* den Komponisten zu
diesen drei schonen/geist- und charakter-
vollen Stimmungsbildern inspiriert. Sie
reihen sich gleichsam in sinfonischer Stei-
gerung aneinander, als hatte der Tondichter
drei Momente aus Maria's Seelenleben zur
Darstellung bringen wollen: Gefuhlsinnig-
keit, schwermiitige Klage und energisches
Ringen, jubelnden Aufschwung. AlsHaupt-
nummer eines Konzerts wiirde das rein und
tief empfundene, an ein gewahltes Publikum
sich wendende Werk wohl ahnliche Erfolge
erzielen wie Umlauft's »Agandecca«.
H. M.
Zeitschriftenschau.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
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Musical Standard, WvM 11, 6. — Hot
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»Figaro«\ ibid. — Toska v. Puccini,
SMT 24, 3. — Anton Dvorak, SMT 24,
10. — Ivor Holter. ibid. — XSgra Liszt- '
minnen, SMT 24, 2. — Friedr. v. Flotow,
SMT 24, 2. — Bjorneborgarnes march.
Efter en musik- och kulturhistorisk essay
af A. Lagus, SMT 24, 4. — Giacomo
Puccini, SMT 24, 4. — Die 13. Zente-
narfeier . . Gregors . . . JRom, GBo 21, 5ff.
— Die Klebepflicht d. Kiinstler aus
•Deutsche Buhnengenossenschaft<, DMZ
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A. Mozart (nach Komorzvnski schlechter
Artikel\ Fremdenblatt Wien 94. — Orgel
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WvM 11, 21. — Anton Dvorak, NMZ
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(geb. 1. Juni 1804 , MC 26, 22. — An
aspect of musical unionism, MC 25, 22.
— An earlv spring myth or, how the
New York Tribune built a Music School,
MC 26, 18. — Antonin Dvorak dead,
ibid. — Motu proprio. Vaticaansche uit-
gave der liturgische boeken, die de gre-
goriaansch meiodiet:n bevatten, St. Gre-
goriusblad 29, 6. — Gelegentliche Be-
trachtungen uber die im Motu proprio
Pius X. etc. ausgesprochenen Grundsiitze,
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426
Zeitschriftenschau.
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Antonin Dvorak, MT 7, 36. — Lord Alver-
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Music, MC 25, 20. — Musician and
Manager, a bitter struggle, that promises
to engage more than 40 000 american
musicians, MC 25, 21. — Richard "Wagner
u. Mathilde Wesendonk, Tagl. Rdschau.
100. 04. — Jenny Gross, Biihne u. W.
6, 16. — Gabriel Faure en Suisse romande,
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— Die Musiksteuer, Tiirmer 6, 7.— Berlioz
in d. Briefen an d. Furstin Wittgenstein,
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in der Musik, KL 27, 11.
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Zepler, M. Tanz- und Liederspiele, Tagl.
Rundschau 65. 04.
Buchhandler-Kataloge.
Harald & Co. 201 A, Shaftesbuay Avenue
London W.C. Catalog Nr. 17 (1904) of
music and musical literature (ancient and
modern) Second-hand.
C. F. Schmidt, Heilbronn a. N. Katalog
Nr. 311. Enthalt >'altere seltene Werke
und groCere Werke in neuen Ausgaben,
Partituren von Opera, Kirchenmusik und
Chorwerkenc.
J. Taussig in Prag. Kl. Ring, 144. Anti-
quariatskatalog Nr. 133. — 1. Musikge-
schichte und Musikasthetik. — 2. Musik-
fesch. Monographien nach Volkern und
/andern. — o. Musikerbiographien und
Portrats. — 4. Musiktheorie. — 6. Instru-
mentation. — 6. GeBang. — 7. Kirchen-
musik. Enthalt eine gauze Anzahl wert-
voller, im Buchhandel vergriffener Werke.
Mitteilongen der „Internationalen Musikgesellschaft".
Ortsgruppen.
Paris.
La section parisienne de 1'IMG-. a tenu ses deux premieres seances, les 16 mai et
13 juin, au Pavilion de Hanovre, son siege social (32, rue Louis-le-Grand), sous la
presidence de M. le professeur Dauriac, assiste de MM. Prod'homme, secretaire, et
Ecorcheville, tresorier. Dans la premiere, M. Ruelle, conservateur de la Bibliotheque
Sainte- Genevieve, a fait une communication concernant la musique antique, sur Le
Diagramme (inedit) de Florence. Dans la seconde, M. Dauriac a fait une con-
ference sur la Psychologie musicale de Verdi. La section a 6mis un voeu, qui
sera transmis au ministre de l'lnstruction publique et des Beaux- Arts, tendant a ce
qu'il soit fait uninventaire de tous les manuscrits musicaux des bibliotheques publiques
de France.
M. Pirro a ete choisi pour representor la section au congres de 30 septembre.
J.-G. Prod'homme, Secretaire.
Betreffs Teilnahme am KongreB der internationalen Musikgesellschaft am 30. Sept
und 1. Okt. wird hier ausdrticklich bemerkt, daC selbstverstandlich samtliche Mitglieder
der IMG. eingeladen sind zu erscheinen und das Recht haben, an den Verhandlungen
zu reden und zu fragen.
Die Adresse des Herausgebers der Zeitschrift der IMG., Dr. A. Heufi, ist von jetzt ab
Leipzig, Czermacks Garten 16.
Neue Mitglieder
Astruc, Paris, 44 rue Cardinet.
Jolly, Charles, Critique musical, Paris,
3 Place St. Michel.
Lalo, E., Critique musical, Paris, 28 Avenue
de Friedland.
Nijhoff, Martinus, Buchhandler, Haag.
Vesely, Richard, Kgl. Weinberge bei Prag.
Kopernikusgasse 91.
Anderungen der Mitglieder-Liste.
Schneider, Max, cand. phil., friiher Leipzig, jetzt Berlin C. 2, BurgstraCe 10 II.
Ausgegeben Ende Junl 1904.
Fur die Redaktion ▼erantwortUch : Dr. Alfred Heufi, Leipzig, Czermacks Garten 16.
Druck und Verlag von Breitkopf & Hirtel in Leipzig, NQraberger Strafie 36.
ZEITSCHRIFT
DEB
INTERNATIONALEN MUSIKGESELLSCHAFT.
Heft 11. Fflnfter Jahrgang. 1904.
Encheint monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kostenfrei,
f3r Nichtmitglieder 10 Jt. Anzeigen 25 ^ fiir die 2gespaltene Petitzeile. Beilagen 16 Jt.
Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat
am 6, Februar 1903.
>Die Sonne bringt es an den Tag.c
Unter dem Titel »Photophonographie« berichtete Prof. Fleischer den
Lesern unserer Zeitschrift im Marzheft des vorigen Jahres iiber eine Sitzung,
die von ihm im Namen der Internationalen Musikgesellschaft und von Dr.
med. Th. 8. Flatau im Namen der Berliner Psychologischen Gesellschaft am
6. Februar 1903 in der Aula der Berliner Universitat veranstaltet worden
war. Die beiden Herren hatten den czechischen Ingenieur Emanuel Czer-
venka eingeladen, den von ihm erfundenen Photophonographen, den Dr. Flatau
wahrend eines mehrwflchentlichen Aufenthaltes bei Czervenka in Prag kennen
gelernt hatte, vorzuzeigen. Nicht bloB Mitglieder der beiden Gesellschaften
waren erschienen, sondern auch, wie der Bericht hervorhebt, >ein Kreis
erlauchter Gaste, voran der Kronprinz des deutschen Reiches, der Kultusminister
und der Rektor der Universitat, hervorragende Musiker und Autoritaten aller
Wissenschaften « . Nach Czervenka's eigenem Bericht1) hatte man sogar
8. M. den Kaiser eingeladen.
Prof. Fleischer eroffnete die Sitzung mit einer Rede, deren Wortlaut am
angefuhrten Orte wiedergegeben ist. Jetzt erst, hieB es darin, standen wir
vor der Losung des Problems, die Musik objektiv und rein, wie sie erklingt,
der Nachwelt zu vermitteln, w&hrend man bisher keinem echten Kunstler habe
zumuten diirfen, in solcher Unfertigkeit, wie sie die alten Systeme bieten,
der Nachwelt zu Gehor zu kommen. Hierauf bestieg Dr. Flatau das obere
Katheder und besprach als Spezialist fiir Stimmhygiene die Vorteile des
neuen Apparates fiir die Diagnose der Unterschiede und Fehler der
men8chlichen Stimme beim Singen und Sprechen. Man werde nunmehr mit
seiner Hilfe eine Sammlung von Musterbeispielen fUr die Sprach- und Stimm-
technik, Beispiele von Sprachst8rungen usw. zur Belehrung for Arzte,
Sanger, Redner und Sprachforscher veranstalten kSnnen2).
Dann erklarte Czervenka seinen Apparat. Durch einen Trichter ge-
1) >Nene Freie Presse< vom 18. Februar 1903.
2) So nach Fleischer's Bericht, der mit meiner Brinnerung ubereinstimmt. Der
verheiGene Wortlaut dieser Rede ist aber nicht erschienen, der Redner hat ihn, vor-
sichtiger als Prof. Fleischer, zuriickgehalten.
Z.ILM. Y. 32
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432 C. Stumpf. Die Demonstration in der Aula der Berlimer Universitat usw.
langen die Tone zu einer Membran, an der ein Spiegelchen befestigt ist.
Auf dieses mit der Membran schwingende Spiegelchen wird ein feiner Licbt-
strahl geworfen und von da auf eine rotierende licbtempfindliche Platte re-
flektiert, auf der sich demgemafi die vibrierenden Bewegungen in Gestalt
von Wellenlinien aufzeicbnen. Auf cheniischem Wege wird dann eine Platte
hergestellt, worin diese Linien vertieft erscheinen, und damit ist die Moglich-
keit gewonnen, sie in der gewohnlichen Weise durch einen in den Ver-
tiefungen fortgleitenden mit einer Membran verbundenen Stift wieder in
Tonwellen zu iibersetzen. Hierfiir hatte Czervenka auch einen verbesserten
Reproduktor gebaut.
Die Sache war vielen der Horer neu, wenn aucb nicht alien und nicht
in jeder Beziebung. Denn tatsachlich war die Photographie von Membran-
scbwingungen genau auf diesem Wege fruher scbon mebrfach, namentlich
von dem Physiologen Hermann in Konigsberg, ausgebildet worden. Der
Erfinder des Grammophons, E. Berliner, hatte auch schon ein Verfahren ent-
wickelt, die grammophoniscb in eine feine Masse auf Glasgrund eingezeich-
neten Kurven durch Photographie auf Metall zu iibertragen und dann durch
Atzung die erforderlichen vertieften Linien zu gewinnen. Kein Teil des
Verfahrens also war neu. Neu aber war auch dem Kundigsten, daB durch
dieses kombinierte Verfahren akustische Reproduktionen in so vollkommener
Form gewonnen werden sollten, dafi sie selbst die besten der bisherigen
Systeme ubertrafen.
Die Erwartungen waren also hoch gespannt. Als nun der Erfinder die
angeblichen photophonographischen Platten zu Gehor brachte und die eines
Grammophons und eines Edison-Phonographen damit in Vergleich stellte, war
es den meisten doch schwer, einen wesentlichen Unterschied zu horen. Mochte
der Gesang aus dem Photophonographen ofters noch etwas voller und weicher
herauskommen : Klavier und Streichinstrumente zeigten genau dieselben
Mangel, wie bisher. Viele verlieBen den Saal mit dem Gefuhl, daB die Sache
nicht uninteressant, die Reklame aber zu groB gewesen. Nach Prof. Flei-
scher's Bericht war allerdings die gesamte Zuhorerschaft mit verschwindenden
Ausnahmen der Meinung, daB die Erfindung einen deutlich bemerkbaren
Fortschritt darstelle, daB der gequetschte schreiende Klang der alteren Systeme
ebenso unangenehm, wie die »menschenahnlichen« Tone des Photophono-
graphen angenehm auffielen, und daB an gut gewahlten raumlichen Stand-
punkten kaum noch etwas zu wunschen ubrig blieb. Wenn er freilich anderer-
seits mehrfach, in der Rede und in dem Bericht, hervorhob, die tonende Re-
produktion der Phonogramme stehe erst im Beginn ihrer Entwicklung, so schien
ihm selbst doch noch etwas, und sogar viel, zu wunschen ubrig zu bleiben.
Bald regten sich nun aber allerlei Zweifel. WissenschafUich Denkende
nahmen AnstoB an dem ganzen Arrangement der Vorfuhrung nach Form und
Inhalt, an der Unmoglichkeit einer Kontrolle der Versuchsbedingungen usw. Es
wurde Czervenka vorgeschlagen, im Psychologischen Institut seinen Apparat
einer exakteren Vergleichung mit dem Grammophon zu unterwerfen. Aber
er erschien nicht, angeblich weil etwas daran in Unordnung geraten sei. Der
erschienene Vertreter der Deutschen Grammophon-Gesellschaft fuhrte nun, um
seinen Daseinszweck zu erfullen, zwei Stucke vor. Es waren zwei von den en,
die wir am 6. Februar vom Photophonographen gehSrt hatten (Duett aus
der Zauberflote und Cellostiick von Popper). Wir frugen, etwas bedenklich
ge worden, den anwesenden Vertreter Czervenka's, ob sie nicht Stucke hatten,
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C. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw. 433
die im Repertoire der Grammophon-Gesellschaft nicht vorhanden seien.
Darauf erkl&rte er, dafi zu ihren samtlichen photophonographischen Demon-
strationen in der Aula Platten anderer Systeme benutzt worden seien. Auf
den Ausdruck unseres Stannous and Schreckens — die spatere Interpretation
wnrde damals noch nicht beigeftigt — erwiderte er: mit der Wissensohaft
hatten sie uberhaupt nichts zu tun und ihr Geschaft sei gemacht,
Dae Erstaunen verbreitete sich in die weitesten Kreise, als die Grammo-
phon-GeseUschaft am 13. Februar eine Folio -Annonce in die Blatter ein-
riickte, dee Inhalts, daB keine einzige von Czervenka's Aufnahmen mit sei-
nem Apparat gemacht, sondern daB nur ihre eigenen Originalaufnahmen mit
ihm wiedergegeben seien. Die betreffenden Kiinstler, Sleczak, Selma Kurz,
hatten erklart, niemals fur Czervenka gesungen zu haben. Uberdies babe
Czervenka fur die Vergleichung nicht einen ihrer besten gegenwartigen Appa-
rate benutzt, wofur sie unanfechtbare Zeugen beizubringen bereit seien.
Die Antwort Czervenka's erschien am 25. Februar im »Tag«, und
lautete so:
1. Ans konstruktiven Griinden ist es unmoglich, mit meinem Apparat Grammophon-
Platten wiederzugeben.
2. Samtliche beim Vortrag in der Universitatsaula am 6. Februar mit dem Photo-
phonographen gegebenen Reproduktionen sind durch eigene photophonographische
Aufnahmen, d. h. dorch Photographie von Schallwellen und deren photoplastische Kopie,
gewonnen worden.
3. Fur die Photophonographie und ihre Yeranschaulichung ist es vollig gleich-
bedeutend, ob Yersuchspersonen oder phomsche Maschinen zur Hergabe von Schall-
wellen benutzt werden, nur daB in diesem Falle erhohte Anspriiche an die Leistungs-
fahigkeit gestellt werden.
4. Zu einer solchen Vorfuhrung unter erschwerenden Bedingungen war ich des-
halb genotigt, weil alle meine direkt gemachten Aufnahmen Eigentum meines Syndi-
kate sind, dessen Erlaubnis zu ihrer offentlichen Vorfuhrung ich noch nicht erlangt habe.
6. In engerem privatem Kreise habe ich auch in Berlin direkte Aufnahmen vor-
gefiibrt und gezeigt, daB sie die indirekten noch bei weitem an Kraft und Beinheit
nbertreffen.
6. DaB ich in der ersten Demonstration mich auf indirekte Aufnahmen beschranken
wurde, habe ich besonders zum Ausdruck gebracht.
7. Gegen die Urheber der gegen mich gerichteten Verdachtigungen habe ich ge-
riehtliche Klage einreichen lassen.
Prag, den 18. Februar 1903. E. Czervenka.
An diese Erklarung kniipfte Prof. C. Kj*ebs am gleichen Orte die Bemerkung,
daB man uns doch hier Unglaubliches zu glauben zumute. Wenn einer, um
die Vortrefflichkeit einer neuen photographischen Methode zu beweisen, nicht
Ijandschaften photographierte, sondern Photographien von Landschaften, welche
nach der alten Methode aufgenommen sind, so ware es genau das Verfahren,
das Czervenka eingeh alten haben wollte.
Um so merkwurdiger erschien dieses Verfahren, wenn man sich an Prof.
Fleischer's Wort erinnerte, daB man bisher echten Kunstlern nicht habe zu-
muten kSnnen, sich phonographisch verewigen zu lassen. Und nun hatten
w'ir — als wenn Czervenka es darauf abgesehen hatte, den Redner in flagranti
zjx widerlegen — aus dem Photophonographen Gesange erschallen horen, die
echte KUnstler ins — Grammophon gesungen hatten!
Ich habe dann in einem Artikel im »Tag« (1. Marz 1904) das Para-
cloxe, ja Lacherliche der Situation gekennzeichnet, in der sich hiernach
32*
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434 C. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw.
die ehrwurdige Versammlung befunden hatte: denn unter dieser Voraus-
setzung muBte ja die ganze Fragestellung der Horer und die Bichtnng
ihrer Aufmerksamkeit gerade entgegengesetzt sein derjenigen, mit der sie
tatsachlich gekommen waren. Die Aufgabe eines reproduzierenden Appa-
rates ist es, genau wiederzugeben, was hineingesungen wird, aucb mit alien
sogenannten Fehlern. Wenn also nicht ein Sanger, sondern ein Grammo-
phon in den Czervenka-Trichter hineingesungen hat, so war die Leistung
des neuen Apparates urn so vollkommener, nicht je groBer, sondern
je kleiner der Unterschied war gegentiber dem grammophonischen Ori-
ginal. Man denke nur daran, daB selbst die Beseitigung der einer Klang-
quelle anhaftenden Gerausche keineswegs Aufgabe eines Phonographen ist.
Wie sollten sonst z. B. Musikstiicke mit Trommeln oder auch nur das ge-
wohnlichi Sprechen mit seinen Konsonantengerauschen aufgenommen werden?
Und was wiirde aus Dr. Flatau's stimmhygienischen Untersuchungen ? Durch
diese nachtragliche Erklarung Czervenka's war also tatsachlich alles auf den
Kopf gestellt: die Horer, welche mit der Erwartung gekommen waren, etwas
ganz anderes, besseres zu horen, hatten bei dieser Sachlage umsomehr
applaudieren mtissen, je geringer der Unterschied war. Wenn sie geglaubt
hatten, nur wieder ein Grammophon zu horen, dann ware der Triumph des
neuen Apparats vollstandig gewesen. Lafit sich Torichteres ersinnen?
Uberdies war es unfaBbar, warum das Syndikat, wo es sich um eine so groB-
artige Gelegenheit zur Empfehlung des Apparates handelte, die VorfUhrung
von Originalaufnahmen hatte verbieten soil en. Ich schloB mit der nachdruck-
lichen Forderung, daB die Sache einem unparteiischen Kreise von physika-
lischen und musikalischen Fachmannern zur Priifung iibergeben werde.
Czervenka hullte sich in Schweigen. Desgleichen Dr. Flatau. Wohl aber
trat nunmehr Prof. Fleischer fur den verkannten Erfinder in die Schranken.
Sein Artikel im Marzheft 1903 ist in diesem Zeitpunkt geschrieben und
enthalt am SchluB die Abfertigung der »voreiligen Kritik und Besserwisserei«.
DaB indirekte oder sekundare Aufnahmen statt Originalaufnahmen vorgefuhrt
wurden, sei gerade das einzig Kichtige und die wissenschaftliche Pflicht Czer-
venka's gewesen. Die Tatsache aber, daB die sekundaren Aufnahmen reiner
klangen als die primaren, welche »einigen Zuhorern, nach ihren journalisti-
schen AuBerungen zu urteilen, besonderes Kopfzerbrechen verursacht« habe,
erklare sich einfach durch den verbesserten Reproduktor.
Die unerlaubten Absurditaten dieser Ausfuhrungen yeranlaBten unseren
Physiologen Prof. W. Engelmann und mich, sie in einem neuen Artikel (»Tag«
Tom 31. Marz 1903) ans Licht zu s tell en. Aufs neue und mit verstarktem
Nachdruck bezeichneten wir die Aula-Demonstration als das Gegenteil einer
wissenschaftlichen , selbst einer popular-wissenschaftlichen VorfUhrung und
machten die beiden Herren Flatau und Fleischer dafur verantwortlich.
Darauf hat wieder nur Prof. Fleischer geantwortet (»Tag« vom 21. April).
Aber seine Antwort enthielt ausschlieBlich personliche Invektiven gegen mich,
nicht den geringsten Versuch einer sachlichen Entgegnung auf unsere ganz
bestimmt und scharf formulierten sachlichen Einwande. Zur Entschuldigung
kann man vielleicht annehmen, daB er sie nicht verstanden hat.
Auch die Internationale Musikgesellschaft war jetzt auf den Plan getreten.
Am 19. April veroffentlichten die samtlichen deutschen und osterreichischen
Sektionsvorstande auBer Prof. Fleischer im »Tag« und anderen Berliner
Blattern folgende Erklarung:
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0. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw. 435
>1. daB eine Sitzung, zu welcher nur die innerhalb einer einzelnen Stadt wohnen-
den Mitglieder eingeladen werden, lediglich als Sitzung der Ortsgruppe bezeichnet
werden darf ;
2. daC infolgedessen die Einladung, wenn eine solche ergehen sollte, nicht von
Herrn Prof. Fleischer, sondern vom Vorsitzenden der Ortsgruppe, Herrn Major a. D.
Dr. Korte, ausgehen muCte;
3. daB nach den Statuten der Gesellschafb § 4 Herr Prof. Fleischer als Vorstand
der Geschaftszentralstelle keine andere Befugnis hat als die, fur die geschaftlichen
Angelegenheiten zu sorgen und die Redaktionsgeschafte der beiden Publikationsorgane
zu erledigen;
4. daft hiernaeh die Internationale Musikgesellschaft als solche an der Veranstal-
tung jener Sitzung in keiner Weise beteiligt ist und in Anbetracht der dagegen er-
hobenen Bedenken die Verantwortung dafur ablehnen muB.«
G. Adler. H. Kretzschmar. R. v. Liliencron. A. Sandberger.
F. Spitta. C. Stumpf. Ph. Wolfrum.
Diese Erklarung wurde von Prof. Fleischer im »Tag« vom 28. April
beantwortet. Der Leser findet die Antwort mit einigen Zusatzen, insbeson-
dere einem Hieb auf das Spiel mit dialektischen Ktinsten, wie er die strong
sachlichen SchluBfolgerungen von Prof. Engelmann und mir zu nennen be-
liebt, im Maiheft 1903 dieser Zeitschrift auf der letzten Seite. Er beruft
sich auf § 4 der Geschaftsordnung, der die Zentral-Geschaftsstelle beauf-
tragt, »fiir die Ausbreitung der Intern ationalen Musikgesellschaft und die
Vertretung ihrer Interessen zu sorgen «, und wirft umgekehrt den Sektions-
vorstanden vor, daB sie sich nicht mit der Zentralstelle in Yerbindung ge-
halten hatten.
Die Sektionsvorstande erwiderten im »Tag* vom 8. Mai. Sie stellten noch
einmal die formelle Rechtswidrigkeit, ja die Widersinnigkeit seiner Handlungs-
weise fest, da es eine Sitzung der IMG. uberhaupt nur in Form eines
Kongresses geben konne. In der Tat, wie man auch uber die ErsprieBlich-
keit jener VorfUhrungen fur die Interessen der IMG. denken mag: uber
die sen Punkt kann ein Zweifel schlechterdings nicht bestehen. Eine inter-
uationale Gesellschaft als solche kennt nur internationale Kongresse, alles
tibrige ist Sache der Sektionen und Ortsgruppen.
Sachlich legte spaterhin Prof. Fleischer besonderes Gewicht darauf, dafi
von den Unterzeichnern nur einer der Aula-Demonstration personlich bei-
gewohnt habe. Indessen, Augen und Ohren ersetzen nicht das Urteil.
Ein Patient, der einem Naturheilkunstler in die Hande fiel, ist nur zu sehr
dabei gewesen, als man ihn mit nutzlosen Trankchen oder Schlimmerem be-
handelte. Er glaubt vielleicht heute noch daran. Der Sachverstandige aber,
der vor Gericht uber den Fall urteilt, und der intelligente Leser der Berichte
waren bei der Behandlung nicht zugegen: und sie konnen doch ein richti-
geres Urteil haben als jener.
Der Auflehnung der Sektionsvorstande folgte die Strafe auf dem FuBe.
Vom Maiheft 1903 an waren und blieben vom gelben Umschlag der Zeit-
8chrifthefte ihre Namen verschwunden. Es mochte wohl auch zweckmaBig
erscheinen, daB sie kunftig gegenseitig nichts voneinander wiiBten. Denn
dieses Zusammenstehen auf den gelben Umschlagen war wirklich bisher die
einzige Funktion gewesen, wenn man es so nennen will, zu welcher der Or-
ganisator der Gesellschaft sie vereinigt hatte, und sie h&tten ohne diesen
regelmaBigen Anblick ihrer Namen uberhaupt nicht gewuBt, ob sie und wer
etwa sonst noch zu den Sektionsvorstanden gehore, sich also auch zu dieser
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436 C. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner UniveraitSt usw.
ersten gemeinschaftlichen Aktion nicht verbinden kftnnen. H&tten sie nichi
das BewuBtsein gehabt, durch eigene Arbeiten oder Beitrage ihrer Schuler
zu den wissenschaftlichen Publikationen docb in ihrer Weise der Gesellscbaft
niitzlicb zu sein, so wiirden sie sich langst dagegen verwahrt haben, zu
bloflen Dekorationszwecken verwendet zu werden.
Zunachst Waffenstillstand. Alles erwartete den von Czervenka angekiin-
digten ProzeB, alles erwartete den fur die nachsten Mo n ate verheiBenen
offentlichen Verkauf seiner Apparate.
Nur in der Berliner Psychologischen Gesellschaft garte es. Man forderte
den Yorsitzenden Dr. Flatau zur Rechenschaft. Doch wufite er den Wider-
stand zu unterdrucken, wenngleicb zw5lf tapfere Mitglieder, welche die Ehre
der Gesellschaft durch ein solches Vorgehen fur doppelt kompromittiert er-
achteten, ihren Austritt erklarten.
Als nun aber Monat urn Monat verrann, ohne daB von dem ProzeB, ohne
daB von dem Apparat etwas verlautete, wurde man unruhig. Die Gesell-
schaft begann unter einem neuen Vorsitzenden, Dr. med. Albert Moll, in
Dr. Flatau zu dringen, daB er den unsichtbar und stumm gewordenen Er-
finder des Lichtschallschreibers an seine Pflicht gemahne. Die Leiden des
Dr. Flatau, der zweimal vergeblich nach Prag reiste, die noch groBeren Lei-
den der Gesellschaft und ihres Vorstandes, die in einem fort ordentliche und
auBerordentliche Sitzungen halten muBten, findet man in einem veroffent-
lichten Protokoll geschildert 1). Am 23. August 1903 endlich erhielt Dr.
Flatau Czervenka's eigenen am 6. Februar beniltzten Apparat bis auf den
Reproduktor (die reproduzierende Membran nebst Trichter). Da er laut
Protokoll vom 2. April2) erklart hatte, schon bei seinem ersten Prager
Aufenthalt die Technik und den Verlauf des Verfahrens beobachtet, eine
Anzahl von Aufnahmen selbst gemacht und die Ausfuhrung in den einzelnen
Stadien selbst erlernt zu haben, so erwartete man nun die definitive Losung
aller Zweifel und Sorgen. Den Reproduktor, dem Flatau selbst (nach Aus-
sage Czervenka's in der Aula) die sogenannte Nase beigefligt hatte, konnte
er ja auf Grund seiner Kenntnisse anfertigen lassen. Im iibrigen muBte das
"Wesentliche auch mit einem guten Grammophonreproduktor herauskommen
und muBte auch dann noch besser werden als die Grammophonreproduktionen,
wenn anders die photophonographischen Platten die grammophonischen wirk-
lich ubertrafen.
Der Herbstwind schtittelte die Blatter — und Dr. Flatau produzierte
nur das Versprechen, im "Wintersemester liber seine TJntersuchungen zu be-
richten. Von Bedeutung war aber, daB jetzt sowohl die Psychologische Gesell-
schaft wie Dr. Flatau erklarten , von Czervenka nichts mehr wissen zu
wollen. Dem neuen Yorsitzenden hatte Czervenka geschrieben, daB er sich
zur Einlosung seines Yersprechens, den Apparat einwandfrei zu demonstrieren,
gar nicht verpflichtet halte. »Ich bin vor allem praktischer Techniker, der
in erster Linie mater i ell er Vorteile wegen arbeitet* usw.8). Der Yorstand
1) Zeitschr. f. padagogische Psychologie von F. Kemsies, Jahrgang V, Dezember-
heft 1903, S. 365 f., 386 f.
Ich bemerke hier, daB auch weiterhin meine gesamte Darstellung in jedem Punkt
auf protokollarischen Feststellungen und son9tigen gedruckten oder schriftlichen
Dokumenten beruht.
2) Siehe ebenda S. 366.
3) Siehe ebenda S. 388.
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C. Stnmpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw. 437
fand nunmehr »das groflte MiBtrauen der Yertreter der "Wisaensohaft gegen-
iiber alien seinen Angaben gerechtfertigt*. Dr. Flatau selbst gab zu Proto-
koll: »Das Yerhalten des Herrn Czervenka gegeniiber der PBychologischen
Gesellschaft mufl ich vom Standpunkt der wissenschaftlichen Forsohung und
Moral aufs scharfste verurteilen*.
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz — und man horte immer noch
nichts von Dr. Flatau's Ergebnissen. Der Vorstand verhandelte lange mit
ihm. TJber diese Verhandlungen ist nichts an die Offentlichkeit gedrungen.
Ich selbst habe niemals der Gesellschaft angehort und darum weder auf ihre
Verhandlungen EinfluC geiibt noch damals davon Kenntnis erhalten. Das
spater veroffentlichte Protokoll vom 17. Mai 1904 * J teilt aber mit, dafl Dr.
Flatau aus der Gesellschaft austrat, und enthalt im Anschlufi daran folgende
Resolution: » . . . . es hat sich herausgestellt, daB die scheinbaren Resultate
der damaligen Demonstration (in der Aula) durch ein irrefiihrendes Arrange-
ment seitens des Erfinders zustande gekommen sind.« Sanfter kann man
sich nicht ausdrttcken; aber das "Wortchen »scheinbar« birgt doch eine schlimme
Kralle und erweckt diistere Ahnungen.
Am Tage vorher hatte Prof. Krebs den bisherigen Verlauf der •AffSre
im >Tag« vom 16. Marz 1904 kurz zusammengefaflt. Er hatte, anknilpfend
an die ersten Verdffentlichungen der Gesellschaft, auf die sich haufenden
Verdachtsgriinde hinge wiesen und noch einmal kraftig an die Herren Fleischer
und Flatau appelliert, das Ihrige zu tun.
»Eine einzige, vor unanfechtbaren Zeugen hergestellte, gut zu reproduzierende Auf-
nahme wiirde genugen, um alle vorhandenen, sehr starken Zweifel zu zerstreuen. Da
Czervenka sohweigt, haben seine Anwalte das Wort. Sie haben gegeniiber fast un-
widerstehhchen Yerdachtegriinden die Pflicht, zu beweisen, daB sie nicht zu einer Tau-
schung des Publikums mitgewirkt haben.
Wir wiirden nicht etwa zufrieden sein, zu horen, der Apparat bediirfe noch der
Yervollkommnung; denn eine unfertige Sache zeigt man nicht unter solchen Troni-
petenstoCen, und zum UberfluC versicherte damals bereits Czervenka selbst (»Neue
Freie Pressec vom 18. Februar 1903), der Apparat leiste >wohl heute schon alles, was
von einem mit absoluter Treue arbeitenden Instrumente iiberhaupt verlangt werden kann«.
Ebensowenig wiirden wir uns mit der Versicherung begnfigen, daC die Prozedur
»in engerem Elreise* vorgefahrt und von ungenannten Zelebritaten gut befunden wurde.
Nicht die Freunde, die Gegner gilt es zu Uberzeugen. Und nicht eher werden die
schlimmsten Yorwtirfe des gesamten damals geladenen Publikums verstummen, sis bis
dies in unantastbarer Art nach alien Regeln wissenschaftlicher Beweisfuhruug geschehen
ist. Die Herren Flatau und Fleischer sind jetzt in derselben Lage, in der sich Czer-
venka der PsychologiBchen Gesellschaft gegeniiber befand: wenn sie sich zuriickziehen,
wird man, um Flatau's eigene Worte zu gebrauchen, ihr Yerhalten vom Standpunkt
der wissenschaftlichen Forschung und Moral aufs scharfste verurteilen.«
Dies endlich vermochte Dr. Flatau, sein bisheriges Stillschweigen gegen-
iiber der Offentlichkeit zu brechen — wie denn iiberhaupt die Presse in
dieser Sache, die man gern hatte einschlafen lassen, ofters aufmunternd ge-
wirkt und der »Tag< hierin seinem Namen Ehre gemacht hat. Dr. Flatau
gab im »Tag« vom 25. Marz eine weitschweifige Entschuldigung seines langen
Zogern8 wegen des in Unordnung geratenen Apparates, stellte ihn aber jetzt
einer TJntersuchung zur VerfUgung. In der unmittelbar angefiigten Er-
widerung von Prof. Krebs ist das wichtigste die Mitteilung, daB Dr. Flatau
1 S. die genannte Zeitschr. Jahrgang VI, Aprilheft 1904, S. 62—68.
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438 0- Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw.
in der Psychologischen Gesellschaft (nach einem Schreiben ihres Yorsitzenden
Dr. Moll an Prof. Krebs) bereits am 25. Februar 1904 eine Demonstration ver-
anstaltet hatte. Diese ergab aber nach den "Worten Dr. Moll's »nur einige
tonahnliche Gerausche, die eine Tonleiter vorstellen soUten. Irgend eturas,
was auch nur im entferntesten an die Leistungen des Grammophons, des
Phonographen oder ahnlicher mir bekannter Apparate heranreichte, war nicht
zu horen.« Die Folge dieser seltsamen Demonstration war dann der Aus-
tritt des Dr. Flatau.
Also nur eine neue Niederlage.
Gleichwohl versandte Dr. Flatau am 14. Mai 1904 eine Erklarung, worin
er in fettem Druck behauptete, »den experimentellen "Wahrheitsbeweis fur
das Verfahren in seiner am 6. Februar 1903 beschriebenen Gestalt in alien
seinen Stadien und in vollig beweisender, fur jeden Sachkenner ausreichender
Form* erbracht zu haben, und jeden, der wissenschaftliches Interesse zur
Sache habe, aufforderte, binnen 14 Tagen sich bei ihm da von zu uberzeugen.
Diese Zusendung kam aber eigentiimlicherweise nicht an einen einzigen
von den vielen, die sich an den Zweifeln und der Opposition aktiv beteiligt
hatten (nur nachtraglich an Prof. Engelmann): wahrend sie doch gerade
den Zweiflern in allererster Linie zugehen mufite. Dagegen kam sie an die
K. Hochschule fur Musik, und von dieser wurde eine Kommission mit der
Untersuchung beauftragt. Sie bestand nach meinem Yorschlag aus den Herren:
Prof. W. Engelmann (Universitat), Prof. W. Hartmann (Technische Hoch-
schule), Prof. C. Krebs (Hochschule fur Musik), Dr. med. A. Moll und
Dr. med. P. Moller (Vorstandsmitgliedern der Psychologischen Gesellschaft),
Prof. P. Schultz (Universitat, Physiolog. Institut), Prof. F. Schumann (Uni-
versitat, Psycholog. Institut), Prof. C. Stumpf (Universitat). Jeder von diesen
hatte sich ganz eingehend mit der technischen und methodischen Seite der
Angelegenheit beschaftigt, und fast alle waren zugleich als Naturforscher,
Psychologen oder Arzte mit den Erfordernissen experimenteller Untersuchungen
vertraut. DaB sie der Sache keine besonders gtinstige Erwartung entgegen-
brachten, wird man nach allem Yorhergegangenen selbstverstandlich nnden,
ebenso selbstverstandlich aber, daU diese kritische Disposition sie nicht ge-
hindert haben wiirde, der erkannten Wahrheit die Ehre zu geben und wider-
legte Bedenken so fort zuruckzunehmen. Die beiden Herren der Psychologi-
schen Gesellschaft haben aber den Demonstrationen Flatau's nicht ange-
wohnt, da er dies wegen vorausgegangener »Unstimmigkeiten« (das kann nur
heifien wegen ihrer bedenklichen Erfahrungen bei seinen fruheren Demon-
strationen) nicht zulassen wollte.
So geschah nach fast anderthalb Jahren, was sofort nach der Aulasitzung
hatte geschehen sollen.
Das Ergebnis war in der Hauptsache dieses:
1. Yon photographischen Aufnahmen der Membranschwingungen konnen
durch Atzung vertiefte Kurven auf Platten gewonnen werden, die
man dann akustisch wiedergeben kann. Aber der akustische Effekt
ist ein iiberaus klaglicher, und es bleibt nach dem einstimmigen
Urteil der Kommission keine andere Annahme moglich, als daB in
der Aula am 6. Februar 1903 das distinguierte Publikum in einer
unverantwortlichen Weise getauscht wurde.
2. Die von Czervenka offentlich abgegebene Erklarung, >es sei aus
konstruktiven Grunden unmoglich, mit seinem Apparat Grammophon-
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C. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw. 439
platten wiederzugeben* , hat sich als falsch erwiesen, indem auf
seinen damaligen, jetzt im Besitz des Dr. Flatau befindlichen Apparat
eine Grammophonplatte aufgesetzt und durch Einstellung eines daran
befindlichen Hebels in korrekter Weise zum Erklingen gebracht wurde.
Einige Erlauterungen werden dem Leser willkommen sein.
Urn mit dem letzten Punkte zu beginnen, so ist er im Grande fiir sich
allein schon entscheidend. Bei der photographischen Aufnahme der Membran-
schwingungen muB die lichtempfindliche Platte, damit eine Spirale entsteht,
sich wahrend ihrer Drehung geradlinig fortbewegen ; zugleich aber, damit die
"Wellenlinien, wenn der Lichtstrahl gegen die Mitte der Platte rttckt, nicht
immer kurzer werden, sich in entsprechendem MaBe schneller drehen. Durch
Einstellung jenes Hebels wird nun aber die geradlinige Fortbewegung ebenso
wie die Beschleunigung aufgehoben, und es tritt eine gleichmaBige Rotation
an die Stelle, wie sie fiir die Reproduktion von Grammophonplatten erforder-
lich ist. ~WTir trauten trotz alles Yorausgegangenen kaum unseren Ohren, als
nach Aufsetzung der Grammophonplatte klar und deutlich die Trink-Arie aus
Ijucrezia Borgia zum Vorschein kam. Prof. Fleischer, den Dr. Flatau zur
Sitzung eingeladen hatte, behauptete zwar wahrend der Produktion, die
Tonhohe sei schon um eine Quarte gefallen, muBte sich aber am Klavier
iiberzeugen, daB die Tonart, von den vorgeschriebenen Ausweichungen ab-
gesehen, unverandert F-Dur blieb, und fugte selbst bei der Wiederholung
die regelrechte Klavierbegleitung bei. DaB er den hierdurch gelieferten
Nachweis als etwas »ganz unwesentliches* bezeichnete, konnten wir nur zur
Kenntnis nehmen — unsere Uberraschung war einer Steigerung nicht mehr
fahig, sonst wiirde dies allerdings den Gipfelpunkt gebildet haben.
Nun soil auch der erste Punkt soweit als notig erlautert werden. Natiir-
lich kann ich aber nur die Grundzuge unserer eingehenden Beobachtungen
und Erwagungen wiedergeben.
Die photographische Aufnahme der Membranschwingungen gelingt. Aber
sie ist, wie Bchon erwahnt, nichts neues. Die einzige Frage war, mit welchem
Erfolg auch die TJberfuhrung in vertiefte Kurven gelingt. Hierfdr hatte
Czervenka nach Aussage Dr. Flatau's mehrere Methoden. Die Hauptmethode,
wonach auch die Platten vom 6. Februar 1903 nach Flatau's Versicherung
hergestellt sein sollten, ist die Atzung einer Metallplatte, auf die das photo-
graphische Kurvenbild ubertragen wurde. Die iibrigen Methoden seien » Schnell-
verfahren«, welche nicht so mustergultige Produkte liefern. Hierin verlieBen
wir uns auf die wiederholt mit aller Bestimmtheit abgegebenen Erklarungen
Dr. Flatau's, der ja das Yerfahren bis zur Aula-Demonstration (und nur um
dieses kann es sich handeln) durch eigene wochenlange Anschauung und Ein-
Ubung genau kennen gelernt hatte, der auch jetzt wieder durch seine gedruckte
Erklarung die voile Verantwortlichkeit auf sich genommen hatte. Es ist nur
der Unterschied, daB Dr. Flatau durch Atzung direkt vertiefte Kurven in
Metall gewinnt, Czervenka hingegen nach Angabe Dr. Flatau's zunachst
Metallnegative herstellt, die er dann in der Masse geschmolzener Grammophon-
platten abpreBt. Einen wesentlichen Unterschied kann dies aber nicht machen,
weil alle Eigenschaften der Kurven naturlich durch die Pressung auf die
neuen Platten ubergehen.
Wir ersuchten nun Dr. Flatau, eine seiner besten Platten vorzufuhren.
DaB sie nicht von einem kunstlerisch gebildeten Sanger herruhrte, ist gleich-
giiltig : es kommt ja nicht auf den kiinstlerischen, sondern auf den akustischen
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440 0. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Univeraitat usw.
50
1
Fig. 2. Grammophon-Platte.
Effekt an. Der akustische Effekt aber war wie geschildert. Er wurde von
Dr. Flatau selbst ausdriicklich als » akustische MinimaUeistung* bezeichnet.
Die Gerausche tiberwogen fast die Tone. DaB Text mit den Tonen ver-
knupft war, konnte man nur bei scharfem Hinhoren konstatieren.
Aber auch durch das Auge, zumal mit der Lupe oder dem Mikroekop,
erkennt man, daB die Linien weit weniger fein und scharfgerandert sind
als die der Grammopbonplatten. Im physiologischen Institnt wurde eine
Gelatinelosung, mit Methylenblau gefarbt, auf die Platte gegossen, und ebenso
auf eine Grammophonplatte , dann die erstarrten Hautchen abgezogen und
in Glyzerin auf den Objekttrager des Mikroskops gebracht. Hiernach hat
der Assistent Hr. Dr. Nicolai die beifolgenden Proben gezeichnet.
Doch ist die direkte Be-
Fig.i. Dr. FUtan's Pi»tf . trachtung der Platten noch
uberzeugender. Das Ent-
scheidendste aber bleibt der
akustische Effekt; die optische
Betrachtung dient nur, auch
seine Ursachen ans Licht zu
ziehen. Nicht der Stift, nicht
die metallische Beschaffenheit
der Flache ist schuld — das
alles laBt sich andern — son-
dem die TTnregelmaBigkeit der
Kurven.
Hier liegt in der Tat des
Pudels Kern. Das photogra-
phische Bild an sich ist scharf.
Aber durch die Atzung kom-
men, das muBte auch Dr. Flatau
zugeben, unvermeidlich zahl-
lose winzige TJnebenheiten in
die Kurven, deren Wirkung
auf das Ohr, wie jeder aku-
stisch Gebildete weiB, sich als Gerausch darstellt. Dagegen kann auch kein
Reproduktor helfen. Im Gegenteil, ein guter Reproduktor muB das, was
einmal in den Platten liegt, auch vollstandig her ausbringen ; das ist seine
Aufgabe. Auch darf man sich nicht etwa einbilden, daB durch irgend ein
Hilfsverfahren geatzte Platten >verbessert< werden konnten. Jedes Retu-
schieren, worin es auch bestehe, muB mit der von der Atzung herruhrenden
auch die von der Klangquelle selbst herruhrenden Gerausche aufheben oder
verandern, somit die Treue der Beproduktion, auf die es einzig und allein
ankommt, vernichten.
Ganz ausdriicklich muB darauf bestanden werden, daB das Beweisthema
nicht verschoben wird, wie dies die Herren Flatau und Fleischer versuchten.
Wenn festgestellt werden soil, was in der Aula vor sich gegangen ist, so
kann es sich nicht darum handeln, ob das Verfahren iiberhaupt moglich
ist, sondern nur darum, ob es mit der Vollkommenheit moglich ist, wie
sie die dort produzierten Leistungen voraussetzen. »Moglich« ist hier ein
viel zu weiter Begriff. Man kann sich z. B. auch mit einem Tischmesser
rasieren , aber schon und angenehm wird es nicht sein, und die Stoppeln
werden eine gewisse Ahnlichkeit haben mit dem Lupenbild der geatzten Platte.
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d
C. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Oniversitat usw. 441
Gerade die Qualitat der in der Aula vorgefUhrten Leistungen ist der Punkt,
an dem alles hangt. "Woeu denn auch sonst der ganze Aufzug, die Ver-
sammlung aller Notabeln der Kunst und Wissenschaft, die Einladung sogar
unseres kaiserlichen Hauses, wenn nichts weiter zu zeigen war, als eine
interessante Methode, schlechtere Platten als bisher anzufertigen ?
Daher laBt sich aus alledem nach menschlichem Ermessen kein anderer
Schlufi ziehen als der: Die Platten, die wir am 6. Februar 1903 in der
Aula gehort haben und die an akustischer Vollkommenheit den Grammophon-
platten zum mindesten nicht nachstanden, waren nicht auf photographischem
Wege erzeugt; sondern sie waren entweder einfach Grammophonplatten
oder auf irgend einem mechanischen Wege (wie es deren gibt) aus
Platten der bisherigen Systeme gewonnen.
Auch die Frage nach den sog. sekund&ren oder indirekten Platten ist
damit entschieden. Auch solche konnen es aus dem gleichen Grande nicht
gewesen Be in. Natiirlich ist nicht ausgeschlossen , dafi Czervenka in seinem
Laboratorium sekundare Platten hergestellt, d. h dafi er zu Studienzwecken
statt des Sangers die immer verfttgbaren Grammophonplatten als Klangquelle
benutzt hat. Nur daB er so hergestellte photophonographische Platten uns
vorgefiihrt habe, ist durch die tatsachliche Minderwertigkeit des Verfahrens
gegeniiber der Vollkommenheit der damals produzierten akustischen Leistungen
ausgeschlossen; wie es ja yon vornherein jedem Nachdenkenden nur als eine
unglaubliche Ausflucht erscheinen muBte.
Das kiinftig einmal statt des Atzverfahrens und der librigen bisherigen
Methoden (Chromleimverfahren usw.) bessere Methoden gefunden warden,
mit denen eine akustisch wohlb e fried igende Reproduktion von Schallphoto-
graphien gelingt, hoffen und wiinschen wir von Herzen. Vielleicht ist sogar
bereits im Verborgenen eine solche Erfindung gemacht. Nur mit der Demon-
stration in der Aula hat dies wieder nichts zu tun.
Moglich ist es endlich, daB der Reproduktor, der nicht mit nach Berlin
zuriickgekommen ist, einen gewissen Fortschritt bedeutete. Bedenklich scheint
zwar auch hier die von Prof. Fleischer in seinem Artikel andachtig nach-
gesprochene dilettantische Rede von Nachahmung des Kehlkopfs und der Stimm-
ritze, fleiBchartiger IJmkleidung, angefUgter Nase (wie auch der Auinahmetrichter
bald einem Menschenohr, bald einem Hasen- oder Rehohr nachgebildet sein
sollte). Aber es kann ja trotzdem etwas daran sein. Es wiirde sich dann
die kleine Verbesserung der akustischen Wirkung gegeniiber den Grammophon-
produktionen , die manche wahrzunehmen glaubten, auf eine e in f ache "Weise
erklaren : es waren dann eben Grammophonplatten mit dem neuen Reproduktor.
Aber mit der Photophonographie hangt der Reproduktor nicht zusammen.
Er ist eine Sache fur sich. Im ubrigen bringt jedes Jahr eine ganze An-
zahl solcher patentierten Modifikationen , ohne daB viel Aufhebens davon
gemacht wiirde.
Nun ist es Zeit, zusammenzufassen , und dabei mag noch einiges bisher
nicht Erwalinte in. die Ubersicht aufgenommen werden.
1. Der erste und wichtigste Punkt in Czervenka's Verteidigung (oben
S. 433) ist eine offenbare Unwahrheit.
2. Desgleichen der zweite.
3. Der dritte steht und fallt mit dem sechsten.
4. Das Syndikat, auf dessen Yerbot sich Czervenka bezieht, hat von
seiner Existenz der AuBenwelt noch nicht die geringste Kunde gegeben.
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442 0. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitfct usw.
Nirgends wird der Apparat verkauft, nirgends ist unseres Wissens auch nur
eine ALnnonce iiber den bevorstehenden Verkauf aufgetaucht. Entweder war
das Syndikat von vornherein ein Mythus oder es ist nach kurzem Dasein
wieder aus dieser Zeitlichkeit verschwunden.
5. Die angebliche Vorfuhrung von Origin alplatten in einer Privatsitzung
(bei Dr. Flatau) bat durcb keinen der Teilnehmer, auch durch Dr. Flatau
selbst nicht, bezeugt werden konnen. Ausgenommen ist nur Prof. Fleischer,
dessen Leichtglaubigkeit in der ganzen Sache aber auch seine Aussagen
in diesem Punkte jedes Gewichtes beraubt. Ein Studierender der Musik-
wissenschaft, Gr. H., der anfanglich gleichfalls als Zeuge auftrat, hat sich
spater selbst als inkompetent erklart.
6. Trotz aller Umfragen und trotz der vielfachen Besprechung in alien
Kreisen, schon nach den ersten Tagen, hat sich niemand gefunden, der von
einer Erwahnung indirekter Aufnahmen in der Aula das geringste vernommen
hatte, wahrend doch dieser ganz entscheidende , den Standpunkt des Horers
geradezu umkehrende Umstand gar nicht nachdrucklich genug hatte betont
werden konnen. Auch dieser Punkt also ohne Zweifel eine Unwahrheit.
7. Weder der Grammophon-Gesellschaft noch irgend einem sonstigen
>TJrheber von Verdachtigungen« ist eine gerichtliche Klage Czervenka's in
diesen iy2 Jahren zugekommen.
Dam it sind alle Punkte von Czervenka's Erklarung erledigt, alle haben
sich ins Gegenteil verwandelt. Wir fugen aber noch bei:
8. Es ist, in Deutschland wenigstens, kein Patent auf die umstiirzende
ErfinduDg erteilt oder auch nur ausgelegt, was doch wohl selbstverstandlich
war, wenn ihre Leistungen die der bisherigen Systeme Ubertrafen oder ihnen
gleichkamen. Auf den mit der Erfindung nicht zusammenhangenden Repro-
duktor ist dagegen tatsachlich ein Patent nachgesucht und erteilt: nur ein
neues Zeichen, daB eben auf die Erfindung selbst keines erteilt werden
konnte.
9. Verschiedene ausw'artige Sachverstandige , darunter der im Auftrage
der phonographischen Kommission der Wiener Akademie der Wissenschaften im
Friihjahr 1903 nach Prag entsandte Funktionar Hauser, haben die ihnen von
Czervenka zugesagten Platten mit der Originalaufnahme ihrer eigenen Stimme
nicht erhalten und warten seit iy2 Jahren trotz wiederholter Erinnerungen
hoffnungslos auf die Reproduktion. Uberhaupt aber hat sich bis heute
Niemand gefunden (immer Prof. Fleischer ausgenommen), der bezeugen
konnte, nachweislich von Czervenka nach seiner Methode hergestellte Original-
platten gehort zu haben.
10. In Prag hat Czervenka sowohl vor als nach der Berliner Demon-
stration gleichfalls Vorfuhrungen veranstaltet. Mehr als einmal wurde ihm
in dortigen Blattern vorgehalten, dafi er infolge der Benutzung von Grammo-
phonplatten einen Beweis fiir die LeiBtungsfahigkeit seines Apparates noch
nicht geliefert babe. Er ist auch an Ort und Stelle die Antwort schuldig
geblieben.
Noch manches liefie sich hinzufiigen; aber der Leser wird genug haben.
Ich habe hier weiter nichts als Tatsachen berichtet und die unausweichlichen
SchlUsse gezogen. Es ist nicht meine Aufgabe und Befugnis, iiber die Mora-
lit&t von Personen zu Gericht zu sitzen. Ohnedies hat die Internationale Musik-
gesellschaft weder an Czervenka noch an Dr. Flatau ein Interesse. Da-
gegen muB ihr allerdings daran liegen, die Rolle ihres Begrunders und
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G. Stumpf, Die Demonstration in der Aula der Berliner Universitat usw. 443
vormaligen Geschaftsfuhrers, Prof. Fleischer, in dieser traurigen Angelegen-
heit genauer ins Auge zu fassen. Hieriiber also noch ein kurzes Wort.
Dafi man solche Abenteuer zur Sorge fiir die Ausbreitung der Inter-
nationalen Musikgesellschaft und zur Vertretung ihrer Interessen rechnen
kann (s. o. S. 435), wird sich nicht behaupten lassen. Ein Abenteuer ist es
aber nicht erst jetzt fiir den Riickblickenden , sondern war es von Anfang
an fur ihn selbst. Prof. Fleischer hat von dem Apparat erst durch Dr. Flatau
erfahren, ihn vorher gar nicht gesehen, auf blinden Glauben hin den Ruhm
eines der Wissenschaft ganzlich fern stehenden Geschaftsmannes im heiligsten
Raum unserer Universitat verkiindet. Er hat sich, als die Angriffe kamen,
derart mit ihm und seiner Sache identifiziert , daB er sogar die mehr als
seltsame Ausflucht in bezug auf indirekte Platten als etwas Selbstverstandliches
und wissenschaftlich Notwendiges hinzustellen versuchte. Er hat sich nicht
gescheut, die ernsthaften und wahrlich nicht vom Zaun gebrochenen Ein-
wendungen naturwissenschaftlich geschulter Gegner als »kunstlich erzeugte
Bedenken*, als » Spiel mit dialektischen Kiinsten« zu charakterisieren. »Unter
dem Druck der Tatsachen* — so verktindigte er >An unsere Mitglieder*
im Maiheft 1903 — »sind jene Bedenken auf wissenschaftlich-methodologische
zusammengeschrumpft, iiber die man bekanntlich immer sehr mannigfacher
Meinung sein kann, und die uberhaupt nicht sowohl vor das Forum der
Offentlichkeit als das der Fachleute gehoren.«
Wie? Auf wissenschaftlich -methodologische zusammengeschrumpft?
Das wagt ein Vertreter der Wissenschaft von sich zu geben ? Welches Niveau
setzt denn Prof. Fleischer bei den >Autoritaten aller Wissenschaften« , die
in der Aula versammelt waren, und bei den Lesern seiner Entschuldigung,
der Internationalen Musikgesellschaft, voraus? Wissenschaftlich-methodologische
Bedenken waren Kleinigkeiten ? Und dariiber, ob durch gegebene Pramissen
ein Beweis geliefert ist oder nicht, dariiber gabe es mannigfache Meinungen ?
Nein, Konfusion und Re den iiber Dinge, die man nicht versteht, gelten
allezeit und iiberall als verwerflich: und nur durch diese Eigenschaften,
durch den Mangel der allergewohnlichsten Logik in Yerbindung mit un-
geniigender Kenntnis physikalischer und physiologischer Dinge *) , war eine
Stellungnahme wie die Prof. Fleischer's moglich. tJber seine treibenden
Motive enthalte ich mich jeder Vermutung.
Me in Motiv aber bei dieser Veroffentlichung ebenso wie bei der ganzen
Affare ist, das kann ich versichern, nicht Streitsucht oder ein sonstiges Ver-
gntigen, sondern der hochst schmerzliche Stachel, den ein Schauspiel wie
dieses in jedem Naherstehenden unvermeidlich hinterlafit: ein Gefuhl, das
ich nicht nennen will, in dem ich mich aber eins weLB mit den zahlreichen
Kollegen und wissenschaftlichen Mannern, die ihre Zeit mit dieser elenden
Sache hinzubringen gezwungen waren.
Berlin. C. Stumpf.
1) Wird doch z. B. in dem Artikel »Photophonographie« kuhnlich behauptet : etwa
V3 unserer Sinneseindriicke sei dem Gehorsleben entnommen, als wenn hier uberhaupt
die Zahlong irgend einen Sinn hatte, und ein paar Seiten spater: Membranen aus
einer elastischen organischen Masse konnten nicht mitklingen — was der Natur sehr
viele feine Arbeit am Trommelfell hatte ersparen konnen, wenn es nur wahr ware.
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444 Fr. Niecks, Wind Instrument Chamber Music.
Wind Instrument Chamber Music.
It is an extremely rare phenomenon to meet with a programme entirely
made up of wind-instrument chamber music. Even when combinations of wind-
instrument players give concerts, they usually associate to themselves at least
a pianist, if not also some bow-instrument players. "Why is that so? Why
do they not follow the example of string-quartet parties? Is it the con-
sciousness of the limitation of wind-instruments in compass and tone production,
and the fear of not being able unaided to interest the audience for a whole
evening? If a reason at all, this can only be a minor reason. The main,
the real reason, is the paucity of the literature. Even the making of a
programme of chamber music for mixed instruments, among which wind-
instruments predominate, offers considerable difficulty. In this case however
the difficulty arises from the diversity of the combinations of instruments
employed, not from the scarcity of the material available for selection. But
in the case of pure wind-instrument chamber music, the programme maker
is brought face to face with a dearth that approaches absolute destitution.
Let us try to realise the experience of such a would-be programme maker.
The three great classics engage, of course, our attention first. And what
do we find? Of Haydn, the Feldpartien (the open-air partitas) for two
clarinets, horns, and bassons are lost; but some other compositions for six and
eight wind-instruments, and six divertimenti for ten — two clarinets, two
oboes, two horns, three bassoons, and a serpent — are still in existence, although
only a manuscript existence. A "Harmonic" in F major for two flutes, two
clarinets, two horns, and two bassoons, was recently performed by the Berlin
"Union for the advancement of Wind-instrument Chamber music." With Mozart
we fare better, there being among his printed works as many as eleven compo-
sitions of the kind in question: six Divertimenti for two oboes, two horns, and
two bassoons; two Serenades for two oboes, two clarinets, and two bassoons;
two Divertimenti for two oboes, two clarinets, two cors anglais, two horns,
and two bassoons; one Serenade for the same instruments, with the addition
of two more horns, a double bassoon, and a double bass. Beethoven's works
for wind-instruments are less numerous, but still considerable. They comprise
the Octet, op. 103, and a Rondino for two oboes, two clarinets, two horns,
and two bassoons; the Sextet, op. 71, for two clarinets, two horns, and two
bassoons; the Trio, op. 87, for two oboes and cor anglais; and three Duos
for clarinet and bassoon. Of Schubert we have only a Minuet for eight and
a Trauermusik (funeral music) for nine wind-instruments. Weber, Hummel,
Cherubini, Spohr, Mendelssohn, and Schumann have left us nothing. For
Cherubim's Marches for wind-band, Spohr's Nocturno for wind and Turkish
band, and Mendelssohn's Overture, op. 24, for wind-band, lie outside the
scope of this inquiry. Lower down in the ranks of composers we meet
Dittersdorf (1739 — 1799), with a Divertimento for two oboes, two clarinets,
and one bassoon; Ignaz Pleyel (1757 — 1831), with a Serenade for eight and
nine instruments, a Sextet, and three pieces for six instruments; Gyrowetz
(1763 — 1850), with a Serenade for two clarinets, two horns, and one bassoon;
Kozeluch (1752 — 1814), with pieces for two oboes or flutes), two clarinets,
two horns, two bassoons, and a double bass ad libitum; Franz Danzi
(1763 — 1826), with three Quintets for flute, oboe, clarinet, horn, and bassoon;
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Ft. Niecks, Wind Instrument Chamber Music. 445
and Franz Anton Hoffmeister (1754—1812), with a Partita, Variations, &c.,
for eight and six wind-instruments. Still lower down we meet the fluent
and indefatigable E. L. Jadin (1768—1853) and J. Kuffiier (1776—1856),
the former with Sextets for two clarinets, horns, and bassoons, and the latter
with pieces for two clarinets, one flute, one horn, and one bassoon, and
other combinations; the French band-master L. Javrault (early 19th century),
with six Sextets for clarinet, flute, oboe, horn, and two bassoons, and Trios
for clarinet, horn, and bassoon; the French oboe virtuosi, Gustave Vogt
(1781—1870), and Henri Brod (1801—1839), the former with three Noc-
turnes for flute, oboe, horn, and bassoon, and the latter with three Quintets
for flute, oboe, clarinet, horn, and bassoon ; and the German clarinet virtuoso,
F. X. Wolf, with two Serenades for two clarinets, two horns, and two
bassoons, and two Quintets for two clarinets, two horns, and one bassoon.
Who the Fanizza was who published a Sextet for one flute, two clarinets,
two horns, and one bassoon, I do not know. Christian Rummel (1787 — 1849/,
who composed Quintets for cor de bassette, cor anglais, clarinet, flute, and
bassoon, and for cor de bassette, clarinet, oboe, horn, and bassoon, was the
grandfather of the pianist Franz Rummel, and conductor at "Wiesbaden for
twenty-eix years. Two notables omitted here will get their due farther on.
It must be confessed that chamber music for wind-instruments is an un-
known territory which still awaits its explorer. But to a large extent, I am
afraid, it is a submerged territory. Much of what once flourished must have
experienced the fate of the dead cities of the Zuyder Zee; and even a worse
fate, that of utter oblivion of its very existence. Harmonie, as the French
and Germans called it, that is to say music for wind-instruments alone,
distinguished from military music by the absence of instruments of percussion
(a distinction however probably oftener ignored than observed), greatly in
favour in the 18th and the early 19th century, consisted for the most part
of arranged music, chiefly no doubt operatic. Musical advertisements and
catalogues, as well as statements by contemporaries, support this view, which
is strikingly and delightfully illustrated by Mozart in the second act of his
dramatic chef d'ceuvre, where Don Giovanni's musicians (two oboes, two
clarinetB, two horns, and two bassoons, the most complete and a very common
combination) entertain him at dinner with three extracts from popular operas
of the day, one from Le Nozze di Figaro. But although undoubtedly the
arrangements enormously outnumbered the original compositions, we may
safely assume that the musical conductors of princes and lesser nobles who
had wind-bands in their service provided largely for their repertoire, of which
however comparatively little was printed, and much less than a tithe has come
to our knowledge.
The two composers omitted in the above enumeration were reserved for
separate notice, because they deserve special attention, both being distinguished
composers of chamber music in their time, and one of them the most prolific
of all composers in the department of wind-instrument music, and at the same
time the only considerable composer who in this department produced the best
of his works. My allusion is to Anton Reicha (1770 — 1836) and George
Onslow (1784 — 1852). Neither of them is a genius of the first rank, but
both of them were men of distinguished talent and masters of their art,
and moreover interesting characters. Onslow, born in France, and resi-
dent in that country, except for some years of his childhood spent in
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446 Fr. Niecks, Wind Instrument Chamber Music.
England, was of English descent on the side of his father, a son of the
first Lord Onslow, and French on the side of his mother, who was connected
with the Bran tome family. Being wealthy he was never under the necessity
of making his living by music, which indeed he first took up as an amateur
and not very seriously. His teachers in pianoforte playing were Hullmandel,
Dussek, and Cramer, his teachers in composition Reicha and the classics,
whose works he assiduously studied. Although he composed operas and
symphonies, it was his chamber music that made him famous — chiefly his
string quintets and quartets, more especially the former. But notable are
alHo his chamber music for mixed instruments, among which there are com-
positions for wind and other instruments, and a Quintet, op. 81, for wind-
instruments alone (flute, oboe, clarinet, horn, and bassoon). Profundity of
any kind need not be sought in Onslow's music. His was rather a cold
than a passionate nature. What won the esteem and applause of musicians
and public was the ease, purity, and elegance of his style. It has been truly
said that his chamber music comes near the best that had been written in
the genre by the great masters. In short, the excellent qualities of his works
explain and justify the popularity they enjoyed in his day. As to the present-
day neglect, it is explained, but not quite justified, by the negative qualities.
Reicha, born in Bohemia, educated in Germany, a colleague of Beethoven's
in the Bonn orchestra, self-taught as a composer, settled, after a stay of
some years at Hamburg, Paris, and Vienna, in the French capital. His
reputation as a theorist and teacher of composition was very high and un-
disputed. The same cannot be said of him as a composer. Although he had
a strong creative impulse, and was lacking neither in diligence nor ambition,
he did not attain Onslow's popularity and the unreserved approval which
the critics bestowed on that master. Inequality, disproportionateness , and
straining after originality were reproaches often levelled at him. Even the
severest critics however treated him with the greatest respect. Although,
like Onslow, he wrote operas and symphonies, he was, also like Onslow,
most successful in chamber music. According to universal opinion, he was
most successful of all in his Quintets for flute, oboe, clarinet, horn, and
bassoon, of which he wrote no less than four times six, op. 88, 91, 99,
and 100.
Among later wind-instrument chamber music we find a Nonet by
J. Rheinberger, Octets by Franz Lachner, C. Reinecke, and Th. Gouvy,
Septets by Vincent d'ludy and G. Piern6, a Sextet and a Quintet by
Ch. Lefebvre &c. If Richard StrauC's Suite for thirteen wind instruments
can be classed as chamber music, it certainly ought to be mantioned here.
A scanning of the above enumerations will show that there was a lull
in the production of wind-instrument chamber music in the post-Beethoven
age and revival in recent times : and, further, that France takes a much larger
share in the production of wind-instrument chamber music than in any other
kind of chamber music. These facts may make us reflect as to the appli-
cation of the law of demand and supply to this phenomenon.
Edinburgh. Fr. Niecks.
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Eduard JEteuft, Der Bayreuther >Tannhauser«. 447
Der Bayreuther ^Tannhauser".
Die Annahme ist richtig, daB ein Work von bleibender Bedeutung erst
im Laufe der Zeiten in vollem TJmfange erkannt wird, daB es daher auch
ganz gleichgultig ist, ob es bei seinem Erscheinen ehrfurchtsvoll begruBt oder
miBmutig zurlickgedrangt worden ist. Ebenso richtig ist aber auch die
AuBerung, daB, wenn ein Werk, besonders ein dramatisches, nun in irgend-
einer Form die weitesten Kreise fur sich gewonnen hat, es aufierordentlich
schwer fallt, diese Form als eine falsche zu bezeichnen und es dagegen in
seiner richtigen, die vielleicht von jener grundverschieden ist, hinzustellen.
Die Beharrlichkeit — eine Eigenschaffc, die fur viele Dinge durchaus not-
wendig ist — richtet grofien Schaden an, wenn sie das vorhandene Alte
gegen das herankommende Neue schutzen soil.
Zu diesen Ansichten fuhrt die Q-eschichte des »Tannhauser«, den alle
Welt zu kennen und zu schatzen glaubt und doch — nicht kennt, wie er
gekannt und nicht schatzt, wie er geschatzt sein will. Als sein Schopfer
zu wiederholten Malen in die lautesten KLagen iiber die Art ausbrach, auf
welche dieses Werk aufgefiihrt wurde, und wie er immer wieder seinen Ruf
nach einem eigenen Theater erschallen lieB, in dem er auf seine Art seine
Werke, darunter selbstverstandlich auch den »Tannhauser«, aufflihren lassen
konnte, begegnete er mit diesem merkwiirdigen Verlangen nur Kopfschutteln
und Achselzucken. Es war unmoglich zu verstehen, was er wollte; denn das
MiBverstandnis lag zu tief in dem Wesen der Sache selbst begrundet. Was
Wagner im »Tannhauser« geschaffen hatte, war keine Oper im gebrauchlichen
Sinne des Wortes mehr, wenn er ihm auch den Namen »Oper« noch mit auf
den Weg gegeben hatte. Wie die Verhaltnisse lagen und groBtenteils noch
liegen, geriet der »Tannhauser« in die GeBellschaft der Opern und wurde,
da er in seiner wahren Gestalt darin nur ein verlorenes Spiel hatte beginnen
konnen, auch als Oper betrachtet und dementsprechend umgeformt. In welcher
Weise dies geschah, wird sich, ohne daB es besonders auseinandergesetzt wird,
leicht aus dem folgenden ergeben, worin gezeigt werden soil, wie er spater
errettet wurde.
Als in Bayreuth damit begonnen wurde, die Absichten des Meisters in
bezug auf eine richtige und mustergiiltige Auffuhrung aller seiner Werke zu
verwirklichen, verschwanden die Zweifel an der Moglichkeit, diese Aufgabe
erfolgreich zu losen, sehr bald, indem der » Tristan « und bald darauf die
»Meistersinger< in einer Weise zur Darstellung gelangten, daB nicht nur die
groBten Erwartungen erfullt, sondern auch alle bisherigen Versuche, die ge-
botenen Schwierigkeiten zu uberwinden, in den Schatten gestellt wurden,
Dabei muB jedoch beriicksichtigt werden, daB beide Werke damals noch nicht
in die Herzen einer groBeren Allgemeinheit gedrungen waren. Nun kam der
»Tannhauser« an die Reihe und erregte in dem Bayreuther Gewande den
heftigsten Widerspruch. Es wurde als ganz unerhort angesehen, daB ein
guter alter Bekannter mit einem Male als eine vollig fremde Person einhergehen
sollte. Beeonders erregten die beiden Figuren des >Tannhauser« und der
» Elisabeth «, wie sie jetzt in die Erscheinung traten, den groBten AnstoB.
Man erkannte nicht, daB gerade an diesen beiden die schwersten Sun den be-
gangen worden waren. >Tannhauser« war bisher nicht der strebende Held
gewesen, der in der TJberwindung der Sinnenlust nur durch das Liebesopfer
*«.».*▼. Digitizl
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44$ Eduard Reuft, Der Bayreuther >Taimhaaser«.
des Weibes zur Errettung gelangen kann, sondern war immer nor als eine
Personlichkeit erschienen, die um ihrer selbst und etwaiger glanzender Mittel
wegen den Beifall der Menge zu eTfingen suchte — und > Elisabeth c trat
als Heldin in moglichst prunkvollen Gewandern in die Halle ein, am durch
die Entfaltung kraftiger Stimmittel die Aufmerksamkeit auf sick zn lenken
und darch starkes und lange dauerndes Handeklatschen den Fortgang der
Handlung empfindlich zu storen.
Die zahlreichen Vorwiirfe, die gegen den Bayreuther »Tannhauser« ge-
schleudert worden sind, mogen der Vergessenheit anheimgefallen bleiben. Sie
konnten, so scharf und zugespitzt sie auch gewesen sein mo oh ten, doch nichts
erreichen und auch nicht eine Linie in dem geechaffenen Gemalde zerstoren.
Bayreuth hatte sich durch den erhobenen Larm nicht irre machen lassen and
— das Publikum auch nicht; denn dieses kehrte im folgenden Jahre, 1892,
ebenso zahlreich wieder zuriick, wie es das erstemal gekommen war. Man
schritt ruhig auf der betretenen Bahn weiter und ist nun in diesem Jahre
zu einem iiberaus glticklichen Resultate gelangt.
Der TJnterschied zwischen der Bayreuther AuffUhrung des >Tannhauser«
und den Auffiihrungen des Werkes an alien anderen Theatern liegt nicht
darin allein, daB er nach der »vom Komponisten vervollstandigten Partitur«,
sondern besonders darin, daB er als » Handlung « dargeboten wird, wie der
Schopfer eben in dieser neuen Partitur, um alle Zweifel zn beseitigen, sein
Werk genannt hat. In einer Oper geht vieles nebeneinander her, ohne sich
zu kennen oder zueinander zu gehoren; in einer Handlung greift alles in-
einander, das eine muB sich folgerichtig aus dem anderen ergeben, aus ihr
muB alles herauswachsen, mag es auf der Blihne in die Erscheinung treten
oder — im Orchester erklingen. Nur so kann ein harmonisches Gebilde
entstehen, in dem und an dem ein jeder Wunsch seine Befriedigung findet
Ein solches Gebilde ist der »TannhauBer«, besonders in seiner Vervollstan-
digung, die nicht, wie friiher angenommen wurde, mit Bucksicht auf ortliche,
noch dazu auslandische Verhaltnisse unternommen worden ist, sondern die
durch die ursprungliche und beschrftnktere Fassung notwendig geworden war.
Es hatte der groBe Hintergrund gefehlt, >auf welchem sich die nachfolgende
Tragodie erschiitternd aufbauen soll«. So ist die neue Venusbergszene ent-
standen, die nichts mit dem zu tun hat, was sonst Ballett genannt wird, in
der vielmehr das Sehnen nach einer von Liebe erfiillten Sinnlichkeit zum
Ausdruck gelangt. Daher haben die Grazien die Ainoretten zu ermuntern,
die in den Rasenden die Liebe erwecken, wodurch diese Wesen menschlich
fUhlen lernen. Auf diese Veredelung deuten dann auch die Bilder hin, die
vor den Augen der Liebesgottin vortiberziehen, und in denen der Gott selbst
•sich seiner Wiirde ent'auBert, um in veranderter Gestalt die Liebe eines
Menschenherzens zu erringen.
Der »Tannhauser«, wie er* jetzt vor einem Teile des deutschen Volkes
aufgefiihrt wird, ist das Werk des Erben von Bayreuth, das Werk Sieg-
fried Wagner's. Er hat die ganze szenische und musikalische Leitung
in seiner Hand vereinigt, wodurch eine einheitliche Auf fanning zusiande
gekommen ist, wie das Werk sie wohl noch niemals erlebt hat und auch
anderswo nicht wird erleben konnen. Was er geleistet hat, liegt so ganz
abseils von alien im Theaterwesen gToBgezogenen Gewohnheiten, daB es einzig
und allein fur sich dasteht. Alle IJberlieferungen, an die sich so viele Ka-
pellmeister und Regisseure 'angstlich anklammern, hat er iiber den Haufen
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Stephen S. Stratton, Coincidence or Design? 449
geworfen, um nur der einen Uberlieferung, die sein Vater — in dem Werke
selbflt niedergelegt hat. Gerade der »Tannhaaser< mit seinen reichen For-
derungen in dramatischer und szenischer, sowie in musikaliseher Hinsicht
bot Siegfried Wagner Gelegenheit, seine unvergleichlichen Talente nach alien
Richtnngen hin zu entfalten. DaB er alles erreicht hat, was er wollte, dazu
verhalf ihm besonders noch die eine Eigenschaft, in alien Mitwirkenden den
Enthuaiaamus am Werke selbst, an den ihnen dadurch gestellten Aufgaben
and an der Erfnllung seiner besonderen Wiinsche zur Erreichnng des ge-
steckten Zieles zu entflammen. Da die Mitwirkenden zur G-eniige aus den
Tageazeitungen bekannt geworden sind, so kann hier eine Aufzahlung fuglich
unterbleiben. Eduard Beufl.
Coincidence or Design?
In Kircher's "Musurgia? , Volume I, is an account of the music of the
Hebrews, old and modern (the latter, of course, from the author's period).
He gives examples of the musical "accents", or intonations as they were
sung in the Synagogues of the German and Italian Jews. The music is
given on the alto stave, and written from right to left, in the old lozenge-
shaped notes. Burney (History of Music, I, p. 252) reproduces these accents,
but writes them with the G clef, and modern notation. He rather sneeringly
says: "In the manner Kireher pretended they were sung", &c. The term
^accents" is more fully explained in the "Jewish Encyclopedia'", but it is
beyond my purpose to enter upon the subject of Hebrew music. For the
sake of convenience I copy one example, to which I wish to draw attention,
in the manner commonly employed:
I
IZg— ~-r=_!L_&.
-& *> GiZ
Leaving out of consideration the use of the motive in the Vorspiel, I
proceed to the third act of "Die Meistersinger", fifth scene, where Ko timer
comes to the front with the banner bearing the portrait of King David with
bis harp :
EESE}-TfE^}^-^j^j
etc.
Did Wagner, making use of a Jewish emblem, intentionally employ a
Jewish chant? Or was it a mere coincidence? In all the commentaries on
"Die Meistersinger" that I have read, I have found no reference to tiois
coincidence1). Wagner himself, in his "Ucber das Dirigiren", describes the
1) Das adtierte Motiv hat Wagner, wie Albert Heintz in seiner musikalischen
ErlSuterung der Meistersinger tCharlottenburg 1888. 2. Aufl.) uberzeugend nachweist,
einem der »gekronten Meistertone« aus Wagenseil's Buche *von der Meistersinger
holdseliger Kunst '1697)* nachgebildet ; es heiBt dort noch 'ahnlicher:
TT 1
i
1
JL-h
^
j*
&
Im^ rJ
i
\\) HJ &
1 '
5/
Anmerkung der Redaktion.
33* >»G00gl€
450 Hugo Leichtentritt, Trienter Codices II.
usual procedure in dealing with the Prelude to the "Meistersinger". He quotes
the various themes, and mentions that given above as a "Fanfare in massive
crotchets" (see Wagner's Prose works, translated by Wm. Ashton Ellis, Vol. IV,
p. 356), but makes no allusion to borrowing from any source. "Wagner was
an omnivorous reader, and doubtless was acquainted with Kircher's "Musur-
gia"; but whether he knowingly took this motive from thence, or whether
it happened to be a mere coincidence must now he left to conjecture. In
any case the resemblance is so striking that it deserves attention. Of course
the first four notes form a figure common enough; it is the continuation
that emphasises the resemblance. The key being the same is another curious
detail. Perhaps some reader of the Zeitschrift can throw light upon the
subject.
There is another question I should like to ask. Mozart wrote two Quar-
tets for flute, violin, viola, and violoncello. The second, in A major, ends
with a Rondo, of which this is the subject:
Jahn states that the MS. is in the Imperial Library, Vienna, with a
notice appended by a strange hand to the effect that the piece was com-
posed at Paris in 1778. Paisiello wrote an opera uGli Schiavi per amore",
supposed to date from about 1780, when the composer was in Russia. A song
from that opera, "Chi mi mostra chi m'addita", was published many years
ago by Longman and Broderip, which is, with trifling exceptions, a repro-
duction of Mozart's Rondo. Who was the composer ? Paisiello was in Vienna
in 1784, on his way back to Italy, and he and Mozart became very friendly.
Michael Kelly was also in the Austrian capital, and Signora Storace as well.
That lady was advertised on the title-page as singing uChi mi mostra" in. the
opera. Kelly, in his "Reminiscences" (Vol. I, p. 238) speaks of the cordial
relations between Mozart and Paisiello. Paisiello heard several of Mozart's
compositions, and was at a Quartet party when Mozart played the viola.
Might the flute quartet (with violin substituted) have been performed that
evening ? Was Paisiello acquainted with it ? Or was the whole thing merely
a publisher's invention? Such strange things have happened.
Birmingham. Stephen S. Stratton.
Trienter Codices II.
Geistliche und weltliche Kompositionen des XV. Jahrhunderts. Bearbeitet
von Guido Adler und Oswald Koller.
Denkmaler der Tonkunst in Osterreich. XL Jahrgang. Erster Teil. Wien 1904.
Artaria u. Co.
Der vor einigen Jahren erschienenen ersten Auswahl aus den Trienter
Codices reiht sich der vorliegende Band an. Bekanntlich sind die Trienter
Codices dadurch von besonderer Wichtigkeit, dafi sie eine groBe Anzahl
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Hugo Leichtentritt, Trienter Codices II. 451
Kompositionen (mehr als 1500) enthalten, die aus einer Zeit stammen, iiber
die bis vor kurzem die Quellen recht sparlich flossen, namlich das 15. Jahr-
hundert. Die erste niederlandische Schule, die Zeitgenossen aus Frankreich
und England, werden uns hier in ihren Kompositionen vorgefiihrt, Und haupt-
sachlich fur die Kenntnis des Meisters Dufay wird wertvolles Material ge-
liefert. Bis vor wenigen Jahren waren nur sehr wenige Werke von Dufay
zuganglich, indem man mit etlichen wenigen Stiicken aus Kiesewetter und
Ambros vorlieb n eh men mufite. Dennoch weiB man, dafi sich eine betracht-
liche Anzahl von Dufay' s Werken in verschiedenen Archiven erhalten hat.
Und gerade Dufay ist wichtig, denn auf ihm fuBt die ganze spatere nieder-
landische Tonkunst; er ist gleichsam ihr Urahne, vielleicht der erste, der iiber
die unbeholfenen Anf ange hinauskam und als bedeutender Kiinstler kennens-
wert ist. Was Dufay den unmittelbaren Nachfolgern gait, ist dem Text einer
Komposition des Loyset Compere zu entnehmen (im ersten Bande der Trienter
Codices), wo Compere im zweiten Teil eines > Omnium bonorum plena Virgo*
singen lafit: »Funde preces ad Fidelium pro salute canentium. Et primo
pro Guilelmo Dufay, pro quo me, mater, exaudi, luna totius musicae atque
cantorum lumine*. Die erste Auswahl aus den Trienter Codices hatte eine
Messe, zwolf Hymnen, zwei Magnifikat, ein Salve Hegina und etliche Chan-
sons gebracht, der vorliegende Band zeigt ihn hauptsachlich als Chanson-
komponisten (mit zehn Stiicken). Damit sind die in den Trienter Codices
enthaltenen Chansons von Dufay erschopft, doch bleiben (nach Ausweis
des thematischen Katalogs) noch eine erhebliche Anzahl seiner geistlichen
Kompositionen fUr spatere Herausgabe vorbehalten. Die zehn Chansons bilden
einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der niederlandischen Chanson, die
wir jetzt schon, wenigstens in grofien Ziigen, verfolgen konnen, von Dufay
und Binchois an, zu Ockeghem, Ghiselin, Josquin, Clemens non Papa und
Orlandus Lassus. In Maldeghem's Tresor, bei Commer, in Ambros 5. Band
fin den sich die Belege am bequemsten zuganglich. Dufay's Chansons sind
noch einfach in der Textur. Der dreistimmige Satz gestattet noch nicht den
Gebrauch der intrikaten kontrapunktischen Kunstfertigkeit, die spater der
niederlandischen Chanson ihr Geprfige gab. Zudem war die Kunstfertigkeit
in Dufay's Zeit wohl kaum schon weit genug vorgeschritten, um sich sehr
schwierige Aufgaben der Satztechnik zu stellen. Aber was Dufay bietet, ist,
wenn auch eng umgrenzt, doch durchaus meisterlich. Von Nachahmungen
wird schon wirksamer Gebrauch gemacht; die einzelnen Stimmen sind melo-
disch sehr schon gefUhrt, der Zusammenklang ist mild und rein, durch eine
Anzahl von durchgehenden und "Wechselnoten werden die wenigen Grund-
harmonien geniigend variiert. Von Barbarei und Bohheit im Satz ist keine
Spur mehr vorhanden. Uber der Dufay'schen Chansons schwebt immer ein
Ton der Wehmut, auch wenn der Text durchaus heiteren Inhalts ist. Nur
hier, in der mangelnden Biicksicht auf den Text zeigt sich eine Schwache,
die iibrigens Dufay mit alien Zeitgenossen und Nachfolgern bis auf Josquin
teilte. "Wo aber bei Dufay der Text dem elegischen Ton der Musik an-
gepaBt ist, da entsteht oft ein kleines Kunstwerk von ganz merkwiirdiger
Farbung, wie z. B. das Lied: > Adieu quitte le demeurant«. Dieser elegische
Klang bleibt der niederlandischen Chanson noch lange Zeit eigen; wer Mal-
deghem's Tresor aufmerksam durchgesehen hat, kennt ihn wohl. Man ver-
gleiche z. B. aus Maldeghem die zarte Chanson des Pipelare: »Quand vers
le soir, aupres de la fontainec Leider fehlen bei den Dufay'schen Chansons
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452 Hugo Leichtentritt, Trienter OodiceB II.
wie auch bei vielen anderen Komponisten die Texte. Man mufi froh sein7
wenn nur die Anfangsworte des Textes angegeben sind. Es ware
wiinschenswert, wenn sich Romanisten und Anglizisten die Aufgabe steUten,
den yerbreitetsten Liedertexten das 15. und 16. Jahrhunderts nachzuspuren.
Dieselben Liedanfange wiederholen sich immer wahrend ; es ware uns ein fur
allemal viel geholfen, wenn wir auch nur funfzig bis hundert Liedertexte
dieser Epoche kennen wiirden. Eine Anzahl anderer Chansons-Komponisten
tritt uns in diesem Bande entgegen. Einige sind dem Namen nach gut be-
kannt, wie Binchois, Busnois, Caron, and ere Namen klingen ganz unbekannt7
wie Bourgois, Legrant, Libert, Merques, Pyllois, Vide. Wohl die Halfte
der Stiicke dieses Bandes sind anonym. Uberblickt man die Chansons der
genannten Meister und die Anonyma, so mogen sie bei oberflachlicher Unter-
suchung der Dufay'schen Chanson im Stil sehr nahe verwandt erscheinen.
Doch besteht ein wichtiger Unterschied : Yon alien erscheint Dufay's Chanson
als die am wenigsten liedm&fiige. Der niederlandische Eifer, die Einzel-
stimmen zu betonen, sie aufs sorgfaltigste auszuzieren und auszufeilen, tritt
bei ihm. den anderen gegeniiber, schon stark hervor, obwohl auch er, wie
schon erwahnt, hierin schliefilich doch nur Anfange bietet. Die anderen
Meister schreiben mehr homophon, lassen zwei Stimmen sehr oft in gleichen
Bhythmen miteinander gehen, fugen weniger Ziernoten ein, betonen die
periodiache Gestaltung der Liedmelodie mehr, mit einem Wort, sie sind
mehr volkstumlich, weniger kunstreich. Man mochte beinahe in Yersuchung
geraten, in ihren Stticken die friihe Gestalt der franzbsischen Chanson zn
sehen, die sich von der niederlandischen sehr deutlich scheidet. Leider we'ifi
man von dem Leben dieser kleinen Meister fast gar nichts, so dafi irgend-
welche bestimmten Theorien kaum aufzustellen sind. Der Zusammenhang mit
dem geistlichen Yolkslied ist in vielen dieser weltlichen Lieder noch deutlich
zu erkennen. Manche haben eine durchaus choralmaQige Haltung, vorwiegend
Note gegen Note in gleichmafiigem Flufi, wie z. B. das anonyme Lied:
>Ay my lasse« (S. 96), >Se medisans« (8. 111). Im anderen finden wir eine
merkwiirdige Praxis der Zeit: ein dreistimmiger Satz ist mit ein, zwei oder
mehreren Stimmen versehen, die ad libitum an Stelle der einen oder anderen
ursprunglichen Stimme gesungen werden konnen, so daft mehrere verschiedene
Fassungen moglich sind. Andere Lieder wieder zeigen durch die TJberschrift
deutlich, dafi ein geistliches Lied in ihnen zu einer weltlichen Weise um-
geformt ist oder das umgekehrte. Gerade unter diesen finden sich einige der
schSnsten Stiicke des ganzen Bandes. So sei z. B. besonders genannt »Puisque
fortune* des Pyllois, zu dem ein geistlicher Text: >Respice unigenita* hinzu-
gefiigt ist. Man wird staunen iiber die edle Schonheit des Cantus, den vollen
Klang trotz der Dreistimmigkeit. An Stticken dieser Art lernt man verstehen, wie
ein Pierre de la Hue z. B. sein herrliches »0 salutaris hostiac schon gegen
1500 hat singen konnen. Was sonst in diesem Bande noch von Pyllois
mitgeteilt ist, macht den Wunsch rege, uber diesen Meister besondere Nach-
forschungen anzustellen. Gleichfalls durch schonen Superius ausgezeichnet
ist die anonyme Komposition: »Parle qui parler voudre* (»Nesciens virgo*),
obschon der Satz stellenweise unrein ist und Harten aufweist. Aber Stiicke
dieser Art zeigen schon erhebliche Fertigkeit in der Kunst iiber einem Cantus
firmus des Tenor im Superius eine schone Gegenmelodie (im eigentlichen Sinne
des Wortes zu setzen. Auch Tanzrhythmen finden sich. C. de Merques
>Yous soyez* klingt wie eine Sarabande, es ist zweifellos echt franzosisch,
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Hugo Leichtentr#t> Trienter Codices IL 453
vie auch das ahnliohe > Maria me voy« von Libert. Nachst Dufay diirfen
wir tiber Binohois von den Trienter Codices am meisten Aufklarung erwarten.
Der thematische Katalog entbalt eine betrSchtliche Zahl seiner Kompoeitionen.
Im vorliegenden Band ist von ibm nur eine Chanson enthalten: >Je me
recommande humblement«. Den meisten Kaum nebmen drei Messen eines oder
mebrerer unbekannter Komponisten ein, alle drei uber den Tenor: »0 rosa
bella*. Im ersten Band der Codices ist das italieniscbe Lied »0 rosa bella«
scbon in vier Bearbeitungen verscbiedener Komponisten mitgeteilt worden.
Die beiden ersten Messen sind dreistimmig, enthalten jedocb einige Duos.
Aus den Messen spaterer Zeit wissen wir, daB es traditioneller Brauch war,
in einigen Satzen die Stimmenzahl einzuschranken, so ganz besonders im In-
carnatus und Crucifixus, wohl um beim Resurrexit eine Kontrastwirkung voll-
stimmigen Chorklangs erreichen zu konnen. Schon bei diesen friihen Messen
ist dieser Brauch ublich. Sie sind iibrigens durchaus sicher und geschickt
im Satz und sehen aus, als ob sie einer schon ziemlich langen Praxis und
Tradition entsprungen war en. Man beachte z. B., wie regelmaBig am SchluB
eines jeden Satzes eine wirksame Steigerung erreicht ist, sei es durch ge-
schicktes Einfuhren des hochsten Tones, oder durch Fiorituren und groBere
"WSlbung des melodischen Bogens — alles Zeichen, die auf eine lange Praxis
deuten, und nichts Anf&ngerhaftes, Tappendes mehr haben. Von beson-
derer Klarheit und schoner Form ist die zweite Messe. Die Behandlung der
zugrunde liegenden Melodie ist in beiden Messen verschieden. In der ersten
ist die Melodie >0 rosa bella* sehr deutlich in alien Satzen im Tenor gebracht,
melodisch fast gleichlautend, nur mit rhythmischen Varianten. In der zweite u
ist von einem, wenn auch variiert in alien Satzen wiederkehrenden Tenor
nichts zu merken. Daflir kehrt aber die Oberstimme in den meisten Satzen
wieder, in ahnlicher "Weise wie sonst der Tenor. Das Verh<nis ist hier
also gerade umgekehrt. Am verwickeltsten gesetzt ist die dritte, vierstimmige
Messe liber »0 Rosa bella<. Schon auf den ersten Blick fdllt die groBe
Verschiedenheit des Notenbildes auf. Die Zahl der kleinen Notenwerte, der
Ziernoten ist viel groBer. Zwei verschiedene Fassungen der Messe sind ab-
gedruckt, die eine nach dem Trienter Codex, die andere nach einer Vorlage
aus Modena. Beide weichen in vielen Einzelheiten voneinander ab, obschon der
Kern in beiden genau der gleiche ist. Wie soil man die ganz verschiedenen
Fassungen der gleichen Komposition erklaren? Spielt vielleicht hier die
Praxis des Kolorierens und Diminuierens hinein ? Man weiB, daB die Sanger
oft beim Vortrage nach eigenem Ghitdiinken die Noten einer Komposition
auszierten. Es ist vielleicht moglich, daB hier zwei verschiedene Auszierungen
einer ursprttnglich einfacheren Komposition vorliegen. Sollte diese Annahme
richtig sein, dann diirften diese Fassungen fur das Studium der Verzierungs-
praxis von besonderem Interesse sein. Die Trienter Fassung ist noch reicher
verziert als die andere. Man wird vielleicht auch annehmen konnen, daB es
eine besonders beruhmte und bekannte Komposition war, die an ganz ver-
schiedenen Orten so sorgsam ausgeziert wurde. Sie ist im Satz durchaus
interessant, und als Komposition uber den Durchschnitt hinaus wertvoll. Der
Tenor »0 rosa bella« liegt in alien Satzen deutlich erkennbar zugrunde.
Die vorstehenden Andeutungen mogen gentigen, um einen Begriff von
der Reichhaltigkeit der Trienter Codices und von der musikgeschichtlichen
Wichtigkeit dieser Publikation zu geben. Der Forschung bleibt es iiberlassen,
aus dem reichen Material, das zum Teil schon vorliegt, zum Teil in Aussicht
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454 Musikberichte.
gestellt ist, die Konsequenzen zu Ziehen. Es wird sicherlich ein bedeutender
Zuwachs an Kenntnis der Entwicklung im 15. Jahrhundert die Folge sein.
Mogen bald neue Bande die Schatze der Trienter Codices den Ejreisen
strebender Forscher erschlieBen.
Berlin. Hugo Leichtentritt.
Musikberichte.
Bern. Von meinen Berichten ist einer in den Wirren des Uberganges unserer
Gesellschaft in neue Yerhaltnisse verloren gegangen. Ich beschranke mich heute auf
eine kurze Nachlese iiber die Nova der diesjahrigen Konzertsaison. An groBeren Gaben
alteren Stiles, selbst von Beethoven, haben wir in den offiziellen Konzerten nichts mehr
zu horen bekommen; zu erwahnen waren nur zwei kleine, einfache Sonaten von Handel
fiir Oboe und Klavier, die in ihrer Isolierung wenig Wirkung hatten. Zum ersten
Male trat in unseren Konzertprogrammen mit einem seiner charakteristischsten Orchester-
werke Richard StrauB auf, von dem wir bisher nur das seiner alteren Periode an-
gehorende Yiolinkonzert op. 8 und bin und wieder ein Lied gehort hatten. Diesmal
war es sein Don Juan op. 20, in dem wir die Eigenart dieses bekanntesten Meisters
unserer Tage kennen lernen konnten. Die Wiederholung des Werkes in einem spateren
Konzert wurde sehr begriifit. Hans Pfitzner fand Eingang mit dem Yorspiel des
IH. Aktes zum »Fest auf Solhaug* ; ein starker Anklang an die Hauptmelodie der
Rheintochter in der Gotterd'ammerung fiel darin auf. Yon Anton Bruckner ist
noch kein sinfonisches Werk bis zu uns gedrungen; wir horten aber sein glanzvolles,
doch etwas derb geschnitztes Te Deum. Sme tana's Streichquartett inE-moll: >Aus
meinem Lebenc brachten uns die Bohmen, eine durch Frische und Unmittelbarkeit
ausgezeichnete Komposition, ruhrend als ein Reflex der Schicksale des Meisters. Nicht
zu billigen ist es, dafi das Bohmische Streichquartett bei seinen drei Programmnummern
zwei Anderungen vornahm, ohne dies ordentlich vorher anzukiindigen. Wenn man
"Werke, wie die letzten Quartette Beethoven's oder auch >nur€ einen Haydn bringen
will, so darf man nicht gerade denen Enttauschungen bereiten, die den in Aussicht
gestellten KunstgenuC am meisten zu wiirdigen wissen und sich entsprechend darauf
vorbereitet haben. Schumann's Faustszenen kamen in Fruhjahrskonzerten groOeren
Stiles in den weiten Hallen unseres herrlichen Munsters zur Yorfuhrung.
A. Thiirlings.
Dresden. Die Glocken, die zum Ausgang des Winterfeldzuges l'auteten, klangen
nicht harmonisch — es mischte sich ein dissonierender Ton hinein. Der Zudrang zu
den iiblichen zwolf Sinfoniekonzerten, die zur Halfte von der Koniglichen Kapelle,
zur Halfte von der Koniglichen Generaldirektion veranstaltet werden, ist ganz
auBerordentlich, so daC stets viele Leute keine Pl'atze mehr bekommen konnen. Dies
ist auch der Fall bei den Konzerten der ersteren Halfte, in denen keine Solisten mit-
wirken. Nun hatte die Generaldirektion den ruhmenswerten EntschluB gefaBt, volks-
tiimliche Sinfoniekonzerte zu veranstalten, in denen die Hauptwerke jener sechs
solistenfreien Abende einem grofieren Publikum zu billigen Preisen geboten werden
sollten. Es waren zunachst vier solcher volkstiimlichen Konzerte in Aussicht genommen,
von denen das erste anfangs Mai stattgefunden hat. Trotz des schwachen Besnches
glaubten verschiedeDe Vertreter der Presse doch dieser Einrichtung eine glanzende
Zukunft in Aussicht stellen zu konnen. Im »Dresdener Anzeiger« hieB es sogar, daC
en >nach diesem Debiit nicht mehr zweifelhaft ist, daB die volkstiimlichen Sinfonie-
konzerte eine st'andige, allgemein beachtete und beliebte Einrichtung werden. € Doch
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Musikberichte. 455
die Enttauschung lieB nicht lange auf sich warten. Nach dem dritten Konzerte sah
rich die Generaldirektion veranlaBt, diese neue Einrichtung fur die Zukonft aufzugeben,
>da der Besuch der bisher veranstalteten drei Konzerte diesen Erwartungen (mit dieser
Veranstaltung einem in weiten Kreisen bestehenden Bedurfnis entgegenzukommen)
keineswegs entsprochen hat, and selbst die Pl'atze zu ganz billigen Preisen zum Teil
nnbenutzt geblieben sind.« Dieser Riickzug war fiir die Generaldirektion durchaus
ehrenvoU. Das Dresdener Publikum hat sich jedoch wenig kunstliebend gezeigt. Diese
letxtere Eigenschaft besitzt hier nur die groBe auslandische Gesellschaft, in deren
Gefolge die guten Dresdener dann gelegentlich die ganz besonderen »Ereignissec mit-
machen. Wenn sie einmal allein ihren Kunstsinn zeigen sollen, dann — zeigen sie
nor, daB sie keinen grofien besitzen. Eduard ReuB.
Gotha. Die Residenzstadt Gotha nahm fruher durch hervorragende Leistungen vor
allein seiner Oper einen besonderen Platz in der Musikwelt ein. Der verewigte
Herzog Ernst II., der ja auch mit eigenen Tonschopfungen hervorgetreten ist, hielt auf
einen Stamm guter Kunstler und liefi sich die Buhne etwas kosten. Seine letzte Tat,
die ihm unvergessen bleiben soil, war die Veranstaltung der Auffuhrung deutscher
einaktiger Opern gerade damals, als die Machwerke der Jungitaliener die deutschen
Biihnen iiberschwemmt hatten. Er hatte nicht unbedeutende Preise fur solche aus-
gesetzt. Nicht uninteressant ist — nebenbei erwahnt — , daB auch eine Oper >Helga«
von dem zukiinftigen Hofkapellmeister Alfred Lorenz in Gotha, mit einem Preise
ausgezeichnet wurde. Seitdem ist die gothaische Hofoper stetig zuruckgegangen. Die
eigenartigen politischen Verhaltnisse des Landes sind daran nicht zum wenigsten schuld.
Fehlte die Anregung von dieser maBgebenden Stelle aus, so war es nicht zu ver-
wundern, daB die sonstigen musikalischen Darbietungen uber die Linie des besseren
Iiedertafelstiles nicht herauskamen und an kunstlerischer Bedeutung mehr und mehr
einbiiBten. Verdienste urn die Hebung musikalischen Lebens und Verstandnisses
erwarben sich immerhin der Musikverein unter Leitung des verstorbenen Professor
Tietz, der indessen zu einseitig die Richtung Mendelssohn -Bach-Brahms vor allem
in der letzten Zeit seiner Tatigkeit innehielt, und dieLiedertafel unter Leitung des
Professor Rabich, der gute Mannerchore brachte und fur gute Solisten entsprechende
Mittel verwendete. Die moderneMusikrichtung kam aber fast nicht zur Sprache,
and vor allem fehlte jeglicher Versuch, die groBeren und bahnbrechenden Tonwerke
fur Orchester der neueren Meister in wiirdiger Weise zu Gehor zu bringen. (Diese
Liicke wurde iibrigens einige Winter hindurch von der MeiningerHofkapelle unter
Steinbach zum Teil ausgefiiilt.)
Erst seit dem Winter 1901/1902 hat sich das in auffallender Weise ge'andert, von
dem Zeitpunkt an n'amlich, da der obenerwahnte Kapellmeister AlfredLorenz die
musikali8che Leitung des Musikvereins ubernahm. Ein Werk der Pietat war noch
die Auffuhrung von Mendelssohn's Elias zum Gedachtnis des verstorbenen Prof.
Tietz, einem Werke, das letzterer noch teilweise vorbereitet hatte. Ein epoche-
machendes Ereignis war dann im Fruhjahr 1902 das erste Orchesterkonzert von
Lorenz, in dem er die Faustsinfonie von Liszt, die Faustouverture von
Wagner und Don Juan von Rich. StrauB auf dem Programm hatte. Im gleichen
Fruhjahr lieB er noch Faust's Verdammung von Berlioz folgen. Weiter folgten
in den Orchesterkonzerten Fruhjahr 1903 R. Wagner, Ouverture zum
Fliegenden Hollander, Bacchanale aus Tannh'auser in der Pariser Bearbeitung
und Trauermar8ch aus der Gotterdammerung, Ri ch. StrauB, Tod und Ver-
kl'arung, Liszt, Dantesinfonie und Fruhjahr 1904 Berlioz, Phantastische
Sinfonie, StrauB, Till Eulenspiegel, Liszt, Les preludes. Den Glanz- und
Hohepunkt bedeutete die Auffuhrung von Berlioz' groBer Totenmesse, deren
geniale Durchfuhrung unmittelbar die Berufung zur Hofkapellmeisterstelle zur Folge
hatte. Von echt kiinstlerischem Geist getragen war ferner die Wiedergabe von Liszt's
Heiliger Elisabeth; Handel's Messias und (am Charfreitag d. J.) Bach's
Matth'auspassion — letztere in der Originalbesetzung fiir Orchester mit OrgeL
DaB auch die Solistenkonzerte nicht zu kurz gekommen sind, beweisen die Namen
Wiillner, Pregi, bohmisches Streichquartett u. a. m.
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456 Musikberichte*
Wie bereits gesagt, ist Alfred Lorenz zum Hofkapellmeister der Herzoglichen
Hofoper ernannt worden. Von seinem Antritt erhofFt man eine wesentlicbe Hebuag
auch dieses Kunstinstitutes , und aus der VerheiBung, dafi im Fruhjahre 1905 zum
erstenMale Wagner's Nibelungen liber die Bretter der gothaischen Hofbuhne gehen
sollen, darf man wohl die beaten Hoffhungen hegen. Etwas vollstandig Neues, dabei
fur Lorenz und fur die Anerkennung, die sein bisheriges Wirken findet, sehr Be-
zeichnendes ist es; d&B er zugleich mit dem Hofkapellmeisterposten die Leitung des
Musikvereins beibehalt. Weigeh
Ktiln. Das Hauptwerk des Niederrheinischen Musikfestes, welches wie
iiblich zu Pfingsten abgehalten wurde, bildete das Oratorium »Die Apostel* von
Edward Elgar. Das "Werk fand bei dem fast interaationalen Publikum groBen
Beifull. Es ist freilich gar zu eigenartig und bescbreitet zu sehr neue Babnen, als
daB in ibm ein Repertoirestuck gefunden ware, nach welcbem nun gleich alle Cbor-
vereine die H'ande ausstreckten. Jedenfalls darf es von den bisherigen Werken Elgar's
als das reifste bezeicbnet und bei seiner entscbiedenen Bedeutung als weiterer Beachtung
wiirdig eingeschatzt werden. Die » Apostel* bilden den ersten Teil einer auf drei
Teile berechneten Oratoriumstrilogie, welche die Ausbreitung des Evangeliums zum
Gegenstande hat. Inhaltlich fallt dieser erste Teil etwa mit der Passion zusammen.
Er beginnt mit der Berufung der Apostel: »Nun war es Tag, und Jesus rief zu sich
seine Jiinger; und yon diesen w'ahlte er zwolfe, die nannte er Apostel ; daB diese sei'n
bei ibm, und er sie aussende zu predigenc, um mit der Himmelfahrt zu enden. Voran
geht ein Prolog; die Bergpredigt, mehrere Szenen am Galil'aischen Meer, der Verrat
des Judas, Golgatha und Am Grabe bilden die Zwischenszenen. Im Gegensatz aber
zu der Passion, die sich auf lange Strecken an den Text des Evangeliums anklammert,
macht Elgar von diesem nur einen sporadischen Gebrauch, nicht mehr als zum Ver-
st'andnis der Begebenheiten unumganglich notig ist, und durchflicht diese Fragmente
mit Zitaten aus dem alten Testament — die Propheten mit ihren messianischen Weis-
sagungen werden haufig herbeigezogen — und mit geistliohen Poesien. Selten nur tritt
der Evangelist als Verkiindiger des Evangelientextes in Tatigkeit, statt seiner wird
uns der Sohauplatz der Passion in seiner Buutheit und Mannigfaltigkeit vor die Sinne
gefUhrt. Man sieht, wie der epische Charakter der Passion sich etwas verschiebt zu-
gunsten einer gottesdienstlichen Handlung, eines Buhnenmysteriums ohne Biihne und
zum Konzertgebrauch. Die Berufung der Apostel beispielsweise setzt mit dem Evange-
listen ein, um einen Orcbestersatz, dann die Stimme des Engels Gabriel folgen zu
lassen , der einen von einem Orchestersatz unterbrochenen Tangeren Weckruf an die
Gl'aubigen richtet.
Die Phantasie des Komponisten greift dabei auf Vorgange der Natur uber und fiihlt
sich zur Schilderung der Morgendammerung angemutet, welche, auf ganz modernem
Tonempfinden fuBend, das Milieu Jerusalems erhalt. Elgar 1'aBt sogar die hebraische
Trompete Schofar ertonen und sorgt durch anderes instrumentales Lokalkolorit fur
die Erzeugung eines stimmungsgem'aBen Hintergrundes. Auf den Anruf der Wachter
auf dem Tempeldach folgt ein Morgenpsalm der Sanger im Tempel, auf kurzen
Zwiscbenruf des Evangelisten ein Chor iiber die Erwahlung der Apostel, und sogleich
erecheinen auch die Redefiihrer unter ihnen, Johannes, Petrus und Judas, um ihre
» Mission* zu prazisieren und vom Heilande selbst noch ein gutes Wortlein auf den
Weg zu erlangen. Auch Judas ist unter den mit Solopartien betrauten Aposteln, er
spielt sogar eine hervortretende Rolle. Elgar gehort namlich zu den Seelenrettern des
Verrater8, wie noch neuerdings Paul Heyse in » Maria von Magdala«, indem er ihm
eine politische Rolle zuschreibt. Judas, so deutet er an, habe in Jesu den Befreier
der Juden vom romischen Joch erblickt, und da dieser dazu immer unwillfahriger
wurde, ihn durch einen Gewaltstreich zwingen wollen, seine rein religiose Sendung mit
einer politischen zu vertauschen: was denn Judas freilich nicht hindert, seinen Eehlgriff
einzusehen und sich von reuiger Zerknirschung zermartern zu lassen. Eine weitere
Eigentiimlichkeit des Oratoriums bildet ferner die bedeutende Rolle, die der Magdalena
erteilt wird, und die so wichtig bedacht ist, daB die Partie eine sehr dankbare Aufgabe
fur Altistinnen, freilich fur die rechten Kontraaltistinnen H'anderscher Uberlieferung
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Musikberiehte. 457
ist. Erstaunlich ist, um zur rein-muaikalischen Wertabmessuag des Werkes uberzugehen.
die Geschicklichkeit, mit welcher Elgar in jedem Aogenbliok die V ielheiten , die er
vor uns aufspazieren laBt, miteinander zu verkniipfen weiB : es ist etwa, als ob wir im
Kolner Dom oder im StraBburger Munster das Nacheinander des Kleriker-, des Ge-
meindegesangs, des zelebrierenden Geistlichen, des Kirchenehors unter freier Hinzu-
fugung von Solkten erlebten. Neben dieser Massenbeherrschung ist er doch auch der
intimsten Seelenschilderungen fahig, was sich in den Reden des Heilands, der Maria
Magdalena, des Judas zeigt. Man mochte sogar in Zweifel sein, ob nicbt in Elgar der
Seelenscbilderer noch den Yorzug verdient vor dem musikaliscben Strategen. Denn
Elgar's Kunst ist eine sebr personliche, eine, die ihre eignen Wege bahnt, eine im
besten Sinn autodidaktiscbe, die, bis auf die zartesten Feinbeiten der Instrument ierung,
neben kleinen Ungescnicktheiten docb stets den Reiz einer starken und anziebenden
Eigentiimlichkeit offenbart. Otero, verweilt Elgar als wascbechter Katholik, wie man
ihn scbon im Traum des Gerontius erkannte, in den Nebeltalern des katholiscben
Mystizismus, und hier ist es auch, wo sich die Wege seiner Horer am strengsten schieden.
wo die einen strengglaubig werden wollten und die anderen behaupteten, es sei zum
Katholischwerden. Wenn man aber im Begriffe war, ich meine natiirlich im schera-
haften Sinne, letzteres zu werden, dann sorgte Elgar durch einen Dekorationswechsel,
einen neuen Szenenreiz, einen Chorruf hinter der Biihne, einen Engelsgesang oder
dergleicben, daB man die GenuBfreude an seinem Werk nicht verlor. — Urneuheiten
hat es sonst auf dem Feete und wahrend des ganzen Winters bei uns wenig gegeben.
Wohl aber wurden viele schon anderwarts erprobte Neuheiten auch des Eintrittes in
den Gurzenichsaal fur wiirdig erachtet. Dahin sind zu zablen: Richard Strauft' Chor-
ballade Taillefer. Man sieht hier den Fuhrer der modernen Bewegung in der Ton-
kunst wieder in die Bahnen der Melodienfreude, des behaglichen Humors, im besten
Sinne des Philistertums einlenken, die er dann neulich mit so ungeteiltem Erfolge in
Frankfurt in seiner Sinfonia Domestica noch mehr geebnet und angebaut hat. In den
Gurzenichkonzerten vorher bildete Mahler's dritte Sinfonie eine mit dem Kompo-
nisten gleich nach dem Krefelder Erfolg dieses Werkes kontrahierte Ehrenschuld, die nun
endlich abgetragen wurde. Wenn die Ansichten uber die innere Harmonie zwischen
Form und Inhalt auch auseinander gingen, so konnte sich doch niemand vor der Bewun-
derung mindestens des formalen Teiles verschlieCen. Das nam lie he Thema, wie es stets
bereichert, stets in neuer reizvoller Umkleidung und Wiedergeburt im ersten Satze wieder-
kehrt, diese Aufbietung eines ungeheuren Orchesterapparates, der von jedem Bias-
instrument ein ganzes Korps aufmarschieren laCt und der trotzdem uber den Mass en -
effekten auch der intimsten Instrumentalsoli nicht vergifit; diese Instrumentierkunst,
die eine unubertrefifliohe Kongruenz zwischen Absicht und Erreichung darstellt, alles
das notigte denn doch ebensoviel Anerkennung ab, wie das Sichgefallen in Landlern,
in Scherzos naivster Stimmung, wie der imponierende Eintritt der menschlichen
Stimme Uberraschten. Auch fand Mahler, der personlich sein Werk dirigierte, soviel
Anklang, daB die Konzertgesellschaft ihn gleich fur die Kreierung seiner fiinften
Sinfonie im nachsten Winter festmachte. Die russische Tonkunst war mit Glazounow's
fiinfter Sinfonie vertreten, die im Gegensatz zu der ultramodernen franzosischen Ton-
kunst sich ziemlich streng an die formalen Fesseln kehrt. Die Franzosen kamen dies-
mal gar nicht zu Worte, fliichteten sich vielmehr in ihrer Kammermusikabzweigung
in den schon fruher erwahnten Tonkiinstlerverein, der dasjenige unter seine Ob-
hut nimmt, was man im ganzen als musikalische Sezession bezeichnen kann: alle
Kunsterscheinungen also, die nicht geniigend oder noch nicht gewiirdigt worden sind.
Hier war es auch, wo der Neuesten Neuester, der Verfasser der Oper Pelleas und
Melisande de Bussy in seinen Estampes fur Klavier seine Kunst erbarten konnte, mit
einem Rest von Melodie nur durch Klangfarbe und Modulation Stimmungen zu er-
zeugen, wenig zum Ergotzen der Fachkenner, aber durchaus nicht ohne den Beifall
des Publikums. Otto Neitzel.
London. — It must be admitted that the one subject of general knowledge on
which Englishmen are the most universally and profoundly ignorant is classical mytho-
logy. Imposingly even bewilderingly overwhelming in extent though is that world of
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458 Musikberichte.
fancy, which the most gifted of all adolescent sections of the. human race lived in for
at least a thousand or two of years; representative though it is of everything which
is really most primordial in human nature ; yet at the first blush the Greeks and our-
selves seem to be almost in two different planets, and so from then to now a bridge
is needed, on which bridge the only artificers are men of genius. The Latin races,
and especially the French, have always cherished the classical sentiment, and their
poets have always kept the bridge in repair. If a tableau of Paris and Helen is put
before the French, they can imagine Paris's mother, the unhappy Hecuba, howling
through Greece as a she-wolf, in atonement for a desperate crime forced upon her.
Or they can see the realism of an oriental Paris holding an oriental court for assessing
the beauty of 3 goddesses, and not discussing the merits (far from it), but merely
ascertaining which will give him the greatest bribe. They can understand the pre-
ordaining of Helen to Paris, which is the basis of this last opera by Saint-Saens,
though there is only one line in the text to hint at it. The Englishman on the other
hand has rather been like the man of affairs, who from pre-occupation has lost, un-
happily for him, the power to unbend to the visionary imaginings of childhood. Thus
what still means humanity to the French, is to him cold. When there is added to
this, that Saint-Saens' opera regarding Paris's abduction of Helen from Sparta, is
not a modern opera with action at all, but only a succession of 5 beautiful tableaux,
it will be seen that the risk with an English audience was great. As a matter of
fact, though they had their favourite Melba, for whom indeed the piece was put on,
the enthusiasm was restrained.
Apart from this initial miscalculation, there was much to interest and delight in
Saint-Saens'1 Opera "Hel&ne" produced at Covent Garden on 20 th June 1904, and since
repeated. It was brought out last February at Monte Carlo (Melba and Alvarez), and
London was flattered to take the 2nd performance before Paris. Saint-Saens1 style
has not the illecebrae which now and then throw off a haunting tune, and certainly
it does not tend to be very vocal. But on the other hand it is a style the perfect
workmanship and conscientiousness of which give it an almost invariable nobility.
Being followed by Massenet's "Navarraise" on same night, it completely crushed that,
viewed as music. A perpetual interest in the orchestra. Lasted an hour without
dragging. The most attractive pieces were, uJe vivais, paisible, honoreV, uSur les
roses tu reposes" and the closing orchestral scene. Elizabeth Parkina, young American
(played Lakme at Opera Comique), sang admirably as Aphrodite; when not looking
at the stage, it was difficult to know whether she or Melba was singing. Kirkby Lunn
is the best contralto in England, and eclipses even most sopranos in the same piece
with her; she is completely an Englishwoman, born at Manchester, pupil of Visetti
at Royal College of Music; her part here, Pallas Athene. Daimores, tenor from La
Monnaie, was a fairly good Paris; this his first season in London. Messager con-
ducted with vigour. Splendidly staged. Saint-Saens wrote his own libretto; some
genteel doggrel, as such things should perhaps be; the cynical effrontery of Aphrodite
in Scene HI was hardly to English taste. A disquisition on the merits and demerits
of Saint-Saens was out of place in the programme ; from time immemorial, the showman
in front of the booth either praises what is within or is silent.
The second novelty at Covent Garden this season was Massenet's Opera "Salome",
put on to please Calve\ This is a version, with the words altered for the English
market, of the 1881 "Herodiade" (Brussels). A novelty to England, because though
announced for Her Majesty's Theatre in 1882, and cast for Albani the impresario's
wife, public opinion demanded its withdrawal. It is useless to throw names, as for
instance Puritanism, at such opinion. It is simply a reverence for Biblical scenes and
allusions, which Englishmen have learned at their mothers' knees, and desire to retain
if they can through life. Matthew XIV, and Mark VI, tell the plain Biblical story.
The half Arabian Herod the Great had by his Samaritan wife Malthace , a son Herod
Antipas, who became tetrarch or native ruler of Galilee. This last married his brother
Philip's wife Herodias, but John the Baptist said such was not lawful. There-
fore Herodias sent her own daughter to dance before Herod, and through the
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Musikberichte. 459
latter obtained the boon of John the Baptist's head in a charger. The 3 authors
P. Milliet, H. Gremont, and A. Zanardini, based their original libretto on this story,
but altered it especially in one effectual way, that Salome the daughter of Herodias
loved John the Baptist. The first production was at La Monnaie on 19th Dec. 1881.
Massenet was then known by his Biblical dramas "Marie Madeleine", "Eve", and
uLa Vierge", and by his oriental opera "Le Roi de Lahore". "Herodiade" revised
appeared at the Theatre des Italiens on 30th Jan. 1884, with Fides-Devries, Tremelli,
the 2 De Reszkes (Jean de R. appearing then first as a tenor) , and Maurel. With
the text again revised by P. Milliet it has now appeared at Covent Garden, with Calve",
Kirkby Lunn, Renaud, Dalmores, Plancon and. Gilibert, on 6th July 1904 and since
repeated. The scene is shifted from Galilee to "Azoum" in Ethiopia, which under
Roman suzerainty. Time, 4th century. The names are just slightly secularised. Herod
Antipas becomes Moriame, Ethiopian king. Herodias becomes Hesatoade, his mistress.
John the Baptist remains as "Jean" a reformer, and Salome remains Salome with a
strong likeness to Mary Magdalene. The revised plot is hardly worth unravelling.
Herod is tired of Herodias, and loves Salome. Salome does not respond, and loves
John. John denounces Herod and his mistress on moral grounds, and the Roman
Proconsul on apparently anarchical grounds; in fact he seems to find grounds for
denouncing everybody. Herodias incensed against John, and jealous of Salome (who
turns out shortly to be a long-since discarded daughter), soon compasses John's ruin,
and has him executed. Before his death John responds to Salome's love. Salome
commits suicide. This wretched imbroglio takes the place of the stern pithy Biblical
story. But the point is that the disguise is as thin as the Emperor of China's new
clothes. If sufficient trouble is taken, it is quite feasible to completely alter the plot
of an opera of which the music has been written. But then the trouble must be
taken, and here it is not. The superficial changes merely still leave John the Baptist
and Mary Magdalene indulging in love-duets, in a very offensive way. The whole
makes a gigantic double entendre the pressure of which is felt at every moment.
And there is worse to come, as will be seen shortly.
The music is Massenet of 23 years ago, having premonitions of "Manon". That
is to say, it is full of beauties, if also of some mannerisms. Like uLe Roi de Lahore",
"Le Mage", and "Esclarmonde", the orientalism is excellent. Salome's "H est doux",
and Herod's "Vision fugitive", are well known. "Ce que je veux" of Salome and
John, "Charme des jours passes" of Salome, and "Astres 6tincelantes" of the astro-
loger Phanuel, were appreciated. The scene between Herodiade and Phanuel was
received with enthusiasm. The striking choral passage in the temple scene arrested
attention. The ballet music was too long for England. Renaud (Herod), excellently
made-up as a very handsome and effeminate oriental, sang and acted finely. Calve
(Salome) had her will and distinguished herself vocally, with a full-blown beauty which
made her an impossible daughter to Herodiade; assuming that she meant finally to
convey mystic admiration, it was not convincing. Plancon (the astrologer) seems
doomed to parts which involve a rolling of the eyes, the wearing of a mechanical beard,
and a very limited round of stately gestures. Dalmores was John, and a shudder went
through the house when it was discovered that his appearance was made precisely to
resemble the 15th century medallion-pictures of Christ himself; after this there was
a feeling of constraint everywhere, of revolt in many quarters. To the view of the
present writer the most successful figures on the stage were Kirkby Lunn (Herodiade)
and Gilibert (Proconsul). Kirkby Lunn is advancing rapidly in stage matters, is never
self-conscious, is losing the hardness which may have been concealed timidity. Gilibert
is one of the most finished and complete artists on any stage; he even succeeded in
giving his good-natured face the severest Roman air. The chorus was the best this
season, the music lying well for them. Vocally a magnificent and admirably rehearsed
performance all through. Lohse conducted. The staging was georgeous (4 acts in
7 scenes), though criticized as emphasising the undesirable double entendre by the
introduction passim of Jewish attributes into Ethiopia. Full house with King, Queen,
and Prince of Wales, who came before the curtain was raised. It is no disrespect to
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460 Nachrichten von Lehranstalten und Yereinen. — Notizen.
Massenet's genius to say finally that for England his fine music was entirely thrown
away on such a mode of entertainment. The Lord Chamberlain was wrong to be
taken in by subterfuges , and should not have sanctioned the piece even if 20 prime
donne pulled that way. Charles Maclean.
Nachrichten yon Lehranstalten and Yereinen.
Darmstadt. Der Richard Wagner- Verein in Darmstadt veranstaltete einen Max
Schillings- Abend 79. Vereinsabend), in dem auGer Liedern Stucke aus dem »Pfeifer-
tag*, der sinfonische Prolog zu Sophokles >Konig Odipus* und das Hexenlied zum
Vortrag kamen. Der Verein zahlt jetzt 372 Mitglieder.
M&nchen. 30. Jahresbericht Kgl. Akademie der Tonkunst. Direktor der-
selben ist Bernhard Stavenhagen. Die Anstalt z'ahlte 314 Zoglinge, von denen 62 Aus-
l'ander sind. In den Yerband der Akademie trat Konzertmeister Felix Berber aus
Leipzig fur Violine und Streichquartett. Ausgeschieden sind die Professoren Eug.
Lang (Xlavier) und Franz Bruckner (Violine), die beide in den Ruhestand traten,
ferner Josef Horbelt (KontrabaB), der am 4. Mai verstarb. Im ganzen fanden 14 offent-
liche Vortragsabende statt. Das neue Schuljahr beginnt am 20. September, die Auf-
nahmepriifungen finden am 16. und 17. September statt.
Wien. Der Kirchenmusikverein >St. Peter* an der Peterskirche in Wien hat seinen
Jahresbericht tiber die drei ersten Vereinsjahre 1901—03 herausgegeben. Der Verein
hat eine Chor- und Sologesangsschule fur Madchen. Zweimal in der Woche
wird Unterricht erteilt, der unentgeldlich ist. Dem Bericht ist das Programm der
Kirchenauffuhrungen im Jahre 1903 beigegeben, das kirchliche Werke aus den ver-
schiedensten Epochen enthalt, besonders auch von neueren Kirohenkomponisten. Das
Notenarchiv zahlt mehr als 2000 Nummern, darunter bei 400 Messen. Kiinstlerischer
Leiter ist Kapellmeister Karl Rouland.
Wfirzburg. 29. Jahresbericht der Konigl, Musikschule. Die Schule hat 19 Lehr-
krafte, 233 berufsmaCige Musikschiiler 129 weibliche, 104 mannliche), im ganzen
944 Eleven (377 Schiiler von Gymnasien und des Lehrerseminars empfangen Unterricht
im Chorgesang). Von groBen Werken mit Orchester wurden Bach's Matthauspassion, die
Kantate »Wachet auf«, Wolfram's Weihnachtsmysterium*, Pohlig's sinfonische Dich-
tung »Per aspera ad astra«, Beethoven's >Schlachtsinfonie« u. a. m. unter Mitwirkung
8'amtlicher Lehrkrafte aufgefiihrt. Am 12. Juli fand ein Festakt und Konzert zur
Feier des lOOjahrigen Bestehens der Anstalt statt. Die Direktion der Musikschule
liegt in Hdnden des Hofrat Dr. Karl Kliebert.
Notizen.
Deutsche Volkslieder-Bfbliothek. Unter diesem Namen wird am 1. Oktober ein
Musikverlag ;Emil WeiBenturn, Dusseldorf) ins Leben treten, der beabsichtigt, die bei
dem bekannten Scherl'schen Preisausschreiben zuriickgewiesenen Lieder (gegen 9000;
zu veroffentlichen, mit der Begriindung, daB das Volk, nicht ein Preisrichterkollegium
die richtige Instanz sei, um in Sachen der Volkstiimlichkeit zu entscheiden. >Lasset
das Volk horen — das Volk wird ergrunden* , heiBt es unter anderem. Es wird
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Notizen. 461
sich empfeblen, von Anfang an zu diesem Unternehmen Stellung zu nebmen: Die
aus 90 Liedern bestehende Sammlung »Im Volkston* bedeutete im Grande ge-
nommen durchaus ein Fiasko des zeitgenossischen volkstumlicben Liedstieles, warf
uberhaupt ein sehr scharfes Licht auf das MusikfQblen der Gegenwart, indem sich in
der Sammlung auch nicht ein einziges Lied befindet, das geniigend innere Kraft be-
sitzt, um wirklich volkstumlicb zu werden. Das Preisrichterkollegium bestand aus
Mannern, auf deren Urteil man scbon etwas geben kann; das Yolk in der Weise zum
Richter zu ernennen, dal3 man es unter Tausenden groBtenteils sicber recht frag-
wurdigen Erzeugnissen wahlen lafit, ist wobl ein recht ungluckHcher Gedanke, wie man
dem ganzen Unternebmen, auf diesen Wegen zu volkstumlichen Liedern zu gelangen,
von Anfang an nicbt viel Erfoig phropbezeien konnte. Und jetzt soil, nacbdem man
an den Proben der 30 Lieder bereits genug batte, der ganze Liederhaufen in die
Offentlichkeit geworfen werden!
Joban Josef Fux-Gedenkfeier. Die Musikgescbicbtskurse an der Scbule des
sieiermdrkischen MusiJcverems in Graz yeranstalteten am 19. Juni 1. J. eine Gedenkfeier
fur den 1660 in Steiermark geborenen >Patriarchen der Musik m Osterreich*, dem
Lehrvorbilde der Wiener Elassiker und Verfasser des beriibmten >Qradus ad Parnas-
swn*. Unter Anregung und unter Anleitung ibres Lebrers, Herrn Anton Seydler,
sammelten die Scbiiler und Scbiilerinnen fur die Errichtung eines Gedenksteines am
Geburtshause Fuxens, welcher feierlich enthullt wurde. Vormittags fand im Festsaale
der Musikvereinsscbule in Graz eine musikhistorische Vorfeier statt, bei welcber ein
Scbiiler Seydler's, Herr Walther von Semetkowski, einen Yortrag uber das Leben und
Wirken Fuxens, sowie iiber die allgemeinen musikaliscben Zusfande in Wien unter
Kaiser Leopold L, Josef I. und Karl VI. hielt. Die Auffuhrung einer Orgel-Fuge
in F-moll, sowie einer Ouverture- Suite in B-dur unter Direktor Wickenhausser's
Leitung und des Sanctus und Benedictus aus der >Missa purifications* von Fux unter
Seydler's Direktion veranschaulichte den zahlreich anwesenden Festgasten die noob
immer wirksame Kunst des osterreichischen Altmeisters.
Mit den Mittagszugen fuhren Hunderte von Festgasten, darunter die hervor-
ragendsten musikaliscben Personlichkeiten von Graz, nacb dem in jiingster Zeit empor-
bluhenden Kurorte LaGnitz an der Staatsbahn, von wo aus Hirtenfeld in IV2 Stunden
zu FuB zu erreiohen ist. Am Feetort selbst, welcber in berrlicber Gegend, im Herzen
des steiriscben Hiigellandes, auf der Hobe des Sohemmerls liegt, batten sicb bereits
mebrere Tausend Bauern aus der Umgegend eingefunden, so daC die an sich ganz
und gar musikbistorische Enthullungsfeier, welche unter den ublicben Ansprachen und
der Absingung von Beethoven's >Ehre Gottesc, sowie eines Sanctus von Fux von-
statten giug, zu einem echt landlichen Yolksfest anwuchs.
Herrn Anton Seydler und seiner kunstbegeisterten Schiilerschar gebiibrt fur die
Yeranstaltung dieser musikalisch-patriotischen Feier, sowie fur die Errichtung des
schonen Gedenksteines am Geburtshause einer der bedeutendsten Personlichkeiten der
Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts ungeteiltes Lob.
Haydn-Feier in Eisenstadt Der Oedenbturger Musikverein veranstaltete am
12. Juni eine Erinnerungsfeier in der Eisenstadter Bergkirche, in welcher bekanntlicb
Haydn's Gebeine bestattet sind. Zur Auffuhrung gelangte die D-moU- (Nelson-) Messe
ikomponiert 1798) unter der Leitung des Herrn Dr. Eugen Kossow.
Leipzig. II. Baoh-Fest vom 1. bis 9. Oktober 1904. Das von der Neuen
Bach-Gesellschaft veranstaltete zweite Bacb-Feet findet nicbt, wie in Zeitschrift Y. 8.
S. 330 gemeldet, unter der kunstlerischen Leitung Hermann Kretzschmar's, der von
derselben leider wegen Arbeitsiiberlastung zurucktreten muBte, sondern Karl Straube's,
Organist an St. Thomse und Dirigent des Bacbvereins, statt. Das Fest weist jetzt
folgendes Programm auf:
Sonnabend-Motette den 1. Oktober: Orgelpraludium und die Motetten: »8inget
dem Herrn* und >l)er Geist hilft unserer Schwachheit auf« (Leitung Professor Schreck,
Thomaskantor). Abends 7 Uhr-. Orcheaterkonzert im Gewandhause. Leitung:
Karl btraube, Organist zu St. Thorns*. Orchester: Gewandhaus-OTchester. 1. J. S. Bach,
Suite Nr. 4 (D-dur) fQr Orchester. 2. Bach, Konzert (D-dur), fur ein Klavler und Orchester
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462 Notizen.
(Herr A. Reisenauer). 3. G. F. Handel, Arie fur Tenor aus >Acis und Galatheac (Bear-
beitung yon M. Seiffert), (Herr Pinks). 4. Bach, Konzert (D-moll) fur drei Klaviere and
Orchester (die Herren Reisenauer, Pembaur jr., An. v. Rossel). 5. G. F. Handel, Concerto
grosso Nr. 12 in G-dur fiir Orchester (Bearbeitung von Dr. M. Seiffert) (Violini Soli: die
Herren £. Wollgandt und H. Hamann). 6. Bach, »Der Streit zwischen Phobus nnd Pan«,
Dramma per musica (Fran Emilie Buff-Hedinger, Frl. M. Philippi, Herr E. Pinks, Herr
A. van Eweyk, Bachverein). Sonntag, den 2. Oktober Vorm. 11 Uhr: Kammermosik-
Matinee im kleinen Saale des Neuen Gewandhauses. Dirigent: Herr Karl Stranbe. 1. J. S,
Bach, Brandenbnrgisches Konzert Nr. 4 in G-dur (Solisten: die Herren E. Wollgandt, M.
Schwedler, 0. Fischer; Cembalo: Dr. M. Seiffert). 2. J. S. Bach, Suite (C-molI, Nr. 5) fur
Violoncello-Solo (Herr Prof. J. Klengel). 3. G. F. HSndel, Cantata di Camera fur Tenoraolo
(Bearbeitung von Dr. M. Seiffert) (Herr E. Pinks). 4. Soli far Klavier (Herr R. Bachmayer):
a) G. B5hm (1661—1733), Praludium, Fuge und Postiudium (G-moll); b) TanzstQcke aus
der Zeit von 1650 (aus drei Ms.-Banden der Lune burger Stadtbibliothek) ; c) Chr. Ritter (geb.
um die Mitte des 17. Jfahrh.), Sonatine (D-moll). 5. J. S. Bach, Sonate Nr. 3 (E-dur) fftr Violine
und Klavier (die Herren Prof. Dr. J. Joachim, R. Buchmayer). 6. J. S. Bach, Kantate >9chweigt
stille, plaudert nicht < (Fran E. Buff-Hedinger, Herr E. Pinks. Herr A. van Eweyk). Nachm.
725 Uhr: Gottesdienst in der Thomaskirche in der liturgischen Gestaltung der Zeit
J. S. Bach's. — Die Predigt halt Herr Prof. D. Smend aus StraBburg. — Die Liturgie halt
Herr Pfarrer Dr. Lehmann aus Freiberg. — Motette von Hafiler, Kantate von J. S. Bach, »Gott
der Herr ist Sonn und Schlldc Montag, den 3. Oktober Vorm. V2lOUhr; Hauptver-
sammlung der Neuen Baoh-Qesellsohaft im Saale des Kiinstlerhauses. 1, Eroffnung
durch den Vorsitzeuden Herrn Geh. K.-R. Prof. D. G. Rietschel. — Vortrage der Herren Pastor
Greulich aus Posen (Bach und der evangelische Gottesdienst); Dr. M. Seiffert aus Berlin
(Praktische Bearbeitungen Bach'scher Kompositionen) ; Dr. A. Heufi in Leipzig (Bach's Rezi-
tativbehandlung mit besonderer Berucksichtigung der Passionen). Diskussion. — Nachm.
6 Uhr: Kirchenkonzert in der Thomaskirche. Dirigent: Herr Karl Straube. 1. J. S.
Bach, Choral (G-dur) fiir Orgel >In dir ist Freudec (Alexander Friedrich von Hessen, Konig-
liche Hoheit). 2. J. S. Bach, Yier Kirchenkantaten: a) >Herr, gehe nicht ins Gericht*,
b) >Jesus schlaft, was soil ich hoffenc, c) >Wachet, betet, seid bereit*, d) >Erfreuet Euch,
ihr Herzenc (Frau E. Buff-Hedinger, Frl. Bf. Philippi, die Herren E. Pinks, A van Eweyk,
M. G. Fest).
Der Preis einer Dauerkarte fur die drei Konzerte betragt 10 *4f. Die Inhaber
solcher Karten erhalten reservierte Pl'atze fiir die Motette und den Gottesdienst.
Einzelkarten fur die Konzerte kosten je 4 M. Die Mitglieder der IMG. erhalten gegen
Vorzeigung der Quittung iiber den diesjahrigen Jahresbeitrag Dauerkarten zu dem
ermaBigten Preise von 6 Jl.
Die Wagner-Denkmalsfrage scheint endlich ziemlich gesichert zu sein.
Leipzig besitzt bis dahin weder ein Denkmal, noch weist eine StraBe noch ein Platz
darauf hin, daB in dieser Stadt Wagner geboren worden ist. Zu den mancherlei
Griinden fur dieses merkwurdige Faktum muB angefuhrt werden, daB Leipzig als
Geburtsort des Meisters besonders bedacht sein muB, seinem groBen Burger ein
wurdiges Denkmal zu setzen und deshalb l'anger zogerte, als der Bedeutung Wag-
ner's entspricht. Das Denkmal soil kein Geringerer als Max Klinger ausfuhren,
der ebenfalls Leipziger ist. Das Modell ist bereits entworfen. Preisausschreibung
wurde keine veranstaltet. Als Platz ist der vor dem >Alten Theatert erseben, der
auch den Namen Wagner's tragen soil. Hiergegen erheben sich aber innere Bedenken:
Im alten Theater werden Operetten und kleinere Schauspiele aufgefuhrt, und es tragt
ziemlich viel Ironie in sich, wenn der Meister des Musikdramas vor dem Hause steht,
in dem der >Bettelstudent« und die » Geisha* ihren standigen Sitz haben. Zudem
wird die Zeit nicht mehr so gar fern sein, daB man dieses Theater uberhaupt abreiCt,
und ob man dann einen eventuell neuen Theaterbau dem Denkmal anpassen wird nnd
kann, ist mehr als unsicher. Hoffentlich erwagt man noch die Ortsfrage. Das Denk-
mal soil in einigen Jahren fertiggestellt sein.
London. — The Royal College of Organists, founded 1864, giving diplomas to al-
most all the organist-profession, has moved from Bloomsbury to a building in Ken-
sington Gore, next Albert Hall. Building was given to nation for musical pur-
poses in 1875 by Sir C. J. Freake; first occupied by Nat. Training School of Music,
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Kritische Biicherschau. 463
then till 1896 by Roy. Coll. of Music. Inauguration on 5 July 1904 by H. R. H. Prince
Christian, supported by Sir F. Bridge Pres., Roy. Coll. of Organists , and most heads
of musical profession. Brilliant ceremonial. Banquet in evening.
The ,, Worshipful Company of Musicians", one of the ancient City guilds, opened
a "Music Jjoan Exhibition" from 28 June to 16 July 1904, with daily lectures. On
grounds of space, can only be here said that the enterprise was most liberal, manage-
ment excellent, collection the most distinguished yet made in England, and lectures
thoroughly useful and popular. Detailed notice in next number.
Ein Hugo Wolf-Bildnis hat der. Leipziger Yerlag Lauterbach und Kuhn veroffent-
licht. Dasselbe ist eine Reproduktion in Heliogravure des Originalreliefs an dem Grab-
denkmal H. Wolfs von Edmund Hellmer- Wien. Das Bildnis gibt einzig den Kopf
des Tondichters, der ausgezeichnet getroffen ist und ungemein scharf aus dem griinen
Hintergrunde heraustritt. Der Preis des Kunstblattes ist at 6, — .
Kritische Bficherschau
iiber neu-erschienene Biicber und Schriften liber Musik.
Karlowioz, Mieczyslaw. Sonvenirs in- their own sense*. Parmenidee the Greek
edits de Frederic Chopin. Trmluito %>toM otm? ^^I'^^JZl
_ .... ri \ t T • • B. C. gave in Greek hexameters his mighty
parLaureDisiere. Paris und Leipzig, exposition of Nature, and said that beyond
H. Welter, Editeur. 1904. gr. 8°. the imaginings of men, the semblance of
3 und 224 Seiten. Pr. 7 Fr. 50 ct. things, there was the unchangeable heart
of truth, ttXrj&Eir? evxFitttos* (itytxit; i,i<>(>.
UberdiesehochwichtigeSammlung von piato, beginning the 7th book of the
Briefen Chopin's, wie solchen an ihn ist in ^Republic"! shows how men bound so as
Zeitschrift V. 5/6 S. 219 ff. ausfuhrlich die to see everlastingly only a wall in front
Rede gewesen. pier handelt es rich um ()f them and shadows passing thereon could
einefranzbsischeUbersetzungderpolnischenl ue cognizant of existence in a superficies
Briefe. Hierzu ist zu bemerken, daC zwolf oniy an(j not in a solid state; and raises
Briefe der George Sand an Mme Indrzeie- thereby in some sort suspicions about the
wicz , ferner fiinf Briefe ihrer Tochter, finality of our own limitations. — The
Solange Clesinger, an Chopin, in der fran- 1 history of the doubts thrown on Euclid's
zosischen Ausgabe fehlen, weil ihre Yer- assumptions about space, to end of 18th
ofifentlichunff in Frankreich von der Familie , century, will be found in Stackel and Engel's
der G. Sand untersagt wurde. "Theorie der Parallellinien von Euklid bis
_. A n xt i mr -n lL au^ Gauss", Leipzig, 1895. Immanuel Kant
Hinton, 0. Howard. The fourth ( 1724 -1804) in his early works recognised
Dimension. London, Swann Sonnen- a possibility of more than 3 dimensions.
schein. New York, John Lane, 1904. In 1831 the Hungarian Johann Bolyai de
pp. 247, Crown 8vo. , Bolyai 1802-1860), curtain of Engineers,
rF , v^xV I published a work in Latin squaring the
In the "Bhagavadgita" , untold cen- I circle in hyperpolic space ; while in 1840
turies B. C. , Arjuna standing in his war- the Russian mathematical professor Nicholas
chariot before his foes hears from Krishna | Ivanovitch Lobatchewsky (1793— 1856, Rec-
in human charioteer form in 18 cantos the , tor of Kazan Univty., died blind), published
essence of Hindu religion. Herbert Spencer in Crelle's "Journal de Mathematiques", his
would doubtless call this "boyish". Never- ( revolutionary' "Theorie des paralleles". In
theless it is sufficiently adult to have fur- both these works of transcendent mathe-
nished the faith to millions on millions | matics, the bonds of the senses were loosed,
of men in hundreds of generations. It and the idea of "dimension" was either
ceaselessly preaches the folly of men extended or eliminated. The authors' ef-
who limit their belief to the range of forts first arose from combating the uni-
Z. d. I. M. V. litizedS^GoOgle
464
Kritische Biicherschau.
versality or ccmceptional necessity of Euclid's
assumptions about parallel lines. Then they
found themselves among a new physical
world of "sheer" and distortion; — where
for instance the square on the hypothenuse
= the difference and not the sum of the
squares on the sides of a right-angled tri-
angle (Euclid, I, 47), so that Pythagoras's
joy was not wholly prophetic. The analytic
Metageometry of Bolyai and Lobatchewsky,
and others since them, has paved the way
to considering practically a Fourth Dimen-
sion. — For at least a generation past many
have had the conviction that this, like the
denial of the cosmic universality of gra-
vitation, must soon come; — though the
recent article on uNon- Euclidean Geometry"
in New Vols. Encycl. Britannioa, by a
juvenile authority, will help in no wise in
that direction. Astronomers with their
great distances have been unsuccessful in
detecting "curvatures" of space by human
sense. But analytic reasoning, and the con-
sideration of the indefinitely small (instead
of the indefinitely great), have brought what
may be called evidences and pre-monitions
of a Fourth Dimension. If a sentient being
of extraordinary flatness, with no percep-
tions of more than flatness, spent existence
in sliding over a smooth plane, he would
live and think in 2 dimensions. Should a
cube stand' upon his plane, he could not
think of such; he could only think of and
apprehend the superficial square which the
cube's base occupied on the plane. If a
spiral passed downwards moving through
his plane, he could only see a succession
of points travelling round and round in a
circle in his plane; the rest would be a
blank to him. But one is not supposing
infinite, only approximate, flatness. So that
the being having just a slight substance
in the way of thickness, might in course
of time, and by self-cogitation evolve a
glimmering of the idea of height, and so
• of a 3rd dimension. Now we are in pre-
cisely the same condition one degree higher.
We are constituted to apprehend a solid
world of 3 dimensions; and if an object
in 4 dimensions was athwart us we could
only be cognizant of it as say a cube, while
the rest of its properties would be to our
senses just as if they did not exist. Yet
having within us an insignificant fraction
of the quality of a 4th dimension, we may
by great effort train our minds to have a
glimmering of such. We are beginning
to have it. Geometrically, what is a world
of 4 dimensions? From every point of a
solid cube (as we know it), interior as well
as exterior, it must be possible to draw a
line, in an unknown direction which exists
though we cannot cognize it; that will be
the geometric guess. Dynamically, what
is it? One elementary illustration would
be that a body like a bowl revolving would
simultaneously turn itself inside out as to
everyone of its particles; even in the or-
dinary fluids of which we are cognisant
something like that occurs. Another would
be that it would have movements like a
series of infinite looking-glass inversions.
Phenomenally, what is it ? There are many
who think that magnetism, eleotricity, and
even life, are but manifestations of the
4th dimension acting in conjunction with
the 3 which we know. Metaphysically,
what is it? WTio can say, how far the soul
of man is wrapped up in such thoughts as
this ? But their vast possibilities make one
surmise more truth in the courage which
says "I believe", than in the cowardice
which says ttI know nothing". Finally,
what has it to do with the special subject
of this Journal? Simply that aesthetics
?uite defy analysis with our existent meaus.
t may be that the properties of num-
bers, and even the principles of
be auty, wrill receive a flood of light, when
thoughts on a Fov/rth Dimension become
the common property of mankind. The
American author of the present work has
done his utmost to lead the reader to
constructive thought. Charles Maclean.
Molitor, P. Raphael, Benediktiner in
Beuron. Deutsche Choral-Wiegen-
drucke. Ein Beitrag zur Geschichte
des Chorals und des Notendruckes
inDeutschland. Verlag von F. Pustet,
Regensburg usw. 1904 ; Druckaus-
fuhrung F. Bruckmann, Munch en.
Nachdem Verf. im 1. Band seiner
> Nachtrtdentinischen Choralreform xu Rom <
1901, S. 94 ff. die italienischen Choralnoten-
drucke des 1. Jahrhunderts der Buch-
druckerkunst eingehender beachtet hatte,
legt er hier eine ausgezeichnete umfassende
Monographic iiber die deutschen Choral-
Wiegendrucke von 1476 bis etwa 1520 vor
(sp'atere werden nur vereinzelt mit beriick-
sichtigtj als Festgabe zur 13. Zentenarfeier
des Todes Gregors des GroBen, typographisch
auf das pr'achtigste ausgestattet. Das Titel-
bild reproduziert ein Bild Gregors aus elm.
4456, 11. Jahrh.; 8 Faksimiles im Text und
26 Tafeln im Anhang dienen als Druck-
proben aus den besprochenen Werken. Der
Text bringt 1) eine knappe, an neuen Einzel-
heiten reiche Darstellung der gotischen
Notation um 1500 in der deutschen Theorie
(Glarean, 2 Miinchener Anonymi mus. 1571
und 1573 und Henricus Helenae) und in
deutschen Wiegendrucken mit eingehenden
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Kritische Biicherschau.
465
Beobachtungen iiber die Praxis derNeumen-
schreibung dieser Zeit; 2) Erlauterung der
beiden Druckverfahren , Holzscbnitt und
Typendruck, und Besprechung aller einzel-
nen bisber dem Verf. nachweisbaren
Drucke von deutschen im Auslande oder in
Deutschland selbst tatigen Druckern, be-
gleitet von einem iibersichtlichen Verzeich-
nis derselben mit Angabe der Bibliotheken,
die 8ie besitzen. Zu S. 8 ist zu bemerken :
Verf. nennt den Namen Henricus Helenae
•sonst unbekannt« und seine Summula
Musicae (Ven. Marc. 1. VIU, 24) »bisher
wenig oder gar nicbt beachtet*. Offenbar
ist diese Handschrift identisch mit der zu-
erst von Danjou in seinem Brief vom 24. XI.
1847 (Lettres dMtalie, Rev. et Gaz. mus. de
Paris XV. 9 kurz ervv'ahnten, iiber die seit-
her nicbts genaueres bekannt geworden ist.
Der Name Henricus Helene kommt ferner
in der Komponistenaufzahlung einer Mo-
tette anscbeinend aber des 14. Jahrhunderts
in einer verbrannten StraBburger Hand- i
scbrift vor (Coussemaker, les Ilarmonistes |
du XIV. siecle, S. 13; vgl. Sammelbande
IV, 26). F. Ludwig. !
Druckfehlerberichtigung. In der >
Besprechung des »Kirchenmusikali8chen I
Jahrbuchs* ^Heft 10 muO es heiBen: S.421, |
Sp. 1. Z. 21 von unten einst statt nicht,
Sp. 2 Z. 22 kanonistiseber. S. 422 Sp. 1, Z. 4 i
biobibliographische, Z. 33 Ignaz. \
Nelle, Wilhelm. Geschichte de8 deut-
schen evangel. Kirchenliedes. (B. Ill
von SchloBmann's Biicherei fiir d.
christliche Haus). Hamburg, Gust. ;
Schlofimann's Verlagsbuchhandlung. ,
1904. Pr. 2 Jt. |
Dieses vortrefflicheBuch auch inunserer \
Zeitschrift auzuzeigen und ihm die wohlver-
diente Empfehlung mit auf den Weg zu
geben, erscheint gewiB gercchtfertigt. Er-
halten doch die evangelisclien Kirchenlieder
erst durch die schwesterliche musikalische
Kunst in den Melodien wic die Juwele
durch die goldene Fassung die wahre Be-
fahigung dem Gottesdienste zum Sohmuck
und der Gemeinde zur Erbauung und zum
Segen zu dienen. Wie wenige ist gerade
Nelle fiireine solcheKirchenliedergesehichte
benifen, der seit Bcstehen dor Monat-
schrift fur Gottesdienst und kirchliche Kunst
derselben rcichc und wertvolle Beitrage auf
dem Gebietc der Hymnologie g-eliefert hat.
Die Resultate seiner langjahrigen For-
schuugen sind reichlich in dem Biichlein
verstreut, das aber in der kiinstlcrisch vor-
nehmen und begeisternden Art der Schil-
derung durchaus nicht den Eindruck auf-
dringlicher Gelehrsaiukeit macht, sondern
dem Leser einc herzerquickende Lekture
sein wird. Wenn wir einen Wunsch aus-
sprechen diirfen, so ware es der, daB Nelle
bei einer n'achsten Auflage in 'einem An-
hange die wichtigste Literatur zum Kirchen-
liede geben mochte. Es wird manchem
Leser des Buches damit gedient sein.
B. F. R.
Pougin, Arthur. Essai historique sur
la Musique en Russie. Paris, Lib-
rairie Fischbacher. kl. 8°. 274 S.
Das Buch des bekannten franzosi-
schen Musikgelehrten verdient, obwobl es
weniger auf durchaus selbstandigen Studien
aU auf geschickter Verwertung des vor-
liegenden literarischen Materials, Aus-
ziigen aus Briefen russischer Freunde usw.
beruht, auch in Deutschland entschiedene
BeachUjng, zumal es sinngemaGe Disposi-
tion mil der Gabe anschaulicher und iiber-
sichtlicher frauzbsischer Darstellungskunst
verbindet. Den zahJreichen. meist sehr
brauchbaren kleinen Musikgeschichten
Bohmens, Skandinaviens, RuBlands aus der
Feder PoughVs, Sonbies1 u. a. haben wir in
deutscher Sprache leider nichts ent-
gegenzusetzen ! Das ist doppelt bedauer-
lich und verwunderlich, als die Wechsel-
beziehungen zwischen germanischer und
slavischer Tonkunst immer mannigfaltiger
werden. — Zu den besten Partien des vor-
liegenden Werkchens gehbrt Kap. Ill
(Glinka), Kap. IV (Serow, Darkomischk v ,
aus Kap. V die warmherzige, aber tiber-
schatzende Wiirdigung Rubinsteins. Kap. V I
(die 5 »Novatoren<). Merkwiirdigerweise
ist Tschaikowsky denn doch alleu kurz
weggekommen, seine Eigenart zu wenig
plastisch dargestellt ; seine Wiirdigung hatte
doch mindestens denselben Raum wie die
des ihm als Komponist im allgemeinen
unterlegenen Rubinstein — iiber den iibri-
gens Cui, wenn er den starken deutschen
EintiuB bei ihm nachdriicklich betont, sehr
richtige Worte geschrieben hat — ein-
nehmen miissen. Uberhaupt wird der un-
gluckliche Oui bei jeder Gelegenheit und
nicht immer mit Recht als Wortfiihrer der
funf »Novatoren« mit httchst spitzigen und
ironi8chen Pfeilen beschossen. Das fran-
zosische Element in seinen Kompositionen
wurde ubersehen. Sehr hiibsch sind gleich
ihm die ubrigen »Novatoren«, namentlich
der sehrausfuhrlich behandelteMoussorgsky
uus nahe gebracht, nur Balakirew, so.. sehr
ich auch mit Pougin vor seiner Uber-
schatzung warnen mochte, erscheint mir
doch zu oberflachlich und knapp erfaBt.
Weniger befriedigt die den jiingsten Nach-
wuchs behandelnde Partie des Buches; hier
sollten Rebikoff und die beachtenswerten
Deutschrussen P. Juon und A. Winkler
nicht fehlen. Sie ist allzu knapp und all-
34*
466
Rritische Biicherscbau.
gemein gehalten, der Stoffnicht organisch
verarbeitet. So hebt sie an Wihtol nicht
das lithauische Lokalkolorit seiner meisten
Werke hervor, und kommt haufig nicht iiber |
trockene Nomenklatur ana dem Balaieff-
Katalog heraus. Hier wiirde es sich viel-
leicht fur spatere Auflagen empfehlen, die
Sondergruppen der Kaukasier (Karganow
bis Ivanow), die SUdrussen und Levantiner
(Blumenfeld, Alpheraky , Kalafati) , deren
Kunst oft erheblich andersgeartet ist, ab-
zutrenuen. Manche Stellen fordern in I
diesem Kapitel zum Widerspruch heraus,
vor allem VaBt sich aber die Behauptung, I
daB nur S. 249; RuBland und Frankreich I
augenblicklich eine nationale Tonschule be- ■
sitzen im Hinblick auf die groBe nationale (
in Skandinavien, nicht stiitzen. Zur Ein- ,
fiibrung in russische Tonkunst ist da^ Werk I
jedoch neben dem freilich hochst subjektiven j
»La Musique en Russiec Cui's vorziiglich ge- !
eignet. Lin ersehopfendes Register erhoht I
seine Brauchbarkeit. W. Niemann.
Riemann, Hugo. Handbuch der Mu-
sikgeschichte. Erster Teil des ersten
Bandes : Die Musik des klas-
sischen Altertums. Leipzig,
Breitkopf und Hartel. 8°. XVI, 258 S.
broch. 5, — Jl, geb. 6,50 ,//.
Ein besonderer Vorzug des vorliegen-
den Geschichtswerkes, welches mit der
Musik des klassischen Altertums anhebt,
besteht darin, daB in der Einleitung die
Quellen nachgewiesen werden. aus welchen
unsere Kenutnis der Musik des Altertums
geschopft ist. Das erste Kapitel des ersten
Ruches behandelt das Epos und den Nomos.
Gerade die letztere Dichtungsart der Grie-
cben bietet seit Auftindung eioer umfang-
reichen Nomosdichtung in der neuesten
Zeit den Gelehrten interessanten Stoft' zu
eingehender Kunstbetrachtung Es wird
sogar behauptet, daB es nicht nur gesungene
resp. mu8ikalisch rezitierte, sondern auch
solche Nomoskompositionen gegeben habe,
welche nur instrumentaliter ausgefiihrt wor-
den seien. Leider besitzen wir nicht den
kleinsten Musikrcst von dieser Kunst gattung,
so daB wir lediglich auf die geistvollen
Darlegnngen Guhrauer's und anderer, deren
treffliche Arbeiten der Verfasser mit Recht
riihmt, angewiesen sind.
Auch von Olympos und Terpander
sind keine Melodien erhalten. AVohl aber
wird von dem ersteren berichtet, daB er
mit seinem Aulos Pleife) merkwiirdige
Wirkungen hervorgebracht habe, indem er
beim Blasen einen Ton iibersprang. Es
sei dies die Lichanos gewesen. Nun meint
der Verfasser, hier sei vou der phrygischen
Lichanos dio Rede, und kommt so zu dem
Resultate, daB Olympos nicht den Ton »g«,
sondern »f« im dorischen Tetrachorde, auf
das er diese Manier iibertragen babe, aus-
gelassen hatte. Das ware eine ahnliche
Melodiebildung, wie bei der asiatischen
fiinftonigen Skala und bei den altchrist-
lichen Ges'angen. An und fur sich ist es
ja ganz gleieh, ob Olympos den einen oder
den anderen Ton ausgelassen hat, aber in
dem beruhmten 11. Kapitel bei Plutarch
heiBt es ausdrucklich , daB Olympos oft
von der Mese oder auch von der Paramese
aus mit Uberspringung der diatonischen
Lichanos zur diatonischen Parhypatc iiber-
gegangen und so der EHindcr des enhar-
monischen Geschlechtes geworden sei. Von
einer phrygischen Mese ist dabei nirgends
die Rede, und so wird es wohl dabei blei-
ben miissen, daB Olympos den groBen
Terzschritt bevorzugt hat und nicht den
kleinen, wie der Verfasser meint. Beim
Durchspielen der beiden in Delphi aufgre-
fundenen Apollohymnusbruchstiicke wird
man von Anfang bis zu Ende an die plu-
tarch-aristoxenische Anekdote erinnert, und
es liegt die Vermutung nahe, daB die
Griechcn bei ihreu hciligen Gesangen seit
Olympos diese eigenartigen melodischen
Wendungen nicht nur gem anwendeten,
sondern den Diatonos [Lichanos] iiberhaupt
auslieBen. Im oberen Tetracbord, oberhalb
der Mese ist es nicht viel anders, und e6
tritt nur noch der Modulationston hinzu,
welcher dicht oberhalb der Paramese sy-
nemmenon liegt und die neuere Enhannonik
bewirkt. Beziiglieh der letzteren muB darauf
hingewiesen werden, daB sich die Welt seit
BelTermann in einem groBen Irrtum befand,
indem sie glaubte, der griechische, ohnehin
sehr kleine Halbtonsehritt sei in zwei Teile
zerlegt worden. Die Berechnungen des
enharmonisehen Geschlechtes sind seit Ar-
ehytas immer so gewesen, daB die Terz
mit dem Zahlverhaltnisse 5 : 4 (bei Era-
tosthenes wenigstens annahernd) ausgedriickt
wurdc, und so wird also, wie der Verfasser
S. 211 ganz richtig behauptet, den Gricchen
die Terzbedeutung der Tone ins Ohr ge-
gangen sein. Nur ware es wunschenswert
gewesen, daB die Berechnungen des enhar-
monisehen Geschlechtes, in welchem diese
Terz offenbar eine groBe Rolle spielte, mit
angegeben worden ware. Aristoxenos mit
seiner mechanischen Einteilung des Tetra-
chordes ist in diesem Punkte weit weniger
maBgebend, als die Pythagoraer mit ihrcn
Limma-undKommasehritten. Olymposaber,
der weder die py thagoraische , noch die
aristoxenische Einteilung des Tetrachordes
kannte, wird auf seinem Aulos ein unserer
naturlichen Terz 'ahnliches Intervall ge-
blasen haben. Die funftonigo halbtonlose
Skala, die nach des Verfassers und aller
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KritiBche Biicherschau.
467
vorurteil8freien Musikgelehrten Meinung die \
Grundlage aller Musik bildet, wird zur Zeit ,
des Olympos noch Ublich und von ihm '
selbst ebenfalls angewendet wordon sein.
Forsetzung folgt.) I
A. Thierfelder.
Bichard Wagner anMathilde We sen -
donk. Tagebuchblatter und Briefe. ,
1853—71. gr. 8«. XXXII und 366 !
Seiten. Berlin, Alexander Dunker. '
1904.
Dieses Buch gehort nicht nur zum
Eigenartigsten in der ganzen Wagnerlitera- j
tur, sondern es nimmt ttberhaupt eine Aus-
nahmestellung in der Brief- and Bekennt-
nisliteratur groBer Manner ein. Man wiifite
kaum etwas anzugeben, was man ihm zur
Seite stellen konnte. Goethe's Briefe an
Frau von Stein erinnern durch ihre Glut,
die Tiefe der Empfindung, dem volligen
Sichaussprechen eines Mannes an eine Frau
an diese Bekenntnisse, in ihrem Charakter,
sozusagen ihrer Tendenz, sind sie grund-
verschieden. Vor allem geben die Briefe
neue Aufschlttsse iiber Wagner als Mensch,
der unendlich steigt. Dieses Liebesverh'alt-
nis Wagner's zu Frau Wesendonk, von dem
man manches, im Grunde genommen aber
doch nichts wuBte, erhebt sich so eminent
weit iiber das, was man als »menschlich«
bezeichnet, daB hier alles verstummen muB,
was die Welt dem Menschen Wagner vor-
zuwerfen geneigt war. Das Buch gerade
nach dieser Richtung zu >besprechen«, wo-
bei man das Allerzar^este, das es gibt, be-
riihren miifite, wolle man nicht verlangen.
Wer Wagner als Mensch verstehen will,
muB dieses Buch als wichtigstes in die Hand
nehmen. Jeder Mensch von Feingefuhl
wird eine gewisse Art von Scham empfin-
den, daB er derartige Bekenntnisse lesen
darf. Wunderbare Beispiele von Wagner's
bekannter Tierliebe bringt das Buch eine
ganze Anzahl. Wieviel tr'agt ferner dieses j
Buch zur Psychologic der beiden Geschlech-
ter bei: Frau Wesendonk, ein feinfuhlig i
kiinstlerisches Wesen, ist vor ihrer Bekannt- |
schaft mit Wagner sozusagen ein unbeschrie- .
benes Blatt. Wagner macht sie zu der, als ,
die sie in den Briefen dasteht : er haucht
ihr seine Seele ein.. Indes, auch hier nur |
die Andeutung. Uberaus wichtig ist dann I
das Buch wegen der Entstehung mancher j
Werke, besonders des Tristan und Parsifal.
Wir erfahren, daB die Stoffe dieser Werke |
zuerst ineinandernieBen und sich erst all- I
mahlioh voneinander loslosen, daB der
Tristan so durchaus eine Frucht von War-
ner's Verhaltnis zu Frau Wesendonk ist, wie
man es bis dahin nicht annahm. UberhauDt
ist gerade diese Liebes- und Leidensperioae
die weitaus innerlich fruchtbarste ; alles was
spate r kommt, ist in dieser Zeit durchlebt,
Parsifal ebenso wie die Gestalt des Hans
Sachs. Yon ganz besonderem Interesse ist
die kunstlerische Tendenz des Parsifal, die
in erster Linie Nietzsche zum scharfsten
Gegner Wagner's machte. Nietzsche's An-
sicht, daB Wagner erst in Bayreuth zur
Mitleidsidee kam, ist vollst'andig hinfallig.
Scharfer als in dem Tagebuch vom 1. Ok-
tober 1868 hat Wagner seine ganze Theorie
des Mitleidens auch im Parsifal nicht aus-
gesprochen und im Brief 76 S. 144 1869)
eifit es: >genau betrachtet ist Anfortas der
Mittelpunkt und Hauptgegenstand .... es
ist mein Tristan des dritten Aktes mit einer
undenklichen Steigerung«. Das ist nicht
allein dieses Umstandes wegen wichtig, son-
dern deshalb, weil der so ungemein mitteil-
same Wagner in den langen Jahren seines
Verkehrs mit Nietzsche sich diesem gegen-
iiber nicht des geringsten dariiber aussprach,
eines der Beispiele dafur, dafi Wagner je
nach dem, und insbesondere wenn es die
letzte kunstlerische Absicht eines Werkes
betrifft, sehr schweigsam sein konnte. So
ist es jedem Wagnerkenner eine bekannte
Sache, daB Wagner iiber den >Ring« sich
verhaltnism'aBig wenig ausspricht. Gerade
iiber dieses Werk geben die Briefe gar
keine Auskunft; es ist in dieser Zeit voll-
standig in den Hintergrund getreten. Das
darf man aber unbedingt sagen, hatte Wag-
ner in der Zeit, da er sich intensiv mit dem
>Bing« beschaftigte, j em and gehabt, dem
er sich so anvertraut hatte wie Frau Wesen-
donk, wir h'atten iiber manche noch sehr
strittige Frage in diesem Werke Auskunft.
DaB er sich z. B. Liszt voll ausgesprochen
hatte, dafur liefern verschiedene Briefstellen
den Gegenbeweis. Und von Freunden war
ihm seit Uhlig's Tod Liszt sicher der ver-
trauteste. Wichtig sind die Briefe iiber die
Pariser Bearbeitung des Tannh'auser, die
hiernach als die einzig giiltige zu gelten
haben wird, hochinteressant sind seine Be-
merkungen iiber die franzosische Uber-
setzung. Das sind alles nur Andeutungen.
Da das Buch aber zu denen gehort. die
eigentlich jeder lesen muB, so kann man
es bei diesem bewenden lassen. Zu sagen
ist noch, daB der Herausgeber, Prof. Dr.
Golther, die Sammlung mit einer sehr will-
kommenen, vornehmen Einleitung versehen
und auch zu einzelnen Briefstellen kurze,
nirgends sich aufdrangende Anmerkungen
gegeben hat. A. H.
Wotquenne , Alfred. Thematisches
Verzeichnis der Werke von Chr. W.
y. Gluck (1714 — 1787). Deutsche
tlbersetzung von Josef Liebeskind.
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468
Besprechung von Musikalien.
Breitkopf und Hartel. 1904. gr. 8°.
XI und 246 Seiten. Franzosische
und deutsche Ausgabe. Preis je Jl 15.
Dieses Buch ffibt trotz der Werke
von Schmid und Marx, die teilweise stark
anfechtbar sind, den Grundstock einer
Gluckbiographie, indem es einmal das Not-
wendigste, die Bibliographie in Ordnunff
bringt. Ein bewundemswerter FleiB una
eine ungemeine Grundlichkeit steckt in die-
sem Werke, das sich ebenhurtig den Verzeich-
nissen Kochel's, Jahn's zugesellt. Von hier
aus kann eine Biographie mit Erfolg in An-
griffgenommen werden. Interessant ist be-
sonders, was sich iiber den Telemacco ergibt,
n'amlich, daB diese Oper erst 1766 aufge-
fuhrt wurde, und es sich um keine Umar-
beitun^ einer 1750 in Rom aufgefuhrten
Oper handelt. Bekanntlich ist der Tele-
mach die wichtigste Yor-Reformoper und
man hatte Muhe, ihn in der Zeit von 1760
zu erklaren. Gerade der bibliographische
Teil ist in Wotquenne's Werk ungemein
I wichtig ; von den massenhafben Entleh-
: nungen aus friiheren Werken bekommt man
I erst jetzt eine klare Ubersicht und vollen
Einblick. DaB einige Werke bei Wotquenne
I fehlen , nambch zwei Oden von Klopstock
»Der Jtingling* und >An den Tod«, Or-
' chestersatz in C-raoll als SchluBstuck des
2. Aktes der >Iphigenie en Tauride* bei
Auslassung des Cnores : »Contemplez«, eine
, Kantate : I Lamenti d'amore, 2 Arien aus
>Demofoonte« und ein Konzert fur Flote,
weistdasReferatim >Musikalischen Wochen
blatt« 1904 Nr. 21/22 nach, worauf Inter-
essenten verwiesen seien. DaB diese leicbt
zu begreifenden kleinen Mangel dem so
uberaus trefflichen Werke keine Einbufte
tun, braucht wohl nicht gesagt zu werden.
A. H.
Besprechung von Musikalien.
Jan Brandts Bays, Quintett (D-dur)
fiir Flote und Streicbquartett. Wien,
Ludw. Doblinger. Partitur Jl 2. — .
Stimmen , // 8. — . Fiir Klavier zu
4 Handen, arrang. vom Kompo-
nisten M 8. — . I
Ein in seinem Charakter eigenartiges '
Werk: ausgesprochene Progammmusik auf1
dem Gebiete der Kammermusik, eigenartig '
aber besonders durch das Programm. Es
sind vier Satze , mit Worten des neuen
Testamentes uberschrieben, die Hirten auf \
dem Felde, die Erscheinung eines Engels
des Herrn, die Weisen aus dem Morgen-
lande, die Verkiindiffung des Herrn, daC j
heute der Heiland geooren ist. Das Ganze
gleicht also in der Anlage stark dem Hirten- '
spiel an der Krippe und den hi. drei Ko-
nigen in Liszt's Christus, fur welche Teile
Liszt ja auch nur Instrumentalmusik ver- ,
wendet hat. Dies dem Komponisten zum '
Vorwurf zu machen, ware toricht, denn die '
hi. Geschichte kann modernen Komponisten j
ebenso viel Anregung bieten wie fruheren. \
Es kommt einzig auf die Art und Weise
an, wie der Komponist seine Aufgabe lost. '
Sehr gliicklich ist die Hinzuziehung der
Flote zum Streichquartett und innerlich
ohne weiteres einleuchtend. Zu einem mo- '
dernen Werke stempelt das Werk sofort die
Betonung der >Stimmung«, die Einleitung
ist mit ihrer veischwommenen, dammerigen
Melodie, den summenden Bassen granz da-
rauf berechnet, in dieser Art zu wirken.
Eine fromme Weise ist das sich an-
schlieCende Pastorale, auch gliicklich in
der Erfindung und schon in der Stimmen-
fuhrung. Am wenigsten gelungen scheint
mir der zweite Satz, in dem der Kompo-
nist unternimmt, den gottlichen Lichtfflanz,
der die Hirten umleuchtet, zu schiidern,
n'amlich mit feinen, kurzen Noten, die wohl
ein unruhiges Flimmern, aber keinen gott-
lichen Glanz darzustellen vermogen. Der
innerlichste Teil, und dies spricht sehr fur
den Komponisten, ist die Anbetung der
Weisen, wenn auch in diesem Liszt in
Melodie und Harmonien spricht; gelingen
kann aber ein derartiger Satz doch nur
einem wirklichen Kunstler; die Beifugung
des Chorals ist durchaus in der Situation
und kun8tlerisch, erst unsere nuchterne und
realistische Zeit konnte ein solches Gewicht
auf Anachronismen legen. Der letzte Satz
gibt am wenigsten Innerlichkeit, arheitet
etwas stark mit dem Material und legt zu
viel Gewicht auf die 'aufiere, nicht innere
Freude ttber die Greburt dea Herrn. —
Buys, von dem ich weiter kein Wort kenne
(das Quintett tragt auch keine Opuazahl),
ist jedenfalls ein Komponist, der von der
HeerstraCe abweicht, modern, wenn auoh
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fiosprecbuDg von Musikalien.
469
nicht darchaus neu, aber ein Kunstler rait
Poesie und Glauben. Im ubrigen, und dies
rechtfertige die ausfuhrlichere Besprechung,
ist dies Werk wieder eines jener Zeugnisse
des Erwachens st'arkeren kirchlichen Sinnes
in der Musik. Es miifcte doch eigentum-
lich sein, wenn Werke wie der Parsifal,
der Christus, auch die Bruckner'schen
Messen, keine starker religios metaphy-
. sische, nicht etwa rein philosophische Zeit
voraus verkiindeten. Als ein kleines Bei-
spiel der Nachfolge, zumal auf dem Gebiete
der Kammermusik, hat dieses Quintett
einige Bedeutung. A. H.
Werke aua dem Verlag Breitkopf und
Hartel in Leipzig.
Capellen, Georg. Op. 26. Shogaku
Shoka, Japanische Volksmelodien.
A 3.—.
Capellen hat eine Reihe japanischer
Kinderlieder als zweih'andige Klavierstiicke
bearbeitet; die Melodien, von Is aw a, dem
Direktor des Lehrerseminars in Tokyo, ge-
eammelt, sind dem Europ'aer durch die
{philologisch-kritiBche} Arbeit RLange's
Mitt. d. Semin. f. orient. Spr. zu Berlin,
III. Abt. 1, 1900; zug'anglich geworden.
Die leicbt spielbaren, zum groBeren Teil
recht wohlkhngenden Stiicke werden vielen
Musikfreunden willkommen sein. Es wiirde
genugen, dies zu konstatieren, wenn nicht
Capellen in einer kurzen Vorbemerkung
durch den Hinweis auf mehrere wissen-
schaftliche Arbeiten iiber japanische Musik
den Anschein erweckte, als wolle er das
europ'aische Publikum mit dem Wesen
ostasiatischer Musik bekannt machen. Es
kann nicht genug betont werden, daB Har-
monisierungsversuche hierzu nicht nur un-
geeignet sind, sondern das gerade Gegen-
teil des Beabsichtigten bewirken. Harmonie
ist der ostasiatischen — wie fast aller auBer-
europaischen — Musik ebenso fremd, wie
sie in unserem musikalischen BewuBtsein
vorherrscht. Alle einzelnen Eigentumlich-
keiten der japanischen Musik — pentato-
nische Leitern, intermediare Intonation von
Terzen und Sexten, Mangel von Tonika,
Leitton und Tonalitat in unserem Sinne,
Teilschliisse auf der zweiten Stufe usw. —
wurzeln in der Homophonie und werden
durch Harmonisierung unrettbar verwischt.
Die Kluft ist uniiberbrtickbar, Kompromisse
von vornherein aussichtslos. C.'s Bearbei-
tungen bestatigen diese Ansicht. Verhalt-
nismaGig am wenigsten sprode verhalten
rich noch die von I saw a selbst kompo-
nierten Melodien. "Wer eine ^roBere 2Jahl
alter japanischer Melodien einerseits, die
Beformbestrebungen der heutigen Japaner
andererseits kennt, wird sich des Verdachtes
kaum erwehren konnen, daC Isawa's Me-
lodien schon stark unter europ'aischem Ein-
fluB stehen (vgl. namentlich Nr. VI., XI.
— dessen Bearbeitung an Humperdinck
anklingt — , XII). C. sah sich genotigt, mit
dem Dominantakkord zu schlieBen (I, IX)
Vorzeichen (VIII; und Leittone (III; ein-
zufuhren, die der Melodie fremd sind, selten
vorkommende Durchgangstone zur Tonika
zu erheben (VII; usw. Seltsame Harmonien
und unerwartete "Wendungen der Modula-
tion vermogen wohl den Eindruck des
Fremdartigen zu erzeugen, man wird sich
aber huten miissen, die Stimmung als >ja-
panisch* miBzuverstehen. v. Hornbostel.
Handel, Orgelkonzert op. 4 Nr. 2
(Max Seiffert) Partitur M 3. Orgel-
und Cembalostimme M 1,50. Or-
chesterstimme M 0,30.
Collegium musicum. Fasch, Trio fur
2 Violinen und Violincello (Basso
continuo) in F-dur (Nr. 11) und
G-dur (Nr. 12), Gluck, Trio in
A-dur (Nr. 34) (Hugo Riemann).
Klavierstimme Ji 3. Streichstimme
je j* 0,60.
Mozart, Konzert in D-dur fur Horn,
Ausgabe fiir Viola und Pianoforte
von Gaston Marchet, kompl. Ji 2,60.
Schubert, Messe in G-dur. Klavier-
auszug mit Text von Fr. Spiro. Jl 3.
Liszt, Orpheus, Les Preludes, fur Kla-
vier arrangiert von A. Stradal, a Jl 3.
Das Handel'sche Orgelkonzert ist das
zweite der 1738 bei "Walsh in London er-
schienen ersten sechs Orgelkonzerte. Die
Seiffert'ache Bearbeitung berucksichtigt
alles, was die Musikwissenschaft in bezug
auf die Spielmanieren jener Zeit zutage
gefordert hat. Wichtig ist, daB besonders
auch den Verzierungen und Manieren Rech-
nung getragen ist und diese Bearbeitungen
deshalb ganz aus friiherer Praxis geschopft
sind. Auf Handel's Werke und zwar ge-
rade seine Konzerte, kann in unserer Zeit,
die so sehr von Bach beeinfluBt ist, immer
und wieder nicht ernstlich genug hinge-
wiesen werden. — Von den Bearbeitungen
Riemann's ist friiher schon die Rede ge-
wesen. Sie arbeiten mit stark polyphonem
Apparat und sind, fur mein Gefuhl, beson-
ders auch wegen ihrer Rhythmen zu kiinst-
lich. Ob es nicht einen kleinen Eingrifif
bedeutet, wenn das Thema des Allegro in
dem Gluck^chen Trio
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470
Zeitschriftenschau.
in dieser Gestalt:
m
r^
gebracht wird, stelle ich der offentlichen
Beurteilung anheim. Wotquenne, in seinem
Verzeichnis der Werke Gluck's, zitiert erstere
Fassung, die Riemannsche wiirde sich
eventuell bei der Repetition empfehlen. In
der Gluck'schen Epoche bereits die Echo-
effekte zu ignorieren, habe ich bis dahin,
wenn die ifomponisten nicht ganz beson-
ders ihren Willen kundgeben, in der Praxis
keinen Anhalt gefunden. Selbst die Mo-
zart'sche Epoche arbeitet damit noch sehr
stark, ohne daC diese dynamischen Effekte
besonders angemerkt waren. Dem moder-
nen Mensch erscheinen vielleicht diese so
simpeln Vortragsmanieren in der Musik
dieser Zeit zu haufig; das Empfinden dieser
Zeit von dem unsrigen abh'angig zu machen,
halte ich nicht fur richtig. EchoefFekte
hiibsch und fein gebracht, wirken in dieser
idealen Gesellschaftsmusik so zwanglos und
reizend, daC selbst ein modern una natttr-
lichempfindender Mensch seine Freude daran
hat. Bedeutend ist das F-dur-Trio von
Fasch, ein Stiick von ausgezeichneter Arbeit
und in dieser Beziehung an die besten Zei-
ten des Triosatzes erinnernd; starker als
bei anderen tritt das Violoncello mit selb-
standigen Figuren hervor. Ganz prachtig
ist der Aufschwung im ersten Allegro zu
einem figurierten Konenakkord; schade,
daB das Klavier die beantwortende kon-
zertierende Cellofigur ebenfalls mit Sechzehn-
teln etwas unterdriickt. — Das Mozarfsche
Hornkonzert fiir Bratsche zu ubertragen. ■
halte ich, wenn man Transskriptionen gel-
ten 1'aBt, fur einen ganz verniinftigen
Gedanken; der Hornklang kommt verhalt-
nism'afiig auf der Bratsche ganz gut
zur Geltung. Das Konzert hat nur zwei
Allegros'atze, ist einfach und anspruchslos.
ajper einige Wendungen im zweiten Satze
zeigen doch schnell, mit wem man es zu
tun hat. Mozart hat es mit drei anderen
Konzerten fiir den Hornisten Leutgeb, den
er kiinstlerisch nicht sehr hoch einschatzte
und an dem er seine Laune in der tiber-
mutigsten Art oft auslieB, komponiert. —
Uber die kleinen Fehler der G-dur-Messe
Schuberts, die in der Gesamtausgabe der
Werke dieses Meisters vorhanden sind, hat
Fr. Spiro in dieser Zeitschrift ;V. 2j be-
richtet. Jetzt liegt zum erstenmal ein
von diesen und von anderen Fehlern ge-
s'auberter Klavierauszug des prachtigen
Werkes vor, das Schubert mit 18 Jahren
komponierte. — Von den Bearbeitunpen
Stradal's von Liszt'schen Werken ist firuner
die Rede gewesen V, 8. S. 338); sie sind
sehr geschlckt und diirfen kiinstlerischen
Anspruch erheben. A. H.
Zeitschriftenschau.
Verzeichnis der Abkiirzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Abell, M. The Frankfort festival, MC 25,
24.
Albrecht, A. Indianische Musik. Zeit:
(Wien), 600.
Altmann, W. Brahms' Jugendlieben. Zeit
606. I
— Zur Geschichte der Konigl. PreuBischen |
Hofkapelle, MK 3, 19.
Anonym. A father of music (Carissimi),
MT 737. ~ Aus Lyra's musikalischen Er- 1
lauterungen von Luther's deutscherMesse,
Si 29, 6fif. — Das 25jahrige Jubilaum
des Evangelischen Kirchengesangvereins
fiir Hessen in Darmstadt (16. Mai ff . ,
ibid. u. CEK 18, 7 '8 von H. Sonne. —
Conried uber Parsifal, New York, AMZ
31, 27. — Der gregorianische KongreB
in Rom, KVS 19, 1. — Die Gewand-
hauskonzerte in Leipzig. Leipziger Volks-
zeit. 146. (Ausfuhrliche Kritik der Ge-
wandhausverhaltnisse.) — Die 13. Zente-
narfeier zu Ehren Gregors des GroBen
in Rom, GBo 21, 6. — Het Muziekfest
te Utrecht, Cae 61, 7. — Influence of
the Russian Liturgy, Bibliotheca sacra
Kegan Paul) Jan. — Music loan exhi-
bition at Fishmongers Hall, Musical Stan-
dard 22, 649. — Musical copyright bill
1904, M. Standard 22, 648. — Musical
copyright bill 1904. Musicians' and pub-
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Zeitschriftenschau.
471
lishers protest, Musical Standard 22, 549.
— The lower Rhine musical festival at
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grammfrage, SMZ 44, 22. — Zur Richard
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Mathilde Wesendonk, L 27, 18. — Neues
Motu proprio Pius1 X., betr. vatikanische
Choralausgabe, C 21, 6. — National fede-
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Harold & Co. 201 A, Shaftesbury, Avenue
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musical literature. Nr. 18 J 904) [Ancient
and modern) Second-hand.
Oelsner, Verlag, Antiquariat, Bueh- und
Musikalienhandlung. Leipzig, Neumarkt
30. Katalog Nr. 38. Knthalt Musik jeder
Art, ferner Bucher iil>er Musik, darunter
an alteren Werkcn Mar purg : Anfangs-
grunde der theoretischen Musik, 1757,
dessen Handbuch bei dem Generalbasse
und der Komposition, Mattheson:
• Kleine GeneraloaGschule 1735.
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474 Mitteilungen der >Internationalen Musikgesellschaft*.
Mitteilungen der „Internationalen Musikgesellschaft".
Ortsgruppen.
London.
At the musical Association: - (A) On Tuesday 12th April 1904, Mr. Algernon
Rose lectured on Primitive African Instruments; Mr. T. L. Southgate in the chair;
discussion by Chairman, and Messrs. D. J. Blaikley, W. H. Thelwall, and lecturer.
B) On Tuesday 10th May 1904, Dr. W. H. Cummings read a paper criticising the
details of Chrysander's "performing edition" of Handel's "Messiah"; Dr. Charles
Maclean in the chair ; discussion by Chairman, and Messrs. F. G. Edwards, Otto Gold-
schmidt, T. L. Southgate, and lecturer. (C) On Tuesday 14th June 1S04, Mr. Donald
Francis Tovey read a paper on ''Permanent Musical Criteria"; Mr. T. L. Southgate
in the chair; discussion by the Chairman, Mr. H. H. Statham and lecturer.
J. Percy Baker, Secretary.
Neue Mitglieder.
HeB, Heinz, Kapellmeister, Konigsberg- I Staiger, Robert, stud. phil. Berlin, NW. 23,
Mittelhufen, BahnstraBe 3 0. | ClaudiusstraBe 18 II Gh.
I Wachtel, Ludwig, Berlin W. 60, Wurz-
Musikschule Dir. Jul. Pick), St. Gallen. I burgerstraCe 19.
Inhalt des gleichzeitig erscheinenden
Sammelbandes.
W. Barclay Squire (London). PurcelPs Dramatic Music.
Arnold Schering (Leipzig). Zur Bachforschung II.
Fritz Bruckner (Leipzig). Georg Benda und das deutsche Singspiel.
J.-G. Prod'homme (Paris'. Bibliographie berliozienne.
Auggegeben Ende Jail 1904.
Fiir die Redaktion verantwortlich : Dr. Alfred Heufl, Leipzig, Czermacks Garten 16.
Drock und Verlag von Breitkopf & Hartel in Leipzig, Nilrnberger Strafie 36.
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ZEITSCHRIFT
DER
INTEMATIONALEN MUSIKGESELLSC
Heft 12. Fflnfter Jahrgang. 1904.
Erseheint monatlich. Fur Mitglieder der Internationalen Musikgesellschaft kostenfrei,
fBr Nichtmitglieder 10 Jt. Anieigen 26 # fur die 2gespaltene Petitseile. Beilagen 16 Jt.
Hector Berlioz juge par Adolphe Adam.
La Revue de Paris a publie* cours de l'annee derniere, une correspondance
adressee de 1836 a 1850, par Adolphe Adam a un ami berlinois, Spiker,
qui 6tait alors r^dacteur de la Sperner'sche Zeitung. Ces lettres, qui ont
e*te* mises au jour au^moment ou Yon celebrait le centenaire de l'auteur du
Postilion de Lonjumeau (116 en 1803, comme Berlioz) rendent bien peu
sympathique le caractere d' Adolphe Adam. Jaloux de presque tous ses
confreres contemporains, Adam attaque principalement, non seulement avec
en vie, mais sans noblesse, Spontini et Berlioz; son g£nie, facile a l'exces,
ne pent comprendre la musique dite savante et, non moins que ces deux
maitres, il attaque Meyerbeer, dont les succes semblent l'epouvanter. Bornons-
nous pour l'instant a Berlioz, a l'egard duquel il fit preuve, jusqu'a FEnfance
du Christy d'une incomprehension absolue, et citons les principaux passages t
des lettres a Spiker ou il le juge et comme artiste, et comme personne privee.
H 3crit le mercredi 30 novembre 1836:
<Berlioz annonce pour dimanche, sous le titre de concert, un de ces charivaris
qu'il intitule symphonies fantastiques. Je ne vous dis cela que pour memoire, parce
que je ne Tirai certainement pas Tentendre. Si barbares que puissent etre les compo-
sitions de Spontini maintenant, je suis bien sur que c'est du Cimarosa a cote* de ce
que fait ce fou-la, qui se croit un Beethoven, parce qu'il a reuni chez lui, avec mul-
tiplication, tous les defauts de ce grand homme sans avoir une seule de ses quality.
Mais vous savez le proverbe:
«Un sot trouve toujours un plus sot qui Fadmire.
«Et, comme vous le savez aussi, numerus stxdtorum est mftnitus.*
Quelques mois plus tard, le 6 juillet 1837, c'est en ces termes qu'il
annonce le Requiem:
«Le savant maestro Berlioz ne parait pas convaincu de la possibility de produire
des effets avec de petits raoyens, car il vient de composer une messe funebre pour
les victimes de juillet, ou il a introduit quatre orohestres de trombones et instruments
de cuivre : j'aimerais mieux qu'il y eut dans son oeuvre une seule phrase de chant, mais
c'est une denre*e dont il n'use pas et qui 6tait bonne pour des Mozart et des Haydn,
mais indigne d'un ggnie comme le sien. La melodie! voila une belle chose! Parlez-moi
de dix-huit trombones concertant entre eux! voila le vrai genie !>
Mais la cer£monie n'ayant pu avoir lieu, comme on sait, Adam 1' annonce
le mois suivant, avec joie a son correspondant. Et plus loin, a propos des
Etats de Blois* d'Onslow, il refuse a Berlioz
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Z. d. I. M. v. 35
476 J.-G. Prod'homme, Hector Berlioz juge" par Adolphe Adam.
«le talent de faire de l'effet avec peu, lui qui est si embarrasse d'en faire avec les
cent-cinquante musiciens qu'il lui faut pour ex£cuter la moindre de sea symphonies.*
(27 septembre 1837).
D'ailleurs,
«il n'y a que dans un pays ou Berlioz est parvenu a persuader au public qu'il etait
musicien qu'il soit permis de faire entendre de pareilles choses (il s'agit de PiquiQo,
musique de Monpou, paroles d' Alexandre Dumas et Gerard de Nerval, joue* le 31 octobre
1837). On appelle cela de la musique romantique; cela veut dire qu'il n'y a ni rhythme,
ni carrure, ni tonalite, ni instrumentation, ni plan dans les morceaux, ni rien enfin
de ce qui constitue Tart. H faut dire pourtant qu'il y a ce que Berlioz n'a jamais eu,
quelques idees melodiques. Mais le plus curieux est que Berlioz a fait on feuOleton
dans les Debate ou il reproche a Monpou tous les defauts qui sont les siena et le
loue de la qualite qui lui manque si essentiellement a lui, Berlioz.*
Cependant le Requiem, qni n'avait pas ete execute en juillet, le fat en
decembre, a roccasion des fun brailles nationales en l'honneur da g£n€ral
Damr^mont; Adam reprend aussitot la plume:
<Nous avons eu une chose bien curieuse, c'est la messe des morts de Berlioz, qu'on a
executee aux Invalides pour le general Damr&nont, tue devant Constantino. II y
avait quatre cents musiciens et on lui avait alloue pour cela vingt-huit mille francs.
Vous ne pouvez vous figurer rien de pareil a cette musique, qui, outre un orchestra
considerable dans les proportions ordinaires, comprenait l'adjonction de vingt trom-
bones, dix trompettes et quatorze timbales. Eh bien! tout cela n'a pas fait le moindre
effet, et pourtant vous allez voir tous les journaux, a bien peu deceptions prea, pro-
clamer cette messe comme un chef-d'oeuvre. Cela vient de ce que Berlioz est lui-
meme journaliste; il ecrit dans le Journal des Debate, le plus influent de tous, et tous
les journalistes se soutiennent. II faut dire que s'il est un detestable musicien, en revanche,
il ecrit fort elegamment; mais vous pensez que les idees d'un pareil homme doivent
etre fort singulieres en musique. fi nie tous les musiciens excepte* Beethoven et
• Meyerbeer; et ce qu'il admire chez le premier, ce sont les defauts que nous sommes
obliges de reconnaitre; il n'admet pas la melodie, et ce qu'il admire le plus dans
Meyerbeer, c'est un roulement de timballes d'un finale des Huguenote. II admire
et ne cherche que les combinaisons bizarres d'instruments; ainsi, dans sa messe, un
des passages qu'il aftectionnait etait ainsi concu: c'etait deux flutes tenant une tierce
a l'aigu, pendant que les trombones faisaient entendre des notes graves de peclale
inusitees sur cet instrument; et puis rien du tout dans Pintervalle
«On ne peut imaginer rien de plus niais, si ce n'est ceux qui admirent de telles
platitudes. D parait que Schlesinger va graver la messe, et, par curiosite, je vous
invite a la parcourir* (11 decembre 1837).
Un mois plus tard, parlant de la piece qu'il vient de faire representer,
d'apres un livret de Scribe le Fiddle Berger*), Adam renouvelle ses attaques
contre la Gazette et son directeur:
«Les journaux me rendent generalement justice, sauf la Oaxette musicale de Schle-
singer qui me reproche une facilite (il y a huit mois que je travaille a cet ouvrage .
H est vrai que l'article est du sieur Berlioz qui, depuis onze ans, a produit denx
ouvertures et deux symphonies et une messe.* (14 Janvier 1838).
Ce qui est une calomnie, bien que la musique franchise n'ait qu'a felici-
ter Berlioz de n 'avoir pas produit line centaine d'operas-comiquea. II suffit
de consulter le catalogue de ses oeuvres pour voir que Berlioz avait deja, a
l'epoque ou ecrit Adam, un bagage musical assez serieux.
1} A TOpera-Comique, le 6 Janvier 1838. ^.
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J.-G. Prod'homme, Hector Berlioz juge* par Adolphe Adam. 477
« En France, reprend celui-ci quelques semaines plus tard, la presse musicale est,
entre les mains de pauvres diables qui ont vainement essaye de produire leur musique et
qui, n'ayant pu y parvenir, se sont jetes dans la critique et ne pardonnent pas a ceux
qui ont quelques idees musicales dans la tete, et il est a remarquer que chez nous,
ou Ton aime la melodie par-dessus tout, les melodistes sont maltraites par les jour-
nauz. Qu'Auber donne un ouvrage: « Petite musique!> diront-ils. Mais qu'Onslow
fasse quelque chose: « Admirable, savante partition!* s'ecrieront-ils en chceur. II est
vrai que le public ne se laisse pas beaucoup prendre a ces attrapes.
«Enfin au mois d'aout, nous allons avoir un opera de monsieur Berlioz. B sera
bien traite de la presse, celui-la, car les loupe ne se mangent pas et vous savez
qu'il tient le sceptre au feuilleton des Debate: c'est de la qu'il lance ses anathemes
contre Auber et moi, qui sommes ses deux betes noirs. Auber est cependant tres
bien avec lui en ce moment. C'e'tait son tour de passer apres Halevy et il Pa cecle"
a Berlioz: c'est un coup de maitre, car cela ne fera que mieux ressortir son ouvrage,
apres la chute inevitable du precedent.* (28 avril 1838).
Apres la premiere representation de Marguerite, de Scribe et Planard,
musique d'Adrien Boieldieu fils, Adam fait connaitre en passant son opinion
sur le pere du compositeur; elle est telle qu'on doit s'y attendre.
«Boieldieu fils est un pauvre jeune homme de vingt-deux ans a qui son pere n'a
laisse* qu'un beau nom et le fardeau d'une grande reputation et d'un immense talent
a continues >
Mais, avant fe Lac des Fies, d' Auber, on doit jouer a 1'OpSra
<un opera en deux actes du sieur Berlioz. Voila qui sera curieux: les acteurs qui le
repetent en disent de belles; attendons la premiere representation, qu'on fixe au mois
d'aout: je vous tiendrai au courant.» (18 juin 1838).
C'est la deuxieme annonce que fait Adam de Benvenuto Cellini. Le
2 septembre, apres la r£pe*tition generate, une tres longue lettre nous donne
de curieux renseignements sur les rapports entre Berlioz et la famille des
Bertin, a propos de cet opera pen heureux, comme on sait:
«Cest aussi le d6but d'un musicien, dit-il, apres avoir parte du premier ouvrage
d'Ambroise Thomas, le Perruquier de la Begence, mais de quel musicien! D'un homme
qui sans avoir jamais pu produire un morceau qui eut forme humaine, est parvenu a
persuader, a force de l'imprimer et de le crier partout, qu'il etait un grand homme,
un geme meconnu. En verity quand j'entends proclamer que le peuple francais est
le plus spirituel de la terre, je suis tente* de croire que Ton ne dit cela que pour se
moquer de nous, qui sommes au contraire les plus niais et les plus dupes que Ton
puisse imaginer. Vous ne pouvez vous figurer tout ce qu'on a eu ['impudence d'ecrire
sur le compte de M. Berlioz. C'est ainsi qu'apres cette mauvaise plaisanterie de sa
messe funebre, ou Ton ne remarque qu'un morceau execute" par vingt trombones, huit
trompettes et treize timballes, M. Bottee de Toulmon ecrivit dans la OaxetU musicale,
de Schlesinger, un article on il disait que Mozart et Cherubini avaient en vain tente
de faire une messe des morts, mais qu'enfin Berlioz etait venu accomplir cette grande
pensee incomprise jusqu'a lui
«D y a quinze jours que le Journal des Debats a donne" un feuilleton de FrecLeric
Soulie ou il dit que les formes carries et monotones 6taient passees de mode, que
rinfecondite de Meyerbeer ne pouvait suffire a l'Opera et que le seul homme capable
de le sauver £tait Berlioz,
«I1 faut vous expliquer l'ascendant de Berlioz aux Debats , ce journal devant qui
tremblent les ministeres et le plus remarquable de tons les journaux francais comme
influence et redaction litteraire. M. Bertin de Vaux, pair de France et proprie*-
taire du Journal des Debats a le malheur d'avoir une fille paralytique-nee et infirme
a ne pouvoir se bouger. Cette malheureuse creature a une passion, c'est la musique,
mais non la musique des autres, la sienne, ce qui est une effroyable chose. B y
35* ^°
478 J.-GK Prod'homme, Hector Berlioz juge* par Adolphe Adam.
quinze ans qu'elle fit representor an opera-comique, paroles de Scribe, intitule le Loup-
garou. La piece etait fort jolie et n'avait qu'un acte: aussi fut-elle jouee one ving-
taine de fois. Fetis en avait dirige les repetitions et, pendant quelques ann^es, Fetis
et Scribe se virent portes aux nues par les Debate. On redemanda un second poeme
a Scribe, qui jugea avoir assez fait poor les Bertin et refusa net. De la guerre a mort
dans lea Debate, qui ne lui ont jamais pardonne. Mile Bertin ecrivit un Fausto
en trois actes, pour les Italiens, qui le jouerent trois fois devant un public de famille:
on avait loue la salle pour trois representations. Puis Mile Bertin voulut faire un grand
opera, et Victor Hugo, pour s'assurer l'appui des Debate, consentit a ecrire un
detestable livret sur le sujet de Notre-Dame de Parte, Mais il fallait un musicien pour
urveiller les repetitions et mettre l'ouvrage en etat d'etre represents. Berlioz s'offrit
courageusement.
«D faut vous dire que, s'il ne sait pas faire de musique, en revanche, il sait en
parler, il a beaucoup de vigueur de style et d' origin alite d'expression. On lui donna
done le feuilleton des theatres lyriques: e'est la qu'il developpa ses doctrines, qu'il ecrivit
que la musique italienne lui etait si antipathique qu'il aurait voulu miner le Theatre-
Italien et le faire sauter, acteurs et spectateurs, quand on jouait un des premiers ou-
vrages de Rossini; que la musique de Zampa est une musiquette parisienne, qui n'avait
pas cours hors des barrieres de Paris; qu'Auber et moi etions, non des compositeurs,
mais des faiseurs de contredanses. Cependant , comme il lui fallait bien louer quel-
que chose, il prit en amour trois compositeurs, Gluck, Spontini et Beethoven; depuis
il y a joint Meyerbeer, pourquoi? on n'en sait rien, car sa musique ne se rapproche
pas plus de celle de ces grands genies que de celle des compositeurs qu'il a pris a
tache de denigrer.
«Malgre l'insuccfes de Y Esmeralda de Mile Bertin, la protection des Debate
continue a pousser Berlioz. Ainsi elle lui fit payer et ex^cuter une messe des morts
qui fut ex^cutee aux obseques du general Damre*mont, puis elle voulut lui faire ob-
tenir la direction du Theatre -Italien. Mais les Chambres ont eu le bon esprit de ne
pas vouloir mettre a la tete de cette inatitution un homme qui s'en etait declare l'en-
nemi acharne.
«Enfin on parvint a lui faire recevoir et monter a l'Opera un ouvrage en deux
actes, Benvenuto Cellini, dont on s'occupe depuis trois mois et ou personne ne
peut se reconnaitre: je vais vous en donner une preuve. A une des repetitions, les
seconds violons etaient en retard d'une mesure sur les premiers; cela dura cent
trente et une mesures, sans que Berlioz, Habeneck, les chanteurs et les musiciens
s'en apercussent. Oe ne fut qu'a une mesure de silence, ou tout l'orchestre s'arreta,
sauf les seconds violons, que Ton reconnut qu'il y avait faute.
<Tout ce que je pourrais vous dire ne vous donnerait pas une idee du charivari
que j'ai entendu hier soir, de sept heures et demi a onze heures, car les deux actes
durent trois heures et demie. Ge qu'il faut admirer, e'est que les artistes aient pu
se fourrer ce gachis dans la memoire. Habeneck, dont vous connaissez lliabilete, a
failli renoncer a conduire ce chaos. Quoique la salle fut remplie d'amis des auteurB,
rien n'a produit d'effet, malgre le talent, de Duprez, de madame Dorus et des premiers
sujets: on aurait eu honte d'applaudir.
<B y a au premier acte un morceau qui commence a une voix, continue a deux
et reprend a trois, mais sans motif et sans aucun plan. «Mon Dieu!> dis-je a une
jeune et jolie cantatrice placee pres de moi, «je ne peux rien comprendre a cela. Oe
«n'est ni un solo, ni un duo, ni un trio. — <Je le crois bien!> me repondit-elle, < e'est
«un Berlio!>
«Je ne veux pas vous en dire plus long sur cette repetition: quelle que soit la
longueur de cette lettre, j'y ferai encore un supplement, demain soir, apres la premiere
representation, dont je suis impatient de connaitre le resultat. Pour pen qu'il y ait
quelques pay ants, je ne sais si cela pourra aller jusqu'a la fin.
<Mardi, 4 septembre.
«H faudrait que je retardasse ma lettre de huit jours pour vous rendre eompte
de la premiere representation qui vient d'etre recuiee par une indisposition de Duprez. >
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J.-Gh Prod'homme, Hector Berlioz juge par Adolphe Adam. 470
Et, trois semaines pins tard, revenant sur ce < miserable ouvrage> :
«Malgre des eioges outr^s des journaux, qui ont dit crument au public qu'il etait
un sot et que cette musique etait admirable, le public a voulu rester sot; il n'en est
venu que fort peu a la deuxieme representation et encore moins a la troisieme oil
Ton n'a fait que 2900 francs de recettes, quoique Duprez jouat dans l'ouvrage, et Ton
ne fait jamais moins de 6000 francs quand son nom est sur l'affiche. Vous compfenez
que le directear ne s'est pas soucie de jouer un opera qui lui ooutait si cher. Vous
ne pouvez vous imaginer quelle a ete la fureur des journaux de la coterie et c'est sur
le pauvre Duprez qu'ils sont retombes: maintenant, a les entendre, cet admirable
chanteur n'est plus bon a rien, il faut bien vite faire revenir Nourrit pour jouer
Benvenuto (Mini et YEsmeralda de Mile Bertin. En attendant, Alexis Dupont est
charge* d'apprendre le role de Duprez et on nous menace d'une quatrieme representation,
mais cette musique ne s'apprend pas facilement et il se passera peut-etre encore un
mois avant que le chef-d'oeuvre reparaisse a la lumiere.* (28 septembre 1838).
Au mois de mai 1839, la mort de Paer laissant une place vacante a
l'Institut, Adam reaolut de s'y presenter, concurrement avec Spontini. Le
nom de Berlioz avait ete egalement prononce par ses amis. Ausaitdt, le
15 mai, Adam £crit:
< Je ne sais en verite pourquoi on pretend que vous autres Allemands etes moins
passionnes que nous. En France quand un artiste a du talent, on le paie et on Tap-
plaudit un peu; puis il y a vingt journaux qui le dechirent, s'il ne les paie pas, ou qui
le proclament superieur a tout s'il les subventionne, mais l'enthousiasme ne va pas
plus loin. Il est vrai que quand on 6crit soi-meme dans ces journaux, comme Berlioz,
on rec,oit la croix d'honneur pour n'avoir rien fait que denigrer le talent des autres
sans avoir jamais fait preuve de rien. Voici un article curieux extrait d'un journal
a lui devout: «La mort de Paer laisse vacante une place a l'Institut. Quoique Tusage
«ne soit pas d'admettre des candidate a leur premiere presentation, il nous semble que
«rinstitut sTionorerait en nommant d'embiee le brillant auteur de Benvenuto Cellini
«et le digne successeur de Beethoven. » Que dites-vous d'un monsieur qui invoque
comme titre de gloire un opera qui n'a ete joue que quatre fois et qui est tombe* sous
lea sifflets! .... Spontini se met sur les range, quoiqu'il ne soit pas naturalise" Francais
e qu'il soit a la solde du roi de Prusse .... Sa presentation me fait beaucoup de
tort. On n'aime pas l'homme, mais on rend justice a Tauteur de la Vesiale et de
Cortex et ses titres sont bien plus puissants que les miens: il n'y a done nul doute
sur son admission, s'il consent a renier le pays qui le nourrit depuis quinze ans . . , .
J'ai commence il y a trois jours mon nouvel opera; il faut que je l'aie tannine le
15 aout, ou que je paye un dedit vingt mille francs au directeur et je n'y suis pas du
tout dispose. > [15 mai 1839).
Apres un voyage en Bussie et en Allemagne, an cours duquel Adam vit
Spiker a Berlin, la correspondance , interrompue par l'absence de Paris,
reprend de plus belle; en juillet 1840, Adam annonce la ceremonie qui doit
avoir lieu pour la translation des restes des victimes de juillet:
«Nous allons avoir de la musique compoeee ad hoc par maitre Berlioz, il y aura
deux cents instruments a vent et du canon dans les forte, cela sera joli! II est vraiement
honteux pour nous autres compositeurs francais de voir les faveurs du gouvemement
se r^pandre sur un homme dont le caractere et le talent sont aussi meprisables; le
Journal des D&bats ne conserve meme pas sa dignite* en ouvrant son feuilleton a M.
Berlioz, qui y r£pand sa haine de mauvais gout contre tout ce que le public consacre
par ses applaudissements.> (23 juillet 1840).
Cependant, apres la repetition generale, Adam convient que
«dans le deuxieme morceau, il y a une peroraison qui est d'un grand effet et bien
fluperieure a tout ce qu'il a fait jusqu'a present .... En somme, il y a un gram"
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480 J.-G. Prod'homme, Hector Berlioz juge" par Adolphe Adam.
progres, car les phrases sont coupees carrement de quatre en quatre mesures et se
comprennent facilement. J'aurais voulu que les journaux rendissent justice comme
je le fais et oonstatassent ce progres; mais, il n'en a rien ete: tous se sont perdus en
eloges exageres et ont dit que cette derniere composition Stait a la hauteur des pre^
cedentes, tandis qu'il y avait une grande superiority.* (10 aoiit 1840).
Mais bientot Adam, comme s'il avait peur d'avoir 6t6 trop loin dans
l'eloge, s'empresse de la rectifier, douze jours plus tard le 22 il 6crit:
Mon excellent ami!
« Je t'ai done donne* une idee bien favorable de la nouvelle production de Berlioz!
Je ne voudrais pas te dissuader entierement, mais je voudrais cependant que tu ne
t'en nsses pas une idee trop exageree. II nous est impossible de juger Berlioz du
point de vue ou vous en etes a Berlin; vous devez etre eblouis et aveugles par la
fumee compacte de l'encens que ne cessent de bruler en son honneur tous les organes
de la presse indistinctement. Cette unanimite ne tient qu'a une cause, e'est que Berlioz
est le seul musicien qui ecrive sur la musique dans un grand journal ; le compte-rendu
des ouvrages lyriques est confix dans d'autres feuilles a des gens de lettres qui n'ont
aucune notion cet art et qui sont en admiration devant un homme en etat de dire
si un morceau est en ut ou en sol. Lorsqu'il se trouve d'autres musiciens maniant
la plume dans les journaux, tels que Mainzer et F6tis, ils ne sont pas si indulgents.
«Tu t'imagines que mon peu de sympathie pour l'homme a pu fausser mon juge-
ment sur son talent, et tu te trompes. Personne n'est plus dispose que moi a rendre
justice au mente partout ou il se rencontre, et je n'en veux d'autre preuve que l'em-
pressement que j'ai mis a te signaler ce qu'il y avait de bien dans ce qu'il nous a
donne* dernierement. Tout se juge comparativement: chez quelques-uns, le mieux n'est
que le moins mauvais; s'il se fut agi de Rossini, d'Auber ou de Meyerbeer et qu'ils
nous eussent donne* quelque chose de pareil a ce qu'on proclame aujourd'hui comme
un chef-d'oeuvre, il n'y aurait pas de critiques assez ameres contre la faiblesse de leurs
compositions. Chez Berlioz, on a trouve" une phrase bien rhythmee, pas trop decousue
d'harmonie et assez large, a son debut au moins, pour pouvoir etre saisie facilement. On
a crie* au miracle et e'en est un, en effet, que de voir au bout de douze ans ce com-
positeur accoucher enfin d'une phrase de seize mesures qui ressemble un peu a une
melodie; voila ce qui a excite l^tonnement au plus haut point.
«Ce qui a rehausse* le triomphe de Berlioz, e'est de voir des gens qui n'ont jamais
compris cette renommee bas^e sur l'outrecuidance et la fatuite sans etre appuy£e sur
aucune oeuvre recommandable, qui 6taient accourus pour entendre cette nouvelle com-
position, applaudir a ce progres. Cela a prouve qu'il y avait de la bonne foi chez
ses adversaires, tandis qu'il n'y en a aucune chez lui.
«Hier encore, il a donne" un feuilleton sur la Neige d'Auber1), ou il dit que cette
partition lui a paru plus mesquine et plus miserable qu'a sa premiere apparition, il y
a dix-sept ans. Je ne puis de sang-froid entendre trait er ainsi un homme que je regarde
comme le premier musicien du siecle apres Rossini, et dont les plus faibles ouvrages
seront toujours des chefs-d'oeuvres opposed a ceux de son ZoTle.
«Non, je ne considere pas comme un compositeur un homme qui ne pent produire
quelque effet qu'avec une armee d'executants qu'il n'a jamais employee au-dessous du
chiffre de deux cents, un homme qui dans un op£ra en deux actes n'a pu faire un seul
morceau qui fut a la hauteur de la plus faible de ces partitions qu'il a tant demgrees
et qui, depuis douze ans, n'a pu faire qu'une phrase de seize mesures; qui serai t in-
capable d'ecrire un duo, un trio ou un quatuor dans un style vigoureux, qui a traine"
Cherubini dans la boue, qui a insults Herold, Auber, Rossini, toutes nos illustrations
enfin, et qui dit que Mozart ne savait pas instrumenter, Mozart qui a fait l'ouverture
du Zauber Flaut {sic) le chef-d'oeuvre de la musique instrumentale! — Berlioz nous
vengera de son succes: il fait un op^ra2), et voila ou je l'attends.*
1) Opera-comique en 4 actes, represents pour la premiere fois en 1823.
2} La Norme sanqlante, dont le fivret fut abandonnS par Berlioz et mis en musique
plus tard par Gounod.
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J.-G-. Prod'homme, Hector Berlioz juge* par Adolphe Adam. 481
Le 20 novembre 1842, apres un sejour de son correspondant a Paris,
Adam 6crit encore:
«Le surlendemain de ton depart, on a execute a 1' Opera une des symphonies de
Berlioz, sons sa direction *}. Les executants se composaient de l'orchestre de l'Opera,
de cent instrumentistes a vent de supplement et des chceurs. Les deux premiers mor-
ceaux dits par les instrumentistes a vent seuls, ont fait un fiasco complet. Le dernier,
qui oflrait la reunion des trois masses, harmonique, symphonique et vocale a produit
un peu d'effet, mais, au total, cela me semble presager un insucces aussi grand aux
concerts qu'il va donner a Prancfort que celui de ses deux concerts de Bruxelles, oil
il a completement eehoue.>
Quelqnes mois plus tard, Spiker ayant mande* a Adam le grand succes
obtenu par Berlioz lors de son sejour a Berlin, rejdique, non sans mau-
vaise humeur:
«L'efFet produit par sa Marche des Pelerms ne m'6tonne pas : ce morceau est un
des meilleurs qu'il ait composes; moi-meme, qui n'aime pas ce genre de composition
embrouillee, j'avais reconnu ce morceau comme bien superieur aux autres ceuvres de
Berlioz. H y a encore un autre morceau de lui intitule* la Marche du Supplice qui
est d'un fort beau rhythme et qui ne produit pas moins d'effet. Quant au morceau
intitule* le 5 mat, il faut que Texecution vocale en ait 6t6 fort bonne pour en dissi-
muler la nullity, car a Paris il n'a jamais 6te apprecie\» (22 avril 1843).
Et lors du voyage triomphal de Berlioz en Autriche-Hongrie l'hiver de
1845—1846, Adam reprend:
«Je ne comprends rien au succes de Berlioz a Vienne; il m'aurait moins £tonne
a Berlin, ou le public n'est point exclusif et admet tous les genres de musique,
mais a Yienne, ou Ton aime surtout le musique itaHenne et chantante, c'est ren-
versant!» (12 fevrier 1846).
Quant a la Damnation de Faust , dont la premiere audition eut lieu le
6 dgcembre 1846, void comment, des le lendemain, fapprSciait l'auteur du
Chalet:
« C'est une espece d'opera en quatre parties, dans le gout de tout ce qu'a fait Berlioz.
A cote" d'aberrations inqualifiables, il y a des elans remarquables et des effets de sonorite*
nouveaux.
«Tu sais le joli mot de Rossini sur Berlioz: «Quel bonheur, disait-il, que ce garcon-
la ne sache pas la musique! II en ferait de bien mauvaise.» Effectivement, Berlioz est
tout ce qu'on voudra, poete, reveur ideal, homme de talent, de recherche et parfois
d' invention, dans certaines combinaisons, mais jamais musicien.
«H y avait fort peu de monde a cette solennite* musicale et le public s'est montre"
tres froid. Deux morceaux ont cependant eu les honneurs du bis. L'un est la marche
militaire, un theme hongrois: ici, la melodie (qui n'&ait pas de Berlioz) le forgait a
un rhythme et a une carrure qu'il neglige ordinairement et faisait mieux ressortir les
habiles dispositions d,instruments qu'il entend a merveille. L'autre morceau bisse* est
un petit mouvement a trois temps destine a peindre les feux follets et les genies alliens
eVoqu£s par Mephistopheles. II £tait execute par des harpes et des violoncelles en
sourdine et quelques instruments a vent. L'effet en est ravissant et je n'ai pas 6te*
des derniers a demander bis. Deux morceaux reussis dans une ceuvre qui dure pres
de quatre heures ne constituent pas un succes et j'ai bien peur que le pauvre Berlioz
n'en soit pour ses frais, qui ont du etre considerables. Au total, cet homme est inte"res-
sant par sa persistence et sa conviction; il est dans la fausse route, mais il veut nous
prouver que c'est la bonne et il persistera tant quil y pourra aller.
«Voila, mon cher ami, tout ce qu'il y a de nouveau*.
1) La Sympkonie funebre et triomphale, executee le 7 novembre, pendant un entr'acte.
482 Erich M. v Hornbostel, Melodischer Tanz.
Tenninons inr ce mot nos citations, qui montrent de quelle incomprehension
naive Adam faisait preuve vis-a-vis de son incommensurable rival. Et ci-
tons, pour finir sur une bonne impression, ce billet adressl par Adam a
Berlioz, au lendemain de la premiere representation du Muletier de Toledc,
dont Berlioz avait rendu compte dans le Journal des DSbats du 9 Janvier 1855:
«Mercredi 10 Janvier 55.
«Merci bien sincerement, mon cher Berlioz: fournissez-moi soavent l'occasion de
vous Stre agreable et je resterai votre oblige
«bien a vous,
«AdL Adam**).
II est vrai que, depuis la Damnation, huit ans s'etaient 6coul€s. Adam, critique
musical a VAssembUe nationale, etait main tenant doublement collegue de Ber-
lioz et il avait, le 19 d^cembre 1854, £crit un feuilleton fort elogieux sur
VEnfance du Christ B eut bientot l'occasion cherchee, et le 8 mai suivant,
dans le memo journal, il analysait le Te Dewn de Berlioz avec une bonne
volonte* qu'il n'y eut certainement pas apportle dix ans auparavant.
Paris. J.-O. Prod'bomme.
Melodischer Tanz.
Eine musikpsychologische Studie.
So oft in einer Kunstgattung ein neues oder lange vergessenes Prinzip
auftaucht, entbrennt unter Asthetikern von Fach oder unter genieBenden
Laien ein lebhafter Kampf. Begeisterte Zustimmung, scbroffe Ablehnung,
alle moglichen Yermittlungsversucbe sind meist fruber da, als eine tiefer-
gehende Untersuchung der strittigen Punkte. Durcb die kuhnen Reform-
bestrebungen einer jungen Amerikanerin ist das Stiefkind der darstellenden
Kunst: der Tanz, in letzter Zeit wieder mebr in den Vordergrund des
Interesses geriickt word en. Miss Duncan's T&nze, namentlich die zu
Chopin'scher und Bee th oven 'scher Musik, gaben den AnstoB zu zabllosen
kritischen Erorterungen in der Tagespresse, die aber, soweit mir bekannt,
stets nur auf asthetischer Grundlage rubten. Dennoch, will mir scheinen,
liegt bier auch fur den Psychologen ein Problem vor, das wert ist, ange-
schnitten zu werden. Dies wollen die folgenden Zeilen versuchen.
"Wir sind gewohnt, einzig den Bhythmus als das verbindende, gemein-
same Element zwischen Musik und Korperbewegung anzusehen, und diese
Ansicht scheint auf den ersten Blick den Tatsachen vollkommen angemeasen.
In unseren landlaungen Balletten und Qesellschaftstanzen entsprecben die
einzelnen Tanzscbritte den >Taktschlagen« der Musik, wahrend das Melo-
dische fur die Bewegung irrelevant bleibt. "Wir tanzen denselben Walzer-
1) Autographe a la bibliotheque de Grenoble. Cf. la lettre de Berlioz a Adam
publi^e dans la Rivista musicale italiana (1903, p. 643—644). Elle a 6te* datee par
erreur du 16 octobre 1842, alors qu'elle est de 1830. Berlioz invite cordialement son
collegue a assister a son concert du 7 novembre a l'Opera et a l'execution de aa can-
tate, a Tlnstitut, quelques jours auparavant.
/Google
Erich M. t. Hornboatel, Melodischer Taaz. 483
schritt zu jeder Melodie, wenn nur der Rhythmus der rechte ist ; ja die Melo-
die kdnnte sogar ganz fehlen: der "Walzer kann noch getanzt werden, wo
man Tom Ballorchester nur die Panke and das Gebrumme des Kontrabasses
vernimmt; besteht doch die Tanzmusik primitiver Yolker haufig allein aus
Schlaginstromenten : Trommeln, Tambourine, Rasseln, Cymbeln, Kastagnetten
— oder gar nor aus einfachem Handeklatschen. Auch das Marschieren des
Milit&rs zam Schlage der Trommel beweist, dafl das rhythmische Gerausch
genugt, die Kftrperbewegung zu regeln.
Der psychologische Yorgang ist hier relativ einfach. Der musikalische
Rhythmus auCert sich im wesentlichen in einer durch dynamische Hervor-
hebnng einzelner Tone (>Akzent«, »guter Taktteil*) erleichterten Unterteilung
der Melodie in kleinere, meist gleichlange Gruppen (Takte and Taktteile),
die als gesonderte Einheiten aufgefafit werden. Die Betonungen losen Be-
wegungsimpolse aus, deren Starke dem dynamischen Wert des Akzents ent-
spricht. Physiologisch gesprochen, findet eine Ubertragung einer Erregung
von einem Sinneszentrum (dem akustischen) auf ein Bewegungszentrum, mit
geringer Beteiligong hoherer Zentren, statt: wir konnen also den Yorgang
der Einfachheit halber als Re flex- Bewegung betrachten. Wahrscheinlich
wird durch die akustische Erregung nor ein allg em einer Bewegungsimpuls
ausgelost; die Art der Bewegung ware demnach nicht durch die Art der
Erregung determiniert, wie bei den bekannten (meist zweckmafiigen) Eeflexen
des gewohnlichen Lebens. Nur der zeitliche Abstand und der Starkegrad
der motorischen Impulse entspricht natiirlich dem der Akzente, d. h. der
Bewegungsrhythmus ist derselbe, wie der Melodierhythmus; der Tanzer bewegt
sich >im Takte der Musik«.
Da in unseren Tanzen der Rhythmus in der Kegel nicht wechselt, die-
selbe Akzentperiode in bestandiger Wiederholung wiederkehrt, stellt sich beim
Tanzer alsbald ein regelmaBiger, automatischer Ablauf der Bewegungen ein,
die der akustischen Impulse kaum mehr bedurften. Diese dienen dann ledig-
lich dazu, die einzelnen (zentralen) Erregungen zu verstarken, der Bewegung
gewissermafien jedesmal einen neuen Elan zu erteilen. Hiermit ist eine
wesentliche Elraftersparnis verbunden : wir fuhlen uns durch den Tonrhythmus
>gepacktc, werden yon ihm >getragen«, wahrend ein Tanz oder Marsch ohne
musikalische Begleitung uns alsbald ermiiden wurde. Freilich mu£ der
akustische Impuls stets genau gleichzeitig mit dem zentralen eintreten, sonst
wurde er stbren, statt zu helfen. Bhythmisch zum Tanze spielen heifit des-
halb nichts anderes, als das gegebene Tempo (und die Reihenfolge der
Betonungsstarken) streng festhalten. Umgekehrt ist bei unseren Tanzen
derjenige der beste Tanzer, der dem Rhythmus der Musik mit seinen Be-
wegungen am genauesten folgt. Auch die choreographischen Evolutionen der
Ballettkorps werden vorwiegend, wo nicht ausschlieftlich, durch den Rhythmus
geregelt.
In Miss Duncan's Tanzen dagegen gibt es keine Pas. Der Rhythmus
spielt eine ganz sekundare Rolle ; er bildet nicht die Grundlage der Bewegung,
er lagert sich vielmehr iiber die Bewegung, etwa wie in einem kontra-
punktischen GefUge eine Nebenmelodie iiber den Cantus firmus.
Yielfach sind die Tanze der Amerikanerin geradezu als unrhythmisch be-
zeichnet worden. Dennoch zeigen Musik und Korperbewegungen gerade in
diesen Tanzen den engsten Zusammenhang ; ja sie scheinen enger ver-
kniipft als sonst, oft zu vollkommener Einheit verschmolzen. Es
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;<Stfdgfe
484 Erich M. v. Hornbostel, Melodischer Tanz.
in der Musik auBer dem Rhythmus noch ein anderes Moment geben, das
geeignet ist Bewegungen auszulosen. Dieses miissen wir nunmehr aufisuchen.
Es ist bekannt, daB Tone^ die im Oktavenintervall zueinander stehen,
sich so ahnlich sind, daB sie leicht verwechselt, oft sogar ale >derselbe Tone
bezeichnet werden. Niemand aber wird das Fortschreiten von einem Ton
zu seiner hoheren Oktave mit dem Ubergang zu seiner tieferen Oktave ver-
wechseln ; das Spiegelbild einer Melodie, auch wenn sie aus denselben Inter-
vallenschritten sich zusammensetzt, ist eine vollkommen neue Melodie, deren
Ahnlichkeit mit dem Yorbild der XJngeubte nur schwer wird erkennen k5nnen,
Die Richtung der Melodie erzeugt hier die Yerschiedenheit der Wirkung,
und wir konnen nicht nur metaphorisch in diesem Sinne yon Melodie-
bewegung reden. Ein Anfsteigen der Tonhohe empfinden wir als Steigerung,
ein Absteigen als Absinken. Musikalische pflegen diesen >Ansdruck« durch
einen analogen dynamischen zu unterstiitzen ; gegensatzlicher melodischer und
dynamischer Ausdruck, wie ein Crescendo bei absteigender Melodiebewegung
erzeugt einen eigentiimlichen, komplexen Eindruck, der yon manchen Ton-
setzern zu besonderer "Wirkung verwendet wird. Abgesehen von alien Intervall-
verhaltnissen hat jede absteigende Tonfolge etwas Beruhigendes, was der auf-
steigenden fehlt, wenn der Eindruck auch wohl gelegentlich durch konkurrierende
Momente abgeschwacht, sogar aufgehoben wird.
Die Melodiebewegung lost in viel unmittelbarerer Weise, als der Rhyth-
mus, Bewegungsimpulse und Bewegungsvorstellungen aus. Wir pflegen diesen
Impulsen fiir gewohnlich, durch Kleidung und Sitte gehemmt, nicht nach-
zugeben ; auch sind sie wohl meist nicht stark genug, um nicht mit Leichtig-
keit unterdriickt zu werden. Dennoch wird auch der aufmerksame Konzert-
besucher zuweilen leichte Hand- und Kopf bewegungen, Dehnen des Thorax usw.
an sich beobachten konnen, die durchaus nicht vom Rhythmus des Musik-
stiickes ausgelost sind. Auch die Orchesterdirigenten pflegen sich nicht mit
maschinenm&Bigem Taktschlagen zu begniigen, sondern folgen mit ihrem Stabe
der Melodiebewegung; diese charakteristischen malenden Arm- und Hand-
bewegungen, erleichtern oft dem Horer das Auffassen der Musik wesentlich.
Der psychologische Vorgang hierbei ist demjenigen, in dem wir oben das
Wesen un seres Tanzes erkannten, insofern analog, als wir es auch mit einer
Erregungsubertragung vom akustischen zum motorischen Zentrum, einer Art
Reflex zu tun haben. Der Unterschied ist erstens der, dafi hier und dort
ein anderes Moment der Sinnesempfindung erregend wirkt; zweitens ist die
Art der Bewegung nicht mehr vollig unabhangig von der Eigentumlichkeit
des erregenden Momentes. Die Richtung der Korperbewegung fallt stets mit
der Bewegungsrichtung der Melodie zusammen: bei steigender Melodie haben
wir die Tendenz, Kopf, Arm, Bein und Thorax zu heben, bei fallender
Melodie, die GliedmaCen sinken zu lassen und auszuatmen. Dafi hier eine
physiologische Korrelation und nicht ein blofies Spiel von Assoziationen vor-
liegt, geht schon daraus hervor, dafi ganz analoge Bewegungen zu alien Zeiten
und bei den verschiedensten Yolkern die musikalischen Aufierungen begleitet
haben. Offenbar ist eine einheitliche akustisch-motorische Bewegung als ge-
meinsame Wurzel anzunehmen, die erst im Laufe der Entwicklung sich in
zwei getrennte Bewegungen differenzierte, ohne daB der innige Zusammen-
hang beider verloren gegangen ware. Diese Annahme ftihrt a priori zu der
Yermutung, es miisse eine steigende bzw. fallende Bewegung auf akustischem
Gebiet ebenso der adequate Ausdruck der entsprechenden motorischen Be-
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Erich M. v. Hornbostel, Melodischer Tanz. 485
wegung sein, wie umgekehrt. Und dies ist in der Tat der Fall. Die Melo-
diebewegung ist eines der elementarsten und wirksamsten mnsikalischen
Ausdrucksmittel, das geeignet ist, im Hbrer die Vorstellung realer Bewe-
gungen mit besonders suggestiver Kraft zu erwecken 1).
Hierin — als Ausdrucksmittel — steht die Melodiebewegung dem Rhyth-
mus in keiner Weise nach, vermutlich ist sie ihm sogar iiberlegen. Ja, wenn
ein paradox klingender Ausdruck gestattet ist, konnte man sogar sagen, die
Melodiebewegung sei alter und ursprunglicher, als die Melodie. Im Gesang
wenigstens gehort ein durch den Text determiniertes Heben und Senken
der Stimme, das an keine bestimmten Tonschritte gebunden ist, zu den
Sltesten Formen, die una iiberliefert sind. £s soil hier nicht fiber die Frage
entschieden werden, ob der Sprechgesang, der den altindischen (vedischen)
Ges&ngen eigentumlich ist und auf den vielleicht auch die altgriechiscbe
Rezitation und spater der gregorianiscbe Gesang zuruckzufiihren ist, ob der
Sprechgesang das Ubergangsglied von der dichteriscben Spracbe zum wirklichen
Gesang bilde. Es sollte nur daran erinnert werden, dafi die Melodiebewegung
ein viel weiteres Gebiet beberrscbt, als das rein musikaliscbe. Was wir
»Tonfall« oder >Sprachmelodie« nennen, ist nicbts anderes als Melodie-
bewegung.
Das Verbaltnis von Rhythmus und Melodiebewegung ist so
wecbselnd und vielfach so kompliziert, dafi es einer speziellen Untersucbung
bediirfte, um es vollkommen klarzulegen. Wir miissen uns bier mit ejnem
kurzen TJberblick tiber die in Frage kommenden Tatsacben begnugen. Ein-
mal gehort die Melodie selbst zu den rhythmusbestimmenden Momenten. Ein
Ton kann sicb nicht nur, wie oben erwahnt, durch dynamische Hervorhebung
unserer Aufmerksamkeit aufdrangen, sondern auch durch eine auffallende
Stellung in der Melodie akzentuiert erscheinen. Wenn beispielsweise in einer
Reihe gleichstarker und gleichlanger Tone jeder vierte von anderer Tonhohe
ist, als die drei anderen, so werden wir gezwungen, die Reihe als 4/4-Takt
und den aus der Reihe herausf alien den Ton jedesmal als guten TaktteU auf-
zufassen. In der praktischen Musik kompliziert sich das Yerhaltnis natiir-
lich ungemein, da die anderen rhythmusbestimmenden Momente den melo-
dischen Akzent bald unterstiitzen, bald ihm entgegenarbeiten. Auch sind
die melodischen Folgen fast nie so einfach gebaut, wie in dem gewahlten
Beispiel; tonale Akzente treten an Umkehrpunkten der Melodierichtung, bei
sprunghafter Melodiebewegung usw. auf. Immerhin sind der dynamische und
melodische Akzent in weitem Made voneinander unabhangig, und auch ihre
psychologische Bedeutsamkeit ist je nach den Umstanden verschieden. Auch
darf nicht vergessen werden, da£ die Melodiebewegung nicht bloB ein System
von tonalen Akzenten darstellt; ein langsam ausgefuhrter Triller z. B. wird
als Pendelbewegung empfunden, ohne da£ einer der beiden Tone als akzen-
tuiert erscheinen muBte. Man kann sich graphisch die Melodiebewegung gut
versinnlichen, indem man die Notenkopfe durch Linien verbindet. (Die
Moglichkeit dieser Darstellung ist iibrigens kein Zufall, sondern liegt in der
psychologischen Entstehungsgeschichte des europaischen Notationssystems be-
grundet.) Man wird dann eine Kurve erhalten, die sich fur das Auge ebenso
gliedert, wie die Melodie fur das Ohr. Diese Gliederung braucht mit der
1) Auf die Bedeutung der Melodiebewegung fur die beabsichtigte Schilderung
realer Bewegung hat meines Wissens zuerst ein franzosischer Forscher aufmerksam
gemacht, vgl. Edmond Goblot, La musique descriptive, Revue philos. XXVL 7. 1901.
486
Erich M. v. Hornbostel, Melodischer Tanz.
(durch die Taktstriche markierten) rhythmischen durchaus nicht zusammen-
zufallen. Ein Beispiel mag dies erlautern. In Chopin's bekanntem Dea-dur-
"Walzer (op. 64, Nr. 1) wiirde sich Takt 5 — 12 folgendermafien darstellen1):
J^CJXJX
Melodisch zerfallen diese acht Takte in Tier Gruppen: die erste reicht bis turn
dritten Viertel yon VJJ.2), umfaflt somit beinahe drei Takte, die zweite da-
gegen nur einen Takt (VIII), die untereinander fast gleichen Gruppen drei nnd
Tier je zwei Takte. (Eigentlich beginnt die erste Gruppe bereits hn ersten
Takte des ganzen StUckes, erstreckt sich also fiber sieben Takte.) Die Melodie-
bewegung hat in der ersten Gruppe — infolge der regelmaBigen "Wieder-
holung derselben Phrase Ton geringem TTmfang — etwas Drehendes, RoDen-
des, steigt in der zweiten Gruppe allmahlich an bis zum 62, das als hefchster
Ton und Umkehrpunkt der Bewegung als starker melodischer Akzent wirkt,
der tiberdies mit dem starksten rhythmischen Akzent der ganzen Periode
zusammenfallt. Als solcher erscheint das &*, da es als langste Note ( J ) ge-
wissermaBen ein Haltepunkt ist, auf den die Torausgehende Achtelbewegung
zulauft, und da es auf den guten Taktteil fSllt. Die Torgeschriebene Dyna-
mik (crescendo in der zweiten, diminuendo in der dritten Gruppe) lauft der
Melodiebewegung Tollkommen parallel.
All dies wird jedem Musikalischen selbstrerstSndlicb erscheinen. Auch
ist es nunmehr leicht zu erkennen, was melodischen von rhythmischem Tanz
unterscheidet. Der TSnzer, der seine Aufmerksamkeit der Melodiebewegung
zuwendet, Terstarkt die Ton dieser ausgelftsten motorischen Impulse; die
dynamischeh Akzente, die rhythmische (taktliche) Gliederung treten ra den
Hintergrund. Aus dem Gesagten ergeben sich fQr die melodische Korper-
bewegung mancherlei Eigentumlichleiten, die ihr einige Vorzfige Tor der rhyth-
mischen verschaffen. Erstlich erscheint die melodische Bewegung geschlos-
sener. An die Stelle einer kurzen, den einzelnen Takten korrespondierenden
Bewegungsform, die sich, den Hauptakzenten entsprechend, in kleinen, stets
gleich bleibenden Interrallen bestandig wiederholt, einer Gliederkette tct-
gleichbar, tritt eine Bewegungsreihe, die sich wie ein Faden weiterBpinnt,
1) Es ist nur die Melodie (rechte Hand) in Betracht gezogen ; bei einer genauerea
Analyse miifite naturlich auch die Begleitung beriickaichtigt werden.
2) Beziiglich der inneren Gliederung dieser Gruppe sind zwei Auffassungen mog-
lich: entweder viermalige Wiederholung der Gruppe g, as, c, b oder das erste g—as
als Auftakt und die Gruppe c, b, gy as viermal wiederholt; fiir letzteres sprache, daG
c ak hochster Ton der Gruppe und als TJmkehrungspunkt der Melodiebewegung wie
ein (schwacher) melodischer Akzent wirkt; die zweite Gruppe wiirde dann in die erste
iibergreifen, da das letzte g, as beiden gemeinsam ware.
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Erich M. v. Hornbostel, Melodischer Tanz. 487
mit der Melodie dahingleitet, steigt, fallt, kreist und springt. Hiermit ist
schon ein zweiter Vorzug des melodischen Tanzes angedeutet: er ist ab-
wechslungsreicher als der rhythmische. Endlich, und dies scheint mir
das "Wesentlichste zu sein, schmiegt sich die Tanzbewegung, die der Melodie-
bewegung folgt, inniger an das musikalische Yorbild an. Schon die physio-
logische Verknttpfung von akustischem Impuls und motorischer Reaktion ist
eine engere. Aber die Melodiebewegung scheint mir fur das musikalische
Gesamtbild auch charakteristischerzu sein als der Rhythmus. Es mag un-
endlich viele Melodien von derselben rhythmischen Gestalt geben, alle melodisch
durchaus verschieden voneinander. Die Ahnlichkeit zweier Melodien von
gleicher Melodiebewegung, aber verschiedenem Rhythmus, wilrde dagegen
sofort in die Augen springen — man denke z. B. an einen zum Militarmarsch
umgebildeten "Walzer. Yermutlich ist die Melodiebewegung auch dasjenige,
was sich dem Gedachtnis des H6rers zuerst und am eindringlichsten einpragt.
Wir haben oft nach erstmaligem Horen eines MusikstUckes ein mehr oder
minder verschwommenes Bild der Melodie, das wir auch (singend oder pfeifend)
wiederzugeben vermogen, in dem aber die genaue rhythmische Gliederung
und tonale Gestaltung noch fehlt. Bei Unmusikalischen pflegt das Erinne-
rungsbild in diesem Stadium stehen zu bleiben: sie singen das Gehorte mit
unrichtigem oder unprazisem Rhythmus, mit falschen Intervallen oder unreiner
Intonation — aber mit" richtiger Melodiebewegung nach.
Die melodische Korperbewegung ist daher der Ausdruck, der die Musik
vollig eindeutig wiederspiegelt. Die akustische Bewegung wird in der voll-
kommensten Weise in sichtbare umgesetzt. Wie beim Tanzer die Elemente
des akustischen und motorischen, so sind beim Zuschauer die Elemente des
akustischen und optischen Bewegungsbildes einander aufs engste zugeordnet.
Man konnte bei melodischem Tanz mit verschlossenen Ohren, bloB nach dem
Gesichtseindruck, sehr wohl bestimmen, um welches Musikstiick es sich han-
delt und an welcher Stelle es angelangt ist — naturlich die Kenntnis des
Stiickes vorausgesetzt. Ahnliches vermochten wir bei unserer blofi rhyth-
mischen Tanzweise nie. Die Tanzbewegungen bilden eine optische Empfin-
dnngsreihe, welche vermutlich ebenso wie die akustische, wenn auch schwacher,
eine Reihe von Bewegungsimpulsen im Zuschauer erweckt; ein Vorgang, der
wohl teilweise in einer allgemeinen psychischen Tendenz, dem Nachahmungs-
trieb, wurzelt. Wir haben hier abermals eine Kette von Reflexen; die Art
der Bewegung (die freilich im Keim stecken bleibt), ist aber in noch hoherem
Grade von der Eigentiimlichkeit des erregenden Momentes abhangig, als bei
den oben besprochenen akustisch-motorischen Reihen. Das Wesentliche fiir
den Eindruck, den der Zuschauer empfangt, ist nun, daft die vom akustischen
und die vom optischen Zentrum aus erregten Impulse gleicher Art sind;
diese Gleichheit ist selbst dann noch im psychologischen Gesamtvorgang wirk-
sam, wenn die Impulse zu schwach sind, um iiber die Schwelle des BewuBtr-
seins zu treten. Dadurch, dafi dasjenige, was beiden Empfindungsreihen
gemeinsam ist, im UnbewuBten bleibt, dadurch scheint uns gerade die
Verknttpfung notwendig, selbstverstandlich, ursprtinglich , natiirlich. Die
melodische Korperbewegung ist ebenso der ad&quate Ausdruck der musika-
lischen Bewegung, wie die Melodiebewegung einen realen Bewegungsvorgang
auszudriicken vermag. Gegen die Pantomime, die Handlungen und Gefuhle
durch Ausdrucksbewegungen darstellen will, sind mit Recht ganz analoge
Bedenken geltend gemacht worden, wie gegen die Programmusik. Getanzter
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488 Charles W. Pearce and W. Barclay Squire, Notes on Dunstable.
Zorn kann miBverstanden werden als Eifersucht, eine musikalische Eifersuchts-
szene kann miBverstanden werden als Seeschlacht. Der melodische Tanz ist
aber ebensosehr ganz Tanz, wie die absolute Musik ganz Musik ist. Der
Zusammenhang beider liegt nicht in einem Spiel yon Assoziationen, die von
Individuum zu Individuum wechseln kSnnen, sondern in der Bewegung, die
beiden, Musik und Tanz, wirklich gemeinsam ist. Es ist darum aucb nicht
einzusehen, warum sich melodischer Tanz auf die traditionelle >Tanzmu.sik<
beschranken sollte. Fiir rhythmische Tanze freilich ware Beethoven'sche
• Musik vollig ungeeignet. Melodischer Tanz vermag sich auch mit der er-
habensten Musik zu einem vollkommenen Gesamtkunstwerk zu verschmelzen,
dem man seine Daseinsberechtigung nicht absprechen konnen wird.
Von dem Spezialfall aus, dessen psychologische Analyse wir versuchten,
mag sich uns schliefilich ein Ausblick auf eine allgemeine Bedingung kiinst-
lerischer "Wirksamkeit er5ffnen : Jedes Kunstwerk will im GenieBenden etwas
erwecken, was der Schaffende mehr oder minder bewuBt erlebte. Als IJber-
trager muB ein Komplex von Sinnesempfindungen (oder wenigstens Repro-
duktionen von solchen) dienen. Aber nur, wenn beide psychischen Tatsachen
so enge verknupft sind, daB ihre Verbindung notwendig erscheint, kommt
die tjbertragung jenes meist undefinierbaren Etwas — mag man es nun
>Stimmung« oder sonst wie nennen — von Seele zu Seele zustande.
Erich* M. v. Hornbostel.
Notes on Dunstable.
i.
English music was, as far as its influence on the rest of the world was
concerned, at its zenith from 450 to 500 years ago, or during the period
which may be assumed to have been the life-time of John Dunstable, who
died 24th December 1453. Henry VI, whose life extended from 1421 to
1471 and who founded Eton College in 1440, seems to have been something
of a musician himself. Mr. W. Barclay Squire, when drawing attention for
the first time at Vol. II, page 342 of the Sammelbande to the MS. collection
of English XV century music lying in the library of the Roman Catholic
College of St. Edmund's, Old Hall, near Ware, Hertfordshire, pointed out
that the name of "Roy Henry" occurs as the composer, or putative composer,
of a three-part Gloria, Sanctus, and Benedictus. Most of what is known so
far about John Dunstable will be found in the article under that title in
the Appendix to Grove's Dictionary (1889) by the same writer. Considering
how many of the musicians of the XV century were monks or priests, it is
not unreasonable to suppose that Dunstable himself might have been an
ecclesiastic, but there is no evidence to prove this. It has also been argued
that his Continental reputation may have been the result of his dwelling
and working abroad for a considerable portion of his life; but this too is
only a conjecture. Mr. Squire has discovered in an old history of the county
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Charles W. Pearce and W. Barclay Squire, Notes on Dunstable. 489
of Hertfordshire that on 16 th March 1449 Henry VI granted the manor of
Broadfield to a "John Dunstable and Margaret his wife, Ralph Grey, and
Henry Wells, and their heirs, without impeachment of waste of Margaret";
as yet however it has been found impossible to connect John Dunstable of
Broadfield Manor with the musician and astronomer. The general evidence
as to Dunstable's influence as a musician will be found in the above-named
Dictionary article of 1889. To this may now be added that at page 12 of
Sir John Stainer's volume "Dufay and his contemporaries" (London, Novello
& Co., 1898), reviewed by J. Wolf at Vol. I, pages 150 and 330 of the
Sammelbande, are quoted six stanzas from Martin le Franc's poem uLe Cham-
pion des Dames", of which the third and sixth are as follows: —
Car il(z) ont nouvelle pratique
De faire frisque concordance
En haulte et en basse musique,
En fainte, en pause et en muance,
Et ont pris de la contenance
Angloise, et ensuivy Dunstable,
Pourquoy merveilleuse plaissance
Bent leur chant joyeulx et notable.
* * *
Tu as bien lea Anglois ouy
Jouer a la court de Bourgongne
N*a pas, certainement ouy
Fut il jamais telle besongne:
J'ai veu Binchois avoir vergongne
Et soy taire empres leurs rebelles,
Et du Fay despite et frongne
Qu'il n'a melodie si belle.
This poem was first printed in 1500, although internal evidence shows
that it was written 60 years earlier. Sir J. Stainer's daughter Miss Cecie
Stainer has carried the subject further in her article on "Dunstable and the
various settings of 0 Rosa Bella", at Vol. II, page 1, of the Sammelbande;
setting out there the extraordinary advance made in the last decade or so
in tracing and transcribing Dunstable compositions at Modena, Bologna,
Trent, &c. ; in which process Mr. Squire has himself played a very large
part. Regarding the three-part composition by Dunstable to the words *0
Rosa Bella", discovered at the Vatican in 1847, Miss Stainer comes to the
conclusion that "Dunstable used no ready-made melody in either tenor or
discant, but the whole of the music was his original composition, and its
immense popularity led to the themes being adopted with enthusiasm by
other writers, to whom tenor or discant would be equally familiar". She
adds, uto show how widely the composition was known, it may be mentioned
that copies have been found in MSS. in the libraries of Paris, Pavia, Dijon,
Rome, and Trent".
Regarding the nature of the music in Dunstable's time Prof. Wooldridge's
first volume in the Oxford History of Music takes us to 1330, and his second
volume shortly to be expected will fill in the 125 years between this date
and the year of Dunstable's death. But I may mention that some 12 years
ago, when I was engaged in editing a volume of XV century songs and
madrigals for the Plain Song and Mediaeval Music Society, I was brought
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490 Charles W. Pearce and W. Barclay Squire, Notes on Dunstable.
into contact with the famous Fairfax MSB. in the British Museum (Add.
MSS. 31,922), in which is to be found the Dunstable "enigma" mentioned
in the Dictionary article and proved in 1902 by Mr. J. F. R. Stainer to be
a kind of ground-bass, and which represents the state of music as it was
left by Dunstable. Examination of this music led to several conclusions.
It appeared that the XY century musicians had learnt to regard music with
a greater approach to harmonic propriety, in other words by observing what
may be called the uperpendicular" effect of the various voices engaged. "What
we describe as dominant discords are frequently to be met with. The punc-
tuating function of the perfect and other cadences can be distinctly traced,
and the desire for changing the mode or key (modulation as we call it) was
already beginning to make itself felt by a somewhat prolific application of
the laws of music a ficta. Imitation, a device already known to the com-
posers of some two or three centuries before Dunstable's time, came to be
used by him and his contemporaries in a far more effective and methodical
manner, by the introduction of rests before the imitating entries. By this
means the frequent alternate thinning and thickening of the music was found
to impart a pleasant variety of light and shade to the composition. Again
the emphatic confirmation of the sentiment of the words, caused by their re-
iteration in successive imitating entries was a means of obtaining a unani-
mity of expression not to be obtained in any other way. The use of the
device of sequence is also to be observed, and the idea of Rondo form is
also clearly evident in more than one specimen. False relation was often
introduced as a kind of additional heroic attempt to evade Tritonus. The
use of consecutive perfect concords can only be regarded as a kind of un-
conscious survival of previous centuries of "magadizing", a tendency which
still influences the thoughts and feelings of many modern musicians. Another
survival of earlier times which no one who has ever examined XY century
music will have failed to notice, is the frequent recurrence to the once uni-
versal triple measure of the early days of cantus mensurabilis. A constant
change of rhythmical flow, from duple to triple subdivision of the semibreve-
and even minim-pulsation can be seen for instance in a beautiful anonymous
three-part un-barred carol "Ah, my dear Son", from the Fairfax collection,
Add. MSS. 5465. This was scored by our late member H. B. Briggs for
the Plainsong and Mediaeval Music Society, and edited by me with an
accompaniment of various kinds of discant as far as might be in the ancient
style (Novello Part Song Book, no. 674). The rondo-like character of this
composition is remarkably distinct.
Dunstable was buried in the chancel of St. Stephen's Church, Walbrook,
in the City of London. This church had been finished 14 years previously
only, in 1439; replacing an older one which had Btood on the opposite and
western side of the "brook". The fact that Dunstable was buried in the
chancel shows that he was a person of some local consequence, and a John
de Dunstable had been Alderman and Chamberlain of the City of London
in 1303. Two pavement-stones were placed over the grave bearing the Latin
epitaph which is approximately reproduced in the article of Grove's Dic-
tionary. Regarding the exact words of the original there have been doubts
for 300 years. Stow's "Survey of London", 1st edition (1598) merely said,
"there be monuments in this church of Thomas Southwell first parson of
this new church, who lieth in the choir; John Dunstable, master of astro-
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Charles W. Pearce and "W. Barclay Squire, Notes on Dunstable. 491
nomy and music in the year 1453" ; and so on. A 3rd edition with numerous
additions was published by Anthony Munday in 1618, thirteen years after
Stow's death in 1605; and in this the epitaph was given in full. Munday
states that he had the use of Stow's papers, so it is at least probable that
the inscription in St. Stephen's Church was copied by Stow himself. Stow
.may have refrained from publishing it, for the reason that after being worn
for a century and a half by the feet of worshippers the inscription was to
a great degree illegible. Munday's version evidently contained some guess-
work, and some of the entries must be blunders. The 4th or folio edition
in 1633 by Munday and Dyson changed one word for the worse. Thomas
Fuller's Worthies published in 1662 gave only a fragmentary version; but
mainly consulting the original, which had by this time become still more
effaced. All that he could decipher at all clearly were the first 2 lines near
the top of the stones (which may perhaps have sunk a little eastwards and
so escaped friction), the 5th and 6th lines, and the last line. At the Great
Fire of 1666 the church was burnt to the ground, and the inscription of
course disappeared entirely. The 5th or two -volume edition of "Stow",
published in 1720 by Strype, gave a version of the epitaph with some good
conjectural emendations. As 1903 was the 450th anniversary of Dunstable's
death, the London Section of the Incorporated Society of Musicians are now
setting up a monument in the church (rebuilt 1672 — 79 as one of the
masterpieces of Sir Christopher Wren after the Great Fire), restoring the
inscription to what after careful examination of the history is believed to
have been its original state. The version adopted is the following. It may
be observed that the "I. juris" in line 2, and "hiramis" in line 3 (see Ghrove),
have hitherto defied restoration, but it is believed that that difficulty has
now been surmounted: —
Clauditur hoc tumulo, qui caelum pectore clausit,
Dunstable Ioannes. Astrorum conscius ille
Indice novit Urania abecondita pandere caeli.
Hie vir erat tua laus, tua lux, .tibi, musica, princeps,
Quique tuas dulces per mundum sparserat artes.
Anno Mil. C quater semel L tria jungito, Christi
Pridie natalem, sidus transmigrat ad astra.
Suscipiant proprium civem caeli sibi cives.
London. Charles W. Pearce.
n.
The musical world has lately been so busy trying to work up some sort
of enthusiasm with which to celebrate the hundredth birthday of Hector
Berlioz that it has almost entirely overlooked the fact that the Christmas
Eve of 1903 was the four hundred and fiftieth anniversary of the death of
one who has some claim to be considered the founder of modern music.
It is understood that the Incorporated Society of Musicians has re-
solved to celebrate the event by placing a monument in the church where
the forgotten musician was buried, but before the subject was mooted by
the Society, who had heard of John Dunstable, the Englishman whose name
even precedes that of Dufay in the roll of the makers of modern music?
The "Encyclopaedia Britannica" knows him not, save in a casual reference
ULH. V. itizefrJ
492 Charles W. Pearce and W. Barclay Squire, Notes on Dunstable.
under a wrong form of his name; to Burney and Hawkins he is a shadowy
and vague figure; even Fuller, when he came across the old musician's epitaph
in St. Stephen's, "Walbrook, made merry that a "person of such perfection"
should be so unknown. Though of late years interest has been gradually
awakening to the small beginnings from which have sprung the mighty struc-
ture of modern music, and research is bringing to light materials from which
some day we may possibly learn something definite about the part which
England played in the musical evolution of the fifteenth century, still, as to
the man John Dunstable himself, we are practically as much in the dark as
ever. To say, as generally is done, that he was born at Dunstable, and
took his name from his birthplace, is but to adopt an early and improbable
conjecture, for the name was not an uncommon one in the England of the
late Plantagenets. One might guess with an equal degree of probability that
he came from Hertfordshire, for Chauncey mentions an owner of the manor
of Broadfield, near Cottered, named John Dunstable, whose dates agree with
those of the musician. In support of this theory, it could be urged with
propriety that he was certainly known to John Whethamstede , the Abbot
of St. Albans, for Weever has handed down an epitaph from the pen of
that great ecclesiastic, uUpon John Dunstable, an astrologian, a mathematician,
a musician, and what not", in which he is described as "Michalus alter
novus et Ptholomaeus, Junior ac Athlas supportans robore coelos", while
further on a note of personal friendship is struck by the Abbot's statement
that "melior vir de muliere Nunquam natus erat". In St. Stephen's, Wal-
brook, where he was buried, the well-known epitaph was inscribed beginning
^Clauditur hoc tumulo". From these epitaphs one may gather that his fame,
to his English contemporaries, seems to have been more owing to his astro-
nomical researches than to his achievements as a musician, and it is note-
worthy that in this country, where so little of his music remains, and where
as a musician he had become but little more than a name to writers like
Morley and Ravenscroft, a collection of the latitudes and longitudes of the
chief towns in England "secundam aliam antiquam scripturam de manu
Dustapli", dated April, 1438, is still preserved in the Bodleian Library.
On the continent, on the other hand, his greatness as a musician was early
recognised. The French poet, Martin le Franc, who died in 1460, mentions
that Dufay and Binchois, the two greatest Netherlandish composers of the
fifteenth century, wrote in the style of the English school, especially of
Dunstable; and Johannes Tinctoris (1445 — 1511) says that music had re-
cently made such strides that it seemed a new art, "cujus novae artis
fons et origo apud Anglicos quorum caput Dunstable exstitit", a statement
which gradually led later writers to claim for the English composer the in-
vention of counterpoint! In Spain he was known so early as 1480, and in
the writings of John Hothby (an English theorist who spent most of his life
at Lucca), and the more famous Frachinus Graforius, his name is more than
once mentioned. These allusions, and the fact that of late years a number
of his compositions have been discovered at Trent, Modena, and Bologna,
has led one of the latest historians of English music to conclude that Dun-
stable left England at an early age, and spent most of his life in Italy.
But this is pure conjecture, and it is gradually being recognised that in
England during the fifteenth century there were living many composers who
were working in the same direction as Dunstable, and whose works have
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Richard Munnioh, Christian Erbach and Hans Leo HaBler. 493
been mostly forgotten, probably owing to the destruction of church manu-
scripts under Henry VJJJL. The fortunate survival of a volume, now pre-
served at St. Edmund's College, Old Hall, has revealed Henry VI himself
as the composer of parts of a Mass. The same volume has yielded the
names of a whole group of musicians who seem to have been connected with
St George's Chapel, Windsor, about the middle of the century, and a little
later another similar group at Eton and Oxford is disclosed in a magnificent
volume still preserved in the Library of Henry Vis College. To trace the
connection of this school of musicians with that of which Robert Fairfax,
the organist of St. Albans, under Henry VJJL. and Henry YIH., is the chief,
is at present a difficult task, and the hiatus caused by the Wars of the Roses
cannot be bridged over. But the attention which is being drawn to this
obscure period of the history of music in England may any day lead to
discoveries as unexpected and as important as that of the Old Hall volume,
and when the arduous task of deciphering and translating these early com-
positions from the difficult system of notation of the fifteenth century has
been accomplished, it may be possible to form a definite opinion as to what
it was which caused Dunstable to rank so high as he did in the opinions of
his contemporaries, and why his fame, once so great, became so strangely
and rapidly clouded. Much has been written about his music and its rela-
tion to that of the Netherlander, Dufay and Binchois; but, as the mass of
his surviving work still awaits translation and publication, until this is ac-
complished any conclusion arrived at must of necessity be mostly conjectural.
If the celebration of the four hundred and fiftieth anniversary of his death
by the re-erection in St. Stephen's, Walbrook, of the memorial destroyed in
the Great Fire should serve to draw attention to the work that remains to
be done for his music, the Incorporated Society of Musicians will have done
a real* service to musical research, as well as a tardy honour to the memory
of the first great English composer.
London. W. Barclay Squire.
Christian Erbach und Hans Leo HaBler.
Ausgewahlte Werke. Erster Teil: Werke fur Orgel und Klavier mit bei-
gefugten Stucken von Jacob Hafiler. Eingeleitet und herausgegeben von
Ernst von Werra.
Denkmaler deutscher Tonkunst. Zweite Folge (Denkmaler der Tonkunst in Bayern\
Leipzig, Breitkopf und ffartel.
Zur Geschichte der Klavier- und Orgelmusik im 17. Jahrhundert liegen
erfreulicherweise bereits eine ganze Anzahl von Neuausgaben in den ver-
schiedenen »Denkmalern der Tonkunst « und in anderem Rahmen der Offent-
lichkeit vor. Aber gerade fur die Zeit der tlberwindung des koloristischen
Verfahrens bedurften wir bisher noch allgemein zuganglicher Beispiele. Fur
den Norden haben wir freilich Scheldt's Tabulatura Nova, mit der die Denk-
maler deutscher Tonkunst einst ins Leben getreten sind. Um so fuhlbarer
36*
494 Richard Miinnich, Christian Erhach und Hans Leo Hafiler.
aber war die fur den Siiden Deutschlands gelassene Liicke. Wer nicht an
die weithin verstreuten Quellen gelangen konnte, mufite sich mit .sparlichen
und nicht immer befriedigenden Abdrucken in Ritter's Geschichte der Orgel-
musik begnugen. Diese Liicke auszufullen ist der vorliegende Band geeignet.
Seiffert hat in seiner Geschichte der Klaviermusik immer wieder betont,
daB wir uns den tjbergang von dem schablonenhaften koloristischen zum
lebendig kiinstlerischen Verfahren nicht als plotzlichen Sprung, als Abreifien
der geschichtlichen Entwicklung denken dtirfen ; Scheidt und die anderen
Norddeutschen, die Ziel und Vorbild der Lehre Sweelinck's verdankten, waren
trotz aller Errungenschaften, die sie aus der Fremde mitbrachten, doch zu-
gleich Fortsetzer der heimatlichen Praxis. Aber auch die Siiddeutschen, auch
Hafiler und Erbach in den nun vorliegenden Werken, gemahnen hier und da
an die von ihnen im ganzen iiberwundene Vorzeit; in steifen Verzierungen,
befremdlichen Themendiminutionen finden wir deren rudimentare Reste.
Starker jedoch wirkt in diesen Stiicken das einer fruchtbaren Entwicklung
der siiddeutschen Orgelkunst Raum gebende Neue: das von den Venetianern,
von Merulo und dem jiingeren Gabrieli gewonnene Formprinzip.
Das Ricercar, schon die Lieblingsform der Venetianer in ihrer Orgel-
musik, iiberwiegt auch bei ihren siiddeutschen Nachfolgern. Die vorliegende
Ausgabe bringt dreizehn von Erbach und acht von Hans Leo Hafiler, zu
denen noch eins von Hauler's jiingerem Bruder Jacob kommt. Die grofie
Gefahr, in der das Ricercar bei seinen niederlandischen Schopfern, den Willaert
und Buus, gewesen war — durch die Mehrheit der Themen seine organische
Einheit und damit den letzten Sinn aller formalen Gestaltung einzubiiBen — ,
hatte schon Giovanni Gabrieli beseitigt, indem er ein Thema als Beherrsche-
rin des Ganzen hinstellte und die iibrigen auf eine blofie kontrapunktierende
oder episodische Bedeutung beschr&nkte. Wahrend nun Sweelinck das grofie
Gliick hatte, neben den italienischen Einflussen auch die der Englancler zu
erfahren, und durch selbsttatige Verschmelzung beider, kiihn fortschreitend,
zu einer eigenen groBzugigen Form gelangte, hielt sich Hafiler, der fast zu
derselben Zeit — etwa ftinf Jahre spater — in Venedig weilte, und ebenso
Erbach, begreiflicherweise mit grofierer Strenge an das dort empfangene Vor-
bild. Darf ihnen somit das Yerdienst unabhangiger Formensch5pfung nicht
zugesprochen werden, so sind beide doch Meister genug, am mit dem XJber-
nommenen wirksam zu schalten und dadurch ihrerseits den siiddeutschen Ge-
nossen und Nachfolgern in der Orgelkunst ein Muster von grofier Tragweite
zu geben. Beherrscher der Form sind sie je den falls; sie wissen fur > Einheit
in der Mannigfaltigkeit« zu sorgen. Und es sind gewiB logische Gebilde,
die da entstehen, wenn etwa dem rhythmisch gleichmaBigen, in breiten Ton-
werten einherschreitenden Hauptthema ein zweites, zunachst im unscheinbaren
Gewande eines Kontrapunkts, entgegentritt, sich alsbald zur Selbstandigkeit
erhebt, aber, seiner Nebenrolle getreu, schnell im polyphonen Gewebe wieder
untertaucht und sich allerlei Wandlungen gefallen laBt: Zusammenziebung
kleiner Notenwerte zu groBeren, Abtrennung seiner zweiten Halfte und
Stauung der Bewegung auf einem Hal te ton, sequenzenmafiige Fortfiihrung
seines Anfangsmotivs und dergleichen mehr. Sehr hiibsch ist es auch, wenn
(wie im VI. Ricercar von Erbach) ein kleines, fast spielerisches Motiv epi-
sodisch hineinsingt, einige Male in Engftihrung imitiert und dann von dem
wieder auftauchenden Hauptthema auf ein motivisches Umspielen beschrankt
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Musikberichte. 495
Zu den ubrigen Stticken ein VerhSltnis zu gewinnen, wird dem heutigen
Hdrer schwerer werden. Sehr rich tig sagt daher der Herausgeber: »Die
Tokkaten dieses Bandes miissen vor allem nach und aus dem Kunstempfin-
den der damaligen Zeit beurteilt werden «. Das gilt zwar natiirlich von den
anderen Stticken mit Einschlufi der Ricercari nicht weniger; aber bei den
Tokkaten ist dieser Hinweis, besonders wegen des differenzierten Vortrags,
den sie erfordern, am notigsten.
Der Gesamtinhalt des Bandes nmfafit auEer den Eicercari noch eine
Kanzone, eine Tokkate, zwei Introitus mit Versus und sieben Versetten
(Zwischenspiele von bestimmter liturgiscber Bedeutung) von Erbach, drei
Kanzonen, eine Tokkate, eine Phantasie (liber das Hexachord) und eine Fuga
von Hans Leo HaBler und eine Tokkate von Jakob HaBler. Dies
alles zusammen ergibt eine reicbe Vermehrung nicht nur unserer DenkmSler-,
sondern hoffentlich auch unserer praktischen Orgelliteratur. Mufi auch dringend
davor gewarnt werden, mit Anspriichen, zu denen seine klaasischen Vokal-
werke verleiten konnten, an Hans Leo HaBler s Instrumentalstucke heran-
zutreten, so ist doch kein Zweifel, dafi ein historisch gebildeter Organist von
praktischer Tuchtigkeit sie noch heute zu einer musikalischen Wirkung bringen
kann. Dasselbe gilt in nicht geringerem Mafle von den "Werken Erbach's.
Funf Stticke, vom Herausgeber fur den praktischen Gebrauch bearbeitet,
sollen beiden den Weg in die Kirche weisen. M5ge der Anhang, in dem
sie vereinigt sind, die ihm zukommende Beachtung finden!
Die Vorrede, in diesen Publikationen stets zu einer einleitenden Abhand-
lung bestimmt, bringt eine griindliche bio-bibliographische Studie des Heraus-
gebers ttber Erbach und eine Gharakteristik der in dem Bande veroffent-
lichten Kompositionen , die sich in den asthetischen Urteilen mit den
betreffenden Abschnitten bei Seiffert beruhrt.
Berlin. Richard Munnioh.
Musikberiohte,
Bavrentk 1). Die Festspiele dieses Sommers haben, wie den Lesern der Zeitschrif t
schon bekannt, neben den Wiederholungen des Binges und des Parsifal eine Neu-
einstudierung des Tannhauser in der Pariser Bearbeitung gebracht. Ich babe die
ersten sieben Yorstellungen gehort: die erste des Tannhauser, die erste und zweite des
Parsifal und den ersten Ringzyklus und will versuchen, nach diesen mein Urteil zu fallen.
Vorausschicken muC ich, dafi ich mich bei meiner Beurteilung auf den Standpunkt
stelle, von Bayreuth das denkbar Hochste und Beste verlangen zu diirfen; es mochte
sonst manchen der Leser befremden, dafi ich zu ganz anderem Besultat komme als
der Verfasser der Zeilen, die im Heft 11 dem Tannhauser gewidmet waren.
Denn ich mufi hier often aussprechen: fiir den, der die Bayreuther Auffuhrungen
1) Obgleich dieser Gesamtbericht uber Bayreuth 1904 zu einem wesentlioh anderen
Urteil uber den >Tannhauserc gelangt wie der Artikel in Nr. 11 der Zeitschrift, so
findet die Bedaktion dennoch keinen Grund, denselben den Mitgliedern der L M. G.
vorzuenthalten. Dafi die Ansichten uber Bayreuth in den letzten Zeiten sehr geteilt
sind, ist eine Tatsache, Uber die man sich nicht hinwegsetzen kann.
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496 Mttsikberichte.
der letzten Jahre miterlebte und der von den diesjahrigen einen gleichen oder gar
gesteigerten Eindruck erwartete, bedeuteten diese ersten Auffiihrungen eine schwere
Enttauschung. War schon im Parsifal und Ring ein gewisser Ruckschritt zu kon-
statieren, so blieb der Tannhauser, obgleich man offenbar auf ihn sehr viel Miihe und
Arbeit verwandt hatte, doch weit hinter den gehegten Erwartungen zuriick. Man
dachte, eine Vorstellung zu horen, die denen des Hollanders der letzten Jahre gleich-
kam, und sah nun staunend nicht nur mehrere minderwertige Solisten auf der Btihne,
sondern auch, was noch viel storender flir den Gesamteindruck war, einen erst halb-
fertigen Dirigenten am Pult. Siegfried Wagner ist ohne Zweifel ein hervorragender
Buhnenleiter. Dafiir zeugten die Ho 11 an der- Auffiihrungen sohon, das bezeugte der
Tannhauser auch wieder. Aber wenn man bedenkt, welch glanzendes Resultat sich
beim Hollander aus dem Zusammenwirken Siegfried Wagner's, des Buhnenleiters, mit
Mottl als Orchesterleiter ergab, so kann man nur bedauern, daB diesmal beide Funk-
tionen einem Manne anvertraut waren. Die Meisterschaft, die man vom Bayreuther
Dirigenten billig verlangen darf, die Meisterschaft, die z. B. Muck und Richter diesmal
wieder so glanzend bewahrten: die besitzt Siegfried Wagner noch nicht, ja es scheint
mir sehr zweifelhaft, ob er sie je erreichen wird. Wer imstande ist, das Tempo des
Pilgerchors in der Ouverture bei der ff-Wiederholung so zu vergreifen, daB diese weihe-
volle Stelle nahezu wie ein Geschwindmarsch erscheint, dem fehlt doch auch wohl das
fur einen Dirigenten notwendige Gestaltungsvermogen. So minderwertig, wie bei
dieser ersten Tannhauser- Auffiihrung, habe ich die Ouverture selten gehort. Streicher
und Blaser standen nicht in dem richtigen Kontakt miteinander, die Posaunen klappten
bei der besagten ff-Stelle stets nach. Im weiteren Verlauf der Auffiihrung fehlte
gelegentlich auch der Kontakt zwischen Buhne und Orchester: in der Romerzahlung
trat das einmal recht stark in Erscheinung. Und vor allem, das Orchester klang nicht;
der wundervolle, mit Recht so beruhmte Bayreuther Orchesterklang war im Tannhauser
nicht vorhanden. Die Leistung, die das Orchester am zweiten Tage der ersten Par-
sifal-Auffiihrung unter Dr. Muck's Leitung bot, stand so sehr hoher, daft man glauben
konnte, ein ganz anderes Orchester vor sich zu haben. Bayreuther Traditionen
entsprach jedenfalls die Orchesterausfuhrung im Tannhauser nicht.
Un<J ebensowenig diirfte es mit der Bayreuther Tradition vereinbar sein, daB
man auf der Buhne Kunstler herausstellt, die entweder die notigen stimmlichen Mittel
nicht besitzen oder noch ganzlich unfertig sind. Herr Ma tray kann einmal ein guter
Tannhauser werden, heute ist er noch weit davon entfernt; ebenso verspricht Herr
Whitehill erst fur die Zukunft fertiges. Frl. Grandjean aber von der Pariser Oper
ist stimmlich der Venus keineswegs gewachsen, so getreu sie auch im Aussehen die
Rolle verkorpern mag. Jedenfalls standen diese drei Leistungen betrachtlich hinter
den glanzenden Darbietungen vonFrau Fleischer -Edel (Elisabeth), Knupfer (Land-
graf), G erst el (Hirtenknabe) zuriick. DaB solche ofifenkundige Mangel im Orchester
wie auf der Buhne in Erscheinung traten, ist um so bedauerlicher, als die Tannhauser-
Auffuhrung andererseits doch auch wieder bedeutende Hohepunkte bot. Hervor-
ragend waren die groGen Ensembleszenen am SchluB des zweiten und des dritten
Aktes, ebenso die Tanzszene des Venusberges, obgleich in letzterer das Auftreten von
MiC Duncan ein leises Kopfschiitteln hervorrufen konnte. Aber der Gesamteindruck
des Tannhauser war trotz solcher bedeutender Momente mafiig. Was hatte wohl
daraus werden konnen, wenn wieder ein Meister wie Felix Mottl die musikalische
Leitung in Handen gehabt hatte, wenn die Solisten auf gleicher Hohe gestanden
hatten, wie im Hollander von 1902!
Parsifal und Ring waren von vornherein schon dadurch auf ein hoheres Niveau
gestellt — wenigstens in den ersten Auffuhrungen — , daB die musikalische Leitung
Dirigenten ersten Ranges anvertraut war: Dr. Muck und Hans Richter. Muck's
Leitung des Parsifal ist eine selten schone und ausgeglichene Leistung; man kann
nur wun8chen, daB dieser Meister noch recht lange fur Bayreuth erhalten bleiben moge.
Richter dirigierte hervorragend wie immer, er steht trotz zunehmenden Alters noch
auf der gleichen Hohe seines Konnens. Aber auch in diesen Yorstellungen war auf
der Buhne nicht alles wie es sein sollte. Auch hier war die Wahl der neuen Dar-
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Musikberichte. 497
steller nicht immer die richtige. Neben so ausgezeichneten Leistungen, wie sie im
Parsifal, Marie Wittich, Felix Kraus, Kniipfer, Perron boten, standen die
beiden Vertreter des Parsifal zuriick. Fritz Remond, der darBtellerisch meisterhaft
war, m angel t der stimmliche Glanz zur wahren Verkorperung der Figur; Dr. v. Bary,
der eigentliche homo novus fur Bayreuth, ist schauspielerisch gar zu unbeholfen und
verdirbt sich dadurch auch ein gut teil seiner auf prachtvollem Material basierten
gesanglichen Leistung. Das fiel noch viel mehr bei seinem Siegmund ins Gewicht, der
recht nnbedeutend war und dem ersten Akt der Walkure seine ganze Zugkraft benahm.
Im Bang vermiBte man ungern vier Kiinstler, die die Auffuhrungen von 1902 als beste
zierten: van Rooy, den unerreichten Wotan, den Bertram trotz seiner sehr hoch zu
stellenden Verkorperung der Figur nicht ersetzen kann, Ernestine Schumann-Heinck,
deren Fehlen sich namentlich bei der Figur der Br da sehr storend bemerkbar machte,
Fritz Friedrichs, den charakteristischen Alberich, und Max Lohfing, den ausgezeichneten
Hunding. Kniipfer, dem sonst so treff lichen, liegt der Hunding nicht recht, und
Nawiawsky besitzt nicht das Charakterisierungsvermogen, das der Darsteller des
Alberich haben muB. Die von der alten Besetzung mitwirkten, waren wieder die
besten: Briesemeister (Loge), Breuer (Mime), Frau ReuB-Belce (Fricka), der
man leider auch die ihr gar nicht liegende Gutrune gegeben hatte. Keller und Elm b lad
als Riesen, Marie Wittich (Sieglinde), Ellen Gulbranson (Briinnhilde) und Ernst
Kraus (Siegfried), zu denen sich Perron als Gunther gesellte, der aus der undank-
baren Figur machte, was zu machen war. Auch Rheintochter, Nornen undWalkiiren,
aus deren Gesangen stets der helle Sopran des Frl. Artner hervorragte, waren aus-
gezeichnet besetzt. Leider wurde aber der Eindruck der Gotterd'ammerung bedenklich
heruntergezogen durch ein en total unfahigen Darsteller des Hagen. Der Sanger besitzt
weder Aussehen noch Stimmaterial, das ihn zur Verkorperung der Figur befahigte.
DaB ihm die Festspielleitung die Partie ubertrug, ist einer der schlimmsten Fehler,
den sie in diesem Jahre beging. Der Vertreter des Hagen von 1902 war ja auch
recht schwach, aber total ungeniigend wie der diesjahrige war er nicht. Solch ein MiB-
griff sollte in Bayreuth nicht vorkommen!
Glanzend waren im King wie im Parsifal die Ensembleszenen. Walkiirenszene,
Mannenchor der Gotterd'ammerung, die Gral- und Blumenmadchenchore, das war alles
auf altgewohnter Bayreuther Hohe. Dekorativ war ebenso hervorragend alles im Ring,
dagegen erfreut sich der Parsifal anscheinend einer andauernden Vernachlassigung in
diesem Punkte und stent gegen die anderen Vorstellungen zuriick. Die Wandeldeko-
rationen des Parsifal sind fur heutige Zeit nicht mehr geniigend; es geht nicht an, daB
man bei der Verwandlung im dritten Akt links noch ein Stuck Blumenwiese, rechts
bereits die Saulen des Gralstempels sieht und daB man noch dazu, selbst von guten
Platzen aus, verfolgen kann, wie sich der Prospekt an einer Stange langsam auf-
wickelt. Und dann dies ungeschickte Arrangement bei der Beleuchtung des Grals
und dem Speerwurf Klingsors! Man denke sich den Stimmungsumschlag in den
Gralszenen, wenn man beim Ergliihen des heiligen Gef aBes ganz deutlich den Draht
Sieht, durch den der Kelch elektrisch erleuchtet wird ! Und sollte es gar nicht mog-
lich sein, den Speerwurf geschickter zu arrangieren? Amerikaner, die den Parsifal
in New York gesehen, konnten sich bei diesen Stellen eines Lachelns ebensowenig
erwehren wie bei der Kostiimierung der Blumenmadchen. Der Grund der vernach-
lassigten Ausstattung des Parsifal ist ja klar: man hat bis 1913 in Europa keine Kon-
kurrenz fur das herrliche Werk und glaubt deswegen, einer Neuauffrischung nicht zu
bediirfen. Ich muB gestehen: ich halte es fur die schonste Aufgabe Bayreuths, den
Parsifal einmal wieder in einer Vorstellung zu bringen, die nach alien Seiten hin
uniibertrefflich ist. Das hieBe mehr nach dem Willen des Meisters handeln, als wenn
man Neuauffuhrungen fruherer Werke veranstaltet , die nicht auf einer Bayreuths
wurdigen Hohe stehen! Albert Mayer-Reinach.
Krakau. Die Lemberger Operette fuhrte auBer zahlreichen Operetten (Offenbach
usw.) den >Freischutz< und >Hansel und Gretel* auf. Das Orchester dirigierten die
Herren Elszyk und Slomkowski. f^ A. Ci
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498 Nachrichten von Lehranstalten and Yereinen.
Mtietan. Die diesj'ihrigen Wagnerfestspiele im Prinzregententheater brachten
neben dem >Ring dea Nibelungen« nodi >Tristan«. »Meistersinger« mid
•Hollander*. Namentlich das letztere Werk, nach Bayreuther Master nea inszeniert
and in einem Akt gegeben, gelangte onter Leitong Mottl's, den wir von nan an
mit 8tolz den unseren nennen diirfen, onter Betonong dee dramatiachen Gehalts
and Zaruckdrangang alles opernhaften zu tiefergreifender Wirkong. Der > Tristan*
worde von Weingartner, die >Meistersinger« von Nikisch dirigiert, die beide
als Gaste berofen waren; and so konnten sie bei alien goten Intentionen in der
korzen Zeit onmoglich die notwendige Beherrsohung dea ihnen fremden komplizierten
Apparats gewinnen, ohne die eine erspriefiliche Tatigkeit nicht moglich ist Eine
orchestral glanzvoUe, szenisch etwas ongleichmatiige Wiedergabe des » Rings* onter
Mottl schloO den ersten Zyklus, der ein zahlreiches in- ond aoslandischee Pnblikom
angelockt hatte. Unter den Mitwirkenden seien vorziiglioh die Herren Knote (Tristan,
Walter, Siegfried), Feinhals (Wotan, Hollander), van Rooy (Sachs;, ReiB (Mime,
David), Zador (Alberich), sowie die Damen M or en a (Sieghnde, Senta), Senger-
Bettaqoe (Briinnhilde), Fr&nkel-Clans (Brunnhilde) ond Ternina (Isolde) mit
Aoszeichnong genannt. In der Regie machte sich eine neogewonnene Kraft. Herr
Wirk, namentlich im » Hollander* dorch eigenartige ond feinsinnige Anordnongen
hochverdient. Im ubrigen leitete Possart selbst den szenischen Apparat. E, J.
Paris. En province comme a Paris, toote vie mosicale a cesser H n'y a a sig-
naler, comme les annees prec&Ientes, qoe les representations do Theatre antique
d'O range et celle des arenes de B£ziers. La, Torchestre Oolonne a execute, les 14 et 15
aout les partitions de Saint- Saens ecrite poor accompagner V Andromaque de Racine
et celle de Bizet, poor V Arlesienne de Daodet. A Beziers, les 28 et 30 aout aoront
lieu de solennelles representations de VArmide de Glock qui apres one absence de
soixante-dix ans, va reparaitre Thiver prochain a l'Opera. J.-G. Prod'homme.
Naohrichten von Hoohschulen, Lehranstalten and Vereinen.
Kiel. An der Universit'dt hat sich Dr. Mayer-Reinach als Privatdozent for
Musikwissenschafb niedergelassen. Die Antrittsrede >Friedrich der Orofie und die
Musik* fand am 9. August statt. Als Vorlesungen fur das Wintersemester sind an-
gekiindigt: 1. Einfiihrung in die Musikwissenschaft, 2 Std.; 2. Geschichte der Sin-
ionie, 2 Std. Die Habilitationsschrift bringt >Beitrage xur Geschichte der Musik in
Preupen*.
Prag. Als Nachfolger Anton Dvorak's ist zum ktinstlerischen Leiter des Konser-
vatorium8 Prof. Karl Knittl gewahlt worden (geb. 1863 in Polna).
Stuttgart. Dem 47. Jahresbericht des Kgl. Konservatoriums entnehmen wir
folgendes: Die Anstalt zahlte 1903/4 491 Schuler, von denen 173 (72 Schuler, 101
Schulerinnen) sich der Musik berufemaCig, 318 als Dilettanten widmeten. 32 Lehrer
und 6 Lehrerinnen erteilen Unterricht. Eine Neueinrichtung sind die Vorspiel-
tlbungsabende, die den Zweck haben, die Schuler durch ofberes Auftreten an das
Vorspielen zu gewohnen. Im ganzen fanden 15 Vortragsabende, 5 Prufungskonzerte,
2 auCerordentliche Yeranstaltuugen und 2 Klavierabende Prof. M. Pauer's and je
1 Gesangs- und Orgelvortrag der Prof. Freitag und S. de Lange statt. Direktoren der
Anstalt sind die Professoren S. de Lange und M. Pauer.
Warschau. Herr EmilvonMtynarski, der erste Kapellmeister der Warschauer
Philharmonie, wurde zum Direktor des >Kaiserl. Musikinstituts* ernannt. — Bericht
aus dem Schuljahre 1903/4: im I. Semester besuohten das Institut 496 Personen
230 Schuler und 266 Schulerinnen; darunter zahlten die Klavierklassen 233 Schulerinnen
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Notizen. 499
und 23 Schuler); im IE. Semester 508 Personen (236 Schiiler und 272 Schulerinnen ;
Klavierklassen: 239 Schulerinnen und 24 Schuler). 50 Personen absolvierten das Institut.
Aus der Kompositionsklasse von Siegmund Noskowski ist Herr Ludomir Rozycki zu
nennen, dessen phantastisches Scherzo >Stanczyk< in einem philharmonischen Konzerte
mit Erfolg gespielt wurde.
Notizen.
Bayreuth nach 1913. Den Festspielgasten von Bayreuth sind zwei Aufrufe uber-
mittelt worden. Der eine fordert zu Sammlungen fur den Stipendienfonds auf und
bittet, so hilfreich beizusteuern, da6 er als JubilSumsspende zu Wagner's 100. G-eburts-
tag mindesten8 die erste Million erreiche und so im grofien Stile alien Musikbeflissenen
den Weg nach Bayreuth ebne, die darnach verlangen, denen aber »mit der DUrftig-
keit das Los der meisten und oft Tiichtigsten unter Germ aniens Sohnen zugefallen*.
Man ersieht daraus, dafi auch liber 1913 hinaus Bayreuth fortbestehen soil. Ja, es
soil vielleicht gar ein neues Bayreuth erstehen, wie der zweite Aufruf wiinscht. Dieser
lafit sum Aufbau eines neuen Nationaltheaters an Stelle des nicht mehr allzulange
widerstandsfahigen Festspielhauses sammeln, einer Musterbiihne, die 1913 dem deut-
schen Volke von der Wagnergemeinde im Sinne des Meisters iibergeben werden soil.
Ob hier fernerhin nur Wagner oder auch andere Komponisten oder Dichter zu Worte
kommen sollen, ist nicht deutlich ausgesprochen.
Leipzig soil nun aufier dem Klinger'schen Richard Wagner-Denkmai auch ein
groOea Seb. Bach-Denkmal erhalten, das an der Westseite der Thomaskirche seinen
Platz erhalten soil. Die Ausfuhrung ist dem Leipziger Bildhauer Prof. Karl Seffner
ubertragen, doch soil noch weder ein Modell angefertigt sein, noch ist sonst etwas
naheres fiber die Dimensionen und das Material bekannt.
Der Verlag D. Rahter hat anlaClich seines 26jahrigen Bestehens einen Verlags-
bericht 1879—1904 herausgegeben. Namen wie Tschaikowsky , R. StrauB, Arensky,
Borodin, Glazounow zeigen am besten die Tendenz des bekannten Verlags.
Liegnitz. Hier soil 1905 wieder ein zweit'agiges Musikfest stattfinden, und
zwar in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten. Es werden sich daran die »Lieg~
niixer Singakademie* (Dir. : Hr. K. Schulz) und die dortige » QemiscJUe Chorvereinigitng*
(Dir.: Hr. Rudnick) beteiligen. Das Programm wird u. a. Bach's *MaUhaus-Passion*
enthalten.
LoidOB. — Regarding Abbot Gasquet's book on English Monastic Life (see
(Biicherschau), the following is an abstract of duties of the important office of Precen-
tor or Cantor \ before the Reformation: —
"Obedientiaries" were all officers below Abbot, Prior, or Sub-Prior. Of Obedientiaries
the Precentor was the first and chief. He was appointed by the Abbot as a dignified
specialist, of course a priest. He had 6 functions: — singing a leading part in the church
ritual, conducting the church music and giving instruction in music, superintending the non-
ritual readings-aloud, acting as librarian, acting as archivist, acting as trustee of the convent seal.
(a) If at a great Feast the Abbot had to give out an Antiphon or Responsory, he was at hand as
Precentor to prompt or help. He would also act on occasion as deputy to the Abbot for saying
Mass, or for intoning the Antiphons at Benedictus and Magnificat. At greater Feasts of 2nd class
he would do this latter in his own right by virtue of his office, (b) As music-director, he
managed the music of all church services and cloister-processions, drawing up lists (on waxen
tablets) of what was to be sung and who to sing it. No other obedientiary could dispute
his orders thereon. Holding a staff of office, he sat on right of divided choir, looking from
altar; while his Succentor or deputy sat opposite. Sometimes he moved about among the
singers, during music. He raised or lowered the intoning pitch during service. His atten-
dance was indispensable at Matins, Vespers, and Compline. Rehearsals were constant, he
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500 Notizen.
taught novices, and if necessary he taught other members of the community. It was his
duty to keep the organs in repair, (c) He prescribed what was to be read aloud at evening
Collation or in Refectory. Foi this too he had to rehearse and instruct. He even superin-
tended the reading in the monastery boys-school, (d) As librarian or armorius, he was in
charge of all books in the aumbry or cupboard, or in great institutions in the book-room.
Was responsible for binding and repairs. Kept a loan-register, and if a book went outside
the monastery took a pledge for it. Prepared the vellum and ink for the Scriptorium, and
hired the paid extra-labourers therein, (e) As archivist he entered dates and particulars of
members newly professing. Also of the decease of members, in a special "necrology" with
brief obituary, (f) Of 3 custodians of the convent seal, he was the chief, (g) It should be
said that his assistant, the Succentor, helped in every way; aided celebrating priest in
finding his place; woke up drowsy members at night-office; &c.
In "Musical Opinion" for August 1904 J. W. Hinton (II, 442, 448; V, 36; shows
how "PrincipaP' came to be a 4ft. stop in English Organs.
With ancient continental builders principal = prestant (praestans) = regula primaria
ss fond d'orgue, and was the open stop one octave above the lowest pitched stop
in each department, this being held to be the main and ruling factor. Thus the lowest
Pedal and Great manual stops being classed as 32ft and 16ft., the "principals" thereof were
16ft. and 8ft. And they called departments, whole, half, or quarter, according as the
principal therein was 16ft., 8ft., or 4ft. All this very clearly brought out in e. g. organs
at: — Bremen, Cathedral (in all of its 4 departments); Frankfort, St. Paul's (in all 5};
Freiberg, Cathedral (in all 4); Merseburg, Cathedral (in all 5). But in England nomen-
clature arose when there was no pedal department, and even the Great manual itself was
a truncated one shorn of its natural 16ft. Therefore the term "principal" became trans-
posed an octave higher, and was here on the Great a 4ft. stop. And so remaining, even,
now that the due pedal departments and contra-tone in manual departments have been
added. It has been in England a misnomer throughout, based on false and "up-in-the-air"
organ-building. *
At IV, 30 it was explained as to the "Guild-Merchant" of Preston in Lancashire,
that "Guild" was the substantive, and "Merchant" only an adjective. The Trade-guilds
or Craft-guilds of England are lost in antiquity, and were the "Confraternities" of
S. Europe. They were the members of a trade joined together like a modern Friendly
Society, and also to protect the interests of the Trade. In early days only a member
of a guild could practice that trade. Presently towns received a charter quod habeant
gildam mercatoriam, which meant a union of guilds, otherwise a "Community";
and eventually, the trading guilds ousting the non-trading, this became a general town
Corporation. The City of London guilds, many dating back to XTV century, the
original basis of the Corporation of London, are at this date reckoned as 79 in number.
Their "freemen", entitled to wear livery or distinctive dress and therefore called
"liverymen", still elect the Lord Mayor, Sheriffs, and other corporate officers. The
"Worshipful Company of Musicians" of the City of London, or short "Musicians'
Company" is lineal descendant of the old Guild of Minstrels, which ruled minstrels
throughout the kingdom at the time of Dunstable (see Article), and gave English music
its importance in the XV and XVI centuries. By charter of James I on 8 July 1604
it was limited to City of London, and given certain powers. To celebrate tercentenary
of that event, its Music Loan Exhibition mentioned in last number (V, 463) was held,
opened by Prince of Wales. It is the only guild which represents a profession,
and though small and not rich, nor one of the 12 (Clothworkers, Drapers, Fishmongers,
Goldsmiths, Grocers, Haberdashers, Ironmongers, Mercers, Merchant Taylors, Sal-
ters, Skinners, and Vintners) traditionally called "great", has quite lately shown varied
signs of very useful public activity.
The first Exhibition of Musical Instruments held it is believed anywhere, was in
1872 at S. Kensington Museum; which copied on Continent at Milan (1881), Bologna
and Brussels (1888], Vienna (1892); here also at S. Kensington (1885), Chelsea (1900),
Crystal Palace (1900).
The heads this year were as follows. All items noted mean specimens actually
exhibited: —
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Notizen. 501
(a) Early Printed Music. 368 items, especially XV to XVIII centuries. First
example known anywhere, Jean Charlier de Gerson's "Collectorinm [dissertation] super
Magnificat", printed by Conrad Fyner at Esslingen, 1473, or about 25 years after first general
printing from moveable types ; contains 5 notes of music, printed not stamped, (for facsimile
see Musical Times, July 1904). Earliest known specimen anywhere of practical music
printed from type or by any other method, Francesco Niger's "Grammatica Brevis", printed
by Theodore, Venice, 1480. Earliest music-printing known in England, Ranulph Higden's
"Polychromcon", printed by Wynkyn de Worde, Westminster, 1495; contains one musical
example (for facsimile see Mus. Times as above). The collection of Elizabethan Madrigals
1575—1630 was the largest ever yet shown; cf. Rimbault's "Bibliotheca Madrigaliana",
London, 1847. An excellent digest of music-printing by Victor de Pontigny is at Grove,
II, 433, and a Mus. Association lecture by W. H. Gummings on 4 May 1884.
(b) Manuscripts and Autographs. 409 items, XII to XX centuries. The earliest,
a MS. Gradual of XII century, vellum, music in neumes. The "Old Hall MS." of XV
century (Sammelbande II, 342, 719). The "Eton MS. Anthem Book", early XVI century,
showing link between Dunstable and Fairfax (Zeitschrift, II, 368). Of the "Messiah" H. M.
the King's autograph score, the Tenbury score, the 0. Goldschmidt score (Z. IV, 143).
Orlando Gibbons's only known autograph letter, 1625. Handel, organ specification. 30 Sept.
1749. Gecile Mendelssohn-Bartholdy's letter to Ousins of 30 Nov. 1847, after the death.
Wagner's letter to Breitkopf and H&rtel, 18 July 1843, offering "Flying Dutchman" for
1000 thalers. Annette Preusser's Album. Contemporary scores by Bridge, Cowen, El gar,
Mackenzie, Parry, Stanford, &c. These among innumerable treasures.
(c) Wind Instruments. 247 items, XV to XIX centuries. Among curiosities, a
Shophar ram's horn, a Welsh Pibgorn, a German straight trumpet 1460, a Wardmote horn
1475, a Chalumeau 1610, a Bible regal or reed- organ 1620, a Watchman's pipe 1675, a
Bird-Organ, temp. George HI, Irish bagpipes with drones played by arm-keys, a Clarinet
walking-stick, a B flat Teneroon, a re- constructed 3-stop Water-Organ (see Bucherschau,
Williams).
(d) Stringed Instruments. 194 items, XVI to XIX centuries. Among the great
number of instruments here shown ran only be selected: — The Lamont Scottish Harp
{Clarsach Lumanach) 1464; Welsh Crwth; Triple Welsh Harp; Quinterna, or violin-guitar,
1539; Lyra da Braccio, 1540; Zanetto Viola, 1560; Queen Elizabeth's own Virginal, c. 1570;
English Clavicord by Hicke, 1580; Buechenburg Chittarone, 1614; H. M. the King's Amati
Viola, 1630; Mondini Virginal, 1631; Leversedge Virginal, 1666; the Hellier large-size
Stradivari violin, 1679; Pandurina, or treble-lute, 1737.
(e) Paintings and Drawings. 381 item*. Among the oil-portraits are: — Monte-
verdi; Handel at 72, by Hudson, now first exhibited (Earl Howe); Handel by Kyte, 1742;
Haydn in England, by Hardy, 1791; Christopher Simpson; Wm. Lawes; Hy. Lawes; Pur-
cell, by Kneller, also by Klostermans; Jenny Lind as "Norma", by Count d'Orsay.
(f) Lenders. Out of 203 lenders may be specified: — H. M. the King, J. E. P. Ark-
wright, Artaria & Co. (of Vienna, special collection), A. S. Beaumont, D. J. Blaikley, Sir
F. Bridge, Broadwood & Sons, J. S. Bumpus, Archbishop of Canterbury, Collard & Collard,
F. H. Cowen, C. T. D. Crews, W. H. Cummings, Sir G. Donaldson, CountesS of Dudley,
Sir E. Elgar, Enoch & Sons, R. Epstein, F. W. Galpin, Otto Goldschmidt, A. F. Hill,
Earl Howe, A. Littleton, Walter Macfarren, Sir A. Mackenzie, J. A. Fuller Maitland, Sir
A. Manns, Nicolas Manskopf, J. F. Matthew, J. G. Morley, Oxford & Cambridge Musical
Club, Sir Hubert Parry, C. van Raalte, Rudall Carte & Co., Ad. Schloesser, T. B. Shaw-
Hellier, J. S. Shedlock, T. L. Southgate, J. F. R. Stainer, Sir C. Stanford, J. E. Street,
T. W. Taphouse, Herbert Thompson, L. van Waefelghem, Countess of Warwick, J. Westrope,
H. Saxe Wyndham, Miss A. Zimmerman n.
(g) Lectures Ac. The following 17 admirably managed lectures were delivered, all
with illustrations, and to thronged audiences: — Evolution of Pianoforte (T. L. Soutbgate),
Our English Songs (W. H. Cummings), English Viols (Henry Watson), Madrigals &c. (E.
Mark ham Lee), Recorders Ac. (J. Finn), Music in England in 1604 (Sir F. Bridge, with
overflow repetition), Old Dances (Algernon Rose), Masques and Early Operas (A. H. D. Prender-
gast, English Opera (F. J. Sawyer), Cathedral Composers (G. F. Huntley), Reed Instruments
(D. J. Blaikley), Hydraulic Organ (F. W. Galpin, with re-constructed i/j size organ), the
Regal &c (T. L. Southgate), Violins (W. W. Cobbett), Brass Wind (J. E. Borland), Early
Printed Music (A. H. Littleton), Music of Country Side (Ernest Clarke). All these will be
published by the Company, as also a memento illustrated Catalogue ; altogether a great fund
of information. — Chairman of the Committee has been Sir Homewood Crawford ; Hon
Secretaries, A. F. Hill and J. F. R. Stainer.
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Kritische Bucherschau.
Paris. Ein Cesar Franck-Denkmal soil am 20. Okt. d. J. in den Anlagen
von Saint Clotilde enthullt werden.
Rom. Kirchenmusik. In der Rassegna Nr. 7/8 stehen verschiedene Nach-
richten, die dartun, daC mit aller Energie die Ausftihrung der p'apstlichen Erlasse be-
ziiglich der Kirchenmusik betrieben wiroV Vom Kirchenchor der Basilika St. Maria
Maggiore heifit ee, >dafi es dort nicht recht vorangehen wolle, vielleicht infolge des
Mangels an Vorbereitung oder der Unfahigkeit, und daJ3 sogar bei feierlichen
Gtelegenheiten wahre Skandale entstehen, woran sich die Gl'aubigen argern. Das Kapitel
soil den Gesangschor aufgel&st und den Kapellmeister entlassen haben, urn alles zu
reorgani8ieren.€ Man sieht, auf welche Schwierigkeiten die Reform des Papstes (be-
sonders in Italien) stofit.
Warschau. Zum Stellvertreter des beurlaubten Kapellmeisters Mlynarski wurde
der ehemalige Direktor der Lemberger Philharmonie , Herr Viktor fielansky zum
II. Kapellmeister der Warschauer Philharmonie ernannt.
AuBer den >groCen philharmonischen Konzerten« der Warschauer Philharmonie
werden noch folgende Abende veranstaltet: 12 >philharmonische Konzerte«, 12 »Kom-
positions- und Kapellmeisterkonzertec, 20 >Extrakonzerte«, 80 »Populare Abende*;
daneben viele Kammerkonzerte, Kinderkonzerte und Musikvortrage.
Folgende deutsche Kapellmeister werden dirigieren: Bullerjan, Gustav Mahler,
Arthur Nikisch, Schneevoigt, Ernst Schuch, Dr. Richard StrauB, Siegfried Wagner,
Felix von Weingartner und — Herr Komzak. — Oper: In letzter Spielzeit (14. DL
1903 bis 30. VI. 1904) wurden 43 Opern gegeben, darunter nur 16 (IE) in der polnischen
Sprache gesungen. Die nachste Spielzeit wird vom 14. September bis 14. Mai (1906)
dauern.
Wien. Am 6. August starb in Baden bei Wien Eduard Han slick (geb. 11. Sept
1826 in Prag);. In diesen Bl'attern das Fiir und Wider des einst so beriihmten Jour-
nalisten und Asthetikers abzuwagen, wird wohl kaum notwendig sein.
Kritische Bucherschau
iiber neu-erschienene Biicher und Schriften iiber Musik.
Cleather, Alice Leighton, and Basil
Crump. Parsifal, Lohengrin, and
the Legend of the Holy Grail. Lon-
don, Methnen, 1904. pp. 184, Crown
12mo. 2/6.
The paraphrasing of plays and opera-
plots, to avoid condemnation, requires con-
summate skill and taste in diction. The
2 amateur authors who here describe and
interpret the matters mentioned in accord-
ance with "Wagner's own writings, have
done so without the least offence and in a
way both to attract and win. They have
already issued "The Ring" and will next
issue "Tristan". Gteo. Beckett.
Gasquet, Abbot. English Monastic
Life. London, Methuen , 1904.
pp. 317, Demy 8vo. 7/6.
Belongs to a series "The Antiquary's
Books", ed. by Rev. J. C. Cox. Begins with
a sketch of the rise of Monachism, — An-
tony in Egyptian Thebes III century,
Pachomius ditto IV, Martin in Gaul IV,
Benedict in Italy V, Augustine in England
VI, Columban m Ireland VII, — and its
development from eremitism (hermits) to
cenobaticism (communities). Then gives in
fullest detail the ordinary cenobatical life
of the mediaeval monks and nuns of Eng-
land, compiled from the contemporary MS.
records, (76 such authorities listed). Daily
duties of: — Abbot, Prior, Sub -Prior,
Precentor, Sacrist, Cellarer, Refectorian,
Kitchener, Innrmarian, Almoner, Guest-
master, Camerarius, Master of Novices,
Hebdomadarian, the ordinary Brethren.
Practical procedure at any single day's
services and functions, viz: — Matins,
Lauds, Prime, Mixtum, Morning Mass,
Chapter, Parliament, High Mass, Dinner,
Daily labour, Vespers, Supper, Collation,
Compline. Full account of the English
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Kritische Biicherschau.
503
Monks (Benedictine, Cluniac, Cistercian,
Carthusian), Church Canons (Augustinian,
Premonstratensian, Gilbertine), Military
Orders (Hospitallers, Templars), Friars
(Dominican or Black, Franciscan or Grey,
Carmelite, Austin), many lesser Friars, &c.
List of 2000 monastic houses in England
broken up at the change of state-religion,
and their locality shown by maps. Every
church-organist should know something of
these matters, which have nowhere else
been so compiled. The account of the Pre-
centor, Cantor, or Music-director, will sur-
prise as to the great importance of the
office; abstract is given under "Notizen,
London". The author Rt. Rev. Francis
Aidan Gasquet is Abbot President of the
English Benedictine monks, and resides in .
London. Geo. Beckett, i
Graves, C. L. The Diversions of a
Music-Lover. London, Macmillan, .
1904. pp. 260, Demy 8vo. |
There is every excuse for a journalist i
wishing to transplant his best work (very i
likely all anonymous) from the fugitive
news-sheet, or even magazine, to the more
stable protection of a book within 2 covers.
The amount of self-sacrifice involved in j
journalism is only realised on retrospect. ,
The process of transplanting however re- 1
quires great discretion. Journalistic work
depends for its effect on its context far '
more than is generally supposed, and even |
a change of medium within the same class ,
will be enough to take off the gloss. Much
more so when there is a transference from
Journal to Book, which is no doubt of the
nature of real ipromotion. For literary pur-
poses the Book-Machine still ranks above
the Walter Printing Press. It is only ar-
ticles of large calibre, like say "Macaulay's
Essays", which are thoroughly proof against
transference. The now-increasing practice
therefore of dishing-up journalistic works
book- form, may be good advertisement,
but rarely increases reputation. The present
author (1866—), son of a Bishop of Lime-
rick, Assist. Editor of the "Spectator" since
1899, and on staff of "Punch" since 1902,
is a very clever Irishman and journalist.
Was main author of the skit (V. 35) which
focussed English opinion on the highly ill-
judged advertisements of the Encyc. Bri-
tannica New Volumes. The papers here
collected are from such different sources
as "Spectator", "Musical Times", "Strand
Magazine", and "Punch". They are a mix-
ture of jocosity and seriousness, and for
the reasons given above form strange bed-
fellows. Charles Maclean.
JahTbuch der Musikbibliothek Pe-
ters fiir 1903. 10. Jahrg. Heraus-
gegeben von Rudolf Schwartz. Leip-
zig, C. F. Peters, 1904. 4<>. 135 S.
Das Jahrbuch enthalt von Aufsatzen
an erster S telle eine Abhandlung Karl
Nef's iiber das *Clavicymbal unci Clavi-
chord* , die eine Frage beriihrt, die in den
letzten Jahren allgemeiner interessiert. Ich
glaube, das Hauptresultat des Aufsatzes hat
nicht alien Fachleuten gerade viel Freude
gemacht, namlich daC das Cembalo und
nicht das Klavichord in der Zeit Bach's das
Hauptinstrument der klavierspielenden Welt
gewesen sei, ferner daC das Cembalo not-
wendigerweise als Greneralbafiinstrument fur
die Werke des 17. und 18. Jahrhunderts
wieder einffefiihrt werden sollte. Die Be-
weise fiir die erste Forderung setzen S. 21
ein. Fur den »Konzertvortrag< kommt in
der ersten Halfte des 18. Jahrhunderts
wohl kein Klavierinstrument als Soloinstru-
ment, d. h. als ganz allein tatiges Instru-
ment in Betracht, indem man, meines Wis-
sens, in den Collegia musicakeineausschliefi-
liche Solo-, sondern Ensemblemusik pflegte.
DaC man fur Klavierkonzerte das Cembalo
verwendete, ist selbstverstandlich ; hier han-
delt es sich aber um ausschlieGliche Solo-
musik fiir Klavier, die denn doch in aller-
erster und wohl einziger Linie Hausmusik
ist. Das Zitat Schubart's auf der gleichen
Seite, von dem der Verfasser ausgeht, mochte
ich ganz anders auslegen, und in ihm
kein Zeugnis fiir die starkere Verwendung
des Cembalos finden. Was Schubart's Ver-
gleich mit Figuren Kneller's oder Cho-
dowiecy's sagen will, daC auf dem Cembalo
eine diesen Meistern ahnlich scharf um-
rissene Zeichnung moglich sei, spricht
derSatzaus: Auf diesem Instrumente muO
man zuerst reinen Vortrag lernen, ....
man iibt die Faust in der richtigenmu-
sikalischen Zeichnung. Schubart ver-
steht darunter wohl kaum etwas anderes
als: Sauberkeit, Deutlichkeit, man kann
auf dem Cembalo nicht verwischen, schmie-
ren, eben weil jeder Ton scharf umrissen
zutage tritt. Es ist also, nach Schubart's
Aunassung, das beste Lern instrument.
Sobald man aber mehr als eine > Zeichnung*
haben will, mufi man zu etwas anderem
greifen, dem nuancenfahigeren Klavichord.
Schubert kommt auch iiber die Ausdriicke
»lernen«, >uben«, » Zeichnung <, nicht hinaus.
Zum vollendeten Vortrag dachte er sich
Farbe, Schattierung, denn das Cembalo hat
• bloCen simpeln UmriOc
Nicht einverstanden kann ich sein,
wenn der Verfasser zum polyphonen Vor-
trag das Cembalo fiir geeigneter halt als
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504
Kritische Bucherschau.
das moderne Klavier. >Sofern (auf dem
Cembalo) nur die Noten richtig gespielt
werden, ertont alles gleichm'aBig*. JDas ist
sehr richtig, aber beim polyphonen Satz
und Spiel unterscheidet man doch so scharf
ale moglich Haupt- und Nebenstimmen, was,
wie der Vertasser demnach selbst zugeben
muB, auf dem Cembolo unmoglich ist, und
was jeder, der auf Cembalis fugierte Musik
gespielt hat, aus Erfahrung weiB. Dem
modernen Klavier hingegen, das ia geradezu
unendliche Nuanrierfahigkeiten hat, gerade
die Fahigkeit klaren Spielens abzusprechen,
dazu dtirften unsere guten Pianisten, die die
schwersten Fugen mit vollendeter Klarheit
spielen, bedenklich die Kopfe schiitteln.
DaB man aber Haupt- und Nebenstimmen
auch im Spiel soviet als moglich zu unter-
scheiden suchte, konnen wir der Vokal- und
Orgelmusik entnehmen, wo diese Moglich-
keiten in ganz anderem Grade gegeben sind.
Wir wissen es aber auch aus der Klavier-
musik, indem z. B. Mozart seiner Schwester
anrat tNohl, Briefe Mozart's S. 341, II. Auf-
lage), Fugen langsam zu spielen, weil man
sonst >das eintretende Subjekt nicht deut-
lich und klar ausnehmen« konne. Im
Gegenteil, das Cembalo ist das Akkord-
instrument, und als solches in erster Linie
gebraucht, sicher auch beim Solospiel, wenn es
sich vorzugsweise um akkordische Stiicke
handelt. Es ist sicher auch nicht zufallig.
wenn feinsinnige Pianisten, die vom Cem-
balo ubw. nicht die geringste Ahnung haben,
Stiicke wie Bach's C-dur-Praludium, das
unbedingt fur Cembalo gedacht ist, beinahe
ohne Nuance spielen, den richtigen Vortrag
herausmerkend. Sehr nutzbringend ist es
auch, das Cembalo da als Soloinstrument
zu suchen, wo es unbedingt als solches
verwendet wurde, namlich im Klavier-
konzert, von dem das tonarme Klavichord
selbstverst'andlich ausgeschlossen ist. Man
nehme einmal die Bach'schen Klavierkon-
zerte zur Hand und untersuche, welchen
Stilprinzipien sie folgen. Es ist fast durch-
gangig Musik, die sich vom Polyphonen
absichtlich fern halt, Figuren, Laufe, Ak-
kordbrechungen, akkordisch begleitete Me-
lodien. Das Klavierkonzert Nr. 6 in F-dur
eine Bearbeitung des Brandenburger-Vio-
linkonzerts Nr. 4) bringt als SchluBsatz eine
Fuge, aber in welcher Weise ! Das Klavier
wird in alien Einsatzen von einem Instru-
ment unterstutzt, dies bei Bach, dessen
Hauptbestreben bei seiner Klavierkonzert-
Komposition darauf hinauspng, das Solo-
instrument recht selbst'andig zu machen;
um dies auch hier zu tun, gibt er dem
Klavier bald andere Aufgaben als poly-
phone Spielweise.
Mehrere Widerspriiche bei der Charak-
terisierung des Cembalos und modernen Kla-
viers verwirren jedenfalls auf den ersten
Blick den Leser; nicht klarlegen kann ich
mir, wenn der Verfasser, nachdem er dem
modernen Klavier beim polyphonen Spiel
> nicht mehr verstandliches Tongeschwirr*
vorwirft, etwas sp'ater (S. 23) sa^t, da£ fur
das zweistimmige Spiel das Klavier deshalb
nicht so geeignet sei, weil der Klang > scharf
isoliert* sei, ein Charakteristikum, das vor-
her dem Cembalo zuerkannt wurde. DaC
schon das zweistimmige Cembalospiel im
Klang >rauschend« sei, davon haben mien
die besten Cembali in Paul de Wit's Mu-
seum nicht uberzeugen konnen. Indes, es
ist nicht meine Absicht, Nefs Ausfuhrungen
weiter durchzugehen, sondern es liegt mir
nur daran, zu sagen, daC mich seine Aus-
fuhrungen iiber diesen Punkt nicht uber-
zeugen konnten. Ich mochte schliefilich
nur noch einen rein praktischen Grund zur
Erwagung geben, daC das Cembalo wohl
deshalb mcht das gebrauchliche Hausinstru-
ment sein konnte, weil seine Anschaffung
ganz andere Kosten verursachte als ein
Klavichord. Ein Cembalo entsprach in
dieser Beziehung etwa unserem Fliigel; wie
wurde es heute aussehen, wenn Fliigel die
Normalinstrumente waren?
Die zweite Frage betriflft das einiger-
maOen aktuelle Thema, ob man das Cem-
balo wieder als Akkordinstrument einfiihren
solle, oder es beim Fliigel bewenden lasse.
Hieriiber hat sich, vor Erscheinen des Nef-
schen Aufsatzes, Max Seiffert (Caecilia,
s'Gravenshag, ferner Neue Zeitschrift fur
Musik No. 10, 1904) so grundlich ausge-
sprochen, daC, da die vertretene Ansicht
auch die meine ist, ich kaum etwas hinzufu-
gen kann als einige praktische Erfahrungen.
Ich horte bei grofeen Auffuhrungen den
Flugel von verschiedenen Leuten spielen;
das eine Mai geschah dies zur allgemeinen
Zufriedenheit, kein Mensch beklagte sich
iiber den modernen Klavierton, der sich
dem Orchesterklang nicht assimiliere, ein
anderes Mai saC am Flugel ein Spieler, der
mit der Praxis des GeneralbaBspielens nicht
vertraut war: sein Forte war bei reg^elrecht
schwacher besetztem Orchester zu klotzig,
aufdringlich, zu selbstherrlich: die Wirkung
war scnlecht, im Piano hingegen aber gut.
Und hier liegt eben das Geheimnis: wir
mussen wieder lernen, was unsere Alten so
groBartig verstanden, namlich uns alien
SuBeren1 Verh'altnissen, sei es Starke des
Orchesters usw., oder GroBe des Lokals
anzupassen. Und gerade das kann man mit
keinem Instrument so gut wie mit einem
modernen Fliigel, der selbst gegen ein mo-
dernes Orchester ank'ampfen und wieder
die zartesten Fliistertone wiedergeben kann.
Gerade das fehlt und fehlte den Cembali.
Ihre Ton8tarke war sehr beschrankt und
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Kritische Bucherechau.
605
man half sich mit zwei and drei Instru-
menten. Wieviel Cembali muBten wir in
den ohnedies engen Orchesterraum stellen,
am bei unseren MonBtresalen das richtige
Verhaltnis zu finden! Noch etwas anderes
ist gegen die Einfuhrung des Cembalos
einzawerfen, and dies vom historischen
Standpunkt aus> Nicht nor das Klavier hat
ungemeine Yerbesserangen aufzuweisen,
sondern anch andere Instrumente, besonders
die Streichinstrumente. Die Instrumente
der beruhmten Geigenbauer sind erst durch
Yerbesserang neaerer Geigenbauer zu dem
geworden, was sie heute sind. Dartiber hat
sich meines Wissens Paul de Wit einmal
jrrttndlicher ausgesprochen. Wenn wir nun
das alte Cembalo diesen neuen, was Klang
betrifft, unbedingt verbesserten Verhalt-
nissen anpassen, so begehen wir unbedingt
wieder einen Anachronismus. Kurz, fur
die Praxis halte ich die alten Instrumente,
aufter der iiberaos wichtigen alten Trompete
fur tot, Rekonstruktion fur illusorisch, and
unsere Aufgabe sehe ich darin, auf Gerund
der Kentnis alter Spiel weise zu neuen
positiven Besultaten zu kommen, die tins
beiahigen, das Alte mit dem Neuen in fur
beide Teile befriedigender "Weise zu ver-
binden. Da indes gerade liber diese An-
gelegenheit noch andere Ansichten existie-
ren, so mogen sie im Interesse der Sache
laut werden. Vielleicht ergreift auch Herr
Dr. Nef in dieser Angelegenheit nochmals
das Wort.
Da die anderen Aufsatze weniger zum
Meinung8au8tausch herausfordern, kannman
sich uber sie kurz fassen. Der Aufsatz von
A. Schering, *Zur Qeschichte des ita-
Iteniscken Oratoriums im 17. Jahrhundert*
bringt gewichtiges Material fur eine neue
Ansicht uber die Entstehung des doppel-
teiligen Oratoriums, die nicht in Cavahere's
Rappresentazione, sondern >in derKombi-
nation zweier um ein dramatisches Milieu
gruppierter und mit Yorliebe durch die
Predigt geschiedener Yokalkonzerte<
zu suchen sei. Dann wird den bestehenden
Hypothesen uber die Ableitung des Be-
gritfs Oratorium eine neue hinzugefugt, und
msbesondere uber den >Testo« werden neue
Aufschltisse erteilt. Die sehr interessante
Arbeit left unbedingt manchen neuen Grund.
A. Sandberger's »Zur Entstekungs-
geschichte von Haydn's sieben Worten des
Erasers am Kreux* weist scharfsinnig nach,
da6 Haydn's >Pas8ione instrumentale« von
dem Passauer Domkapellmeister Friebert
in ein begleitetes Yokalwerk umgewandelt
wurde. Haydn benutzte spater den Text
and teilweise auch Friebert's Yokalsatz zu
seinem bekannten Werk, wobei es sehr
interessant ist, Sandberger's Gegeniiber-
stellungen und Kritik zu folgen.
Den Aufsatzzyklus beschlieCen zwei
hochwichtige Artikel Kretzsch mar's
»Zum Verstandnis Qluck's* uad >Die Cor-
respondance liiieraire als musikgesehicht-
liche Quelle. Man sieht es wieder an diesen
AufBatzen, was von Kretzschmar angefaBt
wird, gewinnt Leben, Fleisch und Blut, wie
bei kemem anderen zeitgenossischen Musik-
schriftsteller und Gelehrten. Der erste Auf-
satz gibt eine prachtige Charakteristik des
Gluck'schen Lebenswerkes, von dem man
nur wunschen kann, er gelanee in erster
Linie in die Hande der studierenden Jugend.
Der zweite zeigt, wie Grimm's Korrespon-
denz zu benutzen ist, wie weit man ihr
trauen darf, wie Uberhaupt die Enzyklopa-
disten anzufassen sind.
Den BeschluC des Jahrbuchs macht
das *Verxeiehnis der in alien Ktdturldn-
dern im Jahre 1903 erschienenen Biicher
undSchrifien uber Musik von R. Schwartz,
das immer eine hochwillkommene Gabe ist.
Ganz nebenbei bemerkt: Das auf S. 119
angeftthrte Buch von M. Wirth ist meines
Wissens bis heute noch nicht erschienen.
A. H.
Laser, Arthur. Der moderne Diri-
gent. 8°, YIII und 70 Seiten*
Leipzig, Breitkopf u. Hartel. 1904.
80. A 2,—.
Die Broschiire ist eine Musikantenschrift
und damit ist schon viel gesagt. In ihrer
Yerhimmelung des modernen Dirigenten-
tums wie der Forderung absoluten Subjek-
tivismuB konnte sie eigentlich nur heute
geschrieben werden. Der Verfasser wirft
ungemein viel mit modernen Schlagwortern
um sich, pfeifb auf jede Tradition, die
>gleichbedeutend mit Heuchelei< ist, ope-
riert aber mit so schwacher Logik und ab-
gelebten Begriffen, dafi insofern das Schrift-
chen fur einen denkenden Menschen voll-
standig unschadlich ist. Nur eines mochte
ich dem Verfasser (einem deutsch-ameri-
kanischen Orchestermusiker in New York;
nach Amerika hin zurufen: Wir Kxitiker,
obwohl wir nach des Verfassers Ansicht
von der praktischen Kunst nichts ver-
stehen , arbeiten sowohl im Schauspiel
als auch in der Musik daran , dem
zugellosen Subjektivismus, die in Willkur
und dem Naturalismus (man verzeihe die
abgehetzten Ausdriicke) ausartete, im Inter-
esse der Kunst entgegenzutreten. Wir
haben uns wieder, nachdem wir gesehen
haben, wie weit wir es mit dem absoluten
Subjektivismus gebracht haben, Goethe's
erinnert, der sagte, daC ein Schauspieler,
welcher seiner Individualitat \ ollstandig die
Zugel schieCen lasse, und sich nicht unter
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606
Kritische Bucherschau.
das Kunstwerk stelle, je nachdem sein Na-
turell nicht verleugnen konne, nichts als
ein Dilettant sei, wenn vielleicht auch ein
genialer. Das diirfte wohl auch in der
Musik seine Geltung haben. Sehr hiibsch
ist noch ein Satz, der verdient, dafi man
ihn wortlich zitiert: Ein Musikhistoriker
braucht nicht >musikali8ch< zu sein, gerade
bo wenig, wie ein Verfasser der »Geschichte
der Entwicklung der Schiffahrt* fahig zu
sein hat, ein Scniff sicher iiber den Ozean
zu ftihren. Ich denke, dariiber kann man
zur Tagesordnung scbreiten.
Nicht ohne Interesse ist der zweite Teil,
der einige praktische Winke iiber das Diri-
gieren entnalt, wie auch im ersten Teil
einige wissenswerte Erlebnisse mit BUlow
mitgeteilt sind. Was der Verfasser iiber
den Konzertmeister sagt, dariiber sind wir
denn allerdings schon lange einig. Viel
Richtiges wendet der Verfasser gegen die
Versuche der Verdunklung usw. des
Konzertraums ein; er h'atte die ganze Be-
wegunff mit einem Worte erklaren konnen,
namlich dafi sie mit dem modernen
> Stimmungsdunst « zusammenhangt.
A. H.
Shinn, Frederick G. A Method of
teaching Harmony. I. Diatonic.
London, Vincent, 1904. pp. 139,
Demy 8vo. 3/-.
The more active civilised man's brain
becomes, the greater pleasure he takes in
mere definition; and on this often ensues
a passion for making others accept one's
own definition. This is mainly the origin
of the multitude of "harmony" books ex-
tant. However the present author has de-
cidedly a saving grace, as indicated in his
sub-title, "Based upon systematic ear-
training, and upon the harmonisation,
of unfigured basses, figured basses and
melodies, and the construction of harmonic
progressions by the pupil". It is the usual
progressively- arranged mixture of precept,
illustration, and exercise on the ordinary
4-part material of music, designed for teach-
ing purposes ; but at every stage the student
is arrested to train his mental ear by writ-
ing down chords, progressions, &c, in every
variety of position and dispersion, sounded
for him on the pianoforte by the teacher.
Certainly it is impossible to over-estimate
the necessity of enforcing this portion of
musical education. The author is right in
giving only a subsidiary place to figured-
bass exercises, which used to be continued
mechanically from teacher to teacher, as
the sole exercises. True that as short-hand
for the basic elements, the educated musi-
cian must know them as well as the edu-
cated writer knows the arithmetical signs
of equation, multiplication, proportion, &c. ;
and when not carried beyond, say, the 9 th
at the outside, they are still useful in various
ways. But modern notated music has wholly
out-ffrown them as something to be prac-
tically read from , and on the other hand
as exercises they contract the field and
eliminate imagination. Author is Professor
at Cuildhall School of Music.
Geo. Beckett.
Williams, C. F. Abdy. The Story
of the Organ. London, Walter
Scott Co., 1903. pp. 238, Crown
8vo. 3/6.
This country has no monumental work
on orffan- construction like J. G. Topfer,
second edition (ed. Max Allihn, Weimar,
Voigt, 1888;. Nor even a good history
like 0. Wangemann (Demmin, A. Frantz,
1880). The longest history is E. F. Rim-
bault's, prefixed to B. J. Hopkins's "Con-
struction" (3rd edition, London, Cocks, 1877),
antiquarianism rather than history. A leis-
ured enthusiast would find scope for a real
historic work on finite plan. Meanwhile
present popular but useful work is offered.
For author, and previous in same series,
see V, 164. There are very few things
regarding which reader would not get a
general notion, from the rise in Alexandria
and Constantinople to last electric develop-
ment. Long lists of organ -builders and
organ-stops, glossary, bibliography, &c. —
At pp. 2 and 210 is an account of Galpin's
reconstructed actual half-size but admirable
"Hydraulic Organ" of 3 stops. Author not
very judicious in describing principle of
this as a reversal of that of modern fire-
engine. Air and water certainly change
places, and so a reversal. But after chang-
ing places they perform quite different
functions. The pumpers in fire-engine pump
against a back resistance of air m an air-
chamber, and as such air is indefinitely
compressible the force of jet of water is
limited only by exertions of pumpers and
strength of apparatus. But the pumpers
in Hydraulic Organ pump against a back
resistence of water open to an atmo-
sphere, and the weight of column of at-
mosphere plus specific gravity of water
disturbed m its level is the limit of force
of issuing "wind"; and hence the (com-
parative) uniformity of wind-pressure. The
real principle of the H. O. is the diving-
bell, and it is strange that this has never
yet been noticed. The instrument has
dwindled, though by direct lineage, smaller
and smaller to the modern organ-builder's
uwind-guagew. These matters hereafter in
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Zeitschriftenschau,
507
dealing with the Galpin organ. — On p. 33
appears dressed up the familiar XU cent.
"Canterbury Psalter" Anglo-Saxon design
of an organ, called pneumatic at Grove IE,
577, and here rightly called hydraulic, but
without explanation now it can be so. Miss
K. Schlesinger (Samm. II, 167) first pointed
out in "Music", 1898, page 438, that the
original of this is in the VIL cent. Ale-
xandrian "Utrecht Psalter". The Anglo-
Saxon copyist absurdly replaced the 2
water-cisterns of original by 3 front objects;
and not understanding the conduit -tubes
from "oven" to wind-chest, replaced them
by round lids to the said water-cisterns.
Hence the confusion. The Brit. Museum
pressmark of "Utrecht Psalter" (copy) is
not traceable in General Catalogue of pre-
sent date, but is C. 36 k. 8. An extra-
ordinary work, whose pictorial art will
astonish the visitor. — Abdy Williams's
manual is, as already indicated, handy, cheap
and readable. Charles Maclean.
Zeitschriftenschau.
Verzerchnis der Abkurzungen siehe Zeitschrift V, Heft 1, S. 43.
Anonym. Ankiindigung eines kirchen-
musikalischen Instruktionskursus (StraC-
burg), C 21, 8. — Kirchengesangschule
in Linz. Kirchenm. Viertelj. Schr. 19, 2.
— Starting a musical career, MC 25, 5.
— Le plain-chant dans l'ordre des Pr6-
montr^s, Au religieuses des Peres Pre-
montres 3. — Sur le poemes de F. Liszt
par B. Wagner, R. de Paris 16/2. — Le
chant gregorien. — Motu proprio,Semaine
Religieuse, Digue 2/6. — Charles Lecocq,
compositeur de Musique (Echo des Or-
chestras 15/6). — Les instruments de mu-
sique dans l'hortus deliciarium d'Herrade
de Landsberg, R. alsacienne ill. 4. —
Le Motu proprio de la musique sacree,
R. eccl&iastique de Metz 3. — Le >Motu
proprio « sur la musique sacree, B. du
Diocese Reims 4/5. — Le Bayreuth
francais, La R. de Paris 15/4. — L'Esthe-
tique aux Music -Halls, Plume 1/5. — A
projposito del motu proprio etc., La
Civilta Cattolica 55, 3. — Franz Liszt
als Symphoniker, DMMZ 26, 32 ff. —
Ein neuer Beitrag zur Charakteristik
Richard Wagner's, DMMZ 26, 31. —
Bohmische Musikanten, ibid. n. Koln.
Zeit. — Musik als dienende Kunst (Dra-
seke im Kunstwart), SMZ 44, 24. —
Deutsche Musik in England, Nordd.
allg. Z. 140. — Ein Brief von Otto Nicolai
Rom, 3. Marz 1834), Neue Rundschau
(Berlin) 6. — Aus dem NachlaB Anton
Dvorak's, AMZ 31, 34 f. — Goethe u. die
Musik, Wochenschr. fur Kunst u. Musik
(Wien) 2, 36. — Die neue offizielle
Choralausgabe, GB 29, 5. — Brahms u.
Dvofak, l^ueMilitarmusik-Zeitschr. 11,29.
— Niccola Paganini (deutsch, franz. engl.),
Z. d. I. M. v.
Mandoline 1, 6 (Leipzig). — Franz Liszt
I als Sinfoniker, DMZ 2b, 32. — Aus dem
Tagebuche eines praktischen Musikers
(aus dem Jahre lSOO), RMZ 5, 16 ff. —
Luther tiber die Tonkunst, RMZ 5, 20.
I — Theaterzensur, RMZ 5, 20. — Re-
marques sur ces (s. Hoevell) tambours,
1 Int. Arch, fiir Ethnographic 7—10.
t Arend, M. Theodor Uhlig, der friihver-
storbene Wagnerianer, BB 27, 7/9.
1 — Die Bedeutung Gluck's fur unsere Buhne
| und fur die Pflege Wagner's, Bf HK 8, 11.
I Aubrun, R. Beethoven d'apres sa corre-
spondance, Chron. des Ldvres 10, 5.
1 Aubry, P. Pius X, sur la musique d'eglise,
I Correspondant 10 Juli.
I Bagot, R. The Pope and Church Music
a rejoinder, 19 th Century, London 330.
| Bellaigue, C. »Les tfpoques de la musique
J — La renaissance franc, aise« (anschliefiend
an >Les maitres musiciens de la renais-
I sance francaise* von Henry Expert), R.
des deux Mondes 4.
— Dante u. die Musik, iib. vonM. Toussaint,
I AMZ 31, 32/33.
j Belmont©, C. Mozart's Humor, RMZ 5, 20
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Harold & Co. 201 A, Shaftesbury, Avenue
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modern) Second-hand.
Ranter, D., Leipzig, Rabensteinplatz 3.
Verlagsbericht 1879—1904. (S. Notiz.)
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Mitteilungen der >Internationalen MusikgesellschafU. 511
Erklarung (Rousseau's MPygmaIionu betreffend).
Anlafilich der szenischen Auffuhrung des Rousseau'schen »Pygmalion«
mit der von mir im Besitz des deutschen Kaisers aufgefundenen Musik durch
den Miinchener »Orchesterverein« (vgl. Zeitschrift der IMG. 1904 S. 374)
fuhlte sich im Gegensatz zu alien in- und auslandischen Blattern Herr A.
Pougin im »Me*n6strel« vom 29. Mai und (nach einer Reklamation meiner-
seits) nochmals am 17. Juli zu der merkwtirdigen Unterstellung veranlaBt,
ich habe nicbt die bisber unbekannte Rousseau'sche Partitur, sOndern die
von Coignet, Benda oder Aspelmayer auffiibren lassen. Ein Blick in mein
Bucb *J. J. Bausseau als Componist seiner lyrischen Scene Pygmalion* (Bei-
beft 1 der IMG.), dessen Existenz Herr Pougin seinen Lesern Wohlweislich
verscbweigt, batte ihn aber von der volligen Haltlosigkeit seiner vagen Be-
bauptungen iiberzeugen konnen, da dort von all jenen Partituren ausfiihrlich
die Rede ist. Bezeicbnend fiir die wissenschaffcliche Objektivitat des Herrn
Pougin, der als Mitglied der »Internationalen Musikgesellscbafb* docb
etwas weniger Cbauvinismus zur Scbau tragen sollte, ist jedocb folgender
Satz: »Nous savons bien un peu, en France, ce qu'a fait Rousseau au point
de vue musical, et il serait bien 6tonnant qu'a Munich ou a Berlin on eut
que] que chose a nous apprendre sur ce sujetc. Ich brauche dem gegenliber
wohl nur auf das Zeugnis des Pariser Musikhistorikers Combarieu zu
verweisen, der, selbst Verfasser einer kleinen Studie iiber » Pygmalion*, be-
kundet (Revue d'histoire et de critique musicales 1901 No. 7): >que M. Istel
se montre tout a fait superieur a ceux qui avaient aborde avant lui cet
interessant sujet«. Auch der englische Musikscbriftsteller Sbedlock, der
Pougin's Notiz in die Zeitschrift »The Athenaeum < iibernommen batte, kon-
statiert jetzt (No. 4008, Aug. 20, 1904): » Anyhow, in this monograph Dr.
Istel shows that he has thoroughly investigated the whole matter. It is
obvious, therefore, that M. Pougin's suggestion is entirely out
of place*.
Miinchen, Ende August 1904. Dr. Edgar Istel.
Mitteilungen der „Internationalen Musikgesellsohaft".
Ortsgruppen.
Frankfurt a. M.
Am 8. Februar 1904 sprach Herr The odor Gerold, der jetzige Leiter der
StockhauserCschen Qcsangschulc, iiber den Geaang in der italienischen Oper in der ersten
H'alfte des 17. Jahrhunderts, mit musikalischen Erlauterungen, die yon Frau A Gerold
512 Mitteilungen der >Internationalen MusikgesellschafU.
and Fraulein M. Schwekowsky ausgefuhrt wurden und den lehrreichen Yorirag aufs
beste illustrierten.
Im Marz fiel die Monatsversammlung aus; an ihrer Stelle batten die Mitglieder
freien Zutritt zu einer am 25. des Monats in der Paulskirche stattfindenden Auffiih-
rung von Palestrina's Missa Brevis durch den neugegrundeten Palestrinachor (Lei-
tung: Herr Ed. Gelbart), welche die selten gehorte Schopfung des Meisters in einer
Weise wiedergab, dafi man dem Chor lebhafte Anerkennung fur semen ersten Versuch
in alter a cappella Musik zollen darf. Vor Beginn, zwischen einzelnen Teilen und nach
dem SchluB der Hesse spielte Herr Breidenstein mit stilvollem Yortrag mehrere
Orgelsachen yon Frescobaldi (Tokkata und Canzone in testo tono), Palestrina
(Ricercare) und A. Gabrieli (Canzone). Die Ortsgruppe begruBt die Griindung des
Palestrinachores, der sich die Pflege der alten Meister zum Ziele gesetzt hat und dam it
bier eine seit langem schmerzlich empfundene Liicke ausfiillt, mit Freude und wiinscht
der jungen Yereinigung gutes Gedeihen.
Am 2. Mai spracb Herr Dr. R. Hohenemser iiber die Klaviermusik HandeTs.
Die interesBanten Ausfiihrungen wurden durch Herrn C. Breidenstein am Klavier,
sowie durch Gesangsvortrage von Frl. F. Neuendorffer und Herrn A. Kohmann in
willkommener Weise unterstutzt.
Albert Dessoflf.
Paris.
cDans le compte-rendu de la Seance du 13 juin de la Section de Paris, nous
avons omis une communication faite par M. Ecorcheville sur unLivre d'orgue ms.
qui se trouve a la bibliothuque de Tours, et qui parait dater du milieu du XYII0 si^cle.
Ce ms., catalogue comme un ouvrage du XVHI6 siecle, avait echappe jusqu'ici a
l'attention des musicographes.>
J.-G. Frod'homme.
Neue Mitglieder.
Hoi, J. C, Berlin NW. 23, Holsteinerufer 9.
Hornbostel, Dr. E. von, Wilmersdorf bei Berlin, Kaiserallee 180.
Anderungen der Hitglieder-Liste.
Altmann, Dr. Wilhelm, Oberbibliothekar, Berlin-Friedenan, Thorwaldsenstrafie 13 pt.
Kostlin, Geh. Kirchenrat Prof. D. H. A., friiher Darmstadt, jetzt Cannstatt (- Stutt-
gart), KarlsstraCe 10.
Mayer-Reinach, Dr. Albert, friiher Berlin, jetzt Kiel, FeldstraBe 61.
Staiger, Robert, stud, phil., friiher Berlin, jetzt Steglitz bei Berlin, HumboldtstraBe 25.
Stammler, Wilhelm, Musikdirektor, friiher Agnethelm, jetzt Darmstadt, KarlstraBe 55.
Avsgegeben Ende August 1904.
Fiir die Red&ktion vermtwortlloh : Dr. Alfred Heufi, Leipzig, Ozermacks Garten 16.
Druck and Yerlag yonBreitkopf&Hirtelln Leipzig, Nurnberger Str&Be 36.
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